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Andreas Hofer<br />
oder:<br />
Der Gang zum Tode
HEUTE:<br />
ANDREAS HOFER<br />
ODER<br />
DER GANG ZUM TODE.<br />
Volksstück mit Gesang in 6 Abteilungen<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
[U1: Ausschnitt aus einem Theaterzettel,<br />
aufgeklebt]<br />
[U2]<br />
1. Akt, Alpenlandschaft links Kreuz. läuten. Finster machen.<br />
II Akt Felsengegend. Versatzstüke Ferd. Oberbauer binden Schießen und Trommln.<br />
3. Akt. Wald. links Hütte. Hofer binden. Le[o]quen Kopf verbinden Gefecht<br />
4. Feines Zim[m]er. Hofer Hut ab.<br />
5. Kerker.<br />
6. Freie Gegend. Salve zum Erschießen. Choral, läuten<br />
________________________________________________________________________<br />
Anton Johler<br />
gek. b. [?]hardt Nov. 35
Doublicat<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
Albert Wünsch<br />
1874<br />
ANDREAS HOFER UND SEIN PATHENKIND.<br />
ODER<br />
DER LETZTE GANG ZUM TODTE<br />
Schauspiel in 4 Akten, nebst ein[e]n Schlus tableau,<br />
Hofers Erscheinug, v[on] Osk[ar] Giesler *<br />
1. Abteilung: Der Verräter.<br />
2. Abteilung: Die Sachsenklemme.<br />
3. Abteilung: Des Verräters Ende.<br />
4. Abteilung: Hofers [?]<br />
5. Abteilung: Die letzte [?]<br />
6. Abteilung: Hofers [?]<br />
PERSONEN.<br />
General Bisson.<br />
Marciese Fan.<br />
Oberst Leoque.<br />
Hofer, der Sandwirt im Passeiertal.<br />
Pater Haspinger, Kapuziener.<br />
Oberberner aus dem Stubental.<br />
Sophie, seine Tochter.<br />
Görg Weidinger der Nie[derbauer.]<br />
Max Reiner, )<br />
Der alte Glurner, )<br />
Thurmaier, ) Fre[iheitskämpfer]<br />
Kasper, )<br />
Merceide, eine Zofe.<br />
Mehrere franzö[sische Soldaten]<br />
*Oscar Gießler [?]: Andreas Hofer und sein Pathenkind. oder Der letzte Gang zum Todte. Schauspiel<br />
in 4 Akten, nebst ein[e]n Schlus tableau, Hofers Erscheinung, v[on] Osk[ar] Giesler. Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität zu Köln / Schloss Wahn, Sign. 405. Handschrift. Format: 17 x<br />
20,3 cm; hart gebunden.<br />
Transliteration: Eva Bella, Lektorat: Beatrix Müller-Kampel. Orthographie und Interpunktion wurden<br />
im Haupttext <strong>bei</strong>behalten, im Nebentext (Regieanweisungen) der leichteren Lesbarkeit und Verständlichkeit<br />
halber vereinheitlicht und vervollständigt. Vom Schreiber nachträglich eingefügte Zeichen,<br />
Wörter und Satzteile sind zwischen »{ }« gesetzt. Durchgestrichener <strong>Text</strong> wurde so übernommen.<br />
© Mit freundlicher Genehmigung der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu<br />
Köln / Schloss Wahn.<br />
[1]
PERSONEN.<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
1. Andreas Hofer, Wirth zur Krone Paseyer Thale, Oberkomendant, der<br />
aufstämtischen Tyroler.<br />
2. Pater Joachim Haspünger gen Rothbart ein Kapeziner aus den Kloster Klausen.<br />
3. Martin der Oberbauer, Hofers schwager.<br />
4. Sophie des Oberbauers Tochter.<br />
5. Jörg Weidinger der Unterbauer.<br />
6. Max Reiner, ein Bauerbursche.<br />
7. General Pisson, Gowener von Mantua.<br />
8. Kapitain Leoque.<br />
9. Marquihse von Fanti.<br />
10. Mereida deren Zofe.<br />
11. Urschel ein Herrgottsbilderhänd[lerin].<br />
12. Kasper ein Aufständicher, später Diener der Marquihse v Fanti.<br />
13. der Alte Schlurner. )<br />
14. Pater Mühlbök. ) aufständische Thürollerbauern.<br />
15. Hans Mattner. )<br />
16. der Erzprister Manifesti.<br />
17. Offiziere und Soltadten von französischen Heere.<br />
18. Tyroler Bauern u Bäuerin.<br />
BEMERKUNGEN FÜR DIE RIEGE<br />
Es ist <strong>bei</strong>nahe unverläßlich [!] und auf alle Fälle recht wünschenswerd, vor beginn des Stükes<br />
eine Große Ouvertüre vieleicht mit Motiven aus Alben=<br />
[4]<br />
melodien und in pastoraler Stil gehalten spielen zu lassen, in den zwischen Akte ist mehr<br />
kriegerische Musik am Platze, % Eine eigens zu diesen Stük componirte Ouvertüre des Werf,<br />
mit den Hofer Liede Mandua in Banden, ist durch vermittlung des Verlags von George<br />
Köbbel in Reidnitz Leipzig in beliebicher Besatzung gegen blose Rükerstadtung der logialien<br />
zu beziehen, in jeden zwischen Akt läst man ein gröseres Musikstük spielen, Hofer ist zur<br />
Zeit dieses vorligenden Stükes 42 bis 43 Jahre <strong>als</strong> gewessen, Er trug einen zimlichen Vollbart<br />
und war von untersetzter robust[er]<br />
[5]<br />
Figur, Sein Kostin bestand in großen schwarzen Hut mit breider Krembe, schwarze Bänder<br />
u der gleichen Federn, Er trug rotes unterwam[m]s, grüne Hoßenträger, darüber ein breiten<br />
schwarzen Gürtel, kurze schwarze Beinkleider, Rothe strü[m]pfe, und Schuhe oder<br />
niederiche Stiefel<br />
[2]<br />
[3]
1 AKT<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
Freihe Gegend, an einer Seitenculisse hengt ein Muttergottesbild, vor den selben der ALTE<br />
GLURNER kniehent betet, Tische Stühle und Bänke stehen umher, Akergeräde liegt an einer seide,<br />
Kirchen gloken läuten, Bärtige Männer mit schwarzen hüten u Mützen stehen umher, GLURMER,<br />
THURMEIER, KASPER kom.<br />
[6]<br />
KASPER. Kameraden, ich dächte wir hätten hier lange genug gewartet, und unser Weg ist<br />
noch weit, der Abend senkt sich schon Allmählich in Stubäythal. hier wird uns auch keine<br />
Zehrung gereicht, den[n] der Besitzer scheint gar nicht zuhause zu sein, und das Holzbild,<br />
was aus dem Thale herauf komt und {dass} uns ansieht, <strong>als</strong> ob mir ziegeunervolk oder<br />
fahrende Künstler währen, hab ich nicht <strong>als</strong> Gros bauer in Verdacht.<br />
GÖRG kommt. Grüst euch Gott, Landsleute,<br />
GÖRG kommt. Grüst euch Gott, Landsleute,<br />
[7]<br />
GÖRG. Es ist wohl weit, wo ihr her seit, den[n] ihr seht ja alle so müde aus, namentlich der<br />
Alte da, ihr komt wohl von der Alm,<br />
GLURNER. Mit Verlaub mein junger Freund, Ihr seit doch noch etwas zu jung, um Alte<br />
Landsleute aus zu fragen, Wenn wir den herrn in seinen Hof in Wege sind, so mag ers uns<br />
sagen, die Straße gehört den Kaiser, die freien Leute Tyrols sind nicht gewönt, den Wirthe<br />
erst lange Rede zu=<br />
[8]<br />
stehn, der ihnen ein Gastlich dach bietet, kom[m]t Brüder.<br />
GÖRG. Halt Landsman[n] so war es nicht gemeint, ich bin nicht der Wirt von diesen Hof,<br />
der ist nicht zu Hause, und die Tochter ist mit sam[m]t den Leuten auf der Wiese hintern<br />
Haus, sonst ginget Ihr nie{cht} unbe wirtet fort, Mich heist mann den Niederbauer und<br />
mein Hof liegt nur einen Büchsenschus weit tiefer in Stubeythale und wens euch recht ist,<br />
so f[ühre] ich Euch dahin, und biet euch<br />
[9]<br />
gastliches Unterkommen an.<br />
KASPER. Brav Niederbauer, dir geth es gut vom Schnabel, weil dir kein Bart gewachsen ist,<br />
Na nur nichts für ungut.<br />
GÖRG. Sorgt Euch nicht, das glatte Gesicht verwächst sich mit der Zeit.<br />
KASPER. Nu freilich, ein glattes Gesicht, ist den Weibsvölkern in allen Wegen recht,<br />
Kom[m]st Gewies{ß} auch in Liebesgeschichten hierher Niederbauer,<br />
GÖRG. Mir scheint jetzt ist das Ausfra=<br />
[10]<br />
gen an dir, Wen ich mit Euch in meinen Niederhof gehen soll, möchte ich erst erfahren ob<br />
es ehrliche Jäger sind, die ich unter mein Dach führe ihr komt doch von der Jagd?<br />
GLURNER. Gewiß, junger Herr, es gibt da droben eine ernsthafte Jagd, wo die Büchsen en<br />
auf die Gemsen knallen, das es für ein Tyroler Herz eine Freud ist,<br />
KASPER. Ja die Freude wird uns bald aus gegangen sein,<br />
GÖRG. Ich wohllt an den Vergnügen keine Freude mehr haben?<br />
GLURNER. Schweich Kasper, und bewahre deine Zunge, der Niederbauer hat mehr zu thun,<br />
<strong>als</strong> auf dein Geschwätz zu horchen,<br />
[11]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
KASPER. He, es kom[m]t so ein infamer Nebel aus den Thale herauf es wirt sich schreklich<br />
ins Thal hinab gehen.<br />
GÖRG. Dann nicht, wen ich Eüch führe, ich werde euch die besten Wege Zeigen, wo ihr den<br />
Nebel am=<br />
[12]<br />
besten aus weichen kön[n]t, der unser gutes Land betrükt.<br />
GLURNER. Ich weis nicht was ihr meint,<br />
KASPER. Und ich weis es, erst recht nicht.<br />
GÖRG. Nun so will ich es Euch deutlich sagen, ihr kom[m]t aus den Bergen vom Hofer von<br />
Spekbacher und von Peter Mayer, die helft die Gemsen niederschießen die aus dem<br />
Thä{h}llern herauf wollen, ihr lauft den Gemsen straks in die Hörner, ists nicht so,<br />
[13]<br />
THURMAYER. Und wens so wär, wollt ihrs wehren?<br />
GORG. Bin wohl der Letzte dazu, dem Lande solchen Schimpf an zuthun, Warum geht ihr<br />
den jetzt ins Thal, ists aus mit Hofers Sohn {Sache} und den Land Tyrol?<br />
THURM. Aus ists mit Euren öden Gefrag, Ein Narr wär, wer euch noch Rede ständ.<br />
GÖRG. Na es ist schon gut, mein Landsmann, den ich mein es ja erlich mit Euch, doch vor<br />
dein<br />
[14]<br />
Aufbegehren fürcht sich der Görg Weidinger nicht,<br />
GLURNER. Weidinger? des Alten seligen Weidingers Sohn wärst du? Bube, wen du dies mal<br />
gelogen hättest, Weidinger und ich standen <strong>bei</strong> einer Schützen Companie vor 13 Jahren, <strong>als</strong><br />
die Franzosen in das Land fielen, teilten wir <strong>bei</strong>de Freud und Leut {Leid}.<br />
GÖRCH. Wie hieß Euer Hauptmann dam<strong>als</strong>.<br />
GLURNER. Er schrieb sich so wie jetzt, nur das er jetzt Landeshauptmann ge=<br />
