Eildienst 04/02 - Landkreistag NRW
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EILDIENST 4/20<strong>02</strong><br />
LANDKREISTAG NORDRHEIN-WESTFALEN<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Reform der Kommunalfinanzen jetzt!<br />
Probleme einer Europäischen Verfassung<br />
Hauptamtliche Landräte in <strong>NRW</strong> – eine Zwischenbilanz
4/20<strong>02</strong><br />
THEMEN<br />
Reform der Kommunalfinanzen jetzt! 135<br />
Probleme einer Europäischen Verfassung 138<br />
Aktuelle Fragen der Sparkassenpolitik 140<br />
EuGH zur Abgrenzung zwischen Verwertung und Beseitigung 143<br />
Hauptamtliche Landräte in den nordrhein-westfälischen<br />
Kreisen – eine Zwischenbilanz 144<br />
DAS PORTRÄT<br />
Landrat Günter Rosenke (Kreis Euskirchen) 151<br />
IM FOKUS<br />
Kreis Gütersloh 152<br />
KURZINFORMATIONEN<br />
Allgemeine Verwaltungsaufgaben 155<br />
KGSt lobt Preis aus: Intelligent Sparen<br />
Kostenloser Online-Zugang zum Amtsblatt der EG<br />
Kreis Unna: Online-Formulare zum Download<br />
Kreis Neuss: Statistisches Jahrbuch 2001 jetzt auch im Internet<br />
Finanzen 156<br />
Die Kreise werden für ihre Sparkassen auch künftig einstehen<br />
Liliencronstraße 14<br />
4<strong>04</strong>72 Düsseldorf<br />
Postfach 33 03 30<br />
4<strong>04</strong>36 Düsseldorf<br />
Telefon <strong>02</strong>11/9 6508-0<br />
Telefax <strong>02</strong>11/96508-55<br />
E-Mail: post@lkt-nw.de<br />
Impressum<br />
EILDIENST – Monatszeitschrift<br />
des <strong>Landkreistag</strong>es Nordrhein-Westfalen<br />
Herausgeber:<br />
Hauptgeschäftsführer<br />
Dr. Alexander Schink<br />
Leitung der Redaktion:<br />
Beigeordneter<br />
Dr. Martin Klein (verantw.)<br />
Redaktion:<br />
Erster Beigeordneter<br />
Franz-Josef Schumacher<br />
Hauptreferentin Dr. Angela Faber<br />
Referentin Dr. Christiane Rühl<br />
Referent Dr. Marco Kuhn<br />
Referent Dr. Klaus Schulenberg<br />
Redaktionsassistenz:<br />
Martina Axmann, Monika Lack,<br />
Ursula Toßerams<br />
Herstellung:<br />
Druckerei und Verlag<br />
Knipping GmbH, Birkenstraße 17,<br />
4<strong>02</strong>33 Düsseldorf<br />
Soziales, Jugend und Gesundheit 156<br />
Beschäftigungsförderung im Kreis Viersen<br />
Rahmenvorgaben des neuen Krankenhausplans für Nordrhein-Westfalen<br />
Kreis Unna engagiert im Netzwerk Patientenberatung <strong>NRW</strong><br />
Sportprospekt des Kreises Viersen<br />
Vermessungswesen 157<br />
Informationen zum Katasteramt des Kreises Coesfeld<br />
Kreise in Nordrhein-Westfalen<br />
133
4/20<strong>02</strong><br />
Umweltschutz 157<br />
Kreis Neuss: Naturnahe Regenwasserbeseitigung –<br />
Umweltschutz mit Spareffekt<br />
Bußgeldkatalog Umwelt <strong>NRW</strong><br />
Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft<br />
Nachhaltigkeitsindikatoren – Wegweiser für die räumliche<br />
Entwicklung in <strong>NRW</strong><br />
HINWEISE AUF VERÖFFENTLICHUNGEN 158<br />
134
Themen<br />
Reform der Kommunalfinanzen jetzt!<br />
1. Die kommunale Finanzsituation<br />
1.1 Die Lage im Bund<br />
Die inzwischen vorliegenden Ergebnisse<br />
der Kassenstatistik für das Jahr 2001 haben<br />
gezeigt, dass sich die Situation der kommunalen<br />
Finanzen in der Bundesrepublik<br />
im Jahre 2001 dramatisch verschlechtert<br />
hat. Nach den vom statistischen Bundesamt<br />
veröffentlichten Daten betrug das<br />
Finanzierungsdefizit aller Kommunen im<br />
Jahre 2001 etwas mehr als 3,95 Mrd. €<br />
und fiel damit deutlich negativer aus, als<br />
noch zu Beginn des Jahres 2001 prognostiziert<br />
wurde. Besonders deutlich schlugen<br />
dabei die hohen Steuereinbrüche auf der<br />
gemeindlichen Ebene zu Buche. Die<br />
Gewerbesteuereinnahmen reduzierten sich<br />
um -10,7 % auf 17,1 Mrd. €; die gemeindlichen<br />
Einnahmen aus der Einkommensteuer<br />
gingen gleichzeitig ebenfalls<br />
um -3,9 % auf 20,4 Mrd. € zurück. Für<br />
das Jahr 20<strong>02</strong> rechnet die Bundesvereinigung<br />
der kommunalen Spitzenverbände<br />
mit einem neuerlichen Rückgang der kommunalen<br />
Einnahmen um 0,5 % bei gleichzeitigem<br />
Ausgabenanstieg um 0,5 %. Per<br />
Saldo wird befürchtet, dass das Finanzierungsdefizit<br />
der Kommunen insgesamt im<br />
Jahre 20<strong>02</strong> auf -4,4 Mrd. € anwachsen<br />
wird. Konkret bedeutet dies, dass die Kommunen<br />
gezwungen sind, immer mehr laufende<br />
Ausgaben, wie Personalkosten oder<br />
die Sozialhilfe durch Kassenkredite zu<br />
finanzieren. Wie groß die kommunale<br />
Finanzmisere ist, wird daran deutlich, dass<br />
trotz vermehrter Aufgaben und damit Ausgaben<br />
die Einnahmen und Ausgaben der<br />
Kommunen im Jahre 20<strong>02</strong> etwa auf dem<br />
Niveau des Jahres 1993 liegen werden.<br />
Verbunden mit der kommunalen Finanzmisere<br />
ist ein dramatischer Rückgang der<br />
kommunalen Sachinvestitionen: Im Jahre<br />
2001 sind sie erneut zurückgegangen, und<br />
zwar um -1,6 % auf 24,9 Mrd. €. Noch<br />
problematischer ist die Situation in Nordrhein-Westfalen:<br />
Hier ging die Investitionstätigkeit<br />
2001 um 5,5% auf 3,8 Mrd. €<br />
zurück. Verglichen mit dem Jahr 1992, als<br />
die Sachinvestitionen 6,4 Mrd. € betrugen,<br />
bedeutet dies einen Rückgang um ca.<br />
40 %. Für die nächsten Jahre ist kaum Besserung<br />
in Sicht, im Gegenteil: Bei weiter<br />
schwacher Konjunktur und sinkenden Steuereinnahmen<br />
als Folge der Steuerreform<br />
steht zu erwarten, dass sich der Abwärtstrend<br />
bei den kommunalen Sachinvestitionen<br />
weiter fortsetzen wird. Vergleicht man<br />
in Nordrhein-Westfalen die Entwicklung bei<br />
den kommunalen Soziallasten mit denen<br />
der investiven Mittel, wird deutlich, wie<br />
sehr die staatlich veranlassten Ausgaben zu<br />
Lasten der kommunalen Sachinvestitionen<br />
zugenommen haben: Während 1981 die<br />
Ausgaben für Baumaßnahmen mit 4,1<br />
Mrd. € noch deutlich über denen für soziale<br />
Zwecke lagen – dafür wurden 3,4 Mrd. €<br />
ausgegeben – hat sich das Verhältnis inzwischen<br />
so verändert, dass im Jahre 2000 den<br />
investiven Ausgaben in Höhe von 3 Mrd. €<br />
Sozialausgaben in Höhe von 8,2 Mrd. €<br />
gegenüberstanden. Dieser Investitionsstau<br />
belastet die Zukunft der Kommunen mit<br />
einer weiteren Hypothek: Zurückgehende<br />
kommunale Sachinvestitionen vergrößern<br />
potentiell die Arbeitslosigkeit und haben<br />
höhere Sozialhilfe ausgaben zur Folge.<br />
Nach einer Studie des Deutschen Instituts<br />
für Urbanistik beläuft sich der kommunale<br />
Investitionsbedarf von 20<strong>02</strong> bis 2009 auf<br />
insgesamt 550 Mrd. €. Um diesen Bedarf<br />
zu befriedigen, müsste das heutige Investitionsniveau<br />
um ca. 40 % gesteigert werden.<br />
Tatsächlich geschieht heute und in<br />
absehbarer Zukunft das genaue Gegenteil.<br />
Ein Verfall der kommunalen Infrastruktur ist<br />
vielerorts die Folge: In Schulen, Strassen,<br />
Bädern und anderen kommunale Einrichtungen<br />
können in vielen Städten, Gemeinden<br />
und Kreisen die zur Erhaltung notwendigen<br />
Investitionen nicht mehr getätigt<br />
werden; das Geld für zusätzliche Investitionen<br />
fehlt häufig völlig.<br />
Von dieser dramatischen finanziellen Situation<br />
sind auch die Kreise betroffen. Zwar<br />
gelang es in Nordrhein-Westfalen allen<br />
Kreisen für das Haushaltsjahr 20<strong>02</strong> ausgeglichenen<br />
Kreishaushalte zu verabschieden.<br />
Dies war in vielen Fällen indessen nur<br />
möglich, indem die Kreisumlage erhöht,<br />
Tafelsilber veräußert oder die letzten finanziellen<br />
Reserven aus der Rücklage aufgezehrt<br />
wurden. Zu berücksichtigen ist<br />
zudem, dass die negativen finanziellen Folgewirkungen<br />
die Kreise wegen der Kreisumlagesystematik<br />
zeitversetzt treffen werden,<br />
so dass vor allem in den Haushaltsjahren<br />
2003 und folgende erhebliche negative<br />
Folgewirkungen für die Kreishaushalte zu<br />
erwarten sind. Bundesweit betrachtet sind<br />
solche Folgewirkungen bereits heute eingetreten.<br />
Insgesamt 80 Kreise konnten keinen<br />
ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen;<br />
der Finanzierungssaldo der Kreise lag<br />
bundesweit 2001 bei 930 Mio. €. Dieses<br />
Ergebnis wird aber durch den außergewöhnlichen<br />
Veräußerungserlös eines Landkreises<br />
sowie einen ungewöhnlich hohen<br />
Anwuchs in der Kreisumlage um nahezu<br />
50 % bei einem Landkreis verzerrt. Die Talfahrt<br />
wird weitergehen, und zwar bundesweit,<br />
falls nicht kurzfristig eine Verbesserung<br />
der Einnahmesituation erfolgt.<br />
1.2 Die Lage in Nordrhein-Westfalen<br />
Wie katastrophal die Finanzlage in Nordrhein-Westfalen<br />
ist, lässt sich dem Kommunalfinanzbericht<br />
2001 des <strong>NRW</strong> Innenministers<br />
von Januar 20<strong>02</strong> entnehmen:<br />
Das Defizit in den Haushalten der Städte<br />
und Gemeinden ist 2001 als Folge der<br />
schon im Jahre 2001 erheblich, nämlich um<br />
-2,6 % zurückgegangenen Einnahmen bei<br />
zugleich nahezu konstanten Ausgaben (die<br />
Steigerung beträgt 1 %) auf insgesamt fast<br />
1,0 Mrd. € (Stand: 30.09.2001) angestiegen.<br />
Die Fehlbeträge der Verwaltungshaushalte<br />
beliefen sich auf rd. 1,5 Mrd. €.<br />
Im einzelnen lassen sich aus dem Kommunalfinanzbericht<br />
2001 des Innenministeriums<br />
folgende Feststellungen treffen:<br />
• Einnahmesituation<br />
Die Einnahmen der Kommunalhaushalte<br />
sind im Haushaltsjahr 2001 bis zum<br />
30.09.2001 um insgesamt -2,6 % zurückgegangen.<br />
Hinsichtlich der Verwaltungshaushalte<br />
beträgt der Rückgang im gleichen<br />
Zeitraum -2,2 % und im Einzelnen<br />
sind dafür folgende Ursachen maßgebend:<br />
– Die Steuereinnahmen der Kommunen in<br />
Nordrhein-Westfalen nahmen in den<br />
ersten drei Quartalen des Jahres 2001 um<br />
-6,4 % ab. Die ursprünglichen Erwartungen<br />
der Steuerschätzungen von Mai<br />
2000 wurden deutlich unterschritten.<br />
– Besonders gravierend ist der Rückgang<br />
der Gewerbesteuer in den ersten drei<br />
Quartalen des Haushaltsjahres 2001 mit<br />
-10,4 %.<br />
– Rückgänge hat es auch beim Gemeindeanteil<br />
an der Einkommenssteuer mit -6,1<br />
% gegeben.<br />
– Nicht ganz so gravierend ist der Rückgang<br />
des Gemeindeanteils an der<br />
Umsatzsteuer mit -1,3 %.<br />
– Leicht angestiegen sind die Grundsteuern<br />
a) und b) mit +1,9 %.<br />
– Die laufenden Zuweisungen des Landes/Erstattungen<br />
sind um -1 % zurückgegangen,<br />
wobei zu berücksichtigen ist,<br />
dass im Jahre 2000 ein Zuwachs von<br />
+9,2 % zu verzeichnen war.<br />
– Für das Haushaltsjahr 2003 ist zusätzlich<br />
mit einer erheblichen Negativabrechnung<br />
zu rechnen, da die Kommunen mit<br />
23 % am Steuerverbund beteiligt sind<br />
und deshalb in dieser Höhe am Minderaufkommen<br />
2001 aus der Körperschaftssteuer<br />
in Nordrhein-Westfalen, das vor-<br />
135
Themen<br />
aussichtlich mindestens 1,5 Mrd. € betragen<br />
wird, beteiligt werden.<br />
• Ausgaben<br />
Im Gegensatz zu den Einnahmen lässt sich<br />
bei den Ausgaben feststellen, dass in den<br />
Kommunen der Konsolidierungskurs der<br />
letzten Jahre weiter fortgeführt worden ist.<br />
Die gesamten Ausgaben der Kommunen<br />
stiegen in den ersten drei Quartalen des<br />
Haushaltsjahres 2001 nur um +1,0 % an.<br />
Im Einzelnen:<br />
– Die Ausgaben der Verwaltungshaushalte<br />
sind insgesamt um 1,9 % gestiegen.<br />
– Die Personalausgaben sind mit einem<br />
Minus von 4 % weiter konsolidiert worden.<br />
– Der laufende Sachaufwand für Verwaltung<br />
und Betrieb ist um 5,4 % angestiegen.<br />
– Besonders bemerkenswert ist der Anstieg<br />
von 3,3 % für soziale Leistungen.<br />
Dabei ist festzustellen, dass die Ausgaben<br />
für soziale Leistungen im letzten<br />
Quartal des Jahres 2001 überall überproportional<br />
weiter angestiegen sind;<br />
aus den Kreisen wird von Steigerungsraten<br />
um 10% berichtet.<br />
– Die Zinsausgaben stiegen um 2,3 %.<br />
– Von besonderer Bedeutung ist das<br />
Absinken der Umlagen der Gemeinden<br />
an Kreise, Landschaftsverbände und den<br />
KVR mit insgesamt -6,7 %.<br />
– Problematisch ist weiter, dass sich die<br />
Sachinvestitionen der Kommunen im<br />
Jahre 2001 wiederum, und zwar um -<br />
5,5 % abgeschwächt haben. Sie betrugen<br />
im Jahre 2001 nunmehr 3,8 Mrd. €<br />
und sind damit im Vergleich zum Jahre<br />
1992, als sie 6,4 Mrd. € betrugen, um<br />
ca. 40 % zurückgegangen.<br />
• Finanzierungssaldo<br />
Der Finanzierungssaldo der Kommunalhaushalte<br />
in <strong>NRW</strong> beträgt für die ersten<br />
drei Quartale des Jahres 2001 voraussichtlich<br />
ca. 1 Mrd. €. Noch dramatischer ist die<br />
Situation der Fehlbeträge der kommunalen<br />
Verwaltungshaushalte, die voraussichtlich<br />
– summiert aus neuen und alten Altfehlbeträgen<br />
– ca. 2,3 Mrd. € betragen werden.<br />
Für das Haushaltsjahr 20<strong>02</strong> zeichnet sich<br />
bei den kreisangehörigen Städten und<br />
Gemeinden eine noch schwierigere Haushaltslage<br />
ab. Hierzu stellt der nordrheinwestfälische<br />
Städte- und Gemeindebund in<br />
einem Kommentar zu seiner Haushaltsumfrage<br />
20<strong>02</strong> folgendes fest:<br />
– Während im Jahre 2001 66 kreisangehörige<br />
Städte und Gemeinden in der<br />
Haushaltssicherung waren, werden dies<br />
im Jahre 20<strong>02</strong> 80 (24 % aller kreisangehörigen<br />
Städte und Gemeinden) sein.<br />
Die Steigerungsrate beträgt 21 %.<br />
– Hinzu kommt, dass die ganz überwiegende<br />
Zahl der Gemeinden ihre Haushalte<br />
nur durch Vermögensveräußerungen<br />
oder Auflösung ihrer Rücklage<br />
haben ausgleichen können. Dies ist bei<br />
insgesamt 166 kreisangehörigen Städten<br />
und Gemeinden der Fall.<br />
Angesichts dessen, dass die Umlagegrundlagen<br />
in den kreisangehörigen Städten und<br />
Gemeinden wegen der zurückgegangenen<br />
Steuereinnahmen – und hier insbesondere<br />
des Rückgangs bei der Gewerbesteuer –<br />
zum Teil erheblich sinken werden, werden<br />
sich in den Kreishaushalten für das Jahr<br />
2003 ebenfalls Verschlechterungen ergeben.<br />
Hinzu kommt, dass im Jahre 2003 ein<br />
Abrechnungsfehlbetrag aus dem Haushaltsjahr<br />
2001 verkraftet werden muss. Im<br />
Kommunalfinanzbericht des Innenministeriums<br />
wird dazu festgestellt, dass wegen<br />
der schlechten Entwicklung der Steuereinnahmen<br />
auch für das Land die erste<br />
Abrechnung für das Jahr 2001 des Steuerverbundes<br />
das Gemeindefinanzierungsgesetz<br />
2003 stark belasten wird. Insoweit ist<br />
zu berücksichtigen, dass die Kommunen in<br />
Höhe der Verbundquote von 23 % an den<br />
gegenüber den Steuerschätzungen aus<br />
Mai 2000, die dem GFG 2001 zugrunde<br />
lagen, erheblichen Steuermindereinnahmen<br />
des Landes bei der Körperschaftssteuer<br />
beteiligt werden. Das bedeutet, dass die<br />
Kommunen ca. 660 Mio. € als finanzielle<br />
Vorbelastungen für das GFG 2003 zu<br />
erwarten haben.<br />
Hinzu kommt, dass das Land wegen der<br />
zurückgehenden Steuereinnahmen für das<br />
Haushaltsjahr 2003 ein Einsparungsvolumen<br />
von ca. 1,4 Mrd. € realisieren will.<br />
Auch dies wird voraussichtlich zu weiteren<br />
Belastungen im GFG 2003 bzw. im Landeshaushalt<br />
insgesamt zu Lasten der kommunalen<br />
Gebietskörperschaften führen. Es<br />
könnte möglich sein, dass der Anteil der<br />
kommunalen Gebietskörperschaften an<br />
der Investitionsförderung für Krankenhäuser,<br />
der für das Haushaltsjahr 20<strong>02</strong> mit 80<br />
Mio. € festgelegt worden ist, im Haushaltsjahr<br />
2003 ansteigen wird. Insgesamt<br />
ist auf jeden Fall damit zu rechnen, dass die<br />
Schlüsselmasse schon wegen der Vorbelastungen<br />
aus der Abrechnung für das Haushaltsjahr<br />
2001 ganz erheblich abnehmen<br />
wird.<br />
2. Ursachen<br />
Eine Ursache für die Finanzmisere der<br />
nordrhein-westfälischen Kommunen sind<br />
die wegbrechenden Einnahmen. Die Einnahmen<br />
der nordrhein-westfälischen Kommunalhaushalte<br />
sind im Jahr 2001 bis zum<br />
30.09. insgesamt um -2,6 % gesunken.<br />
Hauptfaktor dieser sinkenden Einnahmen<br />
sind neben dem Rückgang der Einnahmen<br />
aus Gebühren und Entgelten in Höhe von<br />
-3,2% die um -6,4 % für den gleichen<br />
Zeitraum abnehmenden Steuereinnahmen<br />
der Kommunen.<br />
– Allein bei der Gewerbesteuer fehlten<br />
den Städten, Kreisen und Gemeinden in<br />
Nordrhein-Westfalen gegenüber ihren<br />
Haushaltsplanungen mehr als 610 Mio.<br />
€ in ihren Kassen. In einzelnen Städten,<br />
die mit ihren Steuereinnahmen von größeren<br />
Unternehmen abhängig sind,<br />
waren die Einnahmeausfälle dramatisch.<br />
Hingewiesen werden soll an dieser Stelle<br />
beispielhaft nur auf die Städte Leverkusen<br />
und Krefeld, die einen Rückgang<br />
von -64,7 % bzw. -50,3 % zu verzeichnen<br />
hatten. Durchschnittlich gingen die<br />
Gewerbesteuereinnahmen um -10,4 %<br />
zurück. Gründe für den dramatischen<br />
Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen<br />
sind sowohl die einbrechende<br />
Konjunktur, also gesamtwirtschaftliche<br />
Gründe, wie auch staatliche Steuersenkungsmaßnahmen<br />
verschiedener Art,<br />
die den Großunternehmen die Möglichkeit<br />
einräumen, ihre Gewerbesteuer zu<br />
reduzieren oder ganz zu vermeiden.<br />
Stichwortartig zu nennen sind in diesem<br />
Zusammenhang das Beteiligungsprinzip<br />
der Kapitalgesellschaften sowie die im<br />
Inland und ins Ausland zugelassenen<br />
Gewinnverschiebungen.<br />
– Auch beim Gemeindeanteil an der Lohnund<br />
Einkommensteuer verlief die Entwicklung<br />
im Haushaltsjahr 2001 im<br />
Gesamten schlechter als erwartet. Dass es<br />
infolge der umfassenden Senkungen der<br />
Lohn- und Einkommensteuer durch das<br />
im Jahr 2001 wirksam gewordene Steuersenkungsgesetz<br />
zu einem Aufkommensrückgang<br />
kommen würde, war zwar<br />
erwartet worden. Tatsächlich - und hier<br />
werden sich auch die wirtschaftlichen<br />
Entwicklungen und die Entwicklungen<br />
am Arbeitsmarkt negativ ausgewirkt<br />
haben – fiel der Rückgang jedenfalls bis<br />
zum 30.09.2001 bei den Kommunen in<br />
Nordrhein-Westfalen um rd. 80 bis 90<br />
Mio. € höher aus, als dies noch in der<br />
Steuerschätzung vom Mai 2001 erwartet<br />
worden war. Der Rückgang des Gemeindeanteils<br />
an der Einkommensteuer belief<br />
sich bis zum 30.09.2001 auf -6,1 %.<br />
– Zwar ist mit dem 1998 neu eingeführten<br />
Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer<br />
eine Stärkung der kommunalen Finanzkraft<br />
eingetreten. Auch der Gemeindeanteil<br />
an der Umsatzsteuer blieb allerdings<br />
2001 deutlich hinter den Erwartungen<br />
der Schätzungen zurück und es<br />
gab für die Gemeinden im Gesamtaufkommen<br />
in den ersten drei Quartalen<br />
2001 gegenüber 2000 unerwartet sogar<br />
einen leichten Rückgang von -1,3 %.<br />
– Geschmälert wurden die Einnahmen der<br />
136
Themen<br />
Kommunen zudem durch die zum 01.<br />
Januar 2001 von 20 auf 30 % erhöhte<br />
Gewerbesteuerumlage. Grund für die<br />
Erhöhung war die Annahme, dass durch<br />
die Verlängerung der Abschreibungszeiträume<br />
die Gewerbesteuer steigen würde.<br />
Diese Prognose ist nicht eingetroffen.<br />
– Berücksichtigt werden muss in diesem<br />
Zusammenhang auch, dass den Kommunen<br />
– jetzt allerdings bundesweit - in den<br />
nächsten 20 Jahren insgesamt rd. 7 Mrd.<br />
€ an eigenen Einnahmen verloren<br />
gehen, weil die Unternehmen die Ausgaben<br />
für den Kauf der UMTS-Mobilfunklizenzen<br />
steuerlich absetzen können.<br />
Neben sinkenden Einnahmen werden nach<br />
wie vor von Bund und Ländern immer<br />
neue kostenträchtige Aufgaben auf die<br />
kommunale Ebene übertragen, ohne dass<br />
gleichzeitig für eine ausreichende Finanzierung<br />
Sorge getragen wird. Für das Jahr<br />
2003 zeichnen sich insoweit für Nordrhein-<br />
Westfalen folgende Entwicklungen ab:<br />
– Nach dem 2. Modernisierungsgesetz<br />
werden im Haushaltsjahr 2003 weitere<br />
25 % der Ausgaben für die Hilfe zur<br />
Pflege die Kreishaushalte belasten. In<br />
den beiden vergangenen Jahren konnten<br />
die gestiegenen finanziellen Belastungen<br />
aus diesem Bereich bei den Kreisen nicht<br />
durch eine diesen Belastungen entsprechende<br />
Absenkung der Landschaftsumlage<br />
refinanziert werden. Angesichts der<br />
voraussichtlich weiter steigenden Kosten<br />
der Eingliederungshilfe und der auch die<br />
Haushalte der Landschaftsverbände<br />
belastenden Abrechnungsfehlbeträge für<br />
2001 und der voraussichtlichen Mindereinnahmen<br />
als Folge veränderter Umlagegrundlagen<br />
ist es wenig realistisch<br />
annehmen zu wollen, dass im Haushaltsjahr<br />
2003 eine zur Finanzierung ausreichende<br />
Absenkung der Landschaftsumlage<br />
erfolgen wird. Beide Landschaftsverbände<br />
haben angekündigt, dass ihre<br />
derzeitige Haushaltssituation eine<br />
Absenkung der Landschaftsumlage<br />
kaum möglich machen wird.<br />
– Ambulant betreutes Wohnen: Mit dem<br />
Ziel, den Kostenanstieg bei der stationären<br />
Eingliederungshilfe zumindest abzuschwächen,<br />
wird derzeit mit den Landschaftsverbänden<br />
und dem MASQT<br />
eine Diskussion über die Zuständigkeit<br />
für das ambulant betreute Wohnen für<br />
Menschen mit Behinderungen geführt<br />
(vgl. dazu EILDIENST LKT NW Nr.<br />
3/März 20<strong>02</strong>, S. 92 ff). Nach den Darstellungen<br />
der Landschaftsverbände ist<br />
der Aufwand für das ambulant betreute<br />
Wohnen um mindestens zwei Drittel<br />
geringer als er bei einer stationären<br />
Unterbringung wäre. Über die Frage,<br />
wer zukünftig für das ambulant betreute<br />
Wohnen zuständig sein wird, ist eine<br />
Entscheidung zwar noch nicht getroffen;<br />
nach einem Beschluss der Fraktionen der<br />
SPD und Bündnis 90/Die Grünen im<br />
Landtag Nordrhein-Westfalen vom<br />
08.03.20<strong>02</strong> soll die Zuständigkeit jedoch<br />
– zunächst für einen Zeitraum von sieben<br />
Jahren - auf die Landschaftsverbände<br />
übergehen. Sollte eine Hochzonung<br />
der Zuständigkeit von den Kreisen und<br />
kreisfreien Städten auf die Landschaftsverbände<br />
erfolgen, ist mit weiteren<br />
finanziellen Belastungen über einen<br />
Anstieg der Landschaftsumlagen zu<br />
rechnen. Denn die Landschaftsverbände<br />
beabsichtigen, zumindest in den ersten<br />
Jahren zum Ausbau des Angebotes<br />
ambulant betreuter Wohnformen<br />
erhebliche Investitionen zu tätigen, um<br />
einen flächendeckenden, gleichmäßigen<br />
Versorgungsstand in allen Regionen des<br />
Landes zu erreichen.<br />
– Grundsicherung: Zum 01.01.2003 werden<br />
die Kreise (und kreisfreien Städte) in<br />
Nordrhein-Westfalen Grundsicherungsträger<br />
sein, also die zuständigen Behörden<br />
zur Umsetzung des vom Bund in Kraft<br />
gesetzten Grundsicherungsgesetzes für<br />
über 65jährige Personen bzw. Volljährige,<br />
die voll erwerbsgemindert sind. Wenngleich<br />
zu begrüßen ist, dass die in Betracht<br />
kommenden Personen nunmehr ein der<br />
Sozialhilfe vorgelagertes Leistungsrecht in<br />
Anspruch nehmen können, entsteht den<br />
Kreisen erheblicher finanzieller Mehraufwand<br />
durch die Administration der<br />
Grundsicherung. Nach den Ermittlungen<br />
der Geschäftsstelle des <strong>Landkreistag</strong>es<br />
NW werden je Kreis etwa zwischen 8 und<br />
10 Mitarbeiter mit dieser Aufgabe zusätzlich<br />
beschäftigt sein, wobei auch bei einer<br />
möglichen Delegation der Zuständigkeit<br />
auf die kreisangehörigen Gemeinden<br />
insofern Mehrbedarfe beim Personal entstehen.<br />
Die Höhe der finanziellen Leistungen,<br />
die im Rahmen der Grundsicherung<br />
zu erbringen sein werden, lässt sich derzeit<br />
nur schwer beziffern. Aus Bundesmitteln<br />
in Höhe von ca. 400 Mio. € erwartet das<br />
Land Nordrhein-Westfalen einen Anteil in<br />
Höhe von 25 % = 100 Mio. €. Diese Leistungen<br />
sollen zwar in vollem Umfang den<br />
kommunalen Gebietskörperschaften zur<br />
Verfügung gestellt werden, wobei über<br />
den Verteilungsschlüssel allerdings derzeit<br />
noch keine definitiven Erkenntnisse vorliegen.<br />
Die den Kreisen zur Verfügung<br />
gestellten Mittel werden die Kosten indessen<br />
voraussichtlich kaum abdecken können;<br />
die kommunalen Spitzenverbände<br />
haben eine Gesamtbelastung von mindestens<br />
1 Mrd. € jährlich ermittelt. Hinzu<br />
kommt der Umstand, dass das Leistungsniveau<br />
der Grundsicherung nach Schätzungen<br />
aus der kommunalen Praxis in ca.<br />
40-60% aller Fälle nicht ausreichen wird,<br />
um ergänzende Sozialhilfeansprüche auszuschließen.<br />
Der insofern den Kommunalverwaltungen<br />
entstehende Doppelaufwand<br />
bei der Berechnung der Grundsicherung<br />
einerseits und der in vielen Fällen zu<br />
gewährenden aufstockenden Sozialhilfe<br />
andererseits ist damit noch nicht berücksichtigt.<br />
Weitere finanzielle Mehrbelastungen sind<br />
im übrigen nicht unwahrscheinlich: Die<br />
Kosten der stationären Eingliederungshilfe<br />
insgesamt werden weiter explodieren, ohne<br />
dass ein Ausgleich für die sich abzeichnenden<br />
Mehrbelastungen in Sicht wäre (vgl.<br />
auch EILDIENST LKT NW Nr. 3/März 20<strong>02</strong>,<br />
S. 92 ff). Die Landschaftsverbände rechnen<br />
mit einem Anstieg der Kosten bis zum Jahr<br />
2005 von heute 2,3 Mrd. € (im Jahr 2001)<br />
auf 2,8 Mrd. €. Bis zum Jahr 2010 wird<br />
sogar eine Verdopplung der derzeitigen<br />
Ausgaben prognostiziert. Nach einer finanziellen<br />
Unterstützung der nordrhein-westfälischen<br />
Kommunen durch Bund und Land<br />
für diese Aufgabe sieht es derzeit nicht aus,<br />
obwohl es nicht um kommunale Aufgaben,<br />
sondern die gesamtgesellschaftliche Verantwortung<br />
für Menschen mit Behinderungen<br />
geht, deren Zahl gestiegen ist und als Folge<br />
des medizinischen Fortschritts ebenso wie<br />
die Lebenserwartung allgemein weiter steigen<br />
wird. Veränderungen in der Arbeitslosenhilfe<br />
können ebenfalls zu zusätzlichen<br />
finanziellen Lasten der Kommunen führen.<br />
Wird der Leistungszeitraum reduziert, werden<br />
zwangsläufig mehr Arbeitlose und ihre<br />
Familien sozialhilfebedürftig werden. Für<br />
eine Deckung der zusätzlichen Sozialhilfekosten<br />
haben Bund und Länder in der Vergangenheit<br />
nicht Sorge getragen. Dass dies<br />
jetzt der Fall wäre, ist kaum zu erwarten.<br />
Werden Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in<br />
der Weise zusammengeführt, dass der Leistungstransfer<br />
von den Kommunen zu<br />
erbringen ist, werden erhebliche weitere<br />
finanzielle Lasten auf die Kreisebene<br />
zukommen, die angesichts ihrer Dimension<br />
das bisherige System der Finanzierung der<br />
Kreise über die Kreisumlage sprengen werden<br />
und neue Anforderungen an die Leistungsfähigkeit<br />
des Kommunalfinanzsystems<br />
stellen.<br />
3. Folgerungen<br />
3.1 Reform des Gemeindefinanzsystems<br />
jetzt!<br />
Eine Reform des Gemeindefinanzsystems<br />
muss jetzt in Angriff genommen werden.<br />
Die fortschreitende Auszehrung der Kommunalfinanzen<br />
verträgt kein weiteres<br />
Abwarten. Zumindest die Einnahmeausfälle<br />
bei der Gewerbesteuer müssen schnell kompensiert<br />
werden, um eine weitere Talfahrt<br />
137
Themen<br />
der Kommunalfinanzen aufzuhalten. Die<br />
Einsetzung einer Kommission zur Reform<br />
der Kommunalfinanzen ist zwar nachhaltig<br />
zu begrüßen; ihre Ergebnisse werden voraussichtlich<br />
jedoch zu spät kommen, um die<br />
sich in den nächsten Jahren verschärfende<br />
kommunale Finanzkrise abzumildern. Die<br />
Kommunen brauchen Hilfe hier und jetzt<br />
und nicht erst übermorgen. Deshalb:<br />
Reform des Gemeindefinanzsystems jetzt!<br />
3.2 Beachtung des Konnexitätsprinzips<br />
auf allen Ebenen<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen<br />
fordert die Beachtung des finanzverfassungsrechtlichen<br />
