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Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag

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<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 321<br />

1. Personalm<strong>an</strong>agement allgemein / Institutionelle Aspekte<br />

Anja Thies<br />

Konfliktpotentiale zwischen Marketing und Personalm<strong>an</strong>agement<br />

bei gleichzeitiger Kunden- und Mitarbeiterorientierung –<br />

untersucht am Beispiel von Einzelh<strong>an</strong>delsunternehmen *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dres. h.c. Eduard Gaugler, Universität M<strong>an</strong>nheim<br />

Kunden- und Mitarbeiterorientierung sind in den Unternehmensgrundsätzen der<br />

meisten modernen Unternehmen ver<strong>an</strong>kert. Von der Befriedigung der Bedürfnisse externer<br />

wie interner Kunden versprechen sie sich Unternehmenserfolg und Wettbewerbsvorteile.<br />

Die parallele Existenz von Kunden- und Mitarbeitererwartungen wird besonders<br />

im Einzelh<strong>an</strong>del evident, da hier Kunden und Verkaufsmitarbeiter tagtäglich in direktem<br />

Kontakt mitein<strong>an</strong>der stehen. Deshalb stellt die Dissertation die Einzelh<strong>an</strong>delsbr<strong>an</strong>che<br />

in den Mittelpunkt der Untersuchung. Deren Kernfrage ist, ob eine Doppelorientierung<br />

<strong>an</strong> Kunden- und Beschäftigteninteressen nicht mit Konfliktpotential behaftet<br />

sein muss, da Kunden- und Mitarbeiterbel<strong>an</strong>ge nicht unbedingt deckungsgleich sind und<br />

folglich Unternehmensaktivitäten zur Zufriedenstellung der beiden Anspruchsgruppen<br />

kollidieren können.<br />

Die Skepsis <strong>an</strong> einem harmonischen Nebenein<strong>an</strong>der von Kunden- und Mitarbeiterbedürfnissen<br />

wird in der Arbeit zum einen als Anlass genommen, mögliche Sp<strong>an</strong>nungsfelder<br />

zwischen Marketing und Personalm<strong>an</strong>agement durch gleichzeitige Kunden- und<br />

Mitarbeiterorientierung ausfindig zu machen. Zum <strong>an</strong>deren werden H<strong>an</strong>dhabungsalternativen<br />

des Einzelh<strong>an</strong>delsm<strong>an</strong>agements für den Umg<strong>an</strong>g mit den als konfliktträchtig<br />

identifizierten Sp<strong>an</strong>nungsfeldern diskutiert.<br />

Um Erkenntnisse über Häufigkeit, Intensität und Dringlichkeit der auftretenden<br />

Konfliktpotentiale zu gewinnen, erfolgt eine Differenzierung zum einen nach Mitarbeiterkategorien<br />

(un- und <strong>an</strong>gelernte Aushilfen und Verkaufskräfte; einfache Verkäufer<br />

und Einzelh<strong>an</strong>delskaufleute, inkl. Auszubildende; Erstkräfte; Abteilungsleiter, Substituten,<br />

Filial-, Marktleiter), zum <strong>an</strong>deren nach Kundentypen (Käufer von Convencience,<br />

Shopping und Specialty Goods; Lauf- und Stammkunden) in Einzelh<strong>an</strong>delsunternehmen.<br />

Diese Unterscheidung hilft bei der Konkretisierung der Anforderungen der Mitarbeiter<br />

<strong>an</strong> die gewünschte Personalkultur und <strong>an</strong> die für sie akzeptable Kundenkultur sowie<br />

bei der Spezifizierung der Erwartungen der Konsumenten <strong>an</strong> die gewünschte Kundenkultur<br />

und <strong>an</strong> das Personal in Einzelh<strong>an</strong>delsbetrieben.<br />

Mit dem Ziel, das konfliktträchtige Verhältnis von kundengerechtem Marketing<br />

und mitarbeiterorientiertem Personalm<strong>an</strong>agement näher zu beleuchten, wird auf die in<br />

der Zieltheorie verwendete Systematik zurückgegriffen, bei der die Beziehungsdimensi-<br />

*<br />

erschienen beim <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München/Mering 1998; 192 S., DM 42.80,<br />

ISBN 3-87988-284-3


322 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

onen der Indifferenz, der Komplementarität und der Konkurrenz (Konflikt) unterschieden<br />

werden. Ausgewählte personalpolitische Bereiche werden unter Berücksichtigung<br />

der Einzelh<strong>an</strong>delsspezifika, der Betriebsformen der Einkaufsstätten und der <strong>an</strong> sie gerichteten<br />

Erwartungen der verschiedenen Kunden- und Mitarbeiterkategorien im Hinblick<br />

auf ihre Verträglichkeit mit Marketingmaßnahmen hinterfragt und insbesondere<br />

hinsichtlich ihrer Konkurrenz zuein<strong>an</strong>der beurteilt.<br />

Die Untersuchung widmet sich folgenden ausgewählten Sp<strong>an</strong>nungsfeldern:<br />

Einzelh<strong>an</strong>delsbetriebliche Mitarbeiterentlohnung und Preisfestsetzung für das Leistungs<strong>an</strong>gebot<br />

Qualifizierungserwartungen von Einzelh<strong>an</strong>delsmitarbeitern und Qualifikationser-<br />

<br />

wartungen von Konsumenten<br />

Arbeitszeitwünsche des Verkaufspersonals und kundengerechte Ladenöffnungszeiten.<br />

Mit dem Ziel, zu möglichst praxisnahen Aussagen zu gel<strong>an</strong>gen, sind in die Ausarbeitung<br />

einerseits bestehende Umfrageergebnisse zur Kunden- und Mitarbeiterorientierung<br />

im Einzelh<strong>an</strong>del eingeflossen. Andererseits wurden neben Zitaten aus der Fachliteratur<br />

eigene Auswertungen von Broschüren diverser Einzelh<strong>an</strong>delsunternehmen und der<br />

Gewerkschaft,.H<strong>an</strong>del, B<strong>an</strong>ken und Versicherungen‘ verarbeitet. Darüber hinaus haben<br />

Interview-Aussagen von Vertretern verschiedener Einkaufsstätten Eing<strong>an</strong>g in die Dissertation<br />

gefunden.<br />

Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund des Zusammenwirkens<br />

von absatz- und personalwirtschaftlichen Komponenten bei der Realisierung von Kunden-<br />

und Mitarbeiterzufriedenheit in Abhängigkeit der Umstände schwelende bis massive<br />

Konflikte auftreten können. Für das Konfliktausmaß u.a. von entscheidender Bedeutung<br />

ist die Betriebsform der jeweils betrachteten Einkaufsstätte.<br />

Der Einsatz von Maßnahmen eines Konfliktm<strong>an</strong>agements setzt voraus, auftretende<br />

Sp<strong>an</strong>nungsfelder zu identifizieren. Je genauer sich die Stärke des Konfliktpotentials einschätzen<br />

lässt, desto leichter fällt die Entscheidung, mit welcher Konflikth<strong>an</strong>dhabungsstrategie<br />

ihm begegnet werden k<strong>an</strong>n. Grundsätzlich stehen folgende Basisstrategien zur<br />

Verfügung:<br />

<br />

<br />

<br />

Bewusster Verzicht auf Harmonisierung des Sp<strong>an</strong>nungsfeldes<br />

Situationsabhängige Priorisierung der Bedürfnisse entweder der Kunden oder der<br />

Mitarbeiter<br />

Totalm<strong>an</strong>agement von Konflikten im Sinne von Kompromiss- oder sogar Konsenslösungen<br />

Die Diskussion der Konflikth<strong>an</strong>dhabungsalternativen zeigt, dass jeder konfliktträchtige<br />

Fall für sich zu betrachten und unter Abwägung der betriebsindividuellen<br />

Konsequenzen für den wirtschaftlichen Erfolg und das Image der jeweiligen Einkaufsstätte<br />

zu h<strong>an</strong>dhaben ist.<br />

Die Arbeit gibt schließlich einen Anstoß, sich über das Aufspüren von Konfliktpotentialen<br />

und deren M<strong>an</strong>agement hinaus mit der Frage von präventiven Maßnahmen einer<br />

Konfliktprophylaxe zu beschäftigen.<br />

Die vor dem Hintergrund des Einzelh<strong>an</strong>dels erarbeiteten Untersuchungsergebnisse<br />

lassen sich auf Unternehmen <strong>an</strong>derer Br<strong>an</strong>chen übertragen, die sich einer gleichermaßen


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 323<br />

kunden- und mitarbeiterorientierten Unternehmenspolitik verschreiben und bestrebt<br />

sind, mit den Konfliktpotentialen zwischen Marketing und Personalm<strong>an</strong>agement konstruktiv<br />

umzugehen.<br />

Uta Wilkens<br />

Hum<strong>an</strong> Resource M<strong>an</strong>agement in der europäischen Automobilindustrie.<br />

Ein cross-nationaler Vergleich *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Peter Pawlowsky, Techn. Universität Chemnitz<br />

Die Arbeit <strong>an</strong>alysiert den Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

und Praktiken des Hum<strong>an</strong> Resource M<strong>an</strong>agement am Beispiel der europäischen<br />

Automobilindustrie. Ihr Ziel ist es, die Entscheidungsfindung zum internationalen<br />

Hum<strong>an</strong> Resource M<strong>an</strong>agement durch theoretische Fundierung und empirische Prüfung<br />

dieses Zusammenh<strong>an</strong>ges zu unterstützen.<br />

Die Frage nach dem Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

und Praktiken des Hum<strong>an</strong> Resource M<strong>an</strong>agement wird konzeptionell <strong>an</strong> die<br />

Konvergenz/Divergenz-Forschung <strong>an</strong>gelehnt, die sich seit jeher im Sp<strong>an</strong>nungsfeld zwischen<br />

der ökonomischen Überlegenheit universeller und gesellschaftlich eingebetteter<br />

Praktiken sowie den sich daraus ergebenden Entwicklungsverläufen bewegt. Dabei<br />

werden Konvergenz und Divergenz nicht als zwei sich ausschließende Entwicklungsrichtungen,<br />

sondern als parallele, in der Regel zeitlich befristete Phänomene verst<strong>an</strong>den.<br />

Bisherige Forschungsarbeiten zum Hum<strong>an</strong> Resource M<strong>an</strong>agement und zur Automobilindustrie<br />

werden dahingehend <strong>an</strong>alysiert und gewürdigt, welche konkreten Anhaltspunkte<br />

sie zur Konvergenz/Divergenz-Diskussion liefern können. Im Ergebnis<br />

zeigt sich, dass Annahmen zur gesellschaftlichen Einbettung des HRM zwar überwiegen,<br />

insgesamt jedoch keine konsistenten Aussagen zum interessierenden Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

aus Konzeptionen des HRM und empirischen Untersuchungen ableitbar sind.<br />

Auch die Analyse bisheriger Forschungsarbeiten zur Automobilindustrie zeigt, dass es<br />

weder klare empirische Anhaltspunkte für nationale Divergenzen noch für eine international<br />

Konvergenz des HRM in der Automobilindustrie gibt. Interess<strong>an</strong>terweise beziehen<br />

sich aus neueren US-amrik<strong>an</strong>ischen Untersuchungen hervorgehende ‚best practice‘-<br />

Aussagen auf das HRM und stehen damit im Widerspruch zur überwiegenden Meinung<br />

in der HRM-Literatur.<br />

Angesichts der ben<strong>an</strong>nten Widersprüche werden Anhaltspunkte über Ähnlichkeiten<br />

und Unterschiede des HRM in der europäischen Automobilindustrie und die dafür in<br />

Betracht kommenden Ursachen empirisch im Rahmen einer Fallstudien<strong>an</strong>alyse von 15<br />

St<strong>an</strong>dorten der Automobilindustrie gewonnen. Diese folgt der Methode des crossnationalen<br />

Vergleichs und setzt als Erhebungsinstrumente teilstrukturierte Interviews<br />

mit Personalleitern, Montageleitern und Arbeitnehmervertretern sowie st<strong>an</strong>dardisierte<br />

*<br />

veröffentlicht im L<strong>an</strong>g-<strong>Verlag</strong>, Fr<strong>an</strong>kfurt, 1998, Reihe Europäische Hochschulschriften.


324 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Fragebögen und Betriebsbegehungen ein. Die über die Untersuchungsländer Deutschl<strong>an</strong>d,<br />

Fr<strong>an</strong>kreich, Großbrit<strong>an</strong>nien, Schweden, die Tschechische Republik und Mexiko<br />

hinweg vergleichbaren Auswertungskategorien (funktionale Äquivalenzen) gehen aus<br />

einem interaktiven Prozess mit Vertretern der befragten St<strong>an</strong>dorte hervor. Es h<strong>an</strong>delt<br />

sich hierbei um die Arbeitsorg<strong>an</strong>isation, die Personalentwicklung, die Führungskonzepte,<br />

die Anreizgestaltung und die betrieblichen Arbeitsbeziehungen. Diese werden in ihrem<br />

eigenen Entwicklungsverlauf gesehen und mit Blick auf mögliche Ursachen ihrer<br />

Ausgestaltungsformen in Beziehung zu Variablen des gesellschaftlichen Umfeldes (Bildungssysteme,<br />

Arbeitsmärkte, industrielle Beziehungen und L<strong>an</strong>deskulturen) sowie zu<br />

Variablen des situativen Umfeldes (Alter, Größe, Produktprogramm, Technik und<br />

Technologieniveau) gesetzt. Die gesellschaftsbezogenen Daten werden dabei zum einen<br />

sekundär<strong>an</strong>alytisch erhoben und zum <strong>an</strong>deren durch die Interviewpartner eingeschätzt.<br />

Die Kontingenzfaktoren werden betriebsspezifisch erfasst.<br />

Im Ergebnis der empirischen Untersuchung zeigt sich, dass es in der europäischen<br />

Automobilindustrie sowohl HRM-Gestaltungsfelder gibt, in denen sich eine zunehmende<br />

Konvergenz abzeichnet (die Arbeitsorg<strong>an</strong>isationen zeigen eine Konvergenz mit dem<br />

Toyota-Produktionssystem) als auch HRM-Gestaltungsfelder, in denen Unterschiede<br />

überwiegen (Personalentwicklung, Führungskonzepte, betriebliche Anreizgestaltung<br />

und betriebliche Arbeitsbeziehungen), wobei in den Feldern Personalentwicklung, Führungskonzepte<br />

und Arbeitsbeziehungen die Unterschiede nationale Muster erkennen<br />

lassen, bei der betrieblichen Anreizgestaltung die Unterschiede org<strong>an</strong>isationsspezifischer<br />

Natur sind. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass sich in strukturellen Gestaltungsfeldern<br />

eher eine international Konvergenz abzeichnet als in personalen Gestaltungsfeldern.<br />

Die Ergebnisse zeigen weiter, dass <strong>an</strong> jungen Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>ts im Gegensatz zu<br />

älteren St<strong>an</strong>dorten in allen HRM-Gestaltungsfeldern Ähnlichkeiten mit dem Toyota-<br />

Produktionssystem erkennbar sind. Dieser Befund führt zu der Hypothese, dass durch<br />

vermeintliche ‚best practices‘ ausgelöste domin<strong>an</strong>te Effekte im Zeitverlauf durch Umfeldeinflüsse<br />

abgeschwächt werden. Außerdem wird deutlich, dass nationale Unterschiede<br />

in der Regel keine strategische Komponente in der Weise erkennen lassen, dass<br />

auf Umfeldbedingungen rekurriert wird, um daraus Wettbewerbsvorteile zu ziehen. Nationale<br />

Unterschiede erscheinen vielmehr gesellschaftlich induziert, ohne einem nationalen<br />

Modell aus Wettbewerbsgesichtspunkten eine besondere Bedeutung zu verleihen.<br />

Die Bedeutung des gesellschaftlichen Umfeldes liegt den Ergebnissen zufolge nicht in<br />

der direkten Bereitstellung von Wettbewerbspotentialen, sondern in der Ermöglichung<br />

org<strong>an</strong>isationsspezifischer, sich ggf. <strong>an</strong> einem internationalen Referenzmodell orientierender<br />

HRM-Praktiken.<br />

Diese Befunde bilden wiederum den Ausg<strong>an</strong>gspunkt, um eine org<strong>an</strong>isationstheoretisch<br />

fundierte Interpretation vorzunehmen, auf deren Basis sich die empirischen Ergebnisse<br />

genauer erschließen lassen. Sie werden zum Bindeglied zwischen Konvergenz/Divergenz-Diskussion<br />

und neueren Org<strong>an</strong>isationstheorien. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

werden die institutionalistischen Ansätze von DiMaggio & Powell sowie Meyer,<br />

Row<strong>an</strong> & Scott und der Ressourcenabhängigkeits<strong>an</strong>satz von Pfeffer & Sal<strong>an</strong>cik fruchtbar<br />

gemacht. Mit Hilfe des institutionalistischen Ansatzes von Meyer, Row<strong>an</strong>, Scott lassen<br />

sich nationale Divergenzen als ein mit dem Alter der St<strong>an</strong>dorte notwendiger wer-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 325<br />

dendes Legitimationsmuster verstehen, welches eine effiziente Aufgabenbewältigung<br />

sowohl unterläuft als auch erst ermöglicht. Praktiken werden dem Ansatz zufolge nur<br />

d<strong>an</strong>n als effizient <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt, wenn sie gesellschaftliche Rationalitätsvorstellungen widerspiegeln.<br />

Daher steht nicht das nationale Wettbewerbsmodell im Vordergrund, sondern<br />

lediglich das gesellschaftlich <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nte und nicht mehr hinterfragte Muster. Konvergenz<br />

lässt sich auf Basis des institutionalistischen Ansatzes von DiMaggio & Powell<br />

als Ergebnis einer durch Unsicherheit entst<strong>an</strong>denen Imitation verstehen, die der Org<strong>an</strong>isation<br />

ebenfalls Legitimation verleiht, weil sie sich <strong>an</strong> einem vermeintlichen Erfolgskonzept<br />

orientiert. Dass St<strong>an</strong>dorte sich nicht dauerhaft <strong>an</strong> einem internationalen Referenzmodell<br />

orientieren können, sondern ihre Praktiken zumindest teilweise eine kulturelle<br />

Einbettung und Variation erfahren, lässt sich wiederum mit Meyer, Row<strong>an</strong>, Scott<br />

zeigen. Sie sehen die Org<strong>an</strong>isation in zwei vonein<strong>an</strong>der entkoppelten, unterschiedlichen<br />

Rationalitäten folgenden Kontexten. Vor diesem Hintergrund bereiten die beobachteten<br />

gesellschaftlich eingepassten personalen Gestaltungsfelder des HRM durch Widerspiegelung<br />

gesellschaftlicher Rationalitätsvorstellungen den kulturellen Korridor für die<br />

strukturellen, nicht eingepassten Gestaltungsfelder. Letztere können dadurch einem internationalen<br />

Entwicklungstrend losgelöst von gesellschaftlichen Institutionen und Besonderheiten<br />

folgen. Darüber hinaus lässt sich Konvergenz mit Pfeffer & Sal<strong>an</strong>cik auch<br />

als Ergebnis machtpolitischer Überlegungen verstehen, die auf hohe Kontroll- und Sicherungsmöglichkeiten<br />

über überlebensnotwendige Ressourcen abzielen. Vor diesem<br />

Hintergrund wird deutlich, dass bevorzugt schwache St<strong>an</strong>dortumfelder ausgewählt werden,<br />

um gesellschaftlich losgelöste Praktiken zu implementieren. Sie räumen der Org<strong>an</strong>isation<br />

ein hohes Maß <strong>an</strong> Kontrolle nach innen und außen ein. Mit dem Alter der<br />

St<strong>an</strong>dorte steigt mit Bezug zur institutionalistischen Sichtweise die Notwendigkeit der<br />

gesellschaftlichen Legitimation, so dass nur noch dort vermeintliche ‚best practices‘ bestehen<br />

bleiben, wo diese sich durch Einbettung in <strong>an</strong>dere HRM-Praktiken gesellschaftlich<br />

legitimieren lassen.<br />

Die Interpretationen bereichern die Konvergenz/Divergenz-Forschung und führen<br />

schließlich zu neuen Erkenntnisse zum internationalen HRM. Es zeigt sich, dass Konvergenz<br />

und/oder Divergenzen bzw. der Einfluss des gesellschaftlichen Umfeldes auf<br />

das HRM im Gegensatz zur bisherigen Forschung weniger unter Effizienz- und stärker<br />

unter Legitimations- und machtpolitischen Überlegungen betrachtet werden sollte. Weder<br />

‚best practices‘ noch kulturgebundene Praktiken sind per se effizient; ihre Effizienz<br />

muss im Sinne machtpolitischer Überlegungen akzeptiert oder unter legitimatorischen<br />

Gesichtspunkten kommuniziert werden. Von daher bedarf es im internationalen Kontext<br />

einer intensiven Analyse gesellschaftlicher Werte und Normen als Quelle der als rational<br />

<strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten H<strong>an</strong>dlungsmuster und damit als Legitimationsgrundlage für ausgewählte<br />

Praktiken.<br />

Die Analyse des Umfeldes hat weiterhin ihre Bedeutung darin, die machtpolitische Basis<br />

der Org<strong>an</strong>isation einzuschätzen, um ein internationales Referenzmodell losgelöst von den<br />

Praktiken der Unternehmenszentrale oder den kulturellen Gegebenheiten des St<strong>an</strong>dortes für<br />

die Org<strong>an</strong>isationsentwicklung zu erproben. Auf diese Weise wird die Verbreitung eines internationalen<br />

Referenzmodells über neue St<strong>an</strong>dorte in schwachen Umfeldern gefördert. Da<br />

sich vermeintliche ‚best practices‘ längerfristig vermutlich jedoch nur in Teilbereichen sta-


326 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

bilisieren lassen und zwar d<strong>an</strong>n, wenn es gelingt, ihnen durch <strong>an</strong>dere Praktiken des HRM<br />

einen gesellschaftlichen Korridor zu bereiten, d.h. sie gesellschaftlich gleichzeitig zu verkoppeln<br />

und zu entkoppeln, k<strong>an</strong>n eine alle Gestaltungsfelder umfassende Konvergenz des<br />

HRM nur durch jeweils neue St<strong>an</strong>dorte begründet werden. Aufgrund paralleler Alterung<br />

und gesellschaftlicher Integration <strong>an</strong>derer St<strong>an</strong>dorte wird Konvergenz als internationaler<br />

Trend auf diese Weise jedoch gerade nicht erreicht.<br />

Die integrative Abstimmung von HRM-Praktiken unterein<strong>an</strong>der k<strong>an</strong>n auf Dauer<br />

nur gesellschaftsspezifisch erfolgen, weil auch d<strong>an</strong>n, wenn bestimmte Praktiken eines<br />

internationalen Referenzmodells übernommen werden, <strong>an</strong>dere Praktiken einen kulturellen<br />

Korridor schaffen müssen, um diese zu legitimieren und ihre Effizienz zu tr<strong>an</strong>sportieren.<br />

Es gibt daher keinen 'best fit' zwischen einzelnen HRM-Praktiken, weil die Anerkennung<br />

ihrer Effizienz von gesellschaftlichen Rationalitätsvorstellungen abhängt.<br />

Daher ist auch die gesellschaftliche Einbettung von HRM-Praktiken nicht gleichbedeutend<br />

mit deren Effizienz. Sie können ebenso Ergebnis einer hohen Legitimationsnotwendigkeit<br />

sein, mit der Effizienz sowohl tr<strong>an</strong>sportiert als auch unterlaufen wird.<br />

Als Beitrag für die betriebliche Praxis ergibt sich demnach, dass bei St<strong>an</strong>dortneugründungen<br />

die Implementation eines vermeintlichen 'best practice'-Konzeptes durchaus<br />

möglich ist. Dies k<strong>an</strong>n der internen Org<strong>an</strong>isationsentwicklung dienen, indem von der<br />

Unternehmenszentrale und den spezifischen Umfeldbedingungen losgelöste Praktiken<br />

erprobt werden. Sofern ein St<strong>an</strong>dort längerfristig gepl<strong>an</strong>t ist, sollten HRM-Praktiken jedoch<br />

eine Öffnungskapazität gegenüber gesellschaftlichen Werten und Normen beinhalten,<br />

da im Zeitverlauf die Notwendigkeit der gesellschaftlichen Legitimation steigt und<br />

sich im Zuge dessen die Annahmen über effiziente Praktiken verändern (können). Internationales<br />

HRM bewegt sich damit in einem H<strong>an</strong>dlungsfeld unterschiedlicher und sich<br />

im Zeitverlauf ändernder Legitimationsnotwendigkeiten und Machtressourcen.<br />

2. Steuerung der Personalarbeit / Strategisches Personalm<strong>an</strong>agement<br />

/ Personalcontrolling<br />

Yvette E. Hofm<strong>an</strong>n<br />

Controlling interdisziplinärer Forschungsprojekte – Theoretische<br />

Grundlagen und Gestaltungsempfehlungen auf der Basis<br />

einer empirischen Erhebung *<br />

Betreuer: Prof. Dr. W. Küpper, Universität München<br />

Problemstellung und Zielsetzung<br />

Interdisziplinäre Forschungsprojekte zeichnen sich durch einen erheblichen Koordinationsbedarf<br />

aus. Das Koordinationsproblem k<strong>an</strong>n durch den Einsatz des Projekt-<br />

*<br />

veröffentlicht im Schäffer-Poeschel <strong>Verlag</strong>, Stuttgart 1998, unter dem Mädchennamen<br />

der Autorin (Hartm<strong>an</strong>n).


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 327<br />

controlling entschärft werden. Es stellt sich jedoch die Frage, wie dessen Koordinationsinstrumente<br />

für eine zielgruppenadäquate Steuerung zu gestalten sind und worauf bei<br />

deren Einsatz besonders zu achten ist. Dies wird auf Basis einer empirischen Erhebung<br />

diskutiert, die im Frühsommer 1996 durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt der Untersuchung<br />

stehen Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter, die <strong>an</strong> deutschen <strong>Hochschulen</strong><br />

<strong>an</strong> betriebswirtschaftlichen und (sozial-)psychologischen Lehrstühlen forschen<br />

und lehren. Insgesamt wurden 298 Professoren betriebswirtschaftlicher und 65 Professoren<br />

sozialpsychologischer Lehrstühle <strong>an</strong>geschrieben und darum gebeten, sich <strong>an</strong> der<br />

Untersuchung zu beteiligen. Jeder Professor erhielt zudem fünf Fragebögen für wissenschaftliche<br />

Mitarbeiter. Der Rücklauf betrug für die gesamte Stichprobe um die 57 % (=<br />

815 verwertbare Fragebögen).<br />

Gegenst<strong>an</strong>d der Analyse ist die Ermittlung erfolgsrelev<strong>an</strong>ter Einflussgrößen interdisziplinärer<br />

Forschung. Im Zentrum der Untersuchung steht die Ermittlung jener Faktoren<br />

(personale wie situative), die den Erfolg derartiger Projekte bestimmen. Darauf<br />

aufbauend werden praktisch <strong>an</strong>wendbare H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen für die Gestaltung<br />

und die Koordination interdisziplinärer Forschungsprojekte abgeleitet.<br />

Vorgehensweise und theoretische Basis<br />

In Kapitel 1 der Arbeit erfolgt eine Eingrenzung des Betrachtungsgegenst<strong>an</strong>ds.<br />

Kapitel 2 legt den theoretischen und empirischen Bezugsrahmen dar. Abschnitt 2.1<br />

dient der Herleitung eines kognitiv-motivationalen Verhaltensmodells, das nicht nur zur<br />

theoretischen Fundierung des Projektcontrolling her<strong>an</strong>gezogen werden k<strong>an</strong>n, 1 sondern<br />

als Ausg<strong>an</strong>gspunkt für die Ableitung des Hypothesensystems und den Aufbau der empirischen<br />

Analyse fungiert. Struktur und Komponenten der empirischen Analyse werden<br />

in Abschnitt 2.2 vorgestellt.<br />

Kapitel 3 und 4 widmen sich ausführlich der Darlegung und Interpretation der empirischen<br />

Ergebnisse sowie der Formulierung von Gestaltungs- und Einsatzempfehlungen.<br />

Der Aufbau dieser Kapitel richtet sich <strong>an</strong> der in Kapitel 1 abgeleiteten Merkmalskategorisierung<br />

aus: Kapitel 3 beschäftigt sich mit personenbedingten Einflussfaktoren<br />

auf das Projektcontrolling und legt den Schwerpunkt der Ausführungen auf die Anreizund<br />

Motivstruktur, die Einstellungen und Ansichten sowie Nutzenerwartungen der Wissenschaftler.<br />

Personenunabhängige Determin<strong>an</strong>ten, wie projekt- und disziplinenbedingte<br />

Einflussfaktoren, werden in Kapitel 4 beh<strong>an</strong>delt. Zielsetzung ist die Identifikation derjenigen<br />

Größen (Koordinations- und Erfolgsfaktoren), welche den Erfolg interdisziplinärer<br />

Forschungsprojekte beeinflussen können.<br />

Kapitel 5 fasst die wesentlichen Aussagen zusammen. Dabei wird aufgezeigt, dass<br />

die im Rahmen dieser Schrift erarbeiteten theoretischen und empirischen Ergebnisse<br />

nicht losgelöst vonein<strong>an</strong>der betrachtet werden dürfen, sondern dass Einflussfaktoren,<br />

Koordinationsinstrumente und Forschungsphasen in einer engen Wechselbeziehung stehen.<br />

Die Arbeit endet mit der Formulierung eines hypothetischen Aussagensystems als<br />

Anregung für weiterführende Forschungsfragen.<br />

1<br />

Im Vordergrund stehen dabei motivationstheoretische Erklärungsmodelle.


328 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Untersuchungsergebnisse und weiterführende Fragestellungen<br />

Die sich ergebenden empirischen Befunde haben große Bedeutung für das Projektcontrolling,<br />

denn sie bilden den Grundstock für eine zielgruppenadäquate Gestaltung<br />

der Koordinationsinstrumente und deren Einsatz. Deskriptive Statistiken (sowohl für die<br />

Gesamtstichprobe als auch die Teilstichproben ‘BWL-Psychologie’, ‘Professoren-<br />

Mitarbeiter’ und ‘Forscher mit und ohne interdisziplinärer Erfahrung’) und/oder faktorund<br />

diskrimin<strong>an</strong>z<strong>an</strong>alytische Ergebnisse liegen unter <strong>an</strong>derem für folgende Bereiche<br />

vor:<br />

Anreiz- und Motivstruktur der befragten Wissenschaftler<br />

Nutzenerwartung <strong>an</strong> und Einstellung zu Interdisziplinarität in den Sozialwissenschaften<br />

Beurteilung situationsgestaltender Koordinationsvariablen<br />

Untersuchung von Attribuierungstendenzen bei der Beurteilung potentieller Erfolgsfaktoren<br />

interdisziplinärer Forschungsprojekte<br />

Beurteilung disziplinenbedingter Einflussfaktoren und deren Relev<strong>an</strong>z für die Koordination<br />

interdisziplinärer Forschungsprojekte<br />

Zudem wurde mittels einer nonmetrischen Multidimensionalen Skalierung (nMDS)<br />

der kognitiv-motivationale Wahrnehmungsraum der befragten Wissenschaftler in Bezug<br />

auf<br />

<br />

<br />

Arbeitszufriedenheit und -motivation sowie<br />

Bedeutung der Scientific Community für Professoren, Habilit<strong>an</strong>den und Doktor<strong>an</strong>den<br />

untersucht.<br />

Die Einbeziehung von Eigenschaften der Projektbeteiligten k<strong>an</strong>n – ausgehend vom<br />

Einsatz eines St<strong>an</strong>dardinstrumentariums – in drei Stufen erfolgen: der erste Schritt hin<br />

zu einer stärkeren Einbindung des Faktors ‘Mensch’ besteht in der Berücksichtigung<br />

durchschnittlicher Persönlichkeitsausprägungen der Gesamtstichprobe (mehrheitsorientierte<br />

Betrachtung). Die zweite Stufe einer verhaltenswissenschaftlichen Ausrichtung der<br />

Koordination interdisziplinärer Forschungsprojekte wird über die Integration disziplinenbedingter<br />

Unterschiede zwischen den Forschern umgesetzt. Auch hierbei stehen<br />

Durchschnittsbetrachtungen im Vordergrund, diese sind jedoch stärker <strong>an</strong> den Besonderheiten<br />

der zu steuernden Zielgruppen ausgerichtet. Die letzte Stufe der Aufnahme der<br />

empirischen Ergebnisse in die Gestaltung des Projektcontrolling mündet in der Berücksichtigung<br />

spezifischer Persönlichkeitsmerkmale bestimmter Forschertypen, was zu einem<br />

stark <strong>an</strong> den Individuen ausgerichteten Projektcontrolling führt.<br />

Resümierend bleibt festzuhalten, dass die zum Teil erheblichen Unterschiede zwischen<br />

den Forschern (z.B. bei der Bewertung unterschiedlicher Anreize bzw. Anreizsysteme)<br />

eine stärkere Ausrichtung auf deren Charakteristika unumgänglich macht, wenn<br />

eine zielgruppenadäquate Lösung gesucht wird. In Anbetracht der Tatsache, dass herkömmliche<br />

Projektcontrolling<strong>an</strong>sätze das menschliche Moment weitgehend außen vor<br />

lassen, stellt bereits eine mehrheitsorientierte Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften<br />

einen erheblichen Fortschritt dar. Trägt m<strong>an</strong> den Spezifika interdisziplinärer<br />

Forschungsprojekte Rechnung, indem auf ein disziplinenorientiertes Projektcontrolling


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 329<br />

zurückgegriffen wird, d<strong>an</strong>n sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei den<br />

<strong>an</strong> der Umfrage beteiligten Disziplinengruppen nicht um zwei gänzlich konträre Personenkreise<br />

h<strong>an</strong>delt. Vielmehr verlaufen die sie vonein<strong>an</strong>der unterscheidenden Persönlichkeitsmerkmale<br />

auf einem Kontinuum, dessen Grenzen fließend sind. Dies zeigt sich<br />

deutlich <strong>an</strong> der Existenz verschiedener Forschertypen, deren Bildung disziplinenüberschreitend<br />

erfolgt. Ein typenspezifisches Projektcontrolling stellt daher diejenige Art der<br />

Koordination dar, die umfassend auf die Besonderheiten einer Projektgruppe eingeht.<br />

Insofern k<strong>an</strong>n es als „Königsweg“ des Controlling interdisziplinärer Forschungsprojekte<br />

bezeichnet werden.<br />

Inwieweit welche Form des Projektcontrolling relev<strong>an</strong>t ist, k<strong>an</strong>n z.B. aus agencytheoretischer<br />

Sicht und unter Berücksichtigung entstehender Koordinationskosten<br />

überprüft werden. Hilfreich bei der Entscheidungsfindung können zudem systemtheoretisch-kybernetische<br />

Ansätze sein, die sich mit den Vor- und Nachteilen der Selbstorg<strong>an</strong>isation<br />

beschäftigen, da hierdurch sowohl dem Unabhängigkeits- und Selbständigkeitsdr<strong>an</strong>g<br />

der Wissenschaftler als auch der verfassungsrechtlich gesicherten Forschungsfreiheit<br />

Rechnung getragen wird. Auch hierin ist also eine weiterführende Forschungsfrage<br />

zu sehen.<br />

Stef<strong>an</strong> Huber<br />

Strategisches Personalcontrolling als Unterstützungsfunktion<br />

des strategischen Personalm<strong>an</strong>agements *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Wagner, Universität Potsdam<br />

Fragestellung der Arbeit<br />

Zunehmende Komplexität und Dynamik des ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen<br />

Umfeldes führen zu einer Ausdifferenzierung von Org<strong>an</strong>isationsformen<br />

und Personalm<strong>an</strong>agement-Konzeptionen sowie zu einem existentiell notwendigen strategischen<br />

Personalm<strong>an</strong>agement. Ein effektives und effizientes strategisch ausgerichtetes<br />

Personalm<strong>an</strong>agement wird jedoch durch vielfältige Einflüsse wie z.B. Flexibilisierungs-<br />

, Individualisierungs- und Internationalisierungsbestrebungen erschwert. Es ist folglich<br />

nach Steuerungshilfen zu suchen, die den gesamten Prozess des Personalm<strong>an</strong>agements<br />

unter diesen Rahmenbedingungen fundamental unterstützen und unter strategischen Gesichtspunkten<br />

gestaltend, steuernd und bewertend eingesetzt werden können. Eine derartige<br />

Funktion k<strong>an</strong>n ein entsprechend konzipiertes strategisches Personalcontrolling<br />

übernehmen, wenn es ein System von Instrumentarien, Methoden und Verfahren zur<br />

Verfügung stellt, welches das personalbezogene Steuerungs-, Koordinations-, Informa-<br />

*<br />

Huber, Stef<strong>an</strong>: Strategisches Personalcontrolling als Unterstützungsfunktion des<br />

strategischen Personalm<strong>an</strong>agements (Hochschulschriften zum Personalwesen,<br />

00023); <strong>Hampp</strong>, München/Mering 1998; ISBN 3-87988-329-7.


330 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

tions- und Kommunikations- sowie Kostenm<strong>an</strong>agement unterstützt und für den Aufbau<br />

und die Nutzung von Hum<strong>an</strong>-Potentialen sorgt. Damit verstärkt es auch die notwendige<br />

Einbindung der Personalarbeit in die strategische Unternehmensführung.<br />

Diese Arbeit unternimmt den Versuch, ein strategisches Personalcontrolling nach<br />

diesem Verständnis zu konzipieren. Um dies zu realisieren, ist es Ziel der Arbeit, einen<br />

Ansatz für ein strategisches Personalm<strong>an</strong>agement in flexiblen Org<strong>an</strong>isationsformen zu<br />

entwickeln, daraus Ansatzpunkte für ein strategisches Personalcontrolling abzuleiten<br />

sowie <strong>an</strong>schließend aufzuzeigen, wie strategisches Personalm<strong>an</strong>agement über ein strategisches<br />

Personalcontrolling gesteuert werden k<strong>an</strong>n. Sie will zugleich auch beschreiben,<br />

welche Wahrnehmungs- und Deutungsvorgänge im Rahmen des strategischen Personalcontrollings<br />

eine Rolle spielen und welche Fehler bei diesen Vorgängen auftreten können.<br />

Damit trägt sie der großen Bedeutung des einzelnen Mitarbeiters und dessen Perzeptionen<br />

und Interpretationen in flexiblen Org<strong>an</strong>isationsformen Rechnung.<br />

Theoretische Basis<br />

Ein solcher Denk<strong>an</strong>satz muss isolierte Problemlösungen verwerfen und sich der<br />

Entwicklung einer umfassenden Gesamtsicht widmen, die einer g<strong>an</strong>zheitlichen Synthese,<br />

nicht einer unverbundenen Beh<strong>an</strong>dlung partieller Problemaspekte gleichkommt. Dieses<br />

impliziert eine Darstellung und Bewertung vorliegender Beschreibungs-, Erklärungs-<br />

und Gestaltungs<strong>an</strong>sätze ebenso wie eine Weiterentwicklung der vorh<strong>an</strong>denen Erkenntnisbeiträge<br />

zu einer g<strong>an</strong>zheitlichen Personalm<strong>an</strong>agement- und -controllingkonzeption<br />

durch die systematische Beschreibung unterschiedlicher Personalcontrollingformen<br />

und -ebenen und deren Integration in ein Personalm<strong>an</strong>agement-Konzept.<br />

Obsolete Denkmuster und M<strong>an</strong>agementverständnisse werden ersetzt durch Denk- und<br />

H<strong>an</strong>dlungsstrukturen, die soziale und ökonomische Interaktionen in flexiblen Org<strong>an</strong>isationsformen<br />

adäquat abbilden.<br />

Die Arbeit basiert daher auf einem System<strong>an</strong>alyse- und -gestaltungs<strong>an</strong>satz, der die<br />

Erkenntnisse ökonomischer und sozialwissenschaftlicher Theorien einbezieht. Dieser<br />

Ansatz ist zum einen in der Lage, die wichtigsten Merkmale der Personalcontrolling-<br />

Funktion zu erfassen und umfassende Beschreibungs-, Erklärungs - und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

<strong>an</strong>zubieten. Zum <strong>an</strong>deren ist er aber auch flexibel genug, neue Erkenntnisse<br />

und Gestaltungsvorschläge integrierend aufzunehmen. Der Ansatz der System<strong>an</strong>alyse<br />

und -gestaltung wird ergänzt durch interaktionsorientierte Ansätze, die berücksichtigen,<br />

dass es sich bei den Mitarbeitern in Unternehmungen um soziale Individuen h<strong>an</strong>delt,<br />

die eigene Bedürfnisse haben, eigene Interessen verfolgen, Situationen unterschiedlich<br />

wahrnehmen bzw. deuten und nicht notwendig (system-)rational h<strong>an</strong>deln.<br />

Ergebnisse<br />

Personalm<strong>an</strong>agement wird als eine Summe von Prozessen betrachtet, die sich aus<br />

abfolgelogisch verknüpften und wertschöpfenden Folgen von Aktivitäten ergeben. Diese<br />

Prozesse wiederum führen zu Personal-Strukturen wie z.B. Alters-, Qualifikationsund<br />

Führungsstrukturen. Ein differenziertes Personalcontrolling-System ist somit auf<br />

verschiedenen Ebenen zu <strong>an</strong>alysieren und zu konzipieren. Auf einer prozess- und er-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 331<br />

gebnisorientierten Ebene werden Parameter definiert, <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d derer die Steuerung von<br />

Personalm<strong>an</strong>agementaktivitäten und die Bewertung von Personalarbeit insgesamt möglich<br />

wird. Diese Steuerungsparameter sind Kosten-, Qualitäts- und Zeitkriterien. Daher<br />

werden die Grundzüge einer Personalm<strong>an</strong>agement-Prozesskostenrechnung dargelegt;<br />

ebenso werden Indikatoren der Qualität von Personalm<strong>an</strong>agementprozessen sowie Ansatzpunkte<br />

eines Zeitcontrollings für Personalm<strong>an</strong>agementprozesse aufgezeigt. Neben<br />

den Prozessen rücken auf einer strukturellen Ebene auch personalwirtschaftlich relev<strong>an</strong>te<br />

Strukturen in den Mittelpunkt der Betrachtungen und werden zum Objekt des Personalcontrollings.<br />

Die Steuerung der Prozesse und Strukturen wird hierbei auf der Ebene<br />

der Leitung, der Ebene des Personalbereiches und auf der individuellen Ebene (in Form<br />

eines Selfcontrolling-Ansatzes) betrachtet. Auf einer interpretativen Ebene wird<br />

schließlich erklärt, wie die vom Personalcontrolling-System generierten Informationen<br />

wahrgenommen, interpretiert und in adäquates H<strong>an</strong>deln umgesetzt werden. Es wird ein<br />

Aush<strong>an</strong>dlungsmodell erarbeitet, welches wesentliche Determin<strong>an</strong>ten von Wahrnehmungs-,<br />

Deutungs- und Verständigungsprozessen berücksichtigt.<br />

Weiterführende und noch offene Fragen<br />

Strategisches Personalm<strong>an</strong>agement und strategisches Personalcontrolling müssen<br />

sich von einem Zufallsprodukt im Unternehmen zu einer systematischen Gesamtkonzeption<br />

professionalisieren. Hierzu ist es notwendig, empirisch oder theoretisch ermittelte<br />

gehaltvolle Aussagen zu personalwirtschaftlichen Sachverhalten in flexiblen Org<strong>an</strong>isationsformen<br />

zu gewinnen, diese in Konzepte umzusetzen und schließlich zu einer<br />

Theorie des strategischen Personalm<strong>an</strong>agements und des strategischen Personalcontrollings<br />

zu gel<strong>an</strong>gen. Die unzähligen Begriffsdefinitionen des Controllings und seine selten<br />

klar formulierte Abgrenzung zum M<strong>an</strong>agement verwirren. Daraus resultiert das scheinbare<br />

Dilemma der Unvereinbarkeit einer qu<strong>an</strong>titativen Orientierung des Controllings<br />

und einer qualitativen Orientierung des Personalm<strong>an</strong>agements, welches in Theorie und<br />

Praxis aufzulösen ist. Das Personalcontrolling muss sich als eigenständige Funktion<br />

etablieren und seine Unterstützungsleistung für das Personalm<strong>an</strong>agement herausstellen.<br />

Da dieser Arbeit ein Konstruktivmodell zugrunde liegt, sind die Ergebnisse der Modellkonzeption<br />

auf ihre Brauchbarkeit im empirischen Bereich zu überprüfen. Die getroffenen<br />

Aussagen gelten zunächst nur in der logischen Abstraktionsebene. Das konstruierte<br />

System muss empirisch überprüft und auf seine Leistungsfähigkeit und praktische Übertragbarkeit<br />

hin untersucht werden. Dazu ist es notwendig, die in flexiblen Org<strong>an</strong>isationsformen<br />

verwendeten strategischen Personalcontrollingsysteme auf Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede mit dem hier entwickelten Konzept hin zu vergleichen und konkrete Ausprägungsformen<br />

auf Bestimmungsparameter und Determin<strong>an</strong>ten zu untersuchen.<br />

Ein speziell auf die externen und internen Bedingungen eines Unternehmens zugeschnittenes<br />

Konzept muss jedoch nicht nur entwickelt, sondern auch operationalisiert,<br />

d.h. durchführbar gemacht werden. Im Gegensatz zu dem in dieser Arbeit konstruierten<br />

Denkmodell stehen nun sogen<strong>an</strong>nte Betriebsmodelle im Mittelpunkt. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

sind beispielsweise die Fragen nach der Überwindung von Akzept<strong>an</strong>zproblemen<br />

und Widerständen, der Ausbaustufe bzw. dem Ausbaugrad des<br />

Personalcontrollings, nach der Differenziertheit und Detailliertheit des einzurichtenden<br />

Konzeptes, nach dem verwendeten Instrumentarium sowie nach der


332 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

dem verwendeten Instrumentarium sowie nach der unternehmungsadäquaten Einführungsstrategie<br />

zu be<strong>an</strong>tworten.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 333<br />

3. Theoretische Grundlagen<br />

Stef<strong>an</strong> Salzgeber<br />

Org<strong>an</strong>isation – Personal – Lehre. Konstitutionstheoretische<br />

Überlegungen in der Org<strong>an</strong>isationstheorie, Vorarbeiten für eine<br />

Personaltheorie und Konsequenzen für eine universitäre Lehre<br />

Betreuer: Prof. Dr. Steph<strong>an</strong> Laske, Universität Innsbruck<br />

Das Klagelied der Theorielosigkeit der Personalwirtschaftslehre ist alt. Dennoch ist<br />

Wächter (1992, 321) rechtzugeben, wenn er betont, dass „dem Wesen, der Entstehung<br />

und Bedeutung von Personalproblemen“ wenig nachgeg<strong>an</strong>gen wird. Theorielosigkeit,<br />

Eklektizismus und Ökonomieferne – das waren und sind die häufig vorgebrachten und<br />

gewichtigsten Einwände. Weit verbreitet sind funktionalistische Erklärungen/Erklärungs<strong>an</strong>sätze,<br />

die von den konkreten Subjekten und konkreten Institutionen abstrahieren<br />

und den Blick auf funktional bestimmte ('überlebensnotwendige') H<strong>an</strong>dlungen<br />

bzw. Aufgabenvollzüge und Zusammenhänge richten (vgl Weber 1992, Metz 1996).<br />

Diese Arbeit versteht sich als Beitrag zur theoretischen Fundierung des Faches. Konkreter<br />

geht es darum, zu überprüfen, inwieweit strukturations- bzw. konstitutionstheoretische<br />

Überlegungen innerhalb der Org<strong>an</strong>isationstheorie auch für eine Personaltheorie,<br />

für eine 'politische Theorie der Personalarbeit', fruchtbar gemacht werden können.<br />

Im ersten Teil der Arbeit werden für einen politischen Zug<strong>an</strong>g relev<strong>an</strong>te org<strong>an</strong>isationstheoretische<br />

Arbeiten (u.a. Cyert/March/Simon, Crozier/Friedberg, Konzept der<br />

Mikropolitik) rezipiert. Insbesondere erfolgt ein positiver Rekurs auf eine strukturationstheoretisch<br />

unterfütterte, strategische resp. mikropolitische Org<strong>an</strong>isations<strong>an</strong>alyse,<br />

wie sie Ortm<strong>an</strong>n et al (1990, 1997) vorgelegt haben. Im Mittelpunkt der Betrachtung<br />

steht dabei die 'Konstituierung der Org<strong>an</strong>isation' durch soziale Praktiken. Die Integration<br />

dieser Praktiken erfolgt neben Zw<strong>an</strong>g und Hegemonie auch durch lokal reproduzierten<br />

Konsens und durch gesellschaftlich reproduzierte Legitimationsprinzipien. Rationalitätsidealisierungen<br />

und –dämonisierungen spielen dabei in Org<strong>an</strong>isationen eine wesentliche<br />

Rolle. Die symbolischen, kognitiven Strukturen von Org<strong>an</strong>isationen bedürfen<br />

einer ständigen, aktiven Stabilisierung, während Org<strong>an</strong>isationen aus den materielle<br />

Strukturen eine passive Stabilität beziehen.<br />

Im zweiten Teil erfolgt, basierend auf den sozial- und org<strong>an</strong>isationstheoretischen<br />

