Die Sprache der Bilder - enostopos

Pythagoras sprach dagegen, die
Schwalbe im Haus zu dulden. Doch
bereits zu seiner Zeit war man sich
nicht einig, ob er es hygienisch oder
symbolisch meinte. Denn damals
wurde dieses Tier ein Symbol des
Undankes, weil es das Haus
beschmutzte.
Die Schwalbe galt den Römern als
Vogel der Venus, wie "alle Tiere, die
ihre Jungen sehr lieben, und alle
üppigen, mutwilligen und
verliebten".
Wie viele andere Tiere verstand sich
die Schwalbe auch auf die
Heilkunst, wie der "Physiologus"
berichtet. Es ist aber nicht sicher, ob
das Schellkraut, auf das der Vogel
aufmerksam gemacht haben soll,
und das dann in die Augenheilkunde
der Menschen Eingang fand, auch
in der Antike dafür verwendet
wurde.
Über die Pflanze gibt es auch noch
die Meinung, es wäre der Sellerie
oder Eppich gewesen, eine schon
Dioskurides bekannte Heilpflanze.
Sie war von großer Bedeutung im
Totenkult der Griechen, denn sie
streuten seine Blätter üppig in die
ausgehobenen Gräber.
Der frühchristliche "Physiologus"
deutet das von der Schwalbe geholte
Kraut als "Reue"; es wird der
Krankheit „Gottlosigkeit“
aufgelegt. Und noch zwei weitere
Bedeutung schreibt der
"Physiologus" der Schwalbe zu.
Erstens: sie erscheine im Frühjahr,
und rufe täglich die Schläfer zur
Arbeit - diese Mahnung zur rechten
Zeit wird belegt mit dem Bibelwort:
"Wache auf, der du schläfst, und
stehe auf von den Toten, so wird
dich Christus erleuchten" (Eph 5,
14). Und zweitens: die Schwalbe
zeuge nur einmal - "ein Gott, ein
Glaube, eine Taufe, ein Vater aller"
(Eph 4, 5).
Lange hielt sich eine Vorstellung
über die gemeinschaftliche Hilfe der
Schwalben beim Flüggewerden der
Jungen. Wenn es soweit sei,
informierten die Eltern alle ihre
Verwandten. Diese kämen, setzten
sich um das Nest, und ermutigten
die Jungen, ihren ersten Ausflug zu
wagen. Sie mahnten, sicherten Hilfe
zu, appellierten an den großen, so
wichtigen Entschluss - und halfen so
der Brut in vereinten Kräften, den
Sprung in ihr eigentliches Element
zu tun.
"Was bedeuten Schwalben?
Wenn sie anzeigen wollen, daß
Eltern ihren ungeteilten
Wohlstand ihren Kindern
hinterlassen, zeichnen sie eine
Schwalbe. Denn, selbst noch
kurz vor ihrem Tod wälzt sich
die Schwalbe im Dreck, um ein
Nest für ihre Jungen zu
bauen."
Horapollo, II, 31.
Schwalben verwenden zum Nestbau
Kot und Schmutz, den sie von den
Straßen und dem Rand der Pfützen
herbeitragen. Dieser unedle
Gegenstand trifft auch die
metaphorische Ebene, die nach der
alten Bildsprache Besitz und
Reichtum versinnbildlichen soll.
In der Barockzeit gab man der
Schwalbe schwankende Bedeutung:
Gewissenhaftigkeit auf der einen
Seite, Mittelmäßigkeit auf der
anderen. Die erste Eigenschaft
wurde ihr zugeschrieben, weil sie
ihr Nest so sauber hielt, und die
zweite, weil sie so kurze, kaum
sichtbare Füße hatte.
Bilder
links
Glyphe Vögel
Hieroglyphe "Schwalbe", ein
Lautzeichen, "wr" - Betro, 120