Konnexitätsprinzips auf<br />
allen Ebenen, also sowohl durch Bund und<br />
Land. Eine weitere finanzielle Belastung der<br />
kommunalen Gebietskörperschaften durch<br />
neue Aufgaben oder Veränderungen<br />
bestehender ist nicht finanzierbar. Die Kreise<br />
in Nordrhein-Westfalen lehnen deshalb<br />
die Übertragung neuer Aufgaben ohne<br />
volle finanzielle Kompensation ab.<br />
3.3 Standard- und Aufgabenabbau<br />
unverzichtbar<br />
Angesichts der schwierigen Finanzlage der<br />
kommunalen Gebietskörperschaften und<br />
der sich perspektivisch in den kommenden<br />
Jahren weiter dramatisch verschlechternden<br />
Finanzsituation ist ein Aufgaben- und<br />
Standardabbau unverzichtbar. Der <strong>Landkreistag</strong><br />
Nordrhein-Westfalen erwartet,<br />
dass Überlegungen zur Reform des kommunalen<br />
Finanzsystems mit einem Aufgabenabbau<br />
und einer Reduzierung von Standards<br />
einhergehen müssen. Dabei muss<br />
sichergestellt sein, dass die damit verbundenen<br />
finanziellen Entlastungen nachhaltig<br />
und auf Dauer den kommunalen Gebietskörperschaften<br />
zugute kommen und nicht<br />
für weitere Belastungen der kommunalen<br />
Haushalte durch bundes- oder landespolitische<br />
Maßnahmen genutzt werden dürfen.<br />
Mit der Gemeindefinanzreform ist auf der<br />
Bundesebene ein Aufgabenabbau zu verbinden,<br />
der die Kreisebene von ausgabenträchtigen<br />
Aufgaben entbindet.<br />
3.4 Eingliederungshilfe<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen hält<br />
an der Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien<br />
Städte für das ambulant betreute<br />
Wohnen fest. Er ist der Überzeugung, dass<br />
hier die Aufgabe wegen der größeren Ortsnähe<br />
effektiver und effizienter und entsprechend<br />
den örtlichen Bedürfnissen wahrgenommen<br />
werden kann. Im Übrigen fordert<br />
der <strong>Landkreistag</strong> NW ein eigenes Bundesleistungsrecht<br />
für Menschen mit Behinderungen.<br />
Angesichts der demographischen<br />
Entwicklung, die auch die Menschen mit<br />
Behinderungen einschließt und des medizinischen<br />
Fortschrittes in diesem Bereich, die in<br />
ihrer Gesamtheit einen Anstieg der Zahl der<br />
Menschen mit Behinderungen zur Folge<br />
haben, sowie des Kostenanstiegs für die<br />
Betreuung jedes einzelnen Menschen mit<br />
Behinderungen kann diese Aufgabe von den<br />
kommunalen Gebietskörperschaften nicht<br />
mehr alleine finanziert werden. Es handelt<br />
sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe,<br />
für die der Bund und die Länder ebenfalls<br />
eine Finanzierungsverantwortung tragen.<br />
3.5 Investitionsförderung von<br />
Pflegeeinrichtungen<br />
Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen<br />
hält daran fest, dass die Investitionsförderung<br />
für Pflegeeinrichtungen nicht ausschließlich<br />
über das Pflegewohngeld erfolgen<br />
soll. Neben einer Objektförderung<br />
durch die Landschaftsverbände hält er es<br />
auch weiterhin für notwendig, dass sich<br />
das Land mit eigenen finanziellen Mitteln<br />
an der Finanzierung der Pflegeeinrichtungen<br />
beteiligt. Insofern geht es vor allem<br />
um eine Wiederaufnahme der Landesförderung,<br />
die das Land auch vor Inkrafttreten<br />
der Pflegeversicherung im Jahre 1996<br />
mit ca. 250 Mio. DM jährlich geleistet hat<br />
(vgl. dazu EILDIENST LKT NW Nr. 6/Juni<br />
20<strong>02</strong>, S. 240 ff). Für den Fall einer Umstellung<br />
auf das Pflegewohngeld kann eine<br />
Beteiligung der Kreise an der Finanzierung<br />
allenfalls insoweit in Betracht kommen, als<br />
gleichzeitig eine finanzielle Entlastung über<br />
die Landschaftsumlage erfolgt. Neue<br />
finanzielle Mittel werden die Kreise hierfür<br />
nicht zur Verfügung stellen.<br />
3.6 Gemeindefinanzreform<br />
Notwendig ist eine Gemeindefinanzreform,<br />
die zügig in Angriff genommen und möglichst<br />
schnell durchgeführt werden muss.<br />
Dabei geht es zunächst darum, dass die<br />
kommunale Einnahmestruktur verbessert<br />
und verstetigt werden muss. In diesem<br />
Zusammenhang ist eine Modernisierung der<br />
Gewerbesteuer dringend notwendig, bei der<br />
– die Besteuerungsbasis durch Einbeziehung<br />
aller Gewerbetreibender einschließlich der<br />
Freiberufler erweitert werden muss,<br />
– die Steuerfreistellung von Beteiligungserträgen<br />
bei Kapitalgesellschaften und die<br />
gewerbesteuerliche Organschaft abgeschafft<br />
sowie die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage<br />
durch das Steuersenkungsgesetz<br />
2000 ausgesetzt werden muss.<br />
Ein effektives Hebesatzrecht der Gemeinden<br />
und eine Verknüpfung zwischen Kommunen<br />
und örtlicher Wirtschaft über eine<br />
örtliche Steuer sind nach wie vor notwendig.<br />
Zu erwägen ist, bei Abschaffung der<br />
Gewerbesteuer ein kommunales Hebesatzrecht<br />
auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer<br />
sowie ggf. die Umsatzsteuer<br />
einzuführen.<br />
Notwendig ist es weiter, die Kreise von der<br />
Kreisumlage als ihrem Hauptfinanzierungsinstrument<br />
unabhängiger zu machen.<br />
Die Kreise sind deshalb an einer<br />
Wachstumssteuer zu beteiligen. Das gilt<br />
insbesondere dann, wenn im Rahmen<br />
einer Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe<br />
und Sozialhilfe finanzielle Leistungen<br />
zugunsten der bisherigen Arbeitslosenhilfeempfänger<br />
von den Kreisen zu leisten<br />
sind. Angesichts des Finanzvolumens von<br />
30 Mrd. € kann diese Aufgabe über die<br />
Kreisumlage nicht finanziert werden. Es<br />
bedarf dann einer zusätzlichen eigenen<br />
Steuerquelle der Kreise.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/März 20<strong>02</strong><br />
– 20 10-00 –<br />
Probleme einer Europäischen Verfassung<br />
Von Dr. Adalbert L eidinger,<br />
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied a. D.<br />
Über „Probleme einer Europäischen Verfassung“<br />
referierte vor kurzem das ehemalige<br />
Geschäftsührende Vorstandsmitglied<br />
des LKT NW, Dr. jur. h. c. Adalbert L e i -<br />
dinger. Nachstehend bringen wir den<br />
Schlussteil seiner Ausführungen, die sich<br />
auf die Grundsatzerklärung des Europäischen<br />
Rates vom 15. Dezember 2001 in<br />
Laeken beziehen.<br />
Der Europäische Rat hat am 15.12.2001 in<br />
Laeken eine Grundsatzerklärung zur<br />
„Zukunft der Europäischen Union“ abgegeben,<br />
mit der er einen Reformprozess<br />
offiziell eröffnet hat und damit zugleich die<br />
Einsetzung eines „Konvents“ verbindet,<br />
dem die Aufgabe gestellt wird, „die<br />
wesentlichen Fragen zu prüfen, welche die<br />
künftige Entwicklung der Union aufwirft<br />
und sich um verschiedene mögliche Antworten<br />
zu bemühen“.<br />
138
Themen<br />
Nach einer 50-jährigen erfolgreichen Entwicklung<br />
von der Montanunion zur politischen<br />
Union stellt sich für den Europäischen<br />
Rat angesichts der Erweiterung von<br />
15 auf 27 (28) Mitgliedern und im Problemhorizont<br />
der Globalisierung die Frage,<br />
ob die EU als bedeutende Wirtschaftsmacht<br />
den weltpolitischen Herausforderungen<br />
gewachsen ist, ob ihre Kompetenzen<br />
ziel- und aufgabengerecht sind und ob<br />
ihre politischen Binnenstrukturen den<br />
Anforderungen nach Transparenz, Effizienz<br />
und Demokratisierung genügen.<br />
Die Grundsatzerklärung ist wie fast alle Verlautbarungen<br />
des Europäischen Rates<br />
inhaltlich euphorisch, weitschweifig, nicht<br />
immer eindeutig und wegen des Zwangs<br />
zur Einstimmigkeit sehr allgemein gefasst.<br />
Aus ihr lassen sich folgende Fragestellungen<br />
herausfiltern, die zugleich den Auftragsrahmen<br />
an den Konvent bilden, ohne damit ein<br />
gegenständliche Beschränkung der Beratungsthemen<br />
vorzunehmen. Eine Neuverteilung<br />
und Abgrenzung der Zuständigkeiten<br />
in der EU soll allerdings den „acquis<br />
communautaire“ (jetziger Aufgabenbestand<br />
der EU) im Prinzip nicht antasten.<br />
Der Europäische Rat sieht folgende Problemfelder,<br />
zu denen er Fragen aufwirft:<br />
Zuständigkeitsverteilung<br />
Lassen sich die öffentlichen Aufgaben der<br />
EU und der Mitgliedstaaten mit ihren staatlichen,<br />
regionalen und kommunalen<br />
Untergliederungen auf die jeweilige Ebene<br />
sachgerecht aufteilen? Kann dabei das<br />
Spannungsverhältnis von Effizienz und<br />
Subsidiarität so aufgelöst werden, dass<br />
Bürgernähe und wirksame Aufgabenerfüllung<br />
zu verantwortlichen Kosten erreicht<br />
werden kann? Ist es sinnvoll, für die EU<br />
einen numerus clausus von Zuständigkeiten<br />
vorzusehen, sodass alle anderen<br />
öffentlichen Aufgaben den Mitgliedstaaten<br />
vorbehalten sind? Ist bei solch strenger<br />
Kompetenztrennung die für die weitere<br />
Integration der EU notwendige Kohärenz<br />
sicherzustellen? Und in diesem Zusammenhang:<br />
Soll den Ländern, Regionen und<br />
Kommunen der Mitgliedstaaten eine auf<br />
ihre Aufgaben zugeschnittene Zuständigkeitsgarantie<br />
eingeräumt werden?<br />
Die Gesamtheit dieser Fragen zielt auf die<br />
Gefahr einer zunehmenden Aufgabenkonzentration<br />
auf EU-Ebene als Folge der<br />
Komplexität der wirtschaftlichen, sozialen<br />
und kulturellen Verhältnisse und die daraus<br />
resultierende dichte ebenenübergreifende<br />
Aufgabenverflechtung. Der Rat weist aber<br />
zugleich auch auf die besondere Stellung<br />
der EU in der Welt und die sich hiermit<br />
ergebende Verantwortung hin, aus der er<br />
für die EU die entsprechenden Verantwortungskompetenzen<br />
ableitet und einfordert.<br />
Institutionelle Reformen<br />
Sind die Handlungsinstrumente im Bereich<br />
der Normsetzung klarer zu kategorisieren<br />
und so abzustufen, dass den Mitgliedstaaten<br />
ein größerer Gestaltungsraum bleibt?<br />
Genügen statt Vollregelungen Rahmenregelungen?<br />
Wie kann bei der Normsetzung<br />
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />
Rechnung getragen werden? Welche Ermessens-<br />
und Handlungsspielräume sind<br />
den zuständigen Exekutivbehörden auf<br />
EU- und mitgliedstaatlicher Ebene für eine<br />
sinnvolle Rechtsanwendung einzuräumen?<br />
In das Zentrum der Probleme der demokratischen<br />
Legitimation der EU, der Kreation<br />
ihrer Organe, der Effizienz ihrer Arbeit<br />
und der Transparenz der Entscheidungsprozesse<br />
führen die folgenden Fragen:<br />
Wie kann eine „europäische Öffentlichkeit“<br />
hergestellt werden? Wie lässt sich die<br />
Autorität und Handlungseffizienz der<br />
Kommission verbessern? Soll ihr Präsident<br />
vom Europäischen Rat, vom Europäischen<br />
Parlament oder in direkter Wahl vom Volk<br />
gewählt werden? Sollen die Kompetenzen<br />
des Europäischen Parlamentes gestärkt<br />
werden? Soll das Mitentscheidungsrecht<br />
ausgeweitet werden? Ist das Wahlrecht<br />
zum Europäischen Parlament zu reformieren?<br />
Sollen bei den Wahlbezirken die<br />
nationalen Grenzen eingehalten werden<br />
oder soll es auch grenzüberschreitende<br />
Wahlbezirke geben?<br />
Muss die Rolle des Europäischen Rates und<br />
des Ministerrat gestärkt werden? Sind<br />
unterschiedliche Entscheidungsverfahren<br />
für legislative und exekutive Befugnisse<br />
sinnvoll? Soll der Rat öffentlich tagen? Sind<br />
die Beteiligungsverfahren zwischen den<br />
Organen zu straffen und zu beschleunigen?<br />
Kann das Einstimmigkeitsprinzip weiter<br />
eingeschränkt und durch Mehrheitsentscheidungen<br />
ersetzt werden? Ist an den<br />
unterschiedlich fachlichen Formationen<br />
des Rates festzuhalten? Ist ein halbjährige<br />
Turnus der Präsidentschaft sinnvoll?<br />
Eine weitere Frage wird aufgeworfen, die<br />
das bestehend Organgefüge der EU<br />
grundsätzlich berührt:<br />
Soll zur Stärkung der demokratischen Legitimation<br />
der EU ein Organ geschaffen werden,<br />
in dem die Parlamente der Mitgliedstaaten<br />
repräsentiert sind? Soll dieses<br />
Organ nur ein Kontrollrecht über die Einhaltung<br />
der EU-Kompetenzordnung, insbesondere<br />
über die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips<br />
haben oder sollen ihm auch<br />
echte Mitwirkungskompetenzen in EU-<br />
Agenden eingeräumt werden?<br />
Der EU-Rat hält es im Interesse der Transparenz<br />
und besseren Übersicht für notwendig,<br />
die vier Verträge (EGKS, EAG, EG<br />
EU) zu einem einheitlichen Vertragswerk<br />
zusammenzufassen. Dies wäre auch eine<br />
Gelegenheit, eine inhaltliche Straffung und<br />
Synchronisierung der Begriffe vorzunehmen,<br />
um die rechtslogische Stringenz der<br />
EU-Normen zu verbessern, was bei der<br />
Sprachenproblematik und den unterschiedlichen<br />
Rechtskulturen nicht einfach<br />
ist.<br />
Ferner soll geprüft werden, ob die „Charta<br />
der Grundrechte“, vom Europäischen Rat<br />
in Nizza im Dezember 2000 als „Empfehlung“<br />
angenommen, in den einheitlichen<br />
Vertrag eingefügt werden soll. Die Charta,<br />
der man bislang nur einen Empfehlungscharakter<br />
zugebilligt hat, würde dadurch<br />
ähnlich wie das Grundgesetz der BRD<br />
echte und unmittelbar geltende Rechte<br />
und Pflichten begründen. In diesem Teil<br />
der Grundsatzerklärung spricht der Europäische<br />
Rat erstmalig von einem zu erstellendem<br />
„Verfassungstext“ und verbindet<br />
damit Fragen nach den „Kernbestandteilen“<br />
einer solchen „Verfassung“: „Die<br />
Werte, für die die Union eintritt?“, „Die<br />
Grundrechte und -pflichten der Bürger?“,<br />
„Das Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten<br />
in der Union?“<br />
Mit der Einsetzung eines „Konvents zur<br />
Zukunft Europas“ zum 1. März 20<strong>02</strong>, der<br />
insgesamt 105 Mitglieder umfasst, konkretisierte<br />
der Europäische Rat seine Absicht,<br />
die Verträge einer eingehenden Prüfung<br />
durch ein politisch und fachlich<br />
zusammengesetztes Gremium („Konvent“)<br />
zu unterwerfen. Der Konvent soll<br />
Vorschläge für eine Stärkung der demokratischen<br />
Legitimation, Vertiefung der Integration<br />
und Vereinfachung und Effizienzsteigerung<br />
der Entscheidungsprozesse der<br />
EU bis Mitte/Ende 2003 ausarbeiten. Diese<br />
sollen einer Regierungskonferenz im Jahr<br />
20<strong>04</strong> zur Beratung und gegebenenfalls zur<br />
Entscheidung vorgelegt werden.<br />
Der Konvent weist eine ähnliche Mitgliederstruktur<br />
wie der „Konvent der Grundrechtscharta“<br />
auf, zahlenmäßig mit folgendem<br />
Unterschied: zu den 16 Mitgliedern<br />
des EU-Parlaments, den 30 Mitgliedern der<br />
nationalen Parlamente und den 15 Vertretern<br />
der Staats- und Regierungschefs der<br />
Mitgliedsstaaten entsendet die EU-Kommission<br />
2 Mitglieder und die 13 Beitrittskandidaten<br />
(einschließlich Türkei) entsenden<br />
13 Regierungs- und 26 Parlamentsvertreter.<br />
Präsident des Konvents ist der ehemalige<br />
französische Staatschef Giscard<br />
d‘Estaing, dem zwei Vizepräsidenten zugeordnet<br />
sind. Zur Vorbereitung und besseren<br />
Steuerung des Beratungsprozesses ist<br />
ein 12-köpfiges Präsidium vorgesehen.<br />
In der konstituierenden Sitzung des Konvents<br />
am 22. März 20<strong>02</strong>, in der 80 der 105<br />
Mitglieder je 3-minütige Statements abgaben,<br />
wurden bereits die unterschiedlichen<br />
und gegensätzlichen Auffassungen zu<br />
einer EU-Reform skizzenhaft deutlich.<br />
139
Themen<br />
Einigkeit bestand nur darüber, dass der<br />
Auftrag des Konvents nicht scheitern<br />
dürfe, weil dies für die Integration und<br />
Erweiterung der Europäischen Union<br />
schlimme Folgen haben werde. Noch ist<br />
kein konkreter Themenkatalog vom Präsidenten<br />
und seinem Präsidium erarbeitet,<br />
aus dem sich Zielrichtung und Schwerpunkte<br />
der Beratungen ergeben werden.<br />
Deutlich wird aber, dass im Rahmen der<br />
institutionellen Reformüberlegungen ein<br />
„Föderalismusmodell à la Bundesrepublik<br />
Deutschland“, in welcher semantischen<br />
Formulierung auch immer, keine Chance<br />
einer Akzeptanz hat. Der Schwerpunkt<br />
wird daher wohl mehr in der Stärkung des<br />
EU-Parlaments, einer das Subsidiaritätsprinzip<br />
besser beachtenden Kompetenzverteilung<br />
und in der Straffung der Mitwirkungs-<br />
und Entscheidungsprozesse liegen.<br />
Von der Idee eines „Europas unterschiedlicher<br />
Geschwindigkeiten und variabler<br />
Geografie“, durch die die „Eurosklerose“<br />
vor 15 - 20 Jahren überwunden werden<br />
sollte, ist nicht mehr die Rede. De facto<br />
gibt es aber schon eine „Union in der<br />
Union“ mit der inzwischen eingeführten<br />
Währungsunion der 11 Teilnehmerstaaten.<br />
Diese Währungsunion ist eine enge Schicksalsgemeinschaft.<br />
Nicht nur die monetäre<br />
Politik der EZB hat unmittelbare Auswirkungen<br />
auf die Wirtschaft dieser Länder.<br />
Auch die Budgetkontrolle im Rahmen des<br />
Stabilitätspaktes gibt dem Ministerrat Kontroll-<br />
und Interventionsrechte, die die<br />
EURO-Länder in ihrer Haushaltsgestaltung<br />
einschränken.<br />
Schlussbemerkung<br />
Die Europäische Union tritt mit dieser<br />
umfassenden Reformdiskussion und der<br />
gleichzeitigen Erweiterungsproblematik in<br />
eine kritische Phase ihrer Entwicklung. Die<br />
Hoffnungen der EU-Bürger sind sehr weit<br />
gespannt. Sollten sie enttäuscht werden,<br />
wird Resignation die Folge sein. Den<br />
Akteuren auf der EU-Ebene kann man nur<br />
empfehlen, rechtzeitig die euphorischen<br />
Projektionen auf den Boden realistischer<br />
Möglichkeiten zurückzuführen. Für die Beitrittskandidaten<br />
wird es ähnlich wie für die<br />
ostdeutschen Ländern nach der Wiedervereinigung<br />
Deutschlands ein schwieriger<br />
Weg in die wirtschaftlich so hoch entwickelte<br />
EU sein. Das ist nicht nur eine Frage<br />
von Subventionen und Marktordnung. Die<br />
Probleme sind zutiefst mentaler und allgemein<br />
politischer Art, für deren Lösung<br />
materielle Hilfen allein nicht ausreichen.<br />
Im Februar 1995 habe ich einen Vortrag<br />
über „Aktuelle Probleme der Europapolitik“<br />
(vgl. EILDIENST LKT NW 1995, S. 65)<br />
mit folgenden Worten beendet, die ich<br />
wiederholen möchte, da sie ihre Aktualität<br />
nicht verloren haben:<br />
„Es fehlt an einem „europäischen<br />
Bewusstsein“, das es zu entwickeln gilt.<br />
Für ein Europa als Zweckverband für Marketing<br />
und Wirtschaftsgüter, so sehr dies<br />
auch notwendig ist, kann sich niemand<br />
ernsthaft begeistern. Europa muss mehr<br />
sein; eine Vielfalt kultureller Traditionen,<br />
die eine lebendige Ausstrahlung haben, ein<br />
Raum politischer Freiheit und sozialer<br />
Geborgenheit, ein gemeinsames Haus,<br />
dessen Architektur so angelegt ist, dass<br />
unterschiedliche Mentalitäten und Lebensgewohnheiten<br />
ausreichenden Platz zur<br />
Entfaltung haben.“ Heute möchte ich hinzufügen:<br />
Die politische Integration Europas<br />
kann nur auf der Grundlage kultureller<br />
Homogenität und gemeinsamer Wertvorstellungen<br />
gelingen. Ohne Rückbesinnung<br />
auf die geistigen Grundlagen und eine<br />
Revitalisierung seiner identitätstiftenden<br />
Traditionen degeneriert die Europäische<br />
Union zu einem zweckorientierten Wirtschaftsbündnis<br />
ohne substantiellen Zusammenhalt.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 1010-07 –<br />
Aktuelle Fragen der Sparkassenpolitik<br />
Von Antje W ittmann,<br />
wissenschaftliche Referentin am Freiherr-vom-Stein-Institut, Münster<br />
Aus Anlass des Ausscheidens von Dr. Wolfgang<br />
K u h r aus seinem Amt als Vorsitzender<br />
des Kuratoriums des Freiherr-vom-<br />
Stein-Instituts veranstaltete die wissenschaftliche<br />
Forschungsstelle des <strong>Landkreistag</strong>s<br />
Nordrhein-Westfalen an der Universität<br />
Münster am 8. März 20<strong>02</strong> ein wissenschaftliches<br />
Kolloquium zu aktuellen Fragen<br />
der Sparkassenpolitik. In den Räumen<br />
der Sparkassen-Akademie des Westfälisch-<br />
Lippischen Sparkassen- und Giroverbands<br />
in Münster kamen rund siebzig Teilnehmer<br />
zusammen.<br />
In seiner Begrüßungsansprache würdigte<br />
der Hauptgeschäftsführer des <strong>Landkreistag</strong>es<br />
<strong>NRW</strong>, Dr. Alexander Schink, die langjährige<br />
engagierte Mitarbeit Kuhrs im<br />
Kuratorium des Freiherrvom-Stein-Instituts.<br />
K u h r saß diesem Gremium seit 20<br />
Jahren vor. Schink erinnerte daran, dass<br />
Kuhr die Zusammenarbeit des Freiherrvom-Stein-Instituts<br />
mit dem Westfälisch-<br />
Lippischen Sparkassen- und Giroverband<br />
initiiert hat. Seit 1997 bildet das Sparkassenrecht<br />
einen Forschungsschwerpunkt<br />
des Instituts.<br />
Im ersten Vortrag beschäftigte sich Dr.<br />
Harald Noack, Staatssekretär im Finanzministerium<br />
des Landes <strong>NRW</strong>, mit dem<br />
Entwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung<br />
zum neuen Sparkassengesetz.<br />
Als entscheidenden Auslöser für die<br />
Reform des Sparkassenrechts nannte er die<br />
Wettbewerbsbeschwerde der Europäischen<br />
Bankenvereinigung bei der Europäischen<br />
Kommission aus dem Jahre 1999.<br />
Damals wurde vorgebracht, dass Anstaltslast<br />
und Gewährträgerhaftung als unzulässige<br />
staatliche Beihilfen gegen den EG-Vertrag<br />
verstießen. Die im Juli 2001 getroffene<br />
Verständigung mit der Europäischen Kommission<br />
habe schließlich eine Neuregelung<br />
des Rechts der öffentlichen Kreditanstalten<br />
erforderlich gemacht.<br />
Einen weiteren Grund für den Reformbedarf<br />
im Sparkassenwesen sieht Noack in<br />
der Verschlechterung der wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen im gesamten Bankensektor.<br />
Grundintention der Landesregierung bei<br />
der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs sei<br />
es gewesen, die bewährten Grundstrukturen<br />
des Sparkassenwesens wie die öffentliche<br />
Rechtsform, die kommunale Trägerschaft,<br />
das Regionalprinzip und den öffentlichen<br />
Auftrag zu erhalten. Einschneidende<br />
Veränderungen seien dadurch vorgenommen<br />
worden, dass die Gewährträgerhaftung<br />
abgeschafft und die Anstaltslast<br />
modifiziert wurde, um den Forderungen<br />
der Europäischen Kommission zu genügen.<br />
Nach der modifizierten Anstaltslast sei der<br />
kommunale Träger der Sparkasse in gleicher<br />
Weise verpflichtet wie der Anteilseigner<br />
einer Aktiengesellschaft. Dies stellt nach<br />
Meinung Noacks eine derartig gravierende<br />
Veränderung der früheren Anstaltslast<br />
dar, dass man auch von deren Abschaffung<br />
sprechen könne.<br />
Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der<br />
Sparkassen will der Gesetzentwurf nach<br />
140
Themen<br />
Von links nach rechts: Staatssekretär Dr. Harald Noack, Prof. Dr. Janbernd Oebbecke, Prof.<br />
Dr. Dirk Ehlers, Stellv. Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages Monika Kuban<br />
Noacks Darlegung verbesserte Rahmenbedingungen<br />
für eine erfolgreiche Tätigkeit<br />
der Sparkassen am Markt schaffen.<br />
Dies solle insbesondere durch eine Erweiterung<br />
der Fusionsmöglichkeiten erreicht<br />
werden. Zukünftig könnten auch kreisangehörige<br />
Sparkassen ohne gemeinsame<br />
Grenze der Träger fusionieren und sogar<br />
solche Institute, die in verschiedenen Kreisen<br />
liegen, aber einem gemeinsamen Wirtschaftsraum<br />
angehören. Noack wies darauf<br />
hin, dass man in fernerer Zukunft auch<br />
über länderübergreifende Fusionen nachdenken<br />
müsse. Gleichzeitig warnte er vor<br />
den Risiken einer Fusion, insbesondere vor<br />
möglichen Wettbewerbsnachteilen für<br />
nichtfusionierte, möglicherweise „eingekreiste“<br />
Sparkassen. Zur deren Sicherheit<br />
werde den Regionalverbänden im Gesetzentwurf<br />
ein Anhörungs- und Initiativrecht<br />
eingeräumt, das zugunsten einer bedrohten<br />
Sparkasse ausgeübt werden könne.<br />
Noack betonte, dass durch die Neuregelung<br />
eine Option für Fusionen, nicht<br />
jedoch ein Fusionszwang geschaffen<br />
werde.<br />
Als dritten Reformansatz erläuterte<br />
Noack die Änderungen von Struktur und<br />
Zusammensetzung des Verwaltungsrats<br />
der Sparkassen. In Zukunft solle bei<br />
Zweckverbandssparkassen allen Hauptverwaltungsbeamten<br />
der beteiligten Kreise die<br />
beratende Teilnahme an den Sitzungen des<br />
Verwaltungsrats ermöglicht werden, um<br />
Konflikte zwischen den Landräten der verschiedenen<br />
Träger zu verhindern. Zur<br />
Erleichterung von Fusionen könne die Zahl<br />
der Verwaltungsratsmitglieder dauerhaft<br />
auf 18 erhöht werden. Neben dem Hauptausschuss<br />
solle der Verwaltungsrat künftig<br />
weitere Ausschüsse einrichten können.<br />
Abschließend betonte Noack die Erwartung<br />
der Landesregierung, dass Sparkassen<br />
und Kommunen sich auf die bestehenden,<br />
vom öffentlichen Auftrag bestimmten Aufgaben<br />
konzentrieren und keine Ausdehnung<br />
ihrer Betätigungsfelder vornehmen.<br />
Die Kreditversorgung des Mittelstands<br />
gehe der kulturellen Förderung vor, das<br />
„Privatgirokonto für jedermann“ habe<br />
Priorität vor der Unterstützung sonstiger<br />
kommunaler Belange und Spenden und<br />
Stiftungen kämen erst nach Erfüllung des<br />
kreditwirtschaftlichen Auftrags in Betracht.<br />
Monika Kuban, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin<br />
des Deutschen Städtetags,<br />
befasste sich mit Chancen und<br />
Gefahren für die Zukunft der Sparkassen.<br />
Sie betonte zunächst, dass die gegenwärtige<br />
Situation der kommunalen Sparkassen<br />
sehr kritisch sei. Die Sparkassen seien in<br />
besonderer Weise von der schlechten wirtschaftlichen<br />
Situation des Bankensektors<br />
betroffen, da sie wegen ihres dichten Filialnetzes<br />
und der personalintensiven Verwaltung<br />
besonders kostenintensiv arbeiteten<br />
und gleichzeitig auf gravierende Änderungen<br />
im Kundenbedürfnis reagieren müssten.<br />
Sparkassenkunden fragten vermehrt<br />
neue Produkte und Vertriebswege nach, so<br />
z.B. neue Finanzierungswege für den<br />
Mittelstand als Alternative zum konventionellen<br />
Unternehmenskredit oder onlinebanking<br />
für den Privatkunden. Auch die<br />
Neuerungen in der Kapitalausstattung von<br />
Kreditinstituten, die die Europäischen<br />
Kommission unter dem Titel „Basel II“ ausgearbeitet<br />
hat, würden Sparkassen und<br />
Landesbanken besonders belasten. Sie<br />
sehen ein Unternehmensrating sowie die<br />
Ausrichtung des Eigenkapitalbedarfs am<br />
Ratingergebnis vor.<br />
Kuban äußerte die Ansicht, dass Sparkassen<br />
und Landesbanken in vielen zukunftsträchtigen<br />
Geschäftsfeldern wie z.B.<br />
dem Auslandsgeschäft, Investmentbanking<br />
oder Corporate Finance kein ausreichendes<br />
Angebot an ihre Kunden machten<br />
und damit wichtige Wachstumsmöglichkeiten<br />
verspielten. Hier sei ein schnelles<br />
und gebündeltes Auftreten der S-Finanzgruppe<br />
am Markt erforderlich, um die<br />
Geschäftsfelder nicht an Privatbanken zu<br />
verlieren. Zusammenfassend stellte K u -<br />
b a n fest, dass die wettbewerbsrechtliche<br />
Auseinandersetzung mit der Europäischen<br />
Kommission nicht die einzige aktuelle Herausforderung<br />
an die öffentlichrechtlichen<br />
Kreditinstitute darstelle und nach der Verständigung<br />
mit der Kommission bedeutende<br />
Probleme weiterhin einer Lösung harrten.<br />
Nach ihrer Ansicht entscheidet in<br />
erster Linie der wirtschaftliche Erfolg über<br />
die Zukunft der Sparkassen. Sofern dringende<br />
Reformen versäumt würden, werde<br />
es zu Arbeitsplatzabbau, Preissteigerungen<br />
und schließlich zu einer bedeutenden Einbuße<br />
des Marktwertes der Sparkassen<br />
kommen.<br />
Allerdings äußerte Kuban die Hoffnung,<br />
dass die Sparkassen sich ihren Herausforderungen<br />
stellen und aufgrund ihrer guten<br />
Substanz, ihres Markennamens und des<br />
intensiven Kontakts zu ihren Kunden die<br />
