Albvereinsblatt_2006-4.pdf
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Wenn die Albvereinsfahne ins Tal<br />
grüßt, ist der Kiosk im Schönberg-<br />
Turm geöffnet.<br />
15<br />
und der damals als Schriftleiter<br />
tätige Professor Nägele<br />
aus Tübingen im Jahre<br />
1904 von Privatier Louis<br />
Laiblin, Pfullingen an das<br />
Aussichtsturmvorhaben erinnert<br />
wurden und er<br />
gleichzeitig zusicherte, als<br />
Hauptsponsor tätig zu sein<br />
sowie mit einem größeren<br />
Darlehen noch beizutragen,<br />
war durch die vorhandenen<br />
Spenden im Lichtensteingau<br />
die Finanzierung<br />
soweit gesichert. Die<br />
Stadtgemeinde Pfullingen<br />
räumte dem Schwäbischen<br />
Albverein vertraglich das<br />
Recht ein, auf der Waldparzelle<br />
Nr. 14550/4 auf<br />
dem Schemberg, Gemeinde<br />
Pfullingen, einen Aussichtsturm zu erbauen, denselben<br />
zu unterhalten und nach Bedarf zu erneuern. Letzteres, weil<br />
der Albverein bislang nur Holztürme errichtete, die aufgrund<br />
der Bauweise doch nur eine begrenzte Lebensdauer<br />
hatten.<br />
Im Einvernehmen mit dem Hauptverein hatte Louis Laiblin<br />
den Planungsauftrag für den Bau eines massiven Turmes<br />
an den bekannten Architekten Prof. Theodor Fischer<br />
(1862–1938) vergeben, der 1901–1907 Dozent der FH Stuttgart<br />
war. Denn bei der Albvereins-Hauptversammlung am<br />
23. Oktober 1904 in Rottweil war das Bauvorhaben beschlossen<br />
worden. Zur gleichen Zeit hat Architekt Prof. Fischer<br />
von Louis Laiblin, nach Zustimmung der Stadt Pfullingen,<br />
den Bauauftrag zum Bau der „Pfullinger Hallen“ (1904–1907)<br />
erhalten. Diese waren ein Geschenk von Louis Laiblin an<br />
die Stadt Pfullingen als Konzert-, Kultur- und Sportstätte<br />
zur Förderung der örtlichen Vereine und zur Freude der<br />
Bürger (siehe „Vom Taubergrund zum Bodensee“, S. 120f).<br />
Das Stuttgarter Bauunternehmen Luitpold und Schneider<br />
erhielt im Frühjahr 1905 den Bauauftrag für den Turmbau.<br />
Gleichzeitig war diese Firma auch an den Pfullinger Hallen<br />
tätig. Bereits im Sommer 1905 konnte an exponierter Stelle<br />
des Albtraufs auf dem Gewand Schemberg mit dem Bau<br />
einer revolutionären Eisen-Betonskulptur begonnen werden.<br />
Fischers handwerklich-virtuoser Umgang mit dem gerade<br />
neu entdeckten Baustoff „Sichtbeton“ ermöglichte,<br />
das Weiße des Juras noch ein Stück himmelwärts fortzusetzen.<br />
Der Aussichtsturm mit dem Namen „Schönbergturm“<br />
erhebt sich nach Art des nahen Schlosses Lichtenstein in<br />
schwindeleregender Höhe hoch über dem Echaztal an der<br />
Albkante wie ein Artist in weißem Trikot im Handstand.<br />
Wegen seiner Ähnlichkeit zu einem Kleidungsstück haben<br />
ihm die Einheimischen, vielleicht auch im Hinblick auf das<br />
in diesem Raum über die vielen Jahrzehnte des vergangenen<br />
Jahrhunderts bedeutende Textilgewerbe, schon bald<br />
den derben Spitznamen „d’ Onderhos“ verpasst. Deshalb<br />
wollen nun einige heimische Künstler mit Unterstützung<br />
eines bedeutenden Tübinger Textilunternehmen vor dem<br />
anstehenden Jubiläum in diesem Jahr für einige Wochen<br />
bis zum Abend vor der Jubiläumsveranstaltung den Turm<br />
mit der größten Unterhose der Welt dekorieren.<br />
Das sicherlich eigenwillig konstruierte 28 m hohe Bauwerk<br />
besteht aus zwei Stahlbeton-Pylonen, die oben als torbogenartige<br />
Turmschäfte für getrennte Treppenhäuser zum<br />
Auf- und Abstieg dienen. Eine längliche Aussichtsplattform<br />
