Wahl - Burgtheater
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Kärntner Volkszeitung, Rubrik<br />
„Vermischtes“: „In der Nacht zum<br />
Samstag verübte eine 51-jährige Hausfrau<br />
aus A. (Gemeinde G.) Selbstmord<br />
durch Einnehmen einer Überdosis<br />
von Schlaftabletten.“<br />
Im Rückblick wird deutlich, wie Maria –<br />
so der Name jener Frau – vor und nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg um Selbstverwirklichung<br />
ringt und scheitert: sie<br />
erkämpft sich zwar eine Ausbildung,<br />
doch 1938 folgt der „Anschluss“. Kurz<br />
darauf wird sie schwanger von einem<br />
verheirateten deutschen Soldaten, den<br />
sie liebt, der aber bei seiner Familie<br />
bleibt. Um dem noch ungeborenen<br />
Sohn einen Vater zu geben, heiratet<br />
Maria einen deutschen Unteroffizier.<br />
Während des Krieges bleibt der Mutter<br />
nur Küchen- und Feldarbeit, danach<br />
reist sie aus Pflichtbewusstsein<br />
mit dem Sohn zu ihrem Mann nach<br />
Berlin und erlebt dort den bedrückenden<br />
Alltag einer einsamen Hausfrau,<br />
die sich nach außen hin elegant<br />
gibt. Maria bekommt vier weitere Kinder,<br />
nimmt heimlich mehrere Abtreibungen<br />
vor, ihr Mann trinkt und ist gewalttätig.<br />
Desillusioniert kehrt sie 1948<br />
mit ihrer Familie nach Kärnten zurück.<br />
Die Entdeckung der Literatur eröffnet<br />
ihr eine neue, innere Welt. Doch ständige<br />
Migräneattacken machen Marias<br />
Leben zunehmend unerträglich. Am<br />
Ende dieses beklemmenden Frauenschicksals<br />
steht die minutiös geplante<br />
Selbsttötung als einziger Ausweg.<br />
Peter Handkes 1972 entstandene semi-biographische<br />
Erzählung Wunschloses<br />
Unglück ist die literarische<br />
Aufarbeitung eines Suizids. Sieben<br />
Wochen nach dem Selbstmord seiner<br />
Mutter begann Handke mit der<br />
Niederschrift. Poetisch und präzise<br />
entsteht die Erinnerung an eine Frau,<br />
die versucht, ihrer Herkunft im Grenzgebiet<br />
zwischen Österreich und Slowenien,<br />
geprägt von sozialer Repression<br />
und religiösem Dogmatismus, zu<br />
entkommen.