Der Hippokrates Report - BFG
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<strong>Hippokrates</strong> <strong>Report</strong> | Geburt<br />
Mortalität nach milder und moderater Frühgeburt.<br />
© Kramer M et al.: Journal of the America Medical Association, 2000<br />
Mortalitätsrisiko<br />
32+0–33+6 SSW<br />
(7,6 % von Grundgesamtheit)<br />
34+0–36+6 SSW<br />
(1,4 % von Grundgesamtheit)<br />
Unadjustiertes<br />
Risiko (pro 1000<br />
Geburten)<br />
treme Frühgeburten bringen meist große<br />
gesundheitliche Probleme mit sich. Sowohl<br />
die Morbidität als auch die Mortalität<br />
liegen bei Frühchen vor allem unterhalb<br />
der 27. SSW sehr hoch. Besonders<br />
häufig treten Lungenreifungsstörungen,<br />
Atemnotsyndrome sowie Hirnblutungen<br />
auf. Durch die unvollständige Hirnreife<br />
kommt es auch in manchen Fällen zu bleibenden<br />
Schäden wie der spastischen Zerebralparese.<br />
Diese neurologische Störung<br />
ist gekennzeichnet durch eine<br />
schlechte Muskelkontrolle, Spastik,<br />
Lähmung, Anfälle, Intelligenzminderung<br />
etc.<br />
„Normale Frühgeborene“<br />
gibt es nicht<br />
Den „späten Frühgeborenen“, die etwa<br />
zwischen der 34+0–36+6 SSW geboren<br />
wurden und die man bis vor kurzem noch<br />
als „fast Reifgeborene“ bezeichnete, wird<br />
hingegen in der Medizin wenig Beachtung<br />
geschenkt. Dabei gibt es keine „normalen<br />
Frühgeborenen“, denn: Die Reifung – so<br />
Thomas – ist ein kontinuierlicher Prozess<br />
bis zum errechneten Geburtstermin. Jede<br />
Relatives Risiko<br />
(im Vergleich zu<br />
Reifgeborenen)<br />
10,8 5,3 (4,9–5,8) 2,2<br />
4,9 2,5 (2,3–2,6) 4,3<br />
Neurologisch-motorische Entwicklung bis Ende des 2. Lebensjahres.<br />
© Woythaler M et al.: Pediatrics, 2011<br />
Bailey Scales<br />
(pädiatrischer<br />
Entwicklungstest)<br />
MDI < 70<br />
70–84<br />
≥ 85<br />
PDI < 70<br />
70–84<br />
≥ 85<br />
Späte<br />
Frühgeborene<br />
(%)<br />
21,2<br />
28,6<br />
50,2<br />
6,1<br />
33,3<br />
60,7<br />
Reifgeborene<br />
(%)<br />
16,4<br />
25,3<br />
58,3<br />
6,5<br />
23,4<br />
70,0<br />
MDI = Mental Developmental Index, PDI = Psychomotor Developmental Index<br />
Ätiologische<br />
Fraktion (% der<br />
Verstorbenen<br />
P-Wert<br />
0,007<br />
0,02<br />
Woche, sogar jeder Tag im Mutterleib hat<br />
seinen gesundheitlichen Nutzen für das<br />
Ungeborene. Eine retrospektive populationsbasierte<br />
Analyse (Kramer M et al.:<br />
Journal of the American Medical Association,<br />
2000) zeigte beispielsweise an 3,9<br />
Millionen in den USA 1995 einbezogenen<br />
Geburten, dass das absolute Mortalitätsrisiko<br />
bei moderaten (32+0–3+6 SSW)<br />
und milden Frühgeborenen (34+0–36+6<br />
SSW) zwar insgesamt gering, im Vergleich<br />
zu Reifgeborenen jedoch deutlich erhöht<br />
ist. Das relative Risiko der milden Frühgeborenen<br />
lag dabei immer noch 2,5-mal<br />
so hoch wie bei Reifgeborenen.<br />
Grundsätzlich Ikterusgefährdet<br />
Welche Krankheiten treten besonders<br />
häufig bei späten Frühgeborenen auf?<br />
Frühgeborene sind grundsätzlich Ikterus-gefährdet.<br />
Bei der Neugeborenengelbsucht<br />
(Hyperbilirubinämie) lagert<br />
sich vermehrt Bilirubin, ein Abbauprodukt<br />
des Hämoglobins, in Haut und Augen<br />
ab. Dieser Vorgang erreicht meist am<br />
4.–5. Lebenstag sein Maximum. Ein Wert<br />
von 15 mg/dl kann bei einem Reifgeborenen<br />
noch als physiologisch und harmlos<br />
betrachtet werden. Neugeborene mit<br />
stark erhöhten Bilirubinwerten werden<br />
mit einer Phototherapie behandelt, um<br />
einen Kernikterus zu verhindern. Wird<br />
ein kritischer Schwellenwert, der abhängig<br />
vom Gestationsalter und vom Lebenstag<br />
ist, überschritten, erhöht sich eben<br />
diese Gefahr. Denn das Bilirubin kann<br />
dann die Blut-Hirn-Schranke überwinden<br />
und sich im Gehirn ablagern. Dies kann<br />
irreversible Spätschäden wie Hörverlust,<br />
Störungen in der Motorik-Steuerung<br />
sowie geistige Behinderungen zur Folge<br />
haben. Die Inzidenz des Kernikterus<br />
wurde aufgrund einer strukturierten Umfrage<br />
an allen deutschen Kinderkliniken<br />
in den Jahren 2003–2005 mit 6,3 auf<br />
1 Millionen Geburten benannt. Ziel ist<br />
es, ihn komplett zu verhindern. Je unreifer<br />
das Neugeborene aber ist, desto größer<br />
ist sein Risiko für Ikterus-Spätschäden.<br />
Somit sollten auch die späten Frühgeborenen<br />
mehr in den Fokus als Risikogruppe<br />
treten, um eine spontane und angemessene<br />
Behandlung zu ermöglichen.<br />
Risiko für Hypoglykämie<br />
und Atemnotsyndrom<br />
erhöht<br />
Frühgeborene sind ebenfalls anfälliger für<br />
Hypoglykämien und Apnoen. Eine japanische<br />
Studie (Ishiguro A et al.: Pediatrics<br />
International, 2009) verglich dieses Risiko<br />
an 210 Frühgeborenen (35+0–36+6<br />
SSW, Geburtsgewicht > 2000 g) versus<br />
2648 Reifgeborenen. Das Risiko der späten<br />
Frühgeborenen lag 4,27-mal höher,<br />
direkt aus dem Kreißsaal in die Neonatologie<br />
aufgenommen werden zu müssen.<br />
Auch später noch lag es 3,57-mal höher.<br />
Bei mehr als 80 % geschah dies aufgrund<br />
einer Hypoglykämie und/oder Apnoe. Das<br />
Atemnotsyndrom als pulmonale Erkrankung<br />
lässt sich besonders gut an<br />
dem charakteristischen exspiratorischen<br />
Stöhnen festmachen. Thomas veranschaulichte<br />
dies mit einem Video eines<br />
späten Frühgeborenen, das durch dieses<br />
Stöhnen bzw. den aufgebauten Druck versucht,<br />
seiner Ateminsuffizienz entgegenzuwirken.<br />
Lassen diese Atemgeräusche<br />
nach und zeigt das Kind damit einherge-<br />
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