eigene Zukunft positiv gestalten werden.<br />
Sie mahnte einerseits ein gemeinsames<br />
Handeln innerhalb der Regionalverbände<br />
und des Verbunds an, wies jedoch auch<br />
darauf hin, dass für die anstehenden Pro-<br />
Dr. Wolfgang Kuhr<br />
141
Themen<br />
Blick in den Tagungsraum<br />
bleme schnelle Lösungen gefragt seien und<br />
ein gemeinsames Vorgehen im Sparkassenverbund<br />
häufig zu lange dauere.<br />
Im anschließenden Vortrag behandelte<br />
Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer<br />
des Deutschen <strong>Landkreistag</strong>es,<br />
das Verhältnis von Sparkassen und<br />
kommunalen Trägern. Er blickte zunächst<br />
zurück auf das vom Freiherr-vom-Stein-<br />
Institut im Februar 2000 veranstaltete<br />
Symposium zu „Perspektiven der kommunalen<br />
Sparkassen“ (vgl. Oebbecke/<br />
Bauer/Pünder, Hrsg.: Perspektiven der<br />
kommunalen Sparkassen, Schriftenreihe<br />
Dr. Rolf Gerlach, Präsident des Westfälisch-Lippischen<br />
Sparkassen- und Giroverbandes<br />
des Freiherr-vom-SteinInstituts, Band 32,<br />
Köln 2000), bei dem verschiedene Reformansätze<br />
als Reaktion auf die Wettbewerbsbeschwerde<br />
bei der Europäischen Kommission<br />
diskutiert wurden. Darunter sei bereits<br />
das nun umgesetzte sog. „Plattformmodell“<br />
gewesen, auf das sich die kommunalen<br />
Spitzenverbände einstimmig verständigen<br />
konnten und bei dem die Gewährträgerhaftung<br />
und faktisch auch die Anstaltslast<br />
abgeschafft werden, kommunale Bindung<br />
und öffentliche Rechtsform jedoch<br />
erhalten bleiben.<br />
Henneke betonte, dass die öffentliche<br />
Rechtsform durch den nach wie vor bestehenden<br />
öffentlichen Auftrag der Sparkassen<br />
legitimiert sei. Allerdings vertrat er die<br />
Ansicht, dass der öffentliche Auftrag spezifiziert<br />
werden müsse, um eine präzise<br />
Bestimmung derjenigen Tätigkeitsfelder<br />
der Sparkassen vonehmen zu können, bei<br />
denen sie ihren öffentlichen Auftrag wahrnehmen<br />
und damit als Aufgabenerfüllungswerkzeuge<br />
der Kommunen tätig werden.<br />
Dies sei erforderlich, um zu bestimmen,<br />
inwieweit der kommunale Träger im<br />
Krisenfall verpflichtet ist, die Sparkasse<br />
auch nach faktischer Abschaffung der<br />
Anstaltslast zu unterstützen.<br />
Auch in Zukunft greife bei wirtschaftlichen<br />
Krisen der Sparkassenstützungsfond ein.<br />
Fraglich sei jedoch, wie sich die aus der<br />
modifizierten Anstaltslast resultierende<br />
Verpflichtung der Träger künftig dazu verhalte.<br />
Die Anstaltslast sei, wie bereits von<br />
Noack erläutert, dahingehend modifiziert<br />
worden, dass der Träger gegenüber der<br />
Sparkasse in gleicher Weise verpflichtet ist<br />
wie der Anteilseigner einer AG. Nach der<br />
Rechtsprechung des BGH bestünden für<br />
den Gesellschafter einer AG, der seine Einlagepflicht<br />
erfüllt hat, im wirtschaftlichen<br />
Krisenfall Treue- und Unterstützungsobliegenheiten,<br />
die sich nach § 242 BGB im Einzelfall<br />
zu einer Unterstützungspflicht ausweiten<br />
könnten. Der Unterschied zur früheren<br />
Anstaltslast bestehe also darin, dass<br />
die Verpflichtung des Sparkassenträgers in<br />
Zukunft nur im konkreten Einzelfall bestünde,<br />
während sie früher abstrakt-generell<br />
normiert gewesen sei.<br />
Daraus ergebe sich, dass nach dem neuen<br />
Recht jedenfalls eine Unterstützungsberechtigung<br />
des kommunalen Sparkassenträgers<br />
gegeben sei. Henneke geht<br />
davon aus, dass die Kommunen von dieser<br />
Unterstützungsberechtigung Gebrauch<br />
machen werden, um die Wahrnehmung<br />
des öffentlichen Auftrags durch die Sparkassen<br />
sicherzustellen. Er zeichnete das Bild<br />
einer do-ut-des-Beziehung zwischen Sparkasse<br />
und kommunalem Träger: Die Sparkasse<br />
nehme durch die Erfüllung des<br />
öffentlichen Auftrags Aufgaben des Trägers<br />
wahr, und dieser stehe dafür im Krisenfall<br />
über seine Unterstützungsobliegenheit<br />
für die Sparkasse ein.<br />
Allerdings äußerte Henneke auch die<br />
Erwartung, dass einige Kommunen aufgrund<br />
ihrer schlechten Finanzlage wenig<br />
Interesse zeigen werden, von ihrer Unterstützungsberechtigung<br />
Gebrauch zu<br />
machen und eher den Stützungsfonds eingreifen<br />
lassen.<br />
Henneke forderte schließlich vom Gesetzgeber<br />
eine Regelung über die Erlösverwendung<br />
bei Auflösung einer Sparkasse.<br />
Eine solche Regelung solle dazu dienen, die<br />
Bindung des Vermögens der Sparkasse an<br />
den öffentlichen Auftrag sicherzustellen.<br />
Prof. Dr. Janbernd Oebbecke, Geschäftsführender<br />
Direktor des Freiherrvom-Stein-Instituts,<br />
beschäftigte sich im<br />
abschließenden Vortrag mit der Zukunft<br />
der kreditwirtschaftlichen Versorgung. Die<br />
aufgeworfenen Probleme der Sparkassenpolitik<br />
sollten aus dem Blickwinkel der<br />
öffentlichen Aufgabe, die die kommunalen<br />
Träger mit Hilfe der Sparkassen wahrnehmen,<br />
betrachtet werden. Diese Aufgabe<br />
bestehe in der kreditwirtschaftlichen Versorgung<br />
der Bevölkerung und der Wirtschaft,<br />
also in der Versorgung mit bankwirtschaftlichen<br />
Leistungen. Oebbecke<br />
betrachtete zunächst die Zielgruppe der<br />
Sparkassen. Diese umfasst nach dem<br />
Gesetz vornehmlich die wirtschaftlich<br />
schwächeren Bevölkerungskreise und den<br />
Mittelstand, aber auch alle anderen Bevölkerungs-<br />
und Unternehmensgruppen (§ 3<br />
I, II 4 SpkG NW). Da der Betrieb einer Sparkasse<br />
eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe<br />
darstelle, sei der kommunale Träger<br />
jedoch im Rahmen des Gesetzes und des<br />
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der<br />
142
Themen<br />
Beschränkung der Zielgruppe frei. Tatsächlich<br />
würden die Sparkassen allerdings weitgehend<br />
autonom nach ökonomischen<br />
Gesichtspunkten über den Kreis ihrer Kunden<br />
entscheiden; der politische Einfluss der<br />
Träger sei gering.<br />
Ähnliches gelte für Entscheidungen über<br />
die Bedingungen der kreditwirtschaftliche<br />
Versorgung: hier seien aus Sicht der Kunden<br />
insbesondere die Ortsnähe und der<br />
Preis von entscheidender Bedeutung. Die<br />
Sparkassen würden ihre Kunden tatsächlich<br />
nicht immer nach Marktkonditionen versorgen,<br />
sondern nähmen vielfach Quersubventionierungen<br />
vor. Zumindest über die<br />
Preispolitik entscheide die Sparkasse weitgehend<br />
autonom; größeren Einfluss üben<br />
die Träger nach Meinung Oebbeckes<br />
allenfalls bei Fragen der Filialdichte aus.<br />
Anschließend beleuchtete Oebbecke<br />
die Aufgabenträgerschaft im Bereich der<br />
kreditwirtschaftlichen Versorgung. Es<br />
bestehe weitgehender Konsens, dass die<br />
kreditwirtschaftliche Versorgung nicht<br />
allein dem Wettbewerb überlassen werden<br />
dürfe. Eine staatliche Wettbewerbskorrektur<br />
sei sowohl durch Eigenerbringung der<br />
Leistung, wie dies derzeit bei den Sparkassen<br />
der Fall sei, als auch durch Regulierung<br />
der Privatwirtschaft, wie z.B. bei Post und<br />
Telekommunikation, möglich. Solange der<br />
Staat sich für die Eigenerbringung entscheide,<br />
sei er an die Verwaltungskompetenz<br />
der Gemeinden und Gemeindeverbände<br />
und an das Erfordernis demokratischer<br />
Legitimation der Entscheidungsträger<br />
gebunden. Oebbecke machte darauf<br />
aufmerksam, dass die Kommunen, da<br />
es sich um eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe<br />
handele, auch vollständig<br />
auf die kreditwirtschaftliche Versorgung<br />
verzichten könnten. Dies habe sich bei der<br />
Übernahme der Sparkasse Monheim durch<br />
die Stadtsparkasse Düsseldorf gezeigt: hier<br />
hat sich die Stadt Monheim gänzlich aus<br />
der Kreditversorgung zurückgezogen.<br />
Oebbecke stellte in Aussicht, dass man<br />
sich in Zukunft auch mit einem Verkauf<br />
von Sparkassen an Interessenten außerhalb<br />
der Sparkassengruppe befassen<br />
müsse. Dies setze jedoch eine Rechtsformänderung<br />
voraus, da eine Rechtsnachfolge<br />
durch einen Privaten bei der öffentlichen<br />
Anstalt nicht möglich sei.<br />
Was die Organisationsform betrifft, in der<br />
der kommunale Träger die kreditwirtschaftliche<br />
Versorgung sicherstellt, spricht<br />
nach Oebbecke viel für die Zulassung<br />
privater Rechtsformen im Sparkassenrecht.<br />
Zwar sichere die Festlegung auf die öffentliche<br />
Anstalt die Homogenität im Verbund<br />
und das gemeinsame Handeln unter einer<br />
Marke, doch könne gleiches beispielsweise<br />
auch durch Regelungen und Genehmigungsvorbehalte<br />
in der Satzung einer AG<br />
erreicht werden. Auch Franchise-Lösungen<br />
könnten eine alternative Organisationsform<br />
darstellen. Die jetzige Regelung<br />
räume den Kommunen jedenfalls wenig<br />
Flexibilität ein und erzwinge Fusionen als<br />
einziges Mittel, um auf die wirtschaftlichen<br />
Probleme der Sparkassen zu reagieren.<br />
Zusammenfassend forderte Oebbecke<br />
den Gesetzgeber auf, die organisatorischen<br />
Vorgaben im Sparkassenrecht zu lockern,<br />
um damit flexibler auf zukünftige Herausforderungen<br />
an die kreditwirtschaftliche<br />
Versorgung reagieren zu können.<br />
In der folgenden Diskussion unter Leitung<br />
von Prof. Dr. Dirk Ehlers, Mitglied des<br />
Vorstands des Freiherr-vom-Stein-Instituts,<br />
wurde dieses Plädoyer Oebbeckes für<br />
die Zulassung privater Organisationsformen<br />
lebhaft aufgegriffen. Während Henneke<br />
und Schink der Meinung waren, dass<br />
der vorliegende Gesetzentwurf zunächst<br />
umgesetzt und von der Möglichkeit der<br />
Fusion Gebrauch gemacht werden sollte,<br />
bevor man die Rechtsform der Sparkassen<br />
ändere, sprachen sich Prof. Dr. Heinz<br />
Grossekettler (Münster), Prof. Dr.<br />
Martin B u r g i (Bochum) und Kuban für<br />
eine Zulassung der Privatisierung aus.<br />
Grossekettler regte eine öffentliche<br />
Ausschreibung der Aufgabe der kreditwirtschaftlichen<br />
Versorgung an. B u r g i verglich<br />
die Situation der öffentlichen Kreditwirtschaft<br />
mit der der Energie- und Wasserversorgung<br />
sowie dem ÖPNV. Er zeigte<br />
Unverständnis dafür, dass die Kommunen<br />
hier in privater Rechtsform handeln dürften,<br />
obwohl die Daseinsvorsorge mit weit<br />
elementareren Gütern betroffen sei. B u r g i<br />
vertrat die Ansicht, dass eine Beschränkung<br />
der Handlungsform die Eigenverantwortlichkeit<br />
der gemeindlichen Aufgabenerfüllung<br />
und damit das Selbstverwaltungsrecht<br />
aus Art. 28 II GG verletze.<br />
Darauf erwiderte Henneke, dass die<br />
unterschiedliche Tradition und das Bestehen<br />
des Verbunds einen Vergleich der<br />
Sparkassen mit der Situation bei Energieund<br />
Wasserversorgung verbieten würden.<br />
Noack erklärte, dass die Landesregierung<br />
im aktuellen Gesetzentwurf auf eine Zulassung<br />
von Privatisierungen verzichtet habe,<br />
um den Sparkassen für eine Umbruchphase<br />
den Schutz der öffentlichen Rechtsform<br />
zukommen zu lassen. Die grundlegenden<br />
Änderungen im Bereich der Haftungsregeln<br />
und die Neustrukturierung des Sparkassensektors<br />
durch Fusionen könnten von<br />
Wettbewerbern ausgenutzt werden und zu<br />
einer Verdrängung des Sparkassensektors<br />
führen. Dem stimmte auch Kuban zu<br />
und erklärte die übergangsweise Festlegung<br />
der öffentlichen Rechtsform für<br />
akzeptabel, sofern man eine spätere Privatisierungsmöglichkeit<br />
im Auge behalte.<br />
Der Präsident des Westfälisch-Lippischen<br />
Sparkassen- und Giroverbands, Dr. Rolf<br />
Gerlach, sprach sich konsequent gegen<br />
eine Rechtsformänderung aus. Er wies auf<br />
den Zusammenhang von öffentlicher<br />
Rechtsform, kommunaler Trägerschaft und<br />
Regionalprinzip hin und verdeutlichte, dass<br />
eine Privatisierung zu Wettbewerb innerhalb<br />
des Sparkassenverbunds führen und<br />
diesen insgesamt gefährden würde. Zudem<br />
würde das öffentliche Engagement der<br />
Sparkassen für ihre Trägerkommune wegfallen.<br />
Zum Abschluss der Veranstaltung äußerte<br />
Kuhr den Wunsch, dass die Sparkassen als<br />
Instrument der Daseinsvorsorge in kommunaler<br />
Anbindung erhalten bleiben und sich<br />
auf ihren öffentlichen Auftrag besinnen.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 80 14-00 –<br />
EuGH zur Abgrenzung zwischen Verwertung<br />
und Beseitigung<br />
Vor dem EuGH sind derzeit mehrere Verfahren<br />
anhängig, die die grenzüberschreitende<br />
Verbringung von Abfällen innerhalb<br />
der Mitgliedstaaten betreffen. In diesen<br />
Verfahren geht es um die Kompetenzen<br />
der zuständigen Behörden des Herkunftstaates<br />
sowie um die bislang offene Frage,<br />
wie die Abfallbeseitigung von der Abfallverwertung<br />
abzugrenzen ist. Diese Gerichtsverfahren<br />
sind für die Abfallwirtschaft<br />
von großer Bedeutung, weil nach einer<br />
Entscheidung des EuGH vom 25. Juni 1998<br />
(Fall Dusseldorp) zur Verwertung gedachter<br />
Abfälle den Grundsätzen der Warenverkehrsfreiheit<br />
und damit einer liberalen<br />
Handhabung unterliegen. Für Abfälle zur<br />
Beseitigung gelten dagegen strengere Vorschriften.<br />
Insbesondere können Andie-<br />
143
Themen<br />
nungs- und Überlassungspflichten begründet<br />
werden.<br />
Nunmehr haben die Richter ein Vorabentscheidungsverfahren<br />
entschieden, bei dem<br />
es um die Verbringung von Müllverbrennungsaschen<br />
aus Österreich nach<br />
Deutschland zum Versatz in einem Bergwerk<br />
ging (Urteil vom 27. Februar 20<strong>02</strong> –<br />
C-6/00). Das entscheidende Merkmal<br />
einer Abfallverwertungsmaßnahme sieht<br />
der EuGH darin, dass ihr Hauptzweck darauf<br />
gerichtet ist, dass die Abfälle eine sinnvolle<br />
Aufgabe erfüllen können. Die konkrete<br />
Anwendung dieses Kriteriums auf<br />
den Streitfall überlässt der EuGH dem<br />
nationalen Ausgangsgericht. Er weist allerdings<br />
darauf hin, dass der Bergversatz<br />
nicht zwingend eine Beseitigung darstellt.<br />
Die Entscheidung besitzt besondere<br />
Bedeutung, weil in der Rechtssache Kommission<br />
./. Großherzogtum Luxemburg<br />
ähnliche Frage zu klären sind. Die mündliche<br />
Verhandlung in der Rechtssache Kommission<br />
./. Großherzogtum Luxemburg<br />
wird am 25. April 20<strong>02</strong> stattfinden.<br />
Das Urteil des EuGH vom 27.<strong>02</strong>.20<strong>02</strong> lässt<br />
sich wie folgt zusammenfassen: Am <strong>02</strong>.<br />
März 1998 teilte die Abfall Service AG<br />
(ASA) mit Sitz in Graz (Österreich)<br />
dem österreichischen Umweltministerium<br />
(BMU) mit, dass sie beabsichtigt, 7.000<br />
Tonnen gefährliche Abfälle zur Salzwerke<br />
AG mit Sitz in Deutschland zu transportieren.<br />
Bei den Abfällen handelte es sich der<br />
Mitteilung zufolge um Schlacken und<br />
Aschen, die als Rückstände der Abfallverbrennung<br />
in einer Abfallbehandlungsanlage<br />
in Wien zu einem „spezifischen Produkt“<br />
aufbereitet worden waren. Diese<br />
Abfälle sollten in einem ehemaligen Salzbergwerk<br />
in Kochendorf (Deutschland) zur<br />
Sicherung von Hohlräumen eingebracht<br />
werden (Bergversatz).<br />
Das Regierungspräsidium Stuttgart teilte<br />
der ASA mit, dass einer Genehmigung des<br />
Abfalltransports als „Verwertung“ entsprechend<br />
der von der ASA vorgenommenen<br />
Einstufung voraussichtlich nichts entgegen<br />
stehe. Demgegenüber erhob das österreichische<br />
BMU den Einwand, dass die beabsichtigte<br />
Verbringung in Wirklichkeit eine<br />
„Beseitigung“ der fraglichen Abfälle darstelle.<br />
Gegen diese Entscheidung des BMU<br />
rief die ASA den österreichischen Verwaltungsgerichtshof<br />
an, der seinerseits dem<br />
EuGH einige Fragen zur Vorabentscheidung<br />
vorlegte.<br />
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof<br />
fragt insbesondere, ob die zuständige<br />
Behörde des Herkunftslandes prüfen darf,<br />
dass eine geplante Verbringung, die in der<br />
Notifizierung als „Verbringung von zu Verwertung<br />
bestimmten Abfällen“ eingestuft<br />
ist, dieser Zuordnung tatsächlich entspricht,<br />
und ob sie der Verbringung im<br />
Falle gegenteiliger Auffassung entgegentreten<br />
darf. Diesbezüglich stellt der EuGH<br />
fest, dass die Voraussetzung für die<br />
Anwendung der Vorschriften der Abfallverbringungsverordnung<br />
zunächst die richtige<br />
Zuordnung des Zwecks der Abfallverbringung<br />
(Beseitigung oder Verwertung)<br />
gemäß der in dieser Verordnung enthaltenen<br />
Definition sei. Ferner führt der<br />
Gerichtshof aus, dass das Ziel der Verordnung,<br />
die Verbringung von zur Verwertung<br />
bestimmten Abfällen zu erleichtern, gefährdet<br />
wäre, wenn die Zuordnung des<br />
Verbringungszwecks nicht kontrolliert<br />
würde. Aus der durch die Verordnung eingeführten<br />
Regelung ergebe sich, dass alle<br />
zuständigen Behörden, denen eine geplante<br />
Abfallverbringung mitgeteilt werden<br />
müsse (d.h. die Behörden des Mitgliedstaates,<br />
aus dem die Abfälle stammen, diejenigen<br />
der Mitgliedstaaten, durch den die<br />
Abfälle gegebenenfalls transportiert würden<br />
und diejenigen der Mitgliedstaaten, an<br />
die die Abfälle verbracht würden), prüfen<br />
müssten, ob die von der notifizierenden<br />
Person vorgenommene Zuordnung der<br />
Verordnung entspreche. Wenn diese<br />
Zuordnung falsch sei, müssten diese<br />
Behörden Einwände gegen die Verbringung<br />
erheben können.<br />
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof<br />
fragt ferner, ob die Einbringung von Abfällen<br />
in ein stillgelegtes Bergwerk zwingend<br />
eine Beseitigung im Sinne der Gemeinschaftsrichtlinie<br />
über Abfälle darstellt oder<br />
ob eine solche Einbringung vielmehr im Einzelfall<br />
beurteilt werden muss und nach welchen<br />
Kriterien diese Beurteilung gegebenenfalls<br />
zu erfolgen hat. Hierzu führt der<br />
EuGH aus, nach der Richtlinie liege das entscheidende<br />
Merkmal für eine Abfallverwertungsmaßnahme<br />
darin, dass ihr Hauptzweck<br />
darauf gerichtet sei, dass die Abfälle<br />
eine sinnvolle Aufgabe erfüllen könnten.<br />
Dies sei beispielsweise gegeben, wenn die<br />
Abfälle andere Materialien ersetzten, die<br />
für diese Aufgabe hätten verwendet werden<br />
müssen, so dass im Ergebnis natürliche<br />
Rohstoffquellen erhalten werden. Im konkreten<br />
Fall sei es allerdings Aufgabe des<br />
nationalen Gerichts, dieses Kriterium auf<br />
den jeweiligen Fall anzuwenden und die<br />
Einbringung der fraglichen Abfälle in ein<br />
stillgelegtes Bergwerk als Beseitigung oder<br />
Verwertung einzustufen.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 70 22-05/2 –<br />
Hauptamtliche Landräte in den nordrheinwestfälischen<br />
Kreisen – eine Zwischenbilanz<br />
Von Dr. Alexander S chink,<br />
Hauptgeschäftsführer des <strong>Landkreistag</strong>es Nordrhein-Westfalen<br />
1. Einführung<br />
1<br />
In der Neufassung vom 14.07.1994, GV NW, S.<br />
646.<br />
Durch die Reform der Kreisordnung vom<br />
07. Mai 1994 1 ist in Nordrhein-Westfalen<br />
die Zweigleisigkeit abgeschafft worden.<br />
Nach einer Übergangszeit, in der die Kreise<br />
die Wahl hatten, statt der bisherigen Funktionsträger<br />
Landrat und Oberkreisdirektor<br />
hauptamtliche Landräte zu bestellen, ist<br />
durch die Kommunalwahl im September<br />
1999 der Funktionswechsel vollzogen worden.<br />
In allen nordrhein-westfälischen Kreisen<br />
sind seitdem hauptamtliche Landräte<br />
im Amt. Bereits zuvor war der Systemwechsel<br />
in etwa der Hälfte der nordrheinwestfälischen<br />
Kreise vollzogen worden.<br />
Zweieinhalb Jahre nach dem Systemwechsel<br />
soll eine erste Bilanz gezogen werden.<br />
Dabei geht es um Antworten auf Fragen<br />
wie: Haben sich die Befürchtungen der<br />
Gegner der Reform bewahrheitet? Hat sich<br />
die Verwaltungsarbeit in den Kreisen seit<br />
dem Systemwechsel verbessert oder verschlechtert?<br />
Hat es neue Impulse gegeben?<br />
Haben sich die Gewichte zwischen<br />
Landrat, Kreistag und Verwaltung verschoben?<br />
Ist der hauptamtliche Landrat der<br />
politische Spielführer in den Kreisen? Hat<br />
sich der Systemwechsel bewährt? Welcher<br />
Änderungsbedarf besteht?<br />
Nach gut zwei Jahren des Wirkens der<br />
hauptamtlichen Landräte ist es freilich ein<br />
kühnes Unterfangen, eine Bilanz zu ziehen.<br />
Die Zeit seit Vollzug des Systemwechsels ist<br />
noch zu kurz, um alle der oben aufgeworfenen<br />
Fragen verlässlich beantworten zu<br />
können. Die nachfolgenden Darlegungen<br />
144
Themen<br />
können deshalb nicht mehr sein als eine<br />
Zwischenbilanz, die zudem gewiss nicht<br />
alle Aspekte des Systemwechsels ausleuchten<br />
kann. Insbesondere fehlt es an einer<br />
grundlegenden, durch Tatsachenmaterial<br />
erhärteten Untersuchung über die Auswirkungen,<br />
die der Systemwechsel auf die<br />
Aufgabenerledigung in den Kreisen gehabt<br />
hat 2 . Was die hauptamtlichen Landräte<br />
insoweit neu und anders gemacht haben,<br />
kann nur beispielhaft und damit kursorisch<br />
angesprochen werden. Ob damit ein der<br />
Realität entsprechendes Bild der Verwaltungswirklichkeit<br />
in den Kreisen gezeichnet<br />
werden kann, erscheint schon deshalb<br />
zweifelhaft. Unmöglich ist es aber, schon<br />
jetzt die Dimension der Veränderung in der<br />
Verwaltungswirklichkeit und der Politik in<br />
den Kreistagen festzustellen. Hierfür fehlt<br />
die Datenbasis. Die Zeit seit Vollzug des<br />
Systemwechsels ist wohl auch noch zu<br />
kurz, um eine wirkliche Bilanz ziehen zu<br />
können. Die folgenden Ausführungen sollten<br />
deshalb lediglich als eine erste vorläufige<br />
und vorsichte Bewertung verstanden<br />
werden. Hinzu kommt, dass der Verfasser<br />
ein externer Beobachter ist, der die politische<br />
Wirklichkeit in den Kreisen selbst nicht<br />
unmittelbar erlebt – und zudem als Verbandsgeschäftsführer<br />
nicht schlecht über<br />
„seine“ Kreise und Landräte reden sollte<br />
und möchte. Auch das erleichtert das<br />
Unterfangen, eine erste Bilanz zu ziehen,<br />
nicht unbedingt.<br />
Dem Thema möchte ich mich in vier Schritten<br />
nähern. Zunächst soll die Diskussion<br />
um den Systemwechsel in den nordrheinwestfälischen<br />
Kreisen noch einmal kurz<br />
aufgegriffen werden. Sodann will ich auf<br />
die neue Aufgabenstruktur für die hauptamtlichen<br />
Landräte in Nordrhein-Westfalen<br />
und danach auf das eigentlich interessante<br />
Feld, nämlich die Lebenswirklichkeit<br />
in den Kreisen eingehen. Abschließend<br />
möchte ich dann noch einen Blick in die<br />
Zukunft wagen, wobei ich Änderungsbedarf<br />
nicht aussparen werde.<br />
2<br />
Die Untersuchungen von Klaus Schulenburg,<br />
Direktwahl und kommunalpolitische Führung,<br />
1999, bzw. Die Kommunalpolitik in den Kreisen<br />
Nordrhein-Westfalens, 2001, befassen sich mit<br />
der Einschätzung der Abschaffung der Doppelspitze,<br />
nicht hingegen mit den Auswirkungen auf<br />
die Kommunalpolitik in den Kreisen.<br />
3<br />
Den Verlauf der Diskussion zeichnen nach: Anne-<br />
Kathrin Lingk, die Reform der nordrhein-westfälischen<br />
Kommunalverfassung, 1999, S. 111 ff.,<br />
und Schulenburg, Direktwahl, S. 105 ff.<br />
4<br />
Dazu Rossa, Stadtverwaltung zwischen Leistungskraft<br />
und Vasallentum, StuGR 1987, 239,<br />
243; Schleberger, Zur Reformbedürftigkeit des<br />
Kommunalverfassungsrechts in Nordrhein-Westfalen,<br />
NWVBL 1988, 161, 163 f.; Behrens/Bock,<br />
Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung –<br />
Durch Änderung der Kommunalverfassung<br />
Nordrhein-Westfalen, NWVBL 1988, 357, 358.<br />
Vgl. auch Schulenburg, Direktwahl, S. 107.<br />
2. Das Für und Wider in der<br />
Diskussion um die Änderung<br />
der Kreisordnung NW<br />
Über die Reform der Kommunalverfassung<br />
im Jahre 1994 ist lange diskutiert worden 3 .<br />
Zu Beginn ging es um eine Stärkung des<br />
Ehrenamtes. Konstatiert wurde insoweit<br />
eine zeitliche Überlastung der ehrenamtlichen<br />
Ratsmitglieder, eine Parteipolitisierung<br />
der Rats- und Verwaltungsarbeit<br />
sowie eine mangelnde Eindeutigkeit der<br />
Kompetenzabgrenzung zwischen Rat und<br />
Hauptverwaltungsbeamten 4 . In dem sogenannten<br />
„Schleberger-Papier“, das von<br />
einer Kommission der KPV am 26. September<br />
1987 vorgelegt wurde 5 , ging es vor<br />
allem darum, Steuerungs- und Kontrollkompetenzen<br />
des Rates zu konzentrieren,<br />
indem etwa der Ausschließlichkeitskatalog<br />
nach § 28 GO a. F. reduziert und die kommunale<br />
Führung gestärkt werden sollte.<br />
Seinerzeit ist erstmals vorgeschlagen worden,<br />
Ratsvorsitz und Verwaltungsleitung<br />
auf einen hauptamtlichen Bürgermeister zu<br />
konzentrieren und die bis dahin bestehende<br />
Zweiköpfigkeit aufzugeben, damit eine<br />
bessere Kompetenzabgrenzung zwischen<br />
Rat und Hauptverwaltungsbeamten<br />
ermöglicht werden konnte 6 . In der SPD<br />
war diese Lösung lange Zeit umstritten.<br />
Der Hagener Parteitag vom 14./15.<br />
Dezember 1991 hatte sich für die Beibehaltung<br />
der Doppelspitze ausgesprochen.<br />
Dieser Beschluss wurde erst während des<br />
laufenden Gesetzgebungsverfahrens auf<br />
dem Parteitag am 15./16. Januar 1994 in<br />
Bielefeld aufgehoben; auch die SPD hat<br />
sich seinerzeit für die Zusammenlegung<br />
der Ämter des Bürgermeisters und des<br />
Gemeindedirektors sowie des Landrates<br />
und des Oberkreisdirektors ausgesprochen<br />
7 . Ob eine tiefe Überzeugung von der<br />
Richtigkeit dieser Entscheidung hierfür<br />
maßgebend gewesen ist, lässt sich heute<br />
kaum noch aufklären. Große Bedeutung<br />
dürfte aber das Vorhaben der CDU gehabt<br />
5<br />
Abgedruckt in StuGR 1987, Heft 11, S. I ff. und<br />
bei Mombaur, Neue Kommunalverfassung für<br />
Nordrhein-Westfalen?, 1988, S. 101 ff.<br />
6<br />
Mombauer, Neue Kommunalverfassung für<br />
Nordrhein-Westfalen, 1988, S. 101 ff.<br />
7<br />
Dazu Oebbecke, Die neue Kommunalverfassung<br />
in Nordrhein-Westfalen, DÖV 1995, 701,<br />
7<strong>02</strong>.; zur Diskussion der Novellierung der<br />
Gemeindeordnung ausführlich Schulenburg,<br />
Direktwahl, S. 106 ff; Anne-Kathrin Lingk, Die<br />
Reform der nordrhein-westfälischen Kommunalverfassung1999,<br />
S. 111 – 213.<br />
8<br />
Vgl. Held/Wilmbusse, Das neue Kommunalverfassungsrecht<br />
Nordrhein-Westfalen, 1994, S.<br />
14; Schulenburg, Direktwahl, S. 113.<br />
9<br />
Schulenburg, ebd., S. 113.<br />
10<br />
Über Einordnung der neuen Kommunalverfassung<br />
in Nordrhein-Westfalen als „nordrheinwestfälische<br />
Ratsverfassung" Oebbecke,<br />
DÖV 1995, 7<strong>04</strong>.<br />
haben, über die Frage der Direktwahl ein<br />
Volksbegehren abhalten zu lassen 8 . Wichtig<br />
ist weiter, dass die Mehrheit innerhalb<br />
der SPD „erkauft“ wurde durch gleichzeitige<br />
Festlegung auf die Direktwahl und die<br />
Verbindung von Rats- und Bürgermeisterwahl<br />
durch identische Wahlperioden 9 .<br />
Letztlich haben sich politisch die Befürworter<br />
einer Angleichung der nordrhein-westfälischen<br />
Kommunalverfassung an die süddeutsche<br />
Ratsverfassung durchgesetzt 10 .<br />
Unumstritten war die Zusammenführung<br />
der Ämter von Bürgermeister und Gemeindedirektor<br />
sowie Landrat und Oberkreisdirektor<br />
dabei keineswegs. Das gilt auch für<br />
die Änderungen, die auf der Kreisebene<br />
vollzogen worden sind.<br />
Im Gegensatz zu gewissen Verschränkungs-<br />
und Überschneidungsproblemen<br />
bei verschiedenen Organen auf der<br />
Gemeindeebene, die vor allem für die<br />
Großstädte konstatiert worden sind 11 , hat<br />
der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen für<br />
die nordrhein-westfälischen Kreise festgestellt,<br />
dass es Probleme dieser Art mit<br />
erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten<br />
zwischen den einzelnen Organen auf der<br />