worden ist.<br />
GÖRG. Die Angabe stim[m]t, und heuße {heiße} euch willkom[m]en, <strong>als</strong> Waffen brüder<br />
mein[e]s seligen Vaters,<br />
GLURNER. Nicht wahr Bursche, du bist auch so brav, wie es dein Vater war,<br />
GÖRG. Ich hoff es zu werden,<br />
KASPER {TURMAIER}. Hör einmal du, wen du der Sohn eines Alten Kämpen von 1796 bist?<br />
Warum bist den du jetzt zu Hause, wo unser Land zum Erlichen Streite solche Buben<br />
brauchen kann,<br />
[16]<br />
GÖRG. Wie gerne wär ich da<strong>bei</strong> gewessen, aber ich habe daheim ein braves Mütterlein, was<br />
alt und krank ist, und nicht mehr von ihren Lager auf stehen kann, Soll ich sie allein lassen,<br />
wen die Franzosen in das Stuberthal komen,<br />
KASPER. Na, hast den du keine Liebste die deine alte Mutter trösten und pflägen kann,<br />
GLURNER. Na, nimm das Leid nicht gar so schwer,<br />
GÖRG. Ein Dirndl hätt ich wohl, aber<br />
[15]
der ihr Herz liebt einen Andern.<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
KASPER. Jah wohl, du bist noch jung, und vor dir ligt die Welt mit vielen 100,000 Mädeln die<br />
dir die Ketten am Ehestands wagen breit halten Lass uns nun lieber zu deiner Mutter<br />
gehen. {in dein Gehöft gehen}.<br />
GÖRG. Nicht eher, bis ihr mir gesagt habt, wies mit der Tyroler Sag{ch}e oben auf den<br />
Bergen ausieht.<br />
KASPER. Als ob sich sowas auf offner Straße aus plauschen ließ, Sag lieber uns, wies trunten<br />
[18]<br />
aus sieht im Thale, und ob die höllischen Franzosen uns bald ein Compliment machen<br />
wollen,<br />
GÖRG. So seit ihr fle{üc}htig und habt die gute Sache unsres lieben Hofer und alle die<br />
Getreuen verlassen,<br />
KASPER. Nein, die gute Sache hat uns verlassen, Es komt kein Zuzug mehr, und nichts hört<br />
man <strong>als</strong> Hiobsposten.<br />
GÖRG. So seid ihr wirklich davon gelaufen, Pfui der Schande,<br />
[19]<br />
KASPER. Hör einmal, wen du noch ein Wort sagst, da tips ich dich auf dein Unverstands<br />
kasten, das du unser Feld geschrei nicht mehr hörst.<br />
GÖRG. Nein, jetzt will ich reden, ihr habt den Hofer verlassen kön[n]en, das treuste Herz<br />
Tyrols, Alter Glurner, hast du den Oberkom[m]endanten auch verrathen, der schon vor 13<br />
Jahren dich ruhmvoll in den Kampf geführt,<br />
GLURNER. Behüte den Him[m]el, aber meine Alten Beine wollen mich nicht<br />
mehr auf unsern rauhen Alpenboden tragen,<br />
GÖRG. Dir seh ichs nach, aber ihr andern könt davon laufen, und den Lands feind eine Lüke<br />
laßen, wo er eindringen kann, in unser Land Tyrol.<br />
KASPER. Was, mir paar Mann sollen die Franzosen aufhalten, die uns schon zimlich umringt,<br />
und uns bald das Fell gar machen werden, du verlauter Bursche.<br />
GÖRG. Ich würde es versuchen, wen<br />
[21]<br />
noch ein par 100 Mann so dächten wie ich, und unser Land Tyrol, dürfte nicht in die<br />
Hände der bairischen Hallodri kommen, {Franzosen kom[m]en}<br />
KASPER. Du, Niederbauer, mach mir die Leute nicht rebellisch, und stelle dich den Feind<br />
erst selber so lange gegenüber, bis dir dein Bart gewachsen ist, ehe du uns meistern willst,<br />
GÖRG. Mir das von einen Ausreißer,<br />
KASPER. Was Schimpfen wilst du uns auch noch? da du uns nun aus gefragt hast, geth auf in<br />
zu ich<br />
[22]<br />
nehm dich doch gleich her, und drehe dich wie einen Windmühlenflügel in der Luft<br />
herum, wil in paken.<br />
GLURNER. Ruhe halt ihr, Sag ich der Bursche hat so unrecht nicht<br />
GÖRG. Vater Glurner, gebt mir Euren Stutzen und Kugelsak, ich wil unsern guten Hofer<br />
entgegenziehn,<br />
[17]<br />
[20]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
GLURNER. Nein, nein, bleibt nur daheim, <strong>bei</strong> deiner Alten Kranken Mutter, mir wird der<br />
Stutzen noch nicht zu schwer,<br />
[23]<br />
KASPER. Und du? Niederbauer laß dir die Buttermilich nicht sauer werden,<br />
GLURNER. Das Maul hälst du jetzt, nun alle auf, wir wollen weiter, Behüt dich Gott, Junges<br />
Weidingers Blut,<br />
ALLE ab.<br />
GÖRG. Behüt euch Gott, Vater Glurner, Und ihr andern, ich hätte für mein Leben gern den<br />
treien Hofer selbst mit <strong>bei</strong>gestanden. hätte ich nur das Kranke Mütterchen nicht daheim<br />
SOPHIE. Grüß dich Gott, Niederbauer.<br />
GÖRG. Grüß Gott, mein Dirn.<br />
SOPHIE komt {links}.<br />
SOPHI. Dankeschön, Herr Niederbauer, aber sag mal Görg, hats was gegeben in den Bergen,<br />
und ist unseren Leuten ein Unglük passirt.<br />
GÖRG. Sophi, ich weis du meinst es gut mit den Land, und ich traue dir, das kanst du mir<br />
glauben,<br />
SOPHI. Sprich nicht seltsam, ich glaubt dir es schon,<br />
GÖRG. Ja dir trau ich, aber deinen<br />
[25]<br />
Vater nicht, der hat nur ein Herz für seinen Geldsak, drum fürcht ich ihm, wie den Bösen.<br />
SOPHI. Mein Vater ist nicht halb so hart <strong>als</strong> du es an nimst, und auf dich oft besser zu<br />
sprechen, wie mir grad lieb ist,<br />
GÖRG. Aha, wills da hinaus, Sei ruhig, ich vergöne dir dein Max, weis auch schon, das du nur<br />
des halb so zu den Aufstäntischen im Gebirge hälst, weil du deinen Max da<strong>bei</strong> hast, ists<br />
nicht so?<br />
SOPHI. Ja das ist so, aber nicht allein<br />
[26]<br />
um mein Maxel bangt mir, sondern auch um meinen lieben Herrn Pathen Hofer, und alle<br />
andern braven Schützen bangt mir,<br />
GÖRG. Leb wohl Sophi, ich mus{ß} zu meiner kranken Mutter hinunter in Thal. Ab {rechts}.<br />
SOPHI. Grüß mir die Mutter von uns, sie soll bald gesunden, damit sie uns bald einmal<br />
besucht.<br />
Choral musik und Glockenläuten.<br />
SOPHI kniet vor den Muttergottesbild nieder, und bettet laut.<br />
[27]<br />
SOPHI. Ave Maria, Beschütze uns bewahre unser gutes Land, Heilige Mutter, vor den<br />
lästerlichen Franzosen, und nim mir meinen Max in Acht, das er nicht das Opfer seiner<br />
wilden Natur wird, ich will dir auch zwei Kerzen weihen, gandenreiche Mutter, und alzeit<br />
from[m] sein, nur laß unser schönes Tyrol nicht verderben, und gieb uns bald den Frieden<br />
den mir so nötich haben,<br />
[24]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
URSCHEL {rechts}, die Herrgottsbilderhändlerin naht,<br />
währent SOPHIS Gebet langsam heran, Nachdem Gebet spricht sie dumpf.<br />
URSCHEL. Amen, Amen meine Tochter<br />
[28]<br />
SOPHI. Grüß Gott Mutter Urschel, da hier in Stubaythal, ihr habt wohl Herrgotsbilderhandel<br />
aufgegeben? weil ihr kein einziges Bild mehr <strong>bei</strong> euch fürt,<br />
URSCHEL. Ein Gottloser Franzos hat mir das letzte Kreizel abgenomen, und gesacht, Euer<br />
General Sandwirth hat Kreuz genug, Und nun kan ich mich durchs Landel betteln.<br />
Hinten singen Eine Stime.<br />
Ein Berg ohne Schaden,<br />
Ein Reider ohne Pferd<br />
und a Bub ohne Stutzen<br />
sind kein Kreizer nicht werd<br />
SOPHI. Das ist der Maxel, Gott sei dank, get Mutter Urschel in die Stubn, und nim dir Milch<br />
und Brod, in des Oberbauern Hof langt es schon {noch} für dich noch zu.<br />
URSCHEL. Vergelts Gott, Sophi, hab ich doch wieder ein daheim <strong>bei</strong> guten Menschen. Ab<br />
{links}.<br />
Max komt {rechts} mit Stuzen und Ranzen Gesungen.<br />
MAX. Das Gratthier zu jachen, ist der Bub stetz bereit, doch den Franzman zu hetzen, das ist<br />
erst<br />
[30]<br />
eine Freud. Hoidoida. hoidoida.<br />
SOPHI. Max bist dus wirklich?<br />
MAX. Freilich bin ichs?<br />
SOPHI. Na Grüst dich Gott, mei Bua,<br />
MAX komt.<br />
MAX. Gott dank, dir, mein dirndel, weist, ich kome grad von deinen Pathen.<br />
SOPHI. Von Sand selber aus den Passäyer,<br />
MAX. so wird es sein.<br />
SOPHI. Gott ist das eime Ehr, solchen<br />
Pathen zu haben,<br />
MAX. Ja, eine grose Ehre, der Sandwirth Hofer ist Herr im Lande, wie es noch keiner von<br />
allen Herren war, die deüben in den Trutzburgen saßen, von Lantek bis Kufstein, und von<br />
Meran bis Trient{st}, Aber das ist auch eine Ehr für mich, der Sandwirth sagt, ich sei der<br />
bravste Bursche im ganzen Land,<br />
SOPHI. Der Vater aber spricht anders,<br />
MAX. Hat er wieder auf mich geschinpft, weil ich kein Eichenthum habe,<br />
[29]<br />
[31]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
[32]<br />
SOPHI. Er sagt du liefest nur auf den Alpen herum, verdinst keinen Kreuzer, und hälfest das<br />
Unglük mit übers Land bringen,<br />
MAX. Das sagt der Bauer, dein Vater,<br />
SOPHI. Ja, und ich sag dann im[m]er, du seist <strong>bei</strong> meinen Pathen, wo alle brave Burschen<br />
sind, und dann ist er still, ist es den auch war, das im der Kaiser <strong>als</strong> General eingesetz hat,<br />
[33]<br />
MAX. Gewieß, er sagte auch, vieleicht wäre ich bald sein Leutnant,<br />
SOPHI. Sein Leutnant, das ist doch etwas ganz Großes.<br />
MAX. i{I}ch habe auch eine Botschaft, an den Spekbacher ins Schmirnerthal zu bringen,<br />
SOPHI. Nu was soll der Spekbacher?<br />
MAX. Er soll mit allen Mannen, die er zusam[m]en bringt, zu ihm stoßen, die Franzosen<br />
seien schon über den Brenner und verbänden sich mit dennen<br />
[34]<br />
von Verona, Er soll es auch allen sagen, das er bereit sei zu kämpfen und zu sterben für<br />
den Kaiser und für sein Land Tyrol.<br />
SOPHI. Ein guter alter Mann mein Pathen.<br />
OBERBAUER kont {links}.<br />
OBERBAUER. He seid wan ist den mein Hof ein Wirthshaus geworden, he Sophi, was ist das<br />