Überlegungen des ersten Teils, eine programmatische Ausarbeitung einer 'politischen<br />

Theorie der Personalarbeit'. Anh<strong>an</strong>d von fünf Beiträgen zur Personalwirtschaft – in Autorennamen<br />

gesprochen: Drumm 1989; Neuberger 1990; Steinm<strong>an</strong>n/Hennem<strong>an</strong>n 1995;<br />

Ridder 1996; Backes-Gellner 1996; Alewell 1996) – werden zuerst exemplarisch<br />

Grundmuster und Defizite der vorherrschenden funktionalistischen Erklärungsweise innerhalb<br />

der Personalwirtschaftslehre herausgearbeitet: personelle und institutionelle<br />

Blindheit, statische Betrachtung von Individuen und Org<strong>an</strong>isationen, Dualismus zwischen<br />

Personal und Mensch, Vermischung zwischen positiven und normativen Aussagen,<br />

auf Kapital bzw. M<strong>an</strong>agementinteressen beschränkt praktisch-normativer St<strong>an</strong>dpunkt,<br />

Abwertung der Praxis gegenüber der Theorie, ... „Individuum, Individuum über


334 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

alles ...“ – diese 1978 von Reber aufgestellte Diagnose ist immer noch gültig und zwar<br />

gleichermaßen für eine Personalökonomie als auch für eine sehr eng und selektiv geöffnete<br />

verhaltenswissenschaftliche Personalwirtschaftslehre.<br />

In Abgrenzung zu diesen Ansätzen und auch zu 'ökonomischen Theorien der Personalarbeit'<br />

wird für eine 'politische Theorie der Personalarbeit' – für eine Personal-<br />

Politik (im Gegensatz zur vorherrschenden Personalwirtschaftslehre) plädiert. In dieser<br />

sozialwissenschaftlichen (nicht verhaltenswissenschaftlichen!) Perspektive richtet sich<br />

der Fokus weniger auf Akteure (emphatischer: Menschen), deren Interessen und Machtquellen<br />

(z.B. Elšik 1993, Wächter 1990, 57), er richtet sich weniger auf identifizierbare<br />

Strategien von Individuen bzw. kollektiven Akteuren (z.B. auf M<strong>an</strong>agementstrategien<br />

wie in der Labour Process-Debatte), und er richt sich weniger auf die Rolle von spezifischen<br />

Institutionen (z.B. der Personalabteilung, Metz 1995). Es sind vielmehr soziale<br />

Praktiken, deren Effekte und Wirkungen, die in den Mittelpunkt einer personalpolitischen<br />

Perspektive rücken. In Bezug auf das 'personalwirtschaftliche Instrumentarium'<br />

(Auswahlverfahren, Zeiterfassungssysteme, Beurteilungssysteme, Arbeitsbewertungsverfahren<br />

usw.) geht es darum, die den Verfahren innewohnenden Zwecke und das<br />

durch sie verkörperte Wissen zu rekonstruieren. Es geht um unterschiedliche Interpretationen<br />

der Verfahren, um erk<strong>an</strong>nte und uneingest<strong>an</strong>dene H<strong>an</strong>dlungsbedingungen sowie<br />

um beabsichtigte und unbeabsichtigte Wirkungen, die Verfahren hervorbringen.<br />

Den Fokus auf konkrete soziale Praktiken zu legen, würde auch bedeuten, stärker<br />

<strong>an</strong> den 'Realitäten' (bewusst in der Mehrzahl) personalpolitischer Praxis <strong>an</strong>zusetzen, d.h.<br />

den empirischen Bezug der Personal-Politik auszubauen. Dabei müssten empirische Untersuchungen<br />

einen Blick haben für Disziplinierungsprozesse in Org<strong>an</strong>isationen, für die<br />

Konstituierung des Personals, für die Frage, wie einzelne Individuen und deren Tun,<br />

wie das Personal als (segmentierter) 'Gesamtkörper' hergestellt und modifiziert wird.<br />

Der Perspektive der Konstituierung des Personals wird <strong>an</strong>alytisch auf drei Ebenen<br />

nachgeg<strong>an</strong>gen: Erstens auf einer Makroebene der gesamtgesellschaftlichen (schizophrenen)<br />

Konstitutionsbedingungen: das Verhältnis von Org<strong>an</strong>isation und Individuum als<br />

vertragliche Beziehung, der Mensch als Ware, das Personal als ökonomische und herrschaftliche<br />

Kategorie, das Tr<strong>an</strong>sformationsproblem der Arbeit, der Zw<strong>an</strong>g zu systematischen<br />

Rationalitätsverweisen, die Abwertung individueller Motive. Zweitens auf einer<br />

Mesoebene der org<strong>an</strong>isationalen Konstitution: Dabei wird zwischen der Konstituierung<br />

des Personals durch das Personalwesen sowie der –arbeit und der Konstituierung des<br />

Personals als Objekt und Subjekt unterschieden. Die Vorstellung einer 'emergenten Personalstrategie'<br />

wird kurz <strong>an</strong>geschnitten. Und schließlich wird eine Mikroebene der strategischen<br />

Perspektive von Arbeitskräften thematisiert, in der vorerst die kompetente<br />

Arbeitskraft als Zynikerin erscheint. Sie verwirklicht in ihrer Fassadenarbeit das Ideal<br />

der Bedürfnislosigkeit bis zur Verachtung des Anst<strong>an</strong>des und verfolgt im Verborgenen<br />

ihre davon unberührten, 'wahren' Interessen.<br />

Allerdings: Arbeitskräfte täuschen die Verfolgung von Zwecken vor, die sie tatsächlich<br />

verfolgen, und verfolgen Zwecke, die sie tatsächlich vortäuschen. Personal<br />

lässt sich eben nicht als ged<strong>an</strong>kliche Einheit denken. Die Vorstellung des Personals als<br />

Neutrum ruft das Bild von eigensinnigen Menschen in Org<strong>an</strong>isationen hervor, die Vorstellung<br />

des Personals als Produktionsfaktor das Bild von Irrationalitäten, die Vorstel-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 335<br />

lung des Personals als strategischen Wettbewerbsfaktor, das Bild von taktischem Geplänkel,<br />

die Vorstellung des Personals als fügsame Untert<strong>an</strong>en das Bild von Widerst<strong>an</strong>d,<br />

die Vorstellung des Personals als ausgebeutete Masse das Bild von Mittätern und Absahnern,<br />

die Vorstellung von Org<strong>an</strong>isationsmitgliedern als autonome Subjekte das Bild<br />

von kleinen Rädchen im Getriebe, die Vorstellung von Org<strong>an</strong>isationsmitgliedern als<br />

Mikropolitiker das Bild von politischer Knetmasse, die Vorstellung von Org<strong>an</strong>isationsmitgliedern<br />

als Schauspieler das Bild von Marionetten.<br />

In Teil III der Arbeit wird nach den Konsequenzen für eine universitäre Ausbildung<br />

gefragt. Dabei werden die konstitutionstheoretischen Überlegungen zum Stellenwert<br />

von tacit knowlegde bzw. von Routinen in Org<strong>an</strong>isationen mit den h<strong>an</strong>dlungstheoretischen<br />

Arbeiten von Schön (1983, 1987) und mit Arbeiten zum Professionalisierungsbereich<br />

in Zusammenh<strong>an</strong>g gebracht. Als Konsequenz daraus folgt ein Plädoyer<br />

gegen eine 'besserwisserische' und 'belehrende' Personalwirtschaftslehre und für eine<br />

universitäre Lehre, die die Praxis ernst nimmt, in der weniger (disziplinäres) Wissen<br />

vermittelt sondern (professionelles) Wissen der Lernenden entwickelt wird. Die didaktische<br />

Forderung, für die argumentiert wird, lautet nicht 'Mehr Lehre statt Forschung',<br />

sondern vielmehr 'Mehr Lernen in Forschungsprozessen' statt 'Lehre von Forschungsergebnissen'.<br />

Eigene Bemühungen einer solchermaßen ausgerichteten Lehre werden am<br />

Schluss einer Reflexion unterzogen.<br />

Die Arbeit versteht sich im wesentlichen als 'theoretische Arbeit', die für einen<br />

Wechsel der Perspektive plädiert und diese Perspektive im konkreten Gegenst<strong>an</strong>dsbereich<br />

zu entfalten versucht. Im ersten Teil der Arbeit dient eine Fallstudie mit zwei Episoden<br />

der Illustration, aber auch der Rückbindung der Perspektive <strong>an</strong> die Empirie. Im<br />

dritten Teil der Arbeit werden im Sinne des Action Research Ansatzes eigene Erfahrungen<br />

in der Lehre mitreflektiert.<br />

Fr<strong>an</strong>k Wein<strong>an</strong>d<br />

Kulturbewusstes Personalm<strong>an</strong>agement: Architektonik eines kulturtheoretischen<br />

Forschungsprogramms in der Personalwirtschaftslehre<br />

und eines neuen betrieblichen Wertegerüsts unter<br />

Berücksichtigung kultureller Voraussetzungen in Deutschl<strong>an</strong>d<br />

Betreuer: Prof. Dr. <strong>Rainer</strong> Marr, Universität der Bundeswehr,<br />

München<br />

Fragestellung der Arbeit<br />

Die Arbeit hat zum Ziel, wegweisende Fragen für ein kulturbewusstes Personalm<strong>an</strong>agement<br />

aufzuwerfen und – soweit möglich – fundierte, kritische und zum Teil auch utopische<br />

Antworten darauf zu geben. Das kulturbewusste Personalm<strong>an</strong>agement versteht sich als<br />

erweiterungsfähiger und –bedürftiger Baustein im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Kulturdiskussion<br />

und bietet Ansatzpunkte eines neuen Denkrasters für personalwirtschaftliche<br />

Entscheidungen; die vorliegende Arbeit zeigt den grundlegenden Weg einer systematischen


336 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Einbeziehunng der Kultur in personalwirtschaftliche Fragestellungen auf und bietet im Sinne<br />

eines Deutungsvorschlages hinsichtlich des Verstehens der Kultur auf der nationalen Ebene<br />

eine Grundlage für weitere Diskussionen.<br />

Kern der Arbeit ist die konzeptionelle Berücksichtigung des Kulturkonstrukts in<br />

der Personalwirtschaftslehre und die Verdeutlichung möglicher H<strong>an</strong>dlungsrelev<strong>an</strong>z mit<br />

der Orientierung der Personalarbeit <strong>an</strong> den gegenwärtigen ökonomischen Stärken und<br />

Schwächen deutscher Nationalkultur. Die in Theorie und Praxis geführte Diskussion um<br />

die Erfolgswirksamkeit und Beeinflussbarkeit kultureller Faktoren entbehrt bis heute<br />

weitgehend einer konzeptionellen, systematisierenden Grundlage für einen Einsatz des<br />

denkbaren Instrumentariums, insbesondere im personalwirtschaftlichen Bereich, welchem<br />

in der Unternehmenspraxis zumeist die Funktion der Kulturentwicklung zugeschrieben<br />

wird. Wie bedeutsam die kritische Größe der Kultur sein k<strong>an</strong>n, zeigen die<br />

vielfach gescheiterten Versuche einer Übertragung amerik<strong>an</strong>ischer oder jap<strong>an</strong>ischer<br />

M<strong>an</strong>agementkonzepte. Die konsequente Berücksichtigung der bestehenden Kultur in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d k<strong>an</strong>n daher zum einen als notwendiger Prüfstein für M<strong>an</strong>agementkonzepte<br />

aus <strong>an</strong>deren Kulturkreisen gesehen werden, zum <strong>an</strong>deren wird dadurch ein Ausg<strong>an</strong>gspunkt<br />

zur Entwicklung kulturadäquater und damit größere Akzept<strong>an</strong>z findender, eigenständiger<br />

Strategien geschaffen.<br />

Theoretische Basis<br />

Die Arbeit beinhaltet in ihrem theoretischen Grundlagenteil die konzeptionelle<br />

Entwicklung eines kulturbewussten Personalm<strong>an</strong>agements in inhaltlicher wie methodischer<br />

Hinsicht. Der Vorstoß der Arbeit in theoretischer Hinsicht ist in der Einbeziehung<br />

der kulturtheoretischen Forschung in die Personalwirtschaftslehre zu sehen. So werden<br />

die für die Personalwirtschaftslehre grundlegenden Fragestellungen des Menschen- und<br />

des Betriebsbildes in Verbindung mit der Kulturforschung neuerlich betrachtet und als<br />

Eckpunkte eines kulturbewussten Personalm<strong>an</strong>agements markiert, welches sich durch<br />

die größere Realitätsnähe von <strong>an</strong>deren Konzeptionen unterscheidet. Als Fernziel zeichnet<br />

sich dabei ein neues kulturtheoretisch ausgerichtetes Forschungsprogramm für die<br />

Personalwirtschaftslehre ab, welches neue Erkenntnisse ermöglichen könnte. In einer<br />

kulturtheoretischen Betrachtung können bestehende Hypothesen zum Einsatz des personalwirtschaftlichen<br />

Instrumentariums mit neuen Argumenten untermauert, differenzierter<br />

bewertet oder auch falsifiziert werden.<br />

Die Notwendigkeit einer systematischen Einbeziehung der Kultur in die Personalwirtschaftslehre<br />

wird durch die Diskussion der fundamentalen Zusammenhänge von<br />

Struktur, Strategie und Kultur als den zentralen Richtgrößen des (personalbezogenen)<br />

M<strong>an</strong>agementh<strong>an</strong>delns sowie durch die Erläuterung der direkten Wechselwirkungen von<br />

personalwirtschaftlichen Entscheidungen und kulturellen Merkmalen verdeutlicht.<br />

Über die Analyse der Kultur als Bedingungsfaktor für die Wirkungsweise des personalwirtschaftlichen<br />

Instrumentariums wird schließlich ein differenzierteres Zielsystem<br />

für eine kulturorientierte Personalarbeit entwickelt.<br />

Nach dieser inhaltlichen Bestimmung und Legitimation eines kulturbewussten Personalm<strong>an</strong>agements<br />

werden wesentliche Aspekte zur spezifischen Forschungsmethodik


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 337<br />

der Konzeption diskutiert. So wird insbesondere die stärkere Hinwendung zu verstehenden<br />

Ansätzen und die damit verbundenen Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns herausgestellt.<br />

Ebenso wird die Konzeption eines kulturbewussten Personalm<strong>an</strong>agements<br />

im Verhältnis zu bestehenden Ansätzen der Org<strong>an</strong>isationskulturforschung sowie neueren<br />

Entwicklungen der Personalwirtschaftslehre, wie vor allem der Differentiellen Personalwirtschaftslehre,<br />

der Werteorientierten Personalpolitik sowie des Strategischen<br />

Personalm<strong>an</strong>agements verortet.<br />

Vorgehensweise im Rahmen der Analyse<br />

Im Anschluss <strong>an</strong> die Erarbeitung und Darlegung des inhaltlichen und methodischen<br />

Grundgerüsts wird im zentralen <strong>an</strong>alytischen Teil der Arbeit zunächst ein differenzierter<br />

Rahmen für die Kultur<strong>an</strong>alyse entwickelt, der durch eine Ableitung ökonomisch relev<strong>an</strong>ter<br />

Kulturfelder aus der Interaktionsprozess<strong>an</strong>alyse und dem Entscheidungsprozessmodell<br />

zur Aufstellung eines personalwirtschaftlichen Sachk<strong>an</strong>ons führt. Die als bedeutsam<br />

identifizierten Kulturfelder der Informations- und Kommunikationskultur, der<br />

Vertrauenskultur, der Unternehmer- und Innovationskultur, der Partizipations- und<br />

Teamkultur, der Konfliktkultur sowie der Fehler- und Lernkultur werden in ihren Wesenszügen<br />

dargestellt und hinsichtlich ihrer Effizienzwirkungen untersucht.<br />

Dieses Raster dient im weiteren Verlauf als Ordnungsrahmen für eine Kultur<strong>an</strong>alyse,<br />

die auf der nationalen Ebene <strong>an</strong>setzt. Dabei werden zunächst generelle Probleme einer<br />

Bestimmung der deutschen Nationalkultur diskutiert sowie mögliche Blickwinkel<br />

vorgestellt, die zur Erhellung der kulturellen Identität der Deutschen beitragen können.<br />

Den Schwerpunkt dieses Abschnitts bildet eine <strong>an</strong>alytische Bewertung typisch deutscher<br />

Denk- und Verhaltensweisen in Bezug auf die unterschiedenen Kulturfelder. Dabei<br />

werden unter Rückgriff auf empirische wie theoretische Erkenntnisse aus den kulturwissenschaftlichen<br />

Disziplinen insbesondere die bestehenden Defizite verdeutlicht,<br />

die im Sinne von Barrieren einer Verwirklichung der Kulturfelder in Deutschl<strong>an</strong>d entgegenstehen<br />

und damit als Ausg<strong>an</strong>gspunkt für personalwirtschaftliche Maßnahmen zur<br />

Förderung der Kulturfelder gesehen werden können.<br />

Nach der Bewertung im <strong>an</strong>alytischen Teil werden grundlegende Überlegungen zum<br />

Kulturw<strong>an</strong>del auf gesellschaftlicher wie auf betrieblicher Ebene <strong>an</strong>gestellt. Unter Bezugnahme<br />

auf verschiedene Theorien des Kulturw<strong>an</strong>dels und die im theoretischen Grundgerüst<br />

dargelegten inhaltlichen und methodischen Eckpfeiler eines kulturbewussten Personalm<strong>an</strong>agements<br />

werden die Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die kulturelle Entwicklung umrissen<br />

und schließlich Ansatzpunkte für ein kulturelles Leitbild formuliert.<br />

Entfaltung der Gestaltungsrelev<strong>an</strong>z<br />

Aufbauend auf der Analyse werden nach Entwicklung eines kulturellen Leitbildes<br />

in Form einer kritischen Solidargemeinschaft zahlreiche personalwirtschaftliche Maßnahmen<br />

vorgeschlagen, die zu einer förderlichen Kulturentwicklung auf betrieblicher<br />

Ebene beitragen können. Der Vorschlag eines übergeordneten Integrationsmodells im<br />

Sinne einer „kritischen Solidargemeinschaft“ entspringt den Überlegungen im Anschluss<br />

<strong>an</strong> die Ergebnisse der nationalen Kultur<strong>an</strong>alyse. Dieser Rahmen ist gleichzeitig<br />

das verbindende Element der einzelnen Kulturfelder, die als personalwirtschaftlicher


338 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Sachk<strong>an</strong>on verwendet werden, um das denkbare Instrumentarium zur kulturellen Weiterentwicklung<br />

zu systematisieren. Zur weiteren Untergliederung des Instrumentariums<br />

wird zudem zum einen das Kriterium der Herkunft bzw. der Begründungslogik (Wissenschaft,<br />

Praxiserfahrung, Spekulation) her<strong>an</strong>gezogen, zum <strong>an</strong>deren wird auf die von<br />

Heinen in Anlehnung <strong>an</strong> die Systemtheorie getroffene Unterscheidung der funktionalen<br />

Erfordernisse für die Lebensfähigkeit sozialer Systeme zurückgegriffen.<br />

Seit Jahren zeigt sich in wirtschaftswissenschaftlichen Diskussionen immer häufiger<br />

ein Defizit hinsichtlich eines Orientierung stiftenden Wertesystems in Betrieb und<br />

Gesellschaft, welches auch insbesondere fundiert Antwort zu geben vermag auf die Frage:<br />

„Wer sind wir eigentlich?“. Die vorliegende Arbeit liefert einen Vorschlag für ein<br />

solches Wertesystem, welches sich in seiner Begründung gleichermaßen am ökonomisch<br />

Notwendigen wie am kulturell Machbaren ausrichtet. Es werden zahlreiche Maßnahmen<br />

<strong>an</strong>gedacht, die begründet zu einer Verwirklichung des kulturellen Leitbilds beitragen<br />

können.<br />

Weiterführende Fragen<br />

Die Arbeit schließt mit einem Gesamtfazit und einer Diskussion offener Forschungsfragen<br />

sowie dem Aufzeigen der Grenzen und Gefahren, die bei der Anwendung<br />

der entwickelten personalwirtschaftlichen Konzeption auftreten können. Im Mittelpunkt<br />

stehen die Gefahren einer isolationistischen Abgrenzung der Kultur gegen äußere<br />

Einflüsse, die m<strong>an</strong>gelnde Fassbarkeit des Kulturkonstruktes und die Problematik<br />

von Stereotypen sowie die Gefahren der Konformität durch Enkulturation und der Verhaltensm<strong>an</strong>ipulation.<br />

4. Personal<strong>an</strong>passung:<br />

Personalbereitstellung, -abbau und -flexibilisierung<br />

Ralf Herrm<strong>an</strong>n<br />

Der Einfluss der Implementierung des werkvertraglichen Fremdpersonaleinsatzes<br />

auf personalwirtschaftliche Entscheidungen<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Wagner, Universität Potsdam<br />

Fragestellung der Untersuchung<br />

Unter dem Aspekt der Flexibilisierung der Arbeitsorg<strong>an</strong>isation und der Rationalisierung<br />

von Arbeitsabläufen werden werkvertragsfähige Arbeitsleistungen <strong>an</strong> Fremdfirmen<br />

vergeben, wobei der werkbestellende Betrieb beabsichtigt, personalwirtschaftliche<br />

Risiken <strong>an</strong> den Werkunternehmer zu externalisieren. Dabei kommen sowohl dauerhafte<br />

Arbeiten, wie z.B. Reinigungsleistungen, Catering oder logistische Aufgabenkomplexe,<br />

als auch temporäre Tätigkeiten, beispielsweise Wartungs- und Inst<strong>an</strong>dhaltungsaufgaben,<br />

in Betracht. Die Implementierung bildet insofern eine kritische Phase bei der


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 339<br />

Umsetzung einer Fremdbezugskonzeption, als Konflikte zwischen den beteiligten personalpolitischen<br />

Entscheidungsträgern aufgrund divergierender Interessen entstehen<br />

können und sich dysfunktional auf unternehmenspolitische Ziele auswirken können.<br />

Der besondere Problemgehalt der Untersuchung liegt darin, Determin<strong>an</strong>ten und<br />

Mech<strong>an</strong>ismen des Implementierungsprozesses zu erschließen. Interpretiert m<strong>an</strong> nach<br />

dem verhaltenswissenschaftlichen Paradigma veränderte personalwirtschaftliche Entscheidungen<br />

als Ergebnis eines sozialen Interaktions- bzw. Verh<strong>an</strong>dlungsprozesses, so<br />

spielt die Umsetzungsphase im Entscheidungsprozess eine zentrale Rolle. Dabei wird<br />

<strong>an</strong>genommen, dass die Akzept<strong>an</strong>z und das Konfliktverhalten der beteiligten personalpolitischen<br />

Entscheidungsträger (Linienm<strong>an</strong>ager, Personalabteilung und Betriebsrat) sowie<br />

unterstützende Koordinationsmaßnahmen einen maßgeblichen Einfluss auf personalwirtschaftliche<br />

Entscheidungen im Betrieb des Werkbestellers ausüben. Die Auswirkungen<br />

der Implementierung auf personalwirtschaftliche Aufgabenfelder der Personalbest<strong>an</strong>dspl<strong>an</strong>ung,<br />

der Personalbeschaffung, der Personalentwicklung, des Personaleinsatzes<br />

sowie des Personalabbaus werden <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d wirtschaftlicher und sozialer Kriterien<br />

evaluiert.<br />

Theoretische Basis<br />

Das theoretische Fundament der Dissertation bildet im wesentlichen die deskriptivverhaltenswissenschaftliche<br />

Entscheidungstheorie, die durch weitere verhaltenswissenschaftliche<br />

Partialtheorien mit empirischem Bezug ergänzt wird, wie z.B. die Theorie<br />

des Zielbildungsprozesses, Konflikth<strong>an</strong>dhabungstheorien und Machttheorien. Für diese<br />

Theoriewahl sprechen unter <strong>an</strong>derem folgende Faktoren:<br />

Die Themenstellung legt den Schwerpunkt auf mikroorg<strong>an</strong>isationale Aspekte, deren<br />

Phänomene treffend durch die deskriptiv-verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie<br />

auf der Aggregationsebene Individuum und Gruppe erklärt werden.<br />

Die Annahme des Interessenpluralismus <strong>an</strong>statt des Interessenmonismus bei der<br />

Erörterung des interpersonellen Entscheidungsprozesses enstpricht der tatsächlichen<br />

Situation bei der Implementierung des werkvertraglichen Fremdpersonaleinsatzes.<br />

<br />

Die verhaltenswissenschaftlichen Annahmen der unvollkommenen Information, der<br />

beschränkten menschlichen Informationsverarbeitungskapazität sowie der Existenz<br />

von „Defekten“ im Entscheidungsverhalten der Entscheidungsträger korrespondieren<br />

mit den empirischen Befunden der Dissertation.<br />

Im Rahmen der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse über den werkvertraglichen<br />

Fremdpersonaleinsatz ist die deskriptiv-verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie<br />

jedoch nicht in der Lage, sämtliche forschungsrelev<strong>an</strong>ten Zusammenhänge<br />

expl<strong>an</strong>atorisch zu erfassen. Beispielsweise werden auf der Basis kontingenztheoretischer<br />

Ansätze das Zusammenwirken wirtschaftlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen<br />

mit den Org<strong>an</strong>isations- und Partizipationsstrukturen und darüber hinaus deren Einfluss<br />

auf das Entscheidungsverhalten der beteiligten personalpolitischen Entscheidungsträger<br />

im jeweiligen Betrieb erklärt. Ebenso wird bei der wissenschaftlichen Erörterung<br />

der systemstabilisierenden Funktion von org<strong>an</strong>isatorischen Integrations- und Koordina-


340 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

tions-maßnahmen auf die Erklärungs<strong>an</strong>sätze der sozialwissenschaftlichen Systemtheorie<br />

zurückgegriffen.<br />

Die gen<strong>an</strong>nten Theorie<strong>an</strong>sätze sind mit der deskriptiv-verhaltenswissenschaftlichen<br />

Entscheidungstheorie durchaus kompatibel. Trotz einer Inkommensurabilität der gewählten<br />

Theorien k<strong>an</strong>n davon ausgeg<strong>an</strong>gen werden, dass <strong>an</strong>gesichts der Komplexität<br />

des Forschungsgegenst<strong>an</strong>des ein wesentlicher Erkenntnisfortschritt nur durch Theorienvielfalt<br />

erreicht wird.<br />

Methoden, Umf<strong>an</strong>g der Stichprobe<br />

Das Methodeninstrumentarium für die empirische Fundierung wissenschaftlicher<br />

Aussagen setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:<br />

mehrphasige, mündliche, unst<strong>an</strong>dardisierte Befragungen von Vertretern der Betriebsleitung,<br />

der Personalabteilung sowie des Betriebsrats in 12 Unternehmen verschiedener<br />

Br<strong>an</strong>chen im Zeitraum der Jahre 1992 bis 1997<br />

Dokumenten<strong>an</strong>alysen (z.B. Betriebsvereinbarungen, Unternehmensporträts)<br />

Medien<strong>an</strong>alyse (insbesondere Zeitungsberichte über die betroffenen Unternehmen<br />

<br />

bzw. über die Entwicklung des werkvertraglichen Fremdpersonaleinsatzes)<br />

fallstudienhafte Längsschnittbetrachtung in drei Unternehmen, die sich als Untersuchungsform<br />

sowohl der Beobachtung als auch mündlichen Tiefeninterviews als Untersuchungsmethode<br />

<strong>an</strong>nimmt.<br />

Zweifelsohne reicht der durch erhebliche Zug<strong>an</strong>gsbarrieren reduzierte Erhebungsumf<strong>an</strong>g<br />

von <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs 57 Unternehmen auf 12 Unternehmen für eine qu<strong>an</strong>titative Untersuchung<br />

zur Ermittlung signifik<strong>an</strong>ter Zusammenhänge nicht aus. Er dient jedoch als<br />

Grundlage für ein exploratives Vorgehen in einem Forschungsfeld, in welchem es zum<br />

derzeitigen St<strong>an</strong>d <strong>an</strong> systematischen, theoriefundierten Arbeiten im Bereich der Personalwirtschaftslehre<br />

m<strong>an</strong>gelt.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ergebnisse<br />

Trotz zahlreicher Restriktionen im Bereich des Arbeits- und des Werkvertragsrechts<br />

ist eine intensivere Nutzung des werkvertraglichen Fremdpersonaleinsatzes<br />

zu beobachten.<br />

Sowohl exogene als auch endogene Machtgrundlagen determinieren die Wahrnehmung<br />

personalpolitischer Interessen des Betriebsrats im Rahmen des Implementierungsprozesses.<br />

Der Linienvorgesetzte nimmt während des Implementierungsprozesses die Rolle<br />

eines Machtpromotors ein. Die Interessen der betroffenen Linienabteilung stimmen<br />

dabei nicht in allen Bel<strong>an</strong>gen mit den unternehmenspolitischen Zielvorstellungen<br />

überein.<br />

Die intensivere Nutzung des werkvertraglichen Fremdpersonaleinsatzes bewirkt einen<br />

Bedeutungsverlust der Personalabteilung. Kennzeichnend für den Legitimationskonflikt<br />

der Personalabteilung ist, dass sie einerseits unternehmenspolitische<br />

Ziele zur Reduzierung des Eigenpersonalbest<strong>an</strong>des umsetzen muss, <strong>an</strong>dererseits


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 341<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

aber ihre Machtposition gerade durch die Verringerung der Stammbelegschaft beeinträchtigt<br />

wird.<br />

Beim Vorliegen einer „Konsenskultur“ in den Beziehungen zwischen M<strong>an</strong>agement<br />

und Betriebsrat beeinflusst die betriebliche Informationspolitik den Implementierungserfolg,<br />

wogegen bei einem geringen Einfluss des Betriebsrats eine Informationszurückhaltung<br />

des M<strong>an</strong>agements eine rasche Implementierung des werkvertraglichen<br />

Fremdpersonaleinsatzes sichert.<br />

Als notwendige Bedingung für den Implementierungserfolg ist aus Arbeitnehmersicht<br />

insbesondere der Verzicht des M<strong>an</strong>agements auf betriebsbedingte Personalabbaumaßnahmen<br />

zu nennen. Weitere Akzept<strong>an</strong>zbedingungen der Belegschaftsseite<br />

üben nur bei einer starken Machtposition des Betriebsrats eine Wirkung auf das<br />

Konfliktverhalten des M<strong>an</strong>agements aus.<br />

Die dominierende Konflikth<strong>an</strong>dhabungsform der kooperativen Problemlösung ist<br />

im wesentlichen darauf zurückzuführen, dass das M<strong>an</strong>agement intendiert, trotz eines<br />

Machtvorsprungs gegenüber dem Betriebsrat mögliche dysfunktionale Auswirkungen<br />

auf die Beziehung zur Arbeitnehmerseite zu verhindern.<br />

Die Analyse unterstützender Koordinationsmaßnahmen verdeutlicht, dass strukturorg<strong>an</strong>isatorische<br />

Vorkehrungen zu einer verbesserten intra- und interorg<strong>an</strong>isatorischen<br />

Abstimmung systemkonformen H<strong>an</strong>delns beitragen, währenddessen ablauforg<strong>an</strong>isatorische<br />

Maßnahmen auf die Harmonisierung zwischenbetrieblicher Arbeitsprozesse<br />

abzielen.<br />

Die veränderten personalwirtschaftlichen Entscheidungen lassen sich nach der Intensität<br />

der intervenierenden prozessbezogenen Kontextvariablen (Konflikt- und<br />

Akzept<strong>an</strong>zverhalten sowie unterstützende Koordinationsmaßnahmen) differenzieren.<br />

Demzufolge ist in den personalwirtschaftlichen Entscheidungsfeldern des Personaleinsatzes<br />

und der Personalentwicklung ein umf<strong>an</strong>greiches Implementierungsm<strong>an</strong>agement<br />

erforderlich, insbesondere in Betrieben mit einem aktiven Rollenverständnis<br />

des Betriebsrates. Erschwerend für den Implementierungsprozess stellten<br />

sich als Resultate der empirischen Erhebungen die dysfunktionalen Auswirkungen<br />

einer unausgewogenen Altersstruktur, die Qualitätsmängel des Fremdpersonals sowie<br />

die verminderte Effizienz bisheriger Personalentwicklungsmaßnahmen nach<br />

einer zwischenbetrieblichen Arbeitsteilung heraus.<br />

Rekurrierend auf die empirische Untersuchung ist festzuhalten, dass über die wirtschaftlichen<br />

Vorteile einer externalisierten Personalbeschaffung und der Externalisierung<br />

von Personaleinsatzrisiken sowie über das geringere Beschäftigungsrisiko<br />

für die Belegschaft des Werkbestellers im Falle eines Fremdpersonalabbaus keine<br />

fundamentalen Interessengegensätze zwischen M<strong>an</strong>agement und Betriebsrat vorherrschten.<br />

Insofern war der Implementierungsprozess ohne nennenswerte Konflikte<br />

bzw. Akzept<strong>an</strong>zbarrieren geprägt.<br />

Weiterführende Fragen<br />

Unter der Prämisse einer breiteren, sozialen Akzept<strong>an</strong>z des werkvertraglichen<br />

Fremdpersonaleinsatzes wäre eine weiterführende qu<strong>an</strong>titative Untersuchung größeren


342 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Umf<strong>an</strong>ges durchaus wünschenswert. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g könnte die vorliegende<br />

wissenschaftliche Forschungsarbeit als Grundlage zur weiteren Erkenntnisgewinnung,<br />

gebenenfalls im Rahmen eines mehrphasigen Forschungsprojektes von Nutzen sein.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 343<br />

Rolf Kühn<br />

Flexibilisierung der Arbeitswelt in der öffentlichen Verwaltung<br />

auf der Basis informationstechnischer Infrastrukturen<br />

Betreuer: Prof. Dr. Reinerm<strong>an</strong>n, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

Speyer<br />

Die Aufgabe, mit der sich diese Arbeit ausein<strong>an</strong>dersetzte, best<strong>an</strong>d in der Untersuchung,<br />

in welcher Weise sich die Arbeitswelt in der öffentlichen Verwaltung auf der<br />

Basis iuk-technischer Infrastrukturen flexibilisieren lässt. Dazu wurde die Fragestellung<br />

in den Kontext der aktuellen Verwaltungsreformdiskussion eingebettet.<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt der Überlegungen war das Bürokratiemodell als klassische Org<strong>an</strong>isationsform<br />

für Behörden. Es wurde gezeigt, dass sich die Herausforderungen, vor die<br />

sich Behörden heute gestellt sehen, deutlich von denen bei Entstehung des Bürokratiemodells<br />

unterscheiden. Hiermit wurde ein zu beobachtender W<strong>an</strong>del in den Org<strong>an</strong>isationskonzepten<br />

von Behörden begründet. In Anlehnung <strong>an</strong> Thomas Kuhn wurde dieser<br />

als ein paradigmatischer W<strong>an</strong>del herausgearbeitet, und es wurden die Kernelemente der<br />

gegenwärtigen Reformbemühungen abstrahiert. Zentrale Forderungen, die heute <strong>an</strong> Behörden<br />

her<strong>an</strong>getragen werden, sind die nach Flexibilität und Flexibilisierung von Verwaltungsarbeit.<br />

Diese Aspekte wurde detailliert untersucht. Es wurden zeitliche, räumliche<br />

und funktionale Formen unterschieden. Ziel hierbei war es, die B<strong>an</strong>dbreite der Gestaltungsmöglichkeiten,<br />

<strong>an</strong>gereichert um Pionierbeispiele, für öffentliche Verwaltungen<br />

aufzuzeigen. Abschließend wurden einige Rahmenbedingungen der Arbeitsflexibilisierung<br />

und ihr Einfluss auf deren Verbreitung untersucht, um die Diskrep<strong>an</strong>z zwischen<br />

dem weiten Spektrum <strong>an</strong> Flexibilisierungsmöglichkeiten und deren tatsächlicher Verbreitung<br />

zu erklären. Die Ergebnisse der Arbeit sind – thesenartig zusammengefasst –<br />

die folgenden:<br />

Mit dem auf strikte Regel<strong>an</strong>wendung ausgerichteten, starren Bürokratiemodell<br />

konnte die deutsche öffentliche Verwaltung l<strong>an</strong>ge Zeit treffend beschrieben werden.<br />

Von dem Modell gingen auch normative Wirkungen auf die Verwaltung aus.<br />

Es wird jedoch zunehmend theoretisch und vor allem praktisch als überholt <strong>an</strong>gesehen.<br />

In einer nahezu täglich steigenden Anzahl von Behörden finden derzeit tiefgreifende<br />

Umstrukturierungen statt. Diese können mit grundlegend neuen Herausforderungen<br />

im Umfeld des öffentliches Dienstes begründet werden. Indizien deuten<br />

darauf hin, dass wir uns mit dem gegenwärtigen Umbau von Behörden, in Analogie<br />

zu dem beschriebenen Prozess, bereits mitten in einem Paradigmenwechsel der<br />

Auffassung von öffentlicher Verwaltung befinden.<br />

Das sich herauskristallisierende neue Leitbild für Behörden integriert den Anspruch<br />

von Recht- und Ordnungsmäßigkeit, das wesentliche Anliegen des Bürokratiemodells,<br />

und das Streben nach Effizienz und Effektivität des Verwaltungsh<strong>an</strong>delns.<br />

Aus der Summe aller gegenwärtigen Reform<strong>an</strong>sätze nach Art der NSM lassen sich


344 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

einige mark<strong>an</strong>te Kernelemente abstrahieren. Hierzu zählen die Konzentration öffentlicher<br />

Aufgaben, objektorientierte Dezentralisierung, strikte Prozess- und Adressatenorientierung,<br />

Mitarbeiter als „Hum<strong>an</strong>kapital“ und Führung durch Verträge.<br />

Innovative Org<strong>an</strong>isationskonzepte nach Art der NSM stellen keinen Zust<strong>an</strong>d dar,<br />

sondern einen sich fortentwickelnden Prozess.<br />

Flexibilität und Flexibilisierung von Arbeit sind, auch im Kontext der NSM, wesentliche<br />

Forderungen, die <strong>an</strong> die öffentliche Verwaltung her<strong>an</strong>getragen werden.<br />

Determin<strong>an</strong>ten einer Flexibilisierung sind insbesondere die luK-Technik, die diese<br />

aufgrund bestimmter, gegenüber konventionellen Medien neuen Eigenschaften ermöglicht,<br />

und darüber hinaus ökonomische, soziokulturelle und politische Momente<br />

als deren Notwendigkeit begründende Größen. Das Entstehen flexibler Arbeitsstrukturen<br />

ist ferner tr<strong>an</strong>saktionskostentheoretisch begründbar.<br />

In Flexibilisierungen der Arbeitswelt liegen gewaltige Potentiale für alle hiervon<br />

betroffenen Parteien – <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen bei den öffentlichen Arbeitgebern, über die Mitarbeiter<br />

des öffentlichen Dienstes, die externen Adressaten von Behörden bis hin<br />

zur Gesellschaft. Aufgrund dessen steht eine baldige intensive Durchdringung von<br />

Staat und Verwaltung mit flexiblen Arbeitsformen eigentlich zu erwarten.<br />

Die Modellspektren der zeitlichen Arbeitsflexibilisierung, der Telearbeit und der<br />

Neuorg<strong>an</strong>isation behördlicher Arbeitsteilung sind außerordentlich vielschichtig. Es<br />

ist wichtig, jeweils kontextspezifische Lösungen in den Behörden zu implementieren.<br />

Patentrezepte gibt es nicht. Die Ansätze zur Flexibilisierung von Verwaltungsstrukturen<br />

unterstützen die NSM wirkungsvoll. Sie haben identische Zielrichtungen<br />

und sind teilweise selbst Best<strong>an</strong>dteil des sich abzeichnenden neuen Leitbildes.<br />

Die tatsächliche Verbreitung flexibler Arbeitsformen in Behörden ist derzeit noch<br />

gering. Eine Analyse einiger Rahmenbedingungen, lässt Hemmnisse, die einer weiteren<br />

Verbreitung entgegenstehen, erkennen: Wesentlich sind eine zögerliche Haltung<br />

der Politik, die Einstellung vieler Führungskräfte zu flexiblen Arbeitsformen,<br />

die noch relativ geringfügige Verbreitung von Org<strong>an</strong>isationsstrukturen nach Art der<br />

NSM und eine nur geringe Durchdringung des öffentliches Dienstes mit der für eine<br />

weitgehende Flexibilisierung notwendigen luK-Infrastruktur. Der geltende<br />

Rechtsrahmen lässt alle vorgestellten Formen der Flexibilisierung zu, fordert aber<br />

keine weiteren Innovationen. Mit diesen Rahmenbedingungen sind gleichzeitig<br />

wichtige Stellgrößen der Förderung flexibler Arbeitsformen im öffentlichen Sektor<br />

aufgezeigt.<br />

Y<strong>an</strong>g-Kyu Park<br />

Personalfreisetzungsstrategien und Personalfreisetzungsalternativen<br />

Betreuer: Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Weber, Universität Paderborn


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 345<br />

Strategische Entscheidungen des Personalm<strong>an</strong>agements folgen weitgehend ökonomischen<br />

Kalkülen. Ziel der Arbeit ist es, vor diesem Hintergrund die Herausbildung<br />

von Personalfreisetzungsstrategien zu <strong>an</strong>alysieren. Das zentrale Anliegen besteht darin,<br />

Personalfreisetzungsstrategien zu identifizieren und deren Effizienz <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d von Kostenaspekten<br />

zu beurteilen. In der aktuellen Diskussion zum Thema Personalfreisetzungsstrategien<br />

und -alternativen werden zwar Faktoren wie Effizienzsteigerungen und<br />

Kostensenkung berücksichtigt, der Schwerpunkt liegt aber auf Komponenten wie der<br />

Freisetzungsalternative oder aber der Einzelfaktoren wie z.B. rechtlichen Aspekten.<br />

Somit setzt die Arbeit <strong>an</strong> einem Defizit der bisherigen Forschung <strong>an</strong>: Einer theoretisch<br />

fundierten Gesamtbetrachtung, die Aussagen über die ökonomische Vorteilhaftigkeit<br />

einzelner strategischer Konzepte zur Personalfreisetzung ermöglicht.<br />

Um Personalfreisetzungsalternativen als Umsetzung einer Strategie, die einem<br />

ökonomischem Kalkül folgt, zu begreifen, werden zunächst Ursachen, Alternativen und<br />

rechtliche Rahmenbedingungen sowie deren Wirkungen <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der aktuellen Diskussion<br />

aufgearbeitet. Die Entwicklung des Erklärungsmodells für Personalfreisetzungsstrategien<br />

erfolgt in vier Schritten: Theoretische Grundlegung, Aufarbeitung der Ursachenforschung<br />

für Personalfreisetzung, Herausarbeiten der Charakteristika sowie der Kontrollmech<strong>an</strong>ismen<br />

von Beschäftigungsverhältnissen und der Ableitung von Personalfreisetzungsstrategien<br />

für verschiedene Personalsegmente.<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt der Modellentwicklung ist die der Arbeit zugrundeliegende Tr<strong>an</strong>saktionskostentheorie,<br />

die aus dem relev<strong>an</strong>ten Theoriespektrum mit Situations-, Population<br />

Ecology-, Resource Dependency- und Tr<strong>an</strong>saktionskosten<strong>an</strong>satz, gewählt wird. Das<br />

Resümee der Theoriewahl entspricht der Generalthese der Arbeit: Unternehmen wählen<br />

die Personalfreisetzungsstrategie, bei der die Summe von Produktions- und Tr<strong>an</strong>saktionskosten<br />

je Beschäftigungsverhältnis am niedrigsten ist.<br />

In der tr<strong>an</strong>saktionskostentheoretischen Grundlegung der Arbeit findet m<strong>an</strong> einen<br />

Beitrag zur Weiterentwicklung der einschlägigen Diskussion der Messproblematik von<br />

Tr<strong>an</strong>saktionskosten. Der vorgestellte Lösungs<strong>an</strong>satz operationalisiert die Tr<strong>an</strong>saktionskosten<br />

auf der Basis der Personalersatzkosten, die aus unterschiedlichen Personalfreisetzungsstrategien<br />

entstehen.<br />

Zur Systematisierung der Personalfreisetzungsursachen knüpft der Verfasser <strong>an</strong><br />

dem Begriff der Unsicherheit von Lawrence/Lorsch und Dunc<strong>an</strong> <strong>an</strong>. W<strong>an</strong>del der Technologie,<br />

wirtschaftliche Schw<strong>an</strong>kungen, saisonale Nachfrageänderungen sowie Umsatzrückg<strong>an</strong>g<br />

und Automatisierung seien beispielhaft gen<strong>an</strong>nt. Personalfreisetzungsstrategien<br />

können demzufolge in einer Dimension der Unsicherheit positioniert werden.<br />

Dabei charakterisieren Informationsm<strong>an</strong>gel bezüglich der Umweltfaktoren in einer<br />

Entscheidungssituation sowie eine Mehrdeutigkeit der kausalen Beziehung bei einer<br />

Entscheidung den Begriff der Unsicherheit. Die Dimensionen der Unsicherheit werden<br />

in der Arbeit jedoch nur als Auslöser nicht als kausale Einflussgröße der Effizienz der<br />

Freisetzungsstrategie betrachtet.<br />

Der dritte Analyseschritt konzentriert sich auf die Eruierung der Bedeutung von<br />

Beschäftigungsverhältnissen, die in der bisherigen Diskussion zur Personalfreisetzung<br />

nur wenig Beachtung gefunden haben. Die Bedeutung von Beschäftigungsverhältnissen


346 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

wird in dieser Arbeit so aufgefasst, dass diese in unsicheren Situationen <strong>an</strong> die sich ändernde<br />

Umwelt <strong>an</strong>gepasst werden. Der Verfasser argumentiert in Anlehnung <strong>an</strong> Williamson<br />

(1981), dass die Tr<strong>an</strong>saktionscharakteristika in Anwendung auf Beschäftigungsverhältnisse<br />

und die Kontrollmech<strong>an</strong>ismen von Bedeutung sind, um die Kosten zu minimieren.<br />

Die Hum<strong>an</strong>kapitalspezifität wird im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Problematik der<br />

Personalfreisetzung als eine zentrale Variable herausgearbeitet. Unternehmen können<br />

ihre Investitionen in die Fertigkeiten eines einzelnen Arbeitnehmers nur d<strong>an</strong>n zurückerhalten,<br />

wenn der Arbeitnehmer im Unternehmen verbleibt.<br />

Um kostenminimierende Personalfreisetzungsstrategien für unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse<br />

zu entwickeln, werden diese zunächst nach den Charakteristika<br />

der Beschäftigungstr<strong>an</strong>saktion als auch der Zuweisung passender Kontrollstrukturen<br />

segmentiert. Die weiteren Überlegungen folgen den von Williamson vorgeschlagenen<br />

Kontrollmech<strong>an</strong>ismen: Spot Market, Primitive Team, und Relational Team.<br />

Im nächsten Schritt finden die zuvor <strong>an</strong>gestellten Überlegungen Eing<strong>an</strong>g in die<br />

Entwicklung von Personalfreisetzungsstrategien. Dabei wird der Frage nachgeg<strong>an</strong>gen,<br />

welche Personalfreisetzungsstrategie für welches Personalsegement kostengünstig ist.<br />

Es werden folgende Strategien abgeleitet:<br />

Wenn klare Kriterien der Leistungsbewertung, geringes Interesse der Vertragsparteien<br />

<strong>an</strong> Stellenstabilität, niedriges Gehaltsniveau und niedrige Anpassungskosten<br />

vorliegen, dominieren die Produktionskosten die Beschäftigungsentscheidungen<br />

bzw. treten die Tr<strong>an</strong>saktionskosten als Entscheidungskriterium in den Hintergrund.<br />

Wenn hohe Betriebsspezifität der Stellenfertigkeiten und –kenntnisse vorliegen,<br />

dominieren bei der Feisetzungsstrategieentscheidung die Tr<strong>an</strong>saktionskosten (Anwerbungs-,<br />

Auswahl-, Trainings-, Anpassungskosten etc.), wobei das Ausmaß der<br />

Teamarbeit Gewichtungsfaktor ist. Dieser Aspekt führt zu der dritten Strategie.<br />

<br />

Niedrige Spezifität und Teamarbeit induzieren eine Mischstrategie, wobei der<br />

Teamarbeitsgrad die domin<strong>an</strong>te Variable ist.<br />

Im nächsten Schritt erfolgt die Zusammenführung zu einem „strategischen Untersuchungsmodell<br />

der Personalfreisetzung“. Dabei wird zunächst das Beschäftigungsverhältnis<br />

<strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der Tr<strong>an</strong>saktionscharakteristika und der Kontrollmech<strong>an</strong>ismen des<br />

Tr<strong>an</strong>saktionskosten<strong>an</strong>satzes eingeordnet, um im Anschluss dar<strong>an</strong> die Tr<strong>an</strong>saktionskosten<br />

<strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der durchschnittlichen Ersatzkosten je nach Beschäftigungsverhältnis zu<br />

operationalisieren. Die Strategien werden in die Postion des Moderators ins Untersuchungsmodell<br />

eingeführt und im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Produktions- und<br />

Tr<strong>an</strong>saktionskosten je Beschäftigungsverhältnis operationalisiert.<br />

Nach Entwicklung des „strategischen Untersuchungsmodells der Personalfreisetzung„<br />

werden die zentralen Thesen des Modells <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d empirischer Daten reflektiert.<br />

Es folgen die Darstellung und Interpretation der Ergebnisse sowie Schlussfolgerungen.<br />

Dabei werden zunächst die Erfassungsprobleme der verschiedenen Variablen, insbesondere<br />

auch der Produktions- und Tr<strong>an</strong>saktionskosten diskutiert. Die Güteproblematik der<br />

Messung wird dargelegt und der Verfasser kommt d<strong>an</strong>n zu einer Klassifizierung der Beschäftigungsverhältnisse,<br />

die auf den Gehaltsgruppen in der Metallindustrie, den diesen<br />

Gehaltsgruppen zugeordneten Beschreibungen und Entgelten sowie den Ergebnissen ei-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 347<br />

ner Expertenbefragung beruhen. Mit Hilfe dieser Expertenbefragung werden auch solche<br />

Variablen wie Betriebsspezifität oder Unsicherheit der Leistungsmessung erfasst<br />

und den verschiedenen Kategorien des Gehaltsrahmenabkommens der Eisen-, Metall-,<br />

Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens zugeordnet. Im Rahmen<br />

der Darstellung und der Interpretation der empirischen Untersuchung wird belegt, dass<br />

die empirischen Befunde nicht mit den theoretischen Befunden disharmonieren. Die<br />

Arbeit schließt mit einer Reihe von Vorschlägen für die weitere Forschung sowie Gestaltungsvorschlägen,<br />

die aus gewonnen Erkenntnissen abgeleitet werden ab.<br />

Petra Seisl<br />

Der Abbau personeller Überkapazitäten. Unternehmerische<br />

H<strong>an</strong>dlungsspielräume – Folgewirkungen – Implikationen für<br />

ein Trennungsm<strong>an</strong>agement *<br />

Betreuer: Prof. Dr. <strong>Rainer</strong> Marr, Universität der Bundeswehr,<br />

München<br />

Die Überlegungen von Frau Seisl sind einer sehr aktuellen Fragestellung gewidmet,<br />

die sich derzeit nicht nur aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht stellt: Welche Alternativen<br />

bestehen zu der in der Wirtschaftspraxis geübten Vorgehensweise des Personalabbaus<br />

im Rahmen des Prozesses der Wiedergewinnung internationaler Wettbewerbsfähigkeit?<br />

Leider hat die Betriebswirtschaftslehre die Analyse des betrieblichen Entscheidungsproblems<br />

‚Personalfreistellung‘ sowie die Entwicklung aussagekräftiger Erklärungsmodelle<br />

und vor allem Gestaltungsalternativen bisl<strong>an</strong>g sehr vernachlässigt und<br />

k<strong>an</strong>n damit der Wirtschaftspraxis keine nennenswerte Hilfestellung bieten. Hier setzt<br />

die Veröffentlichung von Frau Seisl <strong>an</strong>, in deren Mittelpunkt die Entwicklung eines<br />

Trennungsmodells steht, mit dessen Hilfe es möglich erscheint, einzelbetriebliche Personalabbauprozesse<br />

sowohl ökonomisch wie auch sozial effizienter, aber auch gesellschaftlich<br />

effektiver zu gestalten.<br />

Es könnte durchaus sein - wie sie es als einleitend provokative These formuliert -, dass<br />

die fehlende Beschäftigung mit dem Aufgabenkomplex der Personalreduktion innerhalb<br />

der betriebswirtschaftlichen Forschung dazu führt, bzw. damit in Zusammenh<strong>an</strong>g steht,<br />

dass die – somit nur unzureichend fundierte – Maßnahmenempfehlungen zum Abbau<br />

von Überkapazitäten scheitern (müssen). Diese Lücke wird durch das vorliegende Buch<br />

<strong>an</strong> vielen Stellen geschlossen und soll Nachahmer finden, die sich mit dem Problemfeld<br />

Personalabbau (wissenschaftlich) beschäftigen.<br />

*<br />

erschienen in Mensch und Arbeit im technisch-org<strong>an</strong>isatorischen W<strong>an</strong>del, hrsg. v.<br />

Marr/Reichwald. Erich Schmidt <strong>Verlag</strong> Berlin, 1998. ISBN 3 503 05007 8.


