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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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268 Theodor Eschenburg<br />

nahm dieses Ressort der Ravensburger Rechtsanwalt und Oberbürgermeister Sauer.<br />

Den Neuaufbau der Justiz leitete weitgehend selbständig der Ministerialrat Dr. Gebhard<br />

Müller, der spätere Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollern und<br />

Ministerpräsident von Baden-Württemberg; er war von Haus aus Richter und war<br />

nach der Kapitulation Oberstaatsanwalt in Stuttgart geworden, ohne daß er das<br />

Amt angetreten hatte. Vielmehr war er im August zum Delegierten der Stuttgarter<br />

Justizverwaltung in Südwürttemberg bestellt worden. Landesdirektor der Finanzen<br />

wurde Dr. Paul Binder, ein auch theoretisch sehr versierter Nationalökonom, der<br />

in Berliner Großbanken tätig gewesen und dann selbständiger Wirtschaftsprüfer<br />

geworden war. Landesdirektor des Innern war zunächst Roßmann, der bisher als<br />

wissenschaftlicher Referent in dem während des Krieges nach Tübingen verlagerten<br />

Max-Planck-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> ausländisches und internationales Privatrecht gearbeitet<br />

hatte. Schmid hatte ihn, der seit August Delegierter der Stuttgarter Innenverwaltung<br />

in Tübingen gewesen war, in seine Regierung übernommen. Auf Roßmann<br />

folgte in dieser Stellung 1946 Viktor Renner. Er war wie Schmid Landgerichtsrat<br />

in Tübingen gewesen und von den Franzosen als Oberbürgermeister und Landrat<br />

von Tübingen eingesetzt worden. Die Landesdirektion der Wirtschaft, die zunächst<br />

auch die Landwirtschaft umfaßte, übernahm der Stuttgarter Unternehmer Gustav<br />

Kilpper, der eine Reihe von Jahren Präsident der Stuttgarter Handelskammer gewesen<br />

war. Er war ein literarisch sehr versierter Mann, dem die Deutsche Verlags-<br />

Anstalt ihren Aufstieg zu verdanken hatte. Auch ihn, der zunächst Delegierter der<br />

Stuttgarter Wirtschaftsverwaltung in Tübingen gewesen war, hatte Schmid übernommen.<br />

An Kilppers Stelle trat im Dezember 1946 der frühere Direktor der<br />

deutschen Bau- und Bodenbank in Berlin, Eberhard Wildermuth, der spätere Bundesminister<br />

<strong>für</strong> Wohnungsbau. Schon im Sommer 1946 war eine besondere Landesdirektion<br />

<strong>für</strong> Landwirtschaft und Ernährung unter dem Oberlandwirtschaftsrat<br />

Dr. Franz Weiß errichtet worden. Er war von Haus aus Landwirtschaftslehrer,<br />

Leiter der Abteilung Pflanzenbau in der württembergischen Landwirtschaftskammer<br />

und Geschäftsführer des württembergischen Getreidewirtschaftsverbandes<br />

und ist im Juni 1945 von den Franzosen als Landesdirektor <strong>für</strong> Landwirtschaft und<br />

Ernährung in Stuttgart eingesetzt worden. Landesdirektor <strong>für</strong> Arbeit wurde der<br />

Sigmaringer Studienrat Clemens Moser, der bis 1933 Landeshauptmann von<br />

Hohenzollern gewesen war. Er fungierte gleichsam als der Repräsentant Hohenzollerns<br />

in der neuen Regierung, die sonst, mit Ausnahme von Roßmann, ausschließlich<br />

aus Württembergern bestand. Von ihnen stammten Müller, Sauer und Weiß<br />

aus Oberschwaben. Außer Moser, Roßmann und Weiß hatten alle anderen - zum<br />

Teil gleichzeitig - in Tübingen studiert und kannten sich daher auch aus dieser Zeit.<br />

Die Juristen überwogen in der Regierung, ohne daß sie es die anderen spüren<br />

ließen; aber die einheitliche Ausprägung von Denkform und Termini erleichterte<br />

die Verständigung. Der einzige Gelehrte unter ihnen, wenn auch mit einem ausgesprochenen<br />

Sinn <strong>für</strong> praktische Aufgaben und praktisches Wirken, war Carlo<br />

Schmid, aber einige Landesdirektoren waren geistig weit über ihren eigenen Berufsbereich<br />

hinaus interessiert und entsprechend gebildet. Man spürte in den Verhand-

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