für ein Gast, den du so hoch aufnim[m]st,<br />
SOPHI. O, je der Vater.<br />
OBERBAUER. Was hat den[n] der Max, der<br />
[35]<br />
Wetter Bursche in meinen Hof zu suchen, hab ihn ja gesacht, das aus der liebschaft nichts<br />
wird, Marsch Sophi in der Stubn.<br />
SPOHI. Behüt dich Gott Max. Ab {links}.<br />
MAX. Behüt dich Gott, mein Dirndl.<br />
OBERBAUER. Willst wohl noch einmal hören, das du hier nichts zu suchen hast.<br />
MAX. Habs genug gehört, und hör andere Leut lieber <strong>als</strong> den Oberbauer.<br />
OBERBAUER. Nun warum komst du in<br />
mein Haus.<br />
MAX. Kam nicht zu euch, sondern zur Sophi,<br />
OBERBAUER. i{I}ch Glaube es schon, das die reiche Bauertochter den Bettler ansteht,<br />
MAX. Ich habe noch nicht Gebettelt, ich hatte blos einen Auftrag von Sandwirth an seine<br />
Pathe auszurichten, und wirst nichts dawieder haben, wen ich dir Geld ins Haus trage,<br />
OBERBAUER. Von Sandwirth Geld, das möchte<br />
[37]<br />
wohl ein Sperling davon tragen,<br />
MAX. Sprecht nur jetzt so spottweis fort, aber wen der Sandwirth die Franzzosen aus den<br />
Lande geschlagen haben wird, und ich <strong>als</strong> sein Leutnant mit rechtmäsiger Beute kom[m]en,<br />
und werde fragen, wie teuer ist der {dein} Hof, Oberbauer.<br />
[36]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
OBERBAUER. Und in 8 Tachen werde ich in Innsbruk fragen, Nun Herr Leutnant von<br />
Hofer{s}, Gnaden, wie schmekt das erschießen.<br />
MAX. Last dir die Freude nur nicht in den Born fallen,<br />
[38]<br />
OBERBAUER. Die Freude göme ich euch allen Lumpen, die ihr den Hauptlump folcht, und<br />
die Franzosen reitzt, das sie unsere Höfe nieder brennen, und uns neue Krigs steuer<br />
aufschlagen, und ihr und das ganze Land verderbt,<br />
MAX. Den Sandwirth will{l} ich deine Freundschaft melden,<br />
OBERBAUER. Thus nur, und melde es ihnen Mit seiner Herschaft ists bald gar aus, die<br />
Franzosen haben<br />
[39]<br />
10000 Gulten für denjenigen ausgesetzt, welcher den Sand wirth verräth,<br />
MAX. ich weis es wohl, das die Proclamation gedrukt erschienen ist, aber es wird sich im<br />
ganzen Land Tyrol kein Judas finden, der den Sandwirth um das Sündengeld verräth,<br />
OBERBAUER. Haha, 10 finden sich für den Einen, und wen ichs könte ich thäts selber<br />
MAX. Pfui, ihr seit kein Tyroler<br />
mehr, Franzose seid ihr geworden,<br />
OBERBAUER. Was währe da schlim[m]es da<strong>bei</strong>, die Franzosen haben Geld, Aber was habt<br />
ihr, unnützen Leut, das heu kan verfaulen, und das Vieh verderben, komt ihr zu einen<br />
Bauer, da schreit ihr, deinen besten brad{t}en, und deinen besten Wein, grad <strong>als</strong> ob es so<br />
sein müst.<br />
MAX. Lüchnerischer Bauer seid still, oder ich weis nicht was ich thu.<br />
OBERBAUER. Nun fort aus meinen Hof, und<br />
[41]<br />
komst du noch einnal wieder, da laß ich dich von den Knechten bund prügeln, nun weist<br />
du es Ab.<br />
MAX. Hei, er hat so unrecht nicht, wird der Hofer vieleicht verrad{t}en, gefangen, und er<br />
schossen, so müste ich das selbe schiksal mit ihm theilen, Ja er hat recht zugewinnen ists<br />
nichts, Höl{l} und Teufel, was nützen alle schöne Worte von braven Burschen, wenn er<br />
kein Geld hat, und wen ich welches hätte, bekäm ich auch Sophie zum Weibe, was sagt der<br />
Oberbauer,{?} i{I}n die Hölle mit den Versucher.<br />
[42]<br />
SOPHIE komt {links}.<br />
SOPHIE. He Max.<br />
MAX .Was giebts?<br />
SOPHIE. Hast dich wieder gezankt, mit den Vater,<br />
MAX. Ja, und recht hat er, es wär ein Unsinn von den Sandwirth, das er so viel brave<br />
Burschen verdirbt<br />
SOPHIE. Warum bist du den auf einmal so bös auf den Sandwirth, der dir so viel anver=<br />
[43]<br />
traut, so ein geheimniß, so eine Botschaft.<br />
MAX. Laß mich mit seinen vertrauen, 10000 Gulden freude mich mehr.<br />
[40]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
SOPHIE. Max um Gottes willen du willst den Andreas Hofer, des Kaisers General, den<br />
Franzosen verrathen,<br />
MAX. Ja, mein entschlus ist gefast,<br />
SOPHI. Meinen Pathen wilst du verraden, der dich zu seinen Leutnant machen will,<br />
MAX. zum Leutnant von einen Erschossenen oder Erhänkten.<br />
SOPHI. Spricht du im Ernst?<br />
MAX. Gewiß nicht im Schlafe.<br />
{OBERBAUER horcht.}<br />
SOPHIE. Du weist ja aber nicht, wo er bleiben wird.<br />
MAX. Freilich weis ichs, Er ist in Kalch an Jaufen, mit seinen ganzen Leuten, gleich geh ich<br />
nach Innsbruk, und Morgen Nacht ist er verrathen, der Beschlus ist gemacht, Behüt dich<br />
Gott Sophie.<br />
[45]<br />
SOPHI. Geh Max bis {sei} nicht so schlecht,<br />
MAX. in Achttagen bist du mein Weib,<br />
SOPHIE. O, Nimmer, nimmer,<br />
{OBERBAUER ab.}<br />
MAX. Nicht, nun so krig ich eine Andere, mit meinen 10000 Gulden, überleg dirs, Ab<br />
{rechts}.<br />
SOPHIE. Großer Gott, wird der Max zum Verräther an den Sandwirth, so hält er auch mir<br />
die Treue nicht, O mein Herr und Gott, zeich du mir den rechten<br />
[46]<br />
Weg, damit ich diese That verhindern kann,<br />
{Es wird finster.}<br />
OBERBAUER komt mit Hut und Mandel in der Hand eine Peitsche.<br />
OBERBAUER. Bist du da, höre ich habe heute noch ein wichtiches Geschäft vor, für sich. die<br />
10 000 Gulden wil ich vertin laut. Kan[n] aber nicht sagen, ob ich heute Nacht wieder<br />
komm, Hab auf alles Acht, und laß den Max nicht ein, das rath ich dir.<br />
SOPHIE. Schon recht Vater, Max komt nicht mehr, glaube mirs,<br />
[47]<br />
OBERBAUER. Bist brav, wirst den Niederbauer heiraten, Weist ja er hat schon lange ein Auge<br />
auf dich, bin vergnügt wie seit langen nicht, Bringe dir ein Bnidband mit, das die Dirndl in<br />
der Kirche vor Neid zerplatzen sollen, Na behüt dich Gott mein dirn Ab {rechts}.<br />
SOPHIE. Er ist fort, das war eine schikkung Gottes, der Max will den treuen Hofer verrathen,<br />
werrend derselbe auf die Hülfe des Alten Spekbacher wartet, ich will gleich selber nach<br />
[44]
Kalch gehen, und meine Pathen warnen, He Urschel, komt ein mal herraus,<br />
URSCHEL komt {links}. Was giebts Sophie,<br />
SOPHIE. Kenst du den Spekbacher.<br />
URSCHEL. ich kante im schon, <strong>als</strong> er noch Raubschütz war.<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
SOPHIE. Hofer wartet auf seiner Hülfe in Kalch, wen eins den Spekbacher holte, der könte<br />
sich ein Gottes lohn verdienen, weist du nicht einen recht<br />
[49]<br />
Verschwigenen.<br />
URSCHEL. Ich will gleich selber gehen, wen es sein mus.<br />
SOPHIE. Du bist doch zu Alt, und matt {schwach} dazu,<br />
URSCHEL. Meine Alten Beine tragen mich schon noch dahin, Behüt tich Gott Sophie. Ab<br />
{rechts}.<br />
SOPHIE. Sie geth und darf auch ich nicht länger säumen, auch ich mus nun Eilen, um meinen<br />
Pathen zu benachrichtigen<br />
[50]<br />
Vorwärts, es muß 9 sein, Klokenläuten, Kniet vor den Bild bettet. die Gloken läuten so schön<br />
Liebste und heilige Mutter Gottes, liebster, heiliger Florian, beschützet ihr das Haus, ich<br />
mus den Sandwirth beschützen {warnen}, und das Land Tyrol Ab.<br />
Ende 1 Akt<br />
2 AKT<br />
Wildes Gebirge, KASPER THURNMEIER kom.<br />
KASPER. Höre eimal du, ich möchte für lange Weile die Krähen anrufen, das sie mir die<br />
Loosung geben, sonst passirt hier so weider nichts,<br />
THURMEIER. Was ists, wen das kein fauller Posten genant wird, nachher sage ich nichts mer,<br />
KASPER. Das schildwage stehen ist nichts für uns, mir müssen dort sein<br />
[52]<br />
wo die Büchsen krachen, und man ordendlich mit den Büchsenkolben dreinschlagen kann,<br />
das Alles Platzt,<br />
THURMEIER. Mir scheint das Schiltwachstehen ist eine faule Seite von den Soltadten<br />
Handwerk,<br />
KASPER. Es ist aber grade ein schöner Flek, wo sie uns her postirt haben, Sie nur, dort unten<br />
gläntzt die Heerstraße von Innsbruck nach Verona, und der Berg hier ist mit lauter<br />
Felßtrümern übersäet,<br />
[53]<br />
THURMEIER. Als wen sie die Riesen hinunter gekollert hätten, und sie wären mit Moos in<br />
den Boden verwachsen,<br />
KASPER. Du der Berg siehet grade aus, wie ein ungeheurer Friedhof, es kann sein, das mir<br />
bald hinein purzeln und nicht Maffsagen<br />
[48]<br />
[51]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
THURMEIER. Was wär es den da weiter, es sind schon manche brave Kameraden vor uns<br />
geffallen, und ich habe mich schon längst darin ergeben.<br />
[54]<br />
KASPER. Ich noch nicht, ich mus noch einen Tag nach der Ewigkeit leben können.<br />
THURMEIER. Last nur erst einen ernsten Angriff auf uns machen,<br />
KASPER. Da wollen wir sie schon auf den Kopf schlagen, das sie den Generalmarsch nicht<br />
mehr schlagen hören, du weist doch, daß wir es aus Alter Gewonheit fertig bringen, aber<br />
der Hofer hat sich auch etwas zu stark über eilt,<br />
[55]<br />
THURMEUER. So? du woll auch, Aus alter Gewohnheit plapperst du es nach,<br />
KASPER. Östreich hat uns Preis gegeben, und davon laß ich mich nicht ablenken,<br />
THURMEIER. Wie Gelehrt du sprichst? Wer giebt den heimlich den Hofer die Waffen und<br />
das Geld, du verstehst so wenig wie ich, Hofer wird schon wissen wie er hält,<br />
KASPER. Mir kan es gleich sein, ich knalle mit, so lange es geht, zum Kopf abreisen wirts<br />
nicht gleich kommen,<br />
[56]<br />
THURMEIER. Horch es komt jemand hinter uns.<br />
