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Eildienst 04/02 - Landkreistag NRW

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Themen<br />

können deshalb nicht mehr sein als eine<br />

Zwischenbilanz, die zudem gewiss nicht<br />

alle Aspekte des Systemwechsels ausleuchten<br />

kann. Insbesondere fehlt es an einer<br />

grundlegenden, durch Tatsachenmaterial<br />

erhärteten Untersuchung über die Auswirkungen,<br />

die der Systemwechsel auf die<br />

Aufgabenerledigung in den Kreisen gehabt<br />

hat 2 . Was die hauptamtlichen Landräte<br />

insoweit neu und anders gemacht haben,<br />

kann nur beispielhaft und damit kursorisch<br />

angesprochen werden. Ob damit ein der<br />

Realität entsprechendes Bild der Verwaltungswirklichkeit<br />

in den Kreisen gezeichnet<br />

werden kann, erscheint schon deshalb<br />

zweifelhaft. Unmöglich ist es aber, schon<br />

jetzt die Dimension der Veränderung in der<br />

Verwaltungswirklichkeit und der Politik in<br />

den Kreistagen festzustellen. Hierfür fehlt<br />

die Datenbasis. Die Zeit seit Vollzug des<br />

Systemwechsels ist wohl auch noch zu<br />

kurz, um eine wirkliche Bilanz ziehen zu<br />

können. Die folgenden Ausführungen sollten<br />

deshalb lediglich als eine erste vorläufige<br />

und vorsichte Bewertung verstanden<br />

werden. Hinzu kommt, dass der Verfasser<br />

ein externer Beobachter ist, der die politische<br />

Wirklichkeit in den Kreisen selbst nicht<br />

unmittelbar erlebt – und zudem als Verbandsgeschäftsführer<br />

nicht schlecht über<br />

„seine“ Kreise und Landräte reden sollte<br />

und möchte. Auch das erleichtert das<br />

Unterfangen, eine erste Bilanz zu ziehen,<br />

nicht unbedingt.<br />

Dem Thema möchte ich mich in vier Schritten<br />

nähern. Zunächst soll die Diskussion<br />

um den Systemwechsel in den nordrheinwestfälischen<br />

Kreisen noch einmal kurz<br />

aufgegriffen werden. Sodann will ich auf<br />

die neue Aufgabenstruktur für die hauptamtlichen<br />

Landräte in Nordrhein-Westfalen<br />

und danach auf das eigentlich interessante<br />

Feld, nämlich die Lebenswirklichkeit<br />

in den Kreisen eingehen. Abschließend<br />

möchte ich dann noch einen Blick in die<br />

Zukunft wagen, wobei ich Änderungsbedarf<br />

nicht aussparen werde.<br />

2<br />

Die Untersuchungen von Klaus Schulenburg,<br />

Direktwahl und kommunalpolitische Führung,<br />

1999, bzw. Die Kommunalpolitik in den Kreisen<br />

Nordrhein-Westfalens, 2001, befassen sich mit<br />

der Einschätzung der Abschaffung der Doppelspitze,<br />

nicht hingegen mit den Auswirkungen auf<br />

die Kommunalpolitik in den Kreisen.<br />

3<br />

Den Verlauf der Diskussion zeichnen nach: Anne-<br />

Kathrin Lingk, die Reform der nordrhein-westfälischen<br />

Kommunalverfassung, 1999, S. 111 ff.,<br />

und Schulenburg, Direktwahl, S. 105 ff.<br />

4<br />

Dazu Rossa, Stadtverwaltung zwischen Leistungskraft<br />

und Vasallentum, StuGR 1987, 239,<br />

243; Schleberger, Zur Reformbedürftigkeit des<br />

Kommunalverfassungsrechts in Nordrhein-Westfalen,<br />

NWVBL 1988, 161, 163 f.; Behrens/Bock,<br />

Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung –<br />

