BWNotZ 6/2010 - Württembergischer Notarverein e.V.
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Theilacker, Erbauseinandersetzung und Steuerrecht <strong>BWNotZ</strong> 6/<strong>2010</strong><br />
Die Aufteilung nach Erbquoten galt auch für die Begünstigung<br />
nach § 13 a ErbStG a.F. Selbst wenn ein Miterbe bei der<br />
Auseinandersetzung allein den nach § 13 a ErbStG a.F. begünstigten<br />
Betrieb erhielt, ging die anteilige Begünstigung<br />
der übertragenden Miterben nicht auf ihn über, sondern verblieb<br />
diesen. Die Erben versteuerten das Vermögen, das<br />
ihnen durch den Erbfall anfiel, und nicht das Vermögen, das<br />
sie in der Erbteilung erhielten. Deshalb führte ein Verstoß des<br />
übernehmenden Miterben gegen die Behaltensregelungen<br />
zur entsprechenden Nachversteuerung bei allen Miterben.<br />
Erbschaftsteuerlich ist die (echte) Teilungsanordnung und<br />
sogar die qualifizierte Nachfolgeklausel nach dem bis Ende<br />
2008 anwendbaren Recht wie die Erbauseinandersetzung<br />
nicht relevant. 2<br />
Zwar gilt grundsätzlich weiterhin, dass eine Erbauseinandersetzung<br />
erbschaftsteuerlich bedeutungslos ist. Doch ist dieses<br />
Prinzip – wie unten näher ausgeführt 3 - bei folgenden Begünstigungen<br />
durchbrochen<br />
a) § 13 Abs. l Nr. 4b u. 4 c ErbStG Erwerb eines Familienheims<br />
von Todes wegen,<br />
b) §§ 13 a, 13 b ErbStG Steuerbefreiung für Betriebsvermögen,<br />
Betriebe der Land und Forstwirtschaft und Anteile an<br />
Kapitalgesellschaften,<br />
c) § 19 a ErbStG Tarifbegünstigung der Erwerber St.Kl. II<br />
und III bei nach §§ 13 a, 13 b ErbStG begünstigten Vermögen,<br />
d) § 13 c ErbStG Bewertungsabschlag von 10 % bei Wohngrundstücken.<br />
Diese Privilegierungen stehen nunmehr allein (rückwirkend)<br />
den Beteiligten zu, die im Rahmen der Erbauseinandersetzung<br />
das jeweils begünstigte Vermögen übernehmen, soweit<br />
die Übernahme dieses Vermögens gegen Hingabe solcher<br />
Wirtschaftsgüter erfolgt, die aus dem Nachlass vom Erblasser<br />
erworben wurden.<br />
Nach wie vor wird gem. § 3 ErbStG bei Sachvermächtnissen<br />
(auch in der Form der Vorausvermächtnisse) den Vermächtnisnehmern,<br />
bei Schenkungen auf den Todesfall den Beschenkten<br />
und bei Auflagen des Erblassers oder Schenkers<br />
den Auflagenberechtigten dieses Vermögen einschließlich<br />
der entsprechenden Begünstigungen wie ein Direkterwerb<br />
unmittelbar zugerechnet. Ein zivilrechtlicher Durchgangserwerb<br />
ist unbeachtlich. Beim Erwerb von begünstigtem Vermögen<br />
steht diesen (Letzt-)Erwerbern allein die steuerliche<br />
Privilegierung zu. Deshalb unterliegen nur sie – im Gegensatz<br />
zu bisher – bei einem Verstoß gegen Behaltensfristen der<br />
Nachversteuerung.<br />
Ich muss aber darauf hinweisen, dass in den letzten Monaten<br />
häufig im Fernsehen und Rundfunk und in der Presse gefordert<br />
wurde, diese Steuerbefreiungen ganz abzuschaffen bzw.<br />
erheblich zu vermindern. Die Erbschaftsteuer ist eine Ländersteuer.<br />
Angesichts der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse<br />
ist es nicht so fernliegend, dass es bundeseinheitlich<br />
zumindest zu einer Verringerung dieser Steuerbefreiungen<br />
kommt, oder dass die schwarz-gelbe Koalition die Regelung<br />
den einzelnen Ländern überlässt. Auf jeden Fall dürfte es sich<br />
empfehlen, in einschlägigen Fällen eine baldige vorweggenommene<br />
Erbfolge ins Auge zu fassen.<br />
