Armut und Ausgrenzung verhindern - Das LINKE CMS
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<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Kinderarmut in Bremen 30<br />
5 <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>und</strong> Kinderarmut in Bremenin Bremen<br />
Inga Nitz<br />
In Deutschland verschärfen sich soziale<br />
Gegensätze. Die steigende <strong>Armut</strong>squote<br />
bei gleichzeitiger Spreizung der<br />
Einkommen, feste <strong>Armut</strong>slagen aufgr<strong>und</strong><br />
dauerhafter Arbeitslosigkeit, das<br />
gewachsene Abstiegsrisiko sozialer Mittelschichten<br />
sowie ungleiche Bildungschancen<br />
sind deutliche Anzeichen für<br />
diese Entwicklung. In den Städten zeigt<br />
sich die gesellschaftliche Polarisierung<br />
durch eine schärfer werdende Trennung<br />
von wohlhabenden <strong>und</strong> sozial benachteiligten<br />
Bevölkerungsgruppen. Soziologen<br />
sprechen auch von Segregation. Zu<br />
befürchten ist, dass dieser Prozess zu<br />
einer dauerhaften <strong>Ausgrenzung</strong> von Teilen<br />
der städtischen <strong>Armut</strong>sbevölkerung<br />
führt. Sozialer Status <strong>und</strong> Lebenserwartung<br />
sind eng miteinander verb<strong>und</strong>en.<br />
Die mittlere Lebenserwartung von Angehörigen<br />
sozialer Oberschichten liegt um<br />
mehrere Jahre über der von Angehörigen<br />
sozialer Unterschichten.<br />
Auswirkungen sozialer<br />
Polarisierung<br />
Eine sozialräumliche Analyse von Daten<br />
zur Lebenserwartung <strong>und</strong> Sterblichkeit<br />
im Auftrag der Stadt Bremen belegt,<br />
dass sich mit zunehmender gesellschaftlicher<br />
Ungleichheit auch die sozialen<br />
Unterschiede in der Lebenserwartung<br />
<strong>und</strong> Sterblichkeit vergrößern. Gegenübergestellt<br />
wurden die am meisten<br />
segregierten Wohngebiete: Die privilegierten<br />
bürgerlichen Wohnquartiere,<br />
ehemals vom Abriss bedrohte Gründerzeit-Viertel<br />
am Cityrand, die traditionellen<br />
Arbeiterviertel <strong>und</strong> die Hochhaussiedlungen<br />
des sozialen Wohnungsbaus<br />
am Stadtrand. Der Auswertungszeitraum<br />
umfasst den Zeitraum zwischen<br />
1970 <strong>und</strong> 2003. In dieser Zeit vergrößerten<br />
sich vor allem die Gegensätze zwischen<br />
den bürgerlichen Wohngegenden<br />
auf der einen Seite <strong>und</strong> den Arbeitervierteln<br />
sowie den Hochhaussiedlungen auf<br />
der anderen Seite. <strong>Das</strong> verdeutlichen<br />
zahlreiche Daten. Beispielhaft ist die<br />
gegenläufige Entwicklung bei Einwohnerzahl<br />
<strong>und</strong> Erwerbstätigkeit. In den bürgerlichen<br />
Quartieren nahmen die Bevölkerung<br />
<strong>und</strong> die Zahl der sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten deutlich zu.<br />
Dagegen verringerten sich in den Arbeitervierteln<br />
<strong>und</strong> in den Hochhaussiedlungen<br />
sowohl die Zahl der BewohnerInnen<br />
als auch die Beschäftigung teilweise<br />
drastisch.<br />
Lebenserwartung <strong>und</strong> Sterblichkeit<br />
Zwischen 1970 <strong>und</strong> 2003 wuchsen die<br />
Unterschiede in der Lebenserwartung<br />
<strong>und</strong> Sterblichkeit. Besonders ausgeprägt<br />
ist dieser Trend bei den Männern:<br />
In den bürgerlichen Vierteln stieg die<br />
mittlere Lebenserwartung eines neugeborenen<br />
Jungen um fast sieben Lebensjahre<br />
von 71 im Jahr 1979 auf 77,9 Jahre<br />
vor sechs Jahren. In den Arbeitervierteln<br />
nahm die mittlere Lebenserwartung<br />
dagegen im selben Zeitraum nur<br />
um 5,4 Lebensjahre von 67,1 auf 72,5<br />
Jahre zu. In den Hochhaussiedlungen<br />
war der Anstieg der Lebenserwartung<br />
am geringsten. Hier erhöhte sich die<br />
mittlere Lebenserwartung im Betrachtungszeitraum<br />
um vier Jahre von 69,1 auf<br />
73,1 Jahre. Analog entwickelten sich bei<br />
den Männern die Sterberaten. Während<br />
sich die Sterblichkeit zwischen 1970 <strong>und</strong><br />
2003 in den bürgerlichen Vierteln fast<br />
halbierte (minus 48 Prozent), lagen die<br />
Rückgänge in den Arbeitervierteln mit<br />
36,3 Prozent <strong>und</strong> in den Hochhaussiedlungen<br />
mit 27,5 Prozent deutlich niedriger.<br />
Ähnlich verlief die Entwicklung bei<br />
den Sterbefällen unter 65 Jahren. Diese<br />
sogenannte vorzeitige Sterblichkeit ging<br />
in den bürgerlichen Wohnvierteln um<br />
mehr als die Hälfte zurück (minus 50,8<br />
Prozent). In den Arbeitervierteln sank<br />
die Rate dagegen nur um 29,4 Prozent,<br />
in den Hochhaussiedlungen sogar<br />
nur um 15,2 Prozent. Bei vermeidbaren<br />
Sterbefällen zeigt sich das gleiche Bild.<br />
Gemeint sind Todesfälle in einem Alter,<br />
das deutlich unter der durchschnittlichen<br />
Lebenserwartung der Bevölkerung<br />
liegt <strong>und</strong> die durch eine angemessene<br />
Behandlung <strong>und</strong> Vorsorge vermeidbar<br />
sein sollten. Diese Todesfälle verringerten<br />
sich in den bürgerlichen Vierteln<br />
um 52,6 Prozent. In den Arbeitervierteln<br />
betrug der Rückgang 31,8 Prozent, in<br />
den Hochhaussiedlungen 20,5 Prozent.<br />
Diese Entwicklung führte zu einer deutlichen<br />
Ausweitung der sozialräumlichen<br />
Unterschiede in der Sterblichkeit. Im<br />
Vergleich zu den bürgerlichen Vierteln<br />
lag die Gesamtsterblichkeit zwischen<br />
1970 <strong>und</strong> 1974 in den Arbeitervierteln<br />
um 25,6 Prozent <strong>und</strong> in den Hochhaussiedlungen<br />
um 9,2 Prozent höher. Bis<br />
zum Ende der Beobachtungsperiode<br />
zwischen 2000 <strong>und</strong> 2003 hatten sich<br />
diese Abstände massiv ausgeweitet. Verglichen<br />
mit den bürgerlichen Vierteln