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63<br />
Gesetzesän<strong>de</strong>rung<br />
Praxisbeispiel<br />
Datenschutzgesetz bleibt blockiert<br />
Seit Dezember 2010 liegt er auf Eis: <strong>de</strong>r Entwurf eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes.<br />
Das neue Gesetz soll auch die bisher gesetzlich nicht geregelte Problematik<br />
<strong>de</strong>s Datenschutzes „vor Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses“ regeln.<br />
Im Gesetzesentwurf ist insbeson<strong>de</strong>re vorgesehen, dass personenbezogene Daten <strong>de</strong>s<br />
Bewerbers nur bei diesem selbst erhoben wer<strong>de</strong>n dürfen. Wer bei Dritten Daten anfor<strong>de</strong>rt,<br />
darf dies nur tun, wenn er beim Bewerber die vorherige Zustimmung eingeholt<br />
hat. Allgemein zugängliche Daten dürfen ohne Mitwirkung <strong>de</strong>s Bewerbers erhoben<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Arbeitgeber vorher darauf hinweist und keine überwiegen<strong>de</strong>n<br />
schutzwürdigen Interessen <strong>de</strong>s Bewerbers entgegenstehen. Was Background Checks<br />
betrifft, so erlaubt <strong>de</strong>r Gesetzesentwurf das Einholen von Informationen aus „sozialen<br />
Netzwerken“, wenn diese „zur Darstellung <strong>de</strong>r beruflichen Qualifikation ihrer Mitglie<strong>de</strong>r<br />
bestimmt sind“.<br />
Hinsichtlich <strong>de</strong>r Daten, die Auskunft über die „rassische und ethnische Herkunft, die<br />
Religion o<strong>de</strong>r Weltanschauung, eine Behin<strong>de</strong>rung, die sexuelle I<strong>de</strong>ntität, die Gesundheit,<br />
die Vermögensverhältnisse, Vorstrafen o<strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong> Ermittlungsverfahren“ geben, sieht<br />
das Gesetz keine eigenständigen Regelungen vor. Vielmehr wird zur Klarstellung auf das<br />
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verwiesen. Verwirrung stiftet allerdings die Einfügung<br />
eines ausdrücklichen Verbots <strong>de</strong>r Frage nach einer Schwerbehin<strong>de</strong>rung.<br />
Wie geht es weitergeht im Gesetzgebungsverfahren? Insi<strong>de</strong>r äußern die Befürchtung, dass<br />
im Hinblick auf die im nächsten Jahr stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Bun<strong>de</strong>stagswahl das von allen Fraktionen<br />
als notwendig erachtete Gesetz aus parteitaktischen Grün<strong>de</strong>n auf unabsehbare Zeit auf <strong>de</strong>r<br />
Strecke bleibt.<br />
vermuten lassen. Dann kehrt sich die<br />
Beweislast zulasten <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
um. Sofern <strong>de</strong>r Bewerber keinerlei Informationen<br />
hat, stellt sich die Frage, ob er<br />
diese vom Arbeitgeber verlangen kann.<br />
Der Europäische Gerichtshof hat in <strong>de</strong>r<br />
Rechtssache „Galina Meister“ festgestellt,<br />
dass keine Verpflichtung <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
zur Auskunft gegenüber einem<br />
abgelehnten Bewerber besteht. Aus <strong>de</strong>r<br />
Ablehnung <strong>de</strong>s Auskunftsbegehrens<br />
könne aber in Verbindung mit an<strong>de</strong>ren<br />
Kriterien ein Indiz für eine Benachteiligung<br />
erwachsen. Solche an<strong>de</strong>ren Kriterien<br />
können sein: das offensichtliche<br />
Entsprechen von Bewerberqualifikation<br />
und Anfor<strong>de</strong>rungsprofil, die unterbliebene<br />
Einladung zu einem Vorstellungsgespräch<br />
unter diesen Voraussetzungen,<br />
das erneute Unterbleiben <strong>de</strong>r Einladung<br />
zu einem Vorstellungsgespräch, wenn<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeber eine zweite Bewerberauswahl<br />