mit 30 qm bietet durch ein Rundum-Fensterband Aussicht<br />
in alle vier Himmelsrichtungen. Mit einem 8,7 m langen<br />
Kupfersatteldach abgedeckt und zwei über den Schäften<br />
fortgeführten Kugeldächern ragen sie mit schlanken Spitzen,<br />
die auch als Blitzableiter dienen, zum Himmel. Die<br />
zwei Pylonen sind unten mit einem überdachten Eingang<br />
mit Giebeldach verbunden, der auch einem kleinen Kioskraum<br />
Platz bietet. Theodor Fischer hatte eine derartige Planung<br />
bereits 1884 für den Wettbewerb des Völkerschlachts-<br />
Denkmals bei Leipzig eingereicht, konnte aber damit nicht<br />
zum Zug kommen.<br />
Die Baukosten des Schönberg-Turmes konnten aus dem<br />
Sitzungsprotokoll des Lichtenstein-Gaues vom 21.1.1906<br />
mit 17.500 Goldmark festgestellt werden. Der Spender Louis<br />
Laiblin beteiligte sich mit 7.000 Goldmark und einem Darlehen<br />
von 6.900 Goldmark. Der Hauptverein steuerte 1.000<br />
Goldmark bei, und den Rest konnte der Lichtenstein-Gau<br />
mit eingegangenen sonstigen Spenden erledigen.<br />
Bereits im November des Jahres 1905 wurde der Turm fertig<br />
gestellt, wegen des jähen Wintereinbruchs konnte er<br />
erst am 25. März 1906 eingeweiht werden. Prof. Nägele als<br />
Vorsitzender nahm in feierlichem Akt den Turmschlüssel<br />
aus der Hand des Bauleiters entgegen und schloss nach<br />
vollzogener Taufe die Türen zur Besteigung des neuen Turmes<br />
auf. Er übergab das „Denkmal zur Pflege des Heimatsinns“<br />
in die Obhut von Gauobmann Fabrikant Krauß. Mit<br />
einem Hoch auf den Schwäbischen Albverein übernahm<br />
der Lichtensteingau und insbesondere die OG Pfullingen<br />
nun die Betreuung.<br />
Der Schönbergturm ist zu einem Wahrzeichen der Stadt<br />
Pfullingen, dem Echaztal und der Schwäbischen Alb geworden.<br />
In Liebe zu unserer Heimat wollen wir unseren<br />
Schönbergturm auch weiterhin schützen, pflegen und behüten,<br />
damit weiterhin viele tausend Wanderer beim Besuch<br />
unseres vor 100 Jahren futuristischen und heute unter<br />
Denkmalschutz stehenden Bauwerks große Freude beim<br />
Ausblick auf unsere Alblandschaft und unsere Neckarregion<br />
haben.<br />
100 Jahre Schönbergturm – Programm<br />
Samstag, 29. Juli <strong>2006</strong><br />
14 Uhr: Festzeltbewirtung; Familienwanderung zum Schönbergturm,<br />
Start am Parkplatz Jahnhaus 15 Uhr: Kindernachmittag am<br />
Turm mit der OG Pfullingen<br />
17 Uhr: Verleihung der Urkunden des Jugend-Wettbewerbs<br />
„100 Jahre Schönbergturm“<br />
18 Uhr: „Ausziehung“ des Turmes durch die Höhensicherungsgruppe<br />
der Freiwilligen Feuerwehr Pfullingen und Bergwacht Pfullingen<br />
18.30 Uhr: Musikalischer Abend „Unter'm Schönbergturm“ mit<br />
Stadtkapelle Pfullingen, Gesangverein Eintracht, Gesangverein Liederkranz,<br />
Trachtenverein Echaztaler, Spielmanns- und Schalmeienzug<br />
Pfullingen, Akkordeon-Orchester des Schwäbischen Albvereins,<br />
Pfullingen<br />
Sonntag, 30. Juli <strong>2006</strong><br />
10.30 Uhr: Ökumenischer Gottesdienst auf dem Schönberg mit dem<br />
Posaunenchor des CVJM Pfullingen<br />
11.30 Uhr: Festzeltbewirtung, Kinderprogramm mit der Jugend des<br />
Lichtenstein-Gaues, Unterhaltungskonzert mit den Schönbergmusikanten<br />
14 Uhr: Jubiläums-Kundgebung „100 Jahre Schönbergturm“, Festansprache<br />
von Albvereins-Präsident Dr. Hans-Ullrich Rauchfuß, musikalisch<br />
umrahmt vom Akkordeon-Orchester des Schwäbischer Albvereins,<br />
Pfullingen