KASPER. Wen es vieleicht ein Franzma[n] ist, den schmeiß ich über die Felsstüke hinunter,<br />
das er <strong>bei</strong> seinen Kameraden kein Complement mehr ausrichten kan, Halt, Wer da, oder<br />
ich brenne los,<br />
HOFER und HASPINGER kom {rechts}.<br />
HOFER. Gut Freund leute, es ist euer Oberkom[m]entant und Peter Hasspinger, Franz Josef<br />
heist<br />
[57]<br />
die Loosung, Geth jetzt zu euhren Trupp, wir wollen selbst ein wenig nach schauen, nach<br />
den Bremerstraßen.<br />
KASPER. Na du kom, jetzt getz ins lager, da gibts etwas Nasses. <strong>bei</strong>de ab {links}.<br />
HOFER. Der Tag ist heiß gewessen. und können jetzt unbesorgt sein, vor morgen früh läuft<br />
uns der Fuchs nicht ins Garn.<br />
PATER. Uber all s{S}chaden genug, und tiese ruhe, kein zweichlein rührt sich, Hast recht, es<br />
ist keine Gefahr für heute,<br />
[58]<br />
HOFER. Ihr seit mir vorhin die Antwort schuldig geblieben, Pater, ihr sacht vorhin, auf<br />
meine Landsleut, kan ich mich am allerwenichsten verlassen, das hab ich doch schon oft<br />
erprobt, ist das nicht mer eure Meinung, Pater,<br />
PATER. Ich weis nicht, ich hab keine Ruhe mehr, seit der Franzos einen Preis auf deinen<br />
Kopf Gesetzt hat,<br />
HOFER. Wie wohlt ihr auch Ruhe haben Pater, seit ihr nicht der feurige<br />
[59]<br />
Kapaziener, der das ganze Land in Flam[m]en gesetzt, wen ihr euch fürchten woltet, dan<br />
werf auch ich den Stutzen weg.<br />
PATER. den Soltadten fürcht ich nicht mehr <strong>als</strong> du, nicht der Franzos, noch gar die<br />
Bettelitaliener da hat es schon keine Noth, in den Bergen, die fürchten den General
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
Barbonne, wie den Leiphaftigen Urian, aber das Geld für unser armes Land, du weist es so<br />
gut <strong>als</strong> ich, der Tyroler macht keine Faust wo er ein gut Stük Geld<br />
[60]<br />
ergreifen kann.<br />
HOFER. Schon recht, aber ich meine, es giebt viel mehr brafe Leute, <strong>als</strong> schlim[m]e, was die<br />
schlim[m]en umstürzen, das ruken die guten wieder grade, Was hätten nicht die Franzosen<br />
mit ihren, Proclamationer{n} für Unheil angerichtet, wen ihr mit euhren Kräftigen Reden<br />
nicht die Köpfe immer wieder zurecht gerichtet hätte{t},<br />
PATER. Sieh Hofer, du beschämst mich, im[m]er wieder mit deinen<br />
[61]<br />
Vertrauen, du hast ein recht christliches Gemüth, Aber wer komt da? Was will das dirndel.<br />
SOPHI u KASPER, komen {links}.<br />
KASPER. Also dort steht der Ober kommandant Hofer, Leise Na nun mach {ich} aber, das<br />
ich wieder auf meinen Posten kom[m]e, sonst wird mir die Suppe kalt, und ein bischen viel<br />
Essen und trinken, das ist meine gröste Freude, und davon laß ich mich auch nicht<br />
abbringen. Ab {links}.<br />
SOPHIE. Grüß Gott Herr Pathe!<br />
[62]<br />
HOFER. I, das ist ja die Sophi, meiner Schwester Kind.<br />
SOPHIE. Ja, Herr General und Oberkomendant,<br />
HOFER. Mach keine Faxen, was bringst du mir in der Nacht? komst allein von Haus.<br />
SOPHI. Ja herr Pathe.<br />
HOFER. Hast den Max Reimer gesprogen,<br />
SOPHIE. Ja, aber da ich jetzt den Nam[m]en Max hörte, komts wie ein<br />
Fluch über mich,<br />
HOFER. Faß dich Dirndl, ich habe nicht Zeit, solch Weibergeflenne lange mit anzuhören.<br />
PATER. Hier gibt es was zu <strong>bei</strong>chten, mir scheints <strong>als</strong> wär ich hier über flüßig.<br />
HOFER. Bleib nur Pater, es wirt wohl kein geheimniß sein, Nicht wahr Pathe.<br />
SOPHI. Für euch nicht.<br />
HOFER. Erzähle Dirndl, was es giebt<br />
warum bist du fort gegangen von zu Hauße, und wann,<br />
SOPHI. Gestern Abend.<br />
HOFER. Gestern Abend, bist du nicht gescheit,<br />
PATER. Wo ist den das Dirndl zu Haus<br />
SOPHI. Aus den Stubaythal <strong>bei</strong> Kresbach,<br />
PATER. Das ist fast unmöchlich, von Kresbach übern Jauchen nach Kelch, das sind ja 3 Tage<br />
märsche,<br />
HOFER. Ich glaube das arme ding<br />
[63]<br />
[64]
ist verwirt.<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
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PATER. Oder die Anstrengung hat sie zusehr mit genohmen, meine Tochter, du must<br />
wichtige Gründe gehabt haben, das es dich um diese Zeit über die Berge trib, sprich frei<br />
heraus, wen es uns oder des Landes geschäften angeth, und es soll dir gedankt werden,<br />
SOPHIE. Ja es mus heraus, Herr Pathe, der Max Reiner ist nach Innsbruk gegangen, um euch<br />
zu verrathen,<br />
[66]<br />
HOFER. Der Reiner, das ist nicht möglich.<br />
SOPHIE. Die Habsucht hat in dazu verblentet, 10000 Gulden waren sein einziger Gedanke,<br />
HOFER. Woher wuste er es das die Welschen, einen Preis auf meinen Kopf gesetzt hatten.<br />
SOPHIE. Das kann ich nicht sagen.<br />
HOFER. Wahrheit will ich,<br />
[67]<br />
SOPHIE. Mein Vater mus ihm die Proclamation erteilt {gezeigt} haben, er brachte sie aus<br />
Innsbruk mit heim,<br />
HOFER. Von meinen Schwager <strong>als</strong>o, o, nun wird mir alles klar,<br />
PATER. Glaubst du nun, was ich dir sagte, zehn für einen findet der Welsche zum Verräther,<br />
HOFER. Es kan nicht sein Dirndl, nimm den {dein} Wort zurük.<br />
SOPHI. O wen ich es könte, der Max ging sporstreichs nach Innsbruk<br />
und jetzt wissen sie es schon, wo ihr seit, und was ihr vor habt<br />
PATER. Auch das weist du? Hofer, das ist das verterben von Hunderten von Leuten.<br />
HOFER. Ich kan nicht länger zweifeln, an den Verrath, hätte keinen mehr getraut, <strong>als</strong> ihm,<br />
Aber niemanden will ich mehr trauen, nicht meine{r} eigne Frau der Wirthin, am Sand,<br />
nicht meinen eignen Buben, Pater habt<br />
[69]<br />
ihr mich auch Verrathen.<br />
PATER. fasse dich Hofer, noch sind wir frei von ihren Banden, glaubst du das sich die treuen<br />
Tyroler den Spürhunden so gutwillich ergeben werden, Fasse dich nur, es lebt ja noch der<br />
alte Gott, der seine Tyroler nie verlassen wird.<br />
HOFER. Aber ich will im {ihn} niederschiesen, mit meinen eignen Stutzen, wie einen Wolf,<br />
wie einen tollen Hund.<br />
[70]<br />
SOPHIE. Herr Pathe, nur sein Leben last i{h}n, um euch zu schützen, hab ich in verrathen,<br />
der mir das Liebste auf der Welt ist. {kniet} fält in Ohnmacht.<br />
PATER. Wen du den Max er schiesest so wirdest du an deiner Leben{s}retterin eine Sünde<br />
begehen, die ich dir schwer vergeben könte, in Namen Gottes,<br />
HOFER. Ich wolte sie hätte mich nicht gerettet, dan wär es aus mit<br />
mir, und mir wär wohl.<br />
PATER. Aber auch mit der Sache des Vaterlandes wär es aus, du sprichst arge dinge, wer weis<br />
wie nahe die Franzosen sind, und die letzte Stunde deines Lebens kan hereinbrechen, wen<br />
es Gott fügt, und wans dein frevelhafter Wunsch her aufbeschwört.<br />
[65]<br />
[68]<br />
[71]
HOFER. Ich stehe in Gottes Hand, mags drum sein.<br />
KASPER komt. Nun Kreuzelement seid ihr den noch hier, mir ward bange<br />
um euer ausbleiben.<br />
HOFER. Hat es etwas gegeben<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
KASPER. Jetzt noch nicht, aber das Pelzwaschen soll erst noch tüchtig los gehen, wie ich<br />
hoffe, aus dem Thal steigt mir so ein verdächtiches Gemurmel herauf, und der schall von<br />
Tritten vieler Männer, und mancherlei Geklier, das einen Angst und bange wird, sie<br />
kom[m]en die Straße von Innsbruk her,<br />
[73]<br />
HOFER. Vieleicht ist es der Spekbacher mit seiner Hülfstruppe.<br />
KASPER. Nun {Na} den könen wir nicht auf den Kopf tipsen, {tot schießend.}<br />
PATER. Diese Hülfstruppen gieb auf, Max wird schwerlich ins, schmirner Thall gelangt sein<br />
HOFER. Last mich selbst nach sehen, Ab {links}.<br />
PATER. Dirndl kom zu dir, und laß dich hinab nach Kalch führen wo dich die Wirthin in ihre<br />
Huth nehmen wird,<br />
[74]<br />
SOPHIE. Ich bin zum Todte müde, last uns gehen, O mein Gott schützt uns Alle,<br />
PATER SOPHI Ab {links}.<br />
KASPER. Fallt nur nicht miteinander den Berg hinunter, und verlauft euch nicht,<br />
HOFER komt {links}. Es sind Franzosen schwere Menge, sie klettern den Hang herauf, und<br />
müssen einen guten Führer haben, aber nicht war, sie haben auch diesmal die Rechnug<br />
ohne den Wirth gemacht,<br />
[75]<br />
KASPER. Die sollen eine geherige Zege bezahlen müssen, so leicht über geben wir uns nicht,<br />
wir sind zwar wenig Mann hier oben, aber <strong>als</strong> wegweiser ins Fegefeuer langen wir grade<br />
noch zu,<br />
HOFER. Jetzt müssen wir das Feld räumen, um sie recht sicher zumachen, Ein theil treibt uns<br />
das Wild von hinten zu, und der andere Teil bleibt hinter den Felsen, Nicht zu früh<br />
schiesen, das sage ich allen, ich selbst werde den rechten {ersten} Schus thun, dan stürzt<br />
[76]<br />
ihr auf sie zu und schlagt sie nieder, was jeder trifft, vorwärts mit Gott für Kaiser und<br />
unser Land Tyrol.<br />
Beide ab {rechts}. Es wird Finster. LEROGUE, OBERBAUER hände auf den Rüken gebunden.<br />
FRANZÖSISCHE SOLTANTEN kom {links}.<br />
LEROGUE. Verfluchte Passage, Spion sind wir hier recht,<br />
OBERBAUER. Geth nur weiter der Paß licht {liegt} vor uns, dort nehmen wir das Nest aus.<br />
LEROGUE. Keine Wache zu merken, ich<br />
[72]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
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[77]<br />
will eimal rekomonisiren {rekonotieren} gehn, endweter, entweder du täuscht uns alle,<br />
