Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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292 Dokumentation<br />
Die Untersuchung hat folgendes ergeben:<br />
In der Familie keine erblichen Krankheiten. Als Kind angeblich immer gesund. Mit<br />
23 Jahren an Lungenspitzenkatarrh erkrankt, damals ein halbes Jahr Erholungsurlaub.<br />
1909 in Venezuela und Mexiko an Malaria erkrankt, Rückfälle traten auf bis<br />
1918, körperlich dadurch sehr mitgenommen.<br />
Während des Krieges körperlich und seelisch sehr beansprucht: Aufenthalt auf<br />
Kreuzergeschwader bis zur Vernichtung der „Dresden", März 1915. Internierung in<br />
Chile, Flucht aus Lager unter sehr erschwerten Umständen sehr beschwerlich. Drauf<br />
sofortige Kommandierung nach Spanien, Weg dorthin über Italien und Frankreich,<br />
seelisch sehr beansprucht; in Spanien überaus aufreibende Tätigkeit. Auf Rückkehr<br />
in Italien in Gefangenschaft, sehr harte Haft, anstrengende Verhöre, üble Behandlung;<br />
erneute Flucht. Rückkehr nach Deutschland unter den schwierigsten Umständen.<br />
Sofortige weitere Verwendung als U-bootskommandant bis Schluß des Krieges.<br />
Nach der Revolution dauernd anstrengende Tätigkeit auf schwierigen Posten,<br />
Stab Reichswehrminister und beim Stationskommando. Während der ganzen Jahre,<br />
1913 bis jetzt, kein Erholungsurlaub.<br />
Jetzige Beschwerden und Klagen :<br />
Seit der Gefangenschaft in Italien 1916 zeitweise Zustände von körperlicher Erschöpfung<br />
und seelischer Abspannung. Zur Zeit auf körperlichem Gebiete: dumpfer<br />
Druck im Kopfe, Gefühl der körperlichen Schwäche, geringer Appetit, ungenügende<br />
Verdauung, bei seelischen Erregungen Auftreten von Magen- und Darmerscheinungen.<br />
Seelisch: Nachlassen der geistigen Spannkraft, Stimmung leicht wechselnd,<br />
reizbar, über Kleinigkeiten leicht aufgeregt und sie über Gebühr schwer empfindend.<br />
Dazu Mangel an Energie und Konzentrationsvermögen. Bei schlechtem Schlafe übermäßiges<br />
Schlafbedürfnis. Beschwerden werden verstärkt durch Neigung, alle möglichen<br />
kleine Symptone [sic], als Anzeichen einer schweren Erkrankung aufzufassen.<br />
(Folgt Befund im einzelnen).<br />
Es handelt sich demnach bei C. um eine körperliche und seelische Erschöpfung<br />
schwererer Art. Das Leiden ist durch den Kriegsdienst entstanden.<br />
Hiernach erachte ich nach pflichtgemäßem Ermessen den Untersuchten gemäß<br />
Anlage 1 U.18 der B. A. wegen eines ehr. Nervenleidens schwererer Art infolge erlittener<br />
Dienstbeschädigung <strong>für</strong> unfähig zu jedem Militärdienst.<br />
Dr. Schulte-Ostrop<br />
Marinestabsarzt<br />
und Schiffsarzt<br />
des Kreuzers Berlin.<br />
Dokument Nr. 15<br />
Der Chef der Marinestation Kiel, den 6. Februar 24 21 .<br />
der Ostsee<br />
Lieber Canaris!<br />
Seit einigen Tagen liegt mir nun, von der B.J. weitergegeben, Ihr Abschiedsgesuch<br />
vor; es weiterzugeben kann ich mich nicht entschließen, nicht wenigstens, bevor ich<br />
Ihnen nicht geschrieben und Sie nach Ihrer Rückkehr gesprochen habe. Ich wurde<br />
durch Ihre Absicht völlig überrascht; unmittelbar nach der Abfahrt der Berlin wurde<br />
mir gesagt, daß Sie sich nicht nur mit Abschiedsgedanken trügen, sondern das Gesuch<br />
auch noch eben vor der Abreise eingereicht hätten, es müsse in den nächsten Tagen<br />
bei der B.J. eingehen. Sie werden verstehen, daß mir dies außerordentlich im Kopfe<br />
herumging; ich glaube Sie genügend zu kennen, um Ihre Motive zu verstehen;<br />
21 Briefkopf und Ort gedruckt, sonst mschr. - Das Dokument entstammt dem Nachlaß von<br />
Canaris.