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Pressespiegel 23_13 vom 01.06. bis 07.06.2013.pdf - Evangelisch ...

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Tages-Anzeiger <strong>vom</strong> 04.06.20<strong>13</strong>, Seite 34.1.pdf<br />

«Nicht nur die <br />

erleiden Schicl{salsschlãge»<br />

Religionspsychologin IsabeIIe Noth sagt, der Glaube helfe, gesund zu bleiben und grosse Belastungen<br />

zu verarbeiten. Deshalb würden bei der Behandlung Schwerkranker spiritueIIe Fragen wichtiger.<br />

Mit lubelle Noth<br />

sprach FeUx Straumann<br />

Im Spital sind viele problematische<br />

Glaubenskonstellationen denkbar.<br />

Etwa eio überzeugt atheistischer<br />

patient. der von einem streng<br />

christlichen Arzt behandelt wird.<br />

Birgt die Religiositãt im<br />

Gesundheitsbereich nicht ein<br />

enonnes Konf1iktpotenzial?<br />

Eio Arzt hat unabhãngig v.on seinen persõnlichen<br />

Überzeugungen professionel1<br />

zu arbeiten. Sein Glaube soll ihn darin<br />

bestãrken, verantwortungsvolJ zu handeln<br />

und seine Patienten wertzuschãtzen<br />

- im Wissen um die Geschwisterlichkeil<br />

aller Menschen. Wenn er seine Religiositãt<br />

so lebl, birgt. sie kein Konf1ikt-,<br />

sondern sogar eio Heilpotenzial.<br />

Selbst dann, wenn heide davon<br />

überzeugt slnd, dass der andere<br />

fa1sch glaubt?<br />

Der Glaube des anderen erfordert zuallerersl<br />

einmal Respekl. Aus chriSllicher<br />

Sichl gill die Liebe GOlles allen Menschen,<br />

unabhãngig <strong>vom</strong> vermeintlich<br />

richtigen oder falschen Glauben.<br />

«Christen dürfen<br />

einen kritischen,<br />

aber unverkrampften<br />

Umgangmit<br />

Medikamenten haben.»<br />

Vor einiger Zeit hat der Onkologe<br />

Hans-Jõrg Senn gesagt, dass man in<br />

seinem Fach ohne eine gute<br />

GlaubensgTundJage verloren sei,<br />

Damit hat eI' ru .. heftige Reaktionen<br />

gesorgt_ Ist es eine Provokation, als<br />

Ant heute religiõs zu sein?<br />

Das scheint tatsachlich so zu sein. Zu<br />

Unrechl, denn gerade im Gesundheitsbereieh<br />

bekommen religiõse und spirituelle<br />

Fragen eine waehsende Sedeutung.<br />

Die Weltgesundheitsorganisation<br />

hat «5pirilual Care» als Teil der Behandlung<br />

unheilbar Sehwerkranker und 5terbender<br />

anerkannt. Dabei soU auf die<br />

existenziellen Bediirfnisse von Patienten<br />

eingegangen werden. In Münehen<br />

gibt es bereits einen U~hrsmhl für «Spiritual<br />

Care», der jezur Hãlftevon einem<br />

Mediziner und einem Theologen besetzt<br />

ist. In Zürieh überlegt man sich ebenfaUs,<br />

eine solche Professur zu sehaffen.<br />

dZinem Menschen, der sich von Cottgeliebl fUh"!t.stehen besondcre Ressoureen zur Verfügung.,sagt Isabelle Noth. Foto, Chris Daeppen<br />