Kreisebene nicht gegeben hat. Hier war<br />
die Überzeugung groß, dass sich das bisherige<br />
System der Funktionsteilung zwischen<br />
ehrenamtlichem Landrat und Oberkreisdirektoren<br />
nachhaltig bewährt hat 12 .<br />
Dabei spielte eine bedeutende Rolle, dass<br />
die Funktionsabgrenzung zwischen Oberkreisdirektor<br />
und Kreistag in der Kreisverfassung<br />
auch in der Vergangenheit besser<br />
gelungen war als dies bei der Gemeindeordnung<br />
der Fall war. So gab es auch früher<br />
schon eine unentziehbare Zuständigkeit<br />
des Oberkreisdirektors für Geschäfte<br />
der laufenden Verwaltung; das Rückholrecht<br />
des Kreistages und damit eine Ursache<br />
für das Problem der Machtverschränkung<br />
auf der Gemeindeebene ist in der<br />
Kreisordnung unbekannt. Nach § 26 Abs.<br />
1 Satz 1, 2. Halbs. KrO NW steht dem<br />
Kreistag neben den enumerativ aufgeführ-<br />
11<br />
Dazu Rossa, Stadtverwaltung zwischen Leistungskraft<br />
und Vasallentum, StuGR 1987, 239,<br />
243; Sc hleberger, Zur Reformbedürftigkeit<br />
des Kommunalverfassungsrechts in Nordrhein-<br />
Westfalen, NWVBL 1988, 161, 163 f.; B e h -<br />
r e n s / B o c k, Sicherung der kommunalen<br />
Selbstverwaltung – Durch Änderung der Kommunalverfassung<br />
Nordrhein-Westfalen, NWVBL<br />
1988, 357, 358.<br />
12<br />
Dazu Lingk, Reform, S. 129 f. Vgl. auch B o r -<br />
cherding, Abschaffung der Doppelspitze<br />
und Perspektiven der neuen Kommunalverfassung,<br />
ED LKT NW 1999, 403, 403 f.; Leiding<br />
e r, Revision des kommunalen Verfassungsrecht<br />
– notwendig und sinnvoll, ED LKT NW<br />
1989, 345, 347. Dies entsprach im übrigen<br />
auch der generellen Einschätzung für den<br />
kreisangehörigen Raum. Dazu Behrens/<br />
B o c k, NWVBL 1988, 358.<br />
145
Themen<br />
ten Zuständigkeiten lediglich ein „Vorbehaltsrecht“<br />
zu. Die Zuständigkeit des<br />
Oberkreisdirektors für Geschäfte der laufenden<br />
Verwaltung darf durch den Vorbehalt<br />
allerdings nicht beeinträchtigt werden;<br />
er gilt deshalb nur gegenüber dem<br />
Kreisausschuss, dessen eigene Entscheidungsbefugnis<br />
freilich insoweit berücksichtigt<br />
werden muss, als ihm ein gewichtiger<br />
Bereich eigener Entscheidungszuständigkeiten<br />
verbleiben muss 13 . Der<br />
Oberkreisdirektor besaß damit stets eigene,<br />
unentziehbare Entscheidungszuständigkeiten<br />
14 . Weiter war seinerzeit zu<br />
bedenken, dass die Stellung des Oberkreisdirektors<br />
auch in anderer Hinsicht<br />
eine besonders starke war. Beigeordnete<br />
mit ihrer besonderen Rechtsstellung sind<br />
auf der Kreisebene in Nordrhein-Westfalen<br />
unbekannt. Auch der Kreisdirektor<br />
musste seine von der des Oberkreisdirektors<br />
abweichende Meinung für sich behalten.<br />
Der Kreistag hatte – anders als der<br />
Gemeinderat – keine rechtlich gesicherte<br />
Befugnis, durch Festlegung der Dezernatsverteilung<br />
das Organisationsrecht des Verwaltungschefs<br />
zu beschneiden 15 . Weiter<br />
kam hinzu, dass der Oberkreisdirektor<br />
auch insoweit eine starke Stellung besaß,<br />
als er für die Wahrnehmung staatlicher<br />
Aufgaben im Wege der Organleihe<br />
zuständig war und dass die Kreise als<br />
untere staatliche Verwaltungsbehörden<br />
fester und dauerhafter Bestandteil der<br />
Organisation der Landesverwaltung<br />
sind 16 . Alle diese Faktoren hatten auf der<br />
Kreisebene dazu beigetragen, dass sich<br />
aus der starken rechtlichen Stellung des<br />
Oberkreisdirektors als Leiter der Verwaltung<br />
auch faktisch saubere Funktionsabgrenzungen<br />
zwischen Landrat, Kreistag,<br />
Fraktionsvorsitzenden und Oberkreisdirektor<br />
herausgebildet hatten. Hinzu kam<br />
noch ein weiterer Aspekt, der den Systemwechsel<br />
in den Augen vieler für auf der<br />
Kreisebene als besonders problematisch<br />
erscheinen ließ: Die Oberkreisdirektoren<br />
mussten seit dem Erlass der Landkreisordnung<br />
von 1953 die Befähigung zum Richteramt<br />
oder höheren Verwaltungsdienst<br />
haben 17 . Insgesamt hatte sich damit bei<br />
den Oberkreisdirektoren eine gewisse<br />
Funktionselite herausgebildet 18 , ebenfalls<br />
ein Grund dafür, dass die Zufriedenheit mit<br />
dem bisherigen System gerade auf der<br />
Kreisebene sehr groß gewesen ist.<br />
Negative Bewertungen der Reform Antworten % der Antworten<br />
Fehlende Qualifikationsanforderungen 131 30,4<br />
Zu starke Machtkonzentration auf eine Person 59 13,7<br />
(Zeitliche) Überforderung des Positionsinhabers 58 13,5<br />
Einheitsspitze für Politik und Verwaltung unmöglich 50 11,6<br />
Einflussverlust für den Kreistag 50 11,6<br />
Politisierung der Verwaltung 39 9,0<br />
Bürgernähe leidet 30 7,0<br />
Verwaltungsführung leidet 24 5,6<br />
Höhere Abhängigkeit von den Parteien 23 5,3<br />
Populismus 15 3,2<br />
Verlust des Ehrenamtes 14 3,2<br />
Tabelle 1: Negative Bewertungen der Abschaffung der Doppelspitze 22<br />
Der Abschied vom Juristenmonopol und<br />
damit einer durch berufliches Herkommen<br />
ausgewiesenen qualifizierten Verwaltungsführung<br />
ist einer der Haupteinwände<br />
gegen den Systemwechsel auf der Kreisebene<br />
gewesen. Es wurde befürchtet, dass<br />
erhebliche Abstriche von der als bewährt<br />
betrachteten fachlichen Qualität der Arbeit<br />
der Verwaltungen gemacht werden müssten;<br />
zudem wurde befürchtet, dass das<br />
ehrenamtliche Moment zurückgedrängt<br />
werden würde und damit die als besonders<br />
gelungen angesehnen gesunde Mischung<br />
zwischen fachlich qualifizierter Verwaltungsarbeit<br />
und engagierter ehrenamtlicher<br />
politischer Arbeit verloren gehen<br />
würde 19 . Hinzu kamen weitere Argumente,<br />
die generell gegen den Abschied von der<br />
Zweigleisigkeit in Nordrhein-Westfalen<br />
vorgebracht worden sind: Parteipolitisierung<br />
der Verwaltungsspitze, Machtkonzentration<br />
auf eine Person, Verlust an Einfluss<br />
bei den politischen Gremien, hohe<br />
Abhängigkeit des hauptamtlichen Landrates<br />
von den Parteien, die Gefahr von Populismus<br />
und letztlich eine zeitliche Überforderung<br />
des jeweiligen Positionsinhabers 20 .<br />
Auch heute noch, nach Vollzug des Systemwechsels,<br />
werden sie von den Kreistagsmitgliedern<br />
als Haupteinwände gegen<br />
den Systemwechsel genannt. Schulenburg<br />
hat in einer empirischen Untersuchung<br />
festgestellt, dass es immer noch zahlreiche<br />
Kreistagsmitglieder gibt, die Einwände dieser<br />
Art gegen die inzwischen vollzogene<br />
Kommunalverfassungsreform erheben 21 .<br />
Allerdings besteht der Hauptkritikpunkt<br />
nach wie vor darin, dass für die Stelleninhaber<br />
Qualifikationsanforderungen fehlen.<br />
Immerhin 131 von insgesamt 431 befragten<br />
Kreistagsmitgliedern und damit 30,4 %<br />
sehen hierin den Haupteinwand gegen die<br />
neue Kommunalverfassung.<br />
Nicht verschwiegen werden soll allerdings,<br />
dass es selbstverständlich auch Befürworter<br />
der Reform gegeben hat und dass es sie<br />
auch heute noch gibt. So wird die Entscheidungskonzentration<br />
auf eine Person als<br />
positiv hervorgehoben. Auch Einwände<br />
gegen die Funktionsfähigkeit des bisherigen<br />
Systems werden erhoben; Lob gibt es<br />
auch für die höhere Effizienz, die Möglichkeit<br />
besserer Verwaltungskontrolle und<br />
bessere Bewältigung von Konflikten, die<br />
stärkere Verzahnung von Politik und Verwaltung,<br />
die größere Bürgernähe und das<br />
stärkere Gewicht des neuen Amtes. Auch<br />
dies hat die Untersuchung von Schulenburg<br />
deutlich belegt 23 .<br />
Diese Argumente, gepaart mit der Einschätzung<br />
aller Fraktionen des nordrheinwestfälischen<br />
Landtag, durch die Verbindung<br />
von Systemwechsel und Wahltermin<br />
ihre jeweilige Stellung in der Verwaltungsspitze<br />
des Kreises zu stärken oder noch<br />
ausbauen zu können, sind es wohl gewesen,<br />
die letztlich den Ausschlag für den<br />
Systemwechsel gegeben haben. Im Ergebnis<br />
sind es damit vor allem Machtfragen<br />
und die Erwartung der Verbesserung der<br />
Chancen bei Kommunalwahlen gewesen,<br />
die in Nordrhein-Westfalen den Ausschlag<br />
für den Vollzug hin zu diesem Systemwechsel<br />
gegeben haben. Es ging um politische<br />
Machtentfaltung und -erhaltung und<br />
eine stärkere Einbindung der Parteien und<br />
der Fraktionen in den Vollzug der Verwaltungsarbeit<br />
über die Person des hauptamtlichen<br />
Landrates. Dieser ist in der Regel<br />
Kandidat seiner Partei und deshalb der<br />
Fraktion, der er angehört, stärker verbunden<br />
als dies bei den bisherigen Oberkreis-<br />
13<br />
Kirchhof/Wansleben/Becker, KrO NW,<br />
§ 26 Anm. 3.<br />
14<br />
So die Kennzeichnung von Oebbecke, Die<br />
nordrhein-westfälischen Oberkreisdirektoren, in:<br />
Möller/Bauer(Hrsg.), Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen<br />
1947 – 1997, 1997, 233, 238.<br />
14<br />
Oebbecke, ebd., S. 238.<br />
15<br />
Dazu Oebbecke, ebd., S. 238 f.<br />
16<br />
§ 54 Abs. 1 KrO 1953 und Oebbecke,<br />
Gemeindeverbandsrecht Nordrhein-Westfalen,<br />
1984, S. 34; ders., Kreisdirektoren, ebd., S. 242.<br />
18<br />
Dazu ausführlich Oebbecke, Oberkreisdirektoren,<br />
ebd., S. 246 ff.<br />
19<br />
Borcherding, ED LKT NW 1999, 4<strong>04</strong>.<br />
20<br />
Dazu Lingk, Reform, S. 139 ff.<br />
21<br />
Dazu Schulenburg, Die Kommunalpolitik in<br />
den Kreisen Nordrhein-Westfalens: Eine empirische<br />
Bestandsaufnahme, 2001, S. 373 ff.<br />
22<br />
Nach Schulenburg, Kommunalpolitik, ebd.,<br />
S. 370 ff (vereinfacht). Mehrfachnennungen<br />
möglich. Die Prozentzahlen beziehen sich auf die<br />
Gesamtzahl der Antworten. Gesamtantworten:<br />
431.<br />
23<br />
Nachfolgende Tabelle nach Schulenburg,<br />
Kommunalpolitik, ebd., S. 370 ff (vereinfacht).<br />
Mehrfachnennungen möglich. Gesamtantworten:<br />
261.<br />
146
Themen<br />
Positive Bewertungen der Reform Antworten % der Antworten<br />
Direktwahl ist positiv 75 28,7<br />
Entscheidungskonzentration auf eine Person 58 22,2<br />
Altes System hat nicht funktioniert 36 13,8<br />
Höhere Effizienz 32 12,3<br />
Keine Konflikte mehr 26 10,0<br />
Bessere Verwaltungskontrolle 24 9,2<br />
Billiger 23 8,8<br />
Bessere Verzahnung von Politik und Verwaltung 19 7,3<br />
Größere Bürgernähe 17 6,5<br />
Größeres Gewicht des neuen Amtes 16 6,1<br />
Wegfall der Qualifikationsvoraussetzungen 10 3,8<br />
Tabelle 2: Positive Bewertungen der Abschaffung der Doppelspitze<br />
direktoren als Verwaltungschefs der Fall<br />
gewesen ist. Mit dem neuen Systemwechsel<br />
ist damit auch ein Abschied von der bisherigen<br />
Dominanz vieler Ehrenamtler in<br />
den Kreisen eingeläutet worden. Oebbec<br />
k e hat es so ausgedrückt: „Man muss<br />
hoffen, dass der .... bisher verbreitete Typ<br />
des Politikers (gemeint sind ehrenamtliche<br />
Bürgermeister und Landräte) nicht völlig<br />
verschwindet: Bei aller parteipolitischen<br />
Eingebundenheit nachdrücklich dem Ganzen<br />
verpflichtet, dabei in den meisten Fällen<br />
durch Berufstätigkeit in einer gewissen<br />
Distanz zur hauptamtlichen Kommunalpolitik<br />
und in besonderer Nähe zum Bürger."<br />
24<br />
3. Neue Aufgaben für die Landräte<br />
in Nordrhein-Westfalen –<br />
Eine Funktionsbestimmung<br />
24<br />
Oebbecke, DÖV 1995, 7<strong>02</strong>.<br />
25<br />
Kirchhof/Wansleben/Becker, KrO NW, §<br />
42 Anm. 1.2.<br />
26<br />
Kirchhof/Wansleben/Becker,KrO NW, ebd.<br />
Bei vordergründiger Betrachtung hat es<br />
eine Funktionsvermehrung für den hauptamtlichen<br />
Landrat durch die Reform der<br />
Kommunalverfassung in Nordrhein-Westfalen<br />
eigentlich nicht gegeben: Die früheren<br />
Aufgaben des Oberkreisdirektors, die<br />
in § 37 KrO a. F. geregelt waren, sind<br />
ebenso wie die des früheren ehrenamtlichen<br />
Landrates ungeschmälert auf den<br />
hauptamtlichen Landrat übergegangen. In<br />
der neuen Vorschrift über die Zuständigkeit<br />
des Landrates, § 42 KrO NW ist lediglich<br />
das Wort „Oberkreisdirektor“ durch<br />
„Landrat“ ausgetauscht worden. Gegenüber<br />
dem Oberkreisdirektor hat der hauptamtliche<br />
Landrat heute außerdem noch die<br />
Funktion des früheren ehrenamtlichen<br />
Landrates, nämlich den Vorsitz im Kreistag<br />
und Kreisausschuss (§ 51 Abs. 3) sowie die<br />
repräsentative Vertretung des Kreises (§ 25<br />
Abs. 2 KrO NW) zu erledigen. Rein rechtlich<br />
sind damit durch die Neufassung der<br />
KrO NW die Funktionen von Oberkreisdirektor<br />
und Landrat auf eine Person, nämlich<br />
den hauptamtlichen Landrat vereinigt<br />
worden.<br />
Auch das Umfeld ist unverändert geblieben:<br />
So gibt es nach wie vor auf der Kreisebene<br />
in Nordrhein-Westfalen keine Beigeordneten-Verfassung<br />
mit der Folge, dass<br />
die bisherige, schon beschriebene Funktion<br />
des Oberkreisdirektors als alleiniger Chef<br />
der Verwaltung ungeschmälert erhalten<br />
geblieben ist. Das gilt auch für die Organisationshoheit.<br />
Nach wie vor steht diese<br />
ausschließlich dem Landrat zu; sein Organisationsrecht<br />
ist nicht wie das des Bürgermeisters<br />
eingeschränkt (vgl. § 73 Abs. 1<br />
KrO NW)25. Auch hinsichtlich des Rückholrechts<br />
des Kreistages ist es bei der bisherigen<br />
Regelung geblieben: Ein Rückholrecht<br />
gibt es nach wie vor nicht 26 . Hinzu<br />
kommen weitere wichtige Funktionen, die<br />
„den Landrat zur wichtigen Bündelungsbehörde<br />
der unteren Verwaltungsstufe“<br />
machen 27 : Der Landrat hat die Funktion<br />
der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde<br />
und nimmt im Wege der Organleihe<br />
nach wie vor wichtige staatliche Funktionen<br />
wahr. Darüber hinaus ist er immer<br />
dann, wenn der Kreis in Gesellschaften u.<br />
a. vertreten ist und mehr als zwei Plätze zur<br />
Verfügung stehen, geborenes Mitglied der<br />
jeweiligen Vertretung. Aus der Palette der<br />
ihm als Chef der Verwaltung und Vorsitzender<br />
des Kreistages obliegenden Zuständigkeiten<br />
seien nur folgende wichtige<br />
genannt: Festsetzung der Tagesordnung,<br />
Leitung der Sitzung, Unterzeichnung der<br />
Niederschrift, inhaltliche Vorbereitung der<br />
Sitzungen und Ausführung der Beschlüsse<br />
des Kreistages, Widerspruchsrecht gegen<br />
Beschlüsse des Kreistages, durch die er das<br />
Wohl des Kreises für gefährdet hält, Beanstandungspflicht<br />
für rechtswidrige Beschlüsse,<br />
Chef der Verwaltung, Ausführung<br />
von Weisungen, Dienstvorgesetzter<br />
der Kreisbediensteten, Vertretung des Kreises<br />
in Rechts- und Verwaltungsgeschäften,<br />
27<br />
So die Kennzeichnung bei K i r chhof/Wansleben/Becker,<br />
ebd.<br />
28<br />
Zu den parallelen Zuständigkeiten des Bürgermeisters,<br />
vgl. Oebbecke, DÖV 1995, 703.<br />
schließlich originäre Entscheidungszuständigkeiten<br />
in Angelegenheiten der laufenden<br />
Verwaltung 28 .<br />
Insgesamt wird man damit sagen können,<br />
dass der Landrat in Nordrhein-Westfalen<br />
innerhalb des Kreises eine außerordentlich<br />
starke Stellung innehat. Alle wesentlichen<br />
Entscheidungszuständigkeiten sind, sieht<br />
man einmal vom Katalog der dem Kreistag<br />
vorbehaltenen Entscheidungsbefugnisse<br />
ab, auf ihn konzentriert. Darüber hinaus<br />
nimmt er die repräsentative Außenvertretung<br />
für den Kreis wahr. Neben dem Kreistag<br />
ist er das wichtigste Organ des Kreises.<br />
Fraglich erscheint allerdings, ob seine Stellung<br />
durch Aufzählung der ihm rechtlich<br />
zugewiesenen Funktionen rein faktisch<br />
wirklich zutreffend charakterisiert ist oder<br />
ob der neue hauptamtliche Landrat nicht<br />
vielmehr mehr ist als die Kombination aus<br />
ehrenamtlichen Landrat und Oberkreisdirektor.<br />
Für Letzteres spricht einiges. Beim<br />
Landrat ist neben der aufgezeigten Fülle<br />
von Zuständigkeiten und Befugnissen, die<br />
ihm zum wichtigsten Organ des Kreises<br />
werden lässt, auch politische Kompetenz<br />
versammelt; seine Verknüpfung mit der<br />
Regel der Mehrheitsfraktion lässt ihn auch<br />
insoweit zu einem starken Spieler auf der<br />
Kreisebene erscheinen. Zwar ist er nicht<br />
Mitglied des Kreistages. Als derjenige, der<br />
über die Tagesordnung bestimmt, Vorlagen<br />
vorbereitet und Beschlüsse vollzieht,<br />
hat er jedoch eine große Dominanz in der<br />
Frage der politischen Zielsetzung der Kreise.<br />
Zudem ist er als Vertreter der Mehrheitsfraktion<br />
in diese eingebunden, ja mehr<br />
als das: Als Verwaltungschef ist er wegen<br />
der damit verbundenen Vorbereitungsund<br />
Ausführungspflichten hinsichtlich der<br />
Kreistagsbeschlüsse in der Lage, auch seine<br />
Fraktion politisch zumindest mit zu steuern.<br />
Von daher ergibt sich für den Landrat<br />
neuer Art eine über die gesetzlichen Regelungen<br />
seiner Zuständigkeiten hinausgehende<br />
politische Steuerungsoption, die<br />
ihm jedenfalls theoretisch die Möglichkeit<br />
gibt, das politische Geschehen im Kreis zu<br />
lenken und zu steuern.<br />
Gestärkt wird die Stellung des hauptamtlichen<br />
Landrates durch die Regelungen<br />
über seine Abwahl. Während die Oberkreisdirektoren<br />
früher mit qualifizierter<br />
Mehrheit durch den Kreistag abgewählt<br />
werden und ehrenamtliche Landräte mit<br />
einfacher Mehrheit durch einen anderen<br />
ersetzt werden konnten, ist das Verfahren<br />
heute wesentlich komplizierter mit der<br />
Folge, dass erfolgreiche Abwahlverfahren<br />
so gut wie ausgeschlossen erscheinen: Zur<br />
Einleitung eines Abwahlverfahrens ist eine<br />
qualifizierte Mehrheit (mindestens die<br />
Hälfte der gesetzlichen Zahl der Kreistagsmitglieder)<br />
für die Stellung eines entsprechenden<br />
Antrages erforderlich; der Kreis-<br />
147
Themen<br />
tag muss diesem mit einer Mehrheit von<br />
2/3 der gesetzlichen Zahl der Mitglieder<br />
durch Beschluss zustimmen. Abgewählt ist<br />
der Landrat sodann erst, wenn dies mit der<br />
Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimme<br />
der wahlberechtigten Bürger erfolgt;<br />
Voraussetzung dafür ist aber weiterhin,<br />
dass diese Mehrheit mindestens 25 % der<br />
Wahlberechtigten beträgt (vgl. § 45 KrO<br />
NW) 29 . Selbst bei fundamentalen Divergenzen<br />
zwischen der Mehrheits-Fraktion<br />
und dem Landrat stellt dieses Verfahren so<br />
hohe Anforderungen an eine Abwahl, dass<br />
es für die Mehrheitsfraktion kaum realistisch<br />
erscheint, ein solches Verfahren mit<br />
Erfolg durchführen zu können. Es ist wohl<br />
auch eher für die Fälle gedacht, in denen<br />
ein Landrat aus Gründen persönlicher Verfehlungen<br />
nicht mehr länger tragbar<br />
erscheint. Politisch jedenfalls lässt sich dieses<br />
Verfahren kaum instrumentalisieren mit<br />
der Folge, dass der direkt gewählte Landrat<br />
tendenziell, jedenfalls während der Dauer<br />
seiner Amtszeit, von der Zustimmung seiner<br />
– und damit meist der Mehrheits-Fraktion<br />
unabhängig ist.<br />
4. Elemente für eine<br />
Zwischenbilanz<br />
Wie eingangs bereits herausgestellt, ist es<br />
schwierig, zum jetzigen Zeitpunkt und<br />
dazu ohne intensive tatsächliche Untersuchungen<br />
der Verhältnisse vor Ort eine<br />
vorläufige Bilanz zu ziehen. Die nachfolgenden<br />
Ausführungen müssen deshalb an<br />
der Oberfläche bleiben, es soll jedoch versucht<br />
werden, einen Eindruck vom<br />
Geschehen in den Kreisen unter der<br />
Hauptamtlichkeit zu geben. Dazu soll<br />
zunächst dargestellt werden, aus welchem<br />
Personenkreis sich die hauptamtlichen<br />
Landräte in Nordrhein-Westfalen<br />
rekrutieren. Danach soll auf das neue<br />
Tätigkeitsfeld der Landräte als einer Kombination<br />
aus Repräsentativfunktion und<br />
Leiter der Verwaltung eingegangen werden.<br />
In einem weiteren Schritt soll sodann<br />
das Verhältnis der Landräte zu ihrer Fraktion<br />
bzw. der Partei, die sie benannt hat,<br />
ausgeleuchtet werden. Schlusspunkt bildet<br />
dann die Frage, ob es seit der letzten<br />
Kommunalwahl gerade wegen der<br />
Hauptamtlichkeit neue Politikinhalte und<br />
neue Schwerpunkte der Politik in den<br />
Kreisen gegeben hat.<br />
a) Personelle Rekrutierung der Landräte<br />
in Nordrhein-Westfalen<br />
Bei einer Gesamtsicht des Herkommens<br />
der Landräte ergibt sich folgendes Bild:<br />
Zum einen ist auf Kontinuität gesetzt worden;<br />
zum anderen gibt es einen deutlichen<br />
Trend zu politischen Amtsinhabern:<br />
Rekrutierung der hauptamtlichen Landräte in Nordrhein-Westfalen<br />
Oberkreisdirektoren 8<br />
Hauptamtliche Landräte 8 davon 6 frühere ehrenamtliche LR<br />
Ehrenamtliche Landräte 2<br />
Kreisdirektoren 1<br />
Verwaltung 4<br />
Landtag 2 Zuvor: 2 Hauptamtliche Landräte aus dem Landtag<br />
Newcomer 6 davon 3 JURISTEN<br />
Betrachtet man das Herkommen der Landräte,<br />
so fällt zunächst auf, dass es ein<br />
hohes Maß an Kontinuität gibt: Acht der<br />
im September 1999 gewählten Landräte<br />
waren auch zuvor schon als hauptamtliche<br />
Landräte tätig; weitere acht sind ehemalige<br />
Oberkreisdirektoren. Von den 31 Landräten<br />
in Nordrhein-Westfalen waren damit<br />
vor der letzten Kommunalwahl mehr als<br />
die Hälfte bereits in der Position des Verwaltungsleiters<br />
bei den Kreisen, sei es als<br />
Oberkreisdirektor oder als hauptamtlicher<br />
Landrat. Die Bilanz wird noch positiver,<br />
wenn man berücksichtigt, dass ein weiterer<br />
hauptamtlicher Landrat zuvor Kreisdirektor<br />
und einer zuvor Dezernent einer Kreisverwaltung<br />
gewesen sind. Noch besser wäre<br />
die Bilanz dann gewesen, wenn die SPD-<br />
Kandidaten in den Kreisen, die früher<br />
regelmäßig an die SPD gefallen sind,<br />
gewonnen hätten: In fünf angestammten<br />
SPD-Kreisen waren ehemalige Oberkreisdirektoren<br />
bzw. hauptamtliche Landräte als<br />
Kandidaten angetreten, sind aber wegen<br />
des erdrutschartigen Sieges der CDU im<br />
September 1999 nicht gewählt worden.<br />
Hingewiesen werden soll in diesem<br />
Zusammenhang weiter darauf, dass aus<br />
der Verwaltung weitere drei der gewählten<br />
Hauptamtler gekommen sind, so dass insgesamt<br />
21 der heutigen Landräte Verwaltungserfahrung<br />
gehabt haben. Weiter ist in<br />
diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen,<br />
dass weitere drei heutige hauptamtliche<br />
Landräte, die vorher überhaupt nicht<br />
in der Kommunalpolitik tätig waren, eine<br />
juristische Qualifikation als Anwalt bzw. als<br />
Richter hatten. Die Sorge, die in der Diskussion<br />
um die Hauptamtlichkeit in Nordrhein-Westfalen<br />
geäußert worden ist,<br />
nämlich dass nur Politprofis als Fraktionsvorsitzende<br />
auf den Kandidatenschild gehoben<br />
würden, hat sich damit, jedenfalls<br />
im Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen,<br />
so nicht bestätigt. Man hat eher den Eindruck,<br />
dass auf traditionell bewährte Kräfte,<br />
auf Verwaltungsmitarbeiter, zumindest<br />
aber auf juristische Qualifikation gesetzt<br />
worden ist. Dieses Ergebnis wird auch<br />
dadurch bestätigt, dass von den hauptamtlichen<br />
Landräten weitere zwei aus dem<br />
Kreis der früheren ehrenamtlichen Landräte<br />
gekommen sind. Aus dieser Personengruppe<br />
sind im übrigen sechs schon vorher<br />
im Amt befindlichen hauptamtlichen Landräte<br />
gekommen. In vielen Fällen ist deshalb<br />
wohl auch politische Erfahrung im Kreis<br />
und das Vertrauen der Fraktion in die Person<br />
für die Kandidatenkür maßgebend<br />
gewesen.<br />
Neben dem Trend, auf Professionalität und<br />
Erfahrungsschatz zu setzen, lässt sich aber<br />
auch ein deutlicher Trend ausmachen, das<br />
politische Moment zu betonen, indem Personen<br />
als Kandidaten aufgestellt wurden,<br />
die bereits in der Vergangenheit herausgehobenen<br />
politische Funktionen in der Partei<br />
bzw. Fraktion bekleidet hatten und in<br />
diese eingebunden waren und deren Vertrauen<br />
genossen. Das zeigen die vielen<br />
ehemaligen ehrenamtlichen Landräte (insgesamt<br />
8) und die Landtagsabgeordneten<br />
(insgesamt 4), die zu Landräten gewählt<br />
worden sind. Das politische Vertrauen hat<br />
sicherlich auch bei den Newcomern ohne<br />
Verwaltungs- oder Politikerfahrung den<br />
Ausschlag für die Aufstellung als Kandidat<br />
gegeben. Neu in der Kommunalpolitik sind<br />
eigentlich nur sechs der jetzt gewählten<br />
hauptamtlichen Landräte; manche von<br />
ihnen mag der erdrutschartige Sieg der<br />
CDU vielleicht aus ihrer Sicht eher zufällig<br />
in dieses Amt gespült haben.<br />
Bilanziert man, so lässt sich sagen, dass insgesamt<br />
die aus der Verwaltung im weiteren<br />
Sinne kommenden bei den Landräten in<br />
Nordrhein-Westfalen weitaus in der Mehrheit<br />
sind. Nicht verkennen lässt sich allerdings<br />
auch ein Trend, mit den bisherigen<br />
ehrenamtlichen Landräten oder Landtagsabgeordneten<br />
oder Dritten von außen<br />
kommenden das politische Moment stärker<br />
zu betonen. Nach dem Ergebnis der Landratswahlen<br />
in Nordrhein-Westfalen halten<br />
sich beide Tendenzen ungefähr die Waage.<br />
Welche Bedeutung dies für Politik und Verwaltung<br />
in den Kreisen hat, lässt sich<br />
natürlich nur schwer abschätzen. Kontinuität<br />
ist sicherlich dort angesagt gewesen,<br />
wo die bisherigen Oberkreisdirektoren<br />
bzw. hauptamtliche Landräte oder aus der<br />
zweiten oder dritte Reihe der Verwaltung<br />
kommende in das Amt des Landrates<br />
29<br />
Einzelheiten zum Verfahren bei K i r chhof/<br />
Wansleben/Becker, KrO NW, § 45 Anm. 2.<br />
Zur Verfassungskonformität dieser Regelung<br />
vgl. etwa Erichsen, Kommunalrecht NW, § 7 A 2<br />
a (S. 122 f); ausführlich: Henneke, Der Landkreis,<br />
1995, S. 174 ff.<br />
148
Themen<br />
gewählt worden sind. In diesen Kreisen hat<br />
es überwiegend in der Verwaltungsführung<br />
und im Setzen von Schwerpunkten<br />
zwischen Repräsentativfunktion und Verwaltungsleitung<br />
bei den Landräten offenbar<br />
keine großen Schwierigkeiten gegeben.<br />
Umstellungsprobleme hat es dagegen<br />
überall dort gegeben, wo von außen kommende,<br />
politisch und administrativ Unerfahrene<br />
in das Amt des hauptamtlichen<br />
Landrates gewählt worden sind. In sehr<br />
starkem Maße galt dies dort, wo mit der<br />
Landratswahl von September 1999<br />
zugleich auch ein politischer Wechsel von<br />
der SPD hin zur CDU verbunden gewesen<br />
ist. Denn dort musste sich die Fraktion<br />
zunächst in die neue Rolle als mehrheitsund<br />
damit politikbestimmende Fraktion<br />
hineinfinden, was oft zu nicht unerheblichen<br />
Umstellungsproblemen geführt hat.<br />
Darüber hinaus ist in Nordrhein-Westfalen<br />
in vielen Kreisen die SPD über lange Jahre<br />
die führende Kraft gewesen mit der Folge,<br />
dass sich diese parteipolitische Majorität<br />
auch bei den Verwaltungsmitarbeitern und<br />
hier insbesondere bei den Dezernenten<br />
und Amtsleitern niedergeschlagen hat. Das<br />
Vertrauen in die Loyalität der Mitarbeiter<br />
der Verwaltung ist deshalb bei vielen Fraktionen<br />
und Landräten nach der letzten<br />
Kommunalwahl nicht besonders groß<br />
gewesen, was vielen Newcomern den<br />
Schritt in die Wirklichkeit des Landratsamtes<br />
sicherlich nicht sehr erleichtert hat. Die<br />
Zeiten der Einfindung in das neue Amt sind<br />
jedoch inzwischen vorbei. Heute lässt sich<br />
sagen, dass es kaum mehr Loyalitätskonflikte<br />
gibt, sondern dass die Arbeit an der<br />
Sache ganz überwiegend zu einem guten<br />
Verhältnis zwischen den Landräten und<br />
ihren Mitarbeitern geführt hat, und zwar<br />
unabhängig von der jeweiligen parteipolitischen<br />
Einbindung. Mit dazu beigetragen<br />
haben mag allerdings auch, dass die Kreisdirektoren,<br />
die zur Wiederwahl anstanden<br />
und die nicht der neuen Mehrheits-Fraktion<br />
angehörten, durch Parteiangehörige<br />
der neuen Mehrheits-Fraktionen ersetzt<br />
worden sind und damit quasi überall dort,<br />
