BWNotZ 6/2010 - Württembergischer Notarverein e.V.
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Theilacker, Erbauseinandersetzung und Steuerrecht <strong>BWNotZ</strong> 6/<strong>2010</strong><br />
zum Erbfall verstrichen ist, um 10 % gekürzt, so dass die<br />
Schenkung mit dem Ablauf von 10 Jahren nicht mehr berükksichtigt<br />
wird. Dies gilt für sämtliche Erbfälle ab <strong>2010</strong>. Die<br />
Frist von 10 Jahren beginnt aber nicht zu laufen, wenn der<br />
Schenkungsgegenstand aus dem Vermögen des Erblassers<br />
noch nicht ausgegliedert ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich<br />
der Erblasser an dem geschenkten Gegenstand den Nießbrauch<br />
oder das Wohnrecht vorbehält oder den geschenkten<br />
Gegenstand an den Schenker zunächst nur vermietet oder<br />
die Nutzung unentgeltlich überlässt. Auch bleibt es bei der<br />
alten Regelung, dass bei einer Schenkung an den Ehegatten<br />
die Frist erst mit der Auflösung der Ehe beginnt.<br />
Es ist deshalb davon auszugehen, dass nun Schenkungen<br />
bis ins hohe Alter der Betreffenden zunehmen werden, wenn<br />
dadurch der Erwerb der Pflichtteilsberechtigten eingeschränkt<br />
werden soll.<br />
6. Die Steuerbefreiungen von Familienheimen<br />
6.l. Allgemeines zur Erbschaftsteuerbefreiung von<br />
Familienheimen 30<br />
Der Begriff des Familienheims (bislang Familienwohnheim)<br />
wurde vom BGH im Rahmen der sog. unbenannten Zuwendungen<br />
geprägt. Er hat die unentgeltliche Übertragung des<br />
hälftigen Miteigentumsanteils eines Hauses, das von den<br />
Ehegatten mit ihren Kindern bewohnt wurde, an den anderen<br />
Ehegatten als unbenannte Zuwendung beurteilt. Um Zuwendungen<br />
zwischen Eheleuten, die nicht auf einem Leistungsaustausch<br />
beruhen, nicht nach Schenkungsrecht behandeln<br />
zu müssen, entwickelte er den Begriff der unbenannten Zuwendung.<br />
Auch der BFH hat zunächst steuerpflichtige freigebige<br />
Zuwendungen bei Vermögensübertragungen zwischen<br />
Ehegatten verneint, sofern der Zuwendende hierdurch den<br />
anderen angemessen an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens<br />
beteiligen wolle ( BFH BStBl II 1985, 159 ).<br />
Mit Urteil vom 2.3.1994 (BStBl l994 II 366) gab er diese<br />
Rechtsprechung auf. Er vertritt nun die Ansicht, dass Zuwendungen,<br />
die nicht geschuldet sind (z.B. aufgrund von Unterhaltsansprüchen<br />
oder die auf Austauschverträgen wie<br />
Arbeits- oder Mietverträgen beruhen) und bei denen dem Zuwendenden<br />
die Unentgeltlichkeit bewusst ist, schenkungsteuerpflichtig<br />
sind. Dem ist auch die Finanzverwaltung<br />
gefolgt und hat die Schenkungsteuerfreiheit solcher unbenannter<br />
Zuwendungen von selbstgenutzten Wohngebäuden<br />
unter Ehegatten zum 31.5.94 aufgehoben Mit Wirkung zu<br />
diesem Zeitpunkt wurde aber durch das Jahressteuergesetz<br />
l996 die Steuerbefreiung solcher Zuwendungen<br />
gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 a ErbStG gesetzlich eingeführt.<br />
Der Gesetzgeber hat in der Erbschaftsteuerreform die<br />
Zuwendungen im Zusammenhang mit dem Familienheim<br />
bei Schenkungen zwischen Ehegatten weiterhin freigestellt.<br />
Begünstigt sind aber jetzt auch die eingetragenen<br />
Lebenspartner und Familienheime in EU- und EWR – Ländern.<br />
Vor allem hat er in § 13 Abs. 4 b und 4 c ErbStG n. F.<br />
auch bei Erwerben von Todes wegen die überlebenden<br />
Ehegatten und Lebenspartner und auch die Kinder und<br />
die Kinder verstorbener Kinder von der Schenkungsteuer<br />
befreit. Allerdings muss der Erblasser bis zu seinem Tod im<br />
Familienheim wohnen und die Erwerber müssen unverzüglich<br />
