Wahl - Burgtheater
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Ein Innenraum ohne Möbel,<br />
trübes Licht. Zwei kleine verhängte<br />
Fenster. Mülleimer, in denen Hamms<br />
beinlose Eltern vegetieren. Hamm<br />
im Rollstuhl. Und Clov, sein Diener.<br />
Das Endspiel kann beginnen.<br />
Außerhalb dieses Zimmers existiert<br />
nichts mehr. Die Welt nach der Apokalypse,<br />
vielleicht. „Ende“, verkündet<br />
Clov gleich zu Beginn, „es ist zu Ende,<br />
es geht zu Ende, es geht vielleicht zu<br />
Ende. Ein Körnchen kommt zum anderen,<br />
eins nach dem anderen. Und<br />
eines Tages, plötzlich, ist es ein Haufen,<br />
ein kleiner Haufen, der unmögliche<br />
Haufen.“ Er hasst Hamm und<br />
gehorcht ihm doch. Die beiden sind<br />
einander in gegenseitiger Abneigung<br />
und Abhängigkeit verbunden: Falls<br />
Clov Hamm verlassen würde, müsste<br />
dieser sterben, denn allein Clov<br />
kann den gelähmten Hamm betreuen.<br />
Aber auch für den Diener wäre dies<br />
das Ende, weil nur Hamm noch über<br />
Lebensmittel verfügt und Clov den<br />
Kühlschrank nicht öffnen kann. Nichts<br />
ist komischer als das Unglück.<br />
Samuel Becketts 1957 uraufgeführter<br />
Einakter gibt letzte Antworten auf<br />
letzte Fragen. Sein epochales Spiel<br />
mit dem Ende durchleuchtet die<br />
Absurdität der menschlichen Existenz,<br />
die Unfähigkeit zu handeln. „Die<br />
Menschheit“, schreibt Adorno in seinem<br />
Versuch, das Endspiel zu verstehen,<br />
„vegetiert kriechend fort nach<br />
Vorgängen, welche eigentlich auch die<br />
Überlebenden nicht überleben können,<br />
auf einem Trümmerhaufen, dem<br />
es noch die Selbstbesinnung auf die<br />
eigene Zerschlagenheit verschlagen<br />
hat.“