wo es möglich war, die neuen Mehrheiten<br />
eine „Doppelspitze“ von Personen ihres<br />
Vertrauens installiert haben.<br />
Nach den Diskussionen, die es wegen der<br />
Hauptamtlichkeit gegeben hat, müsste<br />
eines der großen Themen heute sein, ob<br />
Nichtjuristen in der Lage sind, eine Kreisverwaltung<br />
wirklich zu führen. Unter den<br />
neuen Landräten sind nämlich nur vierzehn<br />
Juristen, davon zwei Unerfahrene, denen<br />
man in der Diskussion um die Hauptamtlichkeit<br />
nach dem Motto „Ein guter Jurist<br />
kann alles“ am ehesten die Leitung einer<br />
Kreisverwaltung zugetraut hat. Unter den<br />
neuen sind u. a. drei Lehrer, zwei Landwirte,<br />
ein ehemaliger Versicherungsmitarbeiter<br />
und zwei Mitarbeiter aus kirchlichen<br />
oder gewerkschaftlichen Bildungseinrichtungen.<br />
Das berufliche Herkommen der<br />
Verwaltungschefs hat sich damit erheblich<br />
verändert. Politisch hat dies bekanntlich in<br />
Nordrhein-Westfalen auch zu ersten Kontroversen<br />
geführt. So ging es 1999 um die<br />
Frage, ob die Landräte auch weiterhin<br />
Chef der Kreispolizeibehörde sein sollten 30 .<br />
Ein Argument, das dabei von Befürwortern<br />
einer Reorganisation und Überführung dieser<br />
Funktion auf staatliche Stellen, nämlich<br />
die Polizeipräsidenten eine Rolle gespielt<br />
hat, war das der fehlenden juristischen<br />
Qualifikation der Landräte. Diese Diskussion<br />
ist inzwischen abgeebbt. Die Landräte<br />
haben sich unter Hinweis auf ihre größere<br />
Orts- und Bürgernähe und die Vorteile, die<br />
dezentrale Strukturen auch bei der Polizeiarbeit<br />
haben, politisch durchgesetzt. Eine<br />
Abschaffung der Kreispolizeibehörden hat<br />
es nicht gegeben.<br />
Aus Sicht eines externen Beobachters ist es<br />
im übrigen sehr schwer festzustellen, ob<br />
sich die Tatsache, dass mehr als die Hälfte<br />
der neuen Landräte keine Juristen mehr<br />
sind, tatsächlich nachteilig auf die Verwaltungsarbeit<br />
in den Kreisen ausgewirkt hat.<br />
Tendenziell scheint dies allerdings nicht der<br />
Fall zu sein. Dabei spielt zunächst eine<br />
Rolle, dass die nordrhein-westfälischen<br />
Kreise mit einem Mitarbeiterstab von 600 –<br />
900 Personen und einem Kreisdirektor, der<br />
nach den rechtlichen Vorgaben zwingend<br />
Volljurist sein muss, professionell hart an<br />
der Sache und der juristischen Durchdringung<br />
von Sachverhalten arbeitende Verwaltungen<br />
sind. In der administrativen<br />
Bewältigung von Einzelaufgaben scheint<br />
deshalb die Frage der berufsmäßigen<br />
Rekrutierung des Verwaltungschefs keine<br />
besonders große Rolle zu spielen. Wäre dies<br />
anders, müsste es auch um die Funktionsfähigkeit<br />
anderer großer Behörden in Nordrhein-Westfalen,<br />
nämlich der Bezirksregierungen,<br />
teilweise erhebliche Diskussionen<br />
geben. Denn viele der Regierungspräsidenten<br />
sind keine Juristen; diese Position wird<br />
traditionell nach politischen Kriterien<br />
besetzt; die Frage der Vorbildung spielt<br />
dabei häufig nur eine untergeordnete Rolle.<br />
Hinzuweisen ist im Übrigen auch darauf,<br />
dass die hauptamtlichen Landräte als Verwaltungschefs<br />
nicht so sehr mit der Bearbeitung<br />
von Detailfragen beschäftigt sind<br />
oder besser: beschäftigt sein sollten. Es<br />
geht darum, die wesentlichen Leitlinien<br />
von Politik und Verwaltung im Kreis zu<br />
bestimmen. Dabei geht es z. B. um Aspekte<br />
der wirtschaftlichen Betätigung in Verkehrsunternehmen<br />
und ihre Modernisierung<br />
bzw. Modifizierung vor dem Hintergrund<br />
der sich wandelnden EU-rechtlichen<br />
Verhältnisse; die Abfallentsorgung und die<br />
Frage der Reorganisation durch Anlagenveräußerung<br />
oder Bildung gemischt-wirtschaftlicher<br />
Unternehmen sind ebenso<br />
gefragt wie strategische Überlegungen bei<br />
der Wirtschaftsförderung, der Zusammenlegung<br />
von Sparkassen, der Einführung<br />
neuer Steuerungsmodelle und der Zusammenführung<br />
von Arbeitslosenhilfe und<br />
Sozialhilfe. Schließlich muss sich der neue<br />
Landrat gegenüber den kreisangehörigen<br />
Städten und Gemeinden und dabei insbesondere<br />
in der Diskussion um die Kreisumlage<br />
sowie als Vertreter des Kreises in zahlreichen<br />
Unternehmen der Kommunalwirtschaft,<br />
der Kultur und der Bildung bewähren.<br />
All dies sind Aufgaben, die neben<br />
beruflichem Engagement vor allem folgendes<br />
voraussetzen: Engagement und den<br />
Willen das Beste für den Kreis zu erreichen,<br />
Führungsqualitäten, Menschenkenntnis,<br />
einen kritischen Geist sowie möglichst<br />
optimale Beratung durch die Mitarbeiter.<br />
Für diese Aspekte spielen das berufliche<br />
Herkommen und die Qualifikation als Jurist<br />
nicht unbedingt eine herausragende Rolle.<br />
In vielen Sachzusammenhängen mag sie<br />
sicherlich hilfreich sein. Das ist aber nicht<br />
durchgängig und überall der Fall.<br />
Betrachtet man die neuen Landräte unter<br />
den Aspekten des Engagements und des<br />
Willens der Durchsetzung von optimalen<br />
Lösungen für ihren Kreis, so lässt sich<br />
durchgängig aus der Sicht eines externen<br />
Beobachters sagen, dass das Herkommen<br />
hierfür keine Rolle spielt. Beratungsresistent<br />
für seine Mitarbeiter scheint keiner der<br />
neuen Landräte zu sein. Vielmehr erwecken<br />
sie in den vielfältigen Gesprächen und<br />
Diskussionen den Eindruck, dass sie insgesamt<br />
die Belange ihres Kreises auf die optimale<br />
Weise durchsetzen wollen. Vor diesem<br />
Hintergrund lässt sich sicherlich sagen,<br />
dass sich die Reform insoweit ganz überwiegend<br />
bewährt hat 31 .<br />
b) Repräsentativfunktion und<br />
Verwaltungsleitung<br />
In der Diskussion im Vorfeld der Reform ist<br />
immer wieder darauf hingewiesen worden,<br />
dass die Kombination von repräsentativer<br />
Funktion und Verwaltungsführung für die<br />
hauptamtlichen Landräte – ebenso wie für<br />
die Bürgermeister und Oberbürgermeister –<br />
eine erhebliche zeitliche Überforderung darstellt.<br />
Aus Gesprächen mit Landräten ergibt<br />
sich insoweit freilich ein differenziertes Bild:<br />
Bei manchen hauptamtlichen Landräten<br />
hat man den Eindruck, dass sie insbesondere<br />
an den Wochenenden die Funktion<br />
30<br />
Dazu: Die Organisationsstruktur der Kreispolizeibehörde<br />
hat sich bewährt, ED LKT NW 1998,<br />
S. 2 ff.<br />
31<br />
In diesem Sinne auch schon B o r cherding, ED<br />
LKT NW 1999, 4<strong>04</strong>.<br />
149
Themen<br />
des Verwaltungschefs gegen die eines<br />
Repräsentanten des Kreises vertauschen<br />
und ebenso, wie sie in der Woche für die<br />
Verwaltung ständig im Einsatz sind, dann<br />
den Kreis im Dauereinsatz repräsentieren.<br />
Grußworte bei Jubiläumsveranstaltungen<br />
z. B. von Vereinen, Schützenveranstaltungen<br />
und Eröffnung von Rammler-Zucht-<br />
Schauen gehören dabei ebenso zum<br />
ständigen Repertoire wie Kirmeseröffnungen<br />
und Bundesverdienstkreuzverleihungen<br />
und Gratulationen zu 90. oder 100.<br />
Geburtstagen.<br />
Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass<br />
der Umgang mit den repräsentativen<br />
Pflichten durchaus unterschiedlich ausfällt.<br />
Während einige, wie beschrieben, an den<br />
Abenden und Wochenenden im Dauereinsatz<br />
als Repräsentanten ihrer Kreise tätig<br />
sind, üben andere – und hier insbesondere<br />
viele der ehemaligen Oberkreisdirektoren –<br />
insoweit erhebliche Zurückhaltung. Sie<br />
haben es sich angewöhnt, bei den repräsentativen<br />
Terminen eine Auswahl nach<br />
der Bedeutung dieser Termine für den Kreis<br />
zu treffen. Viele Veranstaltungen werden<br />
von ihren ehrenamtlichen Stellvertretern –<br />
meist zwei oder drei an der Zahl – wahrgenommen,<br />
während die Landräte sich die<br />
wirklich wichtigen Termine vorbehalten. Im<br />
unterschiedlichen Verhalten der Landräte<br />
spiegelt sich auch eine unterschiedliche<br />
Einschätzung der Bedeutung der Wahrnehmung<br />
der Repräsentativfunktionen für<br />
die Wirkung in der Bevölkerung wider:<br />
Jene, die an dieser Funktion keinen Gefallen<br />
finden und diese auf Sparflamme wahrnehmen,<br />
scheinen der Überzeugung zu<br />
sein, dass eher die administrativen Leistungen<br />
des Kreises, mit der jeder Landrat<br />
ohnehin jeden Tag in der Zeitung stehen<br />
kann, denn der Auftritt bei Vereinen oder<br />
sonstigen Veranstaltungen in der Wählerschaft<br />
Gewinn versprechen. Andere stehen<br />
eher auf einem gegenteiligen Standpunkt.<br />
Feststellen lässt sich in einer abschließenden<br />
Betrachtung dieses Problemfeldes<br />
immerhin soviel: Jeder Landrat ist anders.<br />
Jeder nimmt die Möglichkeit wahr, gerade<br />
bei der repräsentativen Funktion seine Persönlichkeit<br />
und seine Vorlieben und Neigungen,<br />
aber auch seine Einschätzungen<br />
hinsichtlich der Wirkweise des Umgangs<br />
mit den repräsentativen Pflichten mit in<br />
sein Amt einzubringen. Die Repräsentativfunktion<br />
und das Agieren der Landräte in<br />
diesem Bereich gibt es nicht. Das Herangehen<br />
an diesem Aufgabenkomplex ist vielmehr<br />
so unterschiedlich wie es die 31<br />
Landräte in Nordrhein-Westfalen sind.<br />
c) Zum Verhältnis Fraktion/Partei<br />
Eines ist gewiss: Hauptamtliche Landräte<br />
sind politischer als es die meisten Oberkreisdirektoren<br />
als Chefs der Verwaltung<br />
waren. Dafür gibt es auch gute Gründe:<br />
Nur einer der 31 Landräte in Nordrhein-<br />
Westfalen ist nicht von einer der großen<br />
politischen Parteien als Kandidat aufgestellt<br />
worden, sondern ist als Kandidat<br />
einer freien Wählergruppe – bei genauem<br />
Hinsehen als Einzelkandidat – aufgetreten.<br />
Alle übrigen sind von ihrer Partei aufgestellt<br />
worden und als Spitzenkandidat ihrer<br />
Partei ins Rennen gegangen. Viele kamen<br />
als ehrenamtliche Landräte oder in sonstiger<br />
Weise aus der Fraktion. Die Verknüpfung<br />
zur Fraktion und die Identifikation mit<br />
der Parteiarbeit sind deshalb sicherlich<br />
nachhaltig gegenüber dem vorherigen<br />
Zustand gewachsen. Jeder Landrat weiß:<br />
Ohne die Partei oder die Fraktion wäre er<br />
nicht in diesem Amt. Das gilt auch für die<br />
ehemaligen Oberkreisdirektoren, die sich<br />
nach meinem Eindruck jetzt sehr viel parteipolitischer<br />
geben als dies in der Vergangenheit<br />
der Fall war. Ob die hauptamtlichen<br />
Landräte allerdings in ihren Fraktionen<br />
bei der Bestimmung der Politik eine<br />
dominante Stellung haben, lässt sich aus<br />
der Ferne nur schwer beobachten. Tendenziell<br />
scheint dies durchaus in den meisten<br />
Fällen so zu sein. Insoweit macht sich<br />
zunächst sicherlich bemerkbar, dass die<br />
Landräte als Verwaltungschefs die Entscheidungen<br />
der Kreistage vorbereiten und<br />
zugleich auch das wesentliche Bestimmungsrecht<br />
über die Tagesordnung der<br />
Kreistage haben. Die Steuerung der wichtigsten<br />
Projekte der Kreise geht deshalb<br />
von den Landräten als Verwaltungschefs<br />
aus. Dies führt im Ergebnis dazu, dass sie es<br />
sind, die die politische Zielsetzung der<br />
jeweiligen Mehrheits-Fraktionen nachhaltig<br />
bestimmen.<br />
Wichtig ist weiter, dass offensichtlich unter<br />
den Landräten in Nordrhein-Westfalen bis<br />
heute ein Ablösungsprozess von den<br />
jeweiligen Mehrheits-Fraktionen bislang<br />
ausgeblieben ist. Die Einbindung aller<br />
Landräte in die Fraktionsarbeit der Mehrheits-Fraktionen<br />
scheint sehr groß zu sein;<br />
sie bestimmen auch die Richtlinien der<br />
Politik in den Fraktionen. Sie haben sich<br />
von ihnen jedoch offensichtlich nicht in der<br />
Weise emanzipiert, dass sie auch unabhängig<br />
von den Fraktionen agieren. Parteiaustritte<br />
hat es bislang nicht gegeben. Selbst<br />
der Landrat, der nicht für die Mehrheits-<br />
Fraktion, sondern eine Wählergemeinschaft<br />
angetreten ist, der der Mehrheits-<br />
Fraktion aber angehörte, hat sich inzwischen<br />
mit dieser Fraktion offensichtlich<br />
wieder arrangiert.<br />
Hingewiesen werden soll allerdings noch<br />
auf einen Aspekt, der für die Stellung der<br />
Landräte in ihrer Fraktion sicherlich nicht<br />
unerheblich ist: Viele der hauptamtlichen<br />
Landräte haben in der Wahl erheblich<br />
mehr Stimmen als die jeweilige Fraktion<br />
bekommen. Dies deutet darauf hin, dass es<br />
in den Kreisen nicht nur eine Wahl nach<br />
der politischen Farbe, sondern auch eine<br />
Personenwahl gegeben hat. Deutlich ist<br />
dies insbesondere zu Tage getreten bei den<br />
Landräten, die als Oberkreisdirektor oder<br />
hauptamtliche Landräte bei der Kommunalwahl<br />
bereits in Amt und Würden waren.<br />
Der Amtsbonus hat sich bei ihnen nicht<br />
unerheblich ausgewirkt. Sie haben durchgängig<br />
mehr Stimmen als ihre Fraktionen<br />
bekommen. Auch dies mag die Stellung<br />
des Landrates in den jeweiligen Mehrheits-<br />
Fraktionen deutlich gestärkt haben. Dabei<br />
dürfen aber zahlreiche weitere Faktoren<br />
eine Rolle spielen: Wahlergebnis, Wissensvorsprung<br />
als Chef der Verwaltung, politisches<br />
Bestimmen wegen der Steuerungsfunktion<br />
der Verwaltung sind nur einige<br />
Aspekte, die in diesem Zusammenhang<br />
von Bedeutung sind.<br />
d) Neue Politikinhalte?<br />
Fragt man danach, ob die Politikinhalte<br />
nach der letzten Kommunalwahl in den<br />
Kreisen anders geworden sind und welche<br />
Ursachen es hierfür ggfs. gibt, so stellt sich<br />
für einen externen Beobachter die Sachlage<br />
durchaus differenziert dar:<br />
Vor allem in den Kreisen, in denen es<br />
erdrutschartige Veränderungen der Mehrheiten<br />
gegeben hat, hat es durchaus fundamentale<br />
neue Aktivitäten gegeben. In<br />
dreien dieser Kreise sind – teils nach erheblichen<br />
politischen Auseinandersetzungen –<br />
EVU-Anteile veräußert worden. Die Veräußerung<br />
erfolgte dabei nicht so sehr unter<br />
dem Stichwort: „Tafelsilber“ mit dem Ziel<br />
des Haushaltsausgleichs, sondern eher aus<br />
der politischen Grundüberzeugung, dass<br />
das Halten von EVU-Anteilen wegen der<br />
Privatisierung der Energieversorgung keine<br />
Kreisaufgabe mehr ist. Wichtig ist weiter,<br />
dass die Erlöse dazu verwendet worden sind<br />
bzw. verwendet werden sollen, neue Kreisaktivitäten<br />
ins Werk zu setzen, um positive<br />
Entwicklungen für die Gesamtheit des Kreises<br />
einzuläuten. So hat etwa ein Kreis eine<br />
Bildungsstiftung gegründet mit der Zielsetzung,<br />
dauerhaft die Ausbildung im Kreis so<br />
zu verbessern, dass die heimische Wirtschaft<br />
mit ihren konkreten Bedürfnissen hiervon<br />
profitiert. Andere Kreise zielen darauf ab,<br />
die Veräußerungsgewinne aus EVU-Beteiligungen<br />
in ähnlicher Weise für die Kreispolitik<br />
und die Kreisgemeinschaft insgesamt zu<br />
investieren. Natürlich spielt auch die Frage<br />
der Entschuldung und des Haushaltsausgleichs<br />
eine Rolle. Wichtig ist demgegenüber<br />
festzuhalten, dass aus einer Privatisierungsstrategie,<br />
die einer politischen Grundüberzeugung<br />
entspricht, auch neue administrative<br />
Überlegungen in Richtung auf die<br />
150
Themen / Das Porträt<br />
dauerhafte Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben<br />
für den Kreis insgesamt entwickelt<br />
worden sind.<br />
Im Übrigen fällt auf, dass in einigen Kreisen<br />
erst nach der Kommunalwahl bzw. erst<br />
nachdem hauptamtliche Landräte Verantwortung<br />
übernommen hatten, unter dem<br />
Stichwort der Einführung neuer Steuerungsmodelle<br />
Binnenmodernisierungsprozesse in<br />
Angriff genommen wurden. Die hauptamtlichen<br />
Landräte scheinen vielerorts diesem<br />
Bereich gegenüber sehr viel aufgeschlossener<br />
zu sein als dies bei den juristisch vorgebildeten<br />
und möglicherweise stärker an die<br />
traditionelle Erledigung von Verwaltungsaufgaben<br />
gewöhnten Oberkreisdirektoren<br />
der Fall war. Innovation in vielen Verwaltungen,<br />
so lässt sich abschließend feststellen, ist<br />
auch und gerade durch die hauptamtlichen<br />
Landräte, oft gepaart mit neuen Mehrheiten,<br />
ausgelöst worden. Ähnliches gilt für<br />
Bemühungen um mehr Bürgernähe: Öffnungszeiten<br />
für publikumsrelevante Stellen<br />
der Kreise (z. B. der Straßenverkehrsämter)<br />
sind häufig erst nach dem Systemwechsel<br />
auf die Abendstunden und den Samstag<br />
ausgedehnt worden; Bürgerbüros wurden in<br />
manchen Kreisen erst nach diesem Zeitpunkt<br />
eingerichtet.<br />
Freilich: Das Bild wäre nicht vollständig,<br />
würde nicht darauf hingewiesen, dass dies<br />
nicht durchweg der Fall gewesen ist. Nicht<br />
überall sind EVU-Anteile von neuen politischen<br />
Mehrheiten veräußert worden; nicht<br />
alle Landräte haben neue politische Ideen<br />
entwickelt. Vielerorts scheinen vielmehr die<br />
Mitarbeiter der Verwaltung nach wie vor<br />
den bestimmenden Einfluss in der Frage<br />
der politischen Schwerpunktbildung zu<br />
haben mit der Folge, dass vieles seinen<br />
gewohnten Gang geht.<br />
5. Perspektiven und Ausblick<br />
Wie geht es weiter? Eines scheint gewiss zu<br />
sein: Die Rekrutierung der Landräte aus den<br />
bisherigen Führungspersonal, sei es auf der<br />
Verwaltungsseite, sei es auf der politischen<br />
Seite, wird so nicht weitergehen können. Die<br />
ehemaligen Oberkreisdirektoren werden<br />
wegen des Alters vieler der aus dieser Gruppe<br />
stammenden Landräte bei der nächsten<br />
Kommunalwahl nicht mehr die relative<br />
Dominanz wie bei der jetzigen Wahl haben.<br />
Kommt es zu anderen politischen Mehrheitsverhältnissen<br />
wird die Riege derjenigen, die<br />
neu in das Amt des Landrates kommen,<br />
ebenfalls zunehmen. Wichtiger als dies<br />
erscheint aber, dass wegen der Koppelung<br />
der Landratswahl an den Termin der Kommunalwahl<br />
die Parteien versuchen werden,<br />
nach wie vor bestimmenden Einfluss auf die<br />
Kandidatenkür und damit eine Person ihres<br />
Vertrauens zu nehmen. Es ist unrealistisch<br />
annehmen zu wollen, dass sich in Nordrhein-<br />
Westfalen die Landratswahl zu einer reinen<br />
Personenwahl entwickeln wird. Dafür bestehen<br />
derzeit überhaupt keine Anhaltspunkte,<br />
und zwar schon deshalb nicht, weil die Verknüpfungen<br />
zwischen dem Amt des Landrates<br />
und der Fraktion/Partei in Nordrhein-<br />
Westfalen jedenfalls nach dem derzeitigen<br />
Bild ziemlich groß sind. Welche Persönlichkeiten<br />
zukünftig als Landratskandidaten aufgestellt<br />
werden mit der Chance, dieses Amt<br />
zu bekleiden, lässt freilich sich nur schwer<br />
prognostizieren. Sicherlich werden viele der<br />
Landräte, die jetzt im Amt sind, auch bei der<br />
nächsten Wahl noch einmal antreten. Darüber<br />
hinaus gibt es immerhin die Option,<br />
Kreisdirektoren oder andere Verwaltungsmitarbeiter<br />
auf den Schild zu heben. Was<br />
sich derzeit jedenfalls nicht andeutet und<br />
was nach den Ergebnissen der letzten Kommunalwahl<br />
auch wenig wahrscheinlich ist,<br />
ist, dass die Fraktionsvorsitzenden in dieses<br />
Amt hinüberwechseln. Schon wegen der<br />
Problematik der Versorgung – einen Versorgungsanspruch<br />
erwirbt man erst nach einer<br />
zweiten erfolgreichen Wahl – wird es wohl<br />
auch in Zukunft so sein, dass entweder Mitarbeiter<br />
des öffentlichen Dienstes oder solche<br />
Personen als Kandidaten antreten werden,<br />
die wegen ihres fortgeschrittenen Alters<br />
und anderweitiger Absicherung auf eine<br />
Versorgung aus dem Amt des Landrates<br />
nicht angewiesen sind.<br />
Wer über die Politikinhalte bestimmt,<br />
hängt sicherlich in erster Linie von der<br />
Befähigung und der Durchsetzungskraft<br />
einzelner Personen im politischen Geschehen<br />
in den Kreisen ab. Die rechtliche und<br />
faktische Stellung im Schnittfeld von Verwaltung<br />
und Parteiarbeit gibt den Landräten<br />
jedoch auch in Zukunft eine große<br />
Chance, diejenigen zu sein, die wirklich<br />
über die Kreispolitik bestimmen.<br />
Bei einem wird es jedoch bleiben, falls das<br />
bisherige System der Verknüpfung von<br />
Kommunalwahl und Landratswahl nicht<br />
geändert wird: Der Verbindung von Amt,<br />
Fraktion und Partei. Soll dies aufgelockert<br />
werden zugunsten einer stärker die Verwaltungsarbeit<br />
und die Repräsentation betonenden<br />
Verfahrensweise, wäre es notwendig,<br />
die Termine von Landratswahl und<br />
Kommunalwahl zu entkoppeln und die<br />
Wahlzeit auf acht Jahre zu verlängern. Eine<br />
solche Verlängerung böte wegen der versorgungsrechtlichen<br />
Problematik zudem auch<br />
die Chance, qualifizierte Vertreter außerhalb<br />
des öffentlichen Dienstes für eine Kandidatur<br />
zu gewinnen. Dem Amt des Landrates und<br />
den Kreisen könnte dies nur gut tun.<br />
EILDIENST LKT NW 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 10 20-00 –<br />
Das Porträt:<br />
Landrat Günter R osenke<br />
(Kreis Euskirchen)<br />
Seit 1994 ist Günter Rosenke Landrat des<br />
Kreises Euskirchen. Am 12. September<br />
1999 wurde er mit 63,1 % der Stimmen<br />
zum hauptamtlichen Landrat gewählt. Es<br />
zeigte sehr deutlich: Günter Rosenke ist<br />
bürgernah, ein Landrat „zum Anfassen“.<br />
In seinem Grußwort zum Ende 2001<br />
erschienenen Leitbild der Kreisverwaltung<br />
Euskirchen führt er aus: „Im Mittelpunkt<br />
aller Bemühungen steht der Bürger. Auf<br />
seine Bedürfnisse wollen wir noch mehr als<br />
bisher unbürokratisch, flexibel und kundenfreundlich<br />
reagieren“.<br />
Unter seiner Regie wurde die Organisationsstruktur<br />
der Kreisverwaltung modernisiert.<br />
Die Führungsebenen wurden reduziert<br />
und verschlankt. Die Aufgabenzuordnung<br />
wird für den Bürger übersichtlicher<br />
und nachvollziehbarer. Hierdurch können<br />
Bürgeranträge und Entscheidungen beschleunigt<br />
werden. Günter Rosenke betont,<br />
dass die Umstrukturierung der Kreisverwaltung<br />
zu einem Dienstleistungsunternehmen<br />
nur möglich ist, weil die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter mit hoher Akzeptanz<br />
und Motivation den Prozess begleiten. Das<br />
Landrat Günter Rosenke<br />
151
Das Porträt / Im Fokus<br />
erst kürzlich begonnene Personalentwicklungskonzept<br />
wird den Umstrukturierungsprozess<br />
weiter beschleunigen.<br />
Landrat Günter Rosenke ist ein echter<br />
„Ööcher Jong“ (Aachener Junge), der<br />
1950 in der Kaiserstadt geboren wurde. Er<br />
ist verheiratet und hat 2 Söhne im Alter<br />
von 24 und 27 Jahren. Schule und Ausbildung<br />
absolvierte er in Aachen, bevor er<br />
1972 nach Köln zur heutigen Telekom versetzt<br />
wurde. Dort war er im Bereich der<br />
Datenfernübertragungstechnik tätig, unter<br />
anderem auch als nebenamtlicher Lehrer<br />
an der Fernmeldeschule in Köln und Mitglied<br />
des Personalrates.<br />
Seine kommunalpolitische Tätigkeit begann<br />
er im Jahre 1979 als Mitglied des Rates seiner<br />
Heimatgemeinde Weilerswist. Zu diesem<br />
Zeitpunkt war er bereits Vorsitzender<br />
der Jungen Union (JU) in Weilerswist und<br />
Mitglied im Kreisvorstand der JU im Kreisverband<br />
Euskirchen. Im Rat der Gemeinde<br />
Weilerswist war er Vorsitzender verschiedener<br />
Ausschüsse, Fraktionsgeschäftsführer<br />
und stellvertretender Fraktionsvorsitzender;<br />
von 1989 bis 1994 darüber hinaus stellvertretender<br />
Bürgermeister seiner Heimatgemeinde.<br />
1989 wurde er in den Kreistag des<br />
Kreises Euskirchen gewählt. Von 1989 bis<br />
1994 war er Geschäftsführer der CDU-<br />
Kreistagsfraktion. Am <strong>02</strong>.11.1994 wurde er<br />
zum ehrenamtlichen Landrat des Kreises<br />
Euskirchen gewählt.<br />
Als ehemaliger Telekom-Techniker ist Günter<br />
Rosenke ein konsequenter Verfechter<br />
der neuen Medien und des Internets. Er<br />
forciert den Ausbau der neuen Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien<br />
mit Nachdruck. Unter dem Oberbegriff<br />
„eGovernment“ sollen in Zukunft für die<br />
Bürgerinnen und Bürger, besonders aber<br />
auch für die Wirtschaft, viele Dienstleistungen<br />
des Kreises „online“ erreichbar sein.<br />
Im Rahmen der kommunalen Neugliederung<br />
1972 kam der aus den Altkreisen<br />
Schleiden und Euskirchen gebildete neue<br />
Kreis Euskirchen zur Verwaltungs- und<br />
Wirtschaftsregion Aachen. Gemeinsam mit<br />
seinen Landratskollegen aus den Kreisen<br />
Düren, Aachen und Heinsberg sowie dem<br />
Oberbürgermeister der Stadt Aachen ist<br />
Landrat Günter Rosenke bestrebt, die<br />
wirtschaftliche Entwicklung dieser Region<br />
voranzutreiben.<br />
Er unterhält aber auch eine intensive Kommunikation<br />
und Kooperation mit seinen<br />
Amtskollegen aus den angrenzenden Kreisen<br />
und kreisfreien Städte der Wirtschaftsregion<br />
Köln/Bonn. Dies nicht zuletzt, weil<br />
die Wirtschaft, und hier primär das mittelständig<br />
geprägte Handwerk, vor allem in<br />
den Räumen Köln und Bonn tätig ist. Auch<br />
die großen Pendlerströme in diese Ballungsräume<br />
dokumentieren die starke Verflechtung<br />
zwischen der Rheinschiene und<br />
dem Kreis Euskirchen.<br />
Eine aktive Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik<br />
sowie eine die Bedürfnisse des ländlichen<br />
Raums berücksichtigende Verkehrspolitik<br />
gehören zu den wichtigen politischen<br />
Handlungsfeldern von Landrat Rosenke.<br />
Bei zahlreichen Bestandspflegebesuchen<br />
lernt er die Probleme und Sorgen der<br />
Unternehmer aus erster Hand kennen.<br />
Diese Erkenntnisse fließen in seine erfolgreiche<br />
Arbeit in der Wirtschafts- und Strukturpolitik<br />
des Kreises ein. Die mittelständischen<br />
Unternehmen, vor allem die Handwerksbetriebe,<br />
haben dabei sein besonderes<br />
Augenmerk. Sie sind für die Zukunft<br />
des Kreises Euskirchen von ausschlaggebender<br />
Bedeutung. Für diese Zielgruppe<br />
richtete er daher schon kurz nach seiner<br />
Wahl zum hauptamtlichen Landrat den<br />
Mittelstandsbeauftragten, der die mittelständische<br />
Wirtschaft bei vielen behördlichen<br />
Antragsverfahren unterstützt, ein.<br />
Mit 1.250 qkm bei ca. 190.000 Einwohnern<br />
gehört der Kreis Euskirchen zu den eher<br />
dünn besiedelten Flächenkreisen in Nordrhein-Westfalen.<br />
Daher kommt dem ÖPNV,<br />
in Kombination mit dem Individualverkehr,<br />
eine wichtige und bedeutende Rolle zu. Dies<br />
gilt besonders für die großen Pendlerverflechtungen<br />
in die Ballungsräume der<br />
Rheinschiene. Landrat Günter Rosenke<br />
unterstützt durch seine Verkehrspolitik den<br />
Ausbau und die Stärkung des öffentlichen<br />
Nahverkehrs nachhaltig. Sein Wahlspruch<br />
lautet: „Überall dort wo es möglich und<br />
finanzierbar ist, müssen Fahrpläne optimiert,<br />
Streckennetze ausgebaut und stillgelegte<br />
Strecken reaktiviert werden.“<br />
Teile des Kreises Aachen, des Kreises Düren<br />
und vor allem des Kreises Euskirchen bilden<br />
die nordrhein-westfälische Eifel. In dieser<br />
Teilregion der Region Aachen stellt die<br />
Tourismusbranche einen bedeutenden<br />
Wirtschaftsfaktor dar. Die momentan<br />
durchgeführten länderübergreifenden Gespräche<br />
mit den Eifelkreisen in Rheinland-<br />
Pfalz für eine Gesamtvermarktung der Eifel<br />
werden von Landrat Rosenke mit Nachdruck<br />
unterstützt. „Nur wenn die Eifel als<br />
Ganzes vermarktet wird, wird sie bei den<br />
potentiellen Gästen ein eigenständiges,<br />
unverwechselbares Image erlangen“, ist<br />
hierzu die Meinung des Landrates.<br />
Im Kreis findet ein reges Kunst-, Kulturund<br />
Sportleben statt. Viele Bürgerinnen<br />
und Bürger im Kreis engagieren sich ehrenamtlich<br />
in Vereinen und Verbänden. Sie<br />
fördern das Gemeinwohl und sind Markenzeichen<br />
der Region. Landrat Günter<br />
Rosenke sieht daher die Förderung von<br />
Kunst, Kultur, Sport und Ehrenamt als eine<br />
seiner wichtigen Aufgaben an.<br />
