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Bertha von Suttner und Hans Engler: <strong>Die</strong> <strong>Waffen</strong> <strong>nieder</strong>!<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
von ihm schon gehört, – nur doch, was gäbe ich darum, wenn es jetzt noch einmal von<br />
ihm hören könnte. Aber geh Du schlafen, mein Kind, gib Dir Mühe an nichts zu denken,<br />
dann werden Dir die Augen schon zufallen – und Du wirst schlafen. –<br />
MARTHA.<br />
[Bl 73 r ]<br />
Ja, ja, ich gehe schon!<br />
KASPER kommt mit Telegramm<br />
Für Herrn Oberst von Althaus. Legt es auf d. Tisch.<br />
ADELGUNDE. Martha, sollte es wirklich noch nicht genug sein des Leides? Geht zum Tisch und<br />
liest.<br />
MARTHA. Was sollte mir das Telegramm bringen, das ich nicht längst schon gewußt, nicht<br />
längst schon gewußt, nicht längst schon gefühlt hätte?<br />
ADELGUNDE schreit auf. Martha!<br />
MARTHA. Ich hab’s gewußt, und deshalb bin ich ruhig, ganz ruhig.<br />
ADELGUNDE. Mein Gott, Dein Mann tot Liest: Dotzky, in<br />
[Bl 73 v ]<br />
heutiger Schlacht schwer verwundet und seinen Verletzungen erlegen. Er kämpfte wie ein<br />
Held! Martha, nun bist Du Witwe geworden. Vor wenigen Wochen erst warst Du im<br />
Brautkleid – und nun bist Du Witwe.<br />
MARTHA. Ich hab’s gewußt. In der Stunde, in der ich ihn sah, ist er gestorben, – muß er<br />
gestorben sein, – anders ist es nicht möglich; da waren unsere Körper getrennt, – aber<br />
unsere Seelen waren zusammen; da hörte ich wie es mich rief, und er wird gefühlt haben,<br />
daß ich <strong>bei</strong> ihm war. Nun ist er tot, – nichts, nichts hat sich verändert; und ob Tausende<br />
und ob Millionen in dieser Stunde das gleiche Los durchzukämpfen haben,<br />
[Bl 74 r ]<br />
die Erde geht nicht aus ihren Angeln, der Himmel schickt uns kein Trosteswort, – nichts,<br />
nichts Ungewöhnliches schickt er, das uns tröstete. Könnte er uns nicht Mitleid haben,<br />
könnte er uns durch einen schnellen, schmerzlosen Tod nicht erlösen?<br />
ADELGUNDE. Aber Martha! –<br />
MARTHA. Wir müssen das geschickte Leid weiter tragen, bis wir uns selbst verzehren und<br />
verbluten – oder bis wir freiwillig denen nachfolgen, die vor uns hergingen.<br />
ADELGUNDE. Martha, wenn ich doch schlafen ich {auch} Dich verlieren sollte.<br />
[Bl 74 v ]<br />
MARTHA. Ach wenn ich doch schlafen könnte, schlafen – um nicht wieder aufzuwachen!<br />
Aber ich muß wachbleiben, – ich will ja doch warten wie sich das Geschick meines Bruders<br />
gestaltet. Ich hatte schon geglaubt, ich könnte nichts mehr gewinnen, und nichts mehr<br />
verlieren, und doch gibts für mich noch ein Hoffen und ein Bangen. Gott im Himmel,<br />
mein Vater ist tot, mein Ein und Alles hast Du mir genommen, nun laß wenigstens meinen<br />
Bruder gerettet sein, dann will ich Dir nicht grollen, dann will ich Dir kniefällig danken,<br />
daß Du ihn gerettet hast.<br />
ADELGUNDE. Er erhält ihn Dir. – Aber willst Du nicht zu Bett<br />
[Bl 75 r ]<br />
gehen? Es ist ja doch so wenig, was ich Dir zum Trost sagen kann, – was soll ich alte Frau<br />
tun, Dich zu trösten?