348 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Aber auch und insbesondere <strong>an</strong> den Praktiker, der sich mit dem Problem personeller<br />

Überkapazitäten konfrontiert sieht, richtet sich dieses Werk. Ihm k<strong>an</strong>n nicht nur eindrucksvoll<br />

deutlich gemacht werden, wie kontraproduktiv herkömmliche Formen des<br />

Personalabbaus auf das Unternehmen und seine Überlebensfähigkeit wirken, sondern es<br />

werden ihm auch eine Fülle <strong>an</strong> H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen und kritischen Erfolgsfaktoren<br />

für die Ausgestaltung eines Abbauprozesses mit auf den Weg gegeben.<br />

In der Arbeit finden sich insbesondere zu folgenden Aspekten umfassende Ergebnisse:<br />

Es erscheint – gerade vor dem Hintergrund sich stetig wiederholender Diskussionen<br />

zum St<strong>an</strong>dort Deutschl<strong>an</strong>d – zu einfach und <strong>an</strong> vielen Stellen geradezu ‚falsch‘,<br />

m<strong>an</strong>gelnde unternehmerische H<strong>an</strong>dlungsoptionen mit den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

zu begründen.<br />

Neben dem volkswirtschaftlichen bzw. gesamtgesellschaftlichen Problem der Erhöhung<br />

der Arbeitslosigkeit sind Entlassungen insbesondere für das diese durchführende<br />

Unternehmen mit negativen Konsequenzen auf individueller und auf kollektiver<br />

bzw. org<strong>an</strong>isatorischer Ebene verbunden, die letztlich zu einer nachhaltigen<br />

Gefährdung der Überlebensfähigkeit des Systems führen.<br />

Hauptursachen sind dabei insbesondere<br />

- Ein Belegschaftsdilemma, resultierend aus dem subst<strong>an</strong>tiellen Verlust kritischer<br />

Hum<strong>an</strong>ressourcen als grundlegender Erfolgsfaktor einer Org<strong>an</strong>isation;<br />

- Ein Führungsdilemma, resultierend aus der nachhaltigen Störung des Vorgesetzten-Mitarbeiter-Verhältnisses<br />

sowie der gesamten Führungskultur des Unternehmens;<br />

- Ein Informationsdilemma, resultierend aus einer unzureichenden Befriedigung<br />

des erhöhten Informations- und Kommunikationsbedarfs;<br />

- Ein Strukturdilemma, resultierend aus der Vernachlässigung weicher Koordinationserfordernisse;<br />

- Ein Strategiedilemma, resultierend aus der Tatsache, dass strategische Überlegungen<br />

während der Downsizing-Phasen in den Hintergrund treten, was mit<br />

org<strong>an</strong>isatorischem ‚Rückschritt‘ verbunden ist, während kurzfristige <strong>an</strong> Kosten<br />

orientierte Zielsetzungen <strong>an</strong> Bedeutung gewinnen (Strategische Paralyse).<br />

Es bestehen durchaus unternehmerische H<strong>an</strong>dlungsspielräume, die – ceteris paribus,<br />

ohne Beeinträchtigung der ökonomischen Effizienz – die sozialen Aspekte<br />

besser berücksichtigen helfen. Das dabei entwickelte Modell eines folgenminimalen<br />

Trennungsm<strong>an</strong>agements besteht u.a. aus folgenden Komponenten:<br />

- Basis ist die Leitidee der Gerechtigkeit von Struktur und Prozess des Personalabbaus<br />

(mit den drei Best<strong>an</strong>dteilen Verteilungs-, Prozess- und Interaktionsgerechtigkeit),<br />

wobei mit dem Phänomen der Gerechtigkeit sehr geschickt umgeg<strong>an</strong>gen<br />

wird, indem Frau Seisl nicht eine Begründung über ethische Kriterien<br />

zugrunde legt, sondern auf eine Erweiterung der unternehmerischen Rationalitätsverständnisses<br />

abzielt.<br />

- In den Vordergrund wird zudem die – für die künftige wirtschaftspolitische wie<br />

auch innerbetriebliche Diskussion wichtige – Differenzierung zwischen Ar-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 349<br />

beitsplatz- und Beschäftigungssicherheit gestellt, verbunden mit der Forderung,<br />

Beschäftigungssicherheit in den Katalog personalwirtschaftlicher Kriterien<br />

aufzunehmen sowie auf Seiten der Mitarbeiter für einen Kulturw<strong>an</strong>del dahingehend<br />

Sorge zu tragen, dass Beschäftigungssicherheit gegenüber Arbeitsplatzsicherheit<br />

<strong>an</strong> Bedeutung gewinnt.<br />

- Sowohl von den Entscheidungsträgern im Unternehmen wie auch von den Mitarbeitern<br />

selbst erfordert dies org<strong>an</strong>isationsübergreifendes Denken und ein<br />

stärkeres Bemühen um Vernetzung zwischen internen und externen Arbeitsmärkten,<br />

was mit der Idee des ‚intermediären‘ Arbeitsmarktes thematisiert<br />

wird.<br />

Diskussion und Bewertung von Beispielen und Modellen aus der Praxis, die – zumindest<br />

partiell – der Idee des ‚solidaren Verbundprogramms‘ nahekommen, welches<br />

gegenüber der herrschenden Praxis eine hinsichtlich ihrer Effizienzwirkungen<br />

wesentlich besser zu beurteilende Alternative darstellt.<br />

Der Leser wird eine Vielzahl <strong>an</strong> kreativen Überlegungen finden, aus denen nicht nur die<br />

weitere wissenschaftliche Diskussion, sondern auch die Unternehmenspraxis sowohl im<br />

Interesse der Mitarbeiter wie auch der ökonomischen Effizienz von Restrukturierungsprozessen<br />

hohen Nutzen ziehen k<strong>an</strong>n.<br />

Martin Schneider<br />

Personalpolitische Anpassungen als Risikom<strong>an</strong>agement.<br />

Ein ökonomischer Beitrag zur Theorie des Flexiblen<br />

Unternehmens *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Sadowski, Universität Trier<br />

Ziel: Konzepte des „Flexiblen Unternehmens“ benennen die Eigenschaften, welche<br />

Unternehmen jene Anpassungsfähigkeit verleihen, um auf zunehmend unsicheren Produktmärkten<br />

erfolgreich zu agieren: eine hohe Qualifikation der Belegschaft, ein feindosierbares<br />

Arbeitszeitsystem sowie wirksame Lohn<strong>an</strong>reize. Welcher Einfluss kommt<br />

den zwischen Unternehmen divergierenden Ausstattungen mit Flexibilität für die konjunkturelle<br />

personalpolitische Anpassung zu? Entlassen z.B. Unternehmen mit gutausgebildeten<br />

Arbeitnehmern in der Rezession stärker oder weniger intensiv als Unternehmen<br />

mit geringqualifzierten Mitarbeitern? Personalpolitische Anpassungen werden hier<br />

als Risikom<strong>an</strong>agement durch Flexibilität, nicht wie in der Arbeitsnachfragetheorie als<br />

Versuche zur Kostenminimierung, verst<strong>an</strong>den.<br />

Vorgehen: Drei Flexibilitätstypen werden unterschieden: Gutausgebildete Arbeitnehmer<br />

können sich umgehend auf wechselnde Arbeits<strong>an</strong>forderungen einstellen und in<br />

*<br />

erschienen als B<strong>an</strong>d 10 der Schriftenreihe International vergleichende Schriften<br />

zur Personalökonomie und Arbeitspolitik, hrsg. von Rolf Birk und Dieter Sadowski,<br />

München, Mering: <strong>Hampp</strong> 1998, 254 S., DM 46.80, ISBN 3-87988-308-4


350 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Absatzkrisen neue Produkte entwickeln, den Betriebsablauf rationalisieren usf. (Funktionsflexibilität).<br />

Ein flexibles Arbeitszeitsystem erlaubt nicht nur eine genaue Anpassung<br />

<strong>an</strong> kurzfristige Produktionsschw<strong>an</strong>kungen, sondern lässt auch für strategisch wichtige<br />

Arbeitnehmer bei Bedarf längere Arbeitszeiten zu (Zeitflexibilität). Schließlich gehen<br />

vom Lohnsystem eines Unternehmens mehr oder weniger starke Motivationswirkungen<br />

aus, die im Konjunkturzyklus eines Unternehmens zudem mehr oder weniger stabil sein<br />

können (Lohn<strong>an</strong>reizflexibilität). Die Flexibilitätsausstattungen eines Unternehmens beeinflussen<br />

vermutlich deutlich, wie Arbeitgeber auf wechselnde Absatzmarktbedingungen<br />

reagieren; funktionsflexible Unternehmen, d.h. solche mit gutausgebildeten Arbeitnehmern<br />

verfolgen erwartbar eine <strong>an</strong>dere konjunkturelle Beschäftigungspolitik als Unternehmen<br />

mit geringqualifizierten Mitarbeitern. Der Grundged<strong>an</strong>ke des Risikom<strong>an</strong>agements<br />

durch Flexibilität wird entfaltet <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d eines formalen unternehmenstheoretischen<br />

Ansatzes, der von der Portfoliotheorie des Unternehmens (GREENWALD/ STIGLITZ<br />

1989, 1995) inspiriert ist.<br />

Ergebnisse: Das Modell sagt theoretisch u.a. voraus, dass große, bisl<strong>an</strong>g erfolgreiche<br />

Unternehmen c.p. eine geringere Beschäftigungsvariation aufweisen als kleine Unternehmen.<br />

Arbeitgeber, die auf eine im Durchschnitt hohe Qualifikation bzw. Funktionsflexibilität<br />

der Belegschaft zurückgreifen können, verfolgen c.p. eine vergleichsweise<br />

geringe Beschäftigungsvariation. Sie verzichten in der Unternehmensrezession auf<br />

einen radikalen Personalabbau. Dies ist jedoch nicht, wie in der Arbeitsnachfragetheorie,<br />

als Hortung von Arbeitskräften zu verstehen; vielmehr werden gutausbildetete Arbeitnehmer<br />

weiterbeschäftigt, weil sie durch Innovation die Unternehmenskrise überwinden<br />

helfen können. Auf eine Zunahme der Risiken am Absatzmarkt reagieren Unternehmen<br />

dem Modell zufolge ebenso, wie sie auf eine Rezession <strong>an</strong>tworten: u.a. mit<br />

Personalabbau und Arbeitszeitverkürzung. Die theoretischen Hypothesen, die aus dem<br />

Modell abzuleiten sind, sind mit realem Anpassungsverhalten der Unternehmen gut vereinbar.<br />

M<strong>an</strong>che der in dieser Arbeit untersuchten Faktoren hat die in der Forschung dominierende<br />

Arbeitsnachfragetheorie bisl<strong>an</strong>g gar nicht als Determin<strong>an</strong>te von Personal<strong>an</strong>passungen<br />

berücksichtigt, etwa die Risikoeinstellung des Arbeitgebers, die Rentabilität<br />

<strong>an</strong> den Fin<strong>an</strong>zmärkten sowie die Zeitflexibilität eines Unternehmens.<br />

Heiko Weckmüller<br />

Führungskräftebeschaffung – Eine informationsökonomische<br />

Analyse alternativer Rekrutierungswege mit Hilfe produktionstheoretischer<br />

Überlegungen *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Uschi Backes-Gellner, Universität Köln<br />

*<br />

erschienen als B<strong>an</strong>d 3 der Beiträge zur Personal- und Org<strong>an</strong>isationsökonomik, herausgegeben<br />

von Uschi Backes-Gellner und Matthias Kräkel. , ISBN 3-87988-409-<br />

9, <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München und Mering 1999, 213 S., DM 44.40.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 351<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt der Arbeit bildet die Beobachtung, dass Unternehmen in unterschiedlichem<br />

Maße auf interne Beförderungen und externe Rekrutierungen bei der Besetzung<br />

von Vak<strong>an</strong>zen im Führungskräfteberich zurückgreifen. Etwa die Hälfte der freien<br />

Stellen werden durch externe K<strong>an</strong>didaten besetzt (Brexel 1994) wobei sich Unterschiede<br />

des Rekrutierungsverhaltens beispielsweise in Abhängigkeit von der Br<strong>an</strong>chen,<br />

dem Tätigkeitsbereich und der Hierachiestufe nachweisen lassen (z.B. Scherer 1990).<br />

Wie können diese Unterschiede in der betrieblichen Personalpolitik erklärt werden?<br />

Während die Rekrutierung vom externen Arbeitsmarkt weitgehend mit den Mobilitäts<strong>an</strong>nahmen<br />

des neoklassischen Arbeitsmarktmodells in Übereinstimmung steht, wird<br />

die Effizienz interner Beförderungen theoretisch vor allem durch das Konzept interner<br />

Arbeitsmärkte gestützt. Aufgrund der Besonderheiten beim Tausch des Produktionsfaktors<br />

Arbeit in Form asymmetrischer Informationsverteilung, Tr<strong>an</strong>saktionskosten und<br />

spezifischen Investitionen treten auf L<strong>an</strong>gfristigkeit <strong>an</strong>gelegte Beschäftigungsverhältnisse<br />

<strong>an</strong> die Stelle von Spot-Markt-ähnlichen Kontrakten. Innerhalb der Personalökonomie<br />

können drei Theoriekonzepte <strong>an</strong>geführt werden, die diese Rationalität interner<br />

Beförderungen stützen: der motivationstheoretisch fundierte Zweig der Tournamenttheorie,<br />

die auf Qualifizierungsunterschiede rekurrierende Hum<strong>an</strong>kapitaltheorie und die auf<br />

der Annahme unvollständiger Information bezüglich der Eignung alternativer K<strong>an</strong>didaten<br />

aufbauende Informationsökonomie. Nach der Diskussion der alternativen Erklärungs<strong>an</strong>sätze<br />

konzentriert sich die Arbeit aus theoretischen Überlegungen bezüglich der<br />

Besonderheiten der Beschäftigtengruppe „Führungskräfte“ auf den informationsökonomischen<br />

Aspekt. Informationsökonomisch besteht der wesentliche Vorteil interner Beförderungen<br />

darin, das Fehlbesetzungsrisiko zu reduzieren, sofern bezüglich der Fähigkeiten<br />

der eigenen Mitarbeiter bessere Informationen vorliegen als über externe Bewerber.<br />

Die bisl<strong>an</strong>g vorliegenden personalwirtschaftlichen Forschungsarbeiten setzen diesen<br />

Informationsvorsprung voraus und untersuchen dessen Konsequenzen. In dieser Arbeit<br />

wird hingegen eine Erklärung für den Informationsvorsprung des aktuellen Arbeitgebers<br />

und für systematische Unterschiede zwischen Unternehmen im Ausmaß der Informationssammlung<br />

gesucht.<br />

Als Analyserahmen dieser betrieblicher Informationsprozesse wird in Anlehnung<br />

<strong>an</strong> Doeringer/Piore (1971) ein Modell der Verbundproduktion verwendet: Informationen<br />

bezüglich der Fähigkeiten der Arbeitnehmer werden interpretiert als Nebenprodukt<br />

des originären Produktionsprozesses. In diesem Modell können die wesentlichen Determin<strong>an</strong>ten<br />

des Informationsprozesses abgebildet werden: Unter welchen Bedingungen<br />

können Unternehmen besonders viel über ihre Arbeitnehmer lernen, welche Voraussetzungen<br />

führen zur Bereitschaft innerhalb des Unternehmens, diese Informationen auch<br />

weiterzugeben und wie k<strong>an</strong>n sichergestellt werden, dass die identifizierten Potentialträger<br />

nicht durch externe Arbeitgeber abgeworben werden? Die theoretischen Überlegungen<br />

deuten darauf hin, dass Org<strong>an</strong>isationsstrukturen diese Informationsprozesse wesentlich<br />

determinieren, d.h. Indikatoren der Org<strong>an</strong>isationsstruktur können als Operationalisierung<br />

der Modellvariablen genutzt werden.<br />

Der empirische Teil der Arbeit stützt sich auf eine in Kooperation mit der Bundesvereinigung<br />

der deutschen Arbeitgeberverbände durchgeführte repräsentative Befragung<br />

deutscher Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten. Insgesamt konnten 437 ver-


352 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

wertbare Fragebögen bei der Auswertung berücksichtigt werden. Die Überprüfung der<br />

Hypothesen erfolgte mit Hilfe des Verfahrens der multiplen Regression und wurde getrennt<br />

nach Hierarchiestufen für die Unternehmensspitze, die mittlere Führungsebene<br />

und den Bereich der Führungskräfte, die erstmals eine Führungsposition innehaben,<br />

durchgeführt.<br />

Die empirischen Ergebnisse stehen weitgehend im Einkl<strong>an</strong>g mit den theoretischen<br />

Überlegungen, dass ein Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen der org<strong>an</strong>isatorischen Ausgestaltung<br />

von Unternehmen und deren Rekrutierungspolitik besteht. Für die oberste Hierarchieebene<br />

konnte beispielsweise ein positiver Einfluss der Spartenorg<strong>an</strong>isation im Gegensatz<br />

zur Funktionalorg<strong>an</strong>isation auf die Wahrscheinlichkeit einer Beförderungspolitik<br />

aus den eigenen Reihen nachgewiesen werden. Theoretisch ist dieser Befund damit zu<br />

erklären, dass die Position des Spartenleiters eine vollständige unternehmerische Funktion<br />

darstellt und somit die Bewährung als Spartenleiter wertvolle Hinweise auf die<br />

Eignung für das Leitungsorg<strong>an</strong> liefert. In funktional strukturierten Unternehmen ist aufgrund<br />

der Unterschiedlichkeit der Aufgabeninhalte der Informationsgehalt im Vorfeld<br />

einer Beförderung in das Leitungsorg<strong>an</strong> geringer. Im mittleren M<strong>an</strong>agement konnten ein<br />

hoher Kooperationsgrad zwischen Führungskräften unterschiedlicher Hierarchiestufen<br />

und die systematische Durchführung von Arbeitsplatzrotation als Einflussfaktoren zu<br />

Gunsten einer Rekrutierungspolitik aus den eigenen Reihen festgestellt werden.<br />

Die Dissertation schließt mit der Diskussion der Untersuchungsergebnisse für die<br />

Personalökonomie und der Empfehlung <strong>an</strong> die betriebliche Praxis, eine Beförderungspolitik<br />

aus den eigenen Reihen nicht „um jeden Preis“ zu verfolgen, sondern vielmehr<br />

die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Reduktion des Fehlbesetzungsrisikos im<br />

Falle einer Entscheidung zu Gunsten einer internen Rekrutierungsstrategie zu beachten.<br />

Literatur<br />

Brexel, Ernst (1994): Die Vermittlung von Führungskräften durch die Bundes<strong>an</strong>stalt für Arbeit<br />

(BA). In: Dahlems, Rolf (Hrsg.): H<strong>an</strong>dbuch des Führungskräfte-M<strong>an</strong>agements. München:<br />

Beck:107-127.<br />

Doeringer, Peter B.; Michael J. Piore (1971): Internal Labor Markets <strong>an</strong>d M<strong>an</strong>power Analysis.<br />

Lexington: Heath.<br />

Scherer, H<strong>an</strong>s-Peter (1990): Fehlentwicklung. M<strong>an</strong>agement Wissen (1990)12: 44-45.<br />

5. Personalentwicklung und Lernprozesse<br />

H<strong>an</strong>s-Jürgen Bruns<br />

Org<strong>an</strong>isationale Lernprozesse bei M<strong>an</strong>agementunterstützungssystemen<br />

*<br />

*<br />

erschienen im Gabler <strong>Verlag</strong>/Deutscher Universitäts-<strong>Verlag</strong>, Wiesbaden, ISBN 3-8244-<br />

6583-3


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 353<br />

Betreuer: Prof. Dr. H<strong>an</strong>s-Gerd Ridder, Universität H<strong>an</strong>nover<br />

1. Problemstellung und Vorgehensweise<br />

Für den Erfolg betrieblicher Reorg<strong>an</strong>isationsprojekte wird die Einführung informationstechnischer<br />

Unterstützungsleistungen für das M<strong>an</strong>agement als eine wesentliche<br />

Bedingung <strong>an</strong>gesehen. Ihre Funktionalität besteht darin, die Pl<strong>an</strong>ungs- und Steuerungsleistungen<br />

des M<strong>an</strong>agements in dezentralisierten Org<strong>an</strong>isationsstrukturen zu verbessern<br />

(z.B. durch Führungs- und Entscheidungsunterstützungssysteme) sowie ein räumlich<br />

und zeitlich variables Aktivitätsspektrum zu ermöglichen (z.B. durch Telearbeit/-<br />

kooperation). Die Wirksamkeit dieses Gestaltungskonzeptes beruht auf der Annahme,<br />

dass M<strong>an</strong>ager die Anwendungsoffenheit informationstechnischer Unterstützungsleistungen<br />

zur Erhöhung der Effizienz und Effektivität betrieblicher Arbeits- und Entscheidungsprozesse<br />

nutzen.<br />

Diese Nutzungsdynamik und die ihr zugrundeliegende Anpassung des Arbeits- und<br />

Entscheidungsverhalten von M<strong>an</strong>agern stellt ein Basisproblem der Entwicklung und<br />

Implementierung informationstechnischer Systeme für M<strong>an</strong>agementleistungen dar. Bisher<br />

stehen vor allem akteurbezogene Erklärungs<strong>an</strong>sätze - z.B. die Technikeinstellung<br />

des M<strong>an</strong>agers als Einflussgröße der Akzept<strong>an</strong>z - und hierauf bezogene Gestaltungsvorschläge<br />

in der Diskussion. Dieses Problemverständnis wird in konstruktiver Absicht im<br />

Erklärungsrahmen org<strong>an</strong>isationaler Lerntheorien erweitert. In einem sozial-kognitiv<br />

fundierten Erklärungsmodell wird das beobachtbare Nutzungsverhalten von M<strong>an</strong>agern<br />

auf die Bildung subjektiv begründeter Annahmen über die Eignung technischer Informationssysteme<br />

zur Unterstützung ihres Arbeits- und Entscheidungsverhaltens zurückgeführt.<br />

Diese Akteursperspektive wird mit Ansätzen zur Erklärung org<strong>an</strong>isationaler<br />

Lernprozesse um die sozialen Mech<strong>an</strong>ismen der Verschränkung dieser Alltagstheorien<br />

in einer arbeitsteilig org<strong>an</strong>isierter M<strong>an</strong>agementpraxis erweitert. Auf dieser erkenntnistheoretischen<br />

Grundlage werden die Funktion und die Funktionsweise von Verständigungs-<br />

und Aush<strong>an</strong>dlungsprozessen zur Anpassung dieser dem Arbeits- und Entscheidungsverhalten<br />

zugrundeliegenden Alltagstheorien untersucht.<br />

2. Informationstechnologien für das M<strong>an</strong>agement - Einordnung des Forschungsfeldes<br />

Zur Präzisierung und konzeptionellen Vertiefung dieses Erkenntnisinteresses wird<br />

der Forschungsst<strong>an</strong>d zu Anwendungskonzepten von M<strong>an</strong>agementunterstützungssystemen<br />

in relev<strong>an</strong>ten Bezugsdisziplinen (insbes. Wirtschaftsinformatik und <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dte<br />

betriebswirtschaftliche Technikforschung) gesichtet. Diese kritische Best<strong>an</strong>dsaufnahme<br />

zeigt, dass der Beitrag funktional orientierter Erklärungs<strong>an</strong>sätze (z.B. von Picot, Reichwald)<br />

in der instrumentellen Kategorisierung des Leistungsbeitrags informationstechnischer<br />

Systeme liegt. Empirische Studien zur Anwendung von M<strong>an</strong>agementunterstützungssystemen<br />

(z.B. von Kirsch, Wagner, Malsch) zeigen zugleich, dass die beabsichtigte<br />

Tr<strong>an</strong>sformation der Führungsorg<strong>an</strong>isation eine Modifikation eingeübter Verhaltensweisen<br />

der M<strong>an</strong>ager bedingt. So nutzen Führungskräfte im unteren und mittleren<br />

M<strong>an</strong>agement Telearbeit aufgrund ihrer positionsgebundenen Erwartungen und es sind


354 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Koordinations- und Abstimmungsleistungen mit dem org<strong>an</strong>isatorischen Umfeld notwendig.<br />

Mit diesen Studien werden die impliziten Regeln des Arbeits- und Kooperationsverhaltens<br />

in arbeitsteilig org<strong>an</strong>isierten M<strong>an</strong>agementprozessen als eine zentrale Einflussgröße<br />

für das Nutzungsverhalten der M<strong>an</strong>ager hervorgehoben. In der zusammenführenden<br />

Diskussion dieser Forschungsstränge werden erfahrungsbegründete Nutzungsabsichten<br />

betrieblicher Akteure sowie ihre positions- und rollengebundenen Koordinationsaktivitäten<br />

als Basiskategorien für einen erweiterten Bezugsrahmen abgeleitet.<br />

In dieser Perspektive stellt sich die Einführung von M<strong>an</strong>agementunterstützungssystemen<br />

als ein org<strong>an</strong>isationales Lernfeld dar, in dem sich Akteure im M<strong>an</strong>agement über deren<br />

Eignung für ihre sachlichen Koordinations- und sozialen Integrationsleistungen verständigen.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 355<br />

3. Die Einführung von M<strong>an</strong>agementunterstützungssystemen als org<strong>an</strong>isationaler<br />

Lernprozess<br />

3.1 Prozessbedingungen org<strong>an</strong>isationaler Lernprozesse - Bezugsrahmen<br />

Zur konzeptionellen Grundlegung der Arbeit werden Theorien org<strong>an</strong>isationalen<br />

Lernens her<strong>an</strong>gezogen. Diese beruhen - wie eine vergleichende Einordnung zentraler<br />

Forschungs<strong>an</strong>sätze (insbes. March/Olson, Argyris/Schön, Dunc<strong>an</strong>/Weiss, Hedberg)<br />

zeigt - auf komplexen Annahmengerüsten zur Funktionsweise von Org<strong>an</strong>isationen und<br />

org<strong>an</strong>isationalen Lernprozessen. Interpretativ ausgerichtete Ansätze stehen hierbei für<br />

Einsichten in die Vermittlungsmech<strong>an</strong>ismen und -bedingungen, in deren Rahmen Org<strong>an</strong>isationsteilnehmer,<br />

die ihr Verhalten orientierenden Regelsysteme - jene Alltagstheorien,<br />

die im M<strong>an</strong>agement die Nutzung von Informationstechnologien leiten - verändern.<br />

Aus diesem Grund wird das von Argyris und Schön vorgeschlagene Konzept zur<br />

Erklärung org<strong>an</strong>isationaler Lernprozesse her<strong>an</strong>gezogen und in seiner Binnenstruktur -<br />

Grund<strong>an</strong>nahmen, Theoriebausteine, Interventionen - entwickelt. Mit diesem Basismodell<br />

werden Prozesse kognitiver Konsensbildung als zentraler Vermittlungsmech<strong>an</strong>ismus<br />

für die Anpassung der Alltagstheorien betrieblicher Akteure herausgestellt. Zentraler<br />

Einflussfaktor dieser Prozesse sind die Regeln, die das Informationsverhalten der<br />

Akteure und das Austragen konfligierender Sichtweisen in problembezogenen Verständigungsprozessen<br />

orientieren. Dieses Basismodell wird erweitert, in dem zeitlichräumlich<br />

relativ stabile Akteurskonstellationen mit ihren »lokalen« H<strong>an</strong>dlungstheorien<br />

als strukturell wirksame Rahmenbedingung org<strong>an</strong>isationaler Lernprozesse eingeführt<br />

werden.<br />

3.2 Strukturierung org<strong>an</strong>isationaler Lernprozesse - Empirische Untersuchung<br />

Einer explorativ <strong>an</strong>gelegte Fallstudie zur Einführung eines integrierten Warenwirtschaftssystems<br />

im Einzelh<strong>an</strong>del weist das Erklärungspotential dieses erweiterten Basismodells<br />

für den Erfolg technisch induzierter Veränderungsprozesse aus. In der Studie<br />

wird <strong>an</strong>alysiert, wie sich die das M<strong>an</strong>agerverhalten orientierenden H<strong>an</strong>dlungsprinzipien<br />

auf technikbezogene Gestaltungsh<strong>an</strong>dlungen auswirken. Die empirische Analyse zeigt<br />

die Relev<strong>an</strong>z lokaler H<strong>an</strong>dlungstheorien von Anwendungsentwicklern und den Techniknutzern<br />

im mittleren M<strong>an</strong>agement für die Nutzungsformen informationstechnischer Unterstützungsleistungen<br />

sowie die Verständigungs- und Aush<strong>an</strong>dlungsprozesse zwischen<br />

beteiligten Akteuren. Diese Konstellation hat den Effekt, dass sich durch die Technikeinführung<br />

und die nur lose gekoppelten Gestaltungsaktivitäten das bewährte Arbeitsund<br />

Entscheidungsverhalten praktisch nicht verändert. Die Aufdeckung dieser kognitiven<br />

Leitorientierungen im Rahmen eines aufbau- und ablauforg<strong>an</strong>isatorisch strukturierten<br />

Interventionsprozesses führt zu einer Revision dieses Gestaltungsh<strong>an</strong>delns. Die<br />

Funktion der Interventionsaktivitäten besteht in der problemorientierten Reflexion der<br />

geltenden H<strong>an</strong>dlungsprinzipien, die zu einer Neukonfiguration der informationstechnischen<br />

Unterstützung der M<strong>an</strong>agementleistungen durch eine prozessorientierte Restrukturierung<br />

der Aufbau- und Ablauforg<strong>an</strong>isation in der Waren- und Sortimentspolitik


356 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

führt. Im Ergebnis zeigt die Studie, dass eine methodisch geleitete Strukturierung der<br />

Verständigung über die kognitiven Leitorientierungen beteiligter Akteure zu den kritischen<br />

Bedingungen erfolgreicher org<strong>an</strong>isationaler Lernprozesse gehört.<br />

4. Lernen und Politik - Offene Fragestellungen<br />

Zentral und in diesem Forschungskontext bisher wenig bearbeitet ist die Frage<br />

nach der Steuerung und Kontrolle des für diese Interventionsprozesse notwendigen Ressourceneinsatzes.<br />

Eine systematische Verknüpfung von Theorien org<strong>an</strong>isationalen Lernens<br />

mit politischen Analysen des Org<strong>an</strong>isationsverhaltens steht bisher weitgehend aus.<br />

Gleichwohl stellt der Zugriff »domin<strong>an</strong>ter Koalitionen« auf formalisierte Regelsysteme<br />

eine in den Erklärungszusammenh<strong>an</strong>g einzuschließende Variable dar. Dies gilt ebenso<br />

für den Stellenwert der Verfügung über Informationen als Machtressource in org<strong>an</strong>isationalen<br />

Lernprozessen, etwa im Hinblick auf die Wirkung asymmetrischer Informationsverteilungen<br />

auf Verständigungs- und Aush<strong>an</strong>dlungsprozesse oder die Dauerhaftigkeit<br />

(Routinisierung) von Verhaltens<strong>an</strong>passungen.<br />

Michaela Frey<br />

Verwaltungs-Org<strong>an</strong>isationskulturveränderung durch Personalentwicklung<br />

im Neuen Steuerungsmodell *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Herm<strong>an</strong>n Hill, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

Speyer<br />

Nach mehrjährigen Erfahrungen mit der Reform der öffentlichen Verwaltung nach<br />

dem sogen<strong>an</strong>nten Neuen Steuerungsmodell haben alle Zwischenbil<strong>an</strong>zen den selben<br />

Tenor: Die Veränderung der „hard facts“ reicht nicht aus, um die hergebrachte Verwaltungskultur<br />

nachhaltig zu verändern. Vielmehr droht die Reform öffentlicher Verwaltungen<br />

<strong>an</strong> einer verwaltungskulturellen Immunisierung zu scheitern.<br />

Von dieser Problemlage ausgehend zeigt die Verfasserin unter Einbezug von Beispielen<br />

aus der Privatwirtschaft auf, wie diese Modernisierungslücke durch das Instrument<br />

der Personalentwicklung erfolgreich geschlossen werden k<strong>an</strong>n.<br />

Die Zielsetzung der Untersuchung liegt vor dem dargestellten Problemhintergrund<br />

darin, mit der Entwicklung des Verwaltungs-Org<strong>an</strong>isationskulturmodells als theoretischem<br />

Untersuchungsrahmen zunächst die gleichgewichtige Berücksichtigung der sozialpsychologischen<br />

Komponente bei der Umsetzung des sog. Neuen Steuerungsmodells<br />

org<strong>an</strong>isationstheoretisch zu fundieren. Dadurch schließt die Verfasserin auch das in der<br />

verwaltungswissenschaftlichen Fachliteratur festgestellte Theoriedefizit des sog. Neuen<br />

Steuerungsmodells. Weiterhin werden im Hinblick auf die qualitative Komponente die<br />

in der öffentlichen Verwaltung <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dten Strategien zur Verwaltungs-<br />

*<br />

Raabe <strong>Verlag</strong>, Düsseldorf 1999.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 357<br />

Org<strong>an</strong>isationskulturveränderung durch Personalentwicklung in ihrer Effektivität untersucht.<br />

Aufbauend auf dieser Analyse werden ein erweitertes Verständnis von Personalentwicklung<br />

in der öffentlichen Verwaltung und Ansatzpunkte zu dessen Umsetzung<br />

entwickelt.<br />

Die Dissertation gliedert sich nach folgendem Untersuchungsaufbau:<br />

Nach der Einleitung wird in Kapitel 2 zunächst der konzeptionelle Untersuchungsrahmen<br />

entwickelt. Nach einer Analyse der Beiträge zur Verwaltungskulturforschung<br />

wird deren Verständnis von Verwaltungskultur in Begriff, Funktionen und Veränderbarkeit<br />

durch die Ergebnisse der Org<strong>an</strong>isationskulturforschung erweitert. Anschließend<br />

wird der Begriff Verwaltungs-Org<strong>an</strong>isationskultur definiert, und es werden die Anforderungen<br />

<strong>an</strong> seine Abbildung in einem Leitbild dargestellt. In Kapitel 3 wird <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der<br />

Ergebnisse von Experteninterviews, die die Verfasserin durchgeführt hat, <strong>an</strong> fünf Punkten<br />

belegt, weshalb, aus der Perspektive der Mitarbeiter betrachtet, eine Veränderung<br />

der hergebrachten Verwaltungs-Org<strong>an</strong>isationskultur notwendig ist.<br />

Als ein Instrument zur Veränderung der Verwaltungs-Org<strong>an</strong>isationskultur wird in<br />

Kapitel 4 die Personalentwicklung vorgestellt. Dazu wird zunächst der von der Verfasserin<br />

gewählte Personalentwicklungsbegriff, der insbesondere auf den Aspekt der Motivation<br />

abstellt, definiert. Es folgt unter Einschluss einer kritischen Würdigung ein<br />

Überblick über die wichtigsten Inhalts- und Prozesstheorien zur Mitarbeitermotivation.<br />

Abschließend wendet sich dieses Kapitel der Frage zu, wie Personalentwicklung<br />

einen Beitrag zur Veränderung von Verwaltungs-Org<strong>an</strong>isationskultur leisten k<strong>an</strong>n. Die<br />

Ausführungen dieses 4. Kapitels bilden den theoretischen Hintergrund für die nachfolgenden<br />

Kapitel 5-7, die sich mit konkreten Ansätzen zur Personalentwicklung in der<br />

öffentlichen Verwaltung ausein<strong>an</strong>dersetzen. Bei dieser Analyse von Veränderungsprozessen<br />

werden zwei Ebenen berücksichtigt, die der Org<strong>an</strong>isation selbst und die<br />

der Menschen in Org<strong>an</strong>isationen. Da Veränderungsprozesse nur d<strong>an</strong>n erfolgreich ablaufen<br />

können, wenn sie sich sowohl auf der Akteurs- wie auch auf der Systemebene abspielen,<br />

wird diese Dualität in der Untersuchung auch berücksichtigt.<br />

Ausgehend von diesen Prämissen wendet sich Kapitel 5 mit der Analyse der Personalentwicklung<br />

durch das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz)<br />

zunächst der Systemebene zu. Dabei wird in einem zweiten Schritt auch die<br />

Frage diskutiert, ob das dem Reformgesetz zugrundeliegende Leitbild der hergebrachten<br />

Grundsätze des Berufsbeamtentums gem. Art. 33 Abs. 5 GG noch ein effektives Leitbild<br />

für die Verwaltungs-Org<strong>an</strong>isationskultur nach dem sog. Neuen Steuerungsmodell<br />

sein k<strong>an</strong>n. Dazu werden die in Zusammenh<strong>an</strong>g mit den motivationsteigernden Maßnahmen<br />

des Reformgesetzes stehenden hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums<br />

auf ihre Funktionsadäqu<strong>an</strong>z im Hinblick auf das sog. Neue Steuerungsmodell untersucht.<br />

Kapitel 6 leitet d<strong>an</strong>n mit den Personalentwicklungsstrategien der Verwaltungsreformpraxis<br />

zur Akteursebene über. Es werden unter Berücksichtigung ausgewählter Praxisbeispiele<br />

monetäre und nicht-monetäre Anreizmodelle zunächst vorgestellt und <strong>an</strong>schließend<br />

in ihrer motivationssteigernden Wirkung diskutiert. Ausgehend von den<br />

festgestellten Defiziten werden für ein erweitertes Verständnis von Personalentwicklung


358 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

zunächst das leistungsbezogene Cafeteria-System vorgestellt und d<strong>an</strong>n die Grenzen der<br />

Mitarbeitermotivation durch Anreize („Mythos Motivation“) aufgezeigt.<br />

Kapitel 7 hat die Personalentwicklung durch das Einbindungsmuster der Identifikation<br />

zum Gegenst<strong>an</strong>d. Zunächst wird das von Wunderer und Mittm<strong>an</strong>n entwickelte<br />

Identifikationskonzept vorgestellt. D<strong>an</strong>n wird am Beispiel der bei der BMW AG entwickelten<br />

werteorientierten Personalpolitik aufgezeigt, wie ein derartiges Identifikationskonzept<br />

in der Verwaltungspraxis mit konkreten Maßnahmen umgesetzt werden könnte.<br />

D<strong>an</strong>n wendet sich die Untersuchung mit den Punkten Mitarbeitergespräch und Personalführung<br />

in dezentralen Einheiten den nach Auffassung der Verfasserin zentralen Elementen<br />

einer werteorientierten Personalpolitik zu.<br />

Methodisch stützt sich die Untersuchung auf eine interdisziplinär ausgerichtete Literatur<strong>an</strong>alyse<br />

und auf leitfadengestützte Experteninterviews.<br />

Klaus Waldschmidt<br />

Personalentwicklung und org<strong>an</strong>isationale Identifikation: Eine<br />

sozial-kognitive empirische Analyse der Zusammenhänge *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Weber, Universität GH Paderborn<br />

Problemstellung<br />

Traditionellerweise richtet die Personalentwicklungsforschung ihr Hauptaugenmerk<br />

auf die Qualifizierungsfunktion der betrieblichen Personalentwicklung. D.h. es<br />

wird untersucht, inwieweit die Personalentwicklung als die Summe der bildungsbezogenen,<br />

stellenbezogenen und informatorischen Maßnahmen betrieblicherseits am besten<br />

dazu taugt, die berufliche H<strong>an</strong>dlungskompetenz eines Mitarbeiters soweit zu fördern,<br />

damit er den sich ständig verändernden Arbeits<strong>an</strong>forderungen gerecht werden k<strong>an</strong>n. Die<br />

vorliegende Arbeit bedient sich einer <strong>an</strong>deren Betrachtungsweise, indem sie die Identifikationsfunktion<br />

der betrieblichen Personalentwicklung in den Vordergrund des Erkenntnisinteresses<br />

rückt.<br />

Zielsetzung und Kernhypothesen<br />

Es ist das zentrale Ziel der Arbeit, festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen<br />

es gelingt, mit dem Einsatz des betrieblichen Personalentwicklungsinstrumentariums<br />

die Identifikation der Mitarbeiter mit der Unternehmung, deren Bindung <strong>an</strong> den<br />

Betrieb sowie deren Job Involvement zu erhöhen. Dabei wird org<strong>an</strong>isationale Identifika-<br />

*<br />

Unter gleichnamigen Titel erschienen als B<strong>an</strong>d 11 in der Schriftenreihe Empirische<br />

Personal- und Org<strong>an</strong>isationsforschung, hrsg. von W. Weber, A. Martin, W. Nienhüser,<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München und Mering 1999, 351 S., DM 59.80, ISBN<br />

3-87988-377-7.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 359<br />

tion als die partielle Identität des Selbstkonzeptes eines Org<strong>an</strong>isationsteilnehmers mit<br />

der Org<strong>an</strong>isation definiert.<br />

Im Zentrum des Interesses stehen drei forschungsleitende Hypothesen.<br />

a) Entgegen der in der Literatur <strong>an</strong>zutreffenden Sozialisationshypothese wird vermutet,<br />

dass eine unterschiedlich intensive Personalentwicklungspartizipation keinen<br />

unmittelbaren Effekt auf die org<strong>an</strong>isationale Identifikation ausübt. Vielmehr wird<br />

der Ablauf des Identifikationsprozesses dafür ver<strong>an</strong>twortlich gemacht, wie sich die<br />

org<strong>an</strong>isationale Identifikation nach einer Personalentwicklungsteilnahme entwickelt<br />

(Identifikationsprozessperspektive).<br />

b) In Erweiterung der Identifikationsprozessperspektive wird postuliert, dass funktionale<br />

oder dysfunktionale Nebeneffekte der Personalentwicklungspartizipation – insoweit<br />

sie das Job Involvement und die Firmenbindung betreffen – ebenfalls kein<br />

direktes Ergebnis der Personalentwicklungsteilnahme sind, sondern als ein mittelbares<br />

Resultat davon abhängen, welchen Verlauf der Identifikationsprozess <strong>an</strong>nimmt<br />

(erweiterte Identifikationsprozessperspektive).<br />

c) Je nachdem welche Erwartungen sich im Verlauf des Identifikationslernens herauskristallisieren,<br />

könnten die org<strong>an</strong>isationale Identifikation und die Firmenbindung<br />

als Ergebnis einer intensivierten Personalentwicklungsteilnahme sowohl steigen als<br />

auch sinken. (Hypothese differentieller Wirkungseffekte).<br />

Theoretischer Hintergrund<br />

Um das Enstehen einer Identifikationsbeziehung zwischen Mitarbeiter und Org<strong>an</strong>isation<br />

erklären zu können, wird als konzeptioneller Bezugsrahmen auf B<strong>an</strong>duras sozialkognitive<br />

Lerntheorie, die im Kern eine kognitive Erwartungstheorie ist, zurückgegriffen.<br />

Der Identifikationsprozess wird als ein Lernprozess verst<strong>an</strong>den, bei dem es im Kern<br />

um den Erwerb jener Org<strong>an</strong>isationsattribute geht, die ein Mitarbeiter zur Selbstdefinition<br />

her<strong>an</strong>zieht. D<strong>an</strong>ach ensteht Identifikation mit Org<strong>an</strong>isation und Arbeit in Abhängigkeit<br />

von der Interaktion der Selbstwirksamkeitserwartungen und Ergebniserwartungen,<br />

die eine Person hegt.<br />

Unter arbeitsspezifischen Selbstwirksamkeitserwartungen wird dabei die Beurteilung<br />

der eigenen Befähigung verst<strong>an</strong>den, bestimmte Arbeitsh<strong>an</strong>dlungen vollziehen zu<br />

können, um ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen. Ergebniserwartungen sind die<br />

kognitive Repräsentation subjektiv wahrgenommener H<strong>an</strong>dlungs-Folge-Kontingenzen,<br />

die darüber Auskunft geben, wie kompetentes und erfolgreiches H<strong>an</strong>deln im Kontext<br />

der jeweiligen Org<strong>an</strong>isation belohnt wird. Positive (negative) Ergebniserwartungen stehen<br />

somit für die Wahrnehmung eines leistungsförderlichen (leistungshemmenden) Belohnungssystems<br />

in der Unternehmung.<br />

Vor diesem Hintergrund wird ein sozial-kognitives Modell personalentwicklungsindizierter<br />

Identifikationswirkungen aufgestellt, das sich durch einen komplexen Wirkungsmech<strong>an</strong>ismus<br />

auszeichnet, der durch obige Kernthesen (verkürzt) abgebildet wird.<br />

Empirische Untersuchung


360 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Zur Überprüfung der Hypothesen wurde eine empirische Fragebogenuntersuchung<br />

in fünf Großunternehmungen durchgeführt, <strong>an</strong> der n = 1.307 Mitarbeiter verschiedener<br />

Hierarchieebenen, d. h. sowohl Führungskräfte als auch Angestellte und Arbeiter, partizipierten.<br />

Dies entsprach einer Rücklaufquote von insgesamt 28,6 %. Als Untersuchungsmethode<br />

zur Bestimmung der empirischen Wirkungseffekte wurde auf die Pfad<strong>an</strong>alyse<br />

und hier insbesondere den LISREL-Ansatz der Kausal<strong>an</strong>alyse zurückgegriffen.<br />