Besonders stolz ist Landrat Günter R o senk<br />
e auf die erst vor wenigen Wochen erfolgte<br />
Verleihung des Titels „Fahrradfreundlicher<br />
Kreis Euskirchen“. Damit war der Kreis<br />
Euskirchen erst der 2. Kreis in Nordrhein-<br />
Westfalen, der in die „Arbeitsgemeinschaft<br />
fahrradfreundliche Städte und Gemeinden<br />
in <strong>NRW</strong>“ aufgenommen wurde<br />
Als Leiter der Kreispolizeibehörde Euskirchen<br />
sieht er in der landesweiten Initiative<br />
der Ordnungspartnerschaften, die alle zuständigen<br />
Behörden und Institutionen<br />
sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger<br />
an einen Tisch gebracht hat, einen Schritt<br />
in die richtige Richtung.<br />
Landrat Günter Rosenke ist ein umtriebiger,<br />
tatkräftiger Macher, der nicht nur das<br />
neue Leitbild des Kreises Euskirchen sondern<br />
auch seine Arbeit unter den Wahlspruch<br />
„Gemeinsam zum Ziel“ gestellt hat.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/März 20<strong>02</strong><br />
– 10 30-10 –<br />
Im Fokus: Kreis Gütersloh<br />
Sparren, Speichenrad und Adler im Kreiswappen<br />
Gütersloh sind die beredten Zeugen<br />
einer vielschichtig verlaufenen Vergangenheit<br />
im heutigen Kreis Gütersloh. Sie<br />
stehen für die wesentlichsten Gebietsteile,<br />
die sich in seinen Grenzen vereinen. Aber<br />
mehr als die im Dunkel der Historie liegenden<br />
Jahrhunderte hat, mit Einsetzen der<br />
Industrialisierung, eine aufblühende Wirtschaft<br />
den Raum des Kreises Gütersloh<br />
geprägt. Erst sie schrieb eigentliche Kreisgeschichte.<br />
Dennoch vertragen sich die<br />
historischen Symbole früherer Herrschaftsverhältnisse<br />
durchaus mit den Strukturen<br />
einer modernen Selbstverwaltung. Auch<br />
ein zu gesundem Selbstbewußtsein gelangter<br />
Kreis Gütersloh hat die Erinnerung<br />
an die Geschichte nicht einfach abgestreift.<br />
Ebenso seine Städte und Gemeinden nicht,<br />
die nach wie vor geschichtsbewusst mit<br />
ihren Wappen in Erscheinung treten.<br />
Beiderseits des Teutoburger Waldes führten<br />
die Ravensberger Grafen die Sparren in<br />
ihrem Schild. Auf dem Wiedenbrücker<br />
152
Im Fokus<br />
Reckenberg drehte sich das sechsspeichige<br />
Rad der Osnabrücker Fürstbischöfe. Am<br />
Oberlauf der Ems breitete der Adler des<br />
Rietberger Grafenhauses seine Schwingen<br />
aus. Rund um Schloss Rheda regierte der<br />
herrschaftliche Löwe. Und der Krummstab<br />
der Fürstbischöfe von Münster und Paderborn<br />
reichte im Westen und im Osten bis in<br />
den heutigen Kreis hinein.<br />
Eine deutsche Meile, allerhöchstens drei<br />
nur lagen die Landesgrenzen geistlicher<br />
und weltlicher Fürstentümer auseinander.<br />
Die deutsche Kleinstaaterei fand in der<br />
näheren Umgebung kaum einen deutlicheren<br />
Ausdruck als in den Grenzen des heutigen<br />
Kreises Gütersloh.<br />
1609, endgültig 1647 mit dem Ende des<br />
Jülich-Cleveschen Erbfolgestreites, zog das<br />
aufstrebende Preußen – auf dem Sprung<br />
an den Rhein – mit dem Erwerb der Grafschaft<br />
Ravensberg seine Staatsgrenze quer<br />
durch das heutige Kreisgebiet. Grenzland<br />
blieb der Kreis auch in den Wirren der<br />
Franzosenzeit. Im Herzen der heutigen<br />
Stadt Gütersloh stießen 1807 das „Königreich<br />
Westfalen“, unter der Regierung von<br />
Napoleons Bruder Jérôme, und das Großherzogtum<br />
Berg aneinander. 1810 verleibte<br />
der Franzosenkaiser ganz Nordwestdeutschland<br />
seinem Kaiserreich ein. Die<br />
Folge war, dass sich eine neue Reichsgrenze<br />
quer durchs Ravensbergische zog; diese<br />
trennte die Orte Hörste, Halle und Werther<br />
in jeweils eine kaiserlich-französische und<br />
eine königlich-westfälische Hälfte.<br />
Die modernen Kapitel Gütersloher Kreisgeschichte<br />
wurden geschrieben, als – nach<br />
dem Ende der Napoleonischen Kriege – auf<br />
dem Wiener Kongress (1815) das ganze<br />
Westfalen zu Preußen kam. 1816 entstanden<br />
jene Landkreise, die 156 Jahre hindurch,<br />
bis zur Kreisreform von 1973,<br />
Bestand haben sollten. Unter der einheitlichen<br />
Verwaltung Preußens und im Zeichen<br />
der Technisierung, Mechanisierung<br />
und der um sich greifenden Industrialisierung<br />
vollzog sich jener wirtschaftliche Aufschwung,<br />
der die Entwicklung diese Raumes<br />
entscheidender prägte als alle Raufereien<br />
mittelalterlicher und frühneuzeitlicher<br />
Potentaten um ein ohnehin karges und<br />
kümmerliches Land und eine von Armut<br />
gedrückte Bevölkerung.<br />
Anders als in den Nachbarstädten Bielefeld,<br />
Detmold und Paderborn, Lippstadt<br />
und Soest, Münster und Osnabrück lassen<br />
sich für den Bereich des Kreises Gütersloh<br />
vor diesem einschneidenden Datum keine<br />
bedeutsamen Seiten im Buch der Geschichte<br />
aufschlagen. Die heutige Kreisstadt<br />
Gütersloh, 1825 erst mit Stadtrechten<br />
ausgestattet, war zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
nicht mehr als ein bescheidenes<br />
Heidedorf mit weniger als 2.500 Einwohnern.<br />
Traditionsreicher dagegen schon die<br />
Stadt Wiedenbrück mit ihrer 1000jährigen<br />
Geschichte. Aber die prägende Ausstrahlung<br />
auf das Umland ging von ihr ebenso<br />
wenig aus wie von der kleinen Fürstenstadt<br />
Rheda oder der eher bescheidenen gräflichen<br />
Residenzstadt Rietberg.<br />
So trat der Gütersloher Raum erst im Zuge<br />
der industriellen Revolution und im Gefolge<br />
neuer, verbesserter Verkehrverbindungen<br />
ans Licht der Geschichte. Strukturelle<br />
Voraussetzungen schuf das an schnellen<br />
Verbindungen ins Rheinland interessierte<br />
Preußen mit dem 1817 begonnenen Ausbau<br />
der Chaussee Minden – Bielefeld –<br />
Dortmund (B 61) und dem Bau der Köln-<br />
Mindener Eisenbahn, die 1847 zum ersten<br />
Mal durch Gütersloh und Rheda dampfte.<br />
Ideenreiches Unternehmertum, Flexibilität<br />
in der Markteinschätzung und klug aufgebaute<br />
Handelsbeziehungen führten diesen<br />
an Rohstoffen und natürlichen Energiequellen<br />
armen Kreis zu wachsender Wirtschaftsblüte.<br />
Ein Beispiel früheren Unternehmertums<br />
bietet das Rietberger Land. 1822 erwarb<br />
der Gutsbesitzer Friedrich Ludwig Tenge<br />
für 225.000 Reichstaler die Grafschaft<br />
Rietberg aus dem Besitz des an seinem jetzt<br />
preußischen Landesteil nicht mehr interessierten<br />
Grafen Aloys von Kaunitz. Tenge<br />
errichtete Mühlen, Sägewerke, Ziegeleien,<br />
zwei Glashütten und eine Papierfabrik.<br />
Und er ließ 1842 zur Verhüttung des in der<br />
Senne gefundenen Raseneisenerzes die<br />
Öfen in der von ihm gegründeten Holter<br />
Eisenhütte anheizen.<br />
Ein ähnlicher Aufbruch vollzog sich an vielen<br />
Orten. 1825 gründete der Kaufmann<br />
Conrad Wilhelm Delius in Versmold die<br />
erste mechanisch betriebene Segeltuchweberei<br />
im Ravensbergischen. 1835 rief der<br />
Gütersloher Buchdrucker Carl Bertelsmann<br />
eine Verlagsdruckerei ins Leben und schuf<br />
so das Fundament für den heute weltweit<br />
agierenden Bertelsmann-Konzern. 1843<br />
nahm Johann Bernard Knöbel in Wiedenbrück<br />
den Fahrzeugbau auf, der bis heute<br />
unter dem Markennamen „Westfalia“<br />
erfolgreich betrieben wird. 1857 gründete<br />
in Gütersloh der Tuchhändler Wilhelm Bartels<br />
eine Seidenweberei.<br />
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich<br />
die Standortgunst des heutigen Kreises<br />
Gütersloh mit erfolgreichen Firmengründungen<br />
immer neu bewiesen. Am Übergang<br />
ins 21. Jahrhundert stehen als Beispiele<br />
hierfür:<br />
Miele & Cie., Hausgeräte – 1899 von Carl<br />
Miele und Reinhard Zinkann in Herzebrock<br />
als „Centrifugenfabrik“ ins Leben gerufen<br />
und 1907 an den verkehrsgünstigen<br />
Standort Gütersloh verlagert.<br />
Storck, Schokoladen- und Zuckerwaren -<br />
als „Werthersche Dampf-Zuckerwaren-<br />
Fabrik“ 1903 gegründet, mit der sich<br />
Offenheit und Transparenz signalisiert die<br />
Architektur des neuen Kreishauses in<br />
Gütersloh, Anfang 1997 bezogen.<br />
Die Rotunde am Kreishaus Gütersloh mit<br />
Sitzungsbereich in den zwei Obergeschossen<br />
und Kantine im Erdgeschoss.<br />
Wechselnde Ausstellungen finden im<br />
Foyer des Kreishauses Gütersloh ihren<br />
Platz – hier zum Thema „Glaskunst“.<br />
153
Im Fokus<br />
Zweites Standbein der Kreisverwaltung<br />
Gütersloh ist das historische Kreishaus in<br />
Rheda-Wiedenbrück.<br />
Gepflegte Fachwerkhäuser aus dem 16.<br />
und 17. Jahrhundert prägen das Bild der<br />
historischen Altstadt von Wiedenbrück.<br />
Blick ins Ravensberger Land mit der Burgruine<br />
Ravensberg auf einer der Kuppen<br />
des Teutoburger Waldes.<br />
August Storck-Oberwelland am „Haller-<br />
Wilhelm“, der Bahnlinie Bielefeld – Osnabrück,<br />
in Halle/Westf. niederließ.<br />
Claas, Agrarmaschinen – die 1914 von den<br />
Gebrüdern Claas in Clarholz gegründete<br />
und 1919 nach Harsewinkel umgesiedelte<br />
Fabrik für Strohbinder, die mit weltweitem<br />
Erfolg auf die Erfindung des „Knoters“<br />
setzte.<br />
Als ein kraftvoller Wirtschaftsraum, voller<br />
Dynamik und Anziehungskraft, geprägt<br />
durch eine steil nach oben weisende Entwicklung<br />
– so stellt sich der Kreis Gütersloh<br />
heute dar. In Nordrhein-Westfalen steht er<br />
ganz oben im Feld der strukturstarken<br />
Regionen. Im Regierungsbezirk Detmold<br />
hält er eine Spitzenstellung und gilt dank<br />
seiner ausgewogenen Wirtschaftsdaten als<br />
„Goldener Westen“ in Ostwestfalen.<br />
Bei aller Aktivität von Industrie und Handel<br />
– seinen ländlichen Charakter hat der Kreis<br />
Gütersloh über weite Strecken bewahrt.<br />
Sein Landschaftsbild wird geprägt vom<br />
Höhenzug des Teutoburger Waldes und<br />
von den Feuchtniederungen am Oberlauf<br />
der Ems, von der Weite des Ostmünsterlandes<br />
und vom Waldreichtum der Senne.<br />
Über rund 1.000 Quadratkilometer Fläche<br />
erstreckt sich dieser Kreis, angelehnt an die<br />
Nachbarstadt Bielefeld. In seinen Grenzen<br />
ließe sich selbst die Bundeshauptstadt Berlin<br />
leicht und ohne großes Gedränge unterbringen.<br />
Annähernd 350.000 Menschen sind hier<br />
zu Hause. Rund 70.000 mehr, als der Kreis<br />
Gütersloh 1973 bei seiner Neubildung<br />
zählte, hervorgegangen im Wesentlichen<br />
aus dem Zusammenschluss der früheren<br />
Kreise Halle/Westf. und Wiedenbrück. Ein<br />
Kreis mit anhaltender Sogwirkung und<br />
hoher Integrationskraft. Abzulesen an<br />
einem Bevölkerungsgewinn von 25 Prozent<br />
in knapp 30 Jahren.<br />
13 Städte und Gemeinden unter dem Dach<br />
des Kreises Gütersloh. Im Brennpunkt der<br />
Verkehrswege die Kreisstadt Gütersloh,<br />
wirtschaftliches und kulturelles Zentrum<br />
dieses Kreises und mit ihren 95.000 Einwohnern<br />
auf dem besten Wege zur Großstadt.<br />
Gesunder Erwerbssinn steht überall<br />
in Blüte, aber gewachsene Strukturen<br />
haben sich von ihm nicht überlagern lassen.<br />
Ihren zuweilen noch dörflichen,<br />
durchweg aber klein- bis mittelstädtischen<br />
Charakter haben sich die Gemeinden<br />
erhalten.<br />
Gnädig dulden die Werkhallen von Weltunternehmen<br />
die Nachbarschaft des<br />
gepflegten Bauernkottens. Viel neues Grün<br />
versöhnt sich mit den Zweckbauten der<br />
Industrie. Uraltes Fachwerk lebt hier in<br />
Frieden mit moderner Architektur. Junge<br />
Wohnsiedlungen bilden einen reibungslosen<br />
Übergang in die freie Landschaft. Im<br />
farbigen Wechsel von Äckern und Weiden,<br />
Wallhecken und Waldstücken präsentiert<br />
sich die typisch westfälische Parklandschaft.<br />
Wie mit der Sandbüchse gestreut,<br />
die Einzelgehöfte. Die Ziegel ihrer Dächer<br />
setzen freundliche rote Tupfer ins Land.<br />
Eine gesunde Wirtschaftsstruktur, eine<br />
reizvolle, abwechslungsreiche Landschaft,<br />
gepflegte Siedlungsbereiche und sorgsam<br />
restaurierte historische Stadtkerne sind das<br />
Aushängeschild dieses Kreises. Hier sind<br />
Ravensberger Fleiß und Gütersloher Sparsamkeit<br />
eine fruchtbare Verbindung miteinander<br />
eingegangen. Für die strukturelle<br />
Stärke des Kreises Gütersloh bilden sie eine<br />
der Grundlagen. Eine weitere ist die verkehrsgünstige<br />
Lage des Kreises im Schnittpunkt<br />
der Hauptverkehrsachsen zwischen<br />
der Industrieregion an Rhein und Ruhr und<br />
der Hauptstadt Berlin, zwischen den Seehäfen<br />
an Nord- und Ostsee und den Wirtschaftszentren<br />
im Süden und Osten des<br />
Landes.<br />
Ein weit gefächerter Mittelstand, quer<br />
durch alle Branchen, bildet die gesunde<br />
Basis der Wirtschaft im Kreis. Unternehmen<br />
der Industrie von internationalem Rang bilden<br />
die Spitze. Ein vielfältiges Arbeitsplatzangebot<br />
und traditionelle Arbeitnehmertreue<br />
zur Firma geben sich die Hand. Dies<br />
gewährleistet eine hohe Beschäftigungsquote.<br />
Die Arbeitsmarktstatistik kommt<br />
nahe an „schwäbische Verhältnisse“ heran<br />
– in fetten wie in mageren Jahren.<br />
Den Namen „Kreis Gütersloh“ tragen die<br />
Unternehmen mit ihren Produkten quer<br />
durch Europa und in alle Länder der Welt.<br />
Das Kennzeichen „GT“ verbindet sich mit<br />
Millionen-Auflagen von Büchern, Zeitschriften<br />
und CD’s aus dem Hause Bertelsmann,<br />
mit Hausgeräten von Miele, mit den<br />
saatgrünen Landmaschinen des Erntespezialisten<br />
Claas, mit dem Markenzeichen<br />
„Westfalia“ an Hängern und Wohnmobilen,<br />
mit den süßen Verlockungen aus der<br />
Bonbonküche von Storck, mit Möbeln und<br />
Textilien, mit Kunststoffteilen, Maschinenbau<br />
und Elektronik, mit Verpackungen und<br />
Pharmazeutika und mit Fleischwaren, Spirituosen<br />
und Honigkuchen in Hülle und<br />
Fülle.<br />
Neben Industrie und Gewerbe, neben<br />
Handel und Dienstleistung behaupten die<br />
Land- und Forstwirtschaft nach wie vor<br />
eine beachtliche Position. In ihrer Bewirtschaftung<br />
und damit in ihrer Obhut liegen<br />
vier Fünftel der Kreisfläche. Das bedeutet<br />
eine gute Garantie für einen durch und<br />
durch grünen Kreis und für eine Landschaft<br />
mit hohem Erholungswert.<br />
Im Hinblick auf Freizeit und Tourismus verbinden<br />
sich Stadt und Land im Kreis<br />
Gütersloh auf wohltuende Weise. Die<br />
Kreisstadt Gütersloh nennt sich nicht nur<br />
gern „Stadt im Grünen“, sie ist es auch.<br />
154
Im Fokus / Kurzinformationen<br />
Schloss Tatenhausen im Süden der Stadt<br />
Halle/Westf., ein immer wieder gern besuchtes<br />
Ausflugsziel.<br />
Die offene Landschaft verzahnt sich übergangslos<br />
mit den Siedlungsräumen. Nirgendwo<br />
in den Städten und Gemeinden<br />
dieses Kreises ist der Schritt in die Natur<br />
weiter als der Gang zum Bäcker.<br />
Geschützte Landschaftsteile, Waldhöhen,<br />
Parklandschaften, Flussniederungen, dazu<br />
35 Naturschutzgebiete, von den Emsauen<br />
bis auf die Kuppen des Teutoburger Waldes<br />
und von der Graureiherkolonie bis zum<br />
Quellgebiet der Ems in der Senne, addieren<br />
sich zu über 36 Quadratkilometern Natur<br />
pur.<br />
Aber auch Natur „aus zweiter Hand“ belebt.<br />
Die Stadt Rheda-Wiedenbrück zeigt, wie es<br />
Die „Flora Westfalica“ – hier mit dem<br />
Wiedenbrücker Emssee – bildet die grüne<br />
Lunge der Stadt Rheda-Wiedenbrück.<br />
geht. Als grünes Band entlang der Ems verbindet<br />
die „Flora Westfalica“, Landesgartenschaugelände<br />
von 1988, die historische<br />
Altstadt Wiedenbrücks mit Schloss Rheda.<br />
Eine Million Menschen suchen und finden<br />
über das Jahr Erholung und Entspannung,<br />
kulturelles Erlebnis und Freizeitvergnügen in<br />
diesem drei Kilometer Strecke messenden<br />
Park entlang eines renaturierten Flusslaufs.<br />
„Flora Westfalica“ ist dabei Ort und Organisator<br />
zugleich. Die Gesellschaft gleichen<br />
Namens steht für Kulturarbeit, Stadtmarketing,<br />
Tourismus und Wirtschaftsförderung.<br />
Als Veranstaltungshaus bildet das „Reethus“<br />
das Herz der „Flora“.<br />
Großes Vergnügen bei den Kleinen und ein<br />
wenig Nostalgie bei den Großen, wenn in<br />
Gütersloh die Kessel der historischen Kleinbahn<br />
angeheizt werden.<br />
Wer tief ins Grüne marschieren möchte,<br />
der wählt den Hermannsweg. Auf dem<br />
Kamm des Teutoburger Waldes erwandert<br />
er eine der schönsten Strecken des Kreises,<br />
nimmt den Aufstieg zur Burgruine<br />
Ravensberg und erklimmt auf 316 Metern<br />
über NN den Hengeberg, die höchste<br />
Erhebung des Kreises. Etappenwanderer<br />
umrunden das Kreisgebiet per pedes über<br />
den 215 Kilometer langen „Eichenweg“.<br />
Insgesamt lässt sich festhalten: Kurzzeitferien<br />
und Freizeiterlebnis liegen im Kreis<br />
Gütersloh direkt vor der Haustür.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 10 30-<strong>02</strong> –<br />
Kurzinformationen<br />
Allgemeine<br />
Verwaltungsaufgaben<br />
KGSt lobt Preis aus:<br />
Intelligent Sparen<br />
Nachdem sich die KGSt mehr als fünf Jahrzehnte<br />
mit der Wirtschaftlichkeit von Verwaltungshandeln<br />
befasst, in den 70er Jahren<br />
die Aufgabenkritik eingeführt und in<br />
den 80er Jahren die Haushaltskonsolidierung<br />
unterstützt hat, fühlt sie sich jetzt<br />
berufen, einen KGSt-Preis für „Intelligentes<br />
Sparen“ auszuloben. Vorbildliche Ideen<br />
und ihre Sparwirkungen sollen bewertet<br />
und ausgezeichnet werden.<br />
Sparen geht alle an. Der Preis wird deshalb<br />
in drei Kategorien vergeben:<br />
1. Vorbildliche Sparidee einer Kommune<br />
2. Vorbildlicher Verbesserungsvorschlag<br />
eines/einer Beschäftigten<br />
3. Vorbildliche Bürgeridee<br />
Die KGst wendet sich mit diesem Preis ausschließlich<br />
an ihre Mitgliedskommunen.<br />
Auch die Bewerbungen und Vorschläge zu<br />
den Kategorien 2 und 3 können nur über die<br />
zuständige Kommune eingereicht werden.<br />
Über die Bewerbungen und Vorschläge<br />
entscheidet eine vom KGSt-Verwaltungsrat<br />
berufene Jury aus kommunalen Praktikern.<br />
Die Preisverleihung findet im Rahmen des<br />
KGSt FORUM 20<strong>02</strong> am 25. September<br />
statt: Zu einer feierlichen Abendveranstaltung<br />
mit erwarteten 1.000 Teilnehmern<br />
werden die Preisträger persönlich eingeladen.<br />
In allen Kategorien wird der KGSt-<br />
Verwaltungsratsvorsitzende, Senatsdirektor<br />
Matthias Kammer von der Freien und<br />
Hansestadt Hamburg, einen Ehrenpreis<br />
und Urkunden verleihen. Die Gewinner der<br />
Kategorien 2 und 3 erhalten zusätzlich eine<br />
Prämie von jeweils 5.000 Euro.<br />
Die KGSt wird die Ergebnisse des Wettbewerbs<br />
anschließend veröffentlichen. Sie<br />
erhofft sich davon eine Verbreitung vorbildlicher<br />
und intelligenter Sparideen.<br />
Bewerbungen und Vorschläge werden auf<br />
etwa drei DIN A4-Seiten erbeten, wobei<br />
Anlagen zulässig sind. Bei Kategorie 2 sollten<br />
die Kommunen bevorzugt auf die jüngeren<br />
Ergebnisse aus ihrem betrieblichen<br />
Vorschlagswesen zurückgreifen, bei Kategorie<br />
3 auf das Beschwerde- oder Ideenmanagement.<br />
Intelligente Sparideen können<br />
jedoch auch eingereicht werden, wenn<br />
sie nicht aus strukturierten Verfahren oder<br />
Kampagnen hervorgegangen sind. Es wird<br />
allerdings vorausgesetzt, dass die Kommunen<br />
vor einer Beteiligung am Wettbewerb<br />
die Zustimmung der betroffenen Beschäftigten<br />
oder Bürger/innen eingeholt haben.<br />
Die KGSt hat das Recht, die ausgelobten<br />
Prämien auf Vorschlag der Jury zu teilen.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Letzter<br />
Abgabetermin ist der 30. Juni 20<strong>02</strong> (Poststempel).<br />
Für Bewerbungen und Vorschläge hat die<br />
KGSt ein Formular entworfen, das auf<br />
Anfrage von der KGSt verschickt wird<br />
oder als Word-Dokument aus dem Internet<br />
heruntergeladen werden kann:<br />
www.kgst.de. Auf der Homepage befindet<br />
sich eine eigene Rubrik für den Wettbewerb<br />
„Intelligent Sparen" mit weiteren<br />
Informationen.<br />
Ansprechpartnerin:<br />
Christiane Wenner, <strong>02</strong> 21/ 3 76 89-40<br />
christiane.wenner@kgst.de<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 10 40-11 –<br />
155
Kurzinformationen<br />
Kostenloser Online-Zugang zum<br />
Amtsblatt der EG<br />
Entsprechend der Transparenzpolitik der EU-<br />
Organe ist seit Anfang des Jahres der<br />
Zugang zu sämtlichen amtlichen Dokumenten,<br />
auf die über das Internet EUR-Lex-Portal<br />
zugegriffen werden kann, insbesondere<br />
zu den im Amtsblatt veröffentlichten Dokumenten,<br />
kostenlos. Zugänglich sind alle Ausgaben<br />
des Amtsblatts der EG seit dem<br />
01.01.1998. Bislang konnten dort nur die<br />
Amtsblätter der EG der letzten beiden<br />
Monate kostenfrei eingesehen werden. Die<br />
Internetadresse lautet: http://europa.eu.int/<br />
eur-lex/de/search/search_oj.html. Es ist eine<br />
chronologische Liste aller Amtsblätter seit<br />
dem 01.01.1998 vorhanden, außerdem ist<br />
eine Suche anhand der Fundstellen der<br />
Amtsblattveröffentlichung möglich. Weitere<br />
komfortablere Suchfunktionen bietet die<br />
Datenbank CELEX, die jedoch weiterhin kostenpflichtig<br />
ist. Soweit ein Internetzugang<br />
vorhanden ist, können daher etwaige bestehende<br />
Abonnements der Amtsblätter der EG<br />
L+C, die sich immerhin auf 1.000,00 € im<br />
Jahr belaufen, geprüft und ggf. gekündigt<br />
werden.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 10 10-07 –<br />
Kreis Unna: Online-Formulare<br />
zum Download<br />
www.kreis-unna.de – unter der Internetadresse<br />
des Kreises Unna gibt es jetzt auch<br />
Formulare, Anträge und Broschüren zum<br />
Download. Das Spektrum reicht von Bau-,<br />
Pflegewohngeld- oder Schülerfahrtkostenanträgen<br />
über das Abfallwirtschaftskonzept<br />
und Bestellformularen bis hin zu Vollmachten<br />
und verschiedenen Formularen<br />
im Bereich der Kfz-Zulassung und - Abmeldung.<br />
Mit diesem Angebot, dass laufend<br />
erweitert werden soll, will der Kreis seinen<br />
Bürgerinnen und Bürgern aufwändige<br />
Behördengänge ersparen.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 10 55-<strong>02</strong> –<br />
Kreis Neuss: Statistisches Jahrbuch<br />
2001 jetzt auch im Internet<br />
Viele interessante Zahlen und Fakten finden<br />
sich im statistischen Jahrbuch des<br />
Kreises Neuss, das vom Amt für Entwicklungs-,<br />
Landschaftsplanung, Wirtschaft<br />
und Statistik herausgegeben wird. Die<br />
mittlerweile 12. Ausgabe ist ab sofort<br />
unter www.kreis-neuss.de auch im Internet<br />
zu finden: Stichwort „Bürgerservice –<br />
Daten und Zahlen“. Das Statistische Jahrbuch<br />
2001 deckt mit seinem Datenbestand<br />
u.a. Themen ab wie Bevölkerung,<br />
Umwelt, Wirtschaft, Verkehr, Kultur und<br />
Soziales.<br />
Das Jahrbuch gibt es aber nicht nur zum<br />
Downloaden. Es ist als Broschüre kostenlos<br />
erhältlich beim Amt für Entwicklungs-,<br />
Landschaftsplanung, Wirtschaft und Statistik<br />
des Kreises Neuss, Lindenstraße 10 in<br />
41515 Grevenbroich (Hochhaus), IV.<br />
Etage, Zimmer Nr. 463. Telefonisch kann es<br />
bei Angelika Schlösser unter der Rufnummer<br />
<strong>02</strong>181/601-6113 oder per E-Mail planung@kreis-neuss.de<br />
bestellt werden.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 12 12-<strong>02</strong> –<br />
Finanzen<br />
Die Kreise werden für ihre Sparkassen<br />
auch künftig einstehen<br />
Auf seiner Präsidiumssitzung im März in<br />
Meschede (Hochsauerlandkreis) begrüßte<br />
der Deutsche <strong>Landkreistag</strong> nachdrücklich die<br />
am 28. Februar in Brüssel erzielte endgültige<br />
Einigung zwischen der Europäischen Kommission,<br />
Bund, Ländern und Deutschem<br />
Sparkassen- und Giroverband (DSGV) über<br />
die Ersetzung der Anstaltslast und die<br />
Abschaffung der Gewährträgerhaftung. Sie<br />
stellt sicher, dass die kommunalen Sparkassen<br />
als öffentlich-rechtlichen Anstalten unter<br />
Wahrung der überkommenen Prinzipien der<br />
Sparkassenorganisation fortbestehen.<br />
Ab 2005 wird es für die deutschen Kreise,<br />
die Träger der meisten Sparkassen sind,<br />
keine Verpflichtung mehr zur Bereitstellung<br />
von Mitteln für neue Verbindlichkeiten<br />
geben. Ebenso haftet der Träger der<br />
Sparkasse nicht für deren Verbindlichkeiten.<br />
Nach Auffassung des DLT bedeutet<br />
dies aber nicht, dass die Kreise ihre Sparkassen<br />
künftig je nach individuell-konkreter<br />
Gegebenheit nicht mehr unterstützen<br />
dürfen, etwa um situationsbezogene wirtschaftliche<br />
Schwierigkeiten zu überbrücken.<br />
Stellt der Träger seiner Sparkasse<br />
Mittel zur Verfügung, so die Vereinbarung<br />
mit Brüssel, erfolgt dies ausschließlich<br />
im Einklang mit der Beihilfendisziplin<br />
der Gemeinschaft. Dies respektiert der<br />
Deutsche <strong>Landkreistag</strong> ausdrücklich. Der<br />
kommunale Spitzenverband empfiehlt<br />
den zuständigen Landesgesetzgebern, in<br />
Umsetzung der Vereinbarung entsprechende<br />
Regelungen zu treffen bzw. Gesetzesbegründungen<br />
vorzusehen. Gleichzeitig<br />
macht der DLT deutlich, dass die Kreise<br />
auch künftig bereit sein werden, für ihre<br />
Sparkassen einzustehen. Schließlich weist<br />
der Verband darauf hin, dass schon heute<br />
das Institutssicherungssystem der Sparkassenorganisation,<br />
das von dieser selbst<br />
finanziert wird, den größten Teil eines<br />
erforderlichen Sanierungsfalles – trotz<br />
Anstaltslast und Gewährträgerhaftung –<br />
trägt. Dies wird auch künftig so sein.<br />
Wegen der Ersetzung der Anstaltslast und<br />
der Abschaffung der Gewährträgerhaftung<br />
hält es der DLT für notwendig, auf der<br />
Grundlage der gemeinsamen Beschlussempfehlungen<br />
von DSGV und kommunalen<br />
Spitzenverbänden, die von der so<br />
genannten Koch-Weser-Arbeitsgruppe am<br />
27. August des vergangenen Jahres gebilligt<br />
und vom Länderarbeitskreis „Sparkassen,<br />
Girozentralen, Landesbausparkassen“<br />
für landesrechtlich umsetzbar erachtet<br />
wurden, – soweit noch nicht geschehen –<br />
Bestimmungen zur Festigung der kommunalen<br />
Bindung vorzusehen. Diese betreffen<br />
die Konkretisierung des öffentlichen Auftrags,<br />
die Überschussverwendung und die<br />
Vermögensverwendung bei Auflösung der<br />
Sparkassen. Der spezifische öffentliche<br />
Auftrag der Sparkassen muss nun in den<br />
meisten Landesgesetzen konkretisiert werden,<br />
um auf Dauer die öffentliche Rechtsform<br />
der Sparkassen, aber auch die Unterstützungsbereitschaft<br />
der Träger zu legitimieren.<br />
Dazu gehört auch die Bereitschaft<br />
des Trägers, sicherzustellen, dass die Sparkassen<br />
durch die Möglichkeit zu angemessenen<br />
Thesaurierungen in die Lage versetzt<br />
bleiben, diesen öffentlichen Auftrag im<br />
Wettbewerb erfüllen zu können. Der<br />
Hauptgeschäftsführer des Deutschen<br />
<strong>Landkreistag</strong>es, Prof. Hans-Günter Henn<br />
e k e, bekräftigte vor dem DLT-Präsidium<br />
mit Blick auf die Verständigung vom 28.<br />
Februar dieses Jahres: „Der Deutsche<br />
<strong>Landkreistag</strong> wird alles in seiner Macht Stehende<br />
tun, damit die Kreise als Sparkassenträger<br />
auch künftig in einem Sanierungsfall<br />
im Einklang mit dem EG-Recht wie private<br />
Anteilseigner aufgrund ihrer Treue- und<br />
Förderungsobliegenheiten ihrer (Mit-) Verantwortung<br />
gerecht werden.“<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 80 14-00 –<br />
Soziales, Jugend<br />
und Gesundheit<br />
Beschäftigungsförderung im<br />
Kreis Viersen<br />
Die Gesellschaft zur Förderung der<br />
Beschäftigung Kreis Viersen gGmbH (GFB)<br />
hat einen Geschäftsbericht herausgegeben,<br />
in dem auf knapp 30 Seiten die<br />
arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten der<br />
Kalenderjahre 2000 und 2001 zusammengefasst<br />
dargestellt werden. Die Broschüre<br />
informiert über die Aufgabenfelder und<br />
Arbeitsergebnisse und gibt in ihrem<br />
