Wahl - Burgtheater
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Parzival, das Kind im Manne.<br />
Der Mann im Kind. Der Weltsucher,<br />
-zerstörer, -schöpfer. Der Abenteurer,<br />
der vom Unwissenden im Narrenkostüm<br />
zum Gralskönig wird. Wie begegnet<br />
jemand der Welt, der nicht weiß,<br />
was Tod, was Liebe, was Gut<br />
und Böse ist?<br />
Wolfram von Eschenbachs Versroman<br />
aus dem 13. Jahrhundert behandelt<br />
überaus vielschichtige Themenbereiche<br />
wie die Gegensätze von Männer-<br />
und Frauenwelt, die Gesellschaft<br />
und die Abwendung von dieser, Erlösungsphantasien<br />
und Schuldfragen. Im<br />
Zentrum des Epos’ steht der Mythos<br />
vom Heiligen Gral. Seitdem wurde<br />
der Stoff in unzähligen Varianten bearbeitet<br />
– und für Tankred Dorst zum<br />
Lebensthema. Sein Parzival ist kein<br />
geschlossenes Stück, sondern eine<br />
Komposition aus verschiedenen Arbeiten<br />
des Autors, der sich fortwährend<br />
mit der Figur des enigmatischen<br />
Ritters auseinandergesetzt hat.<br />
„Sehr viel Persönliches“, schreibt Tankred<br />
Dorst dazu in einer Notiz, „ist in<br />
diese Parzival-Figur hineingeschrieben.<br />
Ich kenne sie ja schon so lange.<br />
In meiner frühen Jugend war sie hell,<br />
mutig, idealistisch, und was ich getan<br />
und gedacht habe als Vierzehnjähriger<br />
in der Kriegszeit, es geschah<br />
immer mit dem Blick auf diese Figur.<br />
Parzival war der Ritter, der mir voraus<br />
und manchmal neben mir her ritt,<br />
mit seinen Augen wollte ich die Welt<br />
ansehen. Wie er wollte ich mich von<br />
meiner Umgebung absondern, den<br />
besonderen Weg gehen, den andere<br />
noch nicht betreten hatten. (…) Ich<br />
sehe Parzival auf dem Rücken liegend,<br />
und um ihn herum kreisen die Milliarden<br />
Sterne des Weltalls. Wie man<br />
auch forscht und erklärt und wissenschaftlich<br />
beweist, er ist mir ein Rätsel,<br />
noch immer.“