Durch Änderung der Kommunalverfassung<br />

Nordrhein-Westfalen, NWVBL 1988, 357, 358.<br />

Vgl. auch Schulenburg, Direktwahl, S. 107.<br />

2. Das Für und Wider in der<br />

Diskussion um die Änderung<br />

der Kreisordnung NW<br />

Über die Reform der Kommunalverfassung<br />

im Jahre 1994 ist lange diskutiert worden 3 .<br />

Zu Beginn ging es um eine Stärkung des<br />

Ehrenamtes. Konstatiert wurde insoweit<br />

eine zeitliche Überlastung der ehrenamtlichen<br />

Ratsmitglieder, eine Parteipolitisierung<br />

der Rats- und Verwaltungsarbeit<br />

sowie eine mangelnde Eindeutigkeit der<br />

Kompetenzabgrenzung zwischen Rat und<br />

Hauptverwaltungsbeamten 4 . In dem sogenannten<br />

„Schleberger-Papier“, das von<br />

einer Kommission der KPV am 26. September<br />

1987 vorgelegt wurde 5 , ging es vor<br />

allem darum, Steuerungs- und Kontrollkompetenzen<br />

des Rates zu konzentrieren,<br />

indem etwa der Ausschließlichkeitskatalog<br />

nach § 28 GO a. F. reduziert und die kommunale<br />

Führung gestärkt werden sollte.<br />

Seinerzeit ist erstmals vorgeschlagen worden,<br />

Ratsvorsitz und Verwaltungsleitung<br />

auf einen hauptamtlichen Bürgermeister zu<br />

konzentrieren und die bis dahin bestehende<br />

Zweiköpfigkeit aufzugeben, damit eine<br />

bessere Kompetenzabgrenzung zwischen<br />

Rat und Hauptverwaltungsbeamten<br />

ermöglicht werden konnte 6 . In der SPD<br />

war diese Lösung lange Zeit umstritten.<br />

Der Hagener Parteitag vom 14./15.<br />

Dezember 1991 hatte sich für die Beibehaltung<br />

der Doppelspitze ausgesprochen.<br />

Dieser Beschluss wurde erst während des<br />

laufenden Gesetzgebungsverfahrens auf<br />

dem Parteitag am 15./16. Januar 1994 in<br />

Bielefeld aufgehoben; auch die SPD hat<br />

sich seinerzeit für die Zusammenlegung<br />

der Ämter des Bürgermeisters und des<br />

Gemeindedirektors sowie des Landrates<br />

und des Oberkreisdirektors ausgesprochen<br />

7 . Ob eine tiefe Überzeugung von der<br />

Richtigkeit dieser Entscheidung hierfür<br />

maßgebend gewesen ist, lässt sich heute<br />

kaum noch aufklären. Große Bedeutung<br />

dürfte aber das Vorhaben der CDU gehabt<br />

5<br />

Abgedruckt in StuGR 1987, Heft 11, S. I ff. und<br />

bei Mombaur, Neue Kommunalverfassung für<br />

Nordrhein-Westfalen?, 1988, S. 101 ff.<br />

6<br />

Mombauer, Neue Kommunalverfassung für<br />

Nordrhein-Westfalen, 1988, S. 101 ff.<br />

7<br />

Dazu Oebbecke, Die neue Kommunalverfassung<br />

in Nordrhein-Westfalen, DÖV 1995, 701,<br />

7<strong>02</strong>.; zur Diskussion der Novellierung der<br />

Gemeindeordnung ausführlich Schulenburg,<br />

Direktwahl, S. 106 ff; Anne-Kathrin Lingk, Die<br />

Reform der nordrhein-westfälischen Kommunalverfassung1999,<br />

S. 111 – 213.<br />

8<br />

Vgl. Held/Wilmbusse, Das neue Kommunalverfassungsrecht<br />

Nordrhein-Westfalen, 1994, S.<br />

14; Schulenburg, Direktwahl, S. 113.<br />

9<br />

Schulenburg, ebd., S. 113.<br />

10<br />

Über Einordnung der neuen Kommunalverfassung<br />

in Nordrhein-Westfalen als „nordrheinwestfälische<br />

Ratsverfassung" Oebbecke,<br />

