Eildienst 04/02 - Landkreistag NRW
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Themen<br />
Positive Bewertungen der Reform Antworten % der Antworten<br />
Direktwahl ist positiv 75 28,7<br />
Entscheidungskonzentration auf eine Person 58 22,2<br />
Altes System hat nicht funktioniert 36 13,8<br />
Höhere Effizienz 32 12,3<br />
Keine Konflikte mehr 26 10,0<br />
Bessere Verwaltungskontrolle 24 9,2<br />
Billiger 23 8,8<br />
Bessere Verzahnung von Politik und Verwaltung 19 7,3<br />
Größere Bürgernähe 17 6,5<br />
Größeres Gewicht des neuen Amtes 16 6,1<br />
Wegfall der Qualifikationsvoraussetzungen 10 3,8<br />
Tabelle 2: Positive Bewertungen der Abschaffung der Doppelspitze<br />
direktoren als Verwaltungschefs der Fall<br />
gewesen ist. Mit dem neuen Systemwechsel<br />
ist damit auch ein Abschied von der bisherigen<br />
Dominanz vieler Ehrenamtler in<br />
den Kreisen eingeläutet worden. Oebbec<br />
k e hat es so ausgedrückt: „Man muss<br />
hoffen, dass der .... bisher verbreitete Typ<br />
des Politikers (gemeint sind ehrenamtliche<br />
Bürgermeister und Landräte) nicht völlig<br />
verschwindet: Bei aller parteipolitischen<br />
Eingebundenheit nachdrücklich dem Ganzen<br />
verpflichtet, dabei in den meisten Fällen<br />
durch Berufstätigkeit in einer gewissen<br />
Distanz zur hauptamtlichen Kommunalpolitik<br />
und in besonderer Nähe zum Bürger."<br />
24<br />
3. Neue Aufgaben für die Landräte<br />
in Nordrhein-Westfalen –<br />
Eine Funktionsbestimmung<br />
24<br />
Oebbecke, DÖV 1995, 7<strong>02</strong>.<br />
25<br />
Kirchhof/Wansleben/Becker, KrO NW, §<br />
42 Anm. 1.2.<br />
26<br />
Kirchhof/Wansleben/Becker,KrO NW, ebd.<br />
Bei vordergründiger Betrachtung hat es<br />
eine Funktionsvermehrung für den hauptamtlichen<br />
Landrat durch die Reform der<br />
Kommunalverfassung in Nordrhein-Westfalen<br />
eigentlich nicht gegeben: Die früheren<br />
Aufgaben des Oberkreisdirektors, die<br />
in § 37 KrO a. F. geregelt waren, sind<br />
ebenso wie die des früheren ehrenamtlichen<br />
Landrates ungeschmälert auf den<br />
hauptamtlichen Landrat übergegangen. In<br />
der neuen Vorschrift über die Zuständigkeit<br />
des Landrates, § 42 KrO NW ist lediglich<br />
das Wort „Oberkreisdirektor“ durch<br />
„Landrat“ ausgetauscht worden. Gegenüber<br />
dem Oberkreisdirektor hat der hauptamtliche<br />
Landrat heute außerdem noch die<br />
Funktion des früheren ehrenamtlichen<br />
Landrates, nämlich den Vorsitz im Kreistag<br />
und Kreisausschuss (§ 51 Abs. 3) sowie die<br />
repräsentative Vertretung des Kreises (§ 25<br />
Abs. 2 KrO NW) zu erledigen. Rein rechtlich<br />
sind damit durch die Neufassung der<br />
KrO NW die Funktionen von Oberkreisdirektor<br />
und Landrat auf eine Person, nämlich<br />
den hauptamtlichen Landrat vereinigt<br />
worden.<br />
Auch das Umfeld ist unverändert geblieben:<br />
So gibt es nach wie vor auf der Kreisebene<br />
in Nordrhein-Westfalen keine Beigeordneten-Verfassung<br />
mit der Folge, dass<br />
die bisherige, schon beschriebene Funktion<br />
des Oberkreisdirektors als alleiniger Chef<br />
der Verwaltung ungeschmälert erhalten<br />
geblieben ist. Das gilt auch für die Organisationshoheit.<br />
Nach wie vor steht diese<br />
ausschließlich dem Landrat zu; sein Organisationsrecht<br />
ist nicht wie das des Bürgermeisters<br />
eingeschränkt (vgl. § 73 Abs. 1<br />
KrO NW)25. Auch hinsichtlich des Rückholrechts<br />
des Kreistages ist es bei der bisherigen<br />
Regelung geblieben: Ein Rückholrecht<br />
gibt es nach wie vor nicht 26 . Hinzu<br />
kommen weitere wichtige Funktionen, die<br />
„den Landrat zur wichtigen Bündelungsbehörde<br />
der unteren Verwaltungsstufe“<br />
machen 27 : Der Landrat hat die Funktion<br />
der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde<br />
und nimmt im Wege der Organleihe<br />
nach wie vor wichtige staatliche Funktionen<br />
wahr. Darüber hinaus ist er immer<br />
dann, wenn der Kreis in Gesellschaften u.<br />
a. vertreten ist und mehr als zwei Plätze zur<br />
