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Bertha von Suttner und Hans Engler: <strong>Die</strong> <strong>Waffen</strong> <strong>nieder</strong>!<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
SANITÄTSRAT. Ich verspreche es Ihnen, – kein Tag soll vergehen, ohne daß ich nach Ihrer<br />
Gattin gesehen habe.<br />
MARTHA. Sie meinen es gut, Herr Sanitätsrat, aber bis {ich} Arno<br />
[Bl 38 r ]<br />
wieder hier hab, wird mein Leben voller Qual und tötlicher Angst sein.<br />
ALTHAUS. Nun hab ich genug von der Jammerei, Herr Sanitätsrat bringen Sie etwas Leben in<br />
die Bude, mir gelingt’s nicht! –<br />
SANITÄTSRAT. Ich glaube, es wird dem Grafen Dotzky und seiner Gattin lieber sein, wenn<br />
sie die kurze Spanne Zeit bis zum Ausmarsch ohne einen Fremden verleben können. –<br />
Aber ich sah Sie heute wieder Sturmschritt laufen, Herr Oberst, ich sagte Ihnen schon<br />
einmal –<br />
ALTHAUS. Das hätten zehn Pferde nicht hindern konnen, und Sie mit Ihrer Quaksalberei<br />
erst recht nicht!<br />
[Bl 38 v ]<br />
SANITÄTSRAT. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich! Leben Sie wohl, Herr Graf!<br />
Möchte es mit diesem unseligen Krieg bald vor<strong>bei</strong>sein. –<br />
ALTHAUS. Was?! Sieben – dreißig Jahre soll der Krieg dauern, bis das Gesindel genug hat.<br />
SANITÄTSRAT. Dreißig Jahre soll er dauern? Und das sagen Sie, Herr Oberst, der Sie das<br />
unbeschreibliche Massenelend eines Krieges selbst gesehen haben! – Und dann Gesindel?!<br />
– weil Sardinien an der Spitze nationaler Einheitsbestrebungen steht, weil Italien sich freimachen<br />
will von unserem Einfluß? Ich glaube, niemand kann ihm das verdenken. – Wer<br />
weiß wie<br />
[Bl 39 r ]<br />
dieser Krieg endet, wieviel Gräul und wieviel Elend er noch mit sich bringt. Aber vielleicht<br />
ko[m]t noch mal die Zeit, in welcher dieser Totschlag und diese Zerstörung aufhören wird,<br />
in der die Welt nicht mehr angefüllt ist mit geharnischten Männern und Schreckensmaschinen,<br />
in der die Völker sich erheben und mit einer Stimme ihren Lenkern zurufen: Rettet<br />
uns und unsere Kinder, rettet die Zivilisation und unsere Errungenschaften; eine Zeit,<br />
in der zum mindesten das Volk entscheidet, ob Krieg, ob Frieden.<br />
ALTHAUS. Da wollen Sie also ne Republik, Sie Radikaler?<br />
SANITÄTSRAT. Gewiß, ich selbst würde die Republik der Monarchie<br />
[Bl 39 v ]<br />
vorziehen. – Ich sage mir, ein Mann, der Jahrzehnte hindurch bewiesen hat, was er leistet,<br />
der infolgedessen von dem Volk, das er regiert gewählt ist, kann ihm mehr nützen, als ein<br />
nicht fähiger Fürst; aber darum handelt es sich hier nicht, Herr Oberst. Auch in einem<br />
monarchischen Staate könnte das Volk das „Ja“ oder „Nein“ im Kriegsfall sprechen, – es<br />
bringt ja doch auch die Opfer. –<br />
ALTHAUS. Und dann gäb’s nie mehr Krieg?<br />
SANITÄTSRAT. Nein. Kriege, durch welche nur ein Streit zwischen zwei Kabinetten<br />
geschlichtet werden soll, gäb es dann nicht mehr. Verteidigungs–Krieg ist was anderes,<br />
Herr Oberst. Das Recht der Notwehr und Selbstverteidigung kann sich kein Volk nehmen<br />
lassen, des–<br />
[Bl 40 r ]<br />
halb wäre es auch Unsinn, wollten wir heute entwaffnen.<br />
ALTHAUS. Und auch die Verteidigungskriege werden schwinden!