oder diese Suche [?] gleicht einer unheimlichen Pause vor dem Sturm.<br />
Ein Schus. LEOGUE Stirtzt nieder.<br />
Verrath, du hast uns betrogen. Spion. sei Verflucht bis in die diefste Hölle.<br />
OBERBAUER. Hinter jenen Felsen müssen wir dekkung suchen, sonst sind wir verloren,<br />
Komt.<br />
SOLTATTEN ab, zweiter Schus, OBERBAUER stürzt nieder, Tromeln.<br />
HOFER. Jetzt gilts, schlagt nieder, Schlacht,<br />
ALLE. Schlagen, alles nieder schlagen.<br />
PATER in der linken das Kreuz in der rechten die flinde, geth voran,<br />
PETER, HANSEL, THURMEIER, KASPER, und BAUERN stürmen ihnen<br />
mit ihren Stutzen nach, es fallen mehere Schüße.<br />
PATER. In den Abgrund mit ihnen,<br />
ENDE DES AKTES.<br />
THURMEIER. Wir wollen in das wieder kom[m]en schon vertreiben,<br />
HANSEL. Im[m]er fest drein schlagen,<br />
PETER. Der Satan wird sie schon in seine Obhut nehmen.<br />
KASPER. Ich mach den letzten, den mir ists schies fieber in die Wade gefaren.<br />
ENDE 2 AKT<br />
3 AKT<br />
Gebierge, LEROGUE und der OBERBAUER liegen noch in vorrichen Stellung,<br />
HOFER komt.<br />
HOFER. Dies mal war wieder der almächtige Gott mit seinen heiligen Engel uns zu Hilfe<br />
geeilt, sonst hätten sie mich am Ende gefangen, und wie ein wildes Thier nach Innsbruk<br />
gefürt, O mein Gott rechne mir den Krig nicht an, den rings umher schw{l}eichen die<br />
Opfer des verraths, und<br />
[81]<br />
der Verräther liegt vieleicht schon hier, von einer meiner Kugeln durchbohrt,<br />
SOPHI komt {links}. Die Berge hallen von schießen wieder, du hast meinen Max getödet,<br />
Erbarmen für Max. {Hast du den Max Reiner gesehen.}<br />
HOFER. Nein Sophi, Mit meinen Wissen und Willen ist dein Max nicht gedötet worden, Er<br />
mag entkomen sein, und ich will mich freuen.<br />
[78]<br />
[79]<br />
[80]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
SOPHI. Gebs Gott, Vater im Him[m]el führ mir meinen Max wieder auf die Bahn des Guten<br />
zurük.<br />
[82]<br />
HOFER. Wie rührt mich ihr from[m]es Vertrauen, und ich weis es selbst noch nicht, ob er<br />
noch lebt,<br />
PATER komt links. Unsre Leute stehen noch wie an genagelt und beobachten den Feind,<br />
welcher unten im Thale kampirt, Aber Hofer, <strong>als</strong> ich jetzt heraufwärts ging, dachte ich, hier<br />
sind schon wieder so und so viele Menschenkinder aus der Welt geschieden,<br />
HOFER. Kom[m]t ihr mir auch so? Das weiche Herz taugt nicht zum Krigführen, wir<br />
müssen<br />
[83]<br />
uns schon hüten allein zu bleiben.<br />
PATER. Na da wirst auch nichts dawieder haben, wen ich die Stillgemachten wegschaffen<br />
lasse, nun wer ist den[n] der, zeicht auf den OBERBAUER.<br />
HOFER. Ich weis nicht, ich mag gar nicht hinsehen.<br />
PATER. Kamet doch ein par Leute herr<br />
KASPER und HANS und PINPER komt {links}.<br />
PATER. Last sehn, leute ob hier noch zu helfen ist, nach den Kampf giebts nicht mehr Feind<br />
und<br />
[84]<br />
Freund, da giebts nur Unglükliche Menschen.<br />
HANS. Schaut hier liegt ein Bauer.<br />
KASPER. Das ist der Spion, na der hat für diese Walt genug.<br />
HANS. Der Franzos hat in noch erwircht mit einen Strik,<br />
KASPER. Und auf der Brust untern Rok hat er den Geld sak liegen, Schad, das die Franzosen<br />
nur gar so kurze Zeit hatten, der währe gewieß nicht drauf liegengeblieben.<br />
[85]<br />
PATER. Känt ihr den Mann nicht?<br />
HANSL. Ich nicht<br />
KASPER. Und ich auch nicht, Wenn ihn der liebe Gott nicht besser kön[n]t, da komt er nicht<br />
so leicht im Himmel,<br />
HOFER. Last eimal sehn, ob es der Max Reiner ist?<br />
SOPHIE {sieht den OBERBAUER.} Also Max erschossen, Großer Gott, ich hab meinen Vater<br />
ermordet. {kniet <strong>bei</strong> ihm.}<br />
HOFER. der Oberbauer, mein{er} Schwester mann?<br />
PATER. Nur Ruhe, der Tod hat ihn noch nicht ereilt, er komt zu sich.<br />
SOPHI. Vater, Vater, kennst du mich nicht?<br />
OBERBAUER. Ich muß sterben, Ein Pater, ein Pater,<br />
PATER. Hier bin ich armer Christ, Gott der Herr wird deine Seele in Gnaden aufnehmen,<br />
HOFER. O, Gott ich danke dir, das ich den glauben, an die Menscheit nicht aufzugeben<br />
brauche, Max ist nicht hier, Volg lich<br />
[86]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
kann er auch kein Verräter sein, aber von den Oberbauer hätte ich es nicht getacht<br />
SOPHI. Mein Vater stirbt, Vater verzeie mir,<br />
PATER. Er hat tief berei{u}t, der Segen des Priesters und das Gebet seines Kindes<br />
geleu{i}ten die scheidente Seele,<br />
HOFER. Und auch meine Vergebung nimt er ins Jenseits mit.<br />
SOPHI. O, tausend dank, Herr Pathe und Gottes Lohn dafür,<br />
HOFER. Es ist schon gut, nun sorgt dafür<br />
das er in geweiter Erde ruhet.<br />
HANS, KASPER, PINPER schaffen in fort {links}.<br />
PATER. Geh Dirndl hinab ins Thal und sorge für das Begräbnis deines Vaters, du kanst auch<br />
gleich seine Erbschaft zu dir nehmen, den[n] das Geld was mann <strong>bei</strong> in fand, ist dein<br />
Eigenthum,<br />
SOPHI. Mags nim[m]er, ich bin ein echtes Tyroler mädchen, und brauche kein Französches<br />
Geld,<br />
PATER. Dacht nur es wäre ein Hübsche<br />
Austattung für dich und dein[e]n Max,<br />
SOPHI. der Max, wo ist er.<br />
HOFER. Mag er jetzt sein wo er will. War er doch kein verräter, ich hätte meine{r} Seele<br />
keinen Menschen mehr getraut,<br />
PATER. Und ich will nun das Dirndl an die Vorposten bringen, Hofer die Ruhe da unten<br />
gefält mir nicht, paß auf es giebt noch etwas.<br />
SOPHI. Aber wen die Büchsen knallen <strong>bei</strong> euch auf den Bergen, da<br />
leids mich im[m]er ins Thal. <strong>bei</strong>de ab {links}.<br />
HOFER. Herr Gott wen ich sterben soll, so laß mich einen erhlichen Soltadtentod sterben,<br />
aber nicht verterben ohne Ziel und Zwek.<br />
LEROGUE richt sich auf. Wo bin ich, was geschah mit mir?<br />
HOFER. Hilf Himmel stehen die Todten wieder auf? Der Franzose, lebt, wer bist du<br />
Nachtgespenst,<br />
LEROGUE. Ein Französischer Offizier, der verwundet in deinen Händen fällt, ich kä{e}nne<br />
dich, du bist Hofer,<br />
[91]<br />
HOFER. So nent mann mich, Weist du, das ich das recht habe, dich zu erschiesen.<br />
LEROGUE. Den Todte habe ich in mancher Schlacht ins Auge gesehn, das Zittern verlernte<br />
ich schon längst, so eben war ich <strong>bei</strong> den Todten auf Visitte so kehr ich rasch zu i{h}m<br />
zurük, mach ein Ende.<br />
HOFER. Hast du Frau und Kind daheim, Franzos? Sei Aufrichtig.<br />
LEOGUE. Ich verkauf mein dahein nicht durch eine Lüge, ich stehe allein nur mein Kaiser<br />
verlirt einen Soltaten an mir, ich bin dein Feind<br />
[87]<br />
[88]<br />
[89]<br />
[90]
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
[92]<br />
ich müste dich tödten, wen ich dir bewaffnet gegen über stände, den[n] du bist Vogelfrei,<br />
ein Rebell,<br />
HOFER. Bube errinerst du mich an meinen Schmach {die Schmach des armen Tyrolerlands},<br />
das war dein Todten{s} Wort, erhebedich Franzose.<br />
LEOGUE. Wozu, wen ich den einmal sterben soll, so laß mich liegen, du ersparst mir nur das<br />
fallen, und hast beseres zielen,<br />
Was zögerst du? hast du gewis=<br />
HOFER wendet sich ab.<br />
[93]<br />
sen{s}bisse, einen wehrlosen Verwundeten abzustun, wie es die Barbaren gewöhnt sind,<br />
dann erwacht dein besserres selbst Hofer, und es ist mir um deines Seelenheiles willen zu<br />
thun.<br />
HOFER. Bube du solst leben, sag ich<br />
LEOGUE. Ich weis nicht ob ich dir danken soll, den das Geschenk ist zweifelhafter Natur,<br />
Vieleicht vertankt es dir an meiner Stelle, mein Vaterland, wen du dereinst ein Grab<br />
gebraucht in fremder Erde.<br />
[94]<br />
HOFER. Laß deine Reden, oder ich bringe dich um, wie einen Tollen Hund, du sollst wissen,<br />
das ich Menschlich denke, und den Gefangnen nichts thu, wieder Ehr und Menschlichkeit,<br />
frag nur Generall Bisson, dem mir in Gefecht, von Miltau gefangen genomen habe{n}, ob<br />
er zu klagen hatte, über den Hofer, Nicht blos das Leben wil ich dir schenken, sondern<br />
auch die Freiheit, aber eines must du thun, das ist die bedingung und kein Pünkchen wird<br />
dir davon geschenkt, du must mir<br />
[95]<br />
sagen, wie es trunten steht <strong>bei</strong> euch, und was mann in Innsbruk vorhart gegen mich und<br />
mein Volk.<br />
LEOGUE. Also die Warheit willst du nur zum Loskauf haben, du sollst bedient sein, aber<br />
anders <strong>als</strong> du denkst, unten steht alles gut Hofer, und man schreibt nur noch den Paß für<br />
dich, der dir und deiner Schar ins Jenseits helfen soll.<br />
HOFER. Prahlereien hab ich nicht verlangt, ich wil gewisse Nachricht, Eure Stellung, ohne<br />
{eure} Stärke.<br />
[96]<br />
LEOGUE. Wir stehen so das wir nur die Hände Auszustrekken brauchen, um dir die Kehle<br />
zuzu schniren, und sind stark genug Euch so lange fest daran zuhalten bis ihr aus geatmet<br />
habt,<br />
HOFER. Diesen Hohn solst du mir büßen.<br />
LEOGUE. Es ist nicht Hohn, sondern reinste Wahrheit, Hofer dein Trotz wird gebrochen,<br />
noch befor sich der Mond erneut das Volk fält ab, wird an dir<br />
[97]<br />
zum Verräter, weil es deinen närischen Wahnsin nicht begreift, ich betaure dich Hofer, du<br />
bist eines beseren Looses werd, du warst bisher, ein Held, nun wirst du zum Verbrecher<br />
zum Anfürer gegen deinen eigenen und unseren Kaiser, das bedenke wohl.
