BWNotZ 6/2010 - Württembergischer Notarverein e.V.
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Schmitz, Notar und Steuern <strong>BWNotZ</strong> 6/<strong>2010</strong><br />
Nach § 15 Abs. 2 EStG definiert sich der Gewerbebetrieb<br />
durch eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht<br />
unternommen wird und sich als Beteiligung<br />
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Negativ<br />
darf keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit und<br />
keine private Vermögensverwaltung vorliegen. Der BFH betont<br />
immer wieder, dass die Annahme eines Gewerbebetriebes<br />
von „dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung“<br />
abhängt. 16 Dies gilt in gleichem Maße auch für<br />
den gewerblichen Grundstückshandel. Gleichheits- und<br />
Rechtssicherheit hat der BFH in Ergänzung dieses Grundsatzes<br />
für den gewerblichen Grundstückshandel die Drei- Objekte-Grenze<br />
entwickelt. 17 Diese darf allerdings keinesfalls im<br />
Sinne einer schematisch anzuwendenden apodiktischen Regelung<br />
verstanden werden; ihr kommt eine indizielle Vermutungswirkung<br />
zu. 18 Dies bedeutet konkret, dass auch bei<br />
Unterschreiten der Drei-Objekte-Grenze gewerblicher<br />
Grundstückshandel vorliegen kann, etwa bei bestehender<br />
unbedingter Veräußerungsabsicht. 19 Umgekehrt kann auch<br />
bei Überschreiten der Drei- Objekte-Grenze noch kein gewerblicher<br />
Grundstückshandel vorliegen, etwa bei Notverkäufen.<br />
20<br />
Die oftmals unerwünschte Folge der Annahme gewerblichen<br />
Grundstückshandels wurde durch das Zwischenschalten<br />
von Personengesellschaften verhindert. Obschon es sich bei<br />
Personengesellschaften nicht um eigentliche Steuersubjekte,<br />
vielmehr lediglich um sogenannte Steuerermittlungssubjekte,<br />
handelt, wird die Vorlage des gewerblichen Grund -<br />
stücks handels (auch) auf der Ebene der Gesellschaft vor ge -<br />
nommen. Insoweit wird die Vorlage eines Steuersubjektes<br />
fingiert (Steuerermittlungssubjekt). Liegen die vorgenannten<br />
Merkmale des Gewerbebetriebes auf der Ebene der Gesellschaft<br />
vor, handelt es sich um eine Mitunternehmerschaft<br />
nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, auch mit der Folge des § 15<br />
Abs. 3 EStG. Die die Gewerblichkeit vermeidende Steuergestaltung<br />
in Form von Verteilung von Grundstücksgeschäften<br />
auf mehrere Personengesellschaften wurde jedoch im Jahr<br />
2008 durch den BFH jedenfalls erheblich erschwert: 21 Danach<br />
werden die Grundstücksgeschäfte personenidentischer<br />
Personengesellschaften, insbesondere auch mit der<br />
Folge des § 15 Abs. 3 EStG, zusammengerechnet. 22<br />
Der BFH lässt dabei jedoch offen, was unter personenidentischen<br />
Personengesellschaften zu verstehen ist. Dies eröffnet<br />
für die Vertragsgestaltungspraxis jedenfalls überlegenswerte<br />
Ansätze. Versteht man unter Personenidentität eine 100prozentige<br />
Beteiligungsidentität, so lässt sich die Zusammenrechnung<br />
der veräußerten Objekte verhältnismäßig einfach<br />
dadurch umgehen, dass an den jeweiligen Personengesellschaften<br />
unterschiedliche Minderheitsgesellschafter beteiligt<br />
werden (A und B halten an den GbR 1 bis 10 jeweils 49 %, die<br />
jeweils restlichen 2 % werden von C, D, E … L gehalten).<br />
Nimmt man die Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaften<br />
ernst, so wäre es weiterhin auch denkbar, dass Gesellschafter<br />
der Personengesellschaften jeweils unterschiedliche Kapitalgesellschaften<br />
sind, deren Geschäftsanteile die ursprünglichen<br />
natürlichen Personen halten (A und B gründen<br />
jeweils 10 Unternehmergesellschaften (UG 1 bis mit 10),<br />
deren Geschäftsanteile sie selbst halten; jeweils zwei – die<br />
Einmann-Personengesellschaft ist weiterhin nach hM nicht<br />
anerkannt – UG von A und B gründen dann wiederum die entsprechende<br />
Personengesellschaft GbR 1 bis mit 10). Diesen<br />
