24.11.2013 Aufrufe

BWNotZ 6/2010 - Württembergischer Notarverein e.V.

BWNotZ 6/2010 - Württembergischer Notarverein e.V.

BWNotZ 6/2010 - Württembergischer Notarverein e.V.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Theilacker, Erbauseinandersetzung und Steuerrecht <strong>BWNotZ</strong> 6/<strong>2010</strong><br />

Grundlage für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts ist<br />

der Reinertrag des Grundstücks. Er ergibt sich bei Abzug der<br />

Bewirtschaftungskosten vom Rohertrag des Gebäudes. Rohertrag<br />

ist die jährliche vereinbarte Miete bzw. die geschätzte<br />

übliche Miete (Sollmiete). Die Bewirtschaftungskosten (für<br />

Verwaltung, Instandhaltung und Mietausfall) werden pauschal<br />

angesetzt, und zwar nach Prozentsätzen der Sollmiete.<br />

Sie sind in Anlage 23 des BewG, gestaffelt nach Art und Restnutzungsdauer<br />

des Gebäudes, festgelegt. Sie liegen zwischen<br />

18 % und 29 % der Rohmiete. Der Abzug der Bewirtschaftungskosten<br />

vom Rohertrag führt zum Reinertrag des<br />

Grundstücks. Dieser Wert ist dann wiederum um die Verzinsung<br />

des Bodenwerts zu kürzen, da dieser Wert schon im getrennt<br />

ermittelten Bodenwert steckt. Der Verzinsung des Bodenwerts<br />

ist der marktübliche Zins für Grund und Boden, der<br />

sogen. Liegenschaftszinssatz, zu Grunde zu legen Dieser<br />

Zinssatz wird vom Gutachterausschuss ermittelt oder vom<br />

Gesetz pauschal festgelegt. Er beträgt 5 % - 6,5 %. Der<br />

nächste Schritt nach dieser Ermittlung des Gebäudereinertrags<br />

ist die Berechnung des Gebäudeertragswerts. Dazu<br />

wird der Gebäudereinertrag mit einem Vervielfälltiger kapitalisiert,<br />

der sich nach dem Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer<br />

des Gebäudes richtet und aus Anlage 21<br />

BewG abzulesen ist. Das Gesetz legt auch bei sehr alten Gebäuden<br />

eine Mindestrestnutzungsdauer von 30 % der wirtschaftlichen<br />

Gesamtnutzungsdauer fest.<br />

Die Summe von Gebäudeertragswert und Bodenwert ergibt<br />

den Grundstückswert. Es ist mindestens der Bodenwert anzusetzen.<br />

Beispiel 1 c Bewertung im Ertragswertverfahren<br />

V schenkt <strong>2010</strong> seiner Tochter T ein vermietetes Mehrfamilienhaus<br />

