Eildienst 04/02 - Landkreistag NRW
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Themen<br />
Reform der Kommunalfinanzen jetzt!<br />
1. Die kommunale Finanzsituation<br />
1.1 Die Lage im Bund<br />
Die inzwischen vorliegenden Ergebnisse<br />
der Kassenstatistik für das Jahr 2001 haben<br />
gezeigt, dass sich die Situation der kommunalen<br />
Finanzen in der Bundesrepublik<br />
im Jahre 2001 dramatisch verschlechtert<br />
hat. Nach den vom statistischen Bundesamt<br />
veröffentlichten Daten betrug das<br />
Finanzierungsdefizit aller Kommunen im<br />
Jahre 2001 etwas mehr als 3,95 Mrd. €<br />
und fiel damit deutlich negativer aus, als<br />
noch zu Beginn des Jahres 2001 prognostiziert<br />
wurde. Besonders deutlich schlugen<br />
dabei die hohen Steuereinbrüche auf der<br />
gemeindlichen Ebene zu Buche. Die<br />
Gewerbesteuereinnahmen reduzierten sich<br />
um -10,7 % auf 17,1 Mrd. €; die gemeindlichen<br />
Einnahmen aus der Einkommensteuer<br />
gingen gleichzeitig ebenfalls<br />
um -3,9 % auf 20,4 Mrd. € zurück. Für<br />
das Jahr 20<strong>02</strong> rechnet die Bundesvereinigung<br />
der kommunalen Spitzenverbände<br />
mit einem neuerlichen Rückgang der kommunalen<br />
Einnahmen um 0,5 % bei gleichzeitigem<br />
Ausgabenanstieg um 0,5 %. Per<br />
Saldo wird befürchtet, dass das Finanzierungsdefizit<br />
der Kommunen insgesamt im<br />
Jahre 20<strong>02</strong> auf -4,4 Mrd. € anwachsen<br />
wird. Konkret bedeutet dies, dass die Kommunen<br />
gezwungen sind, immer mehr laufende<br />
Ausgaben, wie Personalkosten oder<br />
die Sozialhilfe durch Kassenkredite zu<br />
finanzieren. Wie groß die kommunale<br />
Finanzmisere ist, wird daran deutlich, dass<br />
trotz vermehrter Aufgaben und damit Ausgaben<br />
die Einnahmen und Ausgaben der<br />
Kommunen im Jahre 20<strong>02</strong> etwa auf dem<br />
Niveau des Jahres 1993 liegen werden.<br />
Verbunden mit der kommunalen Finanzmisere<br />
ist ein dramatischer Rückgang der<br />
kommunalen Sachinvestitionen: Im Jahre<br />
2001 sind sie erneut zurückgegangen, und<br />
zwar um -1,6 % auf 24,9 Mrd. €. Noch<br />
problematischer ist die Situation in Nordrhein-Westfalen:<br />
Hier ging die Investitionstätigkeit<br />
2001 um 5,5% auf 3,8 Mrd. €<br />
zurück. Verglichen mit dem Jahr 1992, als<br />
die Sachinvestitionen 6,4 Mrd. € betrugen,<br />
bedeutet dies einen Rückgang um ca.<br />
40 %. Für die nächsten Jahre ist kaum Besserung<br />
in Sicht, im Gegenteil: Bei weiter<br />
schwacher Konjunktur und sinkenden Steuereinnahmen<br />
als Folge der Steuerreform<br />
steht zu erwarten, dass sich der Abwärtstrend<br />
bei den kommunalen Sachinvestitionen<br />
weiter fortsetzen wird. Vergleicht man<br />
in Nordrhein-Westfalen die Entwicklung bei<br />
den kommunalen Soziallasten mit denen<br />
der investiven Mittel, wird deutlich, wie<br />
sehr die staatlich veranlassten Ausgaben zu<br />
Lasten der kommunalen Sachinvestitionen<br />
zugenommen haben: Während 1981 die<br />
Ausgaben für Baumaßnahmen mit 4,1<br />
Mrd. € noch deutlich über denen für soziale<br />
Zwecke lagen – dafür wurden 3,4 Mrd. €<br />
ausgegeben – hat sich das Verhältnis inzwischen<br />
so verändert, dass im Jahre 2000 den<br />
investiven Ausgaben in Höhe von 3 Mrd. €<br />
Sozialausgaben in Höhe von 8,2 Mrd. €<br />
gegenüberstanden. Dieser Investitionsstau<br />
belastet die Zukunft der Kommunen mit<br />
einer weiteren Hypothek: Zurückgehende<br />
kommunale Sachinvestitionen vergrößern<br />
potentiell die Arbeitslosigkeit und haben<br />
höhere Sozialhilfe ausgaben zur Folge.<br />
Nach einer Studie des Deutschen Instituts<br />
für Urbanistik beläuft sich der kommunale<br />
Investitionsbedarf von 20<strong>02</strong> bis 2009 auf<br />
insgesamt 550 Mrd. €. Um diesen Bedarf<br />
zu befriedigen, müsste das heutige Investitionsniveau<br />
um ca. 40 % gesteigert werden.<br />
Tatsächlich geschieht heute und in<br />
absehbarer Zukunft das genaue Gegenteil.<br />
Ein Verfall der kommunalen Infrastruktur ist<br />
vielerorts die Folge: In Schulen, Strassen,<br />
