Das Regionale Patientenmagazin - Pieks 11/2013
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DAS REGIONALE PATIENTENMAGAZIN | ERZÄHLUNGEN Seite 25<br />
sagt? Ihm ist es wirklich<br />
ernst gemeint. <strong>Das</strong> Schaf, ja<br />
selbst das kleine Kind hättest<br />
du ruhig vom Teufel holen<br />
lassen. Auf dich verzichte<br />
ich nicht.« Und ehe sich der<br />
Stadtknecht umsah, hatte<br />
ihn der Teufel gepackt und<br />
hinweggeführt. Die anderen<br />
Stadtknechte ließen sich von<br />
da ab von einem Priester segnen,<br />
ehe sie zum Einheischen<br />
der Schuld über Land<br />
gingen, denn sie liefen immer<br />
Gefahr, zum Teufel gewünscht<br />
zu werden.<br />
EXTRA<br />
Die Texte stammen aus<br />
dem Buch „Sagen und Sitten<br />
an Mosel und Saar“, das<br />
der Geistkirch-Verlag Saarbrücken<br />
zusammen mit<br />
dem Trierischen Volksfreund<br />
in einer Neuauflage<br />
präsentiert. Die Texte sind<br />
in der alten Rechtschreibung<br />
verfasst. <strong>Das</strong> 272 Seiten<br />
starke Buch mit mehr<br />
als 92 Texten kann zum Verkaufspreis<br />
von 29,80 Euro<br />
versandkostenfrei über den<br />
Volksfreund-Shop bestellt<br />
werden: www.volksfreundshop.de<br />
oder auch unter Telefon<br />
0651/7199-997.<br />
Selbstverständlich ist das<br />
Buch auch im regionalen<br />
Buchhandel erhältlich.<br />
Eine Statue in der Tawerner Kapelle<br />
Während die deutschen<br />
Truppen am <strong>11</strong>. August 1675<br />
im Morgengrauen vom Roscheider<br />
Hof nach der Konzer<br />
Brücke zu marschierten<br />
und die französischen Truppen<br />
von ihrem Lager bei Tawern<br />
aufbrachen und durch<br />
den »Sand« hinab in das flache<br />
Mosel-Saar-Dreieck zogen,<br />
saß unweit von Tawern<br />
am Rosenberg ein junges<br />
Mädchen unter einem Holunderstrauch<br />
und beobachtete<br />
mit wehem Herzen diese<br />
Truppenbewegungen.<br />
Sorge um den Liebsten<br />
Sie wußte nur wenig über<br />
die Vorgeschichte dieses<br />
Krieges, den König Ludwig<br />
XIV und Kaiser Leopold wegen<br />
der niederländischen<br />
Hinterlassenschaft ihres gemeinsamen<br />
Schwiegervaters,<br />
des Königs von Spanien,<br />
führten.<br />
In diesem Kriege stand der<br />
Trierer Kurfürst auf Seiten<br />
des Kaisers. <strong>Das</strong> war der fadenscheinige<br />
Grund für die<br />
Besetzung Triers im Jahre<br />
1672 durch die Franzosen.<br />
Und jetzt hatte der Kaiser<br />
ein Heer zusammengestellt<br />
zur Befreiung Triers und<br />
Frankreich eine Armee zum<br />
Schütze seiner Trierer Besatzung.<br />
Aber diese Dinge bewegten<br />
das Mädchen nur deshalb,<br />
weil ihr Liebster bei der<br />
kämpfenden Truppe stand.<br />
Bitter böse war sie den Befehlshabern,<br />
die ihren Bräutigam<br />
in diese gefährliche<br />
Lage gebracht hatten. Und<br />
um ihm nahe und in ihrem<br />
Kummer allein zu sein, war<br />
sie in aller Frühe des <strong>11</strong>. August<br />
an den Rosenberg geeilt,<br />
hatte vorsorglich einen Korb<br />
mit Brot, Wasser und Wein<br />
mitgenommen, und mit dem<br />
Rosenkranz in der Hand verfolgte<br />
sie das grausige Geschehen.<br />
Als der Kampf mit den Kanonen<br />
von den beiderseitigen<br />
Höhen des Saarufers begann,<br />
da fing ihr Herz heftig<br />
an zu klopfen, und als die<br />
Musketiere mit ihren schweren<br />
Musketen und die Füsiliere<br />
mit ihren leichteren<br />
Gewehren zu schießen begannen,<br />
da rollte eine Kugel<br />
ihres Rosenkranzes nach der<br />
anderen zwischen ihren zarten<br />
Fingern hindurch, und<br />
inbrünstig flehte sie zur<br />
Muttergottes, doch ihren<br />
Liebsten zu schützen.<br />
Mit Säbeln und Spießen<br />
<strong>Das</strong> Granadenkmal erinnert auf der Granahöhe an die Schlacht<br />
an der Konzer Brücke.<br />
Foto: Archiv/Martin Möller<br />
Und als sich in das Donnern<br />
und Geknatter das<br />
furchtbare Geräusch sich begegnender<br />
Säbel und Spieße<br />
mischte, da hielt es sie kaum<br />
mehr unter dem friedlichen<br />
Holunderstrauch. Sie glaubte,<br />
eine besondere Anstrengung<br />
machen zu müssen, um<br />
ihren Liebsten zu retten, und<br />
sie gelobte, eine Statue zu<br />
Ehren der Gottesmutter in<br />
der Kapelle zu Tawern aufzustellen.<br />
Nachdem die kämpfenden<br />
Heere den Waffenlärm eingestellt<br />
hatten, rannte sie hinab<br />
ins Tal und sah zwischen<br />
Saar und Mosel ein so<br />
furchtbares Bild, wie es ihre<br />
Augen noch nie gesehen hatten.<br />
Zwischen den zahllosen<br />
Toten und Verwundeten<br />
schritt sie hindurch, teilte<br />
ihre Vorräte aus, zerriß ihre<br />
Schürze und verband mit<br />
den Fetzen die Wunden der<br />
stöhnenden Soldaten.<br />
Ängstlich huschten ihre<br />
Blicke über die Toten und<br />
Verwundeten, als plötzlich<br />
einer sie mit dem Vornamen<br />
anrief. Sie kam zur rechten<br />
Zeit, um seine Wunden zu<br />
verbinden und seinen Durst<br />
zu löschen. Dann flüsterte<br />
sie ihm ins Ohr: »Ich habe<br />
für dich gebetet und der<br />
Muttergottes versprochen,<br />
ihr eine Statue in der Kapelle<br />
aufzustellen.«<br />
Da leuchteten die trüben<br />
Augen des Verwundeten auf,<br />
und nach einer Weile konnte<br />
er sich erheben und mit ihr,<br />
wenn auch mit Mühe, den<br />
Weg nach Tawern gehen. Sie<br />
zeigte ihm den Holunderstrauch,<br />
wo sie gebetet und<br />
das Gelübde gemacht hatte.<br />
Und als die Statue aufgestellt<br />
war, schritt ein glückliches<br />
Paar zum Traualtar.