Armut und Ausgrenzung verhindern - Das LINKE CMS
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Kinderarmut – Ursachen <strong>und</strong> Folgen 22<br />
der Kinderbetreuung ist prinzipiell zu<br />
begrüßen, wenn er nur nicht so schleppend<br />
verlaufen würde. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />
müsste neben der Quantität<br />
der Betreuungsplätze auch die Qualität<br />
durch andere Betreuungsschlüssel<br />
sowie durch Weiterbildung <strong>und</strong> bessere<br />
Bezahlung der ErzieherInnen fördern.<br />
Doch auch das hilft nur dann gegen<br />
Kinderarmut, wenn wenigstens das Mittagessen<br />
kostenlos ist <strong>und</strong> auch sonst<br />
keine Gebühren anfallen. Die Verantwortlichen<br />
müssen außerdem den Privatisierungs-<br />
<strong>und</strong> Prekarisierungs-Tendenzen<br />
auf dem »Betreuungsmarkt« widerstehen.<br />
Gegenmaßnahmen <strong>und</strong><br />
Alternativen<br />
Ausmaß, Erscheinungsformen <strong>und</strong> Hintergründe<br />
von Kinderarmut in Deutschland<br />
muss man vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
des globalen Kapitalismus <strong>und</strong> des geänderten<br />
Sozialstaats betrachten. Sozial-,<br />
Familien- <strong>und</strong> Kinderpolitik kann Kinderarmut<br />
vermeiden oder abbauen. Arbeitslosenquoten,<br />
Familienstatus <strong>und</strong> die<br />
Geburt von Kindern sollten deshalb<br />
im Zusammenhang von Verteilungsrelationen,<br />
sozialpolitischen Traditionen<br />
<strong>und</strong> Gegenmaßnahmen betrachtet werden.<br />
Nur dann werden der wirkliche<br />
Umfang <strong>und</strong> die Gründe von Kinderarmut<br />
sichtbar. Anhand des Vergleichs<br />
von Strukturen der besonders betroffenen<br />
Risikogruppen lässt sich die<br />
Wirkung sozial benachteiligter Lebenslagen<br />
auf Kinder <strong>und</strong> ihre Familien<br />
untersuchen. Die Folgen hinsichtlich<br />
der Zukunftschancen armer Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendlicher führen zur Frage,<br />
welche arbeitsmarkt-, familien- <strong>und</strong><br />
sozialpolitischen Maßnahmen <strong>und</strong> bildungspolitischen<br />
Handlungsstrategien<br />
gegen Kinderarmut anzuraten sind.<br />
Dabei stehen Gegenstrategien in den<br />
Bereichen Beschäftigungs-, Bildungs-,<br />
Ges<strong>und</strong>heits-, Familien- <strong>und</strong> Sozialpolitik<br />
sowie Konzepte zur Umverteilung<br />
von Arbeitszeit, Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />
im Vordergr<strong>und</strong> (vgl. auch Kapitel<br />
4 über »Kinderarmut verringern<br />
<strong>und</strong> <strong>verhindern</strong> – Maßnahmen«).<br />
Hartz IV <strong>und</strong> die Agenda 2010 mit ihrer<br />
Privatisierung sozialer Risiken <strong>und</strong> dem<br />
Zwang zu Lohndumping sind nicht nur<br />
<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Demütigung, sondern auch<br />
öffentliche Verwahrlosung per Gesetz.<br />
Dagegen müssten zu wirklichen Reformen<br />
im Bereich des Arbeitsmarktes<br />
eine deutliche Arbeitszeitverkürzung,<br />
ein gesetzlicher Mindestlohn <strong>und</strong> ein<br />
öffentlichen Beschäftigungssektor gehören.<br />
<strong>Das</strong> eröffnet nicht nur vielen Arbeitslosen<br />
eine neue Lebensperspektive, sondern<br />
ist auch familienfre<strong>und</strong>lich. Der<br />
Hartz-IV-Regelsatz müsste in einem ersten<br />
Schritt auf mindestens 435 Euro<br />
steigen, während Kinder eine bedarfsorientierte<br />
Gr<strong>und</strong>sicherung von wenigstens<br />
420 Euro erhalten sollten. Im Bildungsbereich<br />
muss man statt des dreigliedrigen<br />
Schulsystems eine Ganztagsschule<br />
für alle Kinder entwickeln. In den<br />
Kindertagesstätten müsste der gebührenfreie<br />
Ganztags-Rechtsanspruch auf<br />
eine Betreuung für unter Dreijährige<br />
bis zum nächsten Jahr realisiert sein.<br />
Wer die Spaltung der Gesellschaft in<br />
Arm <strong>und</strong> Reich verringern will, kommt<br />
zur Finanzierung nicht an einer Vermögenssteuer,<br />
einer gerechten Erbschaftssteuer<br />
<strong>und</strong> einem angehobenen Spitzensteuersatz<br />
vorbei. Denn ein sich selbst<br />
arm machender Staat kann <strong>Armut</strong> nicht<br />
bekämpfen.<br />
Dr. Michael Kl<strong>und</strong>t, geboren 1973, ist<br />
Politikwissenschaftler <strong>und</strong> arbeitet als<br />
Referent für die Linksfraktion im B<strong>und</strong>estag.<br />
Er hat u. a. gemeinsam mit<br />
Prof. Christoph Butterwegge über das<br />
Thema <strong>Armut</strong> publiziert.