BWNotZ 6/2010 - Württembergischer Notarverein e.V.
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Theilacker, Erbauseinandersetzung und Steuerrecht <strong>BWNotZ</strong> 6/<strong>2010</strong><br />
S. 3 des Erlasses (BStBl. I 09 732) erledigt haben. Hier wird<br />
ausdrücklich erwähnt, dass über eine Personengesellschaft<br />
gehaltene mittelbare Beteiligungen nicht begünstigt sind.<br />
In der Poolvereinbarung muss neben der Verpflichtung zur<br />
einheitlichen Stimmrechtsabgabe die Verpflichtung zur entsprechenden<br />
Verfügungsbeschränkung vorliegen. Beide Voraussetzungen<br />
müssen kumulativ gegeben sein. Zu der<br />
Frage, was unter der Formulierung „..Gesellschafter untereinander<br />
verpflichtet sind, über die Anteile einheitlich zu verfügen<br />
oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung<br />
unterliegende Anteilseigner zu übertragen...“ zu verstehen<br />
ist, hat sich die Finanzverwaltung bisher vornehm zurückgehalten.<br />
Bei Anwendung dieser Vorschrift genau nach dem Wortlaut<br />
wäre ein Erwerb von Todes wegen oder eine Schenkung<br />
eines Anteils nur dann nach §§ l3 a, b ErbStG n. F steuerbegünstigt,<br />
wenn der Anteil auf einen schon im Besteuerungszeitpunkt<br />
vorhandenen Gesellschafter, der Poolmitglied ist,<br />
überginge.<br />
Beispiel 20<br />
Gesellschafter der X-GmbH sind die Brüder A und B und<br />
ihre Vetter C, D und E, jeder zu 20 %. A schenkt 2009 seinem<br />
Sohn S seinen Anteil. Die GmbH hat über 90 % Produktivvermögen<br />
und einen gemeinen Wert von 50 Mio. €,<br />
weshalb der gemeine Wert des Gesellschaftsanteils des A<br />
10 Mio. € beträgt.<br />
Die beiden Brüder A und B hatten sich schon früher vertraglich<br />
zur einheitlichen Stimmrechtsausübung und dazu<br />
gegenseitig verpflichtet, ihre Anteile nur an eines ihrer<br />
Kinder zu übertragen oder zu vererben. Die gegenseitige<br />
Verpflichtung der Brüder, auch bei sonstigen Verfügungen<br />
über ihre Anteile einheitlich zu verfahren, genügt den<br />
gesetzlichen Anforderungen zur Steuerbegünstigung<br />
nicht .<br />
Bei direkter Anwendung des Wortlauts wäre der Erwerb<br />
von Todes wegen des S voll steuerpflichtig und mit einer<br />
Erbschaftsteuer von 30 % belastet. Der A war nur zu 20 %<br />
beteiligt. Die Abtretungsvereinbarung der Brüder wäre<br />
mangelhaft, da nur ein Erwerb der übrigen Gesellschafter<br />
begünstigt wäre. Dieser Mangel käme voll zur Wirkung, da<br />
die Poolvereinbarung, auch bei sonstigen Verfügungen<br />
über die Anteile einheitlich zu handeln, nicht ganz dem<br />
Gesetz entspricht. Es wäre nur eine Vererbung an den<br />
Bruder B begünstigt<br />
Dieses Beispiel macht deutlich, dass mit der Formulierung<br />
„oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung<br />
unterliegenden Anteilseigner zu übertragen“ nicht nur bisherige<br />
Gesellschafter begünstigt sein können. Dies wäre sinnwidrig<br />
und würde dem Gesetzeszweck völlig widersprechen.<br />
Es würde dazu führen, dass die Zahl der Gesellschafter laufend<br />
schrumpfen würde. Es bliebe nur der Ausweg über<br />
Schenkungen. Zunächst müsste nur ein Minianteil steuerpflichtig<br />
geschenkt werden. Anschließend müsste der Erwerber<br />
dem Pool beitreten. Dann könnte der größere Anteil begünstigt<br />
geschenkt oder auch vererbt werden. Häufig wäre<br />
dies gesellschaftsrechtlich nicht zulässig. Es ist deshalb geradezu<br />
geboten, den Begriff „ Anteilseigner“ erweiternd auch<br />
auf „werdende Anteilseigner“ auszudehnen. Dies hat zur<br />
Folge, dass auch eine Übertragung auf Dritte z.B. Kinder, die<br />
zuvor nicht Gesellschafter sind, steuerbegünstigt möglich ist.<br />
Es muss zwar dann auch das weitere Erfordernis erfüllt werden,<br />
dass der unentgeltliche Erwerber Poolmitglied ist. Wie<br />
beim Begriff Anteilseigner, muss es m.E. genügen, dass es<br />