nach dem Erbfall in die Wohnung einziehen. Außerdem<br />
müssen diese Erwerber von Todes wegen grundsätzlich das<br />
Familienheim auf die Dauer von 10 Jahren zu eigenen Wohnzwecken<br />
nutzen.<br />
Im Hinblick auf mein Thema beschränke ich mich anschließend<br />
auf die Steuerbefreiungen beim Erbfall.<br />
6.2. Die Steuerbefreiung des Erwerbs eines Familienheims<br />
von Todes wegen gem. § 13 Abs. 4 b u. 4 c ErbStG<br />
n. F. 31<br />
Das Familienheim wird bei diesen Befreiungen definiert als<br />
bebautes Grundstück, soweit darin der Erblasser eine Wohnung<br />
zu eigenen Wohnzwecken bis zu seinem Tod genutzt<br />
hat. Der Begriff gilt daher auch für den Wohnteil des verstorbenen<br />
Altbauern und für selbstgenutzte Wohnungen in Geschäftsgrundstücken.<br />
Es ist unschädlich, wenn der Erblasser<br />
aus zwingenden Gründen die Wohnung nicht mehr zu eigenen<br />
Wohnzwecken bis zu seinem Tod nutzen konnte. Dies ist<br />
z.B. der Fall, wenn er wegen Pflegebedürftigkeit in ein Heim<br />
musste. Dagegen ist es nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />
für die Steuerfreiheit schädlich, wenn der Erblasser<br />
wegen beruflicher Versetzung das Familienheim nicht mehr<br />
als Wohnung nutzen konnte. Es dürfte aber davon auszugehen<br />
sein, dass eine Eigennutzung auch dann anzunehmen<br />
ist, wenn der Arbeitsort des Erblassers zwar mehr oder weniger<br />
weit vom Familienheim entfernt war, aber er in gewissen<br />
kürzeren oder auch längeren zeitlichen Abständen zum<br />
Wohnort zurückkehrte. Vor allem in den Fällen, in denen der<br />
andere Ehegatte noch im Familienheim wohnte, dürfte weitestgehend<br />
eine Eigennutzung vorliegen. Wie bei der Steuerbefreiung<br />
der lebzeitigen Zuwendung eine Familienheims ist<br />
maßgebend, ob bis zum Erbfall die Wohnung den Mittelpunkt<br />
des (familiären) Lebens des Erblassers bildete Die<br />
Finanzverwaltung ist daher der Auffassung, dass Ferien- und<br />
Wochenendwohnungen wie auch Zweitwohnungen von Berufspendlern<br />
nicht begünstigt sind.<br />
Das Gesetz lässt aber offen, wie lange diese Selbstnutzung<br />
vor dem Erbfall gedauert haben muss. Dies sollte durch Gesetz<br />
oder durch die Finanzverwaltung möglichst schnell geklärt<br />
werden.<br />
Entscheidend ist die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken des<br />
Erblassers. Die Mitbenutzung durch den Ehegatten, Lebenspartner,<br />
Kinder oder Eltern oder eine Hausgehilfin ist unschädlich<br />
.Die Nutzung zu anderen als Wohnzwecken steht<br />
der Steuerbefreiung gleichfalls nicht entgegen, wenn sie von<br />
untergeordneter Bedeutung ist. So werden z.B. die (unentgeltliche<br />
und entgeltliche) Nutzung eines Zimmers als<br />
Arbeitszimmer oder die unentgeltliche Mitbenutzung zu gewerblichen<br />
oder freiberuflichen Zwecken von der Finanzverwaltung<br />
als unschädlich angesehen.<br />
Die Wohnung muss vom Erwerber von Todes wegen ebenfalls<br />
zu Wohnzwecken verwendet werden. Es dürfte davon<br />
auszugehen sein, dass für die Nutzung des Erwerbers das Gleiche<br />
gilt wie für die Wohnungsnutzung des Erblassers. Der ErbSt-<br />
Erl. vom 25.6. 09 nimmt hierzu keine Stellung.<br />
Ein begünstigtes Familienheim kann in jeder Art von bebauten<br />
Grundstücken liegen, vom Einfamiliehaus bis zum Mehrfamilienhaus<br />
oder Geschäftshaus, sofern beim letzteren die<br />
Wohnung ertragsteuerlich nicht ausnahmsweise Betriebsver-<br />
30 Näheres ErbSt.-Erl. Abschn. 3 und 4 (BStBl I 09, 716 - 718),<br />
Siegmund/Ungemach, Ernst u. Young GmbH/BDI, Die Erbschaftsteuerreform,<br />
Rz. 755 ff. 31 ErbSt.- Erl., Abschn. 4 (BStBl. I 09, 716 f.)<br />
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