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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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276<br />

Theodor Eschenburg<br />

tagung die Regierung als Widerlager auf die Landräte. Sie widerstanden aus Furcht<br />

vor dieser Peinlichkeit manchem Ansinnen, dem sie sonst entsprochen hätten. Es<br />

war sehr bezeichnend, daß es unter den Landräten und Oberbürgermeistern auch<br />

einige gab, die aus Furcht vor Prestigeeinbuße im Bereich ihrer eigenen Verwaltung<br />

stets ohne Begleitung eines ihrer Beamten erschienen.<br />

VI<br />

Zwar waren die ersten Landräte — ihrer rechtlichen Stellung nach Staatsbeamte -<br />

von der Militärregierung eingesetzt worden, sie konnten aber von der Landesdirektion<br />

versetzt und u. U. sogar abgesetzt werden. Dazu war jedoch, ebenso wie<br />

zur Bestellung der Nachfolger, die Zustimmung der Militärregierung erforderlich.<br />

Tatsächlich war die persönliche Abhängigkeit der Landräte — ganz zu schweigen<br />

von der der Oberbürgermeister - von der Landesdirektion unter den obwaltenden<br />

Verhältnissen der ersten Nachkriegszeit nicht groß. Vor allem kam die Mehrzahl der<br />

Landräte nicht aus dem Berufsbeamtentum; nicht ein einziger unter ihnen war<br />

höherer Verwaltungsbeamter, einer war Richter, zwei Beamte des gehobenen<br />

Dienstes gewesen. Die meisten waren aus privaten Berufen hervorgegangen, waren<br />

Anwälte oder Journalisten gewesen oder hatten eine Tätigkeit in Industrie, Landwirtschaft<br />

oder Handel ausgeübt. Ihnen fehlten die typischen Eigenarten der Beamten<br />

und damit auch das diesen eigene Solidaritätsbewußtsein. Sie traten unbefangener<br />

und ungenierter auf als Berufsbeamte. Manche wären <strong>für</strong> eine gleichgeartete<br />

Verwaltungstätigkeit in normalen Zeiten kaum geeignet gewesen, so sehr<br />

sie befähigt waren, ungewöhnliche Situationen zu meistern. Viele von ihnen waren<br />

im Grunde Kreismanager mit einer <strong>für</strong> den administrativen Bereich ungewöhnlichen,<br />

aber <strong>für</strong> die damaligen Verhältnisse vielfach nutzbringenden Aktivität und<br />

Phantasie. Sie ließen sich daher auch ihren Freimut nicht nehmen. Unter ihnen gab<br />

es eine Reihe, die kein Blatt vor den Mund nahmen; der eine oder andere entgleiste<br />

auch gelegentlich; wenn er es in der Form - nicht in der Sache - zu stark getrieben<br />

hatte, wurde er vom Präsidenten gedämpft. Gerade weil einige Stadt- und Kreisherzöge<br />

in ihrer Initiative, ihrer Findigkeit und ihrem Wirkungsdrang die institutionellen<br />

Schranken nicht sahen oder nicht sehen wollten, bedurften sie der integrierenden<br />

Bändigung.<br />

VII<br />

Innerhalb kurzer Zeit wurde die Landrätetagung zum körperschaftlichen Beratungsorgan<br />

der Regierung auf allen Gebieten. Die Regierung gab nicht nur<br />

Rechenschaft über ihre Maßnahmen in der Zeit seit der letzten Landrätetagung ab,<br />

um der Kritik zuvorzukommen, sie informierte die Landräte nicht nur über ihre<br />

Pläne, sondern ließ sie auch an ihrer Gesetzgebungsarbeit teilnehmen. Nach dem<br />

Statut wurden Rechtsvorschriften von dem Direktorium erlassen und abgeändert.<br />

Dazu bedurfte es der Zustimmung der Militärregierung. Die Verhandlungen mit<br />

dieser setzten meist schon in einem frühen Stadium ein, aber auch die Landrätetagung<br />

wurde zumindest über den wesentlichen Inhalt der Entwürfe, soweit sie

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