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
HOFER. Solte er recht haben, o mein Gott dies Licht, was in meine Seele fällt, wäre<br />
schreklich Vergies nicht Franzose, das du in meiner Hand bist, ist das alles was du mir<br />
mitteilen wilst,<br />
[98]<br />
LEOGUE. Genügt es dir nicht, hast du glauben können, ein Französischer Ofizier versteht<br />
sich zu Spionidiensten und Kund schaften, wie so mancher deiner lieben Landsleute, nicht<br />
eine Silbe erfärst du von mir, <strong>als</strong> ich dir sagen will, und wen du mich tödtest,<br />
HOFER. Sei still ich ehre deine Festtigkeit, ich will nicht weiter in dich dringen, der Hofer will<br />
niemanden zu schurken machen, eins nur sage wen du wilst, sind wirklich<br />
[99]<br />
Landsleute von uns drunten, die euch Weg und Steg zeigen,<br />
LEOGUE. Es giebt noch mer Kainallien, <strong>als</strong> der war, den vorhin hier sein recht geschah<br />
Verrathen bist du, und ich warne dich, mehr zu sagen verbietet mir die Plicht, Ein klucher<br />
m{M}an[n], wie du bist, weis sich danach zu richten,<br />
HOFER. Also doch der Max, den[n] wer sonst, Man, komt den Berg herauf, es werden die<br />
meinen sein, sie dürfen dich nicht finden<br />
[100]<br />
Mach dich fort Franzos, ehe es zu Spät wird, den ich könte dich dan nicht mehr schitzen.<br />
LEOGUE. Kan ich etwas zur Vergeltung drunten für euch thun, besinnt Euch doch, schon<br />
ein[m]al ist euch angeboden worden, den Tittel eines Rebellischen Sand Wirth am Pasaiyer,<br />
mit den eines Französischen Obersten zu vertauschen, soll ich die Epaletten für euch<br />
holen und {die} Amestie und Wirden noch dazu,<br />
[101]<br />
HOFER. hinweg von mir Versucher, ich will an nichts errinnert sein, <strong>als</strong> das ihr wehrlos und<br />
verwundet seit, fort man kente Arges von uns denken,<br />
LEOGUE ab {rechts}.<br />
SOPHI komt {links}. Herr Pathe, geth keinen schritt vorwärts, sonst seit ihr ein Verlorner<br />
Mann,<br />
HOFER. Was wollen den[n] die Weibsleute, d{f}ort, Euch brauch ich nicht im Gefecht.<br />
KASPER bringt URSCHEL gefürt {links}.<br />
URSCHEL. Ich bringe nachricht von Sekbacher,<br />
KASPER. Sie konte nicht mehr laufen, und da habe ich sie vollens auf den Bukel hergetragen,<br />
HOFER. Bringt den mir der alte Freu[n]d Hilfe,<br />
[102]<br />
URSCHEL. Bei Mellek ist er verrathen, und von den Franzosen, gänzlich geschlagen worden,<br />
sein Häuflein eilt flüchtig<br />
[103]<br />
umher.<br />
HOFER. Und was gescha{h} mit den Spekbacher.<br />
URSCHEL. Der wird gehetzt von den Feinden von Alpe zur Alpen,<br />
HOFER. Almächtiger Gott,<br />
URSCHEL. Ja Hofer, wen Gott kein Wunder thut, fangen sie auch dich heute noch,
HOFER. Possen was weist du,<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
URSCHEL. der Berg ist umstellt von vie=<br />
[104<br />
len Hunderten von Soltadten und rüken im[m]er näher, sie haben mir aufgedragen, dir zu<br />
sagen, du solst friedlich herunter kommen, sonst rüken sie dir fürs Quartier, {holen sie<br />
dich mit Gewalt.}<br />
KASPER. Das haben sie uns auch schonn sagen laßen, das sie uns fürs Quartier rükken<br />
werden,<br />
HOFER. Durch wen Landsmann,<br />
KASPER. Es waren zwei Franziskaner die an die Vorbosten heran kamen, und baten, mir<br />
solten du{ie} unnütze Sache fahren lassen<br />
[105]<br />
und das Blutvergießen ersparen, es wäre nun aus mit Tyrol.<br />
HOFER. Noch nicht, so lange der Hofer noch aufrecht steht, was habt ihr darauf gethan,<br />
KASPER. Die Mehrsten sein gleich ausgeries{s}en, und ich wolte mir gleich die Erlaubniß<br />
dazu hollen,<br />
HOFER. Steht es so? Dann freilich ist das Ende da {Lauft alle – alle – wenn ihr euer Land [?]<br />
die gute Sage [?] gebt.}<br />
SOPHIE. Mich trieb die angst herrauf, den thust du nur einen Schritt Pathe, bist du verlohren.<br />
[106]<br />
HOFER. Noch nicht, das schwör ich dir,<br />
PATER komt {links}. Last den Stutzen ruhen Hofer wir sind so umzingeld, das keine Maus<br />
entschlüpfen kan,<br />
HOFER. Und die Leute wo sind die?<br />
PATER. Mir unter den Händen zerschmolzen, Kaum 20 Mann hält Peter Meier noch<br />
zussamen,<br />
HOFER. Geh Kasper sage den Peter, Meier, es soll alle aus einan=<br />
der tretten lassen, und es soll sich ein jeder retten wie er kann,<br />
KASPER. Nun was wird den mit euch,<br />
HOFER. Um uns sorch {dich} nicht,<br />
[107]<br />
KASPER. Na wir verlassen auch erst recht nicht, {so} will ichs den andern gleich sagen, das<br />
heist wen sie noch da sind. Ab {links}.<br />
SOPHI. Komet Herr Pathe, <strong>als</strong> ich herrauf kamm, sa ich ein Gerinne mit Laubschträucher<br />
überdacht, auf diesen Pfade können wir,<br />
[108]<br />
uns alle retten,<br />
HOFER. Nun wohlan Dirndl, führe uns an die Stelle, Vorwärts mit Gott, für Kaiser und fürs<br />
teure Land Tyrol,<br />
Alle ab, {SOLDATEN komen,} Man hört Siegnale und schisen.<br />
ENDE 3 AKT
4 AKT<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
Saal. mit Mebel. MARQUIHSE. und MERCIDE. kom.<br />
[109]<br />
MARQUIHSE. Ich sehe schon ein baar Tage lang ein armes Tyroler Mädchen an den Stufen<br />
der Festung knien, welche einlaß zu begehren scheint,<br />
MERZIRDE. Gewiß hat sie einen Vater, bruder der, oder Geliebten, welcher in der Festung<br />
Mantua schmachtet,<br />
MARQUIHSE. Sofort sende ich nach den Platzmarjor, er soll, den armen Tyroler Kind, Einlaß<br />
verschaffen,<br />
MERZIRDE. O wie gut sie sind, gnädige<br />
[110]<br />
Frau, ich eile, den Herrn Marjor her<strong>bei</strong> zuhollen, um Rüksprache mit euch zunehnen, Ab<br />
{rechts}.<br />
MARQUIHSE. Gut nent sich mich, wie schnell urteilt doch die Welt,<br />
LEOGUE komt {rechts}. Die Frau Marquihse wünschten mich zu sprechen.<br />
MARQUIHSE. So ist es, zunächst wie es geth Kommantant, schmerzt ihn die Wunde noch<br />
sehr?<br />
LEOGUN. zu gütlich, Frau Marquihse, ich glaube, das letzte Andenken<br />
[111]<br />
an die letzte Begegnug mit den Tyrollerbauern, wird noch auf längere Zeit an mir fühlbar<br />
bleiben, die Kugel durfte nur um eines Haares breite tiefer gehen, so gab sie die<br />
unsterbliche Beförderung ins Jenseits.<br />
MARQUIHSE. Beklagens werther, so sind sie den Tyrolern wohl noch heute böße, die so<br />
gefärliche Kugeln giesen.<br />
LEOGUE. Signora, der Soltat ist überall ein Kugelfang, und wir bezahlen mit gleicher Münze,<br />
ich habe<br />
[112]<br />
pörsönlich nicht die mindeste Ursage den Tyrolern zu grollen, weil die die Baiern nicht im<br />
Lande leiden wollen<br />
MARQUIHSE. Ganz mei[n]e ansicht, Komanndant, die Tyroler sind des Kaisers Feinde, aber<br />
sonst ganz brave Menschen, denen man Menschlichkeit schuldig ist, solange sich das mit<br />
der Pflicht verträcht.<br />
LEOGUI. Singnora, das sind seltsam[m]e Worte, ich weis nicht, ob ich dieselben anhörren<br />
darf.<br />
[113]<br />
MARQUIHSE. Kamantant, seid ein paar Tagen knit an den Stufen der Festung ein armes<br />
Tyrolermädchen, wer weis was sie hierher treibt, wollen die den jungen Mädchen nicht ihre<br />
Hülfe bieten, auch steht daneben ein junger Tyrolerbursche, welcher ebenfalls Einlaß in die<br />
Festung zu begehren scheint,<br />
LEOGUI. Was kan ich da<strong>bei</strong> thun, Singnora, es ist ein strenger Befell, wen ich nicht irre, von<br />