Schlusskapitel „Ausblick“ eine Übersicht<br />
156
Kurzinformationen<br />
über zeitnahe Veränderungen, neue Angebote<br />
und künftige Planungsziele.<br />
Weitere Informationen sind erhältlich bei der<br />
Geschäftsführung der GFB Kreis Viersen,<br />
Geschäftsführer Werner Schieß, Willy-<br />
Brandt-Ring 15, 41747 Viersen, Tel.:<br />
<strong>02</strong>162/53015-210; Fax: <strong>02</strong>162/53015-<br />
224; E-Mail: gfb@kreis-viersen.de. Exemplare<br />
der Broschüre sind bei der GFB erhältlich.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 35 12-<strong>04</strong> –<br />
Rahmenvorgaben des<br />
neuen Krankenhausplans<br />
für Nordrhein-Westfalen<br />
Das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie<br />
(MFJFG) und Gesundheit des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen hat die seit dem<br />
01.01.20<strong>02</strong> geltenden Rahmenvorgaben<br />
des neuen Krankenhausrahmenplans im<br />
Internet unter www.mfjfg.nrw.de sowie als<br />
Broschüre veröffentlicht, die bei der Broschürenstelle<br />
des MFJFG, 40190 Düsseldorf<br />
bestellt werden kann. Dem neuen Krankenhausplan<br />
liegt ein einvernehmlich erzieltes<br />
Ergebnis im Landesausschuss für Krankenhausplanung<br />
über Planungsgrundsätze und<br />
quantitative Eckwerte der Krankenhausplanung<br />
zugrunde. In der letzten Sitzung des<br />
Landesausschusses für Krankenhausplanung<br />
stand die regionale Verteilung der<br />
Kapazitäten in Nordrhein-Westfalen auf<br />
der Tagesordnung. Beschlossen wurde die<br />
Bildung einer Arbeitsgruppe, in der über<br />
das weitere Verfahren hinsichtlich der<br />
Regionalisierung des Bettenbedarfs und die<br />
Datengrundlage zur Verteilung des Bettenbedarfs<br />
beraten werden soll.<br />
Insbesondere für den ländlichen Raum ist<br />
das Ergebnis einer Definition der wohnortnahen<br />
Versorgung nach dem Krankenhausgesetz<br />
von Bedeutung. Diese soll nach<br />
einer einvernehmlich zwischen der Krankenhaus-<br />
und der Krankenkassenseite<br />
gefundenen Formulierung dann sichergestellt<br />
sein, wenn ein Krankenhaus nicht<br />
weiter als 15 bis 20 Kilometer entfernt ist,<br />
es sei denn, dass wegen topographischer<br />
oder verkehrsinfrastruktureller Besonderheiten<br />
das Krankenhaus nicht in der sonst<br />
üblichen Zeit erreichbar und eine kürzere<br />
Entfernung angemessen ist.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 54 07-00–<br />
Kreis Unna engagiert im Netzwerk<br />
Patientenberatung <strong>NRW</strong><br />
Als Modellkommune ist der Kreis Unna im<br />
„Netzwerk Patientenberatung <strong>NRW</strong>“ vertreten.<br />
In dieser Arbeitgemeinschaft haben<br />
sich 23 Mitglieder der Landesgesundheitskonferenz<br />
zusammengeschlossen, um Verbesserungen<br />
in der Information und Beratung<br />
im Gesundheitswesen zu erreichen.<br />
„Der gesundheitliche Verbraucherschutz<br />
stellt eine neue Herausforderung an das<br />
deutsche Gesundheitssystem dar“, so<br />
Kreis-Gesundheitsdezernentin Gabriele<br />
Warminski-Leitheußer.<br />
Ziel des Netzwerkes ist deshalb die Stärkung<br />
der Kompetenz von Bürgerinnen und<br />
Bürgern in Gesundheitsfragen. Ein Schwerpunkt<br />
liegt dabei in einer verstärkten<br />
Transparenz sowie einem qualitätsorientierten<br />
Ausbau der Beratungs- und Leistungsangeboten<br />
im Gesundheitswesen.<br />
Landesweit beteiligen sich unter anderem<br />
die Ärzte- und Apothekerkammern, Kassenärztliche<br />
Vereinigungen, Krankenkassen,<br />
die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege,<br />
der Deutsche Gewerkschaftsbund<br />
und die Landesarbeitsgemeinschaft<br />
Selbsthilfe Behinderter <strong>NRW</strong>.<br />
Im Kreis findet momentan die Bestanderhebung<br />
aller Beratungsangebote statt. Hierzu<br />
hat die Koordinierungsstelle für Gesundheitsförderung<br />
und Gesundheitsplanung<br />
des Kreises Unna insgesamt 450 Einrichtungen,<br />
Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen<br />
um Informationen zu ihren jeweiligen<br />
Beratungsaufgaben gebeten. „Sobald die<br />
Bestandsaufnahme abgeschlossen ist, werden<br />
wir in weiteren Schritten die Beratungsangebote<br />
transparent darstellen, Defizite<br />
vor Ort aufzeigen und die Angebote auch<br />
koordinieren“, so Gabriele W a r minski-<br />
Leitheußer. Weitere Informationen zu<br />
diesem Thema sind verfügbar bei der<br />
Geschäftsstelle für Gesundheitsförderung<br />
und Gesundheitsplanung des Kreises, Platanenallee<br />
16, 59425 Unna, Telefon<br />
<strong>02</strong>303/271254 (Gaby Olbrich-Steiner) und<br />
272754 (Jochen Hartlieb).<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 53 01-00/4 –<br />
Sportprospekt<br />
des Kreises Viersen<br />
Der Kreis Viersen hat einen Prospekt<br />
herausgegeben, der über das Sportangebot<br />
im Kreis Viersen informiert. Das<br />
vielfältige Programm reicht von verschiedenen<br />
Ball- und Wassersportarten<br />
über Wandern und Fahrradfahren bis<br />
hin zu Segelflug- und Wintersportarten.<br />
Die kostenlose Broschüre kann bei der<br />
Pressestelle des Kreises unter der Telefon<br />
Nr.: <strong>02</strong>162/391<strong>02</strong>5 oder beim<br />
Kreisjugendamt unter der Telefon Nr.:<br />
<strong>02</strong>162/391868 angefordert werden.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 52 10-00 –<br />
Vermessungswesen<br />
Informationen zum Katasteramt<br />
des Kreises Coesfeld<br />
Beim Katasteramt des Kreises Coesfeld liegen<br />
jetzt zwei Faltblätter vor, die über die<br />
Aufgaben und Abteilungen des Katasteramtes<br />
selbst sowie über die gesetzliche<br />
Gebäudeeinmessungs-Verpflichtung informieren.<br />
Unter dem Titel „Unser Service für Ihr<br />
Grundstück“ wird zunächst über Entstehung<br />
und Entwicklung des Liegenschaftskatasters<br />
berichtet. Danach stellen sich die<br />
drei Abteilungen vor, welche zumindest<br />
dem Bürger gegenüber nach wie vor „das<br />
Katasteramt“ bilden. Bürgerinnen und Bürger<br />
erfahren hier, was sie von der Vermessungsabteilung,<br />
der Abteilung Liegenschaftskataster<br />
und der Abteilung Grundstücksbewertung/Geoinformation<br />
ganz<br />
persönlich für ihren Bedarf erhalten bzw.<br />
bekommen können. Zum Schluss werden<br />
für den Bürger wichtige Telefon- und Faxnummern<br />
sowie die Email-Adressen der<br />
drei Abteilungen und die Öffnungszeiten<br />
genannt, um Kontakt aufnehmen und weitere<br />
Fragen stellen zu können.<br />
Ein zweites Blatt behandelt das Thema<br />
Gebäudeeinmessung, eine Verpflichtung,<br />
welche dem Häuslebauer neben vielen<br />
anderen Pflichten auferlegt ist. Ein Beispiel<br />
gibt Auskunft über die entstehenden Einmessungsgebühren.<br />
Auch hier stehen<br />
Ansprechpartner aus der Vermessungsabteilung<br />
des Katasteramtes für weitere Fragen<br />
zur Verfügung.<br />
Mit beiden Informationsblättern verbindet<br />
Landrat Hans Pixa den Wunsch und die<br />
Hoffnung, ein Stückchen mehr Bürgernähe<br />
und Bürgerinformation herstellen zu können.<br />
Die Blätter sind bei der Kreisverwaltung<br />
Coesfeld, Tel.: <strong>02</strong>541/18-6701, Email:<br />
info@kreis-coesfeld.de, erhältlich. Die Inhalte<br />
sind aber auch im Internet über www.kreiscoesfeld.de<br />
(Bürgerservice) abrufbar.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 62 00-03 –<br />
Umweltschutz<br />
Kreis Neuss:<br />
Naturnahe Regenwasserbeseitigung<br />
– Umweltschutz mit<br />
Spareffekt<br />
Unter dem Motto „Naturnahe Regenwasserbeseitigung<br />
im Kreis Neuss – Umweltschutz<br />
mit Spareffekt“ hatte das Amt für<br />
Umweltschutz des Kreises Neuss von Juni<br />
2000 bis Januar 2001 eine Wanderausstellung<br />
in der Kreisverwaltung und in Gebäu-<br />
157
Kurzinformationen / Hinweise auf Veröffentlichungen<br />
den der kreisangehörigen Städte und<br />
Gemeinden präsentiert. Aufgrund der sehr<br />
positiven Resonanz und des großen Informationsbedarfs<br />
legt der Kreis Neuss nun<br />
auch eine Broschüre mit umfassenden<br />
Informationen zu diesem Thema vor.<br />
Das ausschließlich über Werbeinserate<br />
finanzierte DIN-A-4-Heft informiert auf 36<br />
Seiten ausführlich über die Vorteile, die<br />
technischen Möglichkeiten sowie die<br />
finanzielle Förderung der naturnahen<br />
Regenwasserbeseitigung und soll als Hilfestellung<br />
bei der Planung sowie Ausführung<br />
entsprechender Anlagen dienen. Die Broschüre<br />
richtet sich an alle interessierten<br />
Bürger, an Bauwillige, Planungs-, Architektur-<br />
und Ingenieurbüros.<br />
Viele Fragen, die mit einer umweltbewussten<br />
Regenwasserbeseitigung verbunden<br />
sind, werden beantwortet: von wasserund<br />
kommunalrechtlichen Aspekten über<br />
Versickerungsmethoden und Flächenentsiegelung<br />
bis zu Fördermöglichkeiten und<br />
Antragsformularen. Eine Liste mit Ansprechpartnern<br />
für Ratsuchende rundet<br />
das Informationspaket ab.<br />
Die Broschüre zur naturnahen Regenwasserbeseitigung<br />
ist kostenlos beim Amt für<br />
Umweltschutz des Kreises Neuss - Untere<br />
Wasserbehörde – in Grevenbroich (Tel.<br />
<strong>02</strong>181/601-6869) sowie bei den kreisangehörigen<br />
Städten und Gemeinden erhältlich.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 66 30-00 –<br />
Bußgeldkatalog Umwelt <strong>NRW</strong><br />
Das Ministerium für Umwelt und Naturschutz,<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
<strong>NRW</strong> hat mit Runderlass vom<br />
<strong>02</strong>.01.20<strong>02</strong> den Bußgeldkatalog aus dem<br />
Jahre 2000 in überarbeiteter Fassung neu<br />
als Loseblattsammlung veröffentlicht.<br />
Exemplare des Kataloges können kostenlos<br />
beim MUNLV, 40190 Düsseldorf, bezogen<br />
werden (Tel.: <strong>02</strong>11/4566-666, E-Mail:<br />
Poststelle@munlv.nrw.de). Der Katalog<br />
wird demnächst auch im Internet unter der<br />
Adresse http://www.munlv.nrw.de abrufbar<br />
sein. Nachlieferungen zur Loseblattsammlung<br />
werden ausschließlich durch das<br />
Internet erfolgen.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 32 10-<strong>02</strong> –<br />
Nachhaltigkeitsindikatoren –<br />
Wegweiser für die räumliche<br />
Entwicklung in <strong>NRW</strong><br />
Im Zusammenhang mit einer nachhaltigen<br />
Raumentwicklung werden Indikatoren<br />
zunehmend als wichtige Bausteine angesehen.<br />
Aus diesem Grunde hat das Institut für<br />
Landes- und Stadtentwicklungsforschung<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS) im<br />
Auftrag der Landesplanungsbehörde unter<br />
Leitung von Professor Dr. Lothar Finke von<br />
der Universität Dortmund eine Studie sowie<br />
eine eigene Untersuchung durchgeführt.<br />
Beide Untersuchungen sind in der Publikation<br />
des ILS „Nachhaltigkeitsindikatoren –<br />
Wegweise für die räumliche Entwicklung in<br />
Nordrhein-Westfalen“ dokumentiert. Die<br />
Dokumentation kann zum Preis von €<br />
15,00 über den Buchhandel (ISBN 3-8176-<br />
6175-4) oder das Institut für Landes- und<br />
Stadtentwicklungsforschung <strong>NRW</strong> (E-Mail:<br />
verlag@ils.nrw.de) bezogen werden.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/April 20<strong>02</strong><br />
– 61 11-01 –<br />
Hinweise auf Veröffentlichungen<br />
Held: Praxis der Kommunalverwaltung,<br />
Ratgeber für die tägliche Arbeit aller Kommunalpolitiker<br />
und der Bediensteten in<br />
Gemeinden, Städten und Landkreisen<br />
(Loseblattsammlung). Landesausgabe Nordrhein-Westfalen,<br />
298. Nachlieferung, €<br />
53,60, Kommunal- und Schul-Verlag<br />
GmbH & Co., Postfach 3629, 65<strong>02</strong>6 Wiesbaden.<br />
Die vorliegende (nicht einzeln erhältliche) 298.<br />
Lieferung enthält: Bundessozialhilfegesetz<br />
(BSHG) von Ministerialrat Dr. Manfred Schäf<br />
e r, Soziale Pflegeversicherung (Sozialgesetzbuch<br />
XI) von Verbandsdirektor Roland Klinger,<br />
Gemeinde und Wehrpflicht von Rechtsanwalt Dr.<br />
Andreas G r onimus, Landeshundeverordnung<br />
Nordrhein-Westfalen (LHV <strong>NRW</strong>) von Regierungsdirektor<br />
Günter Haurand.<br />
Bert S c h a f f a r z i k, Handbuch der Europäischen<br />
Charta der kommunalen Selbstverwaltung,<br />
Reihe: Schriften zum deutschen<br />
und europäischen Kommunalrecht,<br />
Band 14, 20<strong>02</strong>, 794 Seiten, € 74,00, ISBN<br />
3-415-<strong>02</strong>934-4, Richard Boorberg Verlag,<br />
Scharrstraße 2, 70563 Stuttgart.<br />
Die Sicherung einer wirkungsvollen kommunalen<br />
Selbstverwaltung ist stets ein zentrales Anliegen<br />
des Europarates, der auch das Ziel verfolgt,<br />
dem Prinzip der Demokratie möglichst umfangreich<br />
im politisch-gesellschaftlichen Leben Europas<br />
Geltung zu verschaffen.<br />
Mit der Europäischen Charta der kommunalen<br />
Selbstverwaltung – in Kurzform Europäische<br />
Kommunalcharta (EKC) – ist ein Europäischer<br />
Vertrag vereinbart worden, an den auch die<br />
Bundesrepublik Deutschland gebunden ist. Wie<br />
diese Bindung aussieht und welche konkreten<br />
Folgen sich daraus ergeben, ist Gegenstand der<br />
breit angelegten Darstellung.<br />
Den Erläuterungen zur Entstehungsgeschichte<br />
und zu den institutionellen Hintergründen der<br />
EKC folgen Ausführungen zu den kommunalen<br />
Verbänden mit Beraterstatus im Europarat und<br />
zu den kommunalen Institutionen, die auf der<br />
Ebene der Europäischen Gemeinschaft tätig sind.<br />
Schwerpunkt des Handbuchs sind die umfassenden<br />
Erläuterungen zu den einzelnen Regelungsgehalten<br />
der EKC, wozu beispielsweise die<br />
Organisationsgarantien und die Prozessgarantie<br />
gehören. Zusätzlich zeigt der Autor, auf welche<br />
Art und Weise eine Kontrolle der Einhaltung der<br />
Charta möglich ist.<br />
Von besonderer Bedeutung sind die praxisorientierten<br />
Ausführungen dazu, wie die EKC in<br />
nationales Recht eingeführt wird, welchen Rang<br />
sie dort einnimmt und vor allem, unter welchen<br />
Voraussetzungen die Charta unmittelbar zur<br />
Anwendung gelangt. Dabei berücksichtigt der<br />
Autor unter anderem den Einfluss, den der Vertrag<br />
auf das Steuerrecht, auf die Regeln des<br />
Wettbewerbs oder auf die Vergabe öffentlicher<br />
Aufträge nimmt.<br />
Die Darstellung, der unterschiedlichen Möglichkeiten<br />
zum Schutze der kommunalen Selbstverwaltung<br />
auf nationaler und europäischer Ebene<br />
rundet das umfassende Handbuch ab.<br />
Isensee: Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht.<br />
Eine Studie über das Regulativ<br />
des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft,<br />
Zweite Auflage mit Nachtrag: Die<br />
Zeitperspektive 2001 – Subsidiarität – das<br />
Prinzip und seine Prämissen, Band 80 der<br />
Schriften zum Öffentlichen Recht, 391 Seiten,<br />
2001, € 48,--, ISBN 3-428-10632-6,<br />
Duncker & Humblot, Fax 030/79 00 06 31,<br />
Internet: http://www.duncker-humblot.de<br />
Das Subsidiaritätsprinzip fand Eingang in das<br />
Maastrichter Vertragswerk und wurde sanktioniert<br />
als Regulativ der Kompetenzausübung. In<br />
seiner europarechtlichen Gestalt strahlt es<br />
zurück auf das deutsche Verfassungsrecht. Das<br />
Grundgesetz erkennt es in seiner neuen Struktursicherungsklausel<br />
ausdrücklich an als eine der<br />
Vorgaben für die nationale Integrationspolitik,<br />
die nach deutschen Verfassungsmustern erfolgen<br />
soll. Zu dem Bild, welches das Grundgesetz<br />
von sich selbst zeichnet, gehört der Grundsatz<br />
der Subsidiarität. Heute, da die Schrift über das<br />
Subsidiaritätsprinzip in zweiter Auflage herauskommt,<br />
steht das Thema erneut auf der Tagesordnung<br />
der Jurisprudenz. Die alten Fragen nach<br />
Inhalt und Sinn, Geltungsweise und Judiziabilität<br />
erheben sich wieder, nunmehr freilich nicht nur<br />
im Kontext des nationalen, sondern auch des<br />
supranationalen Rechts. Bekannte Kontroversen<br />
über Aussagefähigkeit, Anwendbarkeit, Direktivkraft<br />
flammen wieder auf. Doch die Bedingungen,<br />
unter denen die Kontroversen auszutragen<br />
sind, haben sich verändert, seit das Subsidiaritätsprinzip<br />
Rückhalt im geschriebenen Recht<br />
gefunden hat. Das Wort der europäischen Verträge<br />
und das Wort des Grundgesetzes streiten<br />
für die Wirksamkeit des Prinzips. Die Monographie<br />
aus dem Jahre 1968 wird unverändert wieder<br />
vorgelegt aber ergänzt um eine Betrachtung<br />
in der Sicht des Jahres 2001: über die Prämissen<br />
158
Hinweise auf Veröffentlichungen<br />
des Subsidiaritätsprinzips, die Bedingungen seiner<br />
Anwendbarkeit und über seine Erscheinungsformen<br />
im geltenden Recht.<br />
Daniel Röder, Die Haftungsfunktion der<br />
Grundrechte, eine Untersuchung zum<br />
anspruchsbewehrten status negativus<br />
compensationis, Reihe: Schriften zum<br />
Öffentlichen Recht, Band 881, 20<strong>02</strong>, 385<br />
Seiten, € 72,00, ISBN 3-428-10659-8,<br />
Duncker & Humblot GmbH, Postfach 4103<br />
29, 12113 Berlin.<br />
Zentrale Bereiche des Staatshaftungsrechts sind<br />
gesetzlich nicht geregelt. Der Versuch der<br />
Rechtsprechung, diese Vakanz durch richterrechtliche<br />
Haftungsinstitute zu schließen, ist<br />
nur teilweise gelungen. Deren Rechtsgrundlagen,<br />
nahezu sämtliche Tatbestandsmerkmale<br />
wie auch ihre Rechtsfolgen sind nach wie vor<br />
stark umstritten. Zunehmende Kritik erfährt vor<br />
allem die Beschränkung der „Rechtswidrigkeitsaufopferung“<br />
auf Eingriffe in das Eigentum<br />
und die Rechtsgüter Leben, körperliche<br />
Unversehrtheit und Freiheit (Art. 2 Abs. 2 GG).<br />
Dabei findet die wissenschaftliche Auseinandersetzung<br />
regelmäßig in den Bahnen und<br />
innerhalb der Grenzen der richterrechtlichen<br />
Haftungsinstitute statt; es geht um Erweiterungsmöglichkeiten<br />
und Beschränkungszwänge<br />
sowie das Verhältnis der einzelnen Rechtsinstitute<br />
untereinander und zum Amtshaftungsrecht.<br />
Üblicherweise wird ihre Existenz auch in<br />
der Lehre unterstellt, Rechtsgrundlagen nur<br />
deklaratorisch benannt.<br />
Im Zuge eines Methodenwechsels wendet<br />
sich Daniel Röder gegen dieses induktive<br />
Denken, das er als die „Achillesferse“ des<br />
deutschen Staatshaftungsrechts erkennt.<br />
Anstelle der „Ansprüche ohne Anspruchsgrundlagen“<br />
entwickelt er ein deduktives<br />
Anspruchssystem, indem er Haftungsansprüche<br />
gegen den Staat aus den Grundrechten<br />
selbst ableitet. Konsequenz dieser „kopernikanischen<br />
Wende“ ist, dass der Folgenbeseitigungsanspruch<br />
ebenso zur bloßen Rechtsfolge<br />
einer Grundrechtsverletzung gerät wie die<br />
Aufopferungsansprüche.<br />
Die Begründung des grundrechtlichen Kompensationsanspruchs<br />
erfolgt in zwei Schritten. In<br />
einem ersten Teil analysiert der Autor die<br />
Rechtsprechung zum Aufopferungsrecht. Dabei<br />
legt er nicht nur eine Vielzahl dogmatischer<br />
Widersprüche offen, sondern zeigt, dass das<br />
gesamte Richterrecht (bruchstückhafte) Umsetzung<br />
grundrechtlicher Vorgaben sein muss, Im<br />
zweiten Teil bestätigt eine teleologische Auslegung<br />
der Grundrechte diese Erkenntnis. Insgesamt<br />
überführt der Autor das Richterrecht in ein<br />
widerspruchsfreies System und denkt es konsequent<br />
fort. Integrativer Bestandteil sind haftungseinschränkende<br />
Kriterien, wodurch der<br />
befürchteten „Überbelastung öffentlicher Haushalte“<br />
effektiv begegnet wird.<br />
Altersteilzeit von Arbeitnehmern in<br />
Öffentlichen Verwaltungen, Einrichtungen,<br />
Unternehmen und Sparkassen von<br />
Detlef D r e s p a, Leiter der Lohn- und Vergütungsprüfung<br />
bei der Stadt Düsseldorf,<br />
Personalamt; Friedrich Meyer, Jurist beim<br />
Landesarbeitsamt NW im Referat Altersteilzeit<br />
und Jürgen Slawik, Referent beim<br />
Kommunalen Arbeitgeberverband; Loseblattwerk,<br />
1 Ordner, z. Zt. ca. 832 Seiten,<br />
EUR 60,--, ISBN 3-472-<strong>04</strong>583-3<br />
Altersteilzeit ist das aktuelle Thema im öffentlichen<br />
Dienst. Älteren Arbeitnehmern wird ein<br />
sozialverträglicher, gleitender Übergang in den<br />
Ruhestand ermöglicht, um dadurch in erster<br />
Linie gefördert durch die Bundesanstalt für<br />
Arbeit, Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungschancen<br />
zu eröffnen. Zur Umsetzung<br />
dieser attraktiven Möglichkeit haben der<br />
Gesetzgeber und die Tarifvertragsparteien allerdings<br />
ein äußerst kompliziertes Regelwerk zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
Die daraus resultierenden Fragen werden in diesem<br />
Werk praxisorientiert und detailliert behandelt:<br />
Voraussetzungen und Möglichkeiten der<br />
Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz bzw.<br />
nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit,<br />
Tarifliche Sonderleistungen, Zusatzversorgungsrechtliche<br />
Fragestellungen, Förderung<br />
durch die Bundesanstalt für Arbeit<br />
(inkl. Durchführungsanweisungen), Sozialversicherungsrechtliche<br />
Aspekte und vor allem konkrete<br />
Berechnungsbeispiele. Die Autoren können<br />
hierbei aufgrund ihrer kontinuierlichen<br />
Beratungstätigkeit auf die tatsächlichen Bedürfnisse<br />
der Praxis zurückgreifen.<br />
Beamtenrecht des Bundes und der Länder<br />
– Gesamtausgabe B – S c h ü t z /Maiw<br />
a l d, 201. Ergänzungslieferung, Stand:<br />
Februar 20<strong>02</strong>, 208 Seiten, € 51,50,<br />
Bestell-Nr. 7685 5470 201, Hüthig Fachverlage,<br />
Im Weiher 10, 69121 Heidelberg<br />
Beihilfenrecht Nordrhein-Westfalen, Kommentar<br />
von K.-H. Mohr und H. Sabolewski,<br />
51. Ergänzungslieferung, 296 Seiten,<br />
DIN A 5, Gesamtwerk, eingeordnet bis<br />
zum Liefertag 2.174 Seiten in zwei Ordnern,<br />
1<strong>04</strong>,-- EUR, ISBN 3-7922-0153-4,<br />
Verlag Reckinger & Co., Siegburg.<br />
Diese Lieferung enthält vor allem die auf Grund<br />
der Währungsumstellung geänderten Vorschriften<br />
der Beihilfenverordnung, der Verwaltungsvorschriften,<br />
der Unterstützungsgrundsätze, der<br />
Vorschussrichtlinien, des Sozialgesetzbuchs und<br />
der BundespflegesatzVO. Überarbeitet wurden<br />
auch die das Beihilferecht ergänzenden Regelungen.<br />
Die Überarbeitung der Erläuterungen<br />
muss späteren Ergänzungslieferungen vorbehalten<br />
sein.<br />
Umsatzsteuer, Offerhaus/Söhn/Lang<br />
e, Kommentar, 146. Ergänzungslieferung,<br />
Stand: Februar 20<strong>02</strong>, 178 Seiten, €<br />
57,00, Bestellnr.: 7719 4113 146, Hüthig<br />
Fachverlage, Im Weiher 10, 69121 Heidelberg.<br />
EG-Förderprogramme für Kommunen,<br />
Leiß/Poth-Mögele, 11. Ergänzungslieferung,<br />
November 2001, 164 Seiten, €<br />
22,00, Verlagsgruppe Jehle Rehm GmbH,<br />
Postfach 80 19 40, 81619 München.<br />
Gunnar Schwarting, Den kommunalen<br />
Haushaltsplan richtig lesen und verstehen,<br />
Leitfaden für Rat und Verwaltung, 2.<br />
Aufl. 20<strong>02</strong>, 128 Seiten, kartoniert, 19,95<br />
€, ISBN 3-503-06619-5, Erich Schmidt<br />
Verlag GmbH & Co., Postfach 10 24 51,<br />
33524 Bielefeld.<br />
Das Verständnis finanzwirtschaftlicher Zusammenhänge<br />
ist für die Arbeit in der kommunalen<br />
Verwaltung ebenso wie für die Tätigkeit im<br />
Gemeinderat oder Kreistag von zentraler Bedeutung.<br />
Aufstellung, Beratung und Verabschiedung<br />
des Haushalts zählen in den Kommunen<br />
zu den wichtigsten Vorgängen und Entscheidungen.<br />
Nicht zuletzt auf Grund der Besonderheiten<br />
des öffentlichen Rechnungswesens erschließt<br />
sich der Haushalt nur schwer.<br />
Dieser praktische Leitfaden soll dazu beitragen,<br />
Basis-Informationen über wesentliche Fragestellungen<br />
der kommunalen Finanzwirtschaft zu vermitteln.<br />
Im Vordergrund soll das Verständnis für<br />
finanzwirtschaftliche Zusammenhänge und für<br />
aktuelle finanzpolitische Auseinandersetzungen<br />
stehen. Neben einer gründlichen Überarbeitung<br />
und Aktualisierung wurden die Neuregelungen<br />
bei der Gewerbesteuer sowie die Neuordnung<br />
des Sparkassenwesens jetzt aufgenommen. In<br />
einem eigenen Abschnitt werden schließlich auch<br />
die beabsichtigten Veränderungen des kommunalen<br />
Haushaltsrechts kurz erläutert.<br />
B l u m: Ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit<br />
in der Insolvenz, Band 143 der<br />
Schriften zum Wirtschaftsrecht, 262 Seiten,<br />
2001, € 64,--, ISBN 3-428-10552-4,<br />
Duncker & Humblot, Fax 030 / 79 00 06<br />
31, Internet: http://www.duncker-humblot.de<br />
Das Problem der Behandlung ordnungsrechtlicher<br />
Verantwortlichkeiten in der Insolvenz stellt<br />
sich in der Praxis, wenn von einer Insolvenzmasse<br />
Umweltgefahren ausgehen, z. B. bei Vorhandensein<br />
von Altlasten. Diese Situation konfrontiert<br />
sowohl die zuständige Behörde als auch den<br />
Insolvenzverwalter mit zahlreichen Fragen: Ist<br />
der Erlass einer auf Gefahrenbeseitigung gerichteten<br />
Ordnungsverfügung nach Verfahrenseröffnung<br />
noch zulässig? Wenn ja, an wen ist<br />
diese zu richten, und kann sie mittels Ersatzvornahme<br />
zu Lasten der Masse zwangsweise<br />
durchgesetzt werden? Muss bzw. darf der Insolvenzverwalter<br />
im Hinblick auf seine Pflicht zur<br />
Masseschonung Ordnungsverfügungen befolgen,<br />
und kann er die Masse möglicherweise<br />
durch Freigabe der umweltgefährdenden<br />
Gegenstände vor den Gefahrbeseitigungskosten<br />
schützen? Zur Beantwortung dieser und weiterer<br />
im Schnittfeld zwischen öffentlichem und privatem<br />
Recht liegenden Fragen wird die kaum<br />
mehr überschaubare und äußerst zerstrittene<br />
Rechtsprechung und Literatur ausgewertet und<br />
darauf aufbauend ein sowohl praktisch als auch<br />
rechtlich überzeugender Lösungsvorschlag entwickelt.<br />
Es wird gezeigt, dass die Behörde im<br />
Ergebnis meist nicht den Beschränkungen der<br />
Insolvenzordnung unterworfen ist. In der Regel<br />
kann sie den Insolvenzverwalter durch eine entsprechende<br />
Verfügung zur Gefahrenbeseitigung<br />
anhalten und notfalls zu Lasten der Masse eine<br />
Ersatzvornahme durchführen. Die kann der<br />
159
Hinweise auf Veröffentlichungen<br />
Insolvenzverwalter auch durch eine Freigabe<br />
nicht verhindern.<br />
Landeshundeverordnung Nordrhein-Westfalen<br />
(LHV <strong>NRW</strong>), Kommentar, Günter<br />
Haurand, 2.Auflage 20<strong>02</strong>, kartoniert,<br />
164 Seiten, Preis 16,40 €, ISBN 3-8293-<br />
0548-6, Kommunal- und Schul-Verlag<br />
GmbH & Co., Postfach 36 29, 65<strong>02</strong>6<br />
Wiesbaden<br />
Aktuell, zuverlässig und praxisnah zeigt die<br />
Landeshundeverordnung Nordrhein-Westfalen<br />
(LHV <strong>NRW</strong>) auf, wie die Regelungen in der Praxis<br />
zu handhaben sind und welche Vorschriften -<br />
wie z.B. Anzeigepflicht, Sachkundebescheinigung,<br />
Kennzeichnung, Erlaubnispflicht, sichere<br />
Unterbringung, Zuchtverbot, Anleinzwang,<br />
Maulkorbzwang, Haftpflichtversicherung – besonders<br />
beachtet werden müssen.<br />
Ein kurzes Vorwort nimmt zu der aktuellen Situation<br />
kritisch Stellung; eine informative Einführung<br />
vermittelt einen zusammenfassenden<br />
Querschnitt des derzeitigen Geschehens. Aus<br />
praktischen Erwägungen wurde der Kommentierung<br />
der Text der Landeshundeverordnung –<br />
LHV <strong>NRW</strong> – im Zusammenhang vorangestellt.<br />
Anschaulich und leicht verständlich informiert<br />
die Ausgabe über alle wesentlichen Einzelvorschriften<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen – wie<br />
z.B. über die ab 01.09.2001 gültige Tierschutz-<br />
Hundeverordnung –; desgleichen über das<br />
Bundesgesetz zur Bekämpfung gefährlicher<br />
Hunde, das u.a. neue Strafvorschriften im StGB<br />
und im Nebenstrafrecht einführt. Ebenso wurden<br />
die Verwaltungsvorschriften (VV LHV) zu<br />
den einzelnen Normen der LHV aufgenommen.<br />
Ein systematisch gegliedertes Inhaltsverzeichnis,<br />
ein ausführliches Abkürzungsverzeichnis und ein<br />
übersichtliches Stichwortverzeichnis führen zielsicher<br />
zu den jeweils gewünschten Informationen.<br />