DÖV 1995, 7<strong>04</strong>.<br />

haben, über die Frage der Direktwahl ein<br />

Volksbegehren abhalten zu lassen 8 . Wichtig<br />

ist weiter, dass die Mehrheit innerhalb<br />

der SPD „erkauft“ wurde durch gleichzeitige<br />

Festlegung auf die Direktwahl und die<br />

Verbindung von Rats- und Bürgermeisterwahl<br />

durch identische Wahlperioden 9 .<br />

Letztlich haben sich politisch die Befürworter<br />

einer Angleichung der nordrhein-westfälischen<br />

Kommunalverfassung an die süddeutsche<br />

Ratsverfassung durchgesetzt 10 .<br />

Unumstritten war die Zusammenführung<br />

der Ämter von Bürgermeister und Gemeindedirektor<br />

sowie Landrat und Oberkreisdirektor<br />

dabei keineswegs. Das gilt auch für<br />

die Änderungen, die auf der Kreisebene<br />

vollzogen worden sind.<br />

Im Gegensatz zu gewissen Verschränkungs-<br />

und Überschneidungsproblemen<br />

bei verschiedenen Organen auf der<br />

Gemeindeebene, die vor allem für die<br />

Großstädte konstatiert worden sind 11 , hat<br />

der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen für<br />

die nordrhein-westfälischen Kreise festgestellt,<br />

dass es Probleme dieser Art mit<br />

erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten<br />

zwischen den einzelnen Organen auf der<br />

Kreisebene nicht gegeben hat. Hier war<br />

die Überzeugung groß, dass sich das bisherige<br />

System der Funktionsteilung zwischen<br />

ehrenamtlichem Landrat und Oberkreisdirektoren<br />

nachhaltig bewährt hat 12 .<br />

Dabei spielte eine bedeutende Rolle, dass<br />

die Funktionsabgrenzung zwischen Oberkreisdirektor<br />

und Kreistag in der Kreisverfassung<br />

auch in der Vergangenheit besser<br />

gelungen war als dies bei der Gemeindeordnung<br />

der Fall war. So gab es auch früher<br />

schon eine unentziehbare Zuständigkeit<br />

des Oberkreisdirektors für Geschäfte<br />

der laufenden Verwaltung; das Rückholrecht<br />

des Kreistages und damit eine Ursache<br />

für das Problem der Machtverschränkung<br />

auf der Gemeindeebene ist in der<br />

Kreisordnung unbekannt. Nach § 26 Abs.<br />

1 Satz 1, 2. Halbs. KrO NW steht dem<br />

Kreistag neben den enumerativ aufgeführ-<br />

11<br />

Dazu Rossa, Stadtverwaltung zwischen Leistungskraft<br />

und Vasallentum, StuGR 1987, 239,<br />

243; Sc hleberger, Zur Reformbedürftigkeit<br />

des Kommunalverfassungsrechts in Nordrhein-<br />

Westfalen, NWVBL 1988, 161, 163 f.; B e h -<br />

r e n s / B o c k, Sicherung der kommunalen<br />

Selbstverwaltung – Durch Änderung der Kommunalverfassung<br />

Nordrhein-Westfalen, NWVBL<br />

1988, 357, 358.<br />

12<br />

Dazu Lingk, Reform, S. 129 f. Vgl. auch B o r -<br />

cherding, Abschaffung der Doppelspitze<br />

und Perspektiven der neuen Kommunalverfassung,<br />

ED LKT NW 1999, 403, 403 f.; Leiding<br />

e r, Revision des kommunalen Verfassungsrecht<br />

– notwendig und sinnvoll, ED LKT NW<br />

1989, 345, 347. Dies entsprach im übrigen<br />

auch der generellen Einschätzung für den<br />

kreisangehörigen Raum. Dazu Behrens/<br />

B o c k, NWVBL 1988, 358.<br />

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