Kaiser selbst, das Niemand zu
den gefangenen Tyroler gelassen werden darf.<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
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[114]<br />
MARQUIHSE. Ich kenne noch ein höheres Gebot, das, der Menschenliebe, Wollen die die<br />
Fürbitte einer Dame unberüksichticht lassen,<br />
LEOGUI. Einen Paßsierschein kann nur seine Exelenz, der Gouvener aus stellen, warum<br />
wenden sich Singnora nicht an seiner Exellenz.<br />
MAQUIHSE. Weil Sein[e]r Exellenz sich trü=<br />
[115]<br />
ben ins Krigsgericht mit den Totes unrtheil des Mannes mit denn großen Barte, nämlich<br />
mit {den} Andreas Hofer beschäftigt.<br />
LEOGUI. Wie Singnora, sie wissen bereitz.<br />
MARQUIHSE. Alles, doch ich rechnette auf ihre Ritterlichkeit, mus{ß} mich jedoch darin<br />
getäuscht haben, ich verbürge ihnen mein Heilichstes Erenwort, das ich jene nicht ken[n]e,<br />
LEOGUI. Singnora, in fünf Minuten stehn die leute der Berge vor<br />
[116]<br />
ihnen Ab.<br />
MANQUIHSE. Das war gelungen, <strong>bei</strong> den General werde ich ihn verdreten, er soll für seinen<br />
guten willen keine böße folgen haben<br />
LEOGUI. Hier bring ich <strong>bei</strong>de Singnora,<br />
MARQUIHSE. Wer bist du Kleine {Mädchen}.<br />
LEOGUI, SOPHIE, KASPER kom.<br />
SOPHI. Ich bin die Sophi, des Oberbauern einziges Kind in Stubay=<br />
erthall in Throl.<br />
MARQUIHSE. Du hast wohl, einen Bruder oder Freu[n]d in den Kassematten.<br />
[117]<br />
SOPHI. Ich wolte nur wissen, was mein Pathe macht, der Sandwirth Hofer, der ja auch hier<br />
gefangen sitzt.<br />
MARQUIHSE. Ei der Sandwirth, dein Pathe<br />
SOPHI. Gewieß,<br />
MARQUIHSE zu LEOGUI. Soll man ihr die Warheit sagen,<br />
[118]<br />
LEOGUI. Verschweichen sie es bis Morgen, Und nu[n] zu KASPER. was trieb dich aus jenen<br />
fernen Bergen hirher,<br />
KASPER. Der Hunger und Durst, ich war früher <strong>bei</strong> den Aufständigen Tyrolern, da die nun<br />
nichts mehr zu thun haben, und ihr Oberanfüher gefangen ist, so möchte ich gerne hier in<br />
dienst treten, ich glaube hier giebts noch Ar<strong>bei</strong>t allerwegen.<br />
LEOGUI. Also bist du ein Überläufer.<br />
[119]<br />
KASPER. Nein, ich bin blos ein davon gelaufener, den ich glaube hier in der Festung schießen<br />
sie anstadt mit Pulfer und Blei, mit Knakwirsteln und Dreierbrödchen,<br />
LEOGUI. Da bist du f<strong>als</strong>ch berichtet, <strong>bei</strong> uns wird nur mit Bonben und Granaten geschossen.
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
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KASPER. Desto besser, da fallen gleich ein paar mehr, und mann braucht nicht öfters<br />
zuladen.<br />
LEOGUI. <strong>bei</strong> uns ist aber auch strenge Suberdination,<br />
[120]<br />
KASPER. Das ist mir ganz egal, ich esse die Suppe, alle nach der Portion,<br />
LEROGUI. Ach das Wort beteutet, Es wirt jede Wiedersetzlichkeit <strong>bei</strong> uns streng bestraft,<br />
KASPER. Das haben mir die Franzosen schon auf den Tyroler Bergen gezeicht dort hatten sie<br />
mir, meine Waden gehörig aus gebessert.<br />
LEROGUI. Ich werde dich sofort S Exelenz den General Bisson Houvener<br />
[121]<br />
dieser Festung melden, und dich ihm vorstellen, dan wirst du einen Zuaven Regiment<br />
zugetheilt werden.<br />
KASPER. Was? ich soll Juave werden, und oben drein an ein ganzes Regiment verteilt, aus<br />
mir werden sie das mehrste nicht herraus kochen, Nein daraus wird nichts, haben sie den<br />
keine Dienerstelle für mich, den ins feier taug ich nicht viel, ich habe das Schrekfieber,<br />
[122]<br />
LEOGUI. Nun ich brauche zuhfällich einen Diener und du gefälst mir, grade, du m[u]st aber<br />
treu und verschwigen sein.<br />
KASPER. Na nu wie sehr.<br />
LEOGIU. Nun so komme mit ins Gouvernements Gebäude. Ab.<br />
KASPER. Nur nicht in die Cassematten. Ab.<br />
MARQUIHSE. Also mein Kind, so hast du wohl einen Auftrag an<br />
deiner Pathe, den du ausrichten solst,<br />
[123]<br />
SOPHI. Ja die gute Pathe Hofer schikte mich her, und da soll ich ihnen fragen, wie es ihm<br />
geht, ob in etwas felt, und ob er etwas aus zurichten hat,<br />
MARQUISE. Welch ein rührender Einfall,<br />
SOPHI. O gnädige Frau du wirst es gestadten, den du scheinst hier die Oberste zu sein,<br />
MARQUIHSE. Gutes Kind hier kommantieren nicht Frauen sondern<br />
Männer, ich werde den General bitten, und er wird deinen Wunsch gestadten.<br />
SOPHI. Ach wie gut ihr seit.<br />
MARQUIHSE. Ach das Krigsgericht ist beentet.<br />
{Es trom[m]elt.}<br />
BISSON komt. Wer ist das Mädchen, schnell ich liebe keinen [ ] Sonnen.<br />
[124]<br />
MARQUIHSE. Des Sandwirts Pathe ists, sie bringt Grüße aus der Heimath, werden sie i{h}n<br />
noch erreichen.<br />
[125]<br />
BISSON. Die letzten grüße aus der Heimat, o wie sehnt man sich nach ihnen vor den Tode,<br />
ich weis das, ich habe es selbst erfahren.<br />
MARQUIHSE. So gestadte auch, das sie die Grüße an in ausrichtet.
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
BISSON. Es ist unmöchlich, Hofer darf niemand sehen, es ist des Kaisers Befehl, Weist du<br />
auch wie die Sachen stehn, die Mehrheit des Krigsgerichtes war für Hofer Freisprechgung,<br />
der Thelegraff von Mailand, be=<br />
[126]<br />
fahl jedoch den Tod, und heist die Volstrekkung binnen 24 Stunden, an,<br />
MARQUIHSE. Ein schändlicher Blutbefehl, auch noch dieses unschuldige Kind, wilst du<br />
trostlos von dannen senden.<br />
BISSON. Beruhige dich mein Kind, du solst uns nicht für gefüllose Mänschen halten, ich will<br />
dir den Hoffer bringen, sprich mit ihm, und dan kerst du in deiner Heimath zurük, Bist du<br />
das zufrieden<br />
[127]<br />
SOPHI. Ja, aber es felt noch einer,<br />
BISSON. Noch einer wer ist es?<br />
SOPHI. Mein Bräutigam Max Reiner,<br />
BISSON. So will ich gleich eimal nachsehen, ob er in unsern Händen sich befindet. Ab.<br />
SOPHI. Ach wen mein Max noch lebte, und ich in wieder sehen könte,<br />
Verwandlung<br />
BISSON, u HOFER kom, HOFER wird von zwei SOLTATEN begleitet.<br />
BISSON. Nehmt aufstellung in loritor<br />
[128]<br />
so lange der Gefangne sich hier befintet, last niemand ein, kehrt vorwerts Marsch, Ab.<br />
Hofer das ist das Mädchen welches dich zu sprechen wünscht, ich gebe euch beuten fünf<br />
Minnuten Zeit.<br />
HOFER. Das ist meiner Schwester kind, Gott mus es im[m]er noch mit mir gut meinen, das<br />
er meine Pathe noch einmal vor mich führt, nun sprich schnel, was du aus zurichten hast,<br />
die Zeit ist uns gemessen.<br />
[129]<br />
SOPHI. Viel tausend grüse soll ich euch ausrichten von der Frau und den Buben, und sie<br />
lassen euch gutes Wohlergehn wünschen, und fragen ob ihr nicht bald heim komt, die Frau<br />
Baße läst euch sagen, ihr solt euch nicht küm[m]ern, das Geschäft ging gut in der Kron am<br />
Sand.<br />
HOFER. Gott segne mir mein Land Tyrol.<br />
SOPHI. Was soll ich sagen, wen ich<br />
heim kom,<br />
[130]<br />
HOFER. Sage viele tausend seegens wünsche an die Frau und den Buben, Und zu allen<br />
andern, sag der Hofer stierbt fürs Land Tyrol.<br />
BISSON. Frau Marquihse nehmt das Mädchen einst weilen in eure Obhut, ich willl mit Hofer<br />
allein sein,<br />
MARQUIHSE. So kom mein Kind und folge mir,<br />
BEIDE ab. {THYROLER ab}.