sich um ein werdendes Poolmitglied handeln, d.h. dass der<br />
Erbe oder Beschenkte sofort nach dem Erwerb dem Pool seines<br />
Rechtsvorgängers beitritt.<br />
Bedeutsam ist, dass neben der besprochenen Verpflichtung<br />
zur Übertragung nur auf Anteilseigner, die schon Poolmitglieder<br />
sind, es für eine solche Poolvereinbarung alternativ auch<br />
genügt, wenn im Vertrag sich die Poolmitglieder<br />
verpflichten, „über ihren Anteil nur einheitlich zu verfügen“.<br />
Unter Verfügung ist ein Rechtsgeschäft zu verstehen, das unmittelbar<br />
darauf gerichtet ist, auf ein bestehendes Recht einzuwirken,<br />
es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben.<br />
Eine Verfügung über einen Anteil umfasst deshalb insbesondere<br />
die Übertragung der Beteiligung. Aber auch die Bestellung<br />
eines Nießbrauchs oder die Anteilsverpfändung sind<br />
Verfügungen. Heißt das nun, dass auch eine Schenkung<br />
begünstigt an Dritte erfolgen kann, die nicht Mitglieder des<br />
Pools sind und auch nicht werden, wenn die Übertragung<br />
von allen Poolmitgliedern „einheitlich“ erfolgt. Müssen die<br />
Schenkungen zeitgleich und womöglich nur an einen Erwerber<br />
durchgeführt werden?<br />
Auch hier muss m.E. der Grundsatz gelten, dass im Wege der<br />
teleologischen Auslegung solche Übertragungen zulässig<br />
sind, die dem Gesetzeszweck entsprechen. Der Gesetzgeber<br />
will mit dieser Vorschrift den bestimmenden Einfluss von familienfremden<br />
Dritten auf die Gesellschaft verhindern (S. 59<br />
der Gesetzesbegründung). Dass die Schenkungen gleichzeitig<br />
durchzuführen sind oder gar nur an einen Erwerber erfolgen<br />
müssen, ist im Hinblick auf diesen Zweck widersinnig.<br />
Vielmehr würde es diesem Ziel entsprechen, wenn man es<br />
genügen lassen würde, dass für Übertragungen der Anteile<br />
und zur Begründung eines Nießbrauchs daran, die Zustimmung<br />
der anderen Poolmitglieder genügt.<br />
Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, das der Erbanfall<br />
sowohl bei gesetzlicher als auch bei gewillkürter Erbfolge<br />
nicht durch Übertragung erfolgt, sondern kraft Gesetzes.<br />
Auch liegt diesem Übergang nicht eine rechtsgeschäftliche<br />
Verfügung zugrunde. Die letztwilligen Verfügungen bewirken<br />
selbst nicht die Erbfolge, sondern entscheiden nur darüber,<br />
wer Erbe wird. Zwar müssen Erblasser und Schenker zuvor<br />
einen Pool vereinbart haben. Aber die Erbfolge selbst ist kein<br />
Fall, der bei wörtlicher Auslegung unter die einheitliche Verfügung<br />
oder die entsprechende Übertragung fällt.<br />
Die Finanzverwaltung hat nun mit gleichlautenden Erlassen<br />
der Länder vom 29. Oktober <strong>2010</strong> (BStBl I 10, 1210)<br />
auch zu der Voraussetzung der einheitlichen Verfügung<br />
oder der ausschließlichen Übertragung auf Poolmitglieder<br />
Stellung genommen, deren Inhalt ich anschließend kurz<br />
darlegen darf.<br />
Zunächst bestätigt dieser ErbSt-Erlass, dass nur unmittelbare<br />
Anteile am Nennkapital der Kapitalgesellschaft begünstigungsfähig<br />
sind, aber keine bloßen Bezugsrechte und dass<br />
eigene Anteile der Gesellschaft die Beiteiligungsquote der<br />
Gesellschafter erhöhen. Die Beschreibung der einheitlichen<br />
Stimmrechtsausübung wird wortgleich vom ErbSt – Erl vom<br />
25.6.2009 Abschn. 21 Abs. 4 übernommen. Zusätzlich wird<br />
allerdings ausgeführt, dass die Finanzverwaltung keine Bedenken<br />
hat, die Beschlussfassung der Poolmitglieder zur<br />
einheitlichen Stimmrechtsausübung zu der jeweiligen Beschlussfassung<br />
in der Sache selbst im Rahmen einer zeitgleichen<br />
Gesellschafterversammlung voranzustellen.<br />
Das Erfordernis der einheitlichen Verfügung wird aber jetzt<br />
Absatz 4 des Erlasses wie folgt definiert: “Verfügung im Sinne<br />
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