Die Operationalisierung der Variablen erfolgte zumeist <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d neu konstruierter Skalen<br />

und Indizes (z.B. der Org<strong>an</strong>isationalen Identifikationsskala) deren Validität und Reliabilität<br />

zunächst in einer Voruntersuchung getestet wurde.<br />

Untersuchungsergebnisse<br />

Das sozial-kognitive Modell personalentwicklungsinduzierter Identifikations-, Job<br />

Involvement- und Kündigungsneigungswirkungen war in der Lage, in der Gesamtstichprobe<br />

22 % der Vari<strong>an</strong>z der org<strong>an</strong>isationalen Identifikation, 55 % der Vari<strong>an</strong>z des Job<br />

Involvements und 20 % der Vari<strong>an</strong>z der Kündigungsneigung aufzuhellen. In Anbetracht<br />

dessen stellt das postulierte Kausalmodell einen geeigneten Ansatz für die Erklärung der<br />

zur Debatte stehenden Problematik dar.<br />

Die Identifikationsprozessperspektive wurde insofern bestätigt, als in den betreffenden<br />

Modellen keine direkten Effekte zu verzeichnen waren, die von der Personalentwicklungsintensität<br />

auf die org<strong>an</strong>isationale Identifikation einwirkten. Dies bedeutet,<br />

dass es keinen Automatismus zwischen Personalentwicklungspartizipation und dem<br />

Aufbau einer org<strong>an</strong>isationalen Identifikationsbeziehung gibt, wie es die Sozialisationshypothese<br />

implizit unterstellt. Allein die Intensivierung des Einsatzes des betrieblichen<br />

Personalentwicklungsinstrumentariums bietet keine Gewähr dafür, dass sich die Identifikation<br />

der Mitarbeiter mit der Unternehmung erhöht. Die aus der Personalentwicklungspartizipation<br />

hervorgehende Identifikationswirkung wird erst d<strong>an</strong>n tragfähig, wenn<br />

es gelingt, mit einer intensivierten Personalentwicklung die Erwartungen der Mitarbeiter<br />

und damit den Identifikationsprozess positiv zu beeinflussen.<br />

Zwar machte der personalentwicklungsinduzierte Identifikationseffekt in der Gesamtstichprobe<br />

nur 1 % der erklärten Variation der org<strong>an</strong>isationalen Identifikation aus,<br />

in einer der Substichproben waren es immerhin bis zu 10 %.<br />

Nur bedingt bestätigt wurde die erweiterte Identifikationsprozesshypothese. Ebenso<br />

wie bei der org<strong>an</strong>isationalen Identifikation konnten auch beim Job Involvement keine<br />

Anzeichen für eine direkte Veränderbarkeit durch eine intensivierte Personalentwicklungspartizipation<br />

gefunden werden. Anders verhielt es sich mit der Firmenbindung, die<br />

sich durch eine Zunahme der Personalentwicklungsintensität unmittelbar t<strong>an</strong>giert zeigte<br />

und teilweise mittelbar durch die kognizierten Erwartungen determiniert wurde.<br />

Die propagierte Hypothese differentieller Wirkungseffekte konnte im Hinblick auf<br />

die org<strong>an</strong>isationale Identifikation nur bedingt, in Hinblick auf die Firmenbindung und<br />

das Job Involvement jedoch bestätigt werden.<br />

Im Hinblick auf die org<strong>an</strong>isationale Identifikation musste festgestellt werden, dass<br />

diese bei positiven Ergebniserwartungen mit zunehmender Personalentwicklungsinten-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 361<br />

sität deutlich stieg. Lagen allerdings negative Ergebniserwartungen vor, verpuffte die<br />

personalentwicklungsinduzierte Identifikationswirkung beinahe vollständig.<br />

Während im Totalmodell neben der org<strong>an</strong>isationalen Identifikation sowohl das Job<br />

Involvement als auch die Firmenbindung in das Kausalmodell integriert sind, konzentrieren<br />

sich die Teilmodelle auf die jeweilige Fokusvariable.<br />

Ein ähnlicher Befund war bezüglich der Kündigungsneigung zu verzeichnen. Unter<br />

der Voraussetzung, dass die Ergebniserwartungen positiv waren, führte eine Forcierung<br />

der Personalentwicklungs<strong>an</strong>strengungen bisweilen zu einer deutlichen Senkung der<br />

Kündigungsneigung. Nahm die Personalentwicklungsintensität hingegen d<strong>an</strong>n zu, wenn<br />

die Ergebniserwartungen positiv waren, blieb die Kündigungsneigung von der Personalentwicklungsteilnahme<br />

gänzlich unberührt (siehe Tab. 1).<br />

Tab. 1: Totale personalentwicklungsinduzierte Identifikations-, Job Involvement- und Kündigungsneigungseffekte<br />

in den Teilmodellen und im Geamtmodell differenziert nach der<br />

Ausprägung der Ergebniserwartungen (berechnet mit LISREL)<br />

Fokusvariable<br />

Org<strong>an</strong>isationale<br />

Identifikation<br />

Teilmodell<br />

Totalmodell<br />

Positive Ergebniserwartungeniserwartungeniserwartungeniserwartungen<br />

Negative Ergeb-<br />

Positive Ergeb-<br />

Negative Ergeb-<br />

.16 .07 .22 .04<br />

Job Involvement .35 -.01 .41 .00<br />

Kündigungsneigung<br />

-.16 .00 -.09 -.02<br />

Im Falle positiver Ergebniserwartungen resultierte aus einer gestiegenen Personalentwicklungsintensität<br />

ein ausgesprochen starker Job Involvement-Effekt. Waren die<br />

Ergebniserwartungen negativ ausgeprägt, verpuffte die Job Involvement-Wirkung einer<br />

intensivierten Personalentwicklungspartizipation nicht nur beinahe vollständig. Vielmehr<br />

gab es aufgrund einer entsprechenden Vorzeichenumkehrung sogar ein Anzeichen<br />

für eine Job Involvement-Minderung unter den zuletzt gen<strong>an</strong>nten Umständen, was auf<br />

eine hybride Interaktion von Personalentwicklungsintensität und Ergebniserwartungen<br />

hindeutet.<br />

H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen<br />

Eine Intensivierung der betrieblichen Personalentwicklungs<strong>an</strong>strengungen ist nur<br />

bedingt dazu geeignet, eine erhöhte org<strong>an</strong>isationale Identifikation, ein verstärktes Job<br />

Involvement und eine höhere Firmenbindung zu erwirken. Grundsätzlich gilt, dass eine<br />

Intensivierung der betrieblichen Personalentwicklungsaktivitäten nur d<strong>an</strong>n vorzunehmen<br />

ist, wenn die Ergebniserwartungen des betreffenden Mitarbeiters positiv sind. Erfolgt<br />

eine Intensivierung der betrieblichen Personalentwicklungs<strong>an</strong>strengungen hingegen<br />

d<strong>an</strong>n, wenn negative Ergebniserwartungen vorherrschen, wird die betriebliche Personalentwicklung<br />

weder ihre Identifikationsfunktion noch ihre Job Involvement- oder


362 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Firmenbindungsfunktion erfüllen können. Eher noch ist in einem solchen Fall mit dysfunktionalen<br />

Verhaltenskonsequenzen zu rechnen, die sich in einem verminderten Job<br />

Involvement ausdrücken. Auch ist diesbezüglich nicht auszuschließen, dass eine gestiegene<br />

Kündigungsneigung das Resultat intensivierter Personalentwicklungs<strong>an</strong>strengungen<br />

ist, die unter solchen Bedingungen betrieben werden.<br />

Voraussetzung für eine erfolgreiche, die Identifikationsfunktion erfüllende Personalentwicklung<br />

in der Unternehmung ist eine geeignete Belohnungskontingenzstruktur.<br />

Ausführliche Empfehlungen zu deren Gestaltung und darüber, wie die einzelnen Elemente<br />

des betrieblichen Personalentwicklungssystems am effektivsten eingesetzt und<br />

kombiniert werden können, erhält der Personalpraktiker im abschließenden Kapitel der<br />

Dissertation.<br />

Armin Weber<br />

Auswahl externer Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen für obere<br />

Führungskräfte Analyse des Zielsystems und des Auswahlverhaltens<br />

von oberen und obersten Führungskräften in deutschen<br />

Großunternehmen *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dres. h.c. Eduard Gaugler, Universität M<strong>an</strong>nheim<br />

Führungskräfte der mittleren und oberen Ebene erhalten regelmäßig von einer<br />

Vielzahl Anbieter von Weiterbildungsleistungen direkt Angebote gleichen oder ähnlichen<br />

Inhaltes zuges<strong>an</strong>dt. Gleichzeitig können sie aber nicht immer auf eine umfassende<br />

systematische betriebliche Auswertung zurückgreifen und es darf <strong>an</strong>genommen werden,<br />

dass sie sich selbst nicht so regelmäßig mit für sie eventuell in Frage kommenden Angeboten<br />

befassen, dass sie in diesem Segment über einen ausreichenden Marktüberblick<br />

verfügen. Im Bedarfsfall wird eine solche Auswahlentscheidung, die ohne systematische<br />

Entscheidungsunterstützung auskommen muss, von vielen Zufälligkeiten bestimmt.<br />

Dieses Szenario bildet die Basis für die problemorientierte Beschäftigung mit der<br />

Auswahl externer Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen für betriebliche Führungskräfte. Dabei<br />

scheinen in der bisher geführten Diskussion die innerbetrieblich ablaufenden Auswahlprozesse<br />

vernachlässigt worden zu sein und sind folglich die Komponenten des betrieblichen<br />

Entscheidungsprozesses nicht hinreichend beleuchtet worden. Deshalb greift<br />

diese Arbeit zwei wichtige Aspekte des betrieblichen Entscheidungssystems bei der<br />

Auswahl externer Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen für betriebliche Führungskräfte her-<br />

*<br />

erschienen im <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München und Mering 1997, 199 S., DM<br />

46,80, ISBN 3-87988-264-9.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 363<br />

aus: Die Ziele der <strong>an</strong> einer Auswahl beteiligten oberen und obersten Führungskräfte und<br />

deren Verhalten im betrieblichen Auswahlprozess.<br />

Im ersten Haupteil dieser Arbeit wird deshalb nicht nur ein System von Zielen für<br />

die Auswahl externer Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen der betrachteten Zielgruppe gebildet,<br />

sondern es wird auch <strong>an</strong> ausgewählten Zielinhalten aufgezeigt, wie Beziehungen<br />

zwischen Zielen interpretiert werden können. Als Basis hierfür dient eine kritische Best<strong>an</strong>dsaufnahme<br />

und Analyse bestehender Zielkataloge.<br />

Aber erst die Betrachtung der Entscheidungsprozesse und somit des Verhaltens der<br />

Entscheidungspersonen stellt einen Bezug zwischen der rationalen Systemwelt betrieblicher<br />

Entscheidungen und der betrieblichen Realität her. Ziel der Ausführungen im<br />

zweiten Hauptteil ist es deshalb, das Verhalten der betrieblichen Entscheidungspersonen<br />

in der Auswahl externer Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen strukturiert zu beschreiben und<br />

im Hinblick auf individuelle Fehler und Konfliktpotentiale zu hinterfragen.<br />

Das beschriebene Auswahlproblem tritt besonders deutlich zu Tage bei oberen<br />

Führungskräften größerer und großer Unternehmen, bei denen regelmäßig ein erhebliches<br />

Mitspracherecht bei sie selbst betreffenden Weiterbildungsentscheidungen oder<br />

auch eine mehr oder minder weitgehende Autonomie in diesen Entscheidungen <strong>an</strong>genommen<br />

werden k<strong>an</strong>n. Die exponierte Stellung oberer Führungskräfte in der Unternehmenshierarchie<br />

und die wirtschaftliche Bedeutung ihrer betrieblichen H<strong>an</strong>dlungen lassen<br />

gleichzeitig zielgruppenspezifische Besonderheiten in der Auswahl von externen<br />

Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen vermuten.<br />

Ableitung eines Zielsystems für die Auswahl externer Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen<br />

für obere Führungskräfte<br />

Die generelle Formulierung eines Ziels betrieblicher Weiterbildung für obere Führungskräfte<br />

ist nicht ausreichend operational, um mit ihrer Hilfe konkrete Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen<br />

auswählen zu können. Dieses Oberziel wird deshalb in Unterbzw.<br />

Einzelziele aufgespalten. Um der Forderung nach Vollständigkeit des <strong>an</strong>gestrebten<br />

Zielsystems gerecht zu werden, wird in einem ersten Schritt ein umfassender Katalog<br />

betrieblicher Personalentwicklungs- und Weiterbildungsziele für Führungskräfte abgeleitet,<br />

bevor in einem zweiten Schritt diese Ziele vor dem Hintergrund von Anforderungen<br />

der betrieblichen Aufgaben oberer Führungskräfte auf ihre Relev<strong>an</strong>z speziell für die<br />

Auswahl externer Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen für obere Führungskräfte geprüft<br />

werden.<br />

Die in diesem System gen<strong>an</strong>nten Fundamentalziele lassen sich in zwei Kategorien<br />

einteilen: Personalpolitische Ziele, die im Kontext betrieblicher Personalpolitik fundamental<br />

für die betriebliche Weiterbildung sind, und Unternehmensziele, die den für das<br />

Unternehmen umfassendsten und grundlegenden Maßstab widerspiegeln.<br />

Die Einzelziele betrieblicher Weiterbildung lassen sich als Aspekte von übergeordneten<br />

Zwischenzielen zu Kategorien zusammenfassen. Die größte Gruppe bilden<br />

entsprechend ihrer vorr<strong>an</strong>gigen Bedeutung für die Weiterbildung die Qualifikationsziele,<br />

die nach fachlicher, sozialer und konzeptioneller Kompetenz weiter untergliedert<br />

sind.


364 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Ziele, die aus der Verzahnung der Personalentwicklung mit der Org<strong>an</strong>isationsentwicklung<br />

herrühren oder die davon berührt werden, sind in einer separaten Gruppe zusammengefasst.<br />

Ebenso k<strong>an</strong>n das Ziel, in der Weiterbildung Fehlbesetzungen innerhalb des Unternehmens<br />

zu entdecken, keiner der bisher gebildeten Kategorien zugeordnet werden; es<br />

wird daher ebenfalls separat ausgewiesen.<br />

Die ”Soziale Komponente” in der Zielhierarchie fasst Weiterbildungsziele zusammen,<br />

die in besonderer Weise auf die soziale Ausgestaltung einer externen Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltung<br />

abheben. Aus der Erfordernis, das Unternehmen nach außen gegenüber<br />

der Unternehmensumwelt zu repräsentieren und persönliche Kontakte für die Interessen<br />

des Unternehmens zu nutzen sowie aus den Anforderungen <strong>an</strong> die pl<strong>an</strong>erischen<br />

und konzeptionellen Fähigkeiten von Führungskräften resultiert die besondere Bedeutung,<br />

die den in dieser Kategorie zusammengefassten Einzelzielen zukommt.<br />

Auf dieser Basis wird aus der Systematik allgemeiner Personalentwicklungs- und<br />

Weiterbildungsziele ein System von Weiterbildungszielen abgeleitet, das Grundlage für<br />

die Bewertung von Alternativen bei der Auswahl einer externen Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltung<br />

für obere Führungskräfte sein k<strong>an</strong>n.<br />

Verhalten der Entscheidungsträger in der Auswahlentscheidung<br />

Es k<strong>an</strong>n <strong>an</strong>genommen werden, dass zumindest nicht undifferenziert alle Entscheidungen<br />

in der Auswahl von externen Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen generell, d.h. ohne<br />

Berücksichtigung der besonderen Umstände, von der Unternehmensleitung <strong>an</strong> die obere<br />

Führungskraft delegiert werden bzw. von oberen Führungskräften autonom entschieden<br />

werden können. Entsprechend k<strong>an</strong>n es Typen von Auswahlsituationen geben, in denen<br />

die Unternehmensleitung sich die Kompetenz mindestens der letztlichen Entscheidung<br />

vorbehält, diese also für eine originäre Aufgabe der Unternehmensführung hält, und <strong>an</strong>dere,<br />

in denen diese Kompetenz als <strong>an</strong> den geführten Mitarbeiter, die obere Führungskraft,<br />

delegierbar <strong>an</strong>gesehen wird. Demnach gilt es zunächst, Merkmale zu bestimmen,<br />

die solche Entscheidungstypen hinreichend differenziert charakterisieren.<br />

Da diese Typisierung die Ausg<strong>an</strong>gsbasis bildet für die <strong>an</strong>schließende Analyse von<br />

Auswahlprozessen, geht es darum, Entscheidungssituationen möglicherweise typischen<br />

Prozessverläufen zuzuordnen. Dafür werden in der betrieblichen Praxis als wichtig <strong>an</strong>gesehene<br />

Kriterien her<strong>an</strong>gezogen.<br />

Im Ergebnis determinieren die diskutierten Kriterien, neben materiellen Ressourcen,<br />

der Reichweite und der Reversibilität der Auswahlentscheidung sowie der Betroffenheit<br />

der Entscheider insbesondere die Dauer von Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen, die<br />

Bildung von Prozesstypen der Auswahlentscheidung oberer und oberster Führungskräfte.<br />

Auf der Basis der von Bronner und Hauschildt et al. nachgewiesenen Entscheidungstypen<br />

lassen sich für die verschiedenen Auswahlsituationen drei Typen von Auswahlprozessen<br />

ableiten: Alltagsentscheidungen, Entscheidungen zur laufenden Bereichsabstimmung<br />

und fallweise Entscheidungen. Diese werden im Kontext betrieblicher<br />

Entscheidungsprozesse zur Auswahl von Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen für obere


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 365<br />

Führungskräfte in Anlehnung <strong>an</strong> die Typologie von Führungsstilen von T<strong>an</strong>nenbaum<br />

und Schmidt als Delegative Auswahl, Partizipative Auswahl und Konsultative Auswahl<br />

bezeichnet.<br />

Um nun den ausgewählten Typen von Auswahlprozessen nach Art und insbesondere<br />

nach Dauer konkrete Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen zuordnen zu können, werden<br />

Parallelen zu der üblichen H<strong>an</strong>dhabung in der betrieblichen Aufgabenerledigung oberer<br />

Führungskräfte gezogen, die eine betriebliche Abwesenheit bedingen. Entsprechend lassen<br />

sich Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen von bis zu drei Tagen Delegativer Auswahl,<br />

Ver<strong>an</strong>staltungen bis 2 Wochen Partizipativer Auswahl und längerdauernde Ver<strong>an</strong>staltungen<br />

Konsultativer Auswahl zuordnen.<br />

In jedem dieser drei Typen von Auswahlprozessen zeigen obere Führungskraft und<br />

Topm<strong>an</strong>ager bestimmte, kennzeichnende Verhaltensweisen zur Lösung bzw. H<strong>an</strong>dhabung<br />

des Auswahlproblems. Eine Rolle spielt hierfür die Zahl der in die Auswahlentscheidung<br />

involvierten Individuen, aber auch bestimmte Eigenschaften der Entscheidungspersonen,<br />

deren Präferenzen und Widerstände, die jeweils in unterschiedlichem<br />

Maße Relev<strong>an</strong>z für den Verlauf des Auswahlprozesses und seine Steuerung haben. Um<br />

das Verhalten von Topm<strong>an</strong>agern und oberen Führungskräften hinreichend zu konkretisieren,<br />

erscheint es zudem erforderlich, auf empirisch beobachtete Verlaufsmuster von<br />

Entscheidungsprozessen einzugehen. Deshalb werden H<strong>an</strong>dlungsmuster, also Regelmäßigkeiten<br />

im Entscheidungsverhalten, als ein Teil des der Untersuchung zugrundeliegenden<br />

Analyse- und Untersuchungsrasters beschrieben.<br />

Besonderes Augenmerk wird dabei auf das Ausmaß der relativen Partizipation der<br />

oberen Führungskräfte bei der Entscheidungsfindung gerichtet. Insbesondere wird die<br />

Frage be<strong>an</strong>twortet, w<strong>an</strong>n und inwieweit obere Führungskräfte bei der Informationsgewinnung<br />

hinzugezogen werden, vor der Entscheidung konsultiert werden oder die Entscheidung<br />

mit ihrem Vorgesetzten gemeinsam treffen. Deshalb wird der Analyse des<br />

Verhaltens von oberer Führungskraft und Topm<strong>an</strong>ager eine Phasenbetrachtung vor<strong>an</strong>gestellt,<br />

um mögliche Interaktionsbereiche und -inhalte sichtbar zu machen. Innerhalb dieses<br />

Rahmens wird untersucht, welche Konflikte jeweils auftreten können.<br />

Die aufgezeigten Verhaltenstendenzen bei der Auswahl von externen Weiterbildungsver<strong>an</strong>staltungen<br />

gelten nicht generell für oberste und obere Führungskräfte. Abweichungen<br />

können personen- und situationsbedingt sein. Trotz bestehender Unterschiede<br />

zeichnet sich für die betrachteten Unternehmen jedoch eine relativ hohe Übereinstimmung<br />

der Verhaltenstendenzen von Topm<strong>an</strong>agern und oberen Führungskräften<br />

ab, insbesondere in Bezug auf das Entscheidungsverhalten. Im Rahmen des Informations-<br />

und Konfliktverhaltens im Auswahlprozess weisen ähnliche Verhaltensprofile auf<br />

übereinstimmende Grundauffassungen über die relative Bedeutung der Verhaltensmerkmale<br />

hin.


366 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Heike Welte<br />

Der Berufseinstieg von Wirtschaftsakademikern als Identitätsentwicklungsprozess<br />

*<br />

Betreuer: Prof. Dr. Steph<strong>an</strong> Laske, Universität Innsbruck<br />

Diese Dissertation versucht <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d von drei Fallstudien mit HochschulabsolventInnen,<br />

einen Beitrag zur Verknüpfung von org<strong>an</strong>isationaler Sozialisation und damit<br />

verbundener Identitätsentwicklung im Rahmen des Berufsbeginns in einem spezifischen<br />

Arbeitsgebiet zu liefern. Der berufliche „Ersteinstieg“ stellt für jeden Menschen eine<br />

schwierige Lebensphase dar, die durch Unsicherheiten, Konflikte ... geprägt sein k<strong>an</strong>n,<br />

und damit bedeutenden Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung hat. Faktoren, die<br />

dabei eine wesentliche Rolle spielen, sind bspw. die Veränderung von Zeit- und<br />

Leistungsstrukturen, die Eingliederung in ein neues soziales Umfeld, die Konfrontation<br />

mit meist vom eigenen Weltbild abweichenden Wertvorstellungen u.ä.. Dieser Überg<strong>an</strong>g<br />

vom Ausbildungs- ins Beschäftigungssystem bedeutet somit oft eine schlagartige<br />

Veränderung der persönlichen Situation. In dieser Arbeit geht es darum, systematisch<br />

und theorieunterstützt die beeinflussenden Faktoren, Prozesse und Schlussfolgerungen<br />

aufzuzeigen. Eine Konkretisierung der 'allgemeinen' Sozialisations<strong>an</strong>sätze erfolgt durch<br />

die Einschränkung der Analyse auf HochschulabsolventInnen, die mit ihrer ersten Berufstätigkeit<br />

nach Studienabschluss im Personalbereich einer Org<strong>an</strong>isation begonnen<br />

haben, und die als Betroffene im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.<br />

Diese Gruppe k<strong>an</strong>n durch zwei „Besonderheiten“ skizziert werden:<br />

Einmal zeichnen sich diese neuen MitarbeiterInnen dadurch aus, dass sie noch keine<br />

ihrer Ausbildung entsprechende Berufserfahrung haben und bisher in einem<br />

(mehr oder weniger) geschützten Raum agieren konnten. Durch den Wechsel des<br />

Referenzsystems – also vom Ausbildungssystem in die Erwerbstätigkeit – wird die<br />

Identität einer Person in Frage gestellt, bedingt durch mehr oder weniger große Unterschiede<br />

zwischen den beiden Bereichen, wie z.B. Wertvorstellungen oder Verhaltensweisen.<br />

Dadurch stellt sich der Berufseinstieg als eine besonders identitätskritische<br />

Lebensphase dar.<br />

Zum <strong>an</strong>deren wird die Einstiegsphase <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d von AkademikerInnen, die in einem<br />

spezifischen Arbeitsfeld tätig sind, konkretisiert, nämlich im Personalbereich einer<br />

Org<strong>an</strong>isation. Dieser Bereich wurde ausgewählt, da „Personalarbeit“ ein besonderes<br />

Sp<strong>an</strong>nungsfeld beinhaltet, das sich als für die AbsolventInnen belastend herausstellen<br />

k<strong>an</strong>n: Diese Aufgabe ist zwischen der optimalen Nutzung der Arbeitskraft, wie<br />

sie von der Org<strong>an</strong>isation <strong>an</strong>gestrebt wird, und den Eigeninteressen der einzelnen<br />

Menschen als Träger der Arbeit eingebettet. Damit hat es „der Personalist“ mit einem<br />

schwer pl<strong>an</strong>- und berechenbaren „Objekt“ zu tun, da sich die Arbeitskraft und<br />

*<br />

erschienen unter dem Titel: Der Berufseinstieg von Wirtschaftsakademikern. Eine<br />

sozialisationstheoretische Studie. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag. 1999


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 367<br />

-leistung nicht von seinem Träger trennen lässt. Dazu kommt, dass er/sie auch<br />

„Personal“ ist und damit selbst mit diesem Dilemma konfrontiert ist.<br />

Mit Hilfe des „Symbolischen Interaktionismus“ (Krappm<strong>an</strong>n 1975) wird in dieser<br />

Arbeit der begriffliche Rahmen für den Prozess des Arbeitsbeginns und der damit zusammenhängenden<br />

Sozialisations- sowie Identitätsauswirkungen entwickelt: Im Prozess<br />

der betrieblichen Integration geht es einerseits um die „Vergesellschaftung“ der Person<br />

(role-taking), d.h. die Rollenübernahme, das Sich-Einpassen des Individuums in die<br />

vorgegebenen Rollenschablonen und -erwartungen. Andererseits ist die Person jedoch<br />

nicht nur ein sich einfügendes Objekt, das fremden Ansprüchen unterworfen wird, sondern<br />

sie versucht, im Prozess der „Individuation“ eigene Vorstellungen durchzusetzen<br />

und Bedingungen in diesem Sinne neu zu gestalten (role-making). In diesem Aush<strong>an</strong>dlungsprozess<br />

bringen die Akteure immer auch Teile ihrer Identität ein, die durch diesen<br />

Kommunikationsprozess mit <strong>an</strong>deren aber auch neu entstehen bzw. weiterentwickelt<br />

werden. Der Prozess der Persönlichkeitsentwicklung wird damit verst<strong>an</strong>den als Einheit<br />

von Vergesellschaftung und Individuierung. Als R<strong>an</strong>dbedingungen dieses „Aush<strong>an</strong>dlungsprozesses“<br />

agieren dabei die aus der org<strong>an</strong>isationalen Struktur, den Arbeitsinhalten<br />

und Arbeitsbedingungen der einzelnen Stellen folgenden Verhaltensnormierungen.<br />

Grundlage der Analyse von Einstiegssituationen aus der Perspektive org<strong>an</strong>isationaler<br />

Sozialisation bildet dabei ein rollen<strong>an</strong>alytisches Phasenmodell org<strong>an</strong>isationaler Sozialisation,<br />

da dieses Modell den Prozesscharakter sowie das h<strong>an</strong>delnde Subjekt im Rahmen<br />

der Rollenaush<strong>an</strong>dlung herausstreicht. Durch die Verbindung mit dem Identitätskonzept<br />

des symbolischen Interaktionismus sowie dem interaktionistischen Rollenverständnis<br />

wird einerseits die Zielsetzung org<strong>an</strong>isationaler Sozialisation (nämlich stabile<br />

Ich-Identität) aufgezeigt, <strong>an</strong>dererseits wird verdeutlicht, welche Interaktionspartner und<br />

wechselseitigen (Interaktions-)Prozesse von Bedeutung sind.<br />

Der Prozess der Sozialisation wird in diesem Modell in drei Phasen gegliedert, die<br />

in der Folge kurz beschrieben und mit beispielhaften Ergebnissen der Fallstudien verdeutlicht<br />

werden:<br />

Antizipatorische Sozialisation bzw. „Vor-Eintritts-Phase“ als eine Phase der Formung<br />

von Erwartungen und Bildern über den zukünftigen Arbeitsplatz und die damit<br />

verbundene Tätigkeit. Eine besondere Bedeutung wird in dieser Phase der universitären<br />

Ausbildung als eine spezifische Sozialisationsinst<strong>an</strong>z zugeschrieben. Ein Studium vermittelt<br />

bestimmte berufsspezifische, soziale H<strong>an</strong>dlungsorientierungen. Diese prägen die<br />

Wahrnehmung der späteren Arbeitssituationen und führen damit möglicherweise auch<br />

zu bestimmten, typischen Reaktionsmustern. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g ist die Frage interess<strong>an</strong>t,<br />

welches Bild von „Personal“ und „Personalarbeit“ durch ein Studium vermittelt<br />

wird: verhaltensorientiert oder/und ökonomisch orientiert. In den Interviews mit den<br />

AbsolventInnen hat sich gezeigt, dass sie Personalarbeit als recht idealisiert bzw. idealistisch<br />

beschreiben. Für sie geht es im Rahmen dieser Tätigkeit vor allem um das Entwickeln<br />

und Fördern von Menschen. Kaum einer der AbsolventInnen hat im Studium<br />

die Konflikthaftigkeit dieses Bereichs so erlebt, wie es sich in der späteren Tätigkeit<br />

darstellt („m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n nicht allen helfen“; „oft ist es ein Nullsummenspiel: was m<strong>an</strong> dem<br />

einen gibt, muss m<strong>an</strong> dem <strong>an</strong>deren nehmen“).


368 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Allerdings sind die Ergebnisse darüber, was im Rahmen der universitären Sozialisation<br />

<strong>an</strong> Wertvorstellungen, Orientierungen, Statusdenken vermittelt wird, sehr widersprüchlich<br />

und <strong>an</strong>gesichts von einzelnen Lebensverläufen sehr problematisch.<br />

„Encounter“ bzw „Eintrittsphase“: Wenn ein/e BewerberIn als neues Mitglied einer<br />

Org<strong>an</strong>isation akzeptiert wurde und er/sie die Arbeitsstelle <strong>an</strong>genommen hat, beginnt<br />

jene Phase, in der der/die „Neue“ die gültigen Werte, Normen und Praktiken erlernt und<br />

auf diese „eingeschworen“ werden soll. In dieser Phase können eine Vielzahl von unterschiedlichen<br />

Konflikten entstehen, die sich im wesentlichen auf das Aufein<strong>an</strong>dertreffen<br />

von individuellen Erwartungen des „Einsteigers“ und tatsächlichen org<strong>an</strong>isationalen<br />

Gegebenheiten zurückführen lassen. Sie beziehen sich vor allem auf Aufgabeninhalte,<br />

Vorgesetzte, ArbeitskollegInnen, Rollenerwartungen <strong>an</strong> die eigene Person, den Umg<strong>an</strong>g<br />

mit gültigen Org<strong>an</strong>isationsnormen sowie auf die Verbindung von Berufstätigkeit und<br />

Privatleben.<br />

Wie diese Diskrep<strong>an</strong>zen erlebt werden, hängt vom einzelnen (z.B. frühere Erfahrungen,<br />

persönliche Interpretationsschemata) ab. Zentrale Faktoren dürften dabei das<br />

Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sowie die Anerkennung durch die soziale Umgebung<br />

sein. Grundsätzlich lassen sich zwei Positionen unterscheiden:<br />

Die erste Position geht davon aus, dass diese Zeit, die durch ein hohes Maß <strong>an</strong> Unsicherheit,<br />

Konflikten und Überlastung gekennzeichnet ist, auch als solche erlebt wird.<br />

Damit verbunden sind Angst und Stressgefühle. Die zweite Position geht davon aus,<br />

dass dieses mit neuen Situationen verbundene Unsicherheitspotential nicht unbedingt<br />

als Bedrohung, sondern als Herausforderung gesehen und damit als lustvoll empfunden<br />

wird. Für den einzelnen k<strong>an</strong>n es durchaus wünschenswert sein (vor allem nach Ende des<br />

Studiums), aktiv zu sein, Dinge auszuprobieren, Orientierungen zu finden.<br />

Es muss zu einem Ausgleich zwischen den verschiedenen Erwartungen durch vielfältige<br />

Verh<strong>an</strong>dlungs- und wechselseitige Anpassungsprozesse kommen (sozialisatorische<br />

Prozesse), d.h. durch täglich stattfindende Interaktionen entstehen „individuelle“<br />

org<strong>an</strong>isationale Rollen (role-taking-role-making). Die Bal<strong>an</strong>ce zwischen sozialem<br />

Druck nach Anpassung und Autonomiestreben soll erreicht werden: Neue MitarbeiterInnen<br />

müssen die auf sie und ihre Rolle bezogenen Erwartungen erkennen, <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d ihres<br />

Selbstkonzeptes bewerten sowie interpretieren und zu einem Bild über die „aktuelle“<br />

Situation zusammenfügen (Bedeutung geben), die sich aus der spezifischen Arbeitssituation<br />

ergibt.<br />

Dies zeigt sich bspw. sehr deutlich im Rahmen der Erfüllung der gestellten Arbeitsaufgabe:<br />

Von allen Interviewpartnern wird übereinstimmend herausgestrichen, dass die Erfüllung<br />

einer als für die Org<strong>an</strong>isation wichtigen, herausfordernd eingeschätzten und<br />

selbständig bzw. eigenver<strong>an</strong>twortlich gelösten Arbeitsaufgabe die eigene Sicherheit und<br />

die Anerkennung durch <strong>an</strong>dere Unternehmensmitglieder massiv erhöht. Durch die<br />

Schaffung von H<strong>an</strong>dlungsspielräumen kommt es zum Abbau von Unsicherheit bzw. zur<br />

Weiterentwicklung der eigenen Identität, d.h. auch zu mehr Rollen- und H<strong>an</strong>dlungssicherheit.<br />

Ähnliche Bedeutung wird der eigenständigen Bewältigung von Konflikten mit


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 369<br />

Vorgesetzten oder ArbeitskollegInnen, die bspw. durch unklare Kompetenzregelungen,<br />

Angst vor Machtverlust u.ä. entstehen, zugeschrieben.<br />

„Ch<strong>an</strong>ge <strong>an</strong>d acquisiton“ beinhaltet die Erfüllung der drei Hauptaufgaben der org<strong>an</strong>isationalen<br />

Sozialisation:<br />

die Bewältigung von Rollen<strong>an</strong>forderungen und damit Aneignung <strong>an</strong>gemessenen<br />

Rollenverhaltens,<br />

die Aufgabenerfüllung und damit die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkei-<br />

<br />

ten am Arbeitsplatz,<br />

die Angleichung <strong>an</strong> die Normen und Werte der Arbeitsgruppe und damit die Erreichung<br />

von Ich-Identität sowie Stabilisierung der eigenen Position.<br />

Zentrale Frage für den einzelnen wird sein, wie er die Anforderungen der Rolle unter<br />

Berücksichtigung seiner eigenen Werte und Erfahrungen so ausfüllen k<strong>an</strong>n, dass seine<br />

Identität erhalten bleibt bzw. sich in seinem Sinne weiterentwickelt. Eine stabile Ich-<br />

Identität ist Bedingung dafür, mit unterschiedlichen Ansprüchen und Erwartungen (Inkonsistenzen)<br />

umgehen zu können und h<strong>an</strong>dlungsfähig zu bleiben.<br />

Am Schluss der Arbeit werden Konsequenzen für die Ausbildung sowie für die<br />

Org<strong>an</strong>isation beschrieben.


370 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

6. Anreize und Kompensation<br />

Heiner L<strong>an</strong>gemeyer<br />

Das Cafeteria-Verfahren – Ein flexibles, individuelles Anreizsystem<br />

betrachtet aus entscheidungstheoretischer Sicht *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Wagner, Universität Potsdam<br />

Das Cafeteria-Verfahren ist ein Anreizsystem flexibler und individueller Entgeltgestaltung<br />

mit turnusmäßig wiederkehrenden Wahlmöglichkeiten für die Mitarbeiter.<br />

Die Wahl zwischen Entgeltleistungen ermöglicht den Mitarbeitern eine ihren jetzigen<br />

und künftigen Präferenzen entsprechende individuelle Bedürfnisbefriedigung aus betrieblicher<br />

Kompensation.<br />

Es h<strong>an</strong>delt sich bei dieser Vergütungsform um eine Abkehr von traditionellen, starren<br />

Entlohnungssystemen. Dabei stellt sich sofort die zentrale Frage: Wie werden die<br />

Mitarbeiter in das individualisierte Vergütungskonzept einbezogen und welche potentiellen<br />

Konsequenzen können aus der Praktizierung eines Cafeteria-Systems für die Unternehmen<br />

sowie für die betroffenen Mitarbeiter resultieren?<br />

Aus dieser zentralen Frage lässt sich eine Vielzahl weiterer Fragen ableiten, die<br />

sich grundsätzlich in zwei Kategorien aufteilen lassen. Zum einen geht es hierbei um<br />

theoretische Erklärungs<strong>an</strong>sätze hinsichtlich der Funktionsweise von Cafeteria-<br />

Systemen. Zum <strong>an</strong>deren stellt sich die Frage nach einem theoretischen Gerüst, <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d<br />

dessen die Konsequenzen, die sich aus der Praktizierung eines Cafeteria-Systems möglicherweise<br />

ergeben, untersucht werden können. Für die Beurteilung dieses komplexen<br />

Sachverhaltes bedarf es nicht nur eines, sondern verschiedener Ansatzpunkte. Eine eigene<br />

Theorie zu Cafeteria-Systemen oder ein umfassender Erklärungs<strong>an</strong>satz existiert<br />

bisher nicht, weshalb hier die relev<strong>an</strong>ten Probleme des Cafeteria-Systems aus unterschiedlichen<br />

theoretischen Perspektiven betrachtet werden können. Letztlich wird für<br />

die Untersuchung ein entscheidungstheoretischer Weg eingeschlagen, um das gesamte<br />

Spektrum tr<strong>an</strong>sparent zu machen, welches der Cafeteria-Ansatz leisten k<strong>an</strong>n.<br />

Im Vordergrund der Betrachtung steht dabei das Cafeteria-Wahlrecht (die Cafeteria-Option),<br />

da es das ausschlaggebende Instrument einer Vergütung im Sinne des Cafeteria-Systems<br />

ist. Aus entscheidungsbezogener Sicht werden Kriterien entwickelt, die<br />

für die Unternehmen und für die Mitarbeiter zur Bewertung von Cafeteria-Optionen her<strong>an</strong>gezogen<br />

werden können. Die Optionsbewertung wird <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d der Kriterien Attraktivität,<br />

Fin<strong>an</strong>zierung/Kosten, Risiko, Flexibilität und Durchsetzbarkeit durchgeführt, wobei<br />

diese Kriterien jeweils durch Subkriterien detaillierter beschrieben werden. Dabei<br />

werden im einzelnen diejenigen Cafeteria-Optionen untersucht, die auch häufig in Pra-<br />

*<br />

L<strong>an</strong>gemeyer, Heiner: Das Cafeteria-Verfahren. Ein flexibles, individuelles Anreizsystem<br />

betrachtet aus entscheidungstheoretischer Sicht (Hochschulschriften zum<br />

Personalwesen, Bd. 26); <strong>Hampp</strong>, München/Mering 1999; ISBN 3-87988-384-X.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 371<br />

xismodellen vorzufinden sind, und zwar: die Mitarbeiterkapitalbeteiligung, die Gestellung<br />

von Dienstwagen, Direktversicherungen, betriebliche Altersversorgung über das<br />

Konzept der Deferred Compensation und verschiedene Zeitmodelle, z.B. die Verrechnung<br />

von Arbeitszeit und Entgelt.<br />

Als Ergebnisse werden Aussagen über den Eignungsgrad einzelner Optionen als<br />

individualisierter Vergütungsbest<strong>an</strong>dteil und des gesamten Cafeteria-Systems erarbeitet.<br />

Diese Ergebnisse werden durch Expertenmeinungen, empirische Daten und Berechnungen<br />

zu Praxisbeispielen gestützt. Darauf aufbauend wird letztlich der Versuch unternommen,<br />

allgemeine Gestaltungsempfehlungen bzw. H<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>weisungen für die<br />

Unternehmen für das Design eines individuell ausgerichteten Vergütungspaketes zu erarbeiten.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass sich Cafeteria-Systeme weiter verbreiten und dass es nicht<br />

nur bei Absichtserklärungen für eine stärkere Praktizierung bleibt. Damit ergibt sich<br />

auch ein Ansatz für weitere Fragestellungen hinsichtlich der wissenschaftlichen Erforschung<br />

von Cafeteria-Systemen. Insbesondere empirischen Arbeiten ist es vorbehalten,<br />

den weiteren Entwicklungsprozess von Cafeteria-Systemen nicht nur qu<strong>an</strong>titativ, sondern<br />

auch qualitativ (neue Optionen, Wahlrechtskonkretisierungen etc. ) im Hinblick<br />

auf mögliche Erfolgsfaktoren eines Cafeteria-Systems, zu verfolgen. Dazu bieten sich in<br />

erster Linie Befragungen in den Unternehmen <strong>an</strong>, die das Cafeteria-System seit Jahren<br />

praktizieren und damit Erfahrungen, auch von Mitarbeiterseite, gesammelt haben, um<br />

den hier eingeschlagenen Weg entscheidungsorientierten Vorgehens weiter zu präzisieren<br />

und zu erweitern.<br />

Harriet Macke<br />

Arbeitszeitgestaltung in den neuen Bundesländern *<br />

Betreuer: Prof. Dr Michel E. Domsch, Universität der Bundeswehr<br />

Hamburg<br />

Die Arbeitszeitgestaltung stellt einen wesentlichen Anreiz zum Eintritt, Verbleib<br />

und zur Motivation in Unternehmen dar. Bei der Implementierung von Arbeitszeitmodellen<br />

sind jedoch kulturelle Besonderheiten zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Teilzeitarbeit.<br />

Ein Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschl<strong>an</strong>d zeigt für die Verg<strong>an</strong>genheit<br />

z.B., dass Teilzeitarbeit in der DDR i.d.R. nur eine Reduktion der Arbeitszeit um wenige<br />

Stunden beinhaltete und vergleichsweise selten praktiziert wurde. Zudem wurde<br />

Teilzeitarbeit von staatlicher Seite nicht erwünscht. Gleichzeitig lag die Frauenerwerbsquote<br />

jedoch bei etwa 91% (1989).<br />

Die Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen gestalten sich mittlerweile jedoch derart,<br />

dass zunehmend über Teilzeitarbeit in den Unternehmen nachgedacht wird bzw. diese<br />

*<br />

erschienen 1998 im Gabler <strong>Verlag</strong>, Wiesbaden.


372 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

bereits implementiert wurde. Ziel der Arbeit ist daher die Analyse von verschiedenen<br />

Einflussfaktoren auf die Bewertung von Teilzeitarbeit in den neuen Bundesländern<br />

durch die Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen. Übergreifend geht es um Empfehlungen für die<br />

Gestaltung von Teilzeitarbeit für Unternehmen.<br />

Anreizsysteme bilden die theoretische Basis der Arbeit. Erörtert werden die Ziele,<br />

die Unternehmen mit dem Angebot von Anreizen verfolgen, zu unterscheidende Anreizarten<br />

und w<strong>an</strong>n diese als solche von Mitarbeitern/innen wahrgenommen werden bzw.<br />

welche Faktoren hierauf Einfluss nehmen. Zudem wird Arbeitszeit als spezieller Anreiz<br />

eingehend dargestellt – auch die Situation in der DDR. Hauptteil der theoretischen<br />

Grundlagen bildet die Beschreibung / Analyse von Faktoren, die auf die Wahrnehmung<br />

und Bewertung der Teilzeitarbeit durch Mitarbeiterinnen in den neuen Bundesländern<br />

Einfluss nehmen können.<br />

Die empirische Untersuchung basiert auf zwei Datenquellen. Zum einen wurden 63<br />

Interviews in Unternehmen in den neuen Bundesländern durchgeführt, die jeweils in<br />

Form einer 360-Grad-Analyse aufgebaut sind. Zum <strong>an</strong>deren bilden Daten des Sozioökonomischen<br />

P<strong>an</strong>els (SOEP) für Ostdeutschl<strong>an</strong>d mit i.d.R. 916 Datensätzen die qu<strong>an</strong>titative<br />

Basis der Untersuchung.<br />

Eine Analyse der Daten erfolgt in drei Bereichen. Hinsichtlich des Einflusses personenzentrierter<br />

Faktoren auf die Akzept<strong>an</strong>z/Bewertung von Teilzeitarbeit als Anreiz ist<br />

festzuhalten, dass die wahrgenommene geringere Vereinbarkeit von Familie und Beruf,<br />

traditionellere Rollenvorstellungen, aber auch geringere Karrierevorstellungen und die<br />

Bewertung einzelner Berufsaspekte – wie z.B. die geringere Bedeutung von Einflussnahme<br />

im Beruf oder selbständiges Arbeiten – bei Teilzeitmitarbeiterinnen im Vergleich<br />

zu Vollzeitmitarbeitern/innen häufiger <strong>an</strong>zutreffen sind und Einfluss auf die Bewertung<br />

nehmen. Ebenso zeigt sich, dass die - unerwartet häufig verbreitete - unfreiwillige<br />

Teilzeitarbeit einen negativen Einfluss, insbesondere aufgrund der ausbleibenden<br />

Anpassung des Arbeitsvolumens, auf die Akzept<strong>an</strong>z sowohl der Teilzeitmitarbeiterinnen,<br />

aber vor allem auch auf die Akzept<strong>an</strong>z der Teilzeitarbeit als Alternative für Vollzeitmitarbeiter<br />

nimmt.<br />

Als situationszentrierte Faktoren auf Org<strong>an</strong>isationsebene werden z.B. qualitative<br />

Aspekte der Tätigkeit, Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, die Teilzeitarbeitspolitik<br />

im Unternehmen, die Entlohnung, das Verhältnis tatsächlicher zur vereinbarten<br />

Arbeitszeit, Arbeitsplatzsicherheit etc. untersucht, wobei zahlreiche Benachteiligungen<br />

für Teilzeitmitarbeiterinnen zu konstatieren sind. Diese werden auch als Benachteiligungen<br />

gewertet, es erfolgt jedoch eine wenig kritische Begegnung seitens der Teilzeitmitarbeiterinnen.<br />

Hingegen beurteilen in Vollzeit Beschäftigte diese Konditionen<br />

deutlich kritischer. Entsprechend ist hier nicht von einer Bewertung der Teilzeitarbeit<br />

als Anreiz auszugehen.<br />

Anders ist dies auf der Gruppenebene. In der Zusammenarbeit mit dem direkten<br />

Arbeitsumfeld wird deutlich, dass vergleichsweise selten Benachteiligungen bezüglich<br />

Anerkennung, Integration und Zusammenarbeit mit Vorgesetzten bzw. Vollzeitkollegen<br />

festzustellen sind, was u.a. auf die Sozialisation in der DDR und damit Kultur zurückzuführen<br />

ist. Die Bewertung gilt sowohl für Vollzeit- als auch Teilzeitmitarbeiter/innen.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 373<br />

Auf der Gruppenebene ist damit im Gegensatz zur Org<strong>an</strong>isationsebene kein negativer<br />

Einfluss auf die Bewertung der Teilzeitarbeit als Anreiz zu vermuten.