Gestaltungsüberlegungen ist aber insoweit mit Vorsicht<br />
gegenüber zu treten, als dass die Rechtsprechung auf die<br />
Überlegung kommen könnte, für die Beurteilung der Personenidentität<br />
auf die wirtschaftliche Beherrschungssituation<br />
abzustellen. Diese Tendenz lässt sich allerdings der Rechtsprechung<br />
bisher nicht entnehmen und würde zudem gegen<br />
die den Kapitalgesellschaften nach wie vor zuerkannte Abschirmwirkung<br />
verstoßen.<br />
II. § 35a EStG – Steuerermäßigung und vertragliche<br />
Lastenverteilung<br />
Abschließend sei auf den im Jahr 2009 neu gefassten § 35a<br />
EStG eingegangen, der Steuerermäßigungen bei Aufwendungen<br />
für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse,<br />
haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkleistungen<br />
zum Gegenstand hat. Erörtert wird nachfolgend die für die<br />
(Beratungs)Praxis relevante Frage, ob die in § 35a EStG festgeschriebene<br />
Steuerermäßigung davon abhängig ist, wer<br />
nach dem Gesetz oder der vertraglichen Vereinbarung die<br />
entsprechenden Aufwendungen zu tragen hat. Dieser Fragestellung<br />
liegt der folgende alltägliche Fall zugrunde: Die Eltern<br />
übertragen dem Kind bebauten Grundbesitz und behalten<br />
sich ein lebenslängliches Wohnungsrecht vor; das Kind<br />
übernimmt die vertragliche Pflicht, jedweden Erhaltungsund<br />
Modernisierungsaufwand zu tragen. Die Eltern nehmen<br />
Renovierungsarbeiten vor und möchten dementsprechend<br />
die Steuerermäßigungsvorschrift des § 35a EStG in Anspruch<br />
nehmen.<br />
Die Anwendung von § 35a Abs. 3 EStG ist nach hier vertretener<br />
Auffassung im genannten Fall ausgeschlossen. 23 Die Begünstigungsvorschrift<br />
des § 35a Abs. 3 EStG setzt hiernach<br />
voraus, dass der Aufwendende auch dazu verpflichtet ist,<br />
entsprechende Aufwendungen zu tragen. Dies ergibt sich<br />
schon aus dem dem EStG zugrunde liegenden Leistungsfähigkeitsprinzip,<br />
wonach die wirkliche Belastung steuerrechtlich<br />
berücksichtigt werden soll. 24 Ist der Steuerpflichtige zu<br />
einer entsprechenden Leistung nicht verpflichtet, ist er in diesem<br />
Sinne auch nicht belastet. Es handelt sich insoweit letztlich<br />
um eine unentgeltliche Zuwendung des Aufwendenden<br />
(Eltern) an den Verpflichteten (Sohn); letzterer allerdings kann<br />
dann die Begünstigungsvorschrift des § 35a EStG über den<br />
„abgekürzten Zahlungsweg“ in Anspruch nehmen. Es ist<br />
auch kein Grund ersichtlich, warum die Behandlung von<br />
§ 35a EStG von der des Nießbrauchs abweichen sollte. 25 Insbesondere<br />
wird die Geltung des Leistungsfähigkeitsprinzipes<br />
nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei § 35a EStG<br />
um eine „Lenkungs- und Subventionsnorm“ 26 handelt. 27 Die<br />
Vertragsgestaltungspraxis hat demnach darauf hinzuweisen,<br />
dass die Begünstigung resultierend aus § 35a EStG nur von<br />
demjenigen in Anspruch genommen werden kann, der auch<br />
die entsprechende Leistungsverpflichtung übernommen hat.<br />
16 BFH GrS 1/98, BStBl. II 2002, 291.<br />
17 BFH/NV 2004, 781.<br />
18 BFH BStBl. II 2007, 375; Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rn. 48.<br />
19 BFH v. 27.11.2008 – AZ.: IV R 38/06; BFH DStR 2002, 489; vgl. dazu:<br />
Tiedke/Wälzholz, DB 2002, 652 ff.<br />
20 BFH NJW 2003, 2192; BFH DStR 2003, 1066 ff.<br />
21 BFH v. 31.01.2008, AZ.: IV B 144/06; BFH/NV 2002, 1559.<br />
22 AA.: Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rn. 70.<br />
23 AA: Erhard in Blümich, EStG, § 35a Rn. 31; DNotI-Gutachten v.<br />
06.10.2009, Nr. 97595.<br />
24 In diesem Sinne wohl auch Drenseck in Schmidt, EStG, § 35a Rn. 2.<br />
25 Vgl. Nießbrauchserlass des BMF vom 24.07.1998, zuletzt geändert<br />
am 29.05.2006, Tz. 43.<br />
26 Drenseck in Schmidt, EStG, § 35a Rn. 2.<br />
27 So aber: DNotI-Gutachten v. 06.10.2009, Nr. 97595.<br />
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