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Vaterunser-Broschüre [PDF; 2 MB] - Evangelischer Kirchenbezirk ...

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u n s e r n S c h u l d i g e r n . U n d f ü h<br />

weit, dass auch säkulare Philosophien<br />

und politische Ideologien davon erfasst<br />

sind.<br />

So hat der Marxismus geglaubt, dass<br />

es am Ende der Geschichte eine klassenlose<br />

Gesellschaft geben wird. Die<br />

Nationalsozialisten glaubten an das so<br />

genannte dritte Reich, das sie verwirklichen.<br />

Im Mittelalter meinte man mit<br />

dem dritten Reich das Reich des Geistes.<br />

Die Nationalsozialisten kopierten<br />

die Idee und machten daraus ein mörderisches<br />

Reich der Überlegenheit einer<br />

Rasse.<br />

Die <strong>Vaterunser</strong>-Bitte um das Kommen<br />

des Reiches hat also eine sehr zwiespältige<br />

Wirkungsgeschichte. Darum ist<br />

es ein wichtiges Korrektiv, wenn Jesus<br />

selbst das Reich aus der Zukunft in die<br />

Gegenwart verlegt. „Das Reich Gottes<br />

ist mitten unter euch,“ sagt er nach dem<br />

Lukasevangelium.<br />

Wenn es schon da ist, müssen wir<br />

dann überhaupt noch um sein Kommen<br />

bitten?<br />

Die Theologen sprechen an dieser Stelle<br />

von der Spannung zwischen „schon<br />

jetzt“ und „noch nicht“. Zwar ist es schon<br />

jetzt angebrochen, aber eben noch nicht<br />

ganz verwirklicht.<br />

Diese komplizierte Dialektik ist der<br />

Preis dafür, dass wir die Zeit in unserer<br />

Kultur wie einen Pfeil verstehen, der<br />

aus der Vergangenheit in die Zukunft<br />

schießt. Die Gegenwart ist dabei nur der<br />

bedeutungslose Moment des Übergangs<br />

46<br />

von der Vergangenheit in die Zukunft.<br />

Wichtig ist, was kommen wird. Die Prognose<br />

ist entscheidend.<br />

Die Gegenwart wertschätzen<br />

Betrachten wir das <strong>Vaterunser</strong> aus<br />

buddhistischer Perspektive, gelangen<br />

wir zu einer neuen Wertschätzung der<br />

Gegenwart.<br />

Dein Reich komme – das könnte dann<br />

die Bitte darum sein, die Gegenwart des<br />

Reiches wahrzunehmen. So dass nicht<br />

das Reich Gottes zu uns zu kommen hat,<br />

sondern umgekehrt wir zum Reich Gottes<br />

kommen, sprich, dass unsere Wahrnehmung<br />

für die Gegenwart Gottes sich<br />

schärft.<br />

Wir könnten die <strong>Vaterunser</strong>-Bitte<br />

dann so verstehen: Dein Reich, das schon<br />

längst da ist, komme an, bei mir, bei uns.<br />

Und damit sind wir bei der Meditation.<br />

Sie ist eine Übung der Achtsamkeit für<br />

mich selbst, für meine Gefühle, meine<br />

Gedanken, meinen Körper. Sie will den<br />

Menschen lösen von den Verhaftungen<br />

des Ichs an die eigenen Gedanken, Wünsche<br />

und Pläne.<br />

Längst hat sich die Meditation bei uns<br />

etabliert. Asiatische Spiritualität hat<br />

Eingang bei uns gefunden. Das ist nicht<br />

nur eine Modeerscheinung, sondern entspricht<br />

einem tiefer liegenden Bedürfnis<br />

nach Stille, nach Verweilen, nach einer<br />

kontemplativen Art zu leben, die sich<br />

unserer allgemeinen Hektik entzieht.

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