Bädern und anderen kommunale Einrichtungen<br />
können in vielen Städten, Gemeinden<br />
und Kreisen die zur Erhaltung notwendigen<br />
Investitionen nicht mehr getätigt<br />
werden; das Geld für zusätzliche Investitionen<br />
fehlt häufig völlig.<br />
Von dieser dramatischen finanziellen Situation<br />
sind auch die Kreise betroffen. Zwar<br />
gelang es in Nordrhein-Westfalen allen<br />
Kreisen für das Haushaltsjahr 20<strong>02</strong> ausgeglichenen<br />
Kreishaushalte zu verabschieden.<br />
Dies war in vielen Fällen indessen nur<br />
möglich, indem die Kreisumlage erhöht,<br />
Tafelsilber veräußert oder die letzten finanziellen<br />
Reserven aus der Rücklage aufgezehrt<br />
wurden. Zu berücksichtigen ist<br />
zudem, dass die negativen finanziellen Folgewirkungen<br />
die Kreise wegen der Kreisumlagesystematik<br />
zeitversetzt treffen werden,<br />
so dass vor allem in den Haushaltsjahren<br />
2003 und folgende erhebliche negative<br />
Folgewirkungen für die Kreishaushalte zu<br />
erwarten sind. Bundesweit betrachtet sind<br />
solche Folgewirkungen bereits heute eingetreten.<br />
Insgesamt 80 Kreise konnten keinen<br />
ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen;<br />
der Finanzierungssaldo der Kreise lag<br />
bundesweit 2001 bei 930 Mio. €. Dieses<br />
Ergebnis wird aber durch den außergewöhnlichen<br />
Veräußerungserlös eines Landkreises<br />
sowie einen ungewöhnlich hohen<br />
Anwuchs in der Kreisumlage um nahezu<br />
50 % bei einem Landkreis verzerrt. Die Talfahrt<br />
wird weitergehen, und zwar bundesweit,<br />
falls nicht kurzfristig eine Verbesserung<br />
der Einnahmesituation erfolgt.<br />
1.2 Die Lage in Nordrhein-Westfalen<br />
Wie katastrophal die Finanzlage in Nordrhein-Westfalen<br />
ist, lässt sich dem Kommunalfinanzbericht<br />
2001 des <strong>NRW</strong> Innenministers<br />
von Januar 20<strong>02</strong> entnehmen:<br />
Das Defizit in den Haushalten der Städte<br />
und Gemeinden ist 2001 als Folge der<br />
schon im Jahre 2001 erheblich, nämlich um<br />
-2,6 % zurückgegangenen Einnahmen bei<br />
zugleich nahezu konstanten Ausgaben (die<br />
Steigerung beträgt 1 %) auf insgesamt fast<br />
1,0 Mrd. € (Stand: 30.09.2001) angestiegen.<br />
Die Fehlbeträge der Verwaltungshaushalte<br />
beliefen sich auf rd. 1,5 Mrd. €.<br />
Im einzelnen lassen sich aus dem Kommunalfinanzbericht<br />
2001 des Innenministeriums<br />
folgende Feststellungen treffen:<br />
• Einnahmesituation<br />
Die Einnahmen der Kommunalhaushalte<br />
sind im Haushaltsjahr 2001 bis zum<br />
30.09.2001 um insgesamt -2,6 % zurückgegangen.<br />
Hinsichtlich der Verwaltungshaushalte<br />
beträgt der Rückgang im gleichen<br />
Zeitraum -2,2 % und im Einzelnen<br />
sind dafür folgende Ursachen maßgebend:<br />
– Die Steuereinnahmen der Kommunen in<br />
Nordrhein-Westfalen nahmen in den<br />
ersten drei Quartalen des Jahres 2001 um<br />
-6,4 % ab. Die ursprünglichen Erwartungen<br />
der Steuerschätzungen von Mai<br />
2000 wurden deutlich unterschritten.<br />
– Besonders gravierend ist der Rückgang<br />
der Gewerbesteuer in den ersten drei<br />
Quartalen des Haushaltsjahres 2001 mit<br />
-10,4 %.<br />
– Rückgänge hat es auch beim Gemeindeanteil<br />
an der Einkommenssteuer mit -6,1<br />
% gegeben.<br />
– Nicht ganz so gravierend ist der Rückgang<br />
des Gemeindeanteils an der<br />
Umsatzsteuer mit -1,3 %.<br />
– Leicht angestiegen sind die Grundsteuern<br />
a) und b) mit +1,9 %.<br />
– Die laufenden Zuweisungen des Landes/Erstattungen<br />
sind um -1 % zurückgegangen,<br />
wobei zu berücksichtigen ist,<br />
dass im Jahre 2000 ein Zuwachs von<br />
+9,2 % zu verzeichnen war.<br />
– Für das Haushaltsjahr 2003 ist zusätzlich<br />
mit einer erheblichen Negativabrechnung<br />
zu rechnen, da die Kommunen mit<br />
23 % am Steuerverbund beteiligt sind<br />
und deshalb in dieser Höhe am Minderaufkommen<br />
2001 aus der Körperschaftssteuer<br />
in Nordrhein-Westfalen, das vor-<br />
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