Hat denn Religiositãt eine heilende<br />

Wirkung, die sich naehweisen lãsst?<br />

Es gibt viele Studien, die in der Tendenz<br />

zeigen, dass Religiosiüit die Heilung fõrdern<br />

und die Gesundheit erhalten kann.<br />

Die gefundenen EfIekte sind statistiseh<br />

signifikant, al1erdings ist die Stãrke der<br />

Wirkung unterschiedlich und schwer zu<br />

beziffern.<br />

Wo zum Beispiel hat die Religiositãt<br />

heilende Wirkung?<br />

Religiositãt kann zum Beispiel positive<br />

Auswirkungen haben bei Angsterkrankungen,<br />

auf die Verarbeimng von Traumen<br />

oder die Bewaltigung von ehronisehen<br />

Krankheiten und anderen grossen<br />

Belastungen_<br />

Wle erklãren Sle sieh diese Effekte?<br />

Es gibt verschiedene Erk1ãrungsansãlze.<br />

Grundsãtzlich will christliehe Religiositãl<br />

Mensehen als von Gott gewollte und<br />

getragene Wesen stãrken. Einem Menschen,<br />

der sieh so geliebt fühlt und von<br />

einer Gemeinschaft getragen wird, srehen<br />

besondere Ressourcen zur Verfügung.<br />

Dazu gehõren auch mit Religiositat<br />

verbundene Praktiken wie Gebet,<br />

Meditation oder Gesang. Aber wohlgemerkt:<br />

Aus theologischer Sicht ist es<br />

nicht die Aufgabe von Religion, dass<br />

Leute weniger krank sind und ihren )ob<br />

besser maehen.<br />

Vie1e wenden sfch dem Glauben<br />

erst zu, wenn es ihnen 'sehlecht<br />

geht. Ist das aus theo1ogischer Sicht<br />

meht verwerflieh?<br />

Nein, das ist nicht verwerflich. Aueh<br />

wenn es natürlieh schõn wãre, wenn<br />

man nicht erst kurz vor dem Tod merkt,<br />

worauf es einem eigentlieh ankommt.<br />

Doch es ist eine der wiehtigsten Aufgaben<br />

der Theologie, die verbreitete Fehlmeinungzu<br />

korrigieren, dass Glaube etwas<br />

Heilsnotwendiges ist. Menschen<br />

brauehen nieht religiõs zu sein, um von<br />

Gott geliebl zu werden. Glaube ist etwas<br />

Schõnes und Befreiendes. Aber aueh<br />

oh:ne kann man gütig, grosszügig und<br />

glücklich sein.<br />

Kann Religiositãt meht auch dazu<br />

fiihren, dass Ãrzte eine Behandlung<br />

nieht durehf'ühren oder Patienten<br />

diese nicht wünsehen? Etwa eine<br />

Schmerztherapie. auf die aus einem<br />

christlichen Verstãndnis von Leiden<br />

heraus verzichtet wird?<br />

Das ist natürlich verheerend, wenn ein<br />

Arzl aufgrund seiner religiõsen Einstellsabelle<br />

Noth<br />

Seelsorge in der Klinik<br />

Isabelie Nolh (Jahrgang 1967) isl seit Anlang<br />

2012 Prolessorin lOr Seelsorge. ReligionspsychoJogie<br />

und Religionsp1ldagogik an der<br />

Unlversitat Bern und Klinikseelsorgerin bei<br />

den UniversiUlren Psychiatrischen Diensten<br />

Bern. Die Theologin ist Initiatorin der<br />

Podiumsdiskussion uMedizin und Glaul>e»<br />

von morgen in Bern. Anlass fOr die Veranstaltung<br />

sind zwei unlangst erschienene<br />

Zeitungsbeitr:ige im «Tages-Anzeigers»<br />

(2. und 6.April.). in welchen die beiden<br />

angesehenen Krebsspezia1islen Hans-JOrg<br />

Senn und Franco Cavalii ihre gegens:itzliche<br />

Auffassung zur Rolle des Glaubens in der<br />

Onkologie darlegten. (tes)<br />

lung die ãrztliche Pflicht verletzt. Aber<br />

abgesehen davon sol1 Religiositãt Leiden<br />