2 ErbStR 03 R57 Abs.6<br />
3 Vgl. unten Abschnitt 7 – 9<br />
“Zum Schluss der Einleitung darf ich anmerken, dass ich<br />
mich weitgehend auf die gleichlautenden Erlasse der Länder<br />
zum Bewertungsgesetz vom 1.4.09 (BStBl I 09, 552 ff.), vom<br />
5.5.09 (BStBl. I 09, 590 ff.) und vom 25.6.09 (BStBl I 09, 698<br />
ff.)und zum Erbschaftsteuergesetz vom 25.6.09 BStBl. I 09,<br />
713 ff.) beziehe. Ich zitiere sie als Bew.-Erl. vom (Fundstelle)<br />
und ErbStErl. vom (Fundstelle).” Zur weiteren Einarbeitung in<br />
die Materie darf ich auf weiterführende Literatur jeweils zu<br />
Beginn eines Abschnitts in Fußnoten hinweisen.<br />
2. Anwendungszeitpunkt des neuen<br />
Rechts bei Erbauseinandersetzungen<br />
Nach § 37 Abs. l ErbStG, Art. 3 ErbStRG gelten die gesetzlichen<br />
Änderungen der Erbschaftsteuerreform für die Fälle, in<br />
denen die Steuer nach dem 31.12. 2008 entstanden ist.<br />
Auf den Zeitpunkt der Auseinandersetzung kommt es nicht<br />
an. Der Gesetzgeber hat keine Überleitungsvorschrift für die<br />
Erbteilung vorgesehen. Nach § 9 ErbStG ist bei Erwerben<br />
durch Erbanfall, Vermächtnissen oder Schenkungen auf den<br />
Todesfall der Zeitpunkt des Todes des Erblassers maßgebend,<br />
beim Erwerb auf Grund von Auflagen dagegen der<br />
Zeitpunkt ihrer Vollziehung. Es wird daher auch bei künftigen<br />
Auseinandersetzungen des öfteren noch altes Recht zur Anwendung<br />
kommen.<br />
Auch in Erbfällen nach dem 31.12.2006 aber noch vor dem<br />
1.1.2009 konnte nach Art. 3 ErbStRG auf Antrag von jedem<br />
einzelnen Erwerber von Todes wegen die Anwendung des<br />
neuen Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts – mit Ausnahme<br />
der neuen wesentlich höheren allgemeinen Freibeträge -<br />
gewählt werden. Bei Ausübung des Wahlrechts werden deshalb<br />
der Berechnung der Erbschaftsteuer neben den neuen<br />
Bewertungsregelungen auch die neuen Vergünstigungsregelungen<br />
für Unternehmensvermögen und eigengenutzten Immobilien,<br />
allerdings unter Anwendung der alten persönlichen<br />
Freibeträge, zugrunde gelegt. Bei Wahl des neuen Rechts<br />
ist auch der Wegfall des Abzugsverbots nach<br />
§ 25 ErbStG a.F. zu beachten. Nach den neuen Regelungen<br />
ist der Nießbrauch von der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage<br />
des belasteten Erben jetzt abzuziehen.<br />
Diese Rückanwendungsoption war aber nur bis zum 30.6.09<br />
möglich. Anträge nach diesem Zeitpunkt sind unwirksam.<br />
3. Die Änderung der gesetzlichen Grundlagen<br />
durch die Erbschaftsteuerreform<br />
Zum besseren Verständnis darf ich zunächst einen Überblick<br />
über die Änderungen des Bewertungs- und Erbschaftsteuergesetzes<br />
geben<br />
3. 1. Übersicht der Änderungen im Bewertungsgesetz<br />
Auf Grund des Beschlusses des BVerfG vom 7.11.2006<br />
musste der Gesetzgeber bis Ende 2008 für Zwecke der Erbschaftsteuer<br />
die Bewertungsvorschriften grundlegend ändern.<br />
Insbesondere musste er die Bewertung von Grund besitz,<br />
von nicht notierten Anteilen an Kapitalvermögen, von<br />
(gewerblichem und freiberuflichem) Betriebsvermögen und<br />
von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen wesentlich erhöhen.<br />
Die „Steuerwerte“ dieser Vermögensarten lagen bislang<br />
großenteils erheblich unter den Verkehrswerten. Künftig<br />
werden durchgängig die „gemeinen Werte“ für alle Vermögensarten<br />
angesetzt.<br />
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