374 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Ramona Schawilye<br />

Belegschaftsaktien in der mittelständischen Aktiengesellschaft<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dres. h.c. Eduard Gaugler, Universität M<strong>an</strong>nheim<br />

Anlass für die Untersuchung1 war die Verabschiedung des „Gesetzes für kleine<br />

Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“. Mit diesem Gesetz, das<br />

seit August 1994 in Kraft ist, wollte m<strong>an</strong> die Rechtsform der Aktiengesellschaft für mittelständische<br />

Unternehmen attraktiver machen. Zu diesem Zweck sieht es Erleichterungen<br />

vor, die speziell auf die Bedingungen personalistisch strukturierter Aktiengesellschaften<br />

mit überschaubarem Anteilseignerkreis zugeschnitten sind.<br />

In betriebswirtschaftlicher Hinsicht eröffnen sich durch die neue Rechtslage gerade<br />

für mittelständische Unternehmen nicht nur neue Perspektiven bei der Beschaffung von<br />

Eigenkapital <strong>an</strong> bzw. außerhalb der Börse oder bei der Bewältigung des Generationenwechsels.<br />

Die Novellierung des Aktienrechts ebnet ihnen auch den Weg zu einer Beteiligung<br />

der Mitarbeiter am Kapital des arbeitgebenden Unternehmens in Form von Belegschaftsaktien.<br />

Dieser zuletzt gen<strong>an</strong>nte Gesichtspunkt ist in jüngerer Zeit unter <strong>an</strong>derem<br />

wegen der kontroversen Diskussion um das Shareholder Value-Konzept wieder<br />

stärker in den Blickfeld vieler Unternehmen gerückt.<br />

Vor diesem Hintergrund best<strong>an</strong>d die Zielsetzung der Arbeit darin, zu prüfen, inwieweit<br />

die Rechtsform der Aktiengesellschaft für mittelständische Unternehmen unter<br />

dem Aspekt einer Ausgabe von Belegschaftsaktien attraktiv erscheinen k<strong>an</strong>n. Insbesondere<br />

galt es dabei typische Besonderheiten einer Ausgabe von Belegschaftsaktien in<br />

mittelständischen, nicht börsennotierten Unternehmen, d.h. die mittelst<strong>an</strong>dsrelev<strong>an</strong>te<br />

Facette einer Aktienbeteiligung herauszuarbeiten. Da vor allem die Softwarebr<strong>an</strong>che offenkundig<br />

Interesse <strong>an</strong> der Aktiengesellschaft als Rechtsform und <strong>an</strong> den Möglichkeiten<br />

einer Mitarbeiterbeteiligung zeigt, st<strong>an</strong>d sie im Mittelpunkt der Betrachtung.<br />

Die Arbeit baut auf zwei Schwerpunkten auf. Erstens wurde untersucht, welche Ziele<br />

für eine Ausgabe von Belegschaftsaktien in mittelständischen Softwareunternehmen maßgeblich<br />

sind und ob diese tendenziell erreicht werden können. Personalpolitischen und fin<strong>an</strong>zwirtschaftlichen<br />

Beteiligungsmotiven ist dabei besondere Beachtung gewidmet.<br />

In personalpolitischer Hinsicht werden Belegschaftsaktien in mittelständischen<br />

Softwareunternehmen vor allem zur Verbesserung der Identifikation der Begünstigten<br />

mit dem arbeitgebenden Unternehmen und seinen Zielen, ferner zur Förderung der Motivation,<br />

und schließlich zur Bindung betrieblicher Leistungsträger <strong>an</strong> das Unternehmen.<br />

Die potentiellen Auswirkungen einer Aktienbeteiligung auf das Verhalten der Begünstigten<br />

wurden auf der Grundlage der Erwartungs-Wert-Theorie von Long2 beschrieben.<br />

1<br />

2<br />

Vgl. Schawilye, R., Belegschaftsaktien in der mittelständischen Aktiengesellschaft:<br />

Analyse am Beispiel von Softwareunternehmen, Wiesbaden 1998.<br />

Vgl. Long, R.J., The Effects of Employee Ownership on Org<strong>an</strong>isational Identification,<br />

Employee Job Attitudes, <strong>an</strong>d Org<strong>an</strong>isational Perform<strong>an</strong>ce: A Tentative Framework<br />

<strong>an</strong> Empirical Findings, in: Hum<strong>an</strong> Relations, 31. Jg. (1978), Nr. 1, S. 29-48.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 375<br />

Dabei k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> feststellen, dass das Instrument der Belegschaftsaktie geeignet erscheint,<br />

diese Zielsetzungen zumindest teilweise zu erreichen. Insbesondere ist dabei zu<br />

erwarten, dass sich Motivationseffekte im Mittelst<strong>an</strong>d und speziell in der Softwarebr<strong>an</strong>che<br />

bei geeigneter Modellgestaltung tendenziell in höherem Ausmaß als in Großunternehmen<br />

einstellen.<br />

Angesichts der begrenzten Fin<strong>an</strong>zierungsmöglichkeiten im Mittelst<strong>an</strong>d k<strong>an</strong>n die<br />

Rechtsform der Aktiengesellschaft als Voraussetzung für eine Emission von Belegschaftsaktien<br />

in fin<strong>an</strong>zwirtschaftlicher Hinsicht vor allem bei wachsenden mittelständischen<br />

Softwareunternehmen mit hohem Kapitalbedarf <strong>an</strong> Attraktivität gewinnen.<br />

Zweitens galt es zentrale Problemfelder bei der Gestaltung eines Beteiligungsmodells<br />

vor dem Hintergrund der Wesensmerkmale mittelständischer Aktiengesellschaften<br />

zu <strong>an</strong>alysieren. Fokussiert wurden im einzelnen die Bemessung der Anteilshöhe der<br />

Mitarbeiteraktionäre am Grundkapital, die Auswahl der beteiligungsberechtigten Mitarbeiter<br />

und die Festlegung von Gattung und Wertpapiercharakter der Belegschaftsaktien.<br />

Aus den Ausführungen zu diesen Modellkomponenten lassen sich die folgenden zentralen<br />

Erkenntnisse ableiten. Mit der Festlegung des den begünstigten Mitarbeitern insgesamt<br />

<strong>an</strong>gebotenen Anteils am Grundkapital der Gesellschaft wird die Gesamtheit der<br />

aktienrechtlichen Vermögensrechte und kapitalbezogenen Mitverwaltungsrechte zwischen<br />

der Gruppe der bisherigen Eigentümer eines beteiligungswilligen mittelständischen<br />

Unternehmens und jener der künftigen Belegschaftsaktionäre verteilt. Die Auswahl<br />

der zu beteiligenden Mitarbeiter ist in mittelständischen Softwaregesellschaften<br />

unter besonderer Beachtung von Akzept<strong>an</strong>zgesichtspunkten zu treffen; der arbeitsrechtliche<br />

Grundsatz der Gleichbeh<strong>an</strong>dlung ist dabei nur begrenzt relev<strong>an</strong>t. Eine Beteiligung<br />

der Mitarbeiter mit Stammaktien k<strong>an</strong>n nach Maßgabe der gewährten Anteilshöhe und<br />

vorh<strong>an</strong>denen Beteiligungsverhältnisse zu einer gravierenden Einschränkung der Entscheidungsautonomie<br />

der bisherigen Eigentümer bei der Beschlussfassung in der<br />

Hauptversammlung führen. Mit der Möglichkeit einer Vinkulierung von Namensaktien<br />

bietet das Aktienrecht mittelständischen Unternehmen ein breitgefächertes und flexibles<br />

Instrumentarium, mit dessen Hilfe m<strong>an</strong> eine unerwünschte Erweiterung des Anteilseignerkreises<br />

auch im Falle einer Mitarbeiterbeteiligung wirksam verhindern k<strong>an</strong>n.<br />

Insgesamt betrachtet hat die Arbeit gezeigt, dass Belegschaftsaktien in mittelständischen<br />

Softwareunternehmen als Mittel zur Realisierung personalpolitischer Zielsetzungen,<br />

wie z.B. zur Erhöhung von Motivation, Identifikation und Integration der Mitarbeiter<br />

und zur Bindung betrieblicher Leistungsträger <strong>an</strong> das Unternehmen eingesetzt<br />

werden können. Eine Aktienbeteiligung der Mitarbeiter k<strong>an</strong>n außerdem eine ökonomisch<br />

sinnvolle Alternative bei der Beschaffung von Eigenkapital im Wachstumsprozess<br />

darstellen. Beides setzt jedoch voraus, dass vielfältige mittelst<strong>an</strong>dstypische Eigenarten<br />

bei der Konzeption eines Beteiligungsmodells berücksichtigt werden.<br />

Ein Bedarf <strong>an</strong> weiterführenden Forschungsarbeiten zur Aktienbeteiligung in mittelständischen<br />

Softwareunternehmen besteht insbesondere hinsichtlich weiterer Bausteine<br />

der Gestaltung eines Beteiligungsmodells. Beispielhaft sind hier die Ausgabetechnik der<br />

Belegschaftsaktien, die Bewertung dieser Anteile sowie die Errichtung einer innerbetrieblichen<br />

Mitarbeiterbörse <strong>an</strong>zuführen. Darüber hinaus gilt es zu untersuchen, inwieweit<br />

sich die Rahmenbedingungen <strong>an</strong>derer Wirtschaftszweige als der IT-Br<strong>an</strong>che auf


376 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

die Modellgestaltung und die Erreichbarkeit der mit einer Aktienbeteiligung verfolgten<br />

Ziele auswirken.<br />

Anja Tuschke<br />

Steuerungs- und Anreizfunktion von Aktienplänen – eine vertragstheoretische<br />

Betrachtung *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Rolf Bühner, Universität Passau<br />

Die Verbreitung von Aktienplänen in deutschen Großunternehmen nimmt zu. Unternehmen,<br />

in denen eine wertorientierte Unternehmensführung im Vordergrund steht,<br />

beginnen ihr M<strong>an</strong>agement und nachgeordnete Mitarbeiter am Eigenkapital ihrer Gesellschaft<br />

zu beteiligen. Neben der allgemeinen gesellschaftlichen Bedeutung von Kapitalbeteiligungen<br />

steht hierbei besonders die Steuerungs- und Anreizfunktion solcher Pläne<br />

im Vordergrund. Da m<strong>an</strong>ches M<strong>an</strong>agementinstrument einer Mode unterworfen ist, erscheint<br />

es geboten, den Informationsgehalt von Aktienplänen wissenschaftlich zu untersuchen.<br />

Die als Dissertation von Frau Tuschke eingereichte Arbeit nimmt sich dieses<br />

Ziels <strong>an</strong> und bewertet die Steuerungs- und Anreizfunktion von Aktienplänen vor dem<br />

Hintergrund der Theorie unvollkommener Verträge.<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt der Arbeit bildet eine vertragstheoretische Klassifikation möglicher<br />

Zielkonflikte, wie sie auf unterschiedlichen Hierarchieebenen des Unternehmens<br />

auftreten können. Als Konfliktauslöser werden Spielräume bei der Zielsetzung und<br />

Zielumsetzung im Unternehmen gesehen, die den Beteiligten opportunistisches Verhalten<br />

ermöglichen und zur Entstehung von Mißverständnissen beitragen. Aus den Spielräumen<br />

ergeben sich so unterschiedliche Konflikte wie eigennütziges H<strong>an</strong>deln, Verschleierung<br />

und Zurückhaltung notwendiger Information sowie die Gefahr einer Fehlauswahl<br />

von Bewerbern am externen und internen Arbeitsmarkt.<br />

Für die einzelnen Konfliktfelder wird untersucht, ob Aktienpläne die <strong>an</strong> sie geknüpften<br />

Erwartungen erfüllen und eine Reduktion von Konfliktkosten erreichen. Dabei<br />

wird zwischen einer direkten Eigenkapitalbeteiligung durch die Ausgabe von Aktien,<br />

einer fiktiven Beteiligung durch Ph<strong>an</strong>tom-Aktien und einer indirekten Beteiligung durch<br />

Aktienoptionen differenziert.<br />

Die Arbeit zeigt, wie die Zielsetzung von M<strong>an</strong>agern und Mitarbeitern durch unterschiedliche<br />

Formen von Aktienplänen stärker auf die Ansprüche der Eigenkapitalgeber<br />

ausgerichtet und die qualitative sowie qu<strong>an</strong>titative Leistung bei der Zielumsetzung gefördert<br />

werden k<strong>an</strong>n. Im einzelnen gelingt dies durch eine Interessenharmonisierung<br />

zwischen Eigentümern und allen <strong>an</strong> Aktienplänen Beteiligten sowie durch eine Begrenzung<br />

bestehender Verhaltensspielräume. Die Gewährung von Aktienplänen im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit der Partizipation <strong>an</strong> Entscheidungsrechten k<strong>an</strong>n die Informationsaufdeckung<br />

im Unternehmen verbessern und trägt auf diese Weise zur Reduktion von Miß-<br />

*<br />

Die Arbeit erscheint im September 1999 unter gleichnamigem Titel im Gabler-<strong>Verlag</strong>,<br />

ISBN-Nr. 3-82446961-8.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 377<br />

verständnissen bei. Schließlich vermögen Aktienpläne die Attraktivität des Unternehmens<br />

am Arbeitsmarkt zu steigern. So k<strong>an</strong>n das Unternehmen durch eine geeignete Gestaltung<br />

der Pläne gezielt jene Bewerber <strong>an</strong>sprechen, die sich durch eine hohe Bereitschaft<br />

und Fähigkeit zu wertorientiertem H<strong>an</strong>deln auszeichnen.<br />

Eine Konfrontation der vertragstheoretischen Argumentation mit Motivationstheorien<br />

verdeutlicht die Attraktivität von Ph<strong>an</strong>tom-Aktien für untere Hierachieebenen. Die<br />

Mitarbeiter werden hierbei <strong>an</strong> der Wertsteigerung org<strong>an</strong>isatorisch abgegrenzter Bereiche<br />

beteiligt, deren Entwicklung sie durch ihr H<strong>an</strong>deln beeinflussen können. Aktienpläne als<br />

Ersatz für Aufstiegsmöglichkeiten in flachen Hierarchien oder für <strong>an</strong>dere Pf<strong>an</strong>dlösungen<br />

wie Pensionszusagen und Abfindungen sind Sichtweisen, die neu sind und die Diskussion<br />

um Aktienpläne bereichern.<br />

Die Autorin stellt klar, dass Aktienpläne nicht nur Konflikte reduzieren, sondern<br />

auch zu neuen Konfliktkosten im Unternehmen führen können. Dies betrifft die Freiheit<br />

des M<strong>an</strong>agements bei der Gestaltung von Aktienplänen sowie Verhaltensspielräume, die<br />

sich für den Kreis der Begünstigten ergeben. Die Analyse der nicht-intendierten Auswirkungen<br />

von Aktienplänen und entsprechender Gegenmaßnahmen bezieht sich auf<br />

spezifisch deutsche Rahmenbedingungen und relativiert amerik<strong>an</strong>ische Untersuchungsergebnisse.<br />

Die Arbeit von Frau Tuschke beh<strong>an</strong>delt ein wissenschaftlich interess<strong>an</strong>tes sowie<br />

für die Praxis aktuelles und wichtiges Thema. Durch die vertragstheoretische Fundierung<br />

gelingt eine ökonomische Betrachtung von Aktienplänen, die weit über bisherige<br />

in der Literatur vorgenommene Analysen hinausgeht. Pragmatische Gestaltungsvorschläge<br />

machen die Arbeit zu einem wertvollen Ratgeber für die Gestaltung von Aktienplänen<br />

in der Unternehmenspraxis.<br />

7. Führung und Führungskräfte<br />

Wolfg<strong>an</strong>g Fischer<br />

Gesellschaftliche Öffnung des Unternehmens – Anforderungen<br />

<strong>an</strong> die gesellschaftspolitisch orientierte Führungskraft *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Wagner, Universität Potsdam<br />

Fragestellung der Untersuchung<br />

Das thematische Engagement ergibt sich aus dem Werdeg<strong>an</strong>g des Verfassers und<br />

ist eine Zwischenbil<strong>an</strong>z beruflicher und politischer Erfahrungen. Dies sind berufliche<br />

Funktionen der Personalarbeit: Ausbildungswesen, Personalentwicklung, -referat, -leitung<br />

*<br />

Fischer, Wolfg<strong>an</strong>g: Gesellschaftliche Öffnung des Unternehmens: Anforderungen<br />

<strong>an</strong> die gesellschaftspolitisch orientierte Führungskraft (Hochschulschriften zum<br />

Personalwesen, 00024); <strong>Hampp</strong>, München/Mering 1999; ISBN 3-87988-359-9.


378 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

im Großkonzern und im industriellen Mittelst<strong>an</strong>d. Seit 1990 ist der Verfasser selbständiger<br />

Unternehmensberater und M<strong>an</strong>agementtrainer. Erfahrungen <strong>an</strong>derer gesellschaftlicher<br />

Sektoren liegen aus der Selbstverwaltung von Sozialversicherungsträgern, einem<br />

Gemeinderat, der Tätigkeit als ehrenamtlicher Arbeitsrichter und als L<strong>an</strong>dtagsabgeordneter<br />

vor. Auf dieser Basis thematisierte Erfahrungen:<br />

Ausbildung und Studium haben nicht auf die gesellschaftlichen Dimensionen der<br />

später wahrgenommenen Führungsfunktionen vorbereitet.<br />

Das betriebliche M<strong>an</strong>agement reagiert hilflos, sobald die eigenen disziplinären<br />

Grenzen in Richtung gesellschaftlicher Bezüge überschritten werden. Deutlich wird<br />

dies bei Ereignissen, die auch die außerbetriebliche Umwelt betreffen. Hilflosigkeit<br />

besteht auch im Umg<strong>an</strong>g mit den Medien.<br />

<br />

Der eigene Versuch, die berufliche Position als offen in gesellschaftlicher Hinsicht<br />

zu begreifen, wurde häufig konterkariert bzw. behindert.<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt der Überlegungen sind damit die vom Praktiker wahrgenommenen<br />

Disson<strong>an</strong>zen in den gesellschaftlichen Grenzbereichen des Unternehmens, die in die<br />

akademische Forschung und Lehre zurückgespiegelt werden. Das Ziel besteht darin,<br />

dort Lösungs<strong>an</strong>sätze zu finden bzw. deren Erarbeitung einzufordern und zugleich einen<br />

eigenen weiterführenden Beitrag zu leisten:<br />

<br />

<br />

<br />

Welche Fragen hat die Betriebswirtschaftslehre zur gesellschaftlichen St<strong>an</strong>dortbestimmung<br />

des Unternehmens bisher gestellt, welche Antworten gefunden?<br />

Sind (waren) die bisherigen wissenschaftlichen Antworten geeignet, die beobachteten<br />

Disson<strong>an</strong>zen zu beheben bzw. zu mindern?<br />

Welche Gestaltungsoptionen erscheinen zum Ende des 20. Jahrhunderts zukunftsfähig?<br />

Von dem Projekt soll ein Impetus auf die akademische Lehre ausgehen, der die behauptete<br />

„gesellschaftspolitische Hilflosigkeit“ im M<strong>an</strong>agement bei künftigen Akteuren<br />

vermindern hilft.<br />

Theoretische Basis: Gesellschaftliche Unternehmensöffnung in der betriebswirtschaftlichen<br />

Forschung und Lehre<br />

In den 20er und frühen 30er Jahren befasste sich die junge Privatwirtschaftslehre<br />

bereits mit normativen Konzepten, allerdings fokussiert auf die Unternehmerrolle im<br />

betrieblichen Gefüge. Geöffnet wurde die Perspektive lediglich in Richtung gesamtwirtschaftlicher<br />

Güterversorgung durch Betriebe, nicht aber hinsichtlich gesellschaftlicher<br />

Aspekte.<br />

Dies gilt prinzipiell auch für die ersten zwei Jahrzehnte nach 1945: Gutenbergs<br />

Faktortheorie grenzt gesellschaftliche Fragestellungen als zum „externen Datenkr<strong>an</strong>z“<br />

gehörig aus. Die Menschen im Betrieb agieren rational als homo oeconomicus. Gruppenphänomene<br />

gelten allenfalls als Störfaktoren, Individualziele und Unternehmensziele<br />

sind identisch. Aufgabe und Legitimation des Unternehmens ist die Bereitstellung<br />

von Gütern und Diensten. Gesellschaftliche Produktionsfolgen – im Terminus der Ökonomie<br />

„externe Effekte“ – bleiben ausgeblendet. Das Unternehmen ist Teil der Wirtschaft,<br />

nicht Teil der Gesellschaft. Die Faktororientierung wirkt in Forschung und Pra-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 379<br />

xis noch heute nach, wird z.T. offensiv verteidigt und bildet die Basis für die hochmoderne<br />

Spielart der 90er Jahre, den Shareholder Value.<br />

Ab Ende der 60er Jahre bedeutet die entscheidungsorientierte BWL Heinens und<br />

Kirschs eine Abkehr vom homo oeconomicus. Es bestehen divergierende Präferenzordnungen,<br />

Koalitionen werden gebildet. Allerdings beschränkt sich die entscheidungsorientierte<br />

Analyse auf Vorgänge innerhalb des Unternehmens. Sie schließt aber sozialwissenschaftliche<br />

Erkenntnisse zum menschlichen H<strong>an</strong>deln nicht mehr aus und stellt<br />

damit einen ersten Schritt gesellschaftlicher Unternehmensöffnung dar.<br />

Eine zusätzliche Perspektive eröffnet die systemorientierte BWL der 70er Jahre,<br />

die das „mikrosoziale“ Konzept der Entscheidungsorientierung um die „makrosoziale“<br />

Komponente Umwelt ergänzt. Das System Unternehmung ist nun Teil eines umfassenderen<br />

Systems. Keine gesellschaftliche Gruppe bleibt a priori aus dem Umsystem ausgeschlossen,<br />

externe Lenkungssysteme wirken auf das Unternehmen ein.<br />

Zeitlich parallel zu Entscheidungs- und Systemorientierung stellt im Zuge der Mitbestimmungsdiskussion<br />

ab Ende der 60er Jahre die kritische Sozialwissenschaft die gesellschaftliche<br />

Legitimation des Großunternehmens auf den Prüfst<strong>an</strong>d. V. Nell-<br />

Breuning, Steinm<strong>an</strong>n, Peter Ulrich und <strong>an</strong>dere fordern die Abkehr von der interessenmonistischen<br />

Unternehmensverfassung und die institutionelle Absicherung interessenpluralistischer<br />

Entscheidungsmitwirkung externer Anspruchsgruppen im Unternehmen.<br />

Diese Anspruchsgruppendiskussion wird in den 80er Jahren in thematischer Variation<br />

als „Stakeholder“-Diskussion fortgesetzt und fokussiert folgende konzeptionelle<br />

Entscheidung: Soll das Unternehmen bei seinen Entscheidungen gesellschaftlich ver<strong>an</strong>twortungsbewusst,<br />

im übrigen aber autonom agieren, oder sollen externe Anspruchsgruppen<br />

(Stakeholder) als Mitentscheider inkorporiert werden? Erstere Vari<strong>an</strong>te wird<br />

von der kritischen Sozialwissenschaft als notwendig, nicht aber hinreichend abgelehnt.<br />

Das Großunternehmen als quasi-öffentliche Institution (Peter Ulrich) hat sich wegen<br />

seiner Machtfülle und gesellschaftlichen Bedeutung entsprechender gesellschaftlicher<br />

Kontrolle zu unterwerfen.<br />

Vorgehensweise<br />

Nach Aufarbeitung der gesellschaftlichen Unternehmensöffnung in der betriebswirtschaftlichen<br />

Forschung und Lehre war festzustellen, ob die aufgefundenen theoretischen<br />

Beiträge gemäß Fragestellung geeignet sind, Lösungshilfen für die praktischen<br />

Disson<strong>an</strong>zen beizusteuern, bzw. wo Problemdimensionen im Grenzbereich des Unternehmens<br />

zu seiner Umwelt betriebswirtschaftlich unzureichend bearbeitet wurden.<br />

Zur Absicherung der Fragen <strong>an</strong> Forschung und Lehre war der eigene Blick (insideout)<br />

durch eine <strong>an</strong>gemessene Anzahl externer gesellschaftlicher Blicke von außen auf<br />

das Unternehmen (outside-in) zu ergänzen. Dies geschah durch eine qualitative Erhebung.<br />

Es wurden 24 Expertengespräche mit Multiplikatoren verschiedener gesellschaftlicher<br />

Gruppen geführt. Neben Unternehmern und M<strong>an</strong>agement sind folgende Bereiche<br />

repräsentiert: Schule und Hochschule, wirtschaftsnahe und politische Bildungseinrichtungen,<br />

Kirche, Politik und Verwaltung, Gewerkschaft und Unternehmensverb<strong>an</strong>d.<br />

Aufgrund der ergebnisoffen <strong>an</strong>gelegten Interviews war großer Wert auf st<strong>an</strong>dardisieren-


380 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

de Elemente bei der Durchführung sowie beim Ergebnisrücklauf zu legen. Möglicher<br />

Interviewereinfluss wurde verringert durch ausformulierte Antworterwartungen.<br />

Literatur<strong>an</strong>alyse, Überprüfung der Fragen und Expertenaussagen zum Unternehmensst<strong>an</strong>dort<br />

ermöglichten sod<strong>an</strong>n die kritische Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit dem erreichten<br />

Forschungsst<strong>an</strong>d und die Formulierung eigener Gestaltungshinweise.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 381<br />

Arbeitsergebnisse<br />

Mit dem Hinweis auf die Bedeutung großer betrieblicher Einheiten richtete sich<br />

der Blick bereits auf eine zentrale Erkenntnis des Projektes: Die BWL führt ihre Diskussionen<br />

zur gesellschaftlichen Öffnung des Unternehmens fast ausschließlich am Beispiel<br />

des Groß- und Größtunternehmens. Die Arbeitgeber der großen Mehrzahl deutscher<br />

Beschäftigter bleiben damit aus der Betrachtung weitestgehend ausgeklammert.<br />

Im Rahmen der Anspruchsgruppen-/Stakeholder-Betrachtung fällt auf, dass jene<br />

Gruppen als legitimiert erscheinen, die sich für betroffen erklären, sich engagieren und<br />

Macht ausüben. Die Arbeit leistet die in der Literatur vermisste Überprüfung der Stakeholder-Legitimation.<br />

Sie setzt sich ausein<strong>an</strong>der mit Kontextbedingungen, die dazu führen,<br />

dass Betroffenheit unterschiedlich wahrgenommen wird. Sie prüft, inwieweit bewusst<br />

oder unbewusst durch Schulbildung oder Medien falsche Wirtschaftsbilder erzeugt<br />

werden. Sie beklagt, dass auf gesetzlichem Wege Umfeldbedingungen für Unternehmen<br />

geschaffen werden durch Parlamente, in denen ökonomischer Sachverst<strong>an</strong>d so<br />

gut wie nicht repräsentiert ist. Sie fragt, ob es sich bei „gesellschaftlichen Interessen“<br />

nicht vielfach lediglich um verkleidete gruppenegoistische Ansprüche h<strong>an</strong>delt. Sie stellt<br />

fest, dass ehemals unumstrittene Stakeholder ihre Legitimation überdenken müssen, wenn<br />

den Verbänden und Gewerkschaften in massivem Umf<strong>an</strong>g Mitglieder verloren gehen.<br />

Die Arbeit kombiniert sod<strong>an</strong>n die Erkenntnisse über weitgehend fehlende konzeptionelle<br />

Berücksichtigung des Mittelst<strong>an</strong>des mit den kritischen Anmerkungen zur Stakeholder-Legitimation<br />

und kommt zu dem Schluss, dass die pluralistischen Anspruchsgruppenkonzepte<br />

weitgehend <strong>an</strong> unserer Lebenswirklichkeit vorbeigehen.<br />

Mag die gesellschaftliche Machtbindung Groß- und Größtunternehmen gegenüber<br />

ratsam sein, so lassen sich die gen<strong>an</strong>nten Konzepte nicht ohne weiteres auf den Mittelst<strong>an</strong>d<br />

übertragen. Bestehen zudem Zweifel <strong>an</strong> der Legitimation wesentlicher<br />

Stakeholder, so muss auch das für Großunternehmen entworfene Konzept in Frage<br />

gestellt werden. Die Arbeit erkennt das pluralistische Anspruchsgruppenkonzept als<br />

nicht überzeugend und besinnt sich auf die im Zuge der Mitbestimmungsdiskussion –<br />

nach Ansicht des Verfassers fälschlicherweise – verworfene gesellschaftliche<br />

Ver<strong>an</strong>twortung von Unternehmern und M<strong>an</strong>agement.<br />

Dass dieses Konzept sich unter den gegebenen Bedingungen nicht vollautomatisch<br />

durchsetzt, ist <strong>an</strong>zunehmen. In ihrer disziplinären Bef<strong>an</strong>genheit verkennen M<strong>an</strong>ager und<br />

Unternehmer oft den Zusammenh<strong>an</strong>g, dass gesellschaftsschädliches Verhalten außer in<br />

extrem kurzfristiger Perspektive negative ökonomische Folgen zeitigt. Sie sind d<strong>an</strong>n<br />

häufig überrascht über die Folgen ihres Tuns. Die Arbeit schließt daher mit einer größeren<br />

Anzahl von Gestaltungsempfehlungen, die den Boden für gesellschaftlich ver<strong>an</strong>twortungsvolles<br />

M<strong>an</strong>agementh<strong>an</strong>deln bereiten sollen. Sie fordern dazu auf, den Dialog<br />

mit der Unternehmensumwelt offen aufzunehmen und die gesellschaftlich eher passive<br />

Rolle von Unternehmern und M<strong>an</strong>agement zu überwinden.


382 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Siegfried Mauch<br />

Zielorientiertes Führen – ein Umsetzungsmodell für die öffentliche<br />

Verwaltung *<br />

Dissertation der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

Speyer<br />

Gegenst<strong>an</strong>d der Dissertation ist die Herleitung und Beschreibung eines Umsetzungsmodells<br />

zielorientierter Führung für die öffentliche Verwaltung. Der Autor verbindet<br />

darin verschiedene Instrumente zu einem integrativen Ansatz direkter und indirekter<br />

Führung. Er verknüpft dazu wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischen Erfahrungen<br />

aus verschiedenen Verwendungen in der baden-württembergischen L<strong>an</strong>desverwaltung.<br />

Hintergrund der Arbeit sind die bisher unzureichenden Modernisierungserfolge<br />

im Bereich Führung.<br />

In der Arbeit wird ein Weg aufgezeigt, wie die Endloskette wiederkehrender und<br />

ressourcenverbrauchender Reformrhythmen unterbrochen werden k<strong>an</strong>n. Auf dem Weg<br />

dahin setzt sich der Autor mit der Führungssituation in der öffentlichen Verwaltung<br />

ausein<strong>an</strong>der und beschreibt die Komplexität von Führung und das Sp<strong>an</strong>nungsfeld der<br />

unterschiedlichsten Führungs<strong>an</strong>forderungen.<br />

Die Ausführungen und die praktischen Beispiele ver<strong>an</strong>schaulichen, wie zielorientierte<br />

Führung in ein strategisches Modernisierungskonzept eingebunden und mit der Systemstruktur<br />

der öffentlichen Verwaltung verknüpft werden muss, damit Modernisierungserfolge<br />

Nachhaltigkeit gewährleisten können. Die Einbettung des Themas in die Verwaltungsreform<br />

verdeutlicht den hohen Vernetzungsgrad mit <strong>an</strong>deren Reformthemen.<br />

Die Arbeit ist in sieben Teile gegliedert. Der Problembeschreibung folgt die Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

mit der aktuellen Diskussion um Führung und M<strong>an</strong>agement. Im dritten<br />

Teil steht auf der Grundlage sozio-empirischer Untersuchungen die Führungssituation<br />

im Blickpunkt der Ausführungen. An Einzelbeispielen wird beschrieben, welche Entwicklungen<br />

und Herausforderungen Führungs<strong>an</strong>forderungen kennzeichnen und worin<br />

die besondere Bedeutung von Führung in Gegenwart und Zukunft bestehen wird. In diesem<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g wird auch auf das Dilemma erk<strong>an</strong>nter Entwicklungstendenzen und<br />

Führungs<strong>an</strong>forderungen einerseits sowie realer Verwaltungsmodernisierung <strong>an</strong>dererseits<br />

eingeg<strong>an</strong>gen. Diesem führungspraktischen Teil folgen Ausführungen zur Führungstheorie.<br />

Vorgestellt werden die wichtigsten theoretischen Ansätze direkter und indirekter<br />

Führung und ihre Verknüpfung zu einem diffizilen Gesamtsteuerungsnetzwerk. Im fünften<br />

Teil werden die allgemeinen führungstheoretischen Betrachtungen um führungsstiltheoretische<br />

ergänzt. Auf der Grundlage kooperativer Führungs<strong>an</strong>forderungen wird ein<br />

normativ-ethisches Führungsmodell mit seinen strategischen, operativen und taktischen<br />

Dimensionen vorgestellt. Besondere Aufmerksamkeit erhalten dabei die Themen Leitbild,<br />

Zielstruktur und Zielentwicklung. Dazu werden Implementationshilfen aufgezeigt,<br />

wie partizipative Zielentwicklungsprozesse in Behörden ablaufen und wie Leitbildent-<br />

*<br />

erschienen im Raabe-<strong>Verlag</strong> Düsseldorf.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 383<br />

wicklungen als identifikationsbildende Prozesse gestaltet und als kulturstiftende H<strong>an</strong>dlungen<br />

genutzt werden können. Dieser Teil wird abgerundet mit wichtigen Systembausteinen<br />

zur Stabilisierung moderner Führung. Gegenst<strong>an</strong>d dieser Betrachtung sind auch<br />

Ausein<strong>an</strong>dersetzungen mit leistungsbezogenen Anreizen, dem Institut der Führungsfunktion<br />

auf Zeit, der Dezentralisierung der Ressourcenver<strong>an</strong>twortung sowie der Notwendigkeit<br />

eines Wettbewerbssurrogate gewährleistenden Reformgesetzes. Die Arbeit<br />

schließt mit der Vorstellung von fünf die Veränderungsresistenz gewährleistenden Einbruchstellen.<br />

Cornelia Schlatter<br />

Die Ermittlung des Bedarfs <strong>an</strong> sozial-kommunikativen Qualifikationen<br />

bei Führungspositionen der Dienstleistungsbr<strong>an</strong>che *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dres. h.c. Eduard Gaugler, Universität M<strong>an</strong>nheim<br />

Zielsetzung und Hintergrund der Untersuchung<br />

Das Anliegen der Untersuchung ist es gewesen, systematisch ein Grundkonzept zur<br />

Ermittlung und Präzisierung des Qualifizierungsbedarfs und -inhalts bei Führungskräften<br />

im Vertriebs- und Kundenbetreuungsbereich zu entwickeln, welches sich im Kern<br />

<strong>an</strong> der Erfassung sozial-kommunikativer Qualifikationskomponenten orientiert.<br />

Die Dienstleistungsbr<strong>an</strong>che und die Zielgruppe „Führungskräfte“ wurden aus folgenden<br />

Gründen fokussiert: Die Qualität von Beratungsleistungen stellt einen strategischen<br />

Erfolgsfaktor für Dienstleistungsunternehmen dar, die speziell erklärungsbedürftige,<br />

individualisierte Dienstleistungen <strong>an</strong>bieten. Um das Ziel einer starken Kundenbindung<br />

zu erreichen, ist es erforderlich, sich mit den konkreten Kundenerwartungen zu<br />

beschäftigen. Daher messen Kunden neben ausgeprägten fachlichen Qualifikationen<br />

insbesondere der sozial-kommunikativen Kompetenz des Kundenkontaktpersonals eine<br />

große und steigende Bedeutung zu. Um im externen Bereich eine <strong>an</strong>gemessene Kundenorientierung<br />

zu ermöglichen, kommt internen Abstimmungen eine ebenso bedeutende<br />

Rolle zu, bei denen sozial-kommunikative Qualifikationen in ähnlicher Weise gefordert<br />

sind. Damit gewinnt die Qualifizierung insbesondere derjenigen Mitarbeiter <strong>an</strong> Bedeutung,<br />

die in „sozial <strong>an</strong>spruchsvollen“ Funktionsbereichen und <strong>an</strong> Schnittstellen zwischen<br />

dem in- und externen Bereich tätig sind. Führungskräfte im Vertriebs- und Kundenbetreuungsbereich<br />

nehmen längerfristig aufgrund der ihnen zukommenden Ergebnis-<br />

und Mitarbeiterver<strong>an</strong>twortung eine herausragende Rolle ein (Multiplikatorrolle).<br />

Theoretische Basis und Methodik<br />

*<br />

erschienen beim <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München/Mering 1998; 246 S., DM 49.80,<br />

ISBN 3-87988-271-1


384 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Die Untersuchung gibt Aufschluss darüber, welche sozial-kommunikativen Qualifikationen<br />

eine Führungskraft im Vertriebs- und Kundenbetreuungsbereich besitzen<br />

muss. Die in der Literatur zu findenden Ausführungen zu der sozialen Kompetenz als<br />

recht abstraktes Konstrukt und zu sozial-kommunikativen Qualifikationen als Teilqualifikationen<br />

der sozialen Kompetenz wurden in die Arbeit aufgenommen. Für die Bedarfsermittlung<br />

sind sie stellen- und kontextspezifisch präzisiert worden. Hierzu wurde<br />

das Instrumentarium einer Kontext<strong>an</strong>alyse verwendet, um die Determin<strong>an</strong>ten der Stelle,<br />

Position und des Funktionsbereichs zu identifizieren. Über die Kontextvariablen werden<br />

verwertbare Hinweise für die Bewertung und Gewichtung sozial-kommunikativer Anforderungen<br />

gegeben.<br />

Das Bedarfsermittlungskonzept beruht auf dem Ansatz der „weak signals“ nach<br />

Ansoff. „Schwache Signale/Frühwarnsignale“ werden identifiziert und überprüft, inwieweit<br />

sie sich als Indikatoren für einen Weiterbildungsbedarf bei sozial-kommunikativen<br />

Qualifikationen der Führungskräfte eignen.<br />

Das entwickelte Grundkonzept zur Bedarfsermittlung enthält Aussagen über die<br />

Vorgehensweise der Bedarfsermittlung und über die Eignung potentiell in Frage kommender<br />

einschlägiger Methoden und Verfahren zur Erfassung des Weiterbildungsbedarfs.<br />

Die Untersuchung widmet sich ebenso der Schwierigkeiten, die bei der Messung<br />

und Operationalisierung sozialer und sozial-kommunikativer Qualifikationen zu berücksichtigen<br />

sind.<br />

In einem letzten Schwerpunkt befasst sich die Arbeit mit der Ableitung von Qualifizierungsinhalten<br />

aus dem zuvor identifizierten Weiterbildungsbedarf, um so konkrete<br />

Ansatzpunkte für das Führungskräftetraining mit sozial-kommunikativen Qualifikationen<br />

zu gewinnen.<br />

Die Untersuchung basiert im wesentlichen auf einer differenzierten Literatur<strong>an</strong>alyse<br />

sowie auf einer Reihe von Interviews und Expertengesprächen. Die Interviewpartner<br />

stammen im wesentlichen aus Dienstleistungsunternehmen oder großen Industrieunternehmen<br />

mit eigenen Dienstleistungscentern. Es h<strong>an</strong>delt sich dabei sowohl um Repräsent<strong>an</strong>ten<br />

der Zielgruppe „Führungskräfte im Vertriebs- und Kundenbetreuungsbereich“ als<br />

auch um Vertreter aus dem Qualifizierungsbereich der jeweiligen Unternehmen.<br />

Ergebnisse der Untersuchung<br />

Die Identifizierung „schwacher Signale“ als Indikatoren für m<strong>an</strong>gelnde sozialkommunikative<br />

Qualifikationen ist für die Früherkennung von Qualifikationsdefiziten<br />

von großer Bedeutung. Allerdings ist es dabei für die Praxis erforderlich, dem Problem<br />

der Ursachenzurechnung und Multikausalität ausreichend Rechnung zu tragen.<br />

Die Auswahl, Festlegung und Operationalisierung sozial-kommunikativer Merkmale,<br />

die für den Vertriebs- und Kundenbetreuungsbereich bedeutend sind, stellen zunächst<br />

die größte Herausforderung der Weiterbildungsbedarfs<strong>an</strong>alyse dar. Obwohl Verhaltensmerkmale<br />

für eine Operationalisierung dominieren (sozial-kommunikative Qualifikationen<br />

treten als Verhaltensweisen in Erscheinung), ist darauf zu verweisen, dass<br />

auch <strong>an</strong>dere Operationalisierungsmöglichkeiten relev<strong>an</strong>t sein können, die nicht als Beurteilungsmerkmale<br />

für die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs außer Acht zu lassen


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 385<br />

sind (z.B. Leistungsergebniskriterien). Eine gut geeignete Form der Operationalisierung<br />

sozial-kommunikativer Qualifikationen stellen verhaltensorientierte Kriterien/Merkmale<br />

dar, unter spezieller Ergänzung sogen<strong>an</strong>nter Verhaltensrichtbeispiele.<br />

Obwohl eine Vielzahl <strong>an</strong> Instrumenten zur Erfassung des Anforderungs- und Qualifikationsprofils<br />

erläutert wird, ist als Resümee herauszustellen, dass sich die präsentierten<br />

Verfahren meist nur auf einen Ausschnitt sozial-kommunikativer Anforderungen<br />

und Qualifikationen beschränken. Dies stellt zwar für die Praxis kein vollständig zufriedenstellendes<br />

Ergebnis dar, allerdings ist <strong>an</strong>zumerken, dass Einzel<strong>an</strong>forderungen und<br />

Qualifikationen z.T. deutlich besser und detaillierter erfasst werden können, als dies bei<br />

eher umfassenden Methoden der Fall wäre. Dienstleistungsunternehmen werden sich<br />

speziell aus Kostengründen vorsichtig überlegen müssen, inwieweit sie Erfassungsinstrumente<br />

kombiniert <strong>an</strong>wenden, um fehlende Informationen zu einzelnen Anforderungen<br />

und Qualifikationen auszugleichen.<br />

Von weiterer Bedeutung für die Erfassung sozial-kommunikativer Qualifikationen<br />

sind eignungsdiagnostische Ermittlungsverfahren, die den Vorteil besitzen, sowohl für<br />

die Erfassung der augenblicklich vorh<strong>an</strong>denen Qualifikationen als auch für die Prognose<br />

sozial-kommunikativer Qualifikationen eingesetzt zu werden. Speziell durch die Möglichkeit,<br />

kontextspezifische Variablen in eignungsdiagnostische Verfahren einzubinden,<br />

sollte in der Praxis auf derartige Verfahren nicht verzichtet werden, auch wenn eine<br />

nicht unbedeutende Kritik <strong>an</strong> diesen Methoden vorh<strong>an</strong>den ist.<br />

Der sich <strong>an</strong>schließende Vergleich von Anforderungs- und Qualifikationsprofil<br />

k<strong>an</strong>n nur so gut sein wie die zugrunde liegenden Einzelprofile (Sorgfältigkeit der Ermittlung,<br />

Detailliertheit, Steuerung auftretender Probleme etc.). Bei dem sich aus dem<br />

Vergleich ergebenden „Qualifizierungsbedarf“ ist präzise zu <strong>an</strong>alysieren, wie groß die<br />

Ausprägung des Defizits ist und ob es als sinnvoll erachtet wird, zur Schließung des Defizits<br />

Qualifizierungsmaßnahmen zu initiieren, zumal es auch Defizite geben k<strong>an</strong>n, die<br />

kaum durch Weiterbildung zu reduzieren sind. Diese Informationen müssen u.a. bei der<br />

Bestimmung der Lernziele ausreichend Berücksichtigung finden.<br />

Die Lernzielbestimmung ist durch die detaillierte Herausarbeitung der relev<strong>an</strong>ten<br />

Anforderungen <strong>an</strong> das Lernziel präzisiert worden.<br />

Walter Steinmetz<br />

Betriebliche Führungskräfte im Kontext sich w<strong>an</strong>delnder Arbeitsstrukturen<br />

– eine Studie im Produktionsbereich *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Klaus J. Zink, Universität Kaiserslautern<br />

*<br />

Steinmetz, W.: Betriebliche Führungskräfte im Kontext sich w<strong>an</strong>delnder Arbeitsstrukturen<br />

– eine Studie im Produktionsbereich, Diss., <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>,<br />

München, Mering 1998 (ISBN 3-87988-321-1)


386 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

<br />

Die mit dieser Arbeit verfolgte Zielsetzung best<strong>an</strong>d darin, zukünftige Funktionen<br />

der betrieblichen Führungskräfte (unterste Ebene mit fachlicher und disziplinarischer<br />

Weisungsbefugnis in Industriebetrieben) herzuleiten. Die intensive Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

mit dieser Themenstellung ist einerseits durch die erwarteten massiven Veränderungen<br />

der Rolle der betrieblichen Führungskräfte bedingt. Andererseits erforderten mehrdeutige<br />

empirische Ergebnisse zu diesem Forschungsgegenst<strong>an</strong>d, die keine klaren Schlüsse<br />

zuließen, eine vertiefende Analyse. Im Vordergrund der Betrachtung stehen die Arbeitsstrukturen<br />

als zentraler Einflussfaktor auf die Rolle der betrieblichen Führungskräfte.<br />

Weitere Faktoren werden vor allem bei der Betrachtung empirischer Studien berücksichtigt.<br />

Aus dem Forschungsgegenst<strong>an</strong>d leiten sich verschiedene Fragestellungen ab,<br />

die sich auf<br />

die Arbeitsstrukturen als Einflussfaktor auf betriebliche Führungskräfte,<br />

aktuelle Tendenzen in der Entwicklung der Arbeitsstrukturen und darauf aufbauend<br />

deren Konsequenzen für die betrieblichen Führungskräfte<br />

konzentrieren. Zur Be<strong>an</strong>twortung der Forschungsfragen werden im Sinne einer empiriebasierten<br />

Exploration verschiedene Analysen durchgeführt, in die neben eigenen empirischen<br />

Studien auch fremde Untersuchungen einbezogen werden. Die Analysebausteine<br />

setzen sich mit<br />

der Entwicklung der Rolle betrieblicher Führungskräfte im Rahmen tayloristischer<br />

Arbeitsstrukturen,<br />

den theoretischen Ansätzen neuer M<strong>an</strong>agementkonzepte hinsichtlich der propagierten<br />

Arbeitsstrukturen und der Rolle der betrieblichen Führungskräfte sowie<br />

aktuellen empirischen Untersuchungen zur Rolle der betrieblichen Führungskräfte<br />

im Kontext neuer M<strong>an</strong>agementkonzepte und deren Arbeitsstrukturen<br />

ausein<strong>an</strong>der. Die Ergebnisse der drei Analysen, denen ein einheitliches Kriterienraster<br />

mit 114 Items zu Grunde liegt, werden abschließend zusammengeführt, um daraus weitere<br />

Schlussfolgerungen zu ziehen.<br />

Die erste Analyse umfasst die Reflexion der Entwicklung der Rolle betrieblicher<br />

Führungskräfte im Rahmen tayloristischer Arbeitsstrukturen <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d einer Meta<strong>an</strong>alyse<br />

von 17 einschlägigen empirischen Studien unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen.<br />

Obwohl der Meister (als dominierender Typus der betrieblichen Führungskraft)<br />

im Zuge der Entwicklung tayloristischer Arbeitsstrukturen in der wissenschaftlichen<br />

Diskussion immer wieder zur Disposition st<strong>an</strong>d (‘Meisterkrise’), konnte er seine Position<br />

<strong>an</strong> der Schnittstelle zwischen M<strong>an</strong>agement und ausführender Ebene behaupten. Die<br />

betrachteten Studien und die einschlägige Literatur können hierzu keine gänzlich befriedigende<br />

Erklärung liefern. Allerdings wurden bei der Meta<strong>an</strong>alyse folgende Anhaltspunkte<br />

deutlich:<br />

<br />

<br />

Disziplinarische Führung vor Ort (durch betriebliche Führungskräfte) ist – zumindest<br />

in der direkten Produktion – offensichtlich sowohl für die Mitarbeiter als auch<br />

die Unternehmensleitung (‘Vertreter in der Werkstatt’) erforderlich. Dabei ist vor<br />

allem die Funktion des Meisters als ausgleichende Inst<strong>an</strong>z von großer Bedeutung.<br />

Mit dem Arbeitskrafttypus des Meisters ist das g<strong>an</strong>ze hierarchische System im Produktionsbereich<br />

verknüpft, d.h., mit dem Infragestellen des Meisters ständen auch


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 387<br />

<strong>an</strong>dere Ebenen zur Disposition. Trotz der immer wieder geäußerten Kritik <strong>an</strong> diesem<br />

System hat es sich insofern bewährt, als das Risiko einer Abschaffung offensichtlich<br />

in den meisten Unternehmen nicht eingeg<strong>an</strong>gen wird.<br />

Sowohl die fachliche Autorität als Legitimationsgrundlage als auch die Führungskompetenzen<br />

des Meisters sind allein nicht entscheidend für dessen Stellung. Als<br />

zentrale Grundlage der Stabilität erscheint vielmehr das Zusammenwirken beider<br />

Faktoren.<br />

Die zweite Analyse setzt sich mit neuen M<strong>an</strong>agementkonzepten (exemplarisch:<br />

Le<strong>an</strong> M<strong>an</strong>agement und umfassendes Qualitätsm<strong>an</strong>agement) und den darin propagierten<br />

Arbeitsstrukturen (verschiedene Formen der Gruppenarbeit) ausein<strong>an</strong>der. Dabei wird<br />

zunächst deutlich, dass sich bei Le<strong>an</strong> M<strong>an</strong>agement hinsichtlich des Forschungsgegenst<strong>an</strong>des<br />

vielfältige Parallelen zu tayloristischen Strukturen ergeben: Die betriebliche Führungskraft<br />

konzentriert sich vor allem auf die Führung des eigenen Bereiches. Sie verfügt<br />

dabei nur über einen geringen H<strong>an</strong>dlungsspielraum in technisch-org<strong>an</strong>isatorischen<br />

Fragen, jedoch über umfassende Befugnisse hinsichtlich der untergeordneten Mitarbeiter.<br />

Letztlich besitzt die betriebliche Führungskraft eine klar definierte Stellung in einem<br />

feststehenden System. Demgegenüber wird bei umfassendem Qualitätsm<strong>an</strong>agement vor<br />

allem die möglichst weit gehende Dezentralisierung und Selbstorg<strong>an</strong>isation auf der ausführenden<br />

Ebene propagiert, was einen tiefgreifenden W<strong>an</strong>del der Rolle der Führungskräfte<br />

auf allen Ebenen zur Folge hat. Wesentliche Führungsaufgaben bestehen in der<br />

Beratung, Unterstützung und Förderung der Mitarbeiter sowie einer Grenzregulation im<br />

Sinne des Schaffens der Rahmenbedingungen für eine hohe Arbeitsleistung der Mitarbeiter.<br />

Beim umfassenden Qualitätsm<strong>an</strong>agement sind die betrieblichen Führungskräfte<br />

wesentlich stärker in bereichsübergreifende Aufgaben eingebunden, weil sie nur wenige<br />

operative Führungsaufgaben wahrnehmen. Die Stellung der betrieblichen Führungskräfte<br />

gegenüber den indirekten Bereichen ist durch die Wertschöpfungsorientierung sowohl<br />

bei Le<strong>an</strong> M<strong>an</strong>agement als auch bei umfassendem Qualitätsm<strong>an</strong>agement stark. Den<br />

indirekten Bereichen kommt eine Dienstleistungs- statt einer Anordnungs- und Kontrollfunktion<br />

zu.<br />

In der dritten Analyse werden die bisherigen praktischen Auswirkungen aktueller<br />

Entwicklungen <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d eigener und fremder empirischer Studien bewertet. Zunächst<br />

werden die Auswirkungen umfassender Qualitätsm<strong>an</strong>agement-Konzepte auf die betrieblichen<br />

Führungskräfte betrachtet, wobei die eigene Studie hier die bisher einzige im<br />

deutschen Sprachraum ist. Der Schwerpunkt der Erhebung liegt in der Automobilbr<strong>an</strong>che,<br />

wo in 12 Unternehmen sowohl Vertreter des M<strong>an</strong>agements (jeweils Produktions-,<br />

Personal- und Qualitätsleiter des betrachteten Werkes) als auch betriebliche Führungskräfte<br />

(jeweils 3-4 pro Unternehmen) befragt wurden. Ergänzende Untersuchungen in<br />

<strong>an</strong>deren Br<strong>an</strong>chen (Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Baubr<strong>an</strong>che) verdeutlichen<br />

eine weit gehende Übereinstimmung der Situation. Die Ergebnisse der Untersuchung<br />

belegen, dass derzeit kaum Bestrebungen in Richtung einer Umsetzung umfassender<br />

Qualitätsm<strong>an</strong>agement-Konzepte auf der Ebene der Arbeitsstrukturen zu beobachten sind<br />

und sich vor diesem Hintergrund auch Stellung und Aufgaben der betrieblichen Führungskräfte<br />

bisher wenig verändert haben. Der Tätigkeitsschwerpunkt der betrieblichen<br />

Führungskräfte liegt weiterhin in der Leitung des eigenen Bereiches.