Ein praxisdienlicher Anhang mit begleitenden<br />
Rechtsvorschriften – wie z.B. dem Tierschutzgesetz<br />
der Verordnung über das Halten<br />
von Hunden im Freien und dem Gesetz zur<br />
Bekämpfung gefährlicher Hunde – sowie Formulierungshilfen<br />
runden die praxisorientierte<br />
Darstellungsform sinnfällig ab.<br />
Die Landeshundeverordnung Nordrhein-Westfalen<br />
(LHV <strong>NRW</strong>) richtet sich an die gesamte<br />
Kommunalverwaltung, an Ordnungsbehörden<br />
und Polizei, an Gerichte und Anwälte sowie an<br />
alle Hundezüchter und Hundeausbilder. Gleichzeitig<br />
ist der neue Praxis-Kommentar ein unverzichtbarer<br />
Ratgeber für jede(n) Hundehalter(in)<br />
und alle sonstigen mit Hunden befassten Institutionen<br />
und Personen im Land Nordrhein-Westfalen.<br />
Hauck/Noftz: Sozialgesetzbuch SGB IV -<br />
Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung,<br />
von Prof. Dr. Peter U d -<br />
s c h i n g, Dr. Gero-Falk B o r r mann,<br />
Renate F r e u n d, Günter Graeff, Roland<br />
Klattenhoff, Dr. Robert Steinbach<br />
und Gerhard Sehnert, erschienen im<br />
Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Viktoriastraße<br />
44A, 336<strong>02</strong> Bielefeld, Loseblattwerk-Kommentar,<br />
einschl. 33. und 34. Lieferung,<br />
1.703 Seiten, DIN A 5, € 76,–<br />
einschl. Ordner, ISBN 3 503 01527 2.<br />
Mit dem SGB IV-Kommentar wird eine umfassende<br />
und jederzeit aktuelle Kommentierung<br />
der Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung<br />
geboten, die einerseits den Erfordernissen<br />
der Praxis, andererseits aber auch den<br />
Bedürfnissen der Wissenschaft voll gerecht wird.<br />
Er bildet mit dem Allgemeinen Teil die Grundlage<br />
für die Einordnung des Rechts der gesetzlichen<br />
Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung<br />
in das Sozialgesetzbuch.<br />
Die 33. Lieferung enthält vor allem eine grundlegende<br />
Überarbeitung von § 1 und eine Erstkommentierung<br />
der neuen §§ 7a – 7c. Außerdem<br />
wurden das Abkürzungs-, Literatur- und<br />
Stichwortverzeichnis aktualisiert.<br />
Mit der 34. Lieferung erscheint die erste Neubearbeitung<br />
unter geänderter Herausgeberschaft.<br />
Die Autoren haben sich zunächst darauf konzentriert,<br />
die Aktualität des Kommentars zu<br />
wahren und den auf zahlreiche Einzelgesetze<br />
verteilten Änderungen des Textes des SGB IV<br />
Rechnung zu tragen. Die Schwerpunkte der<br />
Änderungen stammen aus dem 4. Euro-Einführungsgesetz.<br />
Erst der vollständige Name des<br />
Gesetzes „Gesetz zur Einführung des Euro im<br />
Sozial- und Arbeitsrecht“ lässt Bezüge zum Sozialversicherungsrecht<br />
erkennen; der Gesetzgeber<br />
hat sich hier jedoch nicht auf Regelungen zur<br />
Währungsumstellung beschränkt, sondern –<br />
etwa bei den Regelungen des Beschäftigungsverhältnisses<br />
und den Meldepflichten des<br />
Arbeitgebers – durchaus substantielle Änderungen<br />
vorgenommen.<br />
Hauck/Noftz: Sozialgesetzbuch SGB VI –<br />
Gesetzliche Rentenversicherung, Dr. Franz<br />
Terdenge, Udo D i e l, Hugo Finke,<br />
Peter Kamprad, Roland Klattenhoff,<br />
Dr. Renate M a r t i n, Helmut Stahl, Rainer<br />
Liebisch und Reinhard Ringkamp,<br />
erschienen im Erich Schmidt Verlag GmbH<br />
& Co., Viktoriastraße 44A, 336<strong>02</strong> Bielefeld,<br />
Loseblatt-Kommentar, einschl. 59. bis 61.<br />
Lieferung, 6.534 Seiten, DIN A 5, € 149,-,<br />
einschl. 4 Ordner, ISBN 3 503 <strong>02</strong>877 3.<br />
Der ergänzbare Kommentar zum SGB VI –<br />
Gesetzliche Rentenversicherung bietet eine fundierte<br />
Unterstützung bei der Einarbeitung in das<br />
neue Rentenrecht und dessen Anwendung.<br />
Dabei beschreibt das Werk, das vor allem für die<br />
Verwaltungspraxis und Rechtsprechung gedacht<br />
ist, auch die Gesamtkonzeption und Systematik<br />
des neuen Rentenrechts sowie die sozial- und<br />
rechtspolitischen Entwicklungen.<br />
Die 59. Lieferung enthält eine erstmalige Bearbeitung<br />
der durch das Gesetz zur Reform der<br />
Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit<br />
eingeführten §§ 242a, 303a und 314b; mit der<br />
60. Lieferung werden hierzu die §§ 236a, 243b,<br />
253a und 270b neu bearbeitet. Die 61. Lieferung<br />
bringt u.a. Aktualisierungen bzw. Neubearbeitungen<br />
der §§ 1, 56, 165, 170, 177, 178, 231<br />
und 252a, die durch Änderungen des SGB VI<br />
durch das 4. Euro-Einführungsgesetz vom<br />
21.12.2000, das AvmEG vom 21.03.2001, das<br />
Erste Gesetz zur Änderung des Vierten Buches<br />
Sozialgesetzbuch vom 03. <strong>04</strong>.2001, das Zweite<br />
Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes<br />
und anderer Gesetzte vom<br />
13.06.2001 bzw. das SGB IX vom 19.06.2001<br />
erforderlich wurde.<br />
Sozialgesetzbuch Neuntes Buch, – Rehabilitation<br />
und Teilhabe behinderter Menschen<br />
– 2001, 165 Seiten, kart., 9,70 €, für<br />
Mitglieder 5,40 €, ISBN 3-17-006855-5,<br />
Deutscher Verein für öffentliche und private<br />
Fürsorge, Am Stockborn 1-3, 6<strong>04</strong>39<br />
Frankfurt am Main.<br />
Kleinere Schriften (KS) 77<br />
Die Textausgabe enthält das 2001 in das Sozialgesetzbuch<br />
eingefügte Neunte Buch – Rehabilitation<br />
und Teilhabe behinderter Menschen –<br />
(SGB IX).<br />
van Suntum/Schlotböller: Arbeitsmarktintegration<br />
von Zuwanderern, Einflussfaktoren,<br />
internationale Erfahrungen<br />
und Handlungsempfehlungen, März 20<strong>02</strong>,<br />
ca. 200 Seiten, Broschüre, € 15,00, ISBN<br />
3-892<strong>04</strong>-583-6, Verlag Bertelsmann Stiftung,<br />
Postfach 103, 33311 Gütersloh.<br />
Von der Beschäftigungsmisere besonders<br />
betroffen sind ausländische Arbeitskräfte: Ihre<br />
Arbeitslosenquoten liegen in fast allen Ländern<br />
der Europäischen Union höher als die der Einheimischen.<br />
Dennoch gelingt es einigen Staaten<br />
mit guten Lösungsansätzen diese Problematik<br />
zu entschärfen. Ziel der Studie ist es, die zentralen<br />
Erfolgsfaktoren für eine verbesserte Integration<br />
auf theoretischer und empirischer Basis zu<br />
identifizieren. Dies geschieht einerseits anhand<br />
ökonometrischer Schätzungen, andererseits<br />
wird die konkrete Integrationspolitik in Großbritannien,<br />
den Niederlanden, Schweden und<br />
Deutschland analy-siert und vergleichend<br />
bewertet. Betrachtet werden sowohl Qualifizierungsprogramme<br />
einschließlich Sprachkurse,<br />
rechtliche Rahmenbedingungen wie Zugangsbeschränkungen<br />
und Antidiskrirninierungsgesetzgebung<br />
als auch arbeitsmarktpolitische<br />
Maßnahmen für gering Qualifizierte. Aus dem<br />
Vergleich der verschiedenen Strategien werden<br />
abschließend Handlungsempfehlungen für die<br />
Ausgestaltung der Integrationspolitik in<br />
Deutschland abgeleitet.<br />
Gerhard Stuber, Die Eingetragene<br />
Lebenspartnerschaft, 20<strong>02</strong>, 120 Seiten,<br />
DIN A4, € 19,50, ISBN 3-415-<strong>02</strong>966-2,<br />
Richard Boorberg Verlag, Scharrstr. 2,<br />
70563 Stuttgart bzw. Levelingstr. 6a,<br />
81673 München.<br />
Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz erhalten<br />
gleichgeschlechtliche Paare erstmals das Recht,<br />
eine sog. Eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen.<br />
Der praktische Leitfaden informiert präzise<br />
über die Voraussetzungen für die Begründung<br />
der Eingetragenen Lebenspartnerschaft und<br />
deren Rechtsfolgen. Der Autor geht unter<br />
anderem ausführlich auf die Befugnisse der<br />
zuständigen Behörden und die Regelungen<br />
zum Lebenspartnerschaftsnamen ein. Insbesondere<br />
erläutert er die personenstandsrechtlichen<br />
Aufgaben, die sich aus der Mitteilung<br />
über die Begründung, Aufhebung oder Feststellung<br />
des Nichtbestehens einer Lebenspartnerschaft<br />
ergeben.<br />
Mustervordrucke, Wie zum Beispiel ein Merkblatt<br />
zur Begründung einer Eingetragenen<br />
Lebenspartnerschaft, für die Erklärung zur<br />
160
Hinweise auf Veröffentlichungen<br />
Bestimmung eines Lebenspartnerschaftsnamens<br />
oder für die Lebenspartnerschaftsurkunde,<br />
erleichtern die Umsetzung dieses neuen Rechtsinstitutes<br />
in der Praxis.<br />
Besonders hilfreich ist die Aufbereitung der speziellen<br />
Regelungen in den einzelnen Bundesländern.<br />
Diese länderspezifischen Ausführungsbestimmungen<br />
sind zusätzlich in einer Gesamtübersicht<br />
anschaulich zusammengestellt, sodass<br />
die Unterschiede auf den ersten Blick erkennbar<br />
sind.<br />
Für Standesbeamte, Sachbearbeiter in den<br />
jeweils zuständigen Behörden, Notare und<br />
Gemeindevorstände, die mit der Umsetzung des<br />
Lebenspartnerschaftsgesetzes betraut sind, bietet<br />
diese Darstellung eine unentbehrliche<br />
Arbeitshilfe. Ebenso erhalten Meldebehörden<br />
und Sozialämter wertvolle Einblicke in die neue<br />
Materie.<br />
Andreas Stadler, Die Enteignung zur<br />
Verwirklichung von Festsetzungen eines<br />
Bebauungsplans, Reihe: Beiträge zur<br />
Raumplanung und zum Siedlungs- und<br />
Wohnungswesen, Band 201, 2001, 323<br />
Seiten, € 24,00, ISBN 3-88497,-178-6,<br />
ZIR Zentralinstitut für Raumplanung an der<br />
Universität Münster, Wilmergasse 12 - 13,<br />
48143 Münster.<br />
Bei der in § 85 Abs. 1 Nr. 1 BauGB geregelten<br />
Enteignung zur Verwirklichung von Festsetzungen<br />
eines Bebauungsplans handelt es sich um<br />
die praktisch bedeutsamste städtebauliche Enteignung.<br />
Der Zweck der Enteignung besteht<br />
darin, die Festsetzungen des Bebauungsplans zu<br />
vollziehen und mittels staatlichen Zwangs<br />
durchzusetzen. Die Enteignung ist dabei an den<br />
Bebauungsplan gebunden und gleichzeitig<br />
durch ihn legitimiert; sie ist planakzessorisch.<br />
Der Verfasser arbeitet heraus, dass die bebauungsplanakzessorische<br />
Enteignung im Gegensatz<br />
zum zweistufig angelegten Regelmodell der<br />
Administrativenteignung dreistufig angelegt ist.<br />
Zwischen die gesetzliche Festlegung des<br />
abstrakten Enteignungszweckes in § 85 Abs. 1<br />
Nr. 1 BauGB und das förmliche Enteignungsverfahren<br />
schiebt sich als weitere Stufe der Bebauungsplan.<br />
Bei der Betrachtung der ersten Stufe widmet sich<br />
der Autor insbesondere der Frage, ob die generalklauselartige<br />
Bestimmung des Enteignungszweckes<br />
in § 85 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dem Gesetzmäßigkeitsprinzip<br />
des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG<br />
genügt und ob eine weitere Konkretisierung des<br />
Enteignungszweckes durch Planungsentscheidungen<br />
der Gemeinde verfassungsrechtlich<br />
zulässig ist.<br />
Nach dem Blick auf die Ebene des förmlichen<br />
Gesetzes wendet sich der Verfasser der zweiten<br />
Entscheidungsstufe, nämlich der kommunalen<br />
Bebauungsplanung zu. Im Vordergrund stehen<br />
hier die Fragen nach einer enteignungsrechtlichen<br />
Vorwirkung des Bebauungsplans sowie<br />
den sich aus einer solchen Vorwirkung ergebenden<br />
Anforderungen an die bauleitplanerische<br />
Abwägung.<br />
Schließlich veranschaulicht der Autor für die dritte<br />
Stufe, das förmliche Enteignungsverfahren,<br />
welche enteignungsrechtlichen Prüfungen die<br />
Enteignungsbehörde noch vorzunehmen hat.<br />
Insbesondere wird dargestellt, ob und inwieweit<br />
die auf der vorausgegangenen Planungsstufe<br />
getroffenen Entscheidungen nachgeprüft werden<br />
können oder müssen.<br />
Frank Schreiber, Das Regelungsmodell<br />
des Genehmigung im integrierten Umweltschutz,<br />
Ein Beitrag zur Lehre vom Verbot<br />
mit Erlaubnisvorbehalt unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Richtlinie<br />
96/61/EG des Rates vom 24. September<br />
1996 über die integrierte Vermeidung und<br />
Verminderung der Umweltverschmutzung,<br />
Reihe: Schriften zum Umweltrecht, Band<br />
98, 2000, 271 Seiten, € 68,00, ISBN 3-<br />
428-09930-3, Duncker & Humblot GmbH,<br />
Postfach 4103 29, 12113 Berlin.<br />
Die bislang praktizierten Steuerungsinstrumente<br />
des deutschen Umweltverwaltungsrechts sind in<br />
zunehmendem Maße inkompatibel mit den<br />
Regelungsansätzen des neueren europäischen<br />
Umweltrechts. Diesen Friktionen widmet sich<br />
Frank Schreiber in seiner Dissertation anhand<br />
der Genehmigung im gemeinschaftsrechtlichen<br />
Konzept des integrierten Umweltschutzes, wie<br />
es von der sog. IVU-Richtlinie (RL 96/61/EG des<br />
Rates vom 24. September 1996) gefordert wird.<br />
Einleitend werden ein dogmengeschichtlicher<br />
Aufriß der Lehre vom Verbot mit Erlaubnisvorbehalt<br />
sowie eine Systematisierung des Konzepts<br />
des integrierten Umweltschutzes geliefert.<br />
Den Schwerpunkt der Untersuchung bildet die<br />
Darstellung der materiell-rechtlichen Anforderungen<br />
der IVU-Richtlinie an die Genehmigung<br />
von Industrieanlagen. Ausführlich werden u. a.<br />
der Standard der „besten verfügbaren Techniken“,<br />
die Anforderungen an die Festlegung von<br />
Emissionsgrenzwerten und die Notwendigkeit<br />
der Abkehr von der gebundenen Entscheidung<br />
behandelt.<br />
Der Autor kommt dabei zu dem Ergebnis, daß<br />
die Einräumung von Gestaltungsspielräumen<br />
unerläßlich ist. Als verfassungsrechtliche Probleme<br />
der integrierten Anlagenzulassung werden<br />
die Zulässigkeit eines Versagungsermessens und<br />
die Grenzen der Beschränkung der Bestandskraft<br />
der Genehmigung untersucht. Den Abschluß<br />
bildet eine Rekonstruktion der Lehre vom Verbot<br />
mit Erlaubnisvorbehalt, die die Funktion behördlicher<br />
Ermächtigungen zur Rechtsgestaltung in<br />
den Blick nimmt.<br />
Die Untersuchung wendet sich an alle, die in<br />
Wissenschaft und Praxis mit den Anpassungsproblemen<br />
des deutschen Verwaltungsrechts<br />
an die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen<br />
beschäftigt sind. Industrie, Umweltverbänden<br />
und Verwaltung liefert sie umfassende<br />
Informationen über die IVU-Richtlinie, die<br />
wegen der noch immer ausstehenden Umsetzung<br />
dieser Richtlinie von besonderer<br />
Bedeutung sind.<br />
Versteyl/Sondermann, Bundes-Bodenschutzgesetz,<br />
Kommentar, 20<strong>02</strong>,<br />
XXXIX, 633 Seiten, in Leinen € 88,00,<br />
ISBN 3-406-36682-1, Verlag C. H. Beck,<br />
Postfach 40 03 40, 80703 München.<br />
Bodenschutz – eine Herausforderung für den<br />
Praktiker. Ziel der bundeseinheitlichen Regelungen<br />
ist der Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen.<br />
Dies soll erreicht werden durch<br />
– die Verpflichtung zur Vermeidung von Gefahren<br />
für den Boden bei jeder Bodennutzung<br />
oder sonstigen Einwirkung auf den Boden;<br />
– eine Zustandsverantwortlichkeit der Grundstückseigentümer<br />
und -besitzer;<br />
– Sanierungspflichten der Verursacher schädlicher<br />
Bodenveränderungen bzw. der Grundstücksverantwortlichen;<br />
– Vorsorgepflichten zur Sicherung der ökologischen<br />
Leistungsfähigkeit des Bodens, mit<br />
besonderer Konkretisierung für den Bereich<br />
der Landwirtschaft;<br />
– detaillierte Verfahrensvorschriften für die Altlastensanierung.<br />
Der Kommentar erläutert praxisnah die Vorschriften<br />
des neuen Gesetzes und der dazu<br />
ergangenen Bodenschutz- und Altlastenverordnung.<br />
Gesondert berücksichtigt sind landesrechtliche<br />
Besonderheiten. Eine Übersicht über<br />
die verschiedenen Behörden erleichtert die tägliche<br />
Arbeit. Die Autoren sind als Praktiker auf<br />
dem Gebiet des Umweltrechts tätig und durch<br />
zahlreiche Publikationen bestens ausgewiesen.<br />
Das Werk wendet sich an Unternehmen, Verbände,<br />
Behörden, Rechtsanwälte, Richter,<br />
Hochschullehrer sowie an Referendare und Studenten.<br />
Marcus Schladebach, Der Einfluß des<br />
europäischen Umweltrechts auf die kommunale<br />
Bauleitplanung, Reihe: Schriften<br />
zum Umweltrecht, Band 105, 2000, 324<br />
Seiten, € 72,00, ISBN 3-428-1<strong>02</strong>14-2,<br />
Duncker & Humblot GmbH, Postfach 4103<br />
29, 12113 Berlin.<br />
Durch die Vorgaben des europäischen Umweltrechts<br />
sind im Städtebaurecht neue Entwicklungen<br />
zu verzeichnen. Anläßlich der umfassenden<br />
Novellierung, des BauGB zum 1.1.1998 wurden<br />
die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />
die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und<br />
die Vogelschutz-Richtlinie in ihren bauplanungsrechtlich<br />
relevanten Teilen in den neuen § 1a<br />
Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB eingefügt und damit in die<br />
Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einbezogen.<br />
Nach der Darstellung von Grundlagen und Wirkungsweise<br />
des europäischen Umweltrechts im<br />
Allgemeinen und der untersuchungsrelevanten<br />
Richtlinien im Besonderen wendet sich der Autor<br />
der im Mittelpunkt der Arbeit stehenden Frage<br />
zu, ob und in welcher Weise die genannten<br />
Richtlinien die kommunale Bauleitplanung, insbesondere<br />
das Abwägungsgebot, beeinflussen.<br />
Hinsichtlich der UVP-Richtlinie wird festgestellt,<br />
daß der ihre Bedeutung bestimmende § 1a Abs.<br />
2 Nr. 3 BauGB die von den §§ 2, 17 UVPG<br />
geschaffene Rechtslage konsolidiert. Außerdem<br />
wird auf die aktuellen Weiterentwicklungen der<br />
UVP im Planungsrecht verwiesen. Diese zeigen<br />
an. daß die Bedeutung der UVP künftig weiter<br />
ausgebaut werden wird. Schladebach untersucht,<br />
welche Regelung das Verhältnis von UVP<br />
und Bauleitplanung im Kommissionsentwurf<br />
zum UGB erfahren hat.<br />
Weiter reichende Rechtsfolgen als die UVP weisen<br />
die FFH- und die Vogelschutz-Richtlinie auf.<br />
Soweit die durch sie verfolgten naturschutzrechtlichen<br />
Zielsetzungen von der Bauleitplanung<br />
erheblich beeinträchtigt werden können.<br />
folgt daraus ein grundsätzliches Planungsverbot.<br />
Da dieses nur aufgrund einzelner Ausnahmetat-<br />
161
Hinweise auf Veröffentlichungen<br />
bestände des Naturschutzrechts überwunden<br />
werden kann, wird die allumfassende bauplanungsrechtliche<br />
Abwägung durch die naturschutzrechtliche<br />
Determinierung in ihrer rechtlichen<br />
Grundstruktur modifiziert. Auch hier wird<br />
sodann untersucht. wie der rechtliche Zusammenhang<br />
zwischen dem europäischen<br />
Naturschutzrecht und der Bauleitplanung im<br />
Kommissionsentwurf zum UGB ausgestaltet ist.<br />
Ausgehend von der Prämisse, daß der Umweltschutz<br />
stets nur so gut wie sein Vollzug, ist. wird<br />
§ 1a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB daraufhin untersucht,<br />
ob seine Normierung auch geeignet ist, die typischen<br />
umweltrechtlichen Vollzugsdefizite im<br />
Bauplanungsrecht abzubauen, Fazit: Die<br />
Gemeinden können aus der Vorschrift praktischen<br />
Nutzen für ihre Planungstätigkeit ziehen.<br />
Reichard: Kommunen am Markt,<br />
Aktuelle Fragen der wirtschaftlichen Betätigung<br />
von Kommunen, 141 Seiten, 2001,<br />
€ 42,--, ISBN 3-428-10534-6, Duncker &<br />
Humblot, Berlin, Fax 030 / 79 00 06 31,<br />
Internet: http://www.duncker-humblot.de<br />
Die deutschen Kommunen geraten unter einen<br />
immer stärkeren Markt- und Wettbewerbsdruck.<br />
Auf der einen Seite kommen ihnen aufgrund<br />
der aktuellen EU-weiten Deregulierungsbestrebungen<br />
immer mehr angestammte Tätigkeitsfelder<br />
abhanden, auf der anderen Seite<br />
müssen sie sich verstärkt um zusätzliche Einnahmen<br />
kümmern, weil die traditionelle Finanzausstattung<br />
nicht mehr ausreichend ist. Sie wollen<br />
und müssen sich also auf „neue Geschäftsfelder“<br />
einlassen. Dieser Weg wird jedoch durch<br />
den Rechtsrahmen und in die vorherrschenden<br />
ordnungspolitischen Ziele stark beschnitten.<br />
Insofern befinden sich die deutschen Kommunen<br />
und deren Betriebe in einem Dilemma. Die<br />
Autoren arbeiten die verschiedenen Problemfelder<br />
der wirtschaftlichen Tätigkeit von Gemeinden<br />
aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Fachdisziplinen<br />
auf. Zunächst wird das Thema aus<br />
rechtlicher Sicht beleuchtet, sodann werden<br />
zwei Einschätzungen aus der kommunalen Verbandspraxis<br />
abgegeben, gefolgt von einer Analyse<br />
der kommunalen Wettbewerbssituation aus<br />
verwaltungswissenschaftlicher Sicht.<br />
HOAI 20<strong>02</strong>; Honorarordnung für Architekten<br />
und Ingenieure, Johannes<br />
Schaetzell, Michael Elzer, ab dem<br />
01.01.20<strong>02</strong> geltende Fassung mit ausführlichem<br />
Anhang, Kommentar, 20<strong>02</strong>, kartoniert,<br />
370 Seiten, Format DIN A 5, Preis<br />
36,80 €, ISBN 3-8293-0550-8. Kommunal-<br />
und Schul-Verlag GmbH & Co., Postfach<br />
36 29, 65<strong>02</strong>6 Wiesbaden.<br />
Am 01. Januar 20<strong>02</strong> sind die Änderungen gem.<br />
Art. 5 des Neunten Euro-Einführungsgesetzes in<br />
Kraft getreten. Der damit in aktueller Neuauflage<br />
vorliegende Praxis-Kommentar HOAI 20<strong>02</strong> –<br />
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure<br />
enthält die neuen EURO-Tabellen, ist eine kompetente<br />
und übersichtliche Rechtsgrundlage für<br />
die gesamte Baupraxis, eine zuverlässige Informationsquelle<br />
für die komplizierte Honorarabrechnung<br />
bei Bauprojekten, das aktuelle Praxishandbuch<br />
für alle Architekten, Beratenden<br />
und Bauingenieure, Städteplaner, Bauämter,<br />
Baugesellschaften, Bauunternehmen sowie alle<br />
öffentlichen und privaten Auftraggeber im Baubereich,<br />
ein kompetenter Ratgeber für die Beurteilung<br />
von Architekten- und Ingenieurleistungen<br />
und trägt den Erfordernissen der Praxis<br />
somit voll und ganz Rechnung.<br />
Die Kommentierung – mit Fundstellenhinweisen<br />
zum Architekten-, Ingenieur-, Bau-, Wohnungsund<br />
Vergaberecht, Rechtsprechung zur HOAI<br />
und zum Werkvertragsrecht sowie Hinweisen auf<br />
technische Baubestimmungen – ist kurz und präzise<br />
und befasst sich auch mit den Problemstellungen,<br />
die in der jetzigen Novellierung nicht<br />
berücksichtigt sind. Äußerst praxisdienlich sind<br />
auch die im Anhang des Kommentars aufgeführten<br />
wichtigsten Baubestimmungen sowie die<br />
Rechtsprechungsübersicht zur HOAI und zum<br />
Werkvertragsrecht. Eine informative Einführung,<br />
ein systematisch gegliedertes Inhaltsverzeichnis,<br />
ein übersichtliches Abkürzungsverzeichnis und<br />
ein ausführliches Sachregister führen zielsicher zu<br />
allen gewünschten Informationen.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 4/20<strong>02</strong><br />
– 00 10-07 –<br />
Druck: Knipping Druckerei und Verlag GmbH, Düsseldorf<br />
162
Schriftenreihe des Freiherr-vom-Stein-Instituts<br />
Wissenschaftliche Forschungsstelle des <strong>Landkreistag</strong>es Nordrhein-Westfalen<br />
an der Universität Münster<br />
Band 1 - Oebbecke, Zweckverbandsbildung und Selbstverwaltungsgarantle,<br />
1982<br />
Band 2 - Schmidt-Jortzig/Schink, Subsidiaritätsprinzip und<br />
Kommunalordnung, 1982<br />
Band 3 - Deubel, Der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen,<br />
1984<br />
Band 4 - Schink, Rechtsnachfolge bei Zuständigkeitsveränderungen<br />
In der öffentlichen Verwaltung, 1984<br />
Band 5 - Oebbecke, Gemeindeverbandsrecht Nordrhein-Westfalen<br />
- Eine systematische Darstellung, 1984<br />
Band 6 - Fischedick, Die Wahl der Benutzungsform kommunaler<br />
Einrichtungen – Kriterien für die Entscheidung zwischen<br />
privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Benutzungsform,<br />
1986<br />
Band 7 - Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie<br />
Räume In der Verwaltung, 1986<br />
Band 8 - Hauser, Die Wahl der Organisationsform kommunaler<br />
Einrichtungen – Kriterien für die Entscheidung zwischen<br />
möglichen Organisationsformen, 1987<br />
Band 9 - Bartels, Abfallrecht – Eine systematische Darstellung,<br />
1987<br />
Band 10 -Müller, Schulorganisationsrecht Nordrhein-Westfalen<br />
- Eine systematische Darstellung, 1988<br />
Band 11 - Erichsen/Hoppe/Leidinger (Hrsg.), Kommunalverfassungen<br />
in Europa, 1988<br />
Band 12 - Schink, Naturschutz- und Landschaftspflegerecht<br />
Nordrhein-Westfalen, 1989<br />
Band 13 - Wolff, Bedarfsgerechte Struktur der Kreiseinnahmen,<br />
1990<br />
Band 14 - Erichsen, Die Vertretung der Kommunen In den Mitgliederorganen<br />
von juristischen Personen des Privatrechts,<br />
1990<br />
Band 15 - Humpert, Genehmigungsvorbehalte im Kommunalverfassungsrecht,<br />
1990<br />
Band 16 - Hoppe/Schink (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung<br />
und europäische Integration, 1990<br />
Band 17 - Hoppe/Erichsen/Leidinger (Hrsg.), Aktuelle Probleme<br />
der kommunalen Selbstverwaltung – 10 Jahre Freiherr-vom-<br />
Stein-Institut, 1991<br />
Band 18 - Vietmeier, Die staatlichen Aufgaben der Kommunen<br />
und ihrer Organe-Auftragsverwaltung und Organleihe in<br />
Nordrhein-Westfalen, 1992<br />
Band 19 - Faber, Europarechtliche Grenzen kommunaler Wirtschaftsförderung<br />
- Die Bedeutung der Art. 92 - 94 EWGV für<br />
die kommunale Selbstverwaltung, 1992<br />
Band 20 - Hoppe/Schulte, Rechtsschutz der Länder in Planfeststellungsverfahren<br />
des Bundes – Dargestellt am Beispiel<br />
des Denkmalschutzes in Nordrhein-Westfalen, 1993<br />
Band 21 - Bodanowitz, Organisationsformen für die kommunale<br />
Abwasserbeseitigung, 1993<br />
Band 22 - Brügge, Bodendenkmalrecht unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Paläontologie, 1993<br />
Band 23 - Adam, Veterinärrecht – Eine systematische Darstellung<br />
unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in<br />
Nordrhein-Westfalen, 1993<br />
Band 24 - Hoppe/Bauer/Faber/Schink (Hrsg.), Rechts- und<br />
Anwendungsprobleme der neuen Bauordnung NW, 1996<br />
Band 25 - Krebs, Rechtliche Grundlagen und Grenzen kommunaler<br />
Elektrizitätsversorgung, 1996<br />
Band 26 - Twehues, Rechtsfragen kommunaler Stiftungen,<br />
1996<br />
Band 27 - Hoppe/Bauer/Faber/Schink (Hrsg.), Auswirkungen<br />
des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes auf die öffentlich-rechtlichen<br />
Entsorgungsträger, 1996<br />
Band 28 - Otting, Neues Steuerungsmodell und rechtliche<br />
Betät!gungsspielräume der Kommunen, 1997<br />
Band 29 - Schnell, Freie Meinungsäußerung und Rederecht<br />
der kommunalen Mandatsträger unter verfassungsrechtlichen,<br />
kommunalrechtlichen und haftungsrechtlichen<br />
Aspekten, 1997<br />
Band 30 - Oebbecke/Bauer/Faber (Hrsg.), Umweltrecht und<br />
Kommunalrecht, 1998<br />
Band 31 - Freisburger, Publie Private Partnership In der kommunalen<br />
Museumsarbeit, 2000<br />
Band 32 - Oebbecke/Bauer/Pünder (Hrsg.), Perspektiven der<br />
kommunalen Sparkassen, 2000<br />
Band 33 - Obermann, Die kommunale Bindung der Sparkassen:<br />
Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen ihrer Ausgestaltung,<br />
2000<br />
Band 34 - Lohmiller, Kapitalbetelligungsgesellschaften der<br />
Sparkassen – Eine Untersuchung über die Rechtsgrundlagen<br />
der Betelligungsfinanzierung durch kommunale Sparkassen,<br />
2000<br />
Band 35 - Schefzyk, Der kommunale Betelligungsbericht - Ein<br />
Instrument zur verbesserten Berichterstattung über die<br />
Unternehmenstätigkeit der Kommunen, 2000<br />
Band 36 - Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme<br />
Im Umweltrecht – unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Selbstverpflichtungen, 2001<br />
Band 37 - Schulenburg, Die Kommunalpolltik In den Kreisen<br />
Nordrhein-Westfalens: Eine empirische Bestandsaufnahme,<br />
2001<br />
Band 38 - Oebbecke/Ehlers/Schink/Pünder (Hrsg.), Kommunalfinanzen,<br />
2001<br />
Band 39 - Oebbecke/Ehlers/Schink/Pünder (Hrsg.), Die nordrhein-westfälische<br />
Gemeindeprüfung in der Diskussion, 2001<br />
Die Veröffentlichungen des Schriftenreihe des Freiherr-vom-Stein-Instituts sind im<br />
Deutschen Gemeindeverlag/Verlag W. Kohlhammer, Köln, erschienen und nur über<br />
den Buchhandel zu beziehen.<br />
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