in der Gemeinde A, das 5 gleich große Wohnungen<br />

von jeweils 100 qm hat. Das Gebäude wurde auf<br />

einem Grundstück von 600 Qm im Jahr l988 errichtet<br />

und l989 fertiggestellt. Zum Schenkungszeitpunkt beträgt<br />

die vertraglich vereinbarte Miete für alle Wohnungen<br />

10 € je qm Wohnfläche im Monat. Der Bodenrichtwert beträgt<br />

zum 1.1.<strong>2010</strong> 500 € je qm. Der Gutachterausschuss<br />

hat weder einen örtlichen Liegenschaftssatz noch einen<br />

besonderen Erfahrungssatz für Bewirtschaftungskosten<br />

ermittelt.<br />

Das Mehrfamilienhaus ist ein Mietwohngrundstück, dessen<br />

Wert nach § 182 Abs. 3 BewG im Ertragswertverfahren<br />

zu ermitteln ist<br />

a) Bodenwert<br />

Richtwert von 500 € x Fläche 600 Qm 300 000 €<br />

b) Gebäudeertragswert<br />

Rohertrag (Jahresmiete der Wohnungen) 60 000 €<br />

abzgl. Bewirtschaftungskosten von 23 % 13 800 €<br />

(nach Anlage 23 zum BewG)<br />

Grundstücksreinertrag 46 200 €<br />

abzgl. Bodenwertverzinsung ( 5 % von 300 000) 15 000 €<br />

Gebäudereinertrag 31 200 €<br />

Der Vervielfältiger beträgt nach Anlage 21 des BewG nach<br />

der Restnutzungsdauer des Mietwohngrundstücks von<br />

von 59 Jahren (80 Jahre - 21 Jahre seit Bezugsfertigkeit)<br />

und dem Liegenschaftszinssatz von 5 % 18,88.<br />

Gebäudeertragswert.<br />

31 200 € x 18,88 589 905 € 589 905 €<br />

Grundstückswert 889 905 €<br />

Da das Gebäude in vollem Umfang zu Wohnzwecken genutzt<br />

wird, werden wegen der Steuerverschonung nach<br />

§ 13 c ErbstG nur 90 % des Wertes der Schenkungsteuer<br />

unterworfen.<br />

Im Sachwertverfahren ist der Sachwert des Grundstücks<br />

die Summe des Bodenwerts mit vollem Ansatz des Bodenrichtwerts<br />

und dem Gebäudesachwert. Der Gebäudesachwert<br />

wird pauschal nach Regelherstellungskosten ermittelt<br />

(§ 190 BewG n.F. iVm Anlage 24). Die Herstellungskosten<br />

sind nach Gebäudeart und Alter der Gebäude gestaffelt.<br />

Schematisch kann das Sachwertverfahren nach §§ l89 –<br />

191 BewG wie folgt dargestellt werden:<br />

Flächenpreis<br />

(Regelherstellungskosten)<br />

X Bruttogrundfläche<br />

Bodenrichtwert x Fläche = Gebäudeherstellungskosten<br />

= Bodenwert ./. Alterwertminderung<br />

= Gebäudesachwert<br />

Vorläufiger Sachwert<br />

X Wertzahl<br />

= Grundbesitzwert<br />

Das Sachwertverfahren kommt vor allem bei den bebauten<br />

Grundstücken in Betracht, bei denen es für die Werteinschätzung<br />

am Grundstücksmarkt nicht in erster Linie<br />

auf den Ertrag ankommt, sondern die hohen Herstellungskosten<br />

im gewöhnlichen Geschäftsverkehr den Wert bestimmen.<br />

Es wird in erster Linie zur Bewertung von<br />

Grundstücken herangezogen, die zum Zweck der Eigennutzung<br />

erworben bzw. genutzt werden. Bei Ein- oder<br />

Zweifamilienhäusern sowie bei Wohnungs- oder Teileigentum<br />

ist aber vorrangig zu prüfen, ob Vergleichswerte<br />

ermittelt werden können; ist dies nicht möglich, kommt ersatzweise<br />

das Sachwertverfahren zur Anwendung.<br />

Bei Geschäftsgrundstücken und Mietgrundstücken ist<br />

gleichfalls vorrangig das Ertragswertverfahren anzuwenden.<br />

Ist jedoch eine übliche Miete nicht zu ermitteln, kann<br />

dieses Verfahren keine Anwendung finden. Im Sachwertverfahren<br />

werden auch sonstige bebaute Grundstücke<br />

bewertet, für die eine übliche Miete nicht zu ermitteln ist.<br />

Dazu rechnen im gewerblichen Bereich Grundstücke mit<br />

Gebäuden, die zur Durchführung bestimmter Fertigungsverfahren,<br />

zu spezieller Nutzung oder zur Aufnahme bestimmte<br />

technischer Einrichtungen errichtet worden sind.<br />

Hierzu gehören z.B. Gewächshäuser, Hallenbäder, Kliniken,<br />

Sanatorien, Produktionsgebäude, Werkstattgebäude.<br />

Bankgebäude, Hotels und ähnliche Gebäude. Nach<br />

neuem Recht wird eine Bewertung solcher Grundstücke<br />

im Sachwertverfahren nur selten zur Anwendung kommen.<br />

Wie oben in Abschnitt 3. 1. 1 dargelegt, werden im<br />

Erbfall und bei Schenkung von Betrieben, von Anteilen an<br />

Personengesellschaften und an Kapitalgesellschaften<br />

diese insgesamt mit den Grundstücken bewertet. Eine<br />

Sonderbewertung der betrieblichen Grundstücke kommt<br />

dann nicht in Frage.<br />

Die Bewertung eines Erbbaurechts für erbschafts- und<br />

schenkungsteuerliche Zwecke war bis zum Jahressteuergesetz<br />

2007 und der ab 1.1.2007 geltenden Neufassung ein<br />

„trauriges Kapitel“. Bis dahin wurde das Erbbaurecht mit<br />

dem 18,6 kapitalisierten jährlichen Erbbauzins angesetzt und<br />

dieser Kapitalwert vom Steuerwert des normal bewerteten<br />

232

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!