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Bertha von Suttner und Hans Engler: <strong>Die</strong> <strong>Waffen</strong> <strong>nieder</strong>!<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
ALTHAUS. Ja, er muß doch aushalten! Er muß doch, er wird stets an mich denken, an seinen<br />
Namen. – Wenn ich nur nicht immer schon gefürchtet hätte, einmal<br />
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käm der große Skandal; dann würde seine Schande unseren makellosen Namen für immer<br />
in den Schmutz ziehen. – Hielt er jetzt nicht aus, lieber würde ich selbst mit meinem kranken<br />
Herzen im Kugelregen stehen, lieber sollten tausend Geschosse dieses kranke Herz<br />
durchbohren. Langsam könnten sie mir mein Herzblut nehmen, Tropfen für Tropfen, nur<br />
das nicht, – nur das nicht! –<br />
SANITÄTSRAT kommt.<br />
Wie gehts, gnädigste Gräfin, haben Sie Nachricht von Ihrem Gatten oder Ihrem Bruder?<br />
MARTHA. Nichts, – immer noch nichts!<br />
ALTHAUS. Sie werden nach dieser neuesten Niederlage nun Ihr<br />
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Teil denken, nicht wahr? Sehr Ihr, das habt Ihr nun davon, werden Sie sagen. Wäret ihr<br />
ruhig daheim geblieben, wäre alles nicht passiert.–<br />
SANITÄTSRAT. Das wird wohl mancher andere auch sagen. Mit der Wohlfahrt der Gesamtheit<br />
und unseres Landes geht es nun doch immer mehr bergab. <strong>Die</strong> Ar<strong>bei</strong>t der Fabriken,<br />
die Ar<strong>bei</strong>t auf den Feldern, alles stockt; unzählige Menschen werden verdienst– und brotlos,<br />
die Papiere fallen, das Agio steigt, alle Unternehmungslust ist versiegt, zahlreiche Firmen<br />
müssen Bankrott erklären, kurz, alles geht zurück nicht vorwärts. Nichts kann sich in<br />
dieser Kriegszeit entwickeln, – und geht das so weiter, erleiden wir noch viele solcher Niederlagen.<br />
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Sind wir völlig verblutet, dann vergehen fünfzig, dann vergehen hundert Jahre, bis wir wieder<br />
auf der Höhe sind, auf der wir waren, bevor der Krieg begann.<br />
ALTHAUS. Da glauben Sie also das wäre das Ende vom Liede? Sie glauben, wir würden nun<br />
weiter verlieren? – Fehlgeschossen, verehrter Freund! Gewiß haben wir jetzt ein paar<br />
Schlappen erlitten, aber das ist eher zu unserm Vorteil, als zu unserm Nachteil. Nun wird<br />
der Feind übermütig und großmütig werden in dem Glauben, uns nun schon ganz in der<br />
Tasche zu haben, und wir werden diese Nachlässigkeit benutzen, um ihm mit aller Überlegung<br />
zu schlagen.<br />
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SANITÄTSRAT. Es gibt Menschen, die hoffen, so lange sie leben, zu denen gehören auch Sie,<br />
Herr Oberst. – Aber wenn wir zum Schluß auch als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen,<br />
an dem, was ich gesagt habe, ändert das wenig. Auch das siegreiche Volk hat seine besten,<br />
tüchtigsten Söhne hergegeben, hat Millionen opfern müssen. Im Gegenteil, oft ist das siegreiche<br />
Land noch mehr geschwächt wie das besiegte. –<br />
ALTHAUS. Das läßt sich nicht ändern.<br />
SANITÄTSRAT. O doch! –<br />
ALTHAUS. Und wodurch? –<br />
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SANITÄTSRAT. Indem man den Krieg abschafft; die <strong>Waffen</strong> <strong>nieder</strong>.<br />
ALTHAUS. Ich weiß, Sie sprachen schon einmal davon, da wollten Sie, daß das Volk bestimmen<br />
sollte, ob’s Krieg gäb oder nicht; aber bis es in einem monarchischen Staat dahin<br />
kommt, können Sie lange warten.