Die Sprache der Bilder - enostopos
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Im ägyptischen Reich war das<br />
Horusauge eines <strong>der</strong> bedeutsamsten<br />
und wirkmächtigsten Symbole. Nach<br />
dem Mythos riss <strong>der</strong> rivalisierende<br />
Gott Seth Horus das rechte Auge<br />
aus; aber <strong>der</strong> Mondgott Toth,<br />
Schutzgott <strong>der</strong> Wissenschaften und<br />
<strong>der</strong> Schreibkunst, setzte es akribisch<br />
wie<strong>der</strong> zusammen, und heilte es.<br />
In <strong>der</strong> magischen Anwendung dieses<br />
Mythos brachte man überall, wo ein<br />
Zustand <strong>der</strong> Schwäche und <strong>der</strong><br />
Störung <strong>der</strong> natürlichen Ordnung<br />
eingetreten war, dieses Symbol an.<br />
Es diente vor allem zu Amuletten: es<br />
sollte als Symbol des Glückes in<br />
magischer Weise schützen,<br />
universelle Harmonie herbeirufen,<br />
den ewigen Kreislauf des Werdens<br />
unterstützen. So bedeutete es auch<br />
das zyklische Zu- und Abnehmen des<br />
Mondes, ja die Wachstumskräfte und<br />
den Mond selbst.<br />
Auf die Pharaonen bezogen<br />
bedeutete das die uneingeschränkte<br />
Dauer und die ewige Erneuerung<br />
ihres Königtums. <strong>Die</strong> Himmelfahrt<br />
eines Pharao wurde oft als Flug<br />
eines Falken dargestellt; damit<br />
ergaben sich metaphorische<br />
Weiterungen zwischen dem Bild des<br />
Raubvogels und dem Ba-Vogel,<br />
einem Vogel, <strong>der</strong> die Seele des<br />
Menschen darstellen sollte.<br />
Daran knüpft wie<strong>der</strong>um Horapollo,<br />
und überliefert richtig die<br />
entsprechenden Worte <strong>der</strong><br />
altägyptischen <strong>Sprache</strong>. Da die<br />
Aussprache bis heute nicht bekannt<br />
ist - das Ägyptische war wie das<br />
Jüdische eine reine<br />
Konsonantenschrift, und die Reste<br />
im Koptischen haben sich im Laufe<br />
<strong>der</strong> Jahrtausende stark gewandelt -<br />
könnte an dieser Stelle sogar ein<br />
Hinweis auf die alte, zumindest<br />
frühere, lautliche Formung <strong>der</strong><br />
Wörter gegeben sein.<br />
"<strong>Die</strong> Seele<br />
den Ägyptern baieth. Teilt man<br />
dieses Wort, bedeutet es<br />
`Seele´ und `Herz´, den bai<br />
heißt Seele und eth heißt Herz.<br />
Nach den Ägyptern enthält das<br />
Herz die Seele. Das<br />
kombinierte Wort bedeutet<br />
also so viel wie `Seele-im-Herz<br />
´. Darum trinkt <strong>der</strong> Falke, weil<br />
er den selben Charakter wie<br />
die Seele hat, niemals Wasser,<br />
son<strong>der</strong>n Blut, das wie<strong>der</strong>um<br />
die Seele nährt."<br />
Horapollo I, 7.<br />
<strong>Die</strong> Vorstellung "Ba" hat wenig mit<br />
dem christlichen Seelenbegriff zu<br />
tun. Gemeint sind physische und<br />
psychische Lebenskräfte, recht<br />
ähnlich dem Seelenbegriff <strong>der</strong><br />
mo<strong>der</strong>nen Naturwissenschaft.<br />
Der "Physiologus" erwähnt<br />
bezeichnen<strong>der</strong>weise den Falken<br />
nicht. Auch in <strong>der</strong> Bibel sind<br />
Metaphern dieses Vogels vermieden:<br />
wohl wegen seiner überstarken<br />
Bezüge ins Niltal, und seiner engen<br />
Verbindung zur Ideologie des<br />
Pharao. Damit gibt es keinen<br />
Übergang dieses Symboles in die<br />
westliche Bil<strong>der</strong>welt.<br />
Bil<strong>der</strong><br />
links<br />
Glyphe Vögel<br />
Pharao, mit Falkenhaube,<br />
ägyptische Plastik.<br />
Warum <strong>der</strong> Falke ein Symbol<br />
<strong>der</strong> Seele ist, geht aus <strong>der</strong><br />
Deutung seines Namens<br />
hervor. Denn Falke heißt bei<br />
rechts<br />
Hieroglyphe liegen<strong>der</strong> o<strong>der</strong>