überwinden und nicht ver1ãngern. Chris~<br />

ten dürfen von daher einen kritisehen,<br />

aber durchweg unverkrampften Umgang<br />

mit Medikamenten haben.<br />

Je naeh Religionszugehõrigkeit und<br />

Ausprãgung des Glaubens sehen das<br />

viele Menschen võUig anders,<br />

Es ist Aufgabe christlieher Theologie, zu<br />

reOektieren, we1che Gottesbilder dahinterSlehen<br />

und ob diese bibliseh begründet<br />

sind. Eine Religion, die einen lebensfeindlichen,<br />

unterdrücke nden und autoritãren<br />

Gott propagiert, der eifersüehtig<br />

darüber wacht, dass man an ihn glaubt,<br />

ist theologisch nicht mehr haltbar.<br />

Sieht das die offizielle katholische<br />

Kirche auch so?<br />

leh kann mich nicht zur offiziellen katholisehen<br />

Kirehe ãussern. Aber ieh<br />

denke, dass heute nach der weehselhaften<br />

Geschichte des Christentums das<br />

Überwinden von Leiden - übrigens nicht<br />

nur der Menschen - eines der zentralen<br />

theologischen Anliegen isl.<br />

Hãufig kommt bei Krankheit das<br />

Thema Sehuld auf: Man bekommt<br />

Krehs, weil man Unrechtes getan<br />

oder alIes in sich hineingefressen<br />

hat. Besteht nicht die Gefahr, dass<br />

Religiositãt Schuldgefü.hle verstãrkt?<br />

Das Verrückte ist. dass dieses Thema<br />

schon vor weit über 2000 Jahren in der<br />

Geschichte von Hiob angesprochen<br />

wurde. Der gule, glãubige Menseh verliert<br />

darin alles und fragt Gott, was er<br />

denn falsch gemacht habe, dass er ihn<br />

bestrafe. Freunde sagen ihm, dass e r<br />

gesündigl haben muss, wenn ihn so ein<br />

Schicksal treffe. Doeh diese Argumentation<br />

geht nicht auf, das kommt am Ende<br />

auch in dieser Geschiehte heraus. Nicht<br />

nur die «Bõsen» erleiden Schicksalssehlãge'.<br />

Es trifft alle.<br />

Manehe verlieren den Glauben,<br />

angesichts des eigenen Leidens<br />

oder jenes von anderen.<br />

Da frage ich mich, welchen Glauben sie<br />

verlieren. Die Vorslellung, dass der<br />

Glaube dazu führen soll, mich und andere<br />

vor allem Unglüek zu bewahren, ist<br />

nicht biblisch. Gott selbst hat naeh bibliseher<br />

Bezeugung in Jesus gelitten. Dies<br />

motiviert uns Christen, uos nicht <strong>vom</strong><br />

Glauben abiuwenden. sondern uns Leidenden<br />

besonders zuzuwenden - zum<br />

Beispiel in Form von Seelsorge.<br />

Podiumsdlskusslon<br />

Medizin und Glaube<br />

Morgen lindel an der Universitat Bern eine<br />

Offenthche Diskussion zum Thema «Medizin<br />

und Glaube - Hilft Religiositat im Gesundheitswesen?»<br />

statl. Aul dem Podium sind der<br />

Krebsarzt und Alt-Nationalral Franco Cavalii.<br />

die Entwicklungspsychologin Pasqualina<br />

Perrig-Chiel1o, der Nierenspezialist Bruno<br />

Vogt sowie die beiden Theologen Frank<br />

Mathwig und !sabelie Noth. Felix Straumann,<br />

Medizinredaktor beim «Tages-Anzeiger».<br />

leitet die Diskussion. Veranstalterin ist die<br />

Theologische Fakultat der Uni Bero.<br />

Beginn 18 Uhr. Eintrin frei, Universittlt Bem,<br />

Hochschulstrasse 4, Raum 220.<br />

<strong>Pressespiegel</strong> der <strong>Evangelisch</strong>-reformierten Landeskirche Graubünden

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