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
[131]<br />
BISSON. Hofer ich betaure dich schon des wegen, weil ich von euch in Gefecht <strong>bei</strong> Miltau<br />
gefangen genohmen wurde, und ihr mir dam<strong>als</strong> Leben und Freiheit wiedergabt,<br />
HOFER. Um das ihr mich nun an der Spitze eines Krigsgericht{es} zum Tode verurtheilen<br />
kontet,<br />
BISSON. Ich habe nicht den Vorsitz gefürth, der Kaiser {hat} von Meiland hat {aus}<br />
befollen, wo er jetzt hof hält und Feste giebt<br />
[132]<br />
euch zu tödten. {erschießen}<br />
HOFER. Na da solls euch gedankt sein,<br />
BISSON. Hofer möcht ihr nicht gern frei sein,<br />
HOFER. Na wer hat den nicht die Freiheit gern, wens auf redlichen Wege geschieht.<br />
BISSON. Ich biete euch Leben und Freiheit an, wen ihr euch entschliest, in die Dienste des<br />
Großen Kaisers Napolion von Frankreich <strong>als</strong> Oberst zu treten. Bedenkt euch und rettet<br />
euer Leben,<br />
[133]<br />
HOFER. Aha, schauts daraus, Nun wohlan so sagt euren Kaiser, ich werde dem Hause<br />
Österreich und den guten Kaiser Franz getreu bleiben,<br />
BISSON. So geth nun in den Tod, um 11 Uhr wird mann euch zum letzten Gang abholen,<br />
habt ihr noch einen Wunsch, ehe ich euch abführen lasse, in eure Zelle<br />
HOFER. Na wen ich bitten darf, ich hätte ein paar, Erstens möchte ich von meinen<br />
Pathenkind<br />
[134]<br />
Abschied nehmen, zweitens Wünsche ich das der Max freikäm[m]e wen er in diesen<br />
Casematten ist, den[n] er ist der Bub meiner Sophie, und er hat <strong>bei</strong> mir nur Bodentienste<br />
verichtet, und drittens ein bischen Tinte Feder und Papier, das ich noch einen Brif in die<br />
Heimat schreiben kan,<br />
BISSON. Eure Wünsche erfülle ich aus tiefsten Herzens grunde gern, das Tyroler Mädchen<br />
soll sich zum Abschied rüsten, und nach Max Reiner werde ich Nachforschungen anstellen<br />
[135]<br />
Wache haben Acht{ung}. Ab.<br />
HOFER knien. Mein Kaiser Franz, Nur noch eins habe ich zu fortern von dir, gib mier eine<br />
Schaufel Erde von Tyrol,<br />
SOPHIE. Er bettet,<br />
MARQUIHSE und SOPHI kom.<br />
MARQUIHSE. O er kan beten, der sterbende Held, und sein Gebet ist seegen für uns alle.<br />
LEORGUI und MAX kom.<br />
LEROGUI. Hier ist der General Santwirth und auch das Mädchen,<br />
MAX. Euch dank ich meine Freiheit Hofer,<br />
SOPHI. Der Max,<br />
HOFER. Max dein reines Auge straft jeden argwohn Lügen<br />
[136]
MAX. Was giebts den noch?<br />
HOFER. Max du hast mich nicht verrathen,<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
MAX. War bald einnal verblentet worden, hab es aber nicht gethan, sondern hab es bereit,<br />
und<br />
[137]<br />
<strong>als</strong> ich den Spekbacher deine Nachricht gebracht hatte, wurde ich von Franzosen<br />
überfallen, gebunden und nach Mantia in die großen Casematten gebracht, wo ich nun seid<br />
2 Monaten logir und bald vergessen worden währe,<br />
SOPHIE. Schau Max ich hab kein Vater mehr,<br />
HOFER. Er war mein Verräther, und ich habe in unerkant erschosen,<br />
MAX. Gott sei seiner Seele gnädig,<br />
SOPHI. Und ich steh allein<br />
MAX. Sophi du hast ja mich nun wieder,<br />
[138]<br />
HOFER. Ich habe mirs schon längst gelobt, ihr <strong>bei</strong>t{d}e mi{ü}st ein paar werden, Geth<br />
zurük ins Land Tyrol, der Him[m]el Seegen und behüte euch, Herr Offier, seit nur sogut,<br />
bircht für einen Pasierschein, damit <strong>bei</strong>de hier sücher aus der Festung kom[m]en, ich freie<br />
mich, das ich lauter fröliche<br />
[139]<br />
und dankbare Gesichter hinter mir laß.<br />
{Trom[m]eln.}<br />
LEROUI. Hofer es wird zeit, der Prister wartet in Gefängniß.<br />
HOFER. So soll der Abschied Kurz sein, Gottes s{S}eegen sei mit euch allen Ab.<br />
MARQUIHSE. Wiest Leute, ich werde sein Grab zu hüten suchen, und wen sich Östreich über<br />
kurz oder lang an seinen Heldden erinnert, so soll es die Ge<strong>bei</strong>ne Hofers finden, Im<br />
Garten des Erzbriesters Mani=<br />
[140]<br />
festi, der mir befreundet ist, wil ich die Ruhestädte unter blumen bereiten laßen, sorgt<br />
dafür das unser Helden Reste recht bald in heim[m]ischer Erde schlu[m]ern können,<br />
MAX. Das schwör ich euch, das wir heimlich seine Ge<strong>bei</strong>ne holen, den Welschen lassen wir<br />
sie nicht,<br />
SOPHI Großer Gott, wird mirs die Wirthin Hofer glauben, wen ich ihr erzälle, wie ich den<br />
Pathen sterben sah,<br />
[141]<br />
MAX. Wir müssens tragen, trägt ers ja selber leicht,<br />
Tromeln.<br />
BISSON. Tyroler Max Reimer, du hast(s} den Fürwort deines einstichen Oberkomantanten<br />
zuverdanken, das dir die Freiheit wieder geschenk ist, sag es den{en} daheim, das{ß}<br />
Gen[e]ral Bisson dich freigelassen, das er an eures Hofers Tod nicht schuldig ist, und das<br />
er keine Rachegedanken gegen dein Tyrol hat walten lassen, <strong>als</strong> er den Hofer zum Dotet<br />
{Tode} führen muste.
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
[142]<br />
MAX. Ich will es getreulich ausrichten, Herr General, wolt ihr mir es wohl gestatten, den<br />
letzten a{A}ugenBlik des lieben Herrn Hofer <strong>bei</strong> zu wohnen,<br />
SOPHI. O last mich <strong>als</strong> sein BathenKind, auch um die Genade bitten,<br />
BISSON. Es ist unmöchlich, drausen an der Porta Mili[n]a liegen Hunderte der Tyroller auf<br />
den knien, weinen und<br />
[143]<br />
beten laut, und wollen ihren Hofer sterben sehen, auch Hofer wünschte, seine Landsleute<br />
noch eimal um sich versammelt zusehen, um Abschied von ihnen zunehmen, ich muste so<br />
leid es auch that, i{h}m diese bitte abschlagen, den[n] des Kaisers Befehl läst keinerlei<br />
Mißdeudung zu, Ab.<br />
SOPHI. Wen uns der strenge Herr noch hier antrifft, so wird er zornig werden, gehen wir<br />
Max.<br />
[144]<br />
MAX. Hast recht, nützen könn[n]en wir hier nichts mer,<br />
MARQUIHSE. Bleibt leute, so weit reicht meine Einflus schon, das ich euch schützen kann,<br />
vor roher Gewalt, ihr sollt noch ein mal in den{s} Sterbenden treuen Augen sehn, das<br />
versprech ich.<br />
SOPHI. Gott vergels,<br />
MAX. O Deutschland wen du die Schmach des treu[e]n Hofers<br />
vergessen köntest, Nun bald sehen wir dich wieder, geliebtes Land Tyrol.<br />
SOPHI u MAX zugleich. Ja, bald sehen wir dich wieder du treues Land Tyrol.<br />
ENDE 4 AKT<br />
SCHLUSTABLÖAU<br />
Im hintergrunde Festungsgraben, Vordergrund das innere von Festungs werken, Klissen<br />
Mauerwerk.<br />
[145]<br />
umwenden<br />
[146]<br />
Im Vordergrund sieht man die MARQUIHSE an einer seide stehen, in der Mitte des Vorgrunds<br />
knid MAX u SOPHI, so bald sich der Vorhang hebt, hert man gedämpftten Trom[m]elwirbel, dan<br />
Gloken geleute und die Musik spielt Piano die Weise, zu Mantua in Banden bis zum schlus, nun<br />
komen Gefürt von GENERAL BISSON durch den Vodergrund den Hindergrund zu, <strong>als</strong>o erst<br />
komt BISSON dann folgt HOFER an einer Seite LEROGUI mit gezochnen Dechen, dan[n] folcht<br />
der ERZBRISTER MANIFESTI mit.<br />
[147]<br />
Den Cruzifixen OFFIZIRN und SOLTATEN, bilten den Schlus,<br />
der ganze zuch im Hintergrunde durch, nur HOFER bleibt stehen, und spricht.<br />
HOFER. Ade du schnöde Welt, so leicht wird mir das Sterben, das mir nicht die Augen naß<br />
werden, in Wenigen Minuten reiß ich mit der Hülfe aller heiligen zu Gott, Leb wohl mein
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
Land Tyrol. mit ser gehobener Stim[m]e. Leb wohl mein schönes Land Tyrol, kniet mit <strong>bei</strong>den<br />
Knien nieder,<br />
ein theil des zuches sam[m]elt sich in vordergrund wieder.<br />
Kameraden, ich bin zum sterben bereit, nun trefft [m]ich recht.<br />
BISSON. Achtung! legt an Feuer.<br />
Noch was<br />
HOFER stürzt durch schüsse getroffen rükling in den Graben.<br />
ENDE<br />
[148]<br />
[149]<br />
Am 20 Februar 1810 wurde Andreas Hofer Sandwirth in Passyer, der Oberanfürer der<br />
Tyroler, <strong>bei</strong> deren Aufstand 1809 in Mantia, wohin die Franzosen den Gefangnen gefürt<br />
hatten erschossen, lange hatte das tapfre Bergvolk unter seiner Auführung glüklich gegen die<br />
Bayern u Franzosen gekämpft, <strong>als</strong> nach den Friedenschlus wischen Östreich u Frankreich<br />
alle aussich auf erfolch schwand unter einen längeren wiederstand unmöglich machte, das<br />
Land wurde jetzt von meheren Seiten angefriefen, und nieder gewor=<br />
[150]<br />
fen, Hofer der Tyrol nicht verlassen wolte verkroch sich einiche zeit in einer Albenhöle, Sein<br />
verstek wurde jedoch durch einen Priester Nam[m]ens Josef Durchwei an den feind<br />
verraten, und er selbst am 31 Januar 1810 gefangen genohnen, Hofer starb mit der grösten<br />
Seelenruhe, auf des Todtesstädte angekomen, lies er sich die Augen nicht verbinden, kniede<br />
nieder ein Kurzes gebett, stand dann auf und gab mit fester Stim[m]e das Zeichen zur seiner<br />
Hinrichtung, seine<br />
[151]<br />
letzten Worte waren Seegens wünsche fürs Östreich und Tyrol<br />
[Stempel:] K. S. Polizei-Direction Dresden<br />
13/8 [19]15.<br />
SCHLUS.<br />
5. AKT ERSCHIESEN<br />
HOFER Hintergrund! vorn Soltete Tiroler<br />
[152]<br />
OFFIEZIER. Wir sind zur Stelle, Hofer hast du noch einen Wunsch sprich Ihm aus<br />
HOFER. Ich wüszte nichts, grüsz mir Weib und Kind Tiroler, und vergeszt den Hofer nicht!<br />
ich bin bereit<br />
OFFIZIER. So verbindet Ihm die Augen<br />
HOFER. Halt! Keiner rührt mich an<br />
Ich lasse mir die Augen nicht verbinden, kalt will ich den Todt ins Auge sehn<br />
[153]
OFFIEZIER. Nun wie Ihr wollt Hofer, ich meins nur gut mit euch<br />
{läuten.}<br />
Oscar Gießler: Andreas Hofer<br />
http://lithes.uni-graz.at/texte.html<br />
HOFER. Ich danke euch! Mir ist sowohl heute, <strong>als</strong> wenn ich schon in einer bessren Welt<br />
wäre, Adje du schnöde Welt, so leicht wird mir das Sterben, das mir nicht einmal die<br />
Augen naß werden In wenig Minuten, reiße ich<br />
[154]<br />
mit der Hilfe aller Heiligen zu goth<br />
Leb wohl mein Land Tirol<br />
läuten.<br />
Musik.<br />
leb wohl mein schönes Land Tirol. Soltaten ich bin zum Sterben bereit, nun trefft mich<br />
recht<br />
OFFIEZIER. Achtung! legt an! Feuer<br />
Schüsse, HOFER stürzt.<br />
[HOFER.] Adje mein Land Tirol lebe Wohl Oestrreich! Es leb mein guter Kaiser Franz<br />
ENDE