Verfügung stehen, geborenes Mitglied der<br />
jeweiligen Vertretung. Aus der Palette der<br />
ihm als Chef der Verwaltung und Vorsitzender<br />
des Kreistages obliegenden Zuständigkeiten<br />
seien nur folgende wichtige<br />
genannt: Festsetzung der Tagesordnung,<br />
Leitung der Sitzung, Unterzeichnung der<br />
Niederschrift, inhaltliche Vorbereitung der<br />
Sitzungen und Ausführung der Beschlüsse<br />
des Kreistages, Widerspruchsrecht gegen<br />
Beschlüsse des Kreistages, durch die er das<br />
Wohl des Kreises für gefährdet hält, Beanstandungspflicht<br />
für rechtswidrige Beschlüsse,<br />
Chef der Verwaltung, Ausführung<br />
von Weisungen, Dienstvorgesetzter<br />
der Kreisbediensteten, Vertretung des Kreises<br />
in Rechts- und Verwaltungsgeschäften,<br />
27<br />
So die Kennzeichnung bei K i r chhof/Wansleben/Becker,<br />
ebd.<br />
28<br />
Zu den parallelen Zuständigkeiten des Bürgermeisters,<br />
vgl. Oebbecke, DÖV 1995, 703.<br />
schließlich originäre Entscheidungszuständigkeiten<br />
in Angelegenheiten der laufenden<br />
Verwaltung 28 .<br />
Insgesamt wird man damit sagen können,<br />
dass der Landrat in Nordrhein-Westfalen<br />
innerhalb des Kreises eine außerordentlich<br />
starke Stellung innehat. Alle wesentlichen<br />
Entscheidungszuständigkeiten sind, sieht<br />
man einmal vom Katalog der dem Kreistag<br />
vorbehaltenen Entscheidungsbefugnisse<br />
ab, auf ihn konzentriert. Darüber hinaus<br />
nimmt er die repräsentative Außenvertretung<br />
für den Kreis wahr. Neben dem Kreistag<br />
ist er das wichtigste Organ des Kreises.<br />
Fraglich erscheint allerdings, ob seine Stellung<br />
durch Aufzählung der ihm rechtlich<br />
zugewiesenen Funktionen rein faktisch<br />
wirklich zutreffend charakterisiert ist oder<br />
ob der neue hauptamtliche Landrat nicht<br />
vielmehr mehr ist als die Kombination aus<br />
ehrenamtlichen Landrat und Oberkreisdirektor.<br />
Für Letzteres spricht einiges. Beim<br />
Landrat ist neben der aufgezeigten Fülle<br />
von Zuständigkeiten und Befugnissen, die<br />
ihm zum wichtigsten Organ des Kreises<br />
werden lässt, auch politische Kompetenz<br />
versammelt; seine Verknüpfung mit der<br />
Regel der Mehrheitsfraktion lässt ihn auch<br />
insoweit zu einem starken Spieler auf der<br />
Kreisebene erscheinen. Zwar ist er nicht<br />
Mitglied des Kreistages. Als derjenige, der<br />
über die Tagesordnung bestimmt, Vorlagen<br />
vorbereitet und Beschlüsse vollzieht,<br />
hat er jedoch eine große Dominanz in der<br />
Frage der politischen Zielsetzung der Kreise.<br />
Zudem ist er als Vertreter der Mehrheitsfraktion<br />
in diese eingebunden, ja mehr<br />
als das: Als Verwaltungschef ist er wegen<br />
der damit verbundenen Vorbereitungsund<br />
Ausführungspflichten hinsichtlich der<br />
Kreistagsbeschlüsse in der Lage, auch seine<br />
Fraktion politisch zumindest mit zu steuern.<br />
Von daher ergibt sich für den Landrat<br />
neuer Art eine über die gesetzlichen Regelungen<br />
seiner Zuständigkeiten hinausgehende<br />
politische Steuerungsoption, die<br />
ihm jedenfalls theoretisch die Möglichkeit<br />
gibt, das politische Geschehen im Kreis zu<br />
lenken und zu steuern.<br />
Gestärkt wird die Stellung des hauptamtlichen<br />
Landrates durch die Regelungen<br />
über seine Abwahl. Während die Oberkreisdirektoren<br />
früher mit qualifizierter<br />
Mehrheit durch den Kreistag abgewählt<br />
werden und ehrenamtliche Landräte mit<br />
einfacher Mehrheit durch einen anderen<br />
ersetzt werden konnten, ist das Verfahren<br />
heute wesentlich komplizierter mit der<br />
Folge, dass erfolgreiche Abwahlverfahren<br />
so gut wie ausgeschlossen erscheinen: Zur<br />
Einleitung eines Abwahlverfahrens ist eine<br />
qualifizierte Mehrheit (mindestens die<br />
Hälfte der gesetzlichen Zahl der Kreistagsmitglieder)<br />
für die Stellung eines entsprechenden<br />
Antrages erforderlich; der Kreis-<br />
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