388 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Auch bezogen auf die Auswirkungen perm<strong>an</strong>enter Gruppenarbeit zeigten sich in<br />

den verschiedenen aktuellen Studien (sieben Studien <strong>an</strong>alysiert, eine eigene Studie<br />

durchgeführt) nur schwache Tendenzen hinsichtlich einer Veränderung der Arbeitsstrukturen.<br />

Die in verschiedenen Untersuchungen beobachteten massiven Umstrukturierungen<br />

betreffen offensichtlich wenige als innovativ geltende Unternehmen, die häufig<br />

für empirische Studien her<strong>an</strong>gezogen werden. Damit werden die mehrdeutigen Ergebnisse<br />

einzelner Studien in ihrer Gesamtheit wesentlich klarer: In der Breite sind derzeit<br />

keine größeren Veränderungen der Arbeitsstrukturen sowie der Stellung und Aufgaben<br />

der betrieblichen Führungskräfte zu erkennen.<br />

Bei der Zusammenführung der Ergebnisse der einzelnen Analysen werden weitere<br />

Aspekte deutlich. Im Gegensatz zu früheren Studien über tayloristische Strukturen, bei<br />

denen die (zutreffenden) Prognosen über einen Fortbest<strong>an</strong>d des Meisters häufig eher auf<br />

dem subjektiven Eindruck der Forscher als auf den empirischen Daten beruhen, zeigen<br />

sich in aktuellen Untersuchungen klare Tendenzen hin zur einer Stärkung der Stellung<br />

der betrieblichen Führungskräfte und der Meister als deren häufigsten Repräsent<strong>an</strong>ten.<br />

Dies ist vor allem auf die veränderten Beziehungen zu den indirekten Bereichen sowie<br />

die oft größere Dist<strong>an</strong>z zum direkten Vorgesetzten in Verbindung mit der Reduzierung<br />

von Hierarchieebenen zurückzuführen. Mit der gestärkten Stellung korrespondieren in<br />

der Regel eine höhere Ver<strong>an</strong>twortung der betrieblichen Führungskräfte für die Ergebnisse<br />

des eigenen Bereiches und zum Teil erweiterte Entscheidungsbefugnisse.<br />

Die beobachtete Entwicklung lässt sich allerdings kaum als Umsetzung neuer M<strong>an</strong>agementkonzepte<br />

bezeichnen. Die Gegenüberstellung von Konzeption und Umsetzung<br />

umfassender Qualitätsm<strong>an</strong>agement-Konzepte offenbart die erwarteten starken Diskrep<strong>an</strong>zen.<br />

Realisierte Ansätze perm<strong>an</strong>enter Gruppenarbeit orientieren sich kaum <strong>an</strong> den<br />

Ansprüchen teilautonomer Arbeitsgruppen. Zu Le<strong>an</strong> M<strong>an</strong>agement und auch zu Fertigungsteams<br />

werden hier zwar größere Parallelen deutlich, die allerdings weniger auf die<br />

konsequente Umsetzung dieser Ansätze als auf deren geringe Unterschiede zu den bisherigen<br />

tayloristischen Strukturen zurückzuführen sind.<br />

Die in Relation zu den Erwartungen eher geringen Veränderungen von Stellung<br />

und Aufgaben der betrieblichen Führungskräfte führen auch zu positiven Prognosen<br />

hinsichtlich der Zukunft des Meisters als Arbeitskraft- und Qualifikationstypus. Die<br />

schon in den 20er Jahren häufig thematisierte Substitution der Meister durch Höherqualifizierte<br />

bleibt auch derzeit in den meisten Betrieben ohne Bedeutung. Obwohl der (Industrie-)Meister<br />

auch weiterhin die dominierende betriebliche Führungskraft ist, sind<br />

Qualifizierungsaktivitäten erforderlich. Dabei ist allerdings davor zu warnen, die Qualifizierung<br />

des Meisters auf eine Rolle hin auszurichten, welche dieser offensichtlich,<br />

zumindest in absehbarer Zukunft, bedingt durch unzureichende strukturelle Rahmenbedingungen<br />

nicht ausfüllen k<strong>an</strong>n. Qualifizierungsmaßnahmen sollten daher nicht auf<br />

neue Formen der Arbeitsorg<strong>an</strong>isation, deren Umsetzung mehr als fraglich ist, ausgerichtet<br />

sein, sondern das gezielte Ausnutzen derzeitiger H<strong>an</strong>dlungsspielräume und Schritte<br />

zu einem veränderten Führungsverhalten in den Vordergrund stellen. Hier wird Forschungsbedarf<br />

deutlich, zumal derartige Konzepte mit der Zielsetzung einer ‘Hilfe zur<br />

Selbsthilfe’ zu konzipieren sind, um eine erfolgreiche Umsetzung auch außerhalb von<br />

Forschungsprojekten zu ermöglichen.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 389<br />

Eine Gefahr besteht bei der absehbaren Entwicklung darin, dass die hohe Ver<strong>an</strong>twortung<br />

und die Vielfalt der Aufgaben bei gleichzeitig fehlender formaler Delegation zu einer<br />

Überlastung der betrieblichen Führungskräfte führt. Sie können den hohen Anforderungen<br />

nicht mehr gerecht werden. Die mögliche Konsequenz daraus wäre die Verteilung der<br />

Aufgaben auf mehrere Personen und damit die Wiederholung der Entwicklung im Rahmen<br />

der ‘Wissenschaftlichen Betriebsführung’ vor einigen Jahrzehnten. Damit könnte der<br />

Taylorismus, der durch die neuen Arbeitsstrukturen eigentlich überwunden werden sollte,<br />

eine Renaiss<strong>an</strong>ce erleben. Dies zu vermeiden, ist eine Herausforderung für die arbeitswissenschaftliche<br />

Forschung und Praxis des ausgehenden 20. Jahrhunderts.<br />

8. Unternehmensführung und Kooperation<br />

Rüdiger Kabst<br />

Steuerung und Kontrolle Internationaler Joint Venture – Eine<br />

tr<strong>an</strong>saktionskostentheoretisch fundierte empirische Analyse *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Weber, Universität Paderborn<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt der Arbeit ist die deutlich gestiegene Bedeutung zwischenbetrieblicher<br />

Kooperationen, insbesondere Internationaler Joint Venture. Während die in der<br />

Literatur zu findenden empirischen Befunde auf Joint Venture Mißerfolgs- bzw. Instabilitätsraten<br />

zwischen 25% und 70% weisen und ein inhärentes Dilemma der Org<strong>an</strong>isationsform<br />

Joint Venture nahelegen, k<strong>an</strong>n gezeigt werden, dass diese im Vergleich zu <strong>an</strong>deren<br />

Org<strong>an</strong>isationsformen höheren Instabilitätsraten nicht durch einen höheren Anteil<br />

<strong>an</strong> Insolvenzen oder Liquidationen begründet ist, sondern vielmehr durch eine höhere<br />

Wahrscheinlichkeit der Veränderung der Beteiligungskonstellationen bzw. eine Tr<strong>an</strong>sformation<br />

des Joint Venture in eine Tochtergesellschaft oder durch einen Verkauf <strong>an</strong><br />

Dritte. Das Joint Venture als Kooperationsform ist demnach nicht in Frage zu stellen,<br />

sondern es hat sich der Fokus vielmehr auf das effiziente Joint Venture-M<strong>an</strong>agement zu<br />

richten. Nicht zuletzt wird die Steuerung und Kontrolle Internationaler Joint Venture<br />

durch zwei Aspekte geprägt: multiple Muttergesellschaften sowie multiple nationale<br />

Einflüsse.<br />

Bei der Analyse des St<strong>an</strong>ds der Kooperationsforschung ist zum einen das Übergewicht<br />

nicht theoretisch fundierter Beiträge auffallend, zum <strong>an</strong>deren ist eine Heterogenität<br />

theoretischer Erklärungs<strong>an</strong>sätze zu finden. Es konnte sich bisl<strong>an</strong>g weder eine einzige<br />

Theorie noch eine einheitliche Betrachtungsperspektive durchsetzen. Dem bisherigen<br />

Weg, aufgrund der Unzufriedenheit mit bestehenden Ansätzen immer neue theoretische<br />

Zugänge zu suchen, wird nicht gefolgt, um nicht die selbst für Experten kaum noch<br />

durchdringbare Vielfalt von Betrachtungsperspektiven weiter zu erhöhen. Es wird statt<br />

dessen der Weg beschritten, eine als für die Fragestellung der vorliegenden Untersu-<br />

*<br />

erscheint in der Schriftenreihe Empirische Personal- und Org<strong>an</strong>isationsforschung, hrsg. v.<br />

W. Weber, A. Martin und W. Nienhüser, <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München u. Mering<br />

1999/2000.


390 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

chung am ehesten geeignete Theorie auszuwählen, kritisch zu diskutieren und ggf. zu<br />

erweitern. Nach einer wissenschaftstheoretischen Diskussion des Resource Dependence<br />

Ansatzes, Spieltheoretischer Ansätze sowie der Tr<strong>an</strong>saktionskostentheorie ist die Wahl<br />

auf die letztere Theorie gefallen, die trotz noch bestehender Schwächen, grundsätzlich<br />

für die Analyse der Fragestellung der Steuerung und Kontrolle Internationaler Joint<br />

Venture als vergleichsweise geeignetsten erscheint.<br />

Die Analyse der Forschungsbeiträge zur Steuerung und Kontrolle von Joint Venture<br />

zeigt, dass noch keine befriedigenden Beiträge vorliegen. Als Defizite bisheriger<br />

Studien können insbesondere <strong>an</strong>geführt werden: die rudimentäre Anwendung zugrunde<br />

liegender Theorien, die Operationalisierung der Steuerung und Kontrolle lediglich durch<br />

die Eigentümerstruktur, die Verwendung von br<strong>an</strong>chenspezifischen <strong>an</strong>statt unternehmensspezifischen<br />

Daten, die Erhebung der Merkmalsausprägungen nur von einer Muttergesellschaft<br />

sowie die fehlende Gewichtung der erklärenden Variablen.<br />

Die Analyse der Joint Venture-Forschung hat zusammenfassend gezeigt, dass dieses<br />

Forschungsfeld insgesamt nachhaltige Beachtung gefunden hat. Während sich jedoch<br />

der Großteil der wissenschaftlichen Ausein<strong>an</strong>dersetzung auf die Fragestellung der<br />

Wahl der Org<strong>an</strong>isationsform Joint Venture konzentriert, hat die Fragestellung der Steuerung<br />

und Kontrolle Internationaler Joint Venture vergleichsweise wenig Beachtung gefunden.<br />

So ist es auch nicht verwunderlich, dass Beiträge zu diesem Problemfeld noch<br />

die erwähnten Defizite aufweisen.<br />

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird daher die Problematik der Steuerung und<br />

Kontrolle Internationaler Joint Venture aufgegriffen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es,<br />

nach bereits getroffener Grundsatzentscheidung für ein Internationales Joint Venture,<br />

auf der Basis tr<strong>an</strong>saktionskostentheoretischer Überlegungen, die Steuerung und Kontrolle<br />

durch die jeweiligen Muttergesellschaften zu <strong>an</strong>alysieren. Basierend auf der Annahme,<br />

dass nicht eine einzige Art und Weise der Steuerung und Kontrolle des Internationalen<br />

Joint Venture aus Sicht der Muttergesellschaften effizient ist, sondern je nach<br />

Ausprägung der Charakteristika der Tr<strong>an</strong>saktion eine unterschiedliche Steuerung und<br />

Kontrolle zu wählen ist, soll <strong>an</strong>alysiert werden, welches Ausmaß, welcher Fokus und<br />

welche Mech<strong>an</strong>ismen der Steuerung und Kontrolle der Muttergesellschaften jeweils effizient<br />

sind.<br />

Die untersuchungsleitende These, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit einer<br />

differenzierten Analyse unterzogen wird, k<strong>an</strong>n wie folgt umrissen werden:<br />

Das Ausmaß, der Fokus und die Mech<strong>an</strong>ismen der Steuerung und Kontrolle Internationaler<br />

Joint Venture stellen weder ex <strong>an</strong>te-Dispositionen der Muttergesellschaften<br />

dar, noch existieren universell <strong>an</strong>wendbare H<strong>an</strong>dlungsweisen. Das jeweils effiziente<br />

Gestaltungsmuster, sowohl auf strategischer als auch auf operativer Ebene und aus statischer<br />

sowie dynamischer Perspektive, ist eine Funktion der Generierung bzw. des<br />

Tr<strong>an</strong>sfers unternehmensspezifischer Ressourcen, des strategischen Stellenwertes des Internationalen<br />

Joint Venture für die Muttergesellschaften, der Umweltunsicherheit sowie<br />

der Existenz einer vertrauensvollen Kooperationsbeziehung zwischen den Muttergesellschaften.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 391<br />

Zur Be<strong>an</strong>twortung der Fragestellung bzw. zur differenzierten Verfolgung der untersuchungsleitenden<br />

These wird der theoretische Rahmen zur Analyse der Steuerung<br />

und Kontrolle Internationaler Joint Venture erarbeitet, wobei zunächst die Tr<strong>an</strong>saktionskostentheorie<br />

im Kontext Internationaler Joint Venture diskutiert und darauf aufbauend<br />

ein grundsätzlicher Joint Venture-Analyserahmen entwickelt wird, bevor dar<strong>an</strong> <strong>an</strong>schließend<br />

Hypothesen zur Steuerung und Kontrolle Internationaler Joint Venture abgeleitet<br />

werden.<br />

Bei der Diskussion der Tr<strong>an</strong>saktionskostentheorie im Kontext Internationaler Joint<br />

Venture haben insbesondere die nachfolgenden Elemente Spezifität und Opportunismus<br />

eine problembezogene Erweiterung erfahren bzw. sind die Variablen strategische Bedeutung<br />

und Vertrauen in die tr<strong>an</strong>saktionskostentheoretische Diskussion aufgenommen<br />

worden.<br />

Die von Williamson aufgrund des Problems der ex <strong>an</strong>te-Identifikation opportunistischer<br />

Individuen eingeführte Verhaltens<strong>an</strong>nahme des Opportunismus wird für Konstellationen,<br />

in denen Informationen über das Ausmaß opportunistischen Verhaltens bzw.<br />

der Abstinenz von Opportunismus vorliegen, durch eine differenzierte Betrachtung berücksichtigt.<br />

Durch die Einführung der Variable Vertrauen, die ein Kontinuum zwischen<br />

strikten Opportunismus und gegenseitigen Goodwill unter Verzicht auf schädigenden<br />

Eigennutz öffnet, wird eine differenziertere Betrachtung menschlichen Verhaltens ermöglicht.<br />

Die Definition des Tr<strong>an</strong>saktionscharakteristikums Spezifität wird problembezogen<br />

erweitert. Faktorspezifität besitzen demnach nicht nur Investitionen, die speziell für den<br />

Joint Venture-Kontext neu generiert werden, wenn diese in der nächstbesten Verwendung<br />

eine geringere Quasirente ausweisen, sondern auch bereits bei den Muttergesellschaften<br />

vorh<strong>an</strong>dene unternehmensspezifische Ressourcen, wenn diese durch die Komplementaritätsargumentation<br />

im Joint Venture eine höhere Quasirente aufweisen als außerhalb<br />

des Joint Venture. Für diese Ressourcen besteht die Gefahr opportunistischen<br />

Verhaltens des Tr<strong>an</strong>saktionspartners. Des weiteren ist es im Rahmen der Joint Venture-<br />

Problematik nicht nur notwendig, das Ausmaß der spezifischen Investitionen zu bestimmen,<br />

sondern diese isolierte Bewertung der spezifischen Investitionen durch das relative<br />

Gewicht der spezifischen Investitionen zwischen den Muttergesellschaften zu ergänzen.<br />

Die strategische Bedeutung des IJV für die Muttergesellschaften wurde als zusätzliches<br />

Tr<strong>an</strong>saktionscharakteristikum in die tr<strong>an</strong>saktionskostentheoretische Argumentation<br />

integriert, um den Stellenwert des Joint Venture im Rahmen der Verfolgung der Unternehmensstrategien<br />

der Muttergesellschaften zu berücksichtigen.<br />

Die Steuerung und Kontrolle als abhängige Variable der Untersuchung wurde nicht<br />

allein durch die Eigentümerstruktur konzeptionalisiert, sondern durch drei Dimensionen,<br />

nämlich den Mech<strong>an</strong>ismen, dem Ausmaß und dem Fokus für eine differenziertere<br />

Analyse geöffnet.<br />

Der auf Basis der vorherigen Überlegungen aufgestellte Rahmen zur effizienten<br />

Steuerung und Kontrolle Internationaler Joint Venture wird in drei Analyseebenen zerlegt:<br />

der strategischen Führungsebene, der operativen Führungsebene und der operati-


392 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

ven Funktionsbereichsebene, um eine differenzierte Betrachtung der Steuerung und<br />

Kontrolle zu ermöglichen.<br />

In Theoriebaustein I, der strategischen Führungsebene, erfolgt eine Bestimmung<br />

des grundsätzlichen Steuerungs- und Kontrollbedürfnisses jeder einzelnen Muttergesellschaft<br />

sowie eine Zusammenführung der isolierten Empfehlungen zu Joint Venture<br />

Steuerungs- und Kontrolltypologien. In Abhängigkeit der Ausprägungen von Faktorspezifität<br />

und strategischer Bedeutung wird die Wahl der unterschiedlichen<br />

Kontrolltypologien (Independent JV, Domain<strong>an</strong>t JV, Split Control JV) abgeleitet, wobei<br />

das Split Control JV in Abhängigkeit von dem Verhältnis zwischen Faktorspezifität und<br />

Strategischer Bedeutung zwischen den Muttergesellschaften weiter untergliedert wird in<br />

ein Equally Split und ein Domin<strong>an</strong>t Split Control JV, um der besonderen Problematik<br />

des aktiven Steuerungs- und Kontrollbedürfnisses beider Muttergesellschaften<br />

differenzierter Rechnung zu tragen.<br />

Im Theoriebaustein II werden in Abhängigkeit der Variablen Vertrauen und Umweltunsicherheit<br />

Gestaltungsmuster für die Steuerung und Kontrolle Internationaler<br />

Joint Venture auf operativer Führungsebene abgeleitet. Falls zwischen den Muttergesellschaften<br />

kein widerst<strong>an</strong>dsfähiges Vertrauen besteht, determiniert die jeweilige Steuerungs-<br />

und Kontrolltypologie auf strategischer Führungsebene die effiziente Gestaltung<br />

auf operativer Führungsebene. Besteht jedoch widerst<strong>an</strong>dsfähiges Vertrauen wird das<br />

Joint Venture, unabhängig vom dem gewählten Steuerungs- und Kontrolltypus auf strategischer<br />

Ebene, entweder operativ autonom oder durch die lokale Muttergesellschaft<br />

geführt. Hohe Umweltunsicherheit bei einem operativ geteilten oder operativ domin<strong>an</strong>t<br />

bzw. dominierend gesteuerten Joint Venture führt zu einem hohen Formalisierungs- und<br />

Regulierungsgrad in der operativen Geschäftstätigkeit.<br />

Im Theoriebaustein III wird die Steuerung und Kontrolle des Internationalen Joint<br />

Venture auf Funktionsbereichsebene <strong>an</strong>alysiert. Muttergesellschaften üben auf diejenigen<br />

Funktionsbereiche des Joint Venture insbesondere Steuerung und Kontrolle aus, in<br />

die sie unternehmensspezifische Ressourcen tr<strong>an</strong>sferiert haben.<br />

Abschließend wird ein erster Schritt in Richtung einer dynamischen Analyse vollzogen.<br />

Es wird aufgezeigt, dass die Tr<strong>an</strong>saktionskostentheorie nicht nur für statische<br />

Analysen, sondern entgegen <strong>an</strong>derslautender Kritik auch für dynamische Analysen geeignet<br />

ist. Nicht die Tr<strong>an</strong>saktionskostentheorie als solche, sondern deren Anwendung erfolgt<br />

bisher überwiegend statisch.<br />

Ziel der <strong>an</strong>schließenden empirischen Untersuchung ist es, den tr<strong>an</strong>saktionskostentheoretisch<br />

fundierten Rahmen zur Steuerung und Kontrolle Internationaler Joint Venture<br />

bzw. die diesen Rahmen konstituierenden Hypothesen zu überprüfen. Nach<br />

Diskussion des methodischen Konzepts, insbesondere der Auswahl der<br />

Untersuchungseinheit (deutsch-amerik<strong>an</strong>ische JV) und der Erhebungsmethode<br />

(Befragung), wird die Durchführung der Erhebung, d.h. die Vorgehensweise bei der<br />

Durchführung der Interviews, skizziert. Statistisch-methodische Grundlagen,<br />

insbesondere die Operationalisierung der Konstrukte, die Beurteilung der Güte der<br />

Messung sowie die Darstellung der verwendeten statistischen Verfahren (insbesondere<br />

der linearen Regressions<strong>an</strong>alyse) bilden die Grundlage für die Analyse der empirischen<br />

Daten.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 393<br />

Die empirische Analyse zeigt, dass die Theoriebausteine auf grundsätzliche Bestätigung<br />

getroffen sind. Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die in Hypothese<br />

12b und 12c postulierten Zusammenhänge zwischen der politisch-rechtlichen bzw.<br />

technologischen Unsicherheit und dem Formalisierungs- und Regulierungsrad nicht bestätigt<br />

werden konnten. Weiterhin weisen die berücksichtigten Kontrollvariablen darauf<br />

hin, dass außerhalb der theorie-imm<strong>an</strong>ent aufgezeigten Zusammenhänge weitere Prädiktoren<br />

für die Steuerung und Kontrolle Internationaler Joint Venture existieren, die durch<br />

zukünftige Forschungsaktivitäten näher zu untersuchen sind.


394 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Uta Lieberum<br />

Die Zusammenarbeit von deutschen und polnischen Führungskräften<br />

in Polen *<br />

Betreuer: Prof. Dr Michel E. Domsch, Universität der Bundeswehr<br />

Hamburg<br />

Durch die zunehmende Internationalisierung, die seit Ende der 80er Jahre auch<br />

Osteuropa und damit auch Polen einschließt, ergeben sich für die Unternehmen besonders<br />

der westlichen Industrienationen hohe Anforderungen <strong>an</strong> das M<strong>an</strong>agement und<br />

damit <strong>an</strong> die Zusammenarbeit von Führungskräften aus verschiedenen Kulturen.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen Personen, die sich in einem radikalen Veränderungsprozess<br />

befinden, mit den Personen, die sich in dem <strong>an</strong>gestrebten Umfeld befinden,<br />

hat sich durch die Umgestaltungsprozesse im gesamten ehemaligen RGW als ein<br />

neues Forschungsfeld ergeben. Zu Beginn der Wende stiegen zwar Ausl<strong>an</strong>dsinvestitionen<br />

in den Tr<strong>an</strong>sformationsländern rapide <strong>an</strong>, doch waren die Rahmenbedingungen zu<br />

der Zeit oftmals noch so undurchsichtig, dass sich die Unternehmen hauptsächlich mit<br />

rechtlichen und administrativen Problemen beschäftigt haben. Inzwischen sind die<br />

Rahmenbedingungen stabiler geworden, so dass nun Personalm<strong>an</strong>agementaspekte und<br />

damit auch der Umg<strong>an</strong>g mitein<strong>an</strong>der für die Unternehmen immer wichtiger werden. Besonders<br />

auch Deutschl<strong>an</strong>d hat ein großes Interesse <strong>an</strong> Direktinvestitionen in Polen, da<br />

Polen als Nachbarl<strong>an</strong>d und Tr<strong>an</strong>sferl<strong>an</strong>d zum russischen Markt eine große Rolle spielt.<br />

Innerhalb Osteuropas hat Polen durch den relativ weit fortgeschrittenen wirtschaftlichen<br />

W<strong>an</strong>del, den großen Absatzmarkt und durch die in kurzer Zeit geschaffenen attraktiven<br />

Bedingungen für Ausl<strong>an</strong>dsinvestitionen bereits einen großen und immer noch<br />

steigenden Best<strong>an</strong>d deutscher Investitionen zu verzeichnen, so dass die vorliegende Untersuchung<br />

nicht nur theoretisch einen Erkenntniswert darbringt, sondern auch praktisch<br />

von hoher Relev<strong>an</strong>z ist.<br />

Neben steigenden gesellschaftlichen Kontakten zwischen Deutschl<strong>an</strong>d und Polen<br />

gewinnt auch besonders die wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>an</strong> Bedeutung. Diese findet<br />

einmal auf individueller Ebene (d. h. zwischen den Führungskräften im Unternehmen),<br />

aber auch auf Unternehmensebene (d. h. zwischen Unternehmen beider Länder) statt.<br />

Eine Rolle für diese Zusammenarbeit spielen verschiedene Einflüsse, die sowohl<br />

von polnischer Seite als auch von deutscher Seite wirken. Dabei soll der Fokus aber auf<br />

das Arbeitsleben gelegt werden, d.h. auf alle Bereiche, die die Zusammenarbeit der Führungskräfte<br />

unternehmensübergreifend oder direkt im Unternehmen beeinflussen können.<br />

Die Basis für die Zusammenarbeit ist der Tr<strong>an</strong>sformationsprozess in Polen, der die<br />

polnische L<strong>an</strong>deskultur entscheidend beeinflusst. Da Menschen von ihrer L<strong>an</strong>deskultur<br />

geprägt sind, müssen die Einflüsse beider Länder in die Überlegungen einbezogen werden.<br />

D<strong>an</strong>eben sind die Führungskräfte ebenfalls durch die Unternehmenskulturen der<br />

*<br />

erschienen 1998 im <strong>Verlag</strong> Duncker & Humblotm Berlin.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 395<br />

beteiligten Unternehmen beeinflusst, die auf die Zusammenarbeit wirken. Für die Gestaltung<br />

der Zusammenarbeit ist zusätzlich noch die Internationalisierungsstrategie des in<br />

Polen investierenden Unternehmens von Bedeutung, da durch diese Strategie Interdependenzen<br />

zwischen einzelnen Bereichen org<strong>an</strong>isiert werden und eine bestimmte Ausgestaltung<br />

der Personalm<strong>an</strong>agementaktivitäten nach sich ziehen.<br />

Für das Personalm<strong>an</strong>agement im internationalen Kontext werden in dieser Untersuchung<br />

im Hinblick auf die Zusammenarbeit verschiedene Besetzungsstrategien sowie<br />

die Gestaltung der Ausl<strong>an</strong>dseinsätze in beide Richtungen und Personalentwicklungsaktivitäten<br />

als relev<strong>an</strong>te Maßnahmen betrachtet. Die enge Verbindung aller <strong>an</strong>gesprochenen<br />

Einflüsse soll sowohl durch die theoretische Analyse des Themas als auch durch<br />

Ergebnisse der Befragung deutlich werden. Dieser Schwerpunkt bedingt eine explorative<br />

und qualitative empirische Untersuchung, um möglichst tiefgreifend die vorher beschriebenen<br />

Einflüsse einbeziehen zu können.<br />

Insgesamt sollen die Bereiche Kultur, Internationalisierung, Personalm<strong>an</strong>agement<br />

als relev<strong>an</strong>te Einflüsse auf die interkulturelle Zusammenarbeit betrachtet werden. Die<br />

Interdependenzen unterein<strong>an</strong>der werden in den einzelnen Abschnitten ausführlich dargestellt.<br />

Die empirische Untersuchung basiert auf insgesamt 65 Interviews in 37 Unternehmen.<br />

Befragt wurden deutsche Unternehmen, die in Polen in Form einer Tochtergesellschaft<br />

oder eines Joint Ventures investiert haben, sowie polnische Unternehmen mit einem<br />

deutschen Partnerunternehmen. Die befragten Personen waren entweder deutsche<br />

Führungskräfte im deutschen Unternehmen, die für das polnische Unternehmen ver<strong>an</strong>twortlich<br />

waren, oder deutsche Führungskräfte im polnischen Unternehmen oder polnische<br />

Führungskräfte im polnischen Unternehmen.<br />

Die Inhalte beziehen sich auf die im theoretischen Teil dieser Arbeit erarbeiteten<br />

Bereiche der Zusammenarbeit, des Personalm<strong>an</strong>agements, der Kultur und des Tr<strong>an</strong>sformationsprozesses<br />

in Polen.<br />

Da die verschiedenen Aspekte des Personalm<strong>an</strong>agements, der Kultur und der spezifischen<br />

Situation in Polen einen bedeutsamen Einfluss auf die Zusammenarbeit der<br />

Führungskräfte und der Unternehmen haben (wie im theoretischen Teil ausgeführt wurde),<br />

werden alle Bereiche auf die Probleme der Zusammenarbeit bezogen, um die relev<strong>an</strong>ten<br />

und beeinflussbaren Bereiche zu identifizieren.<br />

Aus den empirischen und theoretischen Ergebnissen werden sowohl praktische<br />

H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen abgeleitet als auch die Bedeutung für den theoretischen Hintergrund<br />

<strong>an</strong>alysiert. Insgesamt können spezielle Aspekte des internationalen Personalm<strong>an</strong>agements<br />

und der interkulturellen Zusammenarbeit unter einem neuen Blickwinkel<br />

betrachtet werden.


396 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Christopher Lohm<strong>an</strong>n<br />

Org<strong>an</strong>isation dauerhafter Kooperation *<br />

Betreuer: Prof. Dr. B. Schauenberg, Universität Freiburg<br />

Gegenst<strong>an</strong>d und theoretische Grundlagen<br />

Ziel der Arbeit ist die Ableitung und Diskussion von Bedingungen, unter denen die<br />

Dauerhaftigkeit von Interaktionsbeziehungen dazu beitragen k<strong>an</strong>n, Anreizen zu Fehlverhalten<br />

in problematischen Interaktionssituationen entgegenzuwirken. Hintergrund<br />

der Themenstellung ist die Überlegung, dass menschliche Akteure u.a. d<strong>an</strong>n ein Interesse<br />

haben, von solchen Verhaltensweisen abzusehen, wenn die H<strong>an</strong>dlungen aufgrund der<br />

im Rahmen ihrer dauerhaften Beziehungen drohenden Konsequenzen unvorteilhaft erscheinen.<br />

Die Möglichkeit der Verhinderung defektiver (bzw. der Förderung kooperativer)<br />

Verhaltensweisen durch diese Dauerhaftigkeitseffekte besteht jedoch nicht losgelöst<br />

von bestimmten kritischen Bedingungen, die sich auch als Stolpersteine auf dem<br />

Weg zur Überwindung von Verhaltensproblemen durch Dauerhaftigkeit verstehen lassen.<br />

In der Arbeit werden die Bedingungen im Rückgriff auf die Theorie wiederholter<br />

Spiele für unterschiedliche Interaktionsbeziehungen herausgearbeitet.<br />

Dauerhaftigkeitsmech<strong>an</strong>ismen lassen sich nach der Situation, in der es Kooperationsprobleme<br />

zu überwinden gilt, unterscheiden. Grundsätzlich geht es in der Arbeit um<br />

Dauerhaftigkeitseffekte, die in Interaktionszusammenhängen greifen, die durch Wiederholung<br />

derselben Interaktionsstruktur gekennzeichnet sind. Diese Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen<br />

lassen sich nach der Struktur, innerhalb derer es Kooperationsprobleme zu<br />

überwinden gilt, untergliedern.<br />

Im ersten Teil der Arbeit wird untersucht, unter welchen Bedingungen sich Kooperationsprobleme<br />

überwinden lassen, wenn eine Interaktionssituation mit demselben<br />

Partner bzw. denselben Partnern wiederholt und ein Spieler, der <strong>an</strong>dere ausbeutet, damit<br />

bedroht wird, von den ausgebeuteten Spielern bestraft zu werden. Die Funktionsweise<br />

solcher als Grundmech<strong>an</strong>ismus begreifbaren unstrukturierten Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen<br />

wird ausführlich erörtert. Die Diskussion der eingehend untersuchten Mech<strong>an</strong>ismen<br />

systematisiert die mittlerweile umfassende Theorie wiederholter Spiele. Gleichsam als<br />

Referenzpunkt bereitet die Diskussion die nachfolgende Analyse von Vari<strong>an</strong>ten vor.<br />

Denn da unstrukturierte Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen zugleich die einfachste Form von<br />

Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen darstellen, k<strong>an</strong>n, ausgehend von hierfür abgeleiteten kritischen<br />

Bedingungen dauerhafter Kooperation, untersucht werden, welche Auswirkungen<br />

Veränderungen der Interaktionssituation haben.<br />

*<br />

Die Arbeit wurde zur Veröffentlichung in der Reihe „Beiträge zur Personal- und<br />

Org<strong>an</strong>isationsökonomik“ <strong>an</strong>genommen. Die Reihe wird von Prof. Dr. U. Backes-<br />

Gellner, Universität zu Köln, und Prof. Dr. M. Kräkel, Universität Bonn, herausgegeben<br />

und erscheint im <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 397<br />

Im zweiten Teil stehen Mech<strong>an</strong>ismen im Mittelpunkt, die Verhaltenswirkungen in<br />

der aktuellen Interaktion auch auf Beziehungen mit <strong>an</strong>deren, von Fehlverhalten nicht direkt<br />

betroffenen Partnern induzieren (strukturierte Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen). Hier<br />

werden soziale Prozesse eingeführt, die in vielen realen Beziehungen von Bedeutung<br />

sind. Zunächst werden Mech<strong>an</strong>ismen diskutiert, mit denen in Netzwerken im allgemeinen<br />

eine Disziplinierung aufgrund von Dauerhaftigkeit möglich ist (Netzwerkeffekte).<br />

Ein Akteur muß erweiterte Folgen seiner Entscheidung über das Verhalten in einer aktuellen<br />

Beziehung berücksichtigen, wenn<br />

seine künftigen Partner sein Verhalten direkt beobachten und ihre H<strong>an</strong>dlungen <strong>an</strong>passen,<br />

Institutionen künftige Partner informieren und damit Verhaltens<strong>an</strong>passungen ermöglichen,<br />

aktuelle Interaktionspartner über ihr Verhalten in der Zukunft künftigen Interaktionspartnern<br />

des Akteurs Informationen über sein gegenwärtiges Verhalten zukommen<br />

lassen oder<br />

<br />

seine künftigen Interaktionspartner aus der Tatsache, dass der Akteur überhaupt<br />

neue Interaktionspartner sucht, entsprechende verhaltenswirksame Rückschlüsse<br />

ziehen.<br />

Über Netzwerkeffekte k<strong>an</strong>n eine Disziplinierung einzelner l<strong>an</strong>gfristig orientierter<br />

oder mächtiger Akteure durch viele kurzfristig orientierte oder kleine Akteure erreicht<br />

werden. Von Interesse sind schließlich Strukturen, in denen zu jedem Zeitpunkt ältere<br />

Akteure durch Spieler nachfolgender Generationen ersetzt werden (Überlappungsmech<strong>an</strong>ismen),<br />

so dass stets Spieler existieren, deren Zeithorizont über das Ausscheiden<br />

Älterer hinausreicht. Überlappungsmech<strong>an</strong>ismen sind Netzwerkmech<strong>an</strong>ismen, da S<strong>an</strong>ktionsaufgaben<br />

auf Mitglieder jüngerer Generationen übertragen werden können, die<br />

nicht <strong>an</strong> früheren Interaktionen beteiligt waren.<br />

Ergebnisse der Arbeit<br />

Plakativ ist bei der Org<strong>an</strong>isation von Kooperation durch unstrukturierte Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen<br />

die Beachtung der folgenden Regeln zu empfehlen.<br />

Bei der Org<strong>an</strong>isation dauerhafter Kooperation ist darauf zu achten, dass die Spieler<br />

offene Zeithorizonte unterhalten. Zwar folgt die Notwendigkeit offener Zeithorizonte<br />

aus einem Argument, das aufgrund des Verhaltens realer Akteure in endlichen<br />

Spielen <strong>an</strong>greifbar ist. Da aber für endliche Zeithorizonte Kooperation zwischen realen<br />

Akteuren zum Ende ihrer Interaktionsbeziehung zurückgeht und Geschlossenheit<br />

der Horizonte Kooperation belastet, verbessern sich mit offenen Zeithorizonten die<br />

Kooperationsmöglichkeiten.<br />

Bei der Org<strong>an</strong>isation dauerhafter Kooperation ist dafür Sorge zu tragen, dass geduldige<br />

Spieler in möglichst stabilen Interaktionsbeziehungen mitein<strong>an</strong>der interagieren.<br />

Dauerhafte Kooperation ist gefährdet, wenn Akteure hohe Zeitpräferenzen<br />

unterhalten. Schon bei der Auswahl der Interaktionspartner ist dem entgegenzuwirken.<br />

Stabilität der Beziehung und Regelmäßigkeit der Interaktionen sichern, dass das


398 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Interesse <strong>an</strong> hohen gegenwartsnahen Auszahlungen und damit <strong>an</strong> Fehlverhalten<br />

nicht durch Unsicherheit gesteigert wird.<br />

Kooperation hängt davon ab, dass Defektionsgewinne die im Rahmen der dauerhaften<br />

Beziehung erzielbaren Kooperationsrenten nicht überkompensieren. Tendenziell<br />

dürften in einer lohnenden Interaktionsbeziehung Ausbeutungs<strong>an</strong>reize gering sei.<br />

Zudem empfiehlt es sich, bei der Auswahl der Akteure darauf zu achten, dass sie<br />

Kooperation Wert beimessen.<br />

Dauerhafte Kooperation setzt die Wahl der richtigen Strategien durch die Akteure<br />

voraus. Dazu ist den Akteuren zu vermitteln, dass ihre Beziehung nur zu Kooperation<br />

führt, wenn sie ihr Verhalten wechselseitig vom verg<strong>an</strong>genen Verhalten ihrer<br />

Partner abhängig machen. Darüber hinaus sollte versucht werden, durch Unterweisung<br />

in bestimmte Verhaltensmustern (wie etwa Tit for Tat) Einfluss auf das Feld<br />

der gewählten Strategien zu nehmen.<br />

Dauerhafte Kooperation kommt nur zust<strong>an</strong>de, wenn sich die Akteure auf eine bestimmte<br />

kooperative Lösung der großen Anzahl möglicher Lösungen verständigen<br />

können. Kommunikation, Fokalpunkte oder Vorschläge Dritter haben sich zumindest<br />

im Labor bewährt.<br />

Nur wenn die Akteure in hinreichendem Maße wechselseitig über verg<strong>an</strong>genes Verhalten<br />

informiert sind, können Dauerhaftigkeitseffekte greifen. Rückschluss- wie Interpretationsprobleme<br />

können Kooperation insgesamt wie das erreichte Maß <strong>an</strong> Effizienz<br />

beeinträchtigen. Klare Regeln zur Abgrenzung von Verhalten, Tr<strong>an</strong>sparenz<br />

und die Nutzung möglichst vieler Verhaltensindikatoren wirken möglichen Gefahren<br />

und Verlusten entgegen.<br />

Die Reputation für kooperationsfreundliches Verhalten fördert bei Unsicherheit<br />

über individuelle Eigenschaften Kooperation. Der Effekt hängt von der richtigen<br />

Form der Unsicherheit ab. Durch die Auswahl von Spielern, die Forcierung förderlicher<br />

und der Bekämpfung schädlicher Gerüchte können die Effekte gefördert werden.<br />

Dauerhafte Kooperation setzt Strafen voraus, die auszuführen die Spieler nicht nur individuell<br />

sondern auch kollektiv ein Interesse haben müssen. Kollektives Interesse <strong>an</strong><br />

S<strong>an</strong>ktionen hängt u.a. davon ab, dass die Auszahlungen der Akteure in verschiedener<br />

Weise vom Wechsel auf Strafpfade betroffen sind und Strafen nicht zu hart sind.<br />

Dauerhafte Kooperation hängt von hinreichender Sicherheit über die künftige Entwicklung<br />

der Interaktionsbeziehung ab. Dem k<strong>an</strong>n auf zweierlei Wegen Rechnung<br />

getragen werden. Maßnahmen des Flexibilisierungsm<strong>an</strong>agements setzen dar<strong>an</strong> <strong>an</strong>,<br />

durch die laufende Anpassung der Kooperationsvereinbarung Krisen zu verhindern.<br />

In Gestalt eines Krisenm<strong>an</strong>agements sollten zudem Regeln etabliert werden, die Krisen<br />

h<strong>an</strong>dhabbar machen.<br />

Schließlich ist zu beachten, dass jede Erweiterung der Menge interagierender Spieler<br />

neben Effizienzsteigerungen eine Veränderung kritischer Bedingungen nach sich<br />

ziehen k<strong>an</strong>n. Tendenziell werden die Bedingungen, unter denen eine Gruppe erfolgreich<br />

kooperiert, mit deren Größe schärfer. Zum einen müssen Bedingungen dauerhafter<br />

Kooperation für mehr Spieler gelten, zum <strong>an</strong>deren nehmen Informations-,<br />

Neuverh<strong>an</strong>dlungs-, Multiplizitäts- oder Strategieprobleme in der Tendenz mit der<br />

Anzahl interagierender Spieler zu.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 399<br />

Die Analyse strukturierter Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen zeigt, dass es sich i. d. R.<br />

empfiehlt, Beziehungen in ein soziales Umfeld einzubetten. Mit Einbettung wird versucht,<br />

die in einer Beziehung gewonnenen Informationen auf <strong>an</strong>dere Beziehungen zu<br />

übertragen, um über Verhaltens<strong>an</strong>passungen dort Dauerhaftigkeitseffekte zu erzeugen.<br />

Mit Einbettung können einzelne der kritischen Bedingungen irrelev<strong>an</strong>t oder abgemildert<br />

werden, weil ein Spieler berücksichtigen muß, dass sein Verhalten nicht nur in der aktuellen<br />

Beziehung Konsequenzen nach sich zieht. Für Netzwerke im allgemeinen lassen<br />

sich u. a. folgende Effekte nachweisen.<br />

Kooperation ist trotz endlicher Einzelbeziehungen möglich, wenn H<strong>an</strong>dlungen in jeder<br />

Beziehung Auswirkungen auf <strong>an</strong>dere, fortdauernde oder <strong>an</strong>schließende Beziehungen<br />

haben.<br />

Der Schatten der Zukunft steigt, weil Akteure weniger l<strong>an</strong>ge bis zur nächsten Interaktion<br />

warten müssen, weil mehr Interaktionen und Strafen möglich sind oder weil<br />

es zur Verstetigung der Interaktionen innerhalb der Gesamtbeziehung kommt.<br />

In zuein<strong>an</strong>der komplementären Beziehungen können die Kooperationsrenten höher<br />

sein als in Einzelbeziehungen. Kooperation k<strong>an</strong>n zudem davon profitieren, dass in<br />

<strong>an</strong>deren Beziehungen als der <strong>an</strong>stehenden Kooperationsrenten höher sind. Ein kooperationsfördernder<br />

Auszahlungsaspekt k<strong>an</strong>n zudem auftreten, wenn S<strong>an</strong>ktionslasten<br />

kollektivierbar sind.<br />

Durch Überlappungsprozesse lassen sich Endlichkeitsprobleme überwinden, indem<br />

im Rückgriff auf verhaltensabhängige Zahlungen durch jüngere Spieler das Problem<br />

des m<strong>an</strong>gelnden Zukunftsinteresses älterer Spieler gelöst wird (Boni, Pfänder),<br />

<br />

<br />

jüngere Spieler das Fehlverhalten älterer blockieren können (Vetorechte) oder<br />

die aus Endlichkeit für unstrukturierte Wiederholungsmech<strong>an</strong>ismen folgenden Rückwärtsinduktionsprozesse<br />

durchbrochen werden (einfache S<strong>an</strong>ktionsmech<strong>an</strong>ismen).<br />

Die Erweiterung der Kooperationsmöglichkeiten hängt davon ab, dass Informationen<br />

übertragen werden können. Das Greifen von Struktur k<strong>an</strong>n zudem mit strukturspezifischen<br />

kritischen Bedingungen verbunden sein.<br />

Achim Seisreiner<br />

Konzeption eines Unternehmensführungsmodells zur Erfassung<br />

unternehmerischer H<strong>an</strong>dlungspotentiale: Richtigkeit,<br />

Struktur und Quellen unternehmerischer Aktivitäten *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Wagner, Universität Potsdam<br />

Fragestellung der Untersuchung<br />

*<br />

Achim Seisreiner: M<strong>an</strong>agement unternehmerischer H<strong>an</strong>dlungspotentiale (Gabler<br />

Edition Wissenschaft: Unternehmerisches Personalm<strong>an</strong>agement); Dt. Univ.-Verl.;<br />

Gabler, Wiesbaden 1999; ISBN 3-8244-6982-0.


