Eildienst 04/02 - Landkreistag NRW
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Themen<br />
Kommunen zudem durch die zum 01.<br />
Januar 2001 von 20 auf 30 % erhöhte<br />
Gewerbesteuerumlage. Grund für die<br />
Erhöhung war die Annahme, dass durch<br />
die Verlängerung der Abschreibungszeiträume<br />
die Gewerbesteuer steigen würde.<br />
Diese Prognose ist nicht eingetroffen.<br />
– Berücksichtigt werden muss in diesem<br />
Zusammenhang auch, dass den Kommunen<br />
– jetzt allerdings bundesweit - in den<br />
nächsten 20 Jahren insgesamt rd. 7 Mrd.<br />
€ an eigenen Einnahmen verloren<br />
gehen, weil die Unternehmen die Ausgaben<br />
für den Kauf der UMTS-Mobilfunklizenzen<br />
steuerlich absetzen können.<br />
Neben sinkenden Einnahmen werden nach<br />
wie vor von Bund und Ländern immer<br />
neue kostenträchtige Aufgaben auf die<br />
kommunale Ebene übertragen, ohne dass<br />
gleichzeitig für eine ausreichende Finanzierung<br />
Sorge getragen wird. Für das Jahr<br />
2003 zeichnen sich insoweit für Nordrhein-<br />
Westfalen folgende Entwicklungen ab:<br />
– Nach dem 2. Modernisierungsgesetz<br />
werden im Haushaltsjahr 2003 weitere<br />
25 % der Ausgaben für die Hilfe zur<br />
Pflege die Kreishaushalte belasten. In<br />
den beiden vergangenen Jahren konnten<br />
die gestiegenen finanziellen Belastungen<br />
aus diesem Bereich bei den Kreisen nicht<br />
durch eine diesen Belastungen entsprechende<br />
Absenkung der Landschaftsumlage<br />
refinanziert werden. Angesichts der<br />
voraussichtlich weiter steigenden Kosten<br />
der Eingliederungshilfe und der auch die<br />
Haushalte der Landschaftsverbände<br />
belastenden Abrechnungsfehlbeträge für<br />
2001 und der voraussichtlichen Mindereinnahmen<br />
als Folge veränderter Umlagegrundlagen<br />
ist es wenig realistisch<br />
annehmen zu wollen, dass im Haushaltsjahr<br />
2003 eine zur Finanzierung ausreichende<br />
Absenkung der Landschaftsumlage<br />
erfolgen wird. Beide Landschaftsverbände<br />
haben angekündigt, dass ihre<br />
derzeitige Haushaltssituation eine<br />
Absenkung der Landschaftsumlage<br />
kaum möglich machen wird.<br />
– Ambulant betreutes Wohnen: Mit dem<br />
Ziel, den Kostenanstieg bei der stationären<br />
Eingliederungshilfe zumindest abzuschwächen,<br />
wird derzeit mit den Landschaftsverbänden<br />
und dem MASQT<br />
eine Diskussion über die Zuständigkeit<br />
für das ambulant betreute Wohnen für<br />
Menschen mit Behinderungen geführt<br />
(vgl. dazu EILDIENST LKT NW Nr.<br />
3/März 20<strong>02</strong>, S. 92 ff). Nach den Darstellungen<br />
der Landschaftsverbände ist<br />
der Aufwand für das ambulant betreute<br />
Wohnen um mindestens zwei Drittel<br />
geringer als er bei einer stationären<br />
Unterbringung wäre. Über die Frage,<br />
wer zukünftig für das ambulant betreute<br />
Wohnen zuständig sein wird, ist eine<br />
Entscheidung zwar noch nicht getroffen;<br />
nach einem Beschluss der Fraktionen der<br />
SPD und Bündnis 90/Die Grünen im<br />
Landtag Nordrhein-Westfalen vom<br />
08.03.20<strong>02</strong> soll die Zuständigkeit jedoch<br />
– zunächst für einen Zeitraum von sieben<br />
Jahren - auf die Landschaftsverbände<br />
übergehen. Sollte eine Hochzonung<br />
der Zuständigkeit von den Kreisen und<br />
kreisfreien Städten auf die Landschaftsverbände<br />
erfolgen, ist mit weiteren<br />
finanziellen Belastungen über einen<br />
Anstieg der Landschaftsumlagen zu<br />
rechnen. Denn die Landschaftsverbände<br />
beabsichtigen, zumindest in den ersten<br />
Jahren zum Ausbau des Angebotes<br />
ambulant betreuter Wohnformen<br />
erhebliche Investitionen zu tätigen, um<br />
einen flächendeckenden, gleichmäßigen<br />
Versorgungsstand in allen Regionen des<br />
Landes zu erreichen.<br />
– Grundsicherung: Zum 01.01.2003 werden<br />
die Kreise (und kreisfreien Städte) in<br />
Nordrhein-Westfalen Grundsicherungsträger<br />
sein, also die zuständigen Behörden<br />
zur Umsetzung des vom Bund in Kraft<br />
gesetzten Grundsicherungsgesetzes für<br />
über 65jährige Personen bzw. Volljährige,<br />
die voll erwerbsgemindert sind. Wenngleich<br />
zu begrüßen ist, dass die in Betracht<br />
kommenden Personen nunmehr ein der<br />
Sozialhilfe vorgelagertes Leistungsrecht in<br />