für die Stelle durchgeführt hat<br />
und das Verweigern jeglichen Zugangs<br />
für die begehrten Informationen.<br />
Unklare Rechtslage bei Speicherung<br />
und Löschung von Bewerberdaten<br />
Bewerberdaten wur<strong>de</strong>n üblicherweise<br />
elektronisch gespeichert. Bis zum Abschluss<br />
<strong>de</strong>s Bewerbungsverfahrens, das<br />
heißt bis zur Einstellungs- o<strong>de</strong>r Absageentscheidung,<br />
ist dies zweifellos zulässig.<br />
Umstritten ist allerdings, ob <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeber sie darüber hinaus speichern<br />
o<strong>de</strong>r aufbewahren darf. Im Ergebnis<br />
dürfte dies im Hinblick auf mögliche<br />
Scha<strong>de</strong>nersatz- o<strong>de</strong>r Entschädigungsansprüche<br />
nach § 15 AGG <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong><br />
nach nicht ernsthaft zu bestreiten sein.<br />
Denn wenn ein abgelehnter Bewerber<br />
eine Klage gegen das Unternehmen erhebt,<br />
sollte <strong>de</strong>r Arbeitgeber zumin<strong>de</strong>st<br />
in <strong>de</strong>r Lage sein festzustellen, ob und auf<br />
welche Stelle überhaupt sich <strong>de</strong>r Kläger<br />
beworben hat. Die Dauer <strong>de</strong>r zulässigen<br />
Speicherung nach Abschluss <strong>de</strong>s Bewerbungsverfahrens<br />
ist allerdings unklar.<br />
Von Be<strong>de</strong>utung ist hier § 15 Abs. 4 AGG,<br />
wonach ein Scha<strong>de</strong>nersatz- o<strong>de</strong>r Entschädigungsanspruch<br />
innerhalb einer Frist<br />
von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht<br />
wer<strong>de</strong>n muss. Die Frist beginnt im<br />
Falle einer Bewerbung mit <strong>de</strong>m Zugang<br />
<strong>de</strong>r Ablehnung, so je<strong>de</strong>nfalls § 15 Abs.<br />
4 Satz 2 AGG. Daraus ergibt sich, dass<br />
eine Aufbewahrung für einen Zeitraum<br />
von zwei Monaten zuzüglich <strong>de</strong>s Zeitraums<br />
für die mögliche Zustellung einer<br />
Klage, also insgesamt etwa drei Monate<br />
in je<strong>de</strong>m Falle, zulässig sein sollte. Nun<br />
hat aber <strong>de</strong>r EuGH die Ausschlussfrist<br />
in § 15 Abs. 4 AGG nur mit <strong>de</strong>r Maßgabe<br />
mit europäischem Recht für vereinbar<br />
erklärt, dass die Frist erst wie in allen an<strong>de</strong>ren<br />
Fällen zu <strong>de</strong>m Zeitpunkt beginnt,<br />
in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die Beschäftigte von <strong>de</strong>r<br />
Benachteiligung Kenntnis erlangt. Dies<br />
kann einige Zeit nach <strong>de</strong>r Absage liegen.<br />
Von daher dürfte, auch wenn gesicherte<br />
Erkenntnisse nicht vorliegen, eine Speicherung<br />
für einen Zeitraum von sechs<br />
Monaten nach <strong>de</strong>r Auswahlentscheidung<br />
datenschutzrechtlich zulässig sein.<br />
Die internen Abläufe unbedingt auf<br />
<strong>de</strong>n Prüfstand stellen<br />
In Bewerbungsverfahren gibt es eine<br />
Vielzahl formaler und inhaltlicher Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an einen ordnungsgemäßen<br />
Prozess. Den Arbeitgebern ist dringend<br />
anzuraten, ihre internen Prozesse danach<br />
abzuprüfen und auszurichten. Bei<br />
Verstößen drohen Scha<strong>de</strong>nersatz- und<br />
Entschädigungsansprüche. Aber auch<br />
die Reputation auf <strong>de</strong>m Bewerbermarkt<br />
wird darunter lei<strong>de</strong>n. <br />
Dr. Hans-Peter Löw<br />
ist Rechtsanwalt und Partner<br />
bei Allen & Overy LLP in<br />
Frankfurt.<br />
08 / 12 personalmagazin<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.<strong>de</strong>