400 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Die Aussage, dass die Mitarbeiter die „wichtigsten Ressourcen“ für Unternehmen<br />

darstellen und – bei zielorientiertem Einsatz – den unternehmerischen Erfolg maßgeblich<br />

determinieren, m<strong>an</strong>ifestiert für die Praxis der Unternehmensführung und speziell<br />

für das unternehmerische Personalm<strong>an</strong>agement eine praktische, aber auch konzeptionelle<br />

Problematik: Wie lassen sich diese Ressourcen ziel- und erfolgsorientiert m<strong>an</strong>agen?<br />

Ist nicht die grundsätzliche Reduktion der Personalkapazitäten das domin<strong>an</strong>te Erfolgsindiz<br />

für die moderne Unternehmensführung?<br />

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stehen den Unternehmen schließlich zwei Wege<br />

zum Erfolg offen. Der erste Weg zur unternehmerischen Wertsteigerung besteht darin,<br />

im Leistungserstellungsprozess den Input- bzw. Ressourceneinsatz konsequent zu verringern<br />

(„Nenner-M<strong>an</strong>agement“); auf dem zweiten Weg wird versucht, die unternehmerischen<br />

Rückflüsse zu vergrößern („Zähler-M<strong>an</strong>agement“). Während bei praxisorientierten<br />

Wertsicherungskonzeptionen des Nenner-M<strong>an</strong>agements eine Renditesteigerung über<br />

die nachweisbare Reduktion des Ressourceninputs erfolgt, besitzen (v.a. ressourcenorientierte)<br />

Wertsteigerungs<strong>an</strong>sätze des Zähler-M<strong>an</strong>agements diesen Ansätzen gegenüber<br />

einen komparativen Nachteil: rechtfertigende Indizien für ein investitionsorientiertes<br />

Wertsteigerungsm<strong>an</strong>agement sind schwer nachweisbar. D. h.: Es existieren in der unternehmerischen<br />

Praxis keine terminologischen und konzeptionellen Grundlagen für eine<br />

sinnvolle Modifikation des unternehmerischen Messsystems. Auch wenn die Annahme,<br />

dass Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen sollten, aus ethischen Gründen begrüßenswert<br />

ist, bleibt die unternehmerische Aufgabenerfüllung in der Realität von diesem Wunschdenken<br />

unberührt: Erfolgreiche Zielerreichung ist letztlich eher die Folge von unternehmerischem<br />

Können, denn von ethischem Wollen.<br />

Diese ernüchternde Erkenntnis ist der Ausg<strong>an</strong>gspunkt dieser Arbeit. Es wird der<br />

Versuch unternommen, die Annahme konzeptionell zu untermauern, dass die unternehmerische<br />

Wettbewerbsfähigkeit das Resultat der erfolgreichen Koordination differenzierter<br />

unternehmerischer Fähigkeiten ist. Unternehmerische Fähigkeiten werden dabei<br />

als unternehmensspezifische Potentiale verst<strong>an</strong>den, mit deren Hilfe aus Ressourcenbeständen<br />

erfolgswirksame Aktivitäten tr<strong>an</strong>sformiert werden. Folglich repräsentieren unternehmerische<br />

Fähigkeiten in ihrer aggregierten Form auch (und vor allem) die qualitativen,<br />

dispositiven Eigenschaften der unternehmerischen Mitarbeiter.<br />

Die Relev<strong>an</strong>z der Arbeit wird somit darin gesehen, dass ein betriebswirtschaftliches<br />

Orientierungsmuster für die unternehmerische Praxis entwickelt wird, das „vernünftiges<br />

H<strong>an</strong>deln“ der Unternehmensführung im Sp<strong>an</strong>nungsfeld möglicher Wertsteigerungs<strong>an</strong>sätze<br />

ermöglichen k<strong>an</strong>n.<br />

Theoretische Basis<br />

Mit Hilfe eines kritisch-rationalen Ausg<strong>an</strong>gspunktes und einer systemtheoretischen<br />

Perspektive werden insgesamt drei Konzeptionen – eine Rationalitätskonzeption, ein<br />

Unternehmensführungsmodell und ein Fähigkeitenkonzept – entwickelt. Jedes dieser<br />

Konzepte besitzt den Charakter eines Ged<strong>an</strong>kenexperimentes. Zusammen können sie als<br />

mögliche Grundlagen dienen, die Erfolgspotentiale von Unternehmen zu erfassen, zu<br />

bewerten und zu beeinflussen.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 401<br />

Vorgehensweise<br />

Obwohl in dieser Arbeit systemisch – d. h.: „apersonal“ – argumentiert wird, k<strong>an</strong>n<br />

die Wahl einer derartigen Perspektive auch für das Personalm<strong>an</strong>agement der Zukunft<br />

nützlich sein. Dies mag auf den ersten Blick zwar paradox <strong>an</strong>muten: apersonales Personalm<strong>an</strong>agement?<br />

Dem (Personal-)M<strong>an</strong>agement ermöglicht die systemische Perspektive jedoch<br />

grundsätzlich von konkreten Personen bzw. Gruppen, die in einem Unternehmen tätig<br />

sind, zu abstrahieren, und gewährleistet dadurch die „reibungslose“ Analyse der essentiellen<br />

Grundprozesse, ohne dass sich der Blick auf das G<strong>an</strong>ze in Detailfragen verliert.<br />

Aus der zugrundeliegenden These, dass die Unternehmensführung d<strong>an</strong>n „richtig“<br />

h<strong>an</strong>delt, wenn ihr Wissen über die Beschaffenheit realer Zusammenhänge das kritische<br />

Fundament ihrer H<strong>an</strong>dlungen ist, stellen sich für eine potentialorientierte Unternehmensführung<br />

drei interdependente Fragen:<br />

Leitfrage der Bewertungs<strong>an</strong>alyse:<br />

Wie lässt sich die Richtigkeit unternehmerischer Aktivitäten erkennen?<br />

Leitfrage der Wirkungs<strong>an</strong>alyse:<br />

Wie lässt sich die Struktur unternehmerischer Aktivitäten erkennen?<br />

Leitfrage der Ursachen<strong>an</strong>alyse:<br />

Wie lassen sich die Quellen unternehmerischer Aktivitäten erkennen?<br />

Ergebnisse<br />

Die wissenschaftlichen Zielsetzungen eines derart differenzierten Vorgehens werden<br />

dabei in der jeweiligen Entwicklung eines (1) Bewertungssystems, (2) Wirkungssystems<br />

und (3) Ursachensystems gesehen. Unter einem „Bewertungssystem“ wird eine<br />

Konzeption zur Bewertung der Richtigkeit unternehmerischer Aufgabenerfüllung verst<strong>an</strong>den.<br />

Das „Wirkungssystem“ knüpft am Aufgabenspektrum <strong>an</strong>, verknüpft und strukturiert<br />

in systematischer Hinsicht die spezifischen Aktivitäten der unternehmerischen<br />

Aufgabenerfüllung zu einer geordneten Gesamtheit. Das Wirkungssystem ist folglich<br />

eine Konzeption zur Abbildung des unternehmerischen H<strong>an</strong>dlungssystems. Im „Ursachensystem“<br />

werden die Quellen unternehmerischer H<strong>an</strong>dlungen bzw. H<strong>an</strong>dlungspotentiale<br />

<strong>an</strong>alysiert und erfasst. Diese stellen gewissermaßen die notwendigen Bedingungen<br />

für die unternehmerische Aufgabenerfüllung dar.<br />

Für das Bewertungssystem wird eine Rationalitätskonzeption konstruiert, die der Unternehmenspraxis<br />

v.a. die Vernetztheit im unternehmerischen Aufgabenspektrum darlegt<br />

und die Notwendigkeit koordinierten H<strong>an</strong>delns erklär- und bewertbar macht. Zur Abbildung<br />

des unternehmerischen Wirkungssystems wird – auf der Grundlage eines wert- und<br />

aktionsorientierten Unternehmensmodells – ein Unternehmensführungsmodell konstruiert.<br />

In diesem Unternehmensführungsmodell wird das Aufgabenspektrum der Unternehmensführung<br />

in differenzierter Weise strukturiert und damit ein Ausg<strong>an</strong>gspunkt geschaffen,<br />

um die Wirkungszusammenhänge unternehmerischer Aktivitäten zu erklären.<br />

Abschließend wird versucht, ein Erfassungskonzept für die Quellen unternehmerischer Aktivitäten<br />

zu entwickeln. Es wird ein Fähigkeitenkonzept dargestellt, das als Ursachensystem<br />

im Sinne einer originären Basis unternehmerischer Aktivitäten interpretiert werden k<strong>an</strong>n.


402 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Weiterführende Fragen<br />

Bei der gewählten Vorgehensweise h<strong>an</strong>delt es sich um den Prozess einer betriebswirtschaftlichen<br />

Modellbildung bzw. um eine bewusste Reduktion der ökonomischen<br />

Realität, die eher den Charakter betriebswirtschaftlicher Grundlagenforschung besitzt<br />

und – vor allem auf dem dargestellten Entwicklungsst<strong>an</strong>d – für eine Anwendung in der<br />

Praxis nicht geeignet ist. Insofern wird diese Arbeit als „konzeptioneller Vorschlag“ betrachtet,<br />

auf den zukünftige Forschung aufbauen k<strong>an</strong>n.<br />

Diese zukünftige Forschung k<strong>an</strong>n beispielsweise in der konzeptionellen Entwicklung<br />

einer g<strong>an</strong>zheitlichen, zukunftsorientierten Unternehmensrechnung gesehen werden,<br />

die das gesamte potentiell zielorientierte Bedeutungswissen der Unternehmensführung<br />

rechentechnisch bewältigt. Der Beitrag einer g<strong>an</strong>zheitlichen Unternehmensrechnung<br />

zum künftigen Unternehmensergebnis somit v.a. in der Öffnung und perspektivischen<br />

Erweiterung des unternehmerischen Informationssystems für Potentialfaktoren gesehen<br />

werden. Das entwickelte Fähigkeitenkonzept könnte eine erste denkbare Grundlage darstellen,<br />

um das „Mengengerüst“ unternehmerischer H<strong>an</strong>dlungspotentiale g<strong>an</strong>zheitlich<br />

abzubilden und zu bewerten. Wird allgemein unter „Wert“ ein Maßstab der Vorziehenswürdigkeit<br />

von Aktionsmöglichkeiten verst<strong>an</strong>den, d<strong>an</strong>n ist der Wert unternehmerischer<br />

H<strong>an</strong>dlungspotentiale grundsätzlich keine Frage der objektiven, exakten Erfassbarkeit<br />

dieser Potentiale. Vielmehr k<strong>an</strong>n die Bedeutung – und damit der informative Charakter<br />

– der unsicheren und unscharfen H<strong>an</strong>dlungspotentiale für die Unternehmensführung<br />

als hinreichende Begründung zur Entwicklung eines umfassenden Informationssystems<br />

betrachtet werden.<br />

9. Arbeitsstrukturen und deren Veränderung<br />

D<strong>an</strong>iela Eberhardt<br />

Kleingruppenorientiertes Projektm<strong>an</strong>agement. Eine empirische<br />

Untersuchung zur Gestaltung g<strong>an</strong>zheitlicher Aufgabenbearbeitung<br />

durch teilautonome Projektarbeitsgruppen *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Werner Nienhüser, damals: Universität Konst<strong>an</strong>z<br />

Beim Kleingruppenorientierten Projektm<strong>an</strong>agement (KPM) h<strong>an</strong>delt es sich um ein<br />

gruppengestütztes M<strong>an</strong>agementmodell, mit welchem das Ziel hohe Wettbewerbsfähigkeit<br />

des Unternehmens durch qualitativ hochwertige Innovationen und eine Integration<br />

von Kreativität und Wissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreicht werden soll.<br />

Das KPM bietet die Möglichkeit einer g<strong>an</strong>zheitlichen Problembearbeitung. Es h<strong>an</strong>delt<br />

es sich um ein Modell des Projektm<strong>an</strong>agements, bei dem gleichzeitig ein Innovations-<br />

*<br />

erschienen als B<strong>an</strong>d 9 in der Schriftenreihe Empirische Personal- und Org<strong>an</strong>isationsforschung,<br />

hrsg. von W. Weber, A. Martin, W. Nienhüser. ISBN 3-87988-311-4, <strong>Rainer</strong><br />

<strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München und Mering 1998, 280 S., DM 52.80


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 403<br />

m<strong>an</strong>agement stattfindet. Die Projektorg<strong>an</strong>isation besteht aus diversen Projektgruppen,<br />

die je nach Projektphase in einer Matrix- bzw. reinen Projektorg<strong>an</strong>isation zusammenarbeiten.<br />

Die Projektgruppen selbst haben eine hohe Selbstver<strong>an</strong>twortung bezüglich ihrer<br />

Zusammenarbeit und Leistungserbringung und sind durch eine Koordinationsgruppe<br />

mitein<strong>an</strong>der vernetzt.<br />

In der hier vorgestellten Dissertation der Autorin wurde erstmalig das KPM theoretisch<br />

und empirisch überprüft. Die Grundlage der empirischen Überprüfung bildete eine<br />

Feldstudie, in der 17 verschiedene Gruppen im KPM über den gesamten Projektablauf,<br />

d.h. in drei Projektphasen über 22 Wochen hinweg, zusammenarbeiteten. Vertiefend<br />

wurden insbesondere Prozesse der komplexen Problembearbeitung sowie Wahrnehmungs-<br />

und Normierungsaspekte innerhalb und zwischen Projektgruppen betrachtet.<br />

Die Ergebnisse der empirischen Analyse lassen weitergehende Empfehlungen zur Prozessgestaltung<br />

von Gruppen zu.<br />

Welches sind die theoretischen Grundlagen der Überprüfung des KPM?<br />

In der vorgestellten Dissertation f<strong>an</strong>d in Anlehnung <strong>an</strong> die technologische Tr<strong>an</strong>sformation<br />

von Nienhüser (vgl. 1989, 1993) die Überprüfung des KPM statt. Bei diesem<br />

Vorgehen wurden die Ziele und Gestaltungsaussagen des KPM zunächst rekonstruiert,<br />

theoretisch fundiert und abschließend empirisch überprüft.<br />

Für die Rekonstruktion und Überprüfung des KPM wurde ein konzeptioneller Bezugsrahmen<br />

entwickelt. Die Gestaltungsaussagen des KPM wurden den drei Bereichen<br />

Projektm<strong>an</strong>agement/-steuerung, aufgabenbezogene Problembearbeitung, sozio-emotionale<br />

Aktivitäten zugeordnet, die alle eine unterschiedliche funktionale Bedeutung für den Interaktionsprozess<br />

der Projektgruppen des KPM haben (z.B. Watzlawick et al. 1982). Für<br />

alle drei Bereiche wurde das KPM theoretisch und empirisch überprüft.<br />

Zur Überprüfung des Bereichs Projektm<strong>an</strong>agement/-steuerung wurden Arbeiten zu<br />

verschiedenen Aspekten der Projektbearbeitung ausgewählt und bezüglich ihrer Abstimmung<br />

unterein<strong>an</strong>der und auf die Phasen des KPM überprüft. Zentral für den aufgabenbezogene<br />

Bereich bei der Bearbeitung komplexer Projekte ist die Informationsverarbeitung<br />

innerhalb und zwischen Projektgruppen. Die theoretische Überprüfung des<br />

KPM erfolgte auf der Basis Galbraith gestaltungsorientierter Perspektive des „Org<strong>an</strong>ization<br />

Design“ (vgl. 1973, 1977). Für die empirische Überprüfung der Informationsverarbeitung<br />

innerhalb und zwischen den Projektgruppen des KPM bildeten die Überlegungen<br />

von Streufert und Swezey (1986) zum „Information Processing in Org<strong>an</strong>izations“<br />

die Grundlage. Im Fokus der Betrachtung sozio-emotionaler Aktivitäten st<strong>an</strong>d die prozessuale<br />

Betrachtung der Gruppenwahrnehmung sowie die Ausbildung gemeinsamer<br />

Normen. Der Einfluss von Wahrnehmungs- und Normhomogenität auf die Gruppenleistung<br />

wurde untersucht (vgl. Tuckm<strong>an</strong> & Jensen, 1977; Katz, 1982). Weiterhin wurden<br />

bei der Analyse der Zusammenarbeit zwischen den Projektgruppen innerhalb des KPM<br />

Aspekte der Intergruppendynamik berücksichtigt (vgl. Tajfel 1982).<br />

Was sind die Grundlagen der empirischen Überprüfung des KPM?


404 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Die Grundlage der empirischen Überprüfung des KPM bildet eine Feldstudie, in<br />

der alle, d.h. 17 verschiedene Gruppen, über den gesamten Projektablauf, d.h. in drei<br />

Projektphasen über 22 Wochen hinweg, im KPM zusammenarbeiteten.<br />

Zur Abbildung von Informationsverarbeitungsprozessen wurden Falldokumentationen<br />

(auf der Basis von Video-/Tonb<strong>an</strong>d-Aufzeichnungen der Gruppensitzungen,<br />

Schriftwechsel etc.) aller Projektgruppen erstellt. Die Auswertung der Falldokumentationen<br />

erfolgte hinsichtlich der Komplexität der Informationsverarbeitung mittels Cognitive<br />

Mapping (in Anlehnung <strong>an</strong> Boos, 1996). Die Gruppenwahrnehmung und –<br />

normierung wurde jeweils wöchtliche durch den SYMLOG-Ratingbogen zur Abbildung<br />

der Wahrnehmung (vgl. Bales & Cohen, 1982, Fisch & Wunder, 1989) und durch das<br />

Gruppentagebuchs zur Abbildung der Konformität gegenüber Gruppennormen (vgl. Ardelt<br />

& Schlögel, 1992) erhoben.<br />

Was sind die Ergebnisse der Überprüfung des KPM?<br />

Die theoretische Überprüfung des KPM ergab, dass es eine „optimale“ Org<strong>an</strong>isationsstruktur<br />

für die umfassende Informationsverarbeitung innerhalb und zwischen den<br />

Kleingruppen des KPM bietet (vgl. Galbraith 1973; 1977). Der im Modell vorgesehene<br />

Projektablauf ist „optimal“ auf den Phasenablauf von Projekten, Innovations- und Problemlöseprozessen<br />

abgestimmt. Durch eine gemeinsame Informationsphase und den konsensorientierten<br />

Pl<strong>an</strong>ungsbeschluss aller Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter vor<br />

Aufnahme der Kleingruppenaktivitäten werden leistungshemmende Aspekte, die sich<br />

aus der Intergruppendynamik ergeben, vermieden (vgl. Tajfel, 1982).<br />

Das KPM hat sich auch in der empirischen Analyse bewährt. Es ergeben sich weitergehende<br />

Aussagen, die für die Gestaltung der Projektgruppenarbeit genutzt werden<br />

können. Detaillierte Betrachtungen der Gruppen und Vergleiche zwischen den unterschiedlichen<br />

Gruppenarten im KPM zeigen: das KPM wird seinen Modellvorstellungen<br />

gerecht, innerhalb und zwischen den Projektgruppen ist eine komplexe Projektbearbeitung<br />

möglich. Es h<strong>an</strong>delt sich beim KPM also um eine Form des Projektm<strong>an</strong>agements,<br />

das auch in der Überprüfung zeigt, dass es eine g<strong>an</strong>zheitliche Problembearbeitung ermöglicht.<br />

Die Prozess<strong>an</strong>alysen weisen differenzierte Prozessmuster für alle Gruppen<br />

auf. Zunächst heißt dieses Ergebnis, dass jede Projektgruppe als unique <strong>an</strong>zusehen und<br />

zu beh<strong>an</strong>deln ist. Fall- und Mustervergleiche der prozessualen Verlaufsmuster lassen<br />

generelle Aussagen zu: Zusammenfassend lässt sich beschreiben, dass in den Gruppen<br />

in der ersten Hälfte der Projektphase mehr Leistung erbracht wird als zu einem späteren<br />

Zeitpunkt. Der Überg<strong>an</strong>g von der strategischen Projektbearbeitung zur reinen Routinetätigkeit<br />

führt zu Leistungseinbußen. Die Gruppenleistung ist vor dem Zeitpunkt einer<br />

maximalen Wahrnehmungshomogenität zwischen Projektgruppenmitgliedern höher als<br />

d<strong>an</strong>ach. Der Einfluss der Gruppennormen auf die Leistungserbringung ist als gering<br />

einzustufen.<br />

Welche weiterführenden Fragen ergeben sich aus der Arbeit?<br />

Auf der Basis der skizzierten Ergebnisse und <strong>an</strong>derer hier nicht aufgeführter Befunde<br />

ergeben sich u.a. folgende weiterführende Fragen, die sich insbesondere der Ausgestaltung<br />

der Projektgruppenarbeit zuwenden: Wie können Gruppen dazu gebracht


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 405<br />

werden, nicht nur in der ersten Hälfte der Projektphase produktiv zu sein, sondern ein<br />

gleichmäßiges Leistungsniveau zu erhalten? Und wie können Sie motiviert werden, bis<br />

zum Ende der gemeinsamen Projektarbeitszeit ihr Leistungsniveau zu halten? Wie k<strong>an</strong>n<br />

des KPM <strong>an</strong>gepasst werden, damit die notwendigen Selbstorg<strong>an</strong>isationsprozesse in den<br />

Gruppen produktiv wirksam werden? Auf diese und weitere Fragen werden in der Arbeit<br />

erste Lösungsmöglichkeiten <strong>an</strong>geboten, die eine weitere Forschung auf diesen<br />

Themengebieten jedoch nicht ersetzen.<br />

Literatur<br />

Ardelt, E. & Schlögel, W. (1992). Konform und solidarisch? Normenentwicklung in Frauenarbeitsgruppen.<br />

Salzburg: Otto Müller <strong>Verlag</strong>.<br />

Bales, R.F. & Cohen, S.P. (1982). SYMLOG: Ein System für die mehrstufige Beobachtung von<br />

Gruppen. Stuttgart: Klett-Cotta.<br />

Boos, M. (1996). Entscheidungsfindung in Gruppen – Eine Prozess<strong>an</strong>alyse. Bern: Huber.<br />

Fisch, R. & Wunder, K. (1989). Die Entwicklung und Qualitätsprüfung des „SYMLOG-<br />

Verhaltensfragebogens“ (Arbeitsbereicht Nr. 28). Universität Konst<strong>an</strong>z, Sozialwissenschaftliche<br />

Fakultät, Sonderforschungsbericht 221.<br />

Galbraith, J.R. (Ed.) (1973). Designing Comlex Org<strong>an</strong>izations. Reading, Massachusetts: Addison-<br />

Wesley.<br />

Galbraith, J.R. (1977). Org<strong>an</strong>izational Design. Reading, Massachusetts: Addison-Wesley.<br />

Katz, R. (1982). The effects of group longevity on project communication <strong>an</strong>d perform<strong>an</strong>ce. Administrative<br />

Science Quarterly, 27, 81-104.<br />

Tajfel, H. (1982). Social Identity <strong>an</strong>d Intergroup Relations. Cambridge: Cambridge University<br />

Press.<br />

Tuckm<strong>an</strong>, B.W. & Jensen, M.A.C. (1977). Stages of small-group development revisited. Groups<br />

<strong>an</strong>d Org<strong>an</strong>izations Studies, 2 (4), 419-427.<br />

Nienhüser, W. (1989). Die praktische Nutzung theoretischer Erkenntnisse in der Betriebswirtschaftslehre.<br />

Stuttgart: Poeschel.<br />

Nienhüser, W. (1993). Probleme der Entwicklung org<strong>an</strong>isationstheoretisch begründeter Gestaltungsvorschläge.<br />

Die Betriebswirtschaft (DBW), 53 (2), 235-252.<br />

Watzlawick, P., Beavin, J.H. & Jackson D.D. (1982). Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen,<br />

Paradoxien (6., unveränd. Aufl.). Bern: Huber.<br />

Winfried Josef Gaßner<br />

Implementierung org<strong>an</strong>isatorischer Veränderungen<br />

- eine mitarbeiterorientierte Perspektive *<br />

*<br />

Gaßner, W. (1999), Implementierung org<strong>an</strong>isatorischer Veränderungen – eine mitarbeiterorientierte<br />

Perspektive, in: Reihe Markt- und Unternehmensentwicklung,<br />

Wiesbaden: Gabler, 1999 (im Erscheinen).<br />

Die Arbeit ist für den Promotionspreis der Münchner Universitätsgesellschaft für<br />

den Bereich der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten der LMU 1999 vorgeschlagen.


406 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dr. h.c. Arnold Picot, Universität München<br />

Fragestellung der Untersuchung<br />

Bek<strong>an</strong>ntermaßen sind viele Reorg<strong>an</strong>isationsprojekte in der Praxis zum Scheitern<br />

verurteilt. Trotz einer umf<strong>an</strong>greichen betriebswirtschaftlichen Literatur zu überlegenen<br />

Org<strong>an</strong>isationsformen und zum M<strong>an</strong>agement des W<strong>an</strong>dels gibt es viele Fehlschläge. Offensichtlich<br />

ist das Wissen um den Prozess des W<strong>an</strong>dels noch unvollkommen. An dieser<br />

Stelle setzt die vorgestellte Arbeit <strong>an</strong>. Das konkrete Ziel der Dissertation liegt darin, die<br />

Wahrnehmung und Bewertung von Reorg<strong>an</strong>isationsprojekten durch die betroffenen<br />

Mitarbeiter systematisch zu untersuchen und empirisch zu überprüfen (theoretisches<br />

Ziel) sowie dem interessierten Praktiker bei der Gestaltung einer Reorg<strong>an</strong>isation dabei<br />

zu helfen, die betroffenen Mitarbeiter zur Unterstützung des Projekts zu motivieren<br />

(praxisorientiertes Ziel). Ausg<strong>an</strong>gspunkt ist die Vermutung, dass die Bedürfnisse der<br />

betroffenen Akteure bei tiefgreifenden Umstrukturierungsprojekten häufig nicht <strong>an</strong>gemessen<br />

berücksichtigt werden. Darin sieht der Verfasser eine wesentliche Quelle des<br />

Scheiterns von Reorg<strong>an</strong>isationsvorhaben. Im Kern befasst sich die Arbeit mit der Frage,<br />

was die betroffenen Mitarbeiter im Rahmen einer org<strong>an</strong>isatorischen Veränderung dazu<br />

motiviert, das Reorg<strong>an</strong>isationsprojekt zu unterstützen, es zu blockieren oder das Unternehmen<br />

zu verlassen.<br />

Theoretische Basis<br />

Nach einem knappen Einführungskapitel wird der Gegenst<strong>an</strong>d der Untersuchung,<br />

die Reorg<strong>an</strong>isation von Unternehmen, prägn<strong>an</strong>t dargestellt. Durch eine Ergänzung der<br />

Verhaltens<strong>an</strong>nahmen der neuen Institutionenökonomie um individualpsychologische<br />

Aspekte (insbesondere Wahrnehmungs- und Motivationstheorien) entsteht im Folgenden<br />

ein Bezugsrahmen für die Wahrnehmung und das Verhalten von Mitarbeitern in<br />

Org<strong>an</strong>isationen, der als Basis für die weiteren Überlegungen dient. Dieser interdisziplinäre<br />

Ansatz mündet in die Konzeption eines Denkrahmens zur Gestaltung von Reorg<strong>an</strong>isationen.<br />

Die Implementierung einer neuen Org<strong>an</strong>isationsstruktur sollte zum einen<br />

den betroffenen Mitarbeitern Nutzen stiften, zum <strong>an</strong>deren verursacht sie Kosten für das<br />

jeweilige Unternehmen. Beide Bewertungsdimensionen stehen mit der Art und Weise<br />

der Implementierung in Beziehung. Dieser Blickwinkel führt zu einer <strong>an</strong>reiz- und nutzenbezogenen<br />

Betrachtung von Reorg<strong>an</strong>isationsprojekten aus individueller wie auch aus<br />

Unternehmenssicht. In der Zusammenschau ergibt sich der sog. Anreiz-Tensor, der den<br />

Mitarbeiternutzen, die Kostensituation für das Unternehmen sowie die Anreizdimension<br />

verknüpft. Konkret zielt dieser neuartige Denkrahmen darauf ab, einerseits die betroffenen<br />

Mitarbeiter zur Unterstützung des Projektes zu bewegen und gleichzeitig die Kosten<br />

für das Unternehmen möglichst gering zu halten. Aus dieser Intention ergeben sich<br />

Konsequenzen für die Wahl der Anreize. Welche Merkmale einer Reorg<strong>an</strong>isation für<br />

betroffene Mitarbeiter einen Anreiz darstellen, das jeweilige Projekt zu unterstützen, ist<br />

letztlich eine empirische Frage und wird im Rahmen der empirischen Untersuchung geklärt,<br />

die durch die großzügige Unterstützung der DFG ermöglicht wurde.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 407<br />

Methodik der Untersuchung<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt dieser Studie ist die Einstellungsforschung. Die empirische Untersuchung<br />

wurde in fünf deutschen Großunternehmen durchgeführt und gliedert sich in<br />

die vier Phasen:<br />

a) eine teilnehmende Beobachtung,<br />

b) 30 Experteninterviews,<br />

c) 62 qualitative Mitarbeiterinterviews und<br />

d) eine Fragebogenaktion mit 454 Befragten.<br />

Die Zuhilfenahme <strong>an</strong>gemessener univariater und v.a. auch multivariater Analysemethoden<br />

(Faktoren- und Cluster<strong>an</strong>alyse) eröffnet erstaunliche Einsichten in das empirische<br />

Material.


408 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Ergebnisse der Untersuchung<br />

Sowohl die Phase der Implementierung (der Reorg<strong>an</strong>isationsprozess), als auch die<br />

neue Struktur (das Reorg<strong>an</strong>isationsergebnis) werden im Lichte der Einschätzungen der<br />

Befragten aus den fünf beteiligten Unternehmen eingehend <strong>an</strong>alysiert. Die Ergebnisse<br />

der empirischen Untersuchung sind teilweise überraschend und geben Aufschluss über<br />

die Bewertung von Reorg<strong>an</strong>isationsprozessen durch die betroffenen Mitarbeiter. Beispielsweise<br />

werden <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d ihrer Präferenzstrukturen die Mitarbeitertypen „Karrierist“,<br />

„Macher“, „Nimmersatt“, „Stressvermeider“, „Behaglicher“, „Aufsteiger“, „Kämpfernatur“<br />

und „Ameise“ identifiziert. Die Mitarbeitertypologisierung bietet ebenso wie die<br />

Erfolgsfaktorentabelle zahlreiche Anregungen für Theorie und Praxis.<br />

Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden im Folgenden generelle Instrumente<br />

zur Gestaltung von org<strong>an</strong>isatorischen Veränderungen abgeleitet. Der entwickelte Anreiz-Tensor<br />

bildet auch dafür den theoretisch-methodischen Rahmen. So wichtige Themen<br />

wie Vermeidung unnötiger Unsicherheit, Betriebsklima, Sicherheit, Gerechtigkeit,<br />

Information und Kommunikation, Aktivität, Partizipation, Tradition, Mehrbelastung,<br />

Karriere, materielle Stabilität, Prozessqualität oder soziale Stabilität werden vor dem<br />

Hintergrund der qu<strong>an</strong>titativen und qualitativen empirischen Untersuchungen positioniert<br />

und in allgemeine Empfehlungen für die Praxis umgegossen. Dabei werden ökonomische<br />

und psychologische Theorien verknüpft und auf die eing<strong>an</strong>gs entwickelten theoretischen<br />

Grundlagen zurückgegriffen.<br />

Ausblick<br />

Da die theoriegeleitete empirische Untersuchung den Mitarbeiter ins Zentrum der<br />

Betrachtung rückt, wird die Kostenseite einer Reorg<strong>an</strong>isation nur kurz beleuchtet. In der<br />

theoretischen und empirischen Betrachtung des Kostenaspekts von org<strong>an</strong>isatorischen<br />

Veränderungen k<strong>an</strong>n weiterer Forschungsbedarf gesehen werden. Schließlich wird die<br />

Arbeit mit einer übersichtlichen Zusammenfassung sowie einigen Ausblicken abgerundet.<br />

Markus Göbel<br />

Verwaltungsm<strong>an</strong>agement unter Veränderungsdruck *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Helmut Klages, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

Speyer<br />

Das aktuelle Modernisierungsleitbild „Konzern Stadt“ markiert den vorläufigen<br />

Endpunkt einer traditionsreichen Geschichte bundesrepublik<strong>an</strong>ischer Verwaltungsre-<br />

*<br />

Markus Göbel: Verwaltungsm<strong>an</strong>agement unter Veränderungsdruck! Eine mikropolitische<br />

Analyse. <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München und Mering 1999, ISBN 3-87988-350-5, 276 S.,<br />

DM 52.80


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 409<br />

form. Sie reicht von der Pl<strong>an</strong>ungsdiskussion mit ihren <strong>an</strong>alytischen Methoden über die<br />

Kommunale Gebietsreform, die Reform des öffentlichen Dienstrechts und die Funktionalreform<br />

bis hin zur Entbürokratisierungsdiskussion mit ihrer Gutachtenflut. Jeder Reformzyklus<br />

m<strong>an</strong>ifestiert sich in einer neuen Schicht von Org<strong>an</strong>isationssystemen, H<strong>an</strong>dlungsprogrammen<br />

und technischen Analgen. Die Relikte der einzelnen Modernisierungsepisoden<br />

treten den h<strong>an</strong>delnden Akteuren als objektivierte Arbeit gegenüber. Eine<br />

zw<strong>an</strong>gsläufige Folge dieses konservierenden Strukturtrends ist die steigende „Kopflastigkeit“<br />

der Verwaltung, die insb. in den Servicebereichen und den Leitungsebenen augenfällig<br />

wird. Der Verwaltungsoverhead bringt sowohl steigende Kosten wie zunehmende<br />

Bürokratisierung mit sich. Die Org<strong>an</strong>isation wird schwerfällig und intr<strong>an</strong>sparent.<br />

Diese Entwicklung macht auch eine Revision der Logik verg<strong>an</strong>gener Modernisierung<br />

selbst erforderlich. Der aus der Epoche einfacher Verwissenschaftlichung ererbte<br />

Leistungsapparat mit seinen aufgeblähten Stäben, Hierarchien und Formalismen gerät<br />

<strong>an</strong>stelle der lebendigen Arbeit in das Fadenkreuz der Modernisierung. Die partielle geht<br />

in „systemische“ Modernisierung über, die das M<strong>an</strong>agement in einen reflexiven Konflikt<br />

treibt. Integraler Best<strong>an</strong>dteil der aktuellen Modernisierungsdiskussion sind die<br />

Verkürzung von Hierarchien, ebenso die <strong>Verlag</strong>erung von Kompetenzen oder der Abbau<br />

von Spezialisierungen. Dieser Gestaltungsfokus stößt begreiflicherweise auf Ressentiments<br />

beim mittleren und unteren M<strong>an</strong>agement und den indirekten Bereichen. In<br />

welchem Ausmaß dieser Umschlag tatsächlich stattfindet, in welcher Form er sich vollzieht,<br />

zu welchen Verwerfungen der verwaltungsinternen Herrschaftsstruktur er führt,<br />

ist bisher noch nicht systematisch untersucht worden.<br />

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, ein wenig Licht in die „Black-Box“ der<br />

Verwaltungsmodernisierung zu bringen. Jenseits einer normativen Selbstthematisierung<br />

der Verwaltungspraxis liegt das Interesse der Arbeit in einer empirischen Aufarbeitung<br />

der faktischen Prozessverläufe. Diese entpuppen sich im Rahmen der empirischen Untersuchung<br />

als mikropolitische Aush<strong>an</strong>dlungsprozesse divergierender Stakeholder. Der<br />

Untersuchungsfokus liegt hierbei auf dem mittleren M<strong>an</strong>agement. Diese als „Rückgrat<br />

jeder Verwaltung“ (Bathold) apostrophierte Gruppe ist sowohl Opfer als auch Träger<br />

der Modernisierungsprozesse. Diese „Doppelfunktion“ macht die mittlere Führungsebene<br />

zu einem wichtigen und interess<strong>an</strong>ten Forschungsobjekt. Die gew<strong>an</strong>delten Anforderungen<br />

und Gestaltungsmöglichkeiten im Zuge der Verwaltungsmodernisierung werden<br />

ebenso thematisiert wie das veränderte Führung- und Interaktionsverhalten dieser Bezugsgruppe.<br />

Wie die obigen Ausführungen verdeutlichen, sind die Prozesse nicht isoliert zu betrachten.<br />

Die gegenwärtigen Modernisierungsformen haben ihren Bezugspunkt in den<br />

bestehende Verwaltungsstrukturen und -abläufen. Eine reflektierte Analyse muss den<br />

Bezug zwischen überkommener und <strong>an</strong>visierter Verwaltungs- und Steuerungspraxis<br />

thematisieren. Dieser rekursive Konstitutionszusammenh<strong>an</strong>g zwischen administrativer<br />

Bürokratie und „Neuer Steuerung“ sowie zwischen Verwaltungsstruktur und M<strong>an</strong>agementpraxis<br />

erfordert eine theoretische Fundierung, die Akteursh<strong>an</strong>deln und Formalstruktur<br />

als interdependente Phänomene betrachtet. Hier bietet sich die Strukturationstheorie<br />

von A. Giddens <strong>an</strong>, die in Form der „Dualität von Strukturen“ eine entsprechende<br />

Theoriefigur bereithält. Dieser rekursive Verweisungszusammenh<strong>an</strong>g von H<strong>an</strong>dlung


410 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

und Struktur wird aus Praktikabilitätsgründen in zwei Schritte aufgelöst. In einem ersten<br />

Schritt wird der strukturelle Kontext <strong>an</strong>alysiert. Zentrales Anliegen ist hierbei herauszufinden,<br />

welche strukturellen Bedingungen die vorgefundenen Sicht- und H<strong>an</strong>dlungsweisen<br />

ermöglichen bzw. behindern. Neben dem org<strong>an</strong>isationskulturellen H<strong>an</strong>dlungskontext<br />

der mittleren M<strong>an</strong>ager sind auch Strukturmerkmale der Verwaltungsorg<strong>an</strong>isation<br />

und des Beschäftigungsystems „öffentlicher Dienst“ von Bedeutung. In einem zweiten<br />

Schritt werden die konkreten Strategien, H<strong>an</strong>dlungsmuster und Sichtweisen der „mittleren<br />

M<strong>an</strong>ager“ vor dem Hintergrund der strukturellen „constraints“ dargestellt. Hier steht<br />

die Interaktion zu den Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kollegen im Analysefocus. Neben<br />

der Strukturationstheorie als metatheoretische Klammer werden u.a. informationsökonomische,<br />

neo-institutionalistische und mikropolitische Ansätze verwendet.<br />

Die empirische Basis der Arbeit bilden drei Intensivfallstudien, die zwischen Juni<br />

1995 und Februar 1996 in je einer niedersächsischen, nordrhein-westfälischen und hessischen<br />

Kreisverwaltung durchgeführt wurden. Die Datenerhebung erfolgte auf der Basis<br />

von 42 qualitativen Interviews. Interviewpartner waren 35 mittlere Führungskräfte<br />

(Amts- und Abteilungsleiter) und 7 Top- Führungskräfte (Dezernenten, L<strong>an</strong>dräte) aus<br />

den Funktionsbereichen Querschnitts-, Sozial-, Schul- und Ordnungsverwaltung.<br />

Im Rahmen der Untersuchung wird schnell deutlich, dass die juristische Selbstthematisierung<br />

des Interaktionssystems „öffentliche Verwaltung“ für eine reflektierte<br />

Betrachtung administrativer Reformprozesse viel zu kurz greift. Die Funktionsfähigkeit<br />

der öffentlichen Verwaltung beruht nicht nur auf hierarchischer Kontrolle, sondern auch<br />

auf der „Logik des Vertrauens“ (Meyer/Row<strong>an</strong>) und der Konkurrenz um Ressourcen.<br />

Ihre Strukturen und Regeln „bilden und steuern einen Markt der Verhaltensweisen“<br />

(Friedberg). Die Funktionslogik der Steuerungsstruktur ist nur unter Rekurs auf die politische<br />

Natur der sozialen Interaktion erkärbar. Letztere m<strong>an</strong>ifestiert sich u.a. in den<br />

H<strong>an</strong>dlungsstrategien des mittleren M<strong>an</strong>agements. Diese untergraben die Konventionen,<br />

Normen und Vorschriften, sobald sie entst<strong>an</strong>den sind. Disponible Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für opportunistisches Verhalten etablieren sich. Jenseits aller Formalisierungen<br />

entwickeln sich situierte Praktiken, die auf eine „(Er-)Füllung und Ergänzung, im<br />

durchaus nicht seltenen Extrem der Ersetzung“ (Ortm<strong>an</strong>n) der Steuerungsstruktur zielen.<br />

Diese Logik der Ergänzung zeigt sich in der Zusammenarbeit der mittleren M<strong>an</strong>ager<br />

unterein<strong>an</strong>der, mit ihren Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern. Ob Ressourcenverteilungsmodi,<br />

Beförderungsstatuten oder Führungsleitlinien, die org<strong>an</strong>isatorischen Regeln<br />

erfordern „geradezu eine abweichende Praxis – eine Praxis, die die Regeln mit Leben<br />

erfüllt, situationsgerecht <strong>an</strong>wendet, ... sie umgeht und unterläuft: jeweils so, wie die<br />

Umstände es gerade erfordern“ (Ortm<strong>an</strong>n). So enstehen m<strong>an</strong>agerielle Kompensationsgeschäfte,<br />

in denen geduldete Regelverletzungen gegen individuelle Leistungsbereitschaft<br />

eingetauscht wird. Dieses Vexierspiel um administrative Regel und Regelverletzung<br />

eröffnet dem mittleren M<strong>an</strong>agement m<strong>an</strong>nigfaltige Gestaltung- und Einflussmöglichkeiten,<br />

die im Zuge einer revidierten Steuerungslogik zur Disposition stehen. Dies<br />

aktiviert nicht nur auf der mittleren Führungsebene widersprüchliche Reaktionsmuster,<br />

die sich um die Pole Unterstützung und Widerst<strong>an</strong>d gruppieren. Sie stellt auch die „bürokratische“<br />

Regelungsstruktur in Frage, ohne dass die „Neue Steuerung“ hinlänglich


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 411<br />

funktioniert. Hier „beißen“ sich die Logiken instrumenteller Pl<strong>an</strong>ungsrationalität und<br />

lebensweltlicher H<strong>an</strong>dlungsrationalität.<br />

Eine weiterführende Perspektive sollte u.a. die funktionsnotwendige Ergänzung<br />

(Kompensationsgeschäfte, Tauschringe usw.) von „Neuen Steuerungsmodellen“ in den<br />

Blick nehmen, ohne diese als irrational zu diskreditieren. Aufbau, Funktionslogik und<br />

personelle Zusammensetzung sind hier ebenso zu <strong>an</strong>alysieren wie das rekursive Konstitutions-<br />

und Sp<strong>an</strong>nungsverhältnis von formaler Regelung und informaler Ergänzung.<br />

Björn Hackert<br />

Kooperation in Arbeitsgruppen – Bausteine einer ökonomischen<br />

Analyse *<br />

Betreuer: Prof. Dr. W. Küpper, Universität Hamburg<br />

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur werden seit einigen Jahren verstärkt<br />

einerseits org<strong>an</strong>isatorische Hybridformen zwischen Markt und Hierarchie wie Unternehmensnetzwerke<br />

oder Strategische Alli<strong>an</strong>zen, <strong>an</strong>dererseits aber auch innerbetriebliche<br />

„Kooperation“ in Arbeitsgruppen bzw. Teams diskutiert.<br />

Im Gegensatz zu den Koordinationsaspekten (z.B. Gestaltung betrieblicher Gruppenarbeit)<br />

bleiben Problemfelder der Kooperation, d.h. der tatsächlichen gemeinsamen<br />

Leistungserstellung, in dieser Diskussion häufig unterbelichtet.<br />

Im Kontext arbeitsteiligen Wirtschaftens ist es jedoch nur natürlich, dass Probleme<br />

existieren, die sich einerseits aus der Zuordnung, Festsetzung und Erstellung von Einzelbeiträgen<br />

zur Schaffung eines „G<strong>an</strong>zen“ und <strong>an</strong>dererseits aus ihrer Zusammenführung<br />

und der <strong>an</strong>schließenden Verteilung möglicher Kooperationsgewinne ergeben. Dahinter<br />

steht die Frage, die sich für jeden einzelnen Mitarbeiter in Unternehmen ergibt:<br />

Warum und wie er sich „kooperativ“ verhalten sollte? Auch wenn Kooperation ein soziales<br />

Phänomen ist, basiert ihr Zust<strong>an</strong>dekommen letztlich auf dem H<strong>an</strong>deln, d.h. der Beitragsleistung<br />

einzelner Akteure: Jeder Mitarbeiter trifft als H<strong>an</strong>dlungseinheit individuelle<br />

Entscheidungen darüber, ob und wie es seine Beiträge zur gemeinsamen Aufgabenbewältigung<br />

leistet. Die Kollegen und deren H<strong>an</strong>dlungen können – zunächst vereinfachend<br />

– als Best<strong>an</strong>dteile der Situation, in deren Rahmen die individuelle Kooperationsentscheidung<br />

getroffen wird, aufgefasst werden.<br />

Diese Entscheidung wird am Beispiel der innerbetrieblichen Kooperation in Arbeitsgruppen<br />

aus einer ökonomischen Perspektive auf Basis des methodologischen Individualismus<br />

untersucht.<br />

Der einzelne, seine individuelle Kooperationsentscheidung treffende Akteur ist<br />

folglich Ausg<strong>an</strong>gspunkt und Hauptgegenst<strong>an</strong>d dieser Arbeit.<br />

*<br />

Die Arbeit ist im Februar 1999 unter diesem Titel im Erich Schmidt <strong>Verlag</strong>, Berlin,<br />

ISBN 3-503-05087-6, als B<strong>an</strong>d 8 der Reihe „Personal-Org<strong>an</strong>isation-M<strong>an</strong>agement“<br />

(Hrsg. W. Küpper) erschienen.


412 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Aus dieser Perspektive liegt beispielsweise ein Erklärungs<strong>an</strong>satz von Kooperationsproblemen<br />

in betrieblichen Arbeitsgruppen in den strategischen Interdependenzen<br />

der Akteure und asymmetrisch verteilten Informationen begründet, die die beteiligten<br />

Akteure möglicherweise zu negativen Kooperationsentscheidungen, d.h. zu einer (partiellen)<br />

Verweigerung der von ihnen erwarteten Leistungsbeiträge ver<strong>an</strong>lassen.<br />

In der vorliegenden Untersuchung werden betriebliche Kooperationsentscheidungen<br />

zunächst grob vertikalen oder horizontalen Kooperationsbeziehungen zugeordnet.<br />

Die hierarchische – vertikale – Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern<br />

bzw. Vorgesetzten und Mitarbeitern basiert in der Regel auf einer expliziten, bilateralen<br />

arbeitsvertraglichen Bindung beider Interaktionspartner. Unter horizontaler Kooperation<br />

wird die erfolgreiche Zusammenarbeit hierarchisch gleichgestellter Mitarbeiter, d.h.<br />

die „Kollegenkooperation“ verst<strong>an</strong>den. Auch wenn vertikale und horizontale Kooperationsbeziehungen<br />

theoretisch auf verschiedenen Ebenen <strong>an</strong>gesiedelt werden können,<br />

sind Interdependenzen zwischen diesen Beziehungsebenen zu beachten, weil betriebliche<br />

Akteure in der Regel sowohl in vertikale als auch in horizontale Kooperationsmuster<br />

eingebunden sind. Die zugrundeliegenden Beschäftigungsverträge und Kooperationsvereinbarungen<br />

sowie deren Interdependenzen werden auf der Basis des Tr<strong>an</strong>saktionskosten<strong>an</strong>satzes<br />

im Rahmen eines vertragsorientierten Drei-Ebenen-Schemas interpretiert.<br />

In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g werden Schwierigkeiten der Kooperationsentstehung<br />

und -entwicklung als Probleme unvollständiger Verträge aufgefasst. Aus diesem Blickwinkel<br />

wird d<strong>an</strong>n auch die Einführung und Ausgestaltung betrieblicher Gruppenarbeit<br />

näher beleuchtet.<br />

Diese Interpretationsmuster bilden die Grundlage für die Suche nach ökonomisch<br />

fundierten Empfehlungen zur Beeinflussung von Kooperation in arbeitsbezogenen<br />

Kleingruppen. In diesem Kontext stellt die isolierte Untersuchung einzelner Einflussgrößen<br />

und deren Wirkung auf Kooperationsentscheidungen einen Schwerpunkt der<br />

Arbeit dar. So werden Auswirkungen des jeweils vorgegebenen Zeithorizonts und der<br />

Gruppengröße auf die Kooperationsbereitschaft einzelner Akteure untersucht und Zusammenhänge<br />

zwischen Kommunikation, Aufgaben, Autonomie, Entlohnung, Kontrolle,<br />

Vertrauen und der individuellen Kooperationsentscheidung betrachtet. Dabei wird<br />

auch auf Ergebnisse psychologischer oder soziologischer Studien zurückgegriffen, die<br />

d<strong>an</strong>n in den ökonomischen Betrachtungsrahmen integriert werden.<br />

Die Analyse stützt sich hauptsächlich auf tr<strong>an</strong>saktionskostenorientierte und spieltheoretische<br />

Ansätze. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g werden die Stärken aber auch Grenzen<br />

einer ökonomischen Analyse von Kooperation diskutiert und <strong>an</strong> verschiedenen Stellen<br />

auf alternative Betrachtungsweisen bzw. weiteren Forschungsbedarf hinwiesen. Das exemplarische<br />

Ausloten des Erklärungspotentials eines ökonomischen Ansatzes für Fragen<br />

der innerbetrieblichen Zusammenarbeit soll dabei ermutigen, die für die Personalwirtschaftslehre<br />

so grundlegende Kooperationsproblematik auch aus ungewohnten Perspektiven<br />

zu beleuchten.<br />

Dies erscheint gerade deshalb dringend geboten, da in der betrieblichen Praxis<br />

deutliche Tendenzen zu beobachten sind, die für die Zukunft eine zunehmende Kooperationsnotwendigkeit<br />

nahelegen. In den Unternehmen aktuell diskutierte Konzepte wie<br />

Wissensm<strong>an</strong>agement oder die „Förderung der Beschäftigungsfähigkeit“ (employability)


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 413<br />

können nur d<strong>an</strong>n erfolgreich umgesetzt werden, wenn die grundlegenden Fragen nach<br />

Kooperation, kooperativem Verhalten und individuellen Kooperationsentscheidungen<br />

entsprechend berücksichtigt werden.<br />

In der Praxis besteht folglich Bedarf <strong>an</strong> weiteren Forschungsergebnissen zu diesem<br />

Thema. Diese Arbeit bietet zumindest einen theoretischen Rahmen, gepl<strong>an</strong>te Org<strong>an</strong>isationsentwicklungsprozesse<br />

auch aus der Perspektive der „betroffenen“ – und für die erfolgreiche<br />

Umsetzung notwendigen – Mitarbeiter zu <strong>an</strong>alysieren und kritisch zu diskutieren.<br />

Walter Kirchm<strong>an</strong>n<br />

Veränderungsm<strong>an</strong>agement mit älteren Mitarbeitern und Führungskräften<br />

*<br />

Betreuer: Prof. Dr. <strong>Rainer</strong> Marr, Universität der Bundeswehr,<br />

München<br />

Unter Veränderungsm<strong>an</strong>agement wird die bewusste und gepl<strong>an</strong>te Einflussnahme<br />

auf Veränderungen in einer Org<strong>an</strong>isation verst<strong>an</strong>den. Maßstab für dessen Erfolg ist die<br />

Erzielung größtmöglicher ökonomischer und sozialer Effizienz. Die ökonomische Effizienz<br />

wird dabei durch das Verhältnis des Leistungsergebnisses zu den Arbeitskosten,<br />

die soziale Effizienz durch den Grad der Befriedigung der Bedürfnisse und Interessen<br />

der Org<strong>an</strong>isationsmitglieder bestimmt.<br />

Aus der Vermutung, dass sich die Leistungsvoraussetzungen sowie die Bedürfnisse<br />

älterer Mitarbeiter und Führungskräfte sich signifik<strong>an</strong>t von denen ihrer jüngeren Kollegen<br />

unterscheiden, ergeben sich nun die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit:<br />

Welche altersbedingten Unterschiede hinsichtlich des Leistungsverhaltens sowie<br />

der Bedürfnis- und Interessenlage sind für ein erfolgreiches Veränderungsm<strong>an</strong>agement<br />

relev<strong>an</strong>t?<br />

Welche Anforderungen ergeben sich aus den identifizierten Unterschieden <strong>an</strong> ein<br />

Veränderungsm<strong>an</strong>agement in Org<strong>an</strong>isationen mit älteren Mitarbeitern und Führungskräften?<br />

Um diese Fragen zu be<strong>an</strong>tworten, wird zunächst eine Analyse des Übereinstimmungsgrades<br />

zwischen den Leistungsvoraussetzungen und Bedürfnissen der Org<strong>an</strong>isationsmitglieder<br />

unterschiedlichen Alters und den situativen Bedingungen bei Veränderungsprozessen<br />

durchgeführt. Es werden dabei Ursachen und Wirkungen von altersbedingten<br />

Unterschieden in Persönlichkeitsmerkmalen in Veränderungssituationen identifiziert<br />

und diskutiert. Als Ergebnis dieser Diskussion werden Gestaltungsempfehlungen<br />

für ein verbessertes Veränderungsm<strong>an</strong>agement formuliert, das die spezifischen Unterschiede<br />

zwischen älteren und jüngeren Org<strong>an</strong>isationsmitgliedern berücksichtigt.<br />

*<br />

<strong>Verlag</strong> Herbert Utz, München 1998


414 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Die Verbindung von soziologischen und psychologischen Erkenntnissen über älterwerdende<br />

Menschen und den Erkenntnissen der Org<strong>an</strong>isationstheorie wird mit Hilfe<br />

der Rollentheorie hergestellt. D<strong>an</strong>eben stützt sich die Arbeit auf Methoden der qualitativen<br />

Sozialforschung. So werden zur weiteren Erkenntnisgewinnung Interviews her<strong>an</strong>gezogen,<br />

die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt wurden.<br />

Bei der Analyse der Leistungsergebnisse Älterer im Vergleich zu Jüngeren, ergibt<br />

sich, dass einerseits die Verl<strong>an</strong>gsamung der Informationsaufnahme und -verarbeitung,<br />

<strong>an</strong>dererseits das Auftreten von spezifischen Rollenkonflikten gerade im Verlauf von<br />

Veränderungsprozessen der Realisierung der ökonomischen Effizienz entgegenstehen.<br />

Allerdings verfügen Ältere über eine umf<strong>an</strong>greiche Berufserfahrung, die das Leistungsvermögen,<br />

in Abhängigkeit von den situativen Anforderungen, wesentlich steigern können.<br />

Hinsichtlich des Grades der Bedürfnisbefriedigung zeigt sich, dass ältere Org<strong>an</strong>isationsmitglieder<br />

durch Belastungen, die im Rahmen das Veränderungsm<strong>an</strong>agement entstehen,<br />

stärker beeinträchtigt werden als jüngere. Vor allem Stress und eine verringerte<br />

Arbeitszufriedenheit vermindern die soziale Effizienz.<br />

Allerdings weisen Ältere, z.B. aufgrund der längeren individuellen Berufsbiographie<br />

ein höheres Maß <strong>an</strong> interindividueller Variabilität in den Leistungsvoraussetzungen<br />

und Bedürfnissen auf. Darüber hinaus existieren zahlreiche Abhängigkeiten zwischen<br />

den determinierenden Variablen.<br />

Ansatzpunkte für eine Verbesserung der ökonomischen und sozialen Effizienz<br />

durch das Veränderungsm<strong>an</strong>agement liefern gerade die letztgen<strong>an</strong>nten Punkte, also die<br />

interindividuelle Variabilität sowie die Wechselwirkungen und Abhängigkeiten der einzelnen<br />

Variablen. Durch gezielte Maßnahmen können die entsprechenden Variablen so<br />

beeinflusst werden, dass sich der Übereinstimmungsgrad zwischen den besonderen<br />

Voraussetzungen und Bedürfnissen Älterer und den jeweiligen situativen Bedingungen<br />

erhöht.<br />

Systematisch unterscheiden sich die jeweiligen Maßnahmen durch ihren Zeithorizont.<br />

Während der akuten Veränderungsphase sind vor allem kurzfristige Interventionen<br />

erforderlich, um den <strong>an</strong>gestrebten Veränderungsprozess überhaupt einleiten zu können.<br />

D<strong>an</strong>eben sind allerdings l<strong>an</strong>gfristige Interventionen erforderlich, um den Erfolg des<br />

Prozesses dauerhaft absichern zu können.<br />

Kurzfristige Interventionen sind hauptsächlich bei der H<strong>an</strong>dhabung von disfunktionalen<br />

Rollenkonflikten erforderlich. So bietet sich z.B. ein gezielter Personaleinsatz in<br />

frühen Phasen von Veränderungsmaßnahmen <strong>an</strong>, wenn jüngere Führungsnachwuchskräfte<br />

die Rolle „Mitarbeiter“ und ältere „Führungskräfte“ die Rolle Führungskraft<br />

übernehmen.<br />

Um allerdings die Leistungsvoraussetzungen und die Ch<strong>an</strong>ce auf eine Befriedigung<br />

von Bedürfnissen der älteren Org<strong>an</strong>isationsmitglieder l<strong>an</strong>gfristig zu verbessern, sind<br />

Maßnahmen erforderlich, die karrierebegleitend und unabhängig vom konkreten Veränderungsprozess<br />

durchgeführt werden. Besondere Bedeutung gewinnt hierbei die Entwicklung<br />

von Berufserfahrung durch das Erleben und die Verarbeitung heterogener und<br />

kritischer Situationen im Rahmen der individuellen Berufsbiographie. Damit können


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 415<br />

nicht nur direkt die Leistungsvoraussetzungen in Form von Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

verbessert werden, sondern das Individuum wird in die Lage versetzt, Stresssituationen<br />

erfolgreicher zu h<strong>an</strong>dhaben und seine Unzufriedenheit mit einem nicht erwartungs- und<br />

<strong>an</strong>spruchskonformen Leistungsverhalten zu reduzieren. Durch die Heterogenität der in<br />

der Berufsbiographie wahrgenommenen Positionen ist ferner zu erwarten, dass auch<br />

Verhaltensänderungen zur Anpassung <strong>an</strong> neue Situationen im Prozess des Älterwerdens<br />

effizienter erzielt werden können.<br />

Zusammen mit einer Anpassung personalwirtschaftlicher Anreizsysteme, die als<br />

notwendig zur Reduzierung von Verteilungskonflikten erachtetet wird, werden ferner<br />

die Voraussetzungen geschaffen, dass das Individuum Arbeitszufriedenheit erl<strong>an</strong>gt und<br />

somit motiviert wird. Dabei ist insbesondere die Ersetzung einer senioritätsorientierten<br />

durch eine leistungsorientierte Verteilungspraxis für Wertschöpfungszuwächse und<br />

Führungspositionen notwendig.<br />

Wie dieser Ansatz zur Verbesserung des Übereinstimmungsgrades konkretisiert<br />

und institutionalisiert werden k<strong>an</strong>n, wird abschließend in Form eines erfahrungsbasierten<br />

Karrieresystems für Älterwerdende theoretisch und <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d eines Praxisbeispiels exemplarisch<br />

skizziert. Zur Realisierung ökonomischer Effizienz wird dabei der Erwerb der<br />

von der Org<strong>an</strong>isation erwarteten Fähigkeiten und Fertigkeiten durch die Entwicklung<br />

von Berufserfahrung im Rahmen der Berufsbiographie gefördert. D<strong>an</strong>eben werden Anreize<br />

in Form von Karrieremöglichkeiten zur Realisierung sozialer Effizienz geboten.<br />

Wesentlich dabei ist, dass es sich nicht um eine konkrete Pl<strong>an</strong>ung von Positionsfolgen<br />

h<strong>an</strong>delt, sondern dass durch dieses Karrieresystem ein Rahmen geschaffen wird, der<br />

Flexibilität bzgl. noch nicht pl<strong>an</strong>barer org<strong>an</strong>isatorischer Anforderungen und individueller,<br />

lebenslaufabhängiger Bedürfnisse bietet.<br />

Wesentliche Elemente eines erfahrungsbasierten Karrieresystems sind die Kompetenzentwicklung<br />

durch Erfahrungsbildung und das Prinzip des lebensl<strong>an</strong>gen Lernens. In<br />

beiden Bereichen ist allerdings noch nicht restlos geklärt, wie die Umsetzung in die<br />

Praxis effizient gestaltet werden k<strong>an</strong>n. Insofern ergibt sich ein weiterführender Forschungsbedarf.<br />

Alex<strong>an</strong>der Schaeffer<br />

Tr<strong>an</strong>sformationsm<strong>an</strong>agement – Ein Beitrag zur dispositiven<br />

Gestaltung umfassender und tiefgreifender betrieblicher Veränderungsprozesse<br />

Betreuer: Prof. Dr. <strong>Rainer</strong> Marr, Universität der Bundeswehr,<br />

München<br />

Die Arbeit ist dem Themengebiet „Ch<strong>an</strong>ge M<strong>an</strong>agement“ zuzuordnen. Wesentlich<br />

zum Verständnis der Teleologie der Arbeit ist die Feststellung, dass es ihr nicht um Fra-


416 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

gen eines <strong>an</strong>zustrebenden Ergebnisses einer Veränderung geht, sondern um das Design<br />

eines <strong>an</strong>zustrebenden Veränderungsprozesses.<br />

So wird argumentiert, dass dem Reengineering-Bestseller des Jahres 1993 der Autoren<br />

Hammer und Champy 1995 ein neues Buch (verfasst von erstgen<strong>an</strong>ntem Autor<br />

mit einem Co-Autor) folgte, als deutlich wurde, dass offenbar gravierende Probleme bei<br />

der Umsetzung der von der Reengineering-Idee vorgesehenen Veränderungsziele bestehen.<br />

Jedoch werde auch hier die Umsetzungsproblematik nur selektiv aufgegriffen <strong>an</strong>statt<br />

für ihre Lösung einen konsistenten Gesamt<strong>an</strong>satz <strong>an</strong>zubieten. Dies gerade ist der<br />

Anspruch der hier dargestellten Dissertation.<br />

Auf ihrer metatheoretischen Ebene ist die Arbeit geprägt von systemtheoretischer<br />

Argumentationsweise; diese ist Ausfluss der Beobachtung, dass die Gestaltung bzw. das<br />

M<strong>an</strong>agement umfassender und tiefgreifender Veränderungsvorhaben ein komplexes<br />

Problemverständnis und entsprechende Lösungs<strong>an</strong>sätze erfordert, die dieser Komplexität<br />

gerecht zu werden vermögen. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

die Ausführungen zur Rolle von „Visionen“ im Unternehmen, die in der Konzeption<br />

des Autors ein effektives Mittel der Tr<strong>an</strong>sformation systemisch-puralistischer in<br />

systemisch-singularistische Problemkontexte darstellen, gleichzeitig aber eben den systemischen<br />

Ansatz un<strong>an</strong>getastet lassen.<br />

Der Begriff „Tr<strong>an</strong>sformationsm<strong>an</strong>agement“ wird für die Arbeit verwendet, um<br />

schon vom Begriff her die Prozessbetrachtung auf bestimmte Arten von Veränderungen<br />

einzuschränken. Unter „Tr<strong>an</strong>sformationen“ werden in diesem Sinne eben umfassende<br />

und tiefgreifende Veränderungen verst<strong>an</strong>den.<br />

Damit wird ebenfalls plausibel gemacht, dass der Versuch, ein derartiges Konzept<br />

zu entwickeln, Ausführungen zum M<strong>an</strong>agement von Innovationen berücksichtigen<br />

muss, soll es – in bewährter Tradition wissenschaftlicher Arbeitsweise – auf die Basis<br />

bereits länger diskutierter Konzepte gestellt werden, um ihm eine Entwicklungsreife zu<br />

geben, die <strong>an</strong>ders nicht erreicht werden k<strong>an</strong>n. Hier sind d<strong>an</strong>n aber auch Überlegungen<br />

im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Zielrichtung von Innovationen bzw. Veränderungen von<br />

Bedeutung. Die Dissertation leistet Aufklärungsarbeit bei der Sichtung und Beurteilung<br />

häufig unterstellter Umweltveränderungsmodi, die beispielhaft mit den Begriffen „dynamisch“<br />

oder „turbulent“ umschrieben werden. Von weiterführendem Wert erweisen<br />

sich in diesem Kontext besonders Aussagen des Populationsökologie-Ansatzes, einem<br />

in der deutschsprachigen Literatur wenig verbreiteten wissenschaftlichen Untersuchungsgebiet.<br />

Mit dem Populationsökologie-Ansatz fügt die Arbeit die Ausführungen<br />

zur Ebene der betrieblichen Umwelt mit solchen zur Ebene der Unternehmen zusammen.<br />

Auch Aussagen zur org<strong>an</strong>isatorischen Ausg<strong>an</strong>gssituation von Unternehmen sind<br />

von wesentlicher Bedeutung, denn nur ein Modell, das die aktuelle org<strong>an</strong>isatorische Realität<br />

berücksichtigt, k<strong>an</strong>n nach Auffassung des Autors auch realistische Ergebnisse<br />

hervorbringen. Die Arbeit adaptiert hier das sehr fortschrittliche Modell lebensfähiger<br />

Systeme, welches auf Stafford Beer zurückgeht. Zentral ist die Idee der Rekursion, die<br />

ähnlich auch Modellen fraktaler Org<strong>an</strong>isation zugrundeliegt. Sie bedeutet die Existenz<br />

von (halb-)autonomen (Sub-)Systemen im System, die zur Selbsttr<strong>an</strong>sformation fähig


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 417<br />

sind, aber auch, dass die Subsystem-Ebenen Ebenen geringerer R<strong>an</strong>gordnung darstellen,<br />

so dass das Gesamtsystem (als Hierarchie) dem Org<strong>an</strong>isationsmuster der meisten realen<br />

Unternehmen entspricht.<br />

Im Kontext der Beurteilung von als turbulent beschriebenen Umweltveränderungen<br />

wird erarbeitet, dass derartige Veränderungen am ehesten als „punktuierte“ Muster beschrieben<br />

werden können, also vergleichsweise l<strong>an</strong>ge Zeiträume inkrementalen W<strong>an</strong>dels<br />

abgelöst werden von kurzen Intervallen dynamisch ablaufender, revolutionierender<br />

Veränderungen. Die Ursache für ein solches Veränderungsmuster wird in der Vernetztheit<br />

der (Umwelt-)Elemente gesehen, welche auf Unternehmensseite zu Unsicherheit<br />

und Unvorhersehbarkeit führt. Die Unternehmen – selbst träge Systeme – sind weder<br />

fähig noch – aufgrund rational nachvollziehbarer Gründe – willens, sich beliebigen Veränderungen<br />

in ihrem Umfeld <strong>an</strong>zupassen. Ein umfassender und tiefgreifender W<strong>an</strong>del<br />

passiert daher nur gelegentlich in der Form einer unternehmensweiten Tr<strong>an</strong>sformation.<br />

Diese soll in dem entworfenen Veränderungsmodell auf eine Weise erreicht werden,<br />

gemäß welcher jedes (Sub-)System einen eigenen Beitrag zur Erfüllung eines eigenen<br />

Ziels leistet und sowohl Subsystem-Ziel wie Subsystem-Beitrag in einer instrumentellen<br />

Beziehung zum System-Ziel bzw. System-Beitrag stehen. Diese Instrumentalbeziehung<br />

soll durch die Vermittlung einer Vision auf allen System-Ebenen hergestellt werden,<br />

wobei der Vermittlungsprozess allein bereits eine komplexe Aufgabe darstellt, die nebem<br />

ihrem Entwurf auch vielfältige motivationale und informationsbezogene Aktivitäten<br />

erfordert.<br />

Hinsichtlich des eigentlichen Veränderungsprozesses, der stattfinden k<strong>an</strong>n, sobald<br />

die gen<strong>an</strong>nte Vision bezüglich des bevorstehenden W<strong>an</strong>dels im Unternehmen h<strong>an</strong>dlungsleitend<br />

wird, wird das Spektrum möglicher Aktivitäten aus dem Innovations-<br />

M<strong>an</strong>agement-Kontext <strong>an</strong>alysiert und so modifiziert, dass es den spezifischen Erfordernissen<br />

von Veränderungs- im Unterschied zu Innovationsvorhaben Rechnung trägt.<br />

10. Besondere Beschäftigtengruppen<br />

Rosemarie Kay<br />

Diskriminierung von Frauen bei der Personalauswahl: Eine Untersuchung<br />

des Personalauswahlprozesses hinsichtlich der Identifizierung<br />

möglicher Quellen der Diskriminierung sowie geeigneter<br />

Maßnahmen zur Reduktion gegebenen Diskriminierungspotentials *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Gertraude Krell, Freie Universität Berlin<br />

Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat in § 611 a BGB die ungerechtfertigte Benachteiligung<br />

von Frauen bei der Anbahnung von Arbeitsverhältnissen untersagt. Dennoch<br />

*<br />

Rosemarie Kay (1998): Diskriminierung von Frauen bei der Personalauswahl. Problem<strong>an</strong>alyse<br />

und Gestaltungsempfehlungen, Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag.


418 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

dürfte es bei den jährlich millionenfach zu treffenden Auswahlentscheidungen tagtäglich<br />

zu bewussten, vor allem aber unbewussten Benachteiligungen von Frauen kommen.<br />

Die <strong>an</strong> die (Gerichts-)Öffentlichkeit gel<strong>an</strong>genden Fälle sind jedenfalls nur die Spitze des<br />

Eisberges.<br />

Von einer generellen Diskriminierung von Frauen bei der Personalauswahl k<strong>an</strong>n<br />

jedoch nicht ausgeg<strong>an</strong>gen werden. Insofern best<strong>an</strong>d ein Ziel der Untersuchung darin,<br />

diejenigen gesellschaftlichen, rechtlichen und ökonomischen Faktoren zu identifizieren,<br />

die zu einer Benachteiligung führen können. Den Mittelpunkt der Arbeit bildet jedoch<br />

die Analyse der einzelnen Verfahrensschritte innerhalb des Auswahlprozesses dahingehend,<br />

ob und in welcher Weise sie aufgrund ihrer Konstruktion oder durch unmittelbaren<br />

menschlichen Einfluss zu Benachteiligungen von Frauen beitragen. Von der Ursachen<strong>an</strong>alyse<br />

ausgehend werden schließlich Empfehlungen zur Gestaltung eines weniger<br />

diskriminierungs<strong>an</strong>fälligen Auswahlprozesses abgeleitet.<br />

Gegenst<strong>an</strong>d und gleichzeitiger Rahmen der Betrachtung ist der gesamte Auswahlprozess.<br />

Dieser beginnt mit der Arbeits- und Merkmals<strong>an</strong>alyse, führt über die Konstruktion<br />

bzw. Wahl sowie den Einsatz der Auswahlinstrumente zur eigentlichen Auswahlentscheidung.<br />

Diese Her<strong>an</strong>gehensweise ermöglicht dreierlei: Erstens die systematische<br />

Zusammenführung und Integration der Vielzahl psychologischer Labor- und Felduntersuchungen<br />

aus dem vornehmlich englischsprachigen Raum, die hier im wesentlichen<br />

die empirische Grundlage bilden, um so ein umfassendes Bild vom Forschungsst<strong>an</strong>d<br />

zeichnen zu können. Zweitens das Aufzeigen der vielfältigen Lücken, die durch die Beschränkung<br />

auf kleine Ausschnitte des komplexen Auswahlprozesses entstehen. Und<br />

drittens k<strong>an</strong>n in dieser Gesamtschau der Frage nachgeg<strong>an</strong>gen werden, inwiefern es im<br />

Zusammenwirken der Teilschritte möglicherweise zu einer Diskriminierung von Frauen<br />

kommt.<br />

Grundlage der <strong>an</strong>zustellenden Analyse ist die Operationalisierung des Begriffs<br />

Diskriminierung für den Anwendungsbereich Personalauswahl. Diese Operationalisierung<br />

erweist sich in Hinsicht auf die mittelbare Diskriminierung als schwierig, als dieser<br />

Tatbest<strong>an</strong>d weder vom Gesetzgeber noch von der Rechtsprechung bis dato in allen Einzelheiten<br />

bestimmt und insbesondere nicht auf die Personalauswahl übertragen wurde.<br />

Diese Arbeit wurde hier, soweit möglich, zu leisten versucht.<br />

Insbesondere drei Faktoren haben sich als die Frauendiskriminierung begünstigend<br />

herausgestellt: das Wirken von Schemata, sei es in Form von Geschlechterstereotypen,<br />

Prototypen oder Schemata von Arbeitsplätzen, die Geschlechtstypisierung von Arbeitsplätzen<br />

sowie die den Frauen zugeschriebenen familiären Verpflichtungen.<br />

Eine grundsätzliche Diskriminierung von Frauen bei der Personalauswahl, darauf<br />

wurde bereits hingewiesen, ist nicht gegeben, selbst nicht, wenn es um die Besetzung<br />

von Arbeitsplätzen geht, die bisher mehrheitlich von Männern eingenommen wurden.<br />

Aber wenn es zu einer Benachteiligung von Frauen kommt, d<strong>an</strong>n ist dies vor allem bei<br />

der Besetzung ebendieser Arbeitsplätze zu erwarten. Letztlich können in jeder Phase des<br />

Auswahlprozesses Mech<strong>an</strong>ismen greifen, die eine Benachteiligung von Frauen bewirken<br />

können. Im Folgenden werden die zentralen Punkte skizziert:


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 419<br />

Für die untersuchten Arbeits<strong>an</strong>alysemethoden (Critical Incident Technique, Position<br />

Analysis Questionnaire und Task Analysis Inventory) konnten nur marginale Anzeichen<br />

gefunden werden, dass die mit ihnen generierten Informationen zu einer Ungleichbeh<strong>an</strong>dlung<br />

der Geschlechter beitragen. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass – bei<br />

der Analyse geschlechtstypischer Arbeitsplätze – die mit ihnen erzielten Ergebnisse<br />

Verzerrungen aufweisen, die mit dem Geschlecht der Stelleninhaber in Verbindung stehen.<br />

Wesentlich einschneidender ist der Umst<strong>an</strong>d, dass in der überwiegenden Zahl der<br />

Unternehmen keine Arbeits<strong>an</strong>alyse durchgeführt wird. Denn alleine mittels der Arbeits<strong>an</strong>alyse<br />

k<strong>an</strong>n der Nachweis erbracht werden, dass die weiteren Best<strong>an</strong>dteile des Auswahlverfahrens<br />

einen wesentlichen (inhaltlichen) Bezug zum zu besetzenden Arbeitsplatz<br />

haben. Dieser Nachweis entscheidet letztlich über das Vorliegen von mittelbarer<br />

Diskriminierung.<br />

Aus den Arbeits<strong>an</strong>alyseergebnissen werden idealerweise die Merkmale abgeleitet,<br />

die zwischen geeigneten und ungeeigneten Personen unterscheiden sollen. Für diesen in<br />

der Eignungsdiagnostik so wichtigen Schritt liegen kaum methodisch gesicherte Verfahren<br />

vor. Sie sind alle durch ein mehr oder minder hohes Maß <strong>an</strong> Subjektivität gekennzeichnet.<br />

Gut fundierte, differenzierte Aussagen zu den untersuchten Verfahren (Critical<br />

Incident Technique, Position Analysis Questionnaire, Ability Requirement Scales, Task<br />

Analysis-Methode, erfahrungsgeleitet-intuitiver Weg) lassen sich aufgrund eines äußerst<br />

lückenhaften Forschungsst<strong>an</strong>des nicht machen. Nur so viel: Merkmals<strong>an</strong>alyseverfahren,<br />

die nicht auf einer Arbeits<strong>an</strong>alyse basieren, sind wesentlich stärker mit dem Risiko behaftet,<br />

nach dem überwiegenden Geschlecht der Stelleninhaber verzerrte Ergebnisse zu<br />

generieren als auf einer Arbeits<strong>an</strong>alyse aufbauende. Die Merkmals<strong>an</strong>alyse nimmt die<br />

entscheidende Weichenstellung für den Auswahlprozess vor, auch hinsichtlich der in<br />

der Arbeit verfolgten Fragestellung: Werden Merkmale festgelegt, die Männer gegenüber<br />

Frauen ungerechtfertigt bevorzugen, k<strong>an</strong>n dies im weiteren Verfahren nicht mehr<br />

ausgeglichen werden, und es kommt quasi zw<strong>an</strong>gsläufig zur Benachteiligung von Frauen.<br />

Die Übertragung personaler Merkmale in Auswahlinstrumente ist weitestgehend<br />

unerforscht. Hier herrscht das Prinzip ‘Versuch und Irrtum’ vor, was als sehr problematisch<br />

<strong>an</strong>gesehen werden muss, wenn – wie meist in der betrieblichen Praxis – darauf<br />

verzichtet wird, (mittels einer Validitätsstudie) zu prüfen, ob das eingesetzte Auswahlinstrument<br />

die richtigen Merkmale erfasst. Überspitzt ausgedrückt: In dieser Phase des<br />

Auswahlprozesses werden alle im Zuge der Arbeits- und Merkmals<strong>an</strong>alyse unternommenen<br />

Anstrengungen zunichte gemacht, wenn die konstruierten oder ausgewählten<br />

Messinstrumente nicht kongruent zu den ermittelten Merkmalen sind.<br />

Die in der Eignungsdiagnostik eingesetzten Verfahren sind bei weitem keine exakt<br />

messenden Instrumente. Eine abschließende Beurteilung der vier untersuchten Auswahlinstrumente<br />

(Durchsicht der Bewerbungsunterlagen, Einstellungstest und -interview,<br />

Assessment Center) fällt aber auch deshalb schwer, weil sie in sehr unterschiedlichen<br />

Ausformungen in der Praxis <strong>an</strong>zutreffen sind. Letztlich bergen alle hier betrachteten<br />

Auswahlinstrumente – wenn auch in unterschiedlichem Maße – ein Diskriminierungspotential<br />

in sich. Dennoch: Auch trotz teilweise widersprüchlicher Forschungsergebnisse<br />

spricht vieles dafür, dass dieses Diskriminierungspotential kaum zum Tragen kommt.


420 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Instrumente – sofern ein solcher Wille vorh<strong>an</strong>den<br />

ist – nicht zum Zwecke der Diskriminierung benutzt werden können, indem sie entsprechend<br />

geh<strong>an</strong>dhabt werden.<br />

Entgegen der aus den vorliegenden Erklärungsmodellen resultierenden Erwartungen<br />

führt die Mehrzahl der Studien zu dem Ergebnis, dass die Fähigkeiten bzw. die Eignung<br />

von (gleichwertigen) Bewerbern und Bewerberinnen gleich bewertet wurden. Bedauerlicherweise<br />

wurde in den meisten Experimenten darauf verzichtet, die Versuchspersonen<br />

zu einer endgültigen Auswahlentscheidung zu ver<strong>an</strong>lassen. Die wenigen hierzu<br />

vorliegenden Hinweise deuten darauf hin, dass es in dieser abschließenden Phase des<br />

Auswahlprozesses zur <strong>an</strong>genommenen Benachteiligung von Frauen kommt. Wie und<br />

warum diese Entscheidungen zust<strong>an</strong>de kommen, liegt weitgehend im Dunkeln.<br />

In dem Mosaik Personalauswahl fehlen noch viele Steine. Einige Kenntnislücken<br />

wurden bereits ben<strong>an</strong>nt; in diese Rubrik gehören auf jeden Fall auch das sogen<strong>an</strong>nte<br />

Kriterienproblem und die Durchsicht der Bewerbungsunterlagen. Die betriebliche Praxis<br />

nutzt in überwiegendem Maße die gegebenen methodischen Möglichkeiten nicht.<br />

Der die Frauendiskriminierung betreffende Forschungsst<strong>an</strong>d ist ebenfalls fragmentarisch.<br />

All diese Lücken gilt es zu schließen. Eine allgemeine methodische Verbesserung<br />

der Eignungsdiagnostik trägt bereits zu einer spürbaren Verringerung des Diskriminierungspotentials<br />

bei.<br />

Bei dieser Lückenschließung sind wenigstens zwei Aspekte im Auge zu behalten.<br />

Es gilt erstens nicht nur die Bedingungen zu identifizieren, unter denen eine Diskriminierung<br />

von Frauen zu erwarten ist, sondern auch den genauen Anteil zu bestimmen,<br />

den jeder dieser Faktoren hier<strong>an</strong> hat. Zweitens sollten künftige Untersuchungsdesigns<br />

modifiziert werden, d.h. <strong>an</strong> realen Auswahlprozessen in Unternehmen <strong>an</strong>setzen. Aufgrund<br />

der Sensibilität des Forschungsgegenst<strong>an</strong>des erscheint es opportun, ihn <strong>an</strong> solchen<br />

Personen zu erforschen, die mit den positiven und negativen Konsequenzen ihres<br />

H<strong>an</strong>delns auf längere Sicht konfrontiert sind.<br />

Ulrich Menges<br />

Ältere Mitarbeiter als betriebliches Erfolgspotential *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Winfried Hamel, Heinrich-Heine-Universität<br />

Düsseldorf<br />

In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und eines vielfach zu beobachtenden Personalabbaus<br />

wird aus arbeitsmarktpolitischer Sicht der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen<br />

für jüngere Arbeitnehmer der Vorzug vor der Beschäftigung älterer Mitarbeiter<br />

gegeben.<br />

*<br />

Die Dissertation wird voraussichtlich im Herbst 1999 im Wirtschaftsverlag Bachem<br />

publiziert.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 421<br />

Dies muss allerdings nicht zw<strong>an</strong>gsläufig bedeuten, dass dieser sozialpolitische Aspekt<br />

h<strong>an</strong>dlungsweisend für ein einzelnes Unternehmen sein muss. Dennoch ist zu beobachten,<br />

dass deutsche Unternehmen nach wie vor in einem starken Maße Strategien einer<br />

Ausgliederung älterer Arbeitnehmer betreiben – und zwar nicht nur derjenigen mit<br />

<strong>an</strong>geschlagenem Gesundheitszust<strong>an</strong>d, sondern auch derjenigen, die einer Generation älterer<br />

Menschen <strong>an</strong>gehören, deren Gesundheitszust<strong>an</strong>d in ihrer Gesamtheit besser und<br />

deren Lebenserwartung und Leistungsfähigkeit höher sind als bei jeglicher Generation<br />

gleichen Alters zuvor.<br />

Über eine Weiterbeschäftigung 1 älterer Mitarbeiter über tarifvertraglich oder durch<br />

Betriebsvereinbarungen festgelegte Altersgrenzen hinaus wird in der Praxis in der Regel<br />

gar nicht nachgedacht. Oft ersetzen Stereotypen und Vorurteile hinsichtlich der Leistungsfähigkeit<br />

älterer Arbeitnehmer rationale Überlegungen. Dass eine am Defizitmodell<br />

des Alters ausgerichtete Personalpolitik in sich widersprüchlich ist, belegen allein<br />

folgende Beobachtungen. Abgesehen vom reinen Leistungslohn steigt in vielen Fällen<br />

mit zunehmendem Alter das Arbeitsentgelt. Damit wird offenkundig <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt, dass ältere<br />

Mitarbeiter einen höheren Beitrag zur Wertschöpfung eines Unternehmens leisten<br />

als jüngere. Diese Wertung ist jedoch in keiner Weise kompatibel mit der sonstigen personalwirtschaftlichen<br />

Beh<strong>an</strong>dlung älterer Arbeitnehmer, wie z.B. der <strong>an</strong>gesprochenen<br />

Ausgliederung aus dem Erwerbsleben oder dem weitgehenden Ausschluss aus Personalentwicklungs-<br />

und Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Angesichts derartiger Ungereimtheiten wird in der oben gen<strong>an</strong>nten Dissertation<br />

unabhängig von sozialpolitischen Überlegungen und unabhängig von einer Verpflichtung<br />

zur Durchsetzung tarifvertraglicher, betrieblicher oder arbeitsvertraglicher Regelungen,<br />

die einen Zeitpunkt für ein Ausscheiden aus einem Unternehmen fixieren, eine<br />

rein betriebswirtschaftliche Analyse über die Sinnhaftigkeit einer Weiterbeschäftigung<br />

älterer Mitarbeiter <strong>an</strong>gestellt.<br />

Eine derartige Analyse muss von dem einfachen – aber in der Praxis oft missachteten<br />

– Ged<strong>an</strong>ken ausgehen, dass ältere Mitarbeiter nicht weniger, sondern <strong>an</strong>ders leistungsfähig<br />

sind als jüngere und Fähigkeiten aufweisen, die altersbedingt abnehmen,<br />

aber auch solche, die mit zunehmendem Alter wachsen bzw. sich erst im Alter entwickeln.<br />

In der Regel wird in deutschen Unternehmen diesem Qualifikationsw<strong>an</strong>del nicht<br />

adäquat Rechnung getragen, wenn Mitarbeiter ab einem bestimmten Stadium ihrer Berufstätigkeit<br />

unabhängig von der altersbedingten Entwicklung ihrer Fähigkeiten bis zur<br />

Pensionierung die gleichen Stellenaufgaben bekleiden und ihre Leistungsfähigkeit –<br />

wenn überhaupt – nach der Erfüllung eben jener Stellenaufgaben beurteilt wird. Dabei<br />

tritt nicht nur das Problem auf, valide, reliable und objektive Indikatoren zu identifizieren,<br />

um zu messen, ob ein Mitarbeiter den Anforderungen einer Stellenaufgabe genügt.<br />

Vielmehr wird älteren Arbeitnehmern erst gar nicht die Möglichkeit gegeben, ihr Leis-<br />

1<br />

Zur begrifflichen Klärung erscheint es geboten, <strong>an</strong> dieser Stelle zu betonen, dass<br />

der hier benutzte Begriff der Weiterbeschäftigung unabhängig vom Weiterbeschäftigungsbegriff<br />

des § 102 Abs. 5 BetrVG verwendet wird, der sich auf einen Weiterbeschäftigungs<strong>an</strong>spruch<br />

bezieht.


422 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

tungspotential in einer ihren Fähigkeiten entsprechenden Stellenaufgabe zu entfalten.<br />

Damit ist eine negative Beurteilung ihrer Fähigkeiten bereits vorprogrammiert.<br />

Um Möglichkeiten der betriebswirtschaftlichen Nutzung altersbedingt veränderter<br />

Fähigkeiten zu <strong>an</strong>alysieren, muss – ausgehend von einer gegebenen betrieblichen Aufgabe<br />

– der altersbedingten Veränderung von Fähigkeiten verstärkt Rechnung getragen<br />

werden.<br />

Eine Diskussion der Möglichkeiten der Schaffung der Voraussetzungen für eine<br />

Nutzung altersbedingt veränderter Fähigkeiten unter personaleinsatzpolitischen Aspekten<br />

wird jedoch erst evident und praxisrelev<strong>an</strong>t, wenn sich zeigen lässt, dass eine Weiterbeschäftigung<br />

älterer Mitarbeiter überhaupt eine unter betriebswirtschaftlichen Kriterien<br />

sinnvolle Option für ein Unternehmen darstellen k<strong>an</strong>n.<br />

In einer kriteriengeleiteten betriebswirtschaftlichen Bewertung einer Weiterbeschäftigung<br />

älterer Mitarbeiter wird deshalb ausführlich diskutiert, wie sich insbesondere<br />

die Tr<strong>an</strong>sferleistung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen<br />

einer personalpolitischen Strategie bei Entgeltverh<strong>an</strong>dlungen nutzen lässt und wie sich<br />

diesbezügliche personalpolitische H<strong>an</strong>dlungsspielräume erweitern lassen.<br />

Derartige Möglichkeiten zur Senkung des Personalaufw<strong>an</strong>des sind allerdings nicht<br />

das einzige betriebswirtschaftlich relev<strong>an</strong>te Beurteilungskriterium für die Sinnhaftigkeit<br />

einer Weiterbeschäftigung älterer Arbeitnehmer. Mit dem Kr<strong>an</strong>kenst<strong>an</strong>d, entg<strong>an</strong>genen<br />

Subventionen für die Einstellung jüngerer Mitarbeiter, den Schlüsselfunktionen älterer<br />

Mitarbeiter, dem Einbezug betrieblicher Renten sowie der Fluktuationsrate werden weitere<br />

Kriterien erörtert.<br />

Ausgehend vom Zwischenergebnis, dass eine Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeiter<br />

sich als durchaus sinnvolle H<strong>an</strong>dlungsoption eines Unternehmens erweisen k<strong>an</strong>n,<br />

wird berücksichtigt, dass prinzipiell jede Veränderung von Fähigkeiten, die zu einer<br />

veränderten Leistungsfähigkeit führt, die Notwendigkeit personaleinsatzpolitischer<br />

Maßnahmen induziert und darüber hinaus die Frage der Schaffung der org<strong>an</strong>isatorischen<br />

Voraussetzungen für eine Nutzung altersbedingt veränderter Fähigkeiten aufwirft, soll<br />

vermieden werden, dass die Fähigkeiten, die in einem Unternehmen vorh<strong>an</strong>den sind,<br />

nicht optimal allokiert sind. Ausgehend von der Überlegung, dass eine Neuallokation<br />

von Fähigkeiten durch bestehende Org<strong>an</strong>isationsstrukturen begrenzt wird, wird untersucht,<br />

ob dieses <strong>an</strong> sich generelle, jedoch zum Untersuchungszeitpunkt – wegen des mit<br />

einer unmittelbar bevorstehenden Pensionierung verbundenen abrupten Abflusses von<br />

personellen Potentialen – besonders relev<strong>an</strong>te Problem der Fähigkeiten-Anforderungs-<br />

Zuordnung sich nicht am besten dadurch lösen lässt, dass eine <strong>an</strong>dere Aufgabenstruktur<br />

im Hinblick auf die Erfüllung einer gegebenen betrieblichen Aufgabe geschaffen wird.<br />

Die Schaffung einer derartigen Struktur muss sich unter betriebswirtschaftlichen Aspekten<br />

als sinnvoll erweisen und dadurch charakterisiert sein, dass die Anforderungen entstehender<br />

Stellenaufgaben aus aufgabenorientierter Sicht – ad rem – durch die altersbedingt<br />

veränderten Fähigkeiten erfüllt werden und zugleich aus fähigkeitsorientierter<br />

Sicht – ad personam – die altersbedingt veränderten Fähigkeiten gezielt genutzt werden.<br />

Die Realisierung einer derartigen Aufgabenstruktur muss ihren Ausg<strong>an</strong>gspunkt in<br />

der Analyse der Entwicklung der relev<strong>an</strong>ten Fähigkeiten haben, die damit nicht nur den


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 423<br />

Anlass, sondern auch das tragende Element der Umstrukturierungsüberlegungen der gegebenen<br />

betrieblichen Aufgabe bilden.<br />

Eine <strong>an</strong> der altersbedingten Veränderung der Fähigkeiten orientierte Umstrukturierung<br />

der betrieblichen Aufgabe k<strong>an</strong>n im Prinzip zu Stellenaufgaben führen, deren Anforderungen<br />

ausschließlich altersbedingt steigende bzw. altersstabile Fähigkeiten gegenüberstehen<br />

oder – realistischer – zu Stellenaufgaben, deren Anforderungen nicht ausschließlich<br />

altersbedingt steigende bzw. altersstabile Fähigkeiten gegenüberstehen, so<br />

dass eine mehr oder minder eingeschränkte Leistungsfähigkeit vorliegt. Nach diesem<br />

Kriterium entscheidet sich auch, ob eine Vollzeittätigkeit oder eine zeitlich eingeschränkte<br />

Tätigkeit, die weder aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch <strong>an</strong>gesichts der<br />

Mitarbeiterinteressen unterschätzt werden sollte, in Betracht kommt.<br />

Wenn m<strong>an</strong> die Umstrukturierung der betrieblichen Aufgabe als aufw<strong>an</strong>dsträchtige<br />

Notwendigkeit einer Weiterbeschäftigung betrachtet und die betriebswirtschaftliche<br />

Sinnhaftigkeit einer Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeiter unter Einbezug dieser<br />

Notwendigkeit beurteilt, ist es in einem ersten Schritt erforderlich,<br />

den Aufw<strong>an</strong>d für eine Diagnose altersbedingter Veränderungen relev<strong>an</strong>ter Fähigkeiten,<br />

<br />

<br />

<br />

den Aufw<strong>an</strong>d, der unmittelbar mit der Umstrukturierung zusammenhängt sowie<br />

den Aufw<strong>an</strong>d für den Einsatz geeigneter personalwirtschaftlicher Maßnahmen zur<br />

Lösung der Probleme, die bei einer Umstrukturierung der betrieblichen Aufgabe<br />

entstehen,<br />

den unter Zugrundelegung betriebswirtschaftlicher Kriterien abgeleiteten potentiellen<br />

Vorteilen einer Weiterbeschäftigung entgegenzustellen.<br />

Eine Umstrukturierung der betrieblichen Aufgabe verursacht jedoch nicht nur<br />

Aufwendungen, sondern führt auch zu Erträgen. Diese müssen in einem zweiten Schritt<br />

in die Überlegungen einbezogen werden. Dabei ergibt sich jedoch das Problem, dass die<br />

Ertragsgrößen, die aus einer Umstrukturierung der betrieblichen Aufgabe resultieren –<br />

<strong>an</strong>ders als die in der Regel qu<strong>an</strong>tifizierbaren Aufw<strong>an</strong>dsgrößen – einen qualitativen Charakter<br />

haben und damit nur unvollkommen in ökonomisch qu<strong>an</strong>tifizierbare Größen umdefiniert<br />

werden können. Damit ist eine exakte Bestimmung des Nettoeffektes, der sich<br />

aus der Differenz der potentiellen Vorteile einer Weiterbeschäftigung und den Aufwendungen<br />

und Erträgen aus dem Umstrukturierungserfordernis ergibt, nahezu ausgeschlossen.<br />

Um so bedeutender erscheint deshalb die Messung des Gesamterfolges der Umstrukturierung,<br />

die allerdings bei den Maßstäben einer Normalleistung, der Arbeitszufriedenheit<br />

oder bei Anwendung von Scoring-Modellen jeweils spezifische Probleme aufwirft. Diese<br />

Probleme dürfen allerdings nicht dazu führen, dass eine Umstrukturierung, die die conditio<br />

sine qua non für eine Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeiter bildet, grundsätzlich unterbleibt.<br />

Vielmehr gilt es, auch nicht qu<strong>an</strong>tifizierbare Ertragsgrößen einer Umstrukturierung<br />

der betrieblichen Aufgabe ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen.<br />

Einen wichtigen Ansatzpunkt für eine Erweiterung der Überlegungen bildet die<br />

Aufhebung der Annahme eines gegebenen Analysezeitpunktes. Damit wird darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass es personalwirtschaftliches Bestreben sein muss, so früh wie<br />

möglich adäquat auf die altersbedingte Veränderung von Fähigkeiten zu reagieren. Al-


424 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

lerdings werfen die Diagnose und die Messung des – individuell unterschiedlichen –<br />

Eintrittszeitpunktes von Fähigkeitsveränderungen gravierende Probleme auf.<br />

Eine zweite Erweiterung der Überlegungen betrifft die simult<strong>an</strong>e Berücksichtigung<br />

von Anforderungen, die der Tatsache Rechnung trägt, dass Anforderungen – ebenso wie<br />

Fähigkeiten – einer zeitlichen Veränderung unterliegen und sich im Zeitablauf eine<br />

Ausweitung bzw. Reduzierung des Umf<strong>an</strong>gs bzw. der Qualität relev<strong>an</strong>ter, aus den Anforderungen<br />

einer betrieblichen Aufgabe abgeleiteter Fähigkeiten ergeben k<strong>an</strong>n. In diesem<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g besteht das zentrale Problem darin, dass eine Analyse, die zwei<br />

unabhängige Variablen simult<strong>an</strong> berücksichtigt, nicht zu eindeutigen Aussagen bzw.<br />

Ergebnissen gel<strong>an</strong>gen k<strong>an</strong>n.<br />

Die Analyse lässt sich ferner um den Ged<strong>an</strong>ken ergänzen, dass die Leistungsfähigkeit<br />

zu jedem Zeitpunkt auch das Resultat einer personalwirtschaftlichen Förderung darstellt.<br />

Damit wird auf die Bedeutung einer die Weiterbeschäftigungsentscheidung determinierenden,<br />

frühzeitigen und prinzipiell perm<strong>an</strong>enten Beteiligung älterer Arbeitnehmer<br />

<strong>an</strong> Personalentwicklungs- und Weiterbildungsmaßnahmen hingewiesen.<br />

Der Untersuchungsgegenst<strong>an</strong>d der Weiterbeschäftigung lässt sich zudem um die Frage<br />

der betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit einer Einstellung älterer Mitarbeiter erweitern.<br />

Letztlich ist vorstellbar, Überlegungen zur Nutzung altersbedingt veränderter bzw.<br />

sich altersbedingt verändernder Fähigkeiten auf der Grundlage einer rein fähigkeitsorientierten<br />

Untersuchung <strong>an</strong>zustellen, die im Gegensatz zur bisherigen Analyse nicht von<br />

einem aufgabenorientierten Ansatz einer zu einem Zeitpunkt gegebenen betrieblichen<br />

Aufgabe mit einer gegebenen Summe von Anforderungen ausgeht, sondern direkt bei<br />

der Untersuchung der altersbedingten Veränderung von Fähigkeiten <strong>an</strong>setzt. In diesem<br />

Fall gibt es keine Trennung in relev<strong>an</strong>te und nicht relev<strong>an</strong>te Fähigkeiten, wenn nach einer<br />

optimalen Allokation von Fähigkeiten gesucht wird. Ein solcher Ansatz bietet den<br />

Vorteil, dass Umstrukturierungsmöglichkeiten hier weder durch das Erfordernis der Erfüllung<br />

der betrieblichen Aufgabe noch durch relev<strong>an</strong>te Fähigkeiten begrenzt werden<br />

und deshalb neue Geschäftsstrategien abgeleitet oder neue Geschäftsfelder identifiziert<br />

werden können. Wenn allerdings in einem so charakterisierten Ansatz Fähigkeiten als<br />

unabhängige Variable und darüber hinaus durch Alter oder Personalentwicklung als dynamisierbar<br />

betrachtet werden, tritt das zentrale Problem auf, dass sich eine Vielzahl<br />

von Fähigkeitsprofilen ergibt, denen eine Stellenaufgabe zugeordnet werden müsste.<br />

Bei einem solchen Ansatz ist es schwer festzulegen, welche der im Prinzip unbegrenzten<br />

Fähigkeiten im Rahmen einer Stellenaufgabe genutzt werden sollten. Allein diese<br />

Überlegung zeigt, dass eine Aufgabenorientierung keineswegs obsolet ist und nur eine<br />

Kombination von Aufgaben- und Fähigkeitsorientierung die Frage der betriebswirtschaftlich<br />

sinnvollen Nutzung altersbedingt veränderter bzw. sich verändernder Fähigkeiten<br />

einer Lösung näherbringen k<strong>an</strong>n.<br />

Eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse sowie daraus folgende Implikationen<br />

für Forschung und Praxis beschließen die Ausführungen. Im letztgen<strong>an</strong>nten Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

wird insbesondere auf die Bedeutung der Nutzung altersbedingt veränderter<br />

Fähigkeiten als Wettbewerbsfaktor, die Notwendigkeit des Überdenkens der Entlohnung<br />

im Zuge einer Umstrukturierung der betrieblichen Aufgabe sowie die Implikatio-


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 425<br />

nen der Überlegungen auf gesamtwirtschaftliche und sozialpolitische Intentionen hingewiesen.


426 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

11. Personalpl<strong>an</strong>ung<br />

Judith Weber<br />

Flexible Arbeitszeiten in optimierenden Personalpl<strong>an</strong>ungsmodellen:<br />

Die implizite Modellierung flexibler Arbeitszeiten bei<br />

expliziter Berücksichtigung arbeitszeitrechtlicher Regelungen *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Hugo Kossbiel, Universität Fr<strong>an</strong>kfurt<br />

In einem Unternehmen entstehen temporale Personaleinsatzprobleme immer d<strong>an</strong>n,<br />

wenn die Dauer und Lage der Betriebszeit mit der Dauer und Lage der von den Arbeitskräften<br />

zur Verfügung gestellten Arbeitszeit nicht übereinstimmen. Diese Probleme<br />

werden komplexer, wenn der Personalbedarf in kurzen zeitlichen Abschnitten stark<br />

schw<strong