Anspruch nehmen können, entsteht den<br />
Kreisen erheblicher finanzieller Mehraufwand<br />
durch die Administration der<br />
Grundsicherung. Nach den Ermittlungen<br />
der Geschäftsstelle des <strong>Landkreistag</strong>es<br />
NW werden je Kreis etwa zwischen 8 und<br />
10 Mitarbeiter mit dieser Aufgabe zusätzlich<br />
beschäftigt sein, wobei auch bei einer<br />
möglichen Delegation der Zuständigkeit<br />
auf die kreisangehörigen Gemeinden<br />
insofern Mehrbedarfe beim Personal entstehen.<br />
Die Höhe der finanziellen Leistungen,<br />
die im Rahmen der Grundsicherung<br />
zu erbringen sein werden, lässt sich derzeit<br />
nur schwer beziffern. Aus Bundesmitteln<br />
in Höhe von ca. 400 Mio. € erwartet das<br />
Land Nordrhein-Westfalen einen Anteil in<br />
Höhe von 25 % = 100 Mio. €. Diese Leistungen<br />
sollen zwar in vollem Umfang den<br />
kommunalen Gebietskörperschaften zur<br />
Verfügung gestellt werden, wobei über<br />
den Verteilungsschlüssel allerdings derzeit<br />
noch keine definitiven Erkenntnisse vorliegen.<br />
Die den Kreisen zur Verfügung<br />
gestellten Mittel werden die Kosten indessen<br />
voraussichtlich kaum abdecken können;<br />
die kommunalen Spitzenverbände<br />
haben eine Gesamtbelastung von mindestens<br />
1 Mrd. € jährlich ermittelt. Hinzu<br />
kommt der Umstand, dass das Leistungsniveau<br />
der Grundsicherung nach Schätzungen<br />
aus der kommunalen Praxis in ca.<br />
40-60% aller Fälle nicht ausreichen wird,<br />
um ergänzende Sozialhilfeansprüche auszuschließen.<br />
Der insofern den Kommunalverwaltungen<br />
entstehende Doppelaufwand<br />
bei der Berechnung der Grundsicherung<br />
einerseits und der in vielen Fällen zu<br />
gewährenden aufstockenden Sozialhilfe<br />
andererseits ist damit noch nicht berücksichtigt.<br />
Weitere finanzielle Mehrbelastungen sind<br />
im übrigen nicht unwahrscheinlich: Die<br />
Kosten der stationären Eingliederungshilfe<br />
insgesamt werden weiter explodieren, ohne<br />
dass ein Ausgleich für die sich abzeichnenden<br />
Mehrbelastungen in Sicht wäre (vgl.<br />
auch EILDIENST LKT NW Nr. 3/März 20<strong>02</strong>,<br />
S. 92 ff). Die Landschaftsverbände rechnen<br />
mit einem Anstieg der Kosten bis zum Jahr<br />
2005 von heute 2,3 Mrd. € (im Jahr 2001)<br />
auf 2,8 Mrd. €. Bis zum Jahr 2010 wird<br />
sogar eine Verdopplung der derzeitigen<br />
Ausgaben prognostiziert. Nach einer finanziellen<br />
Unterstützung der nordrhein-westfälischen<br />
Kommunen durch Bund und Land<br />
für diese Aufgabe sieht es derzeit nicht aus,<br />
obwohl es nicht um kommunale Aufgaben,<br />
sondern die gesamtgesellschaftliche Verantwortung<br />
für Menschen mit Behinderungen<br />
geht, deren Zahl gestiegen ist und als Folge<br />
des medizinischen Fortschritts ebenso wie<br />
die Lebenserwartung allgemein weiter steigen<br />
wird. Veränderungen in der Arbeitslosenhilfe<br />
können ebenfalls zu zusätzlichen<br />
finanziellen Lasten der Kommunen führen.<br />
Wird der Leistungszeitraum reduziert, werden<br />
zwangsläufig mehr Arbeitlose und ihre<br />
Familien sozialhilfebedürftig werden. Für<br />
eine Deckung der zusätzlichen Sozialhilfekosten<br />
haben Bund und Länder in der Vergangenheit<br />
nicht Sorge getragen. Dass dies<br />
jetzt der Fall wäre, ist kaum zu erwarten.<br />
Werden Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in<br />
der Weise zusammengeführt, dass der Leistungstransfer<br />
von den Kommunen zu<br />
erbringen ist, werden erhebliche weitere<br />
finanzielle Lasten auf die Kreisebene<br />
zukommen, die angesichts ihrer Dimension<br />
das bisherige System der Finanzierung der<br />
Kreise über die Kreisumlage sprengen werden<br />
und neue Anforderungen an die Leistungsfähigkeit<br />
des Kommunalfinanzsystems<br />
stellen.<br />
3. Folgerungen<br />
3.1 Reform des Gemeindefinanzsystems<br />
jetzt!<br />
Eine Reform des Gemeindefinanzsystems<br />
muss jetzt in Angriff genommen werden.<br />
Die fortschreitende Auszehrung der Kommunalfinanzen<br />
verträgt kein weiteres<br />
Abwarten. Zumindest die Einnahmeausfälle<br />
bei der Gewerbesteuer müssen schnell kompensiert<br />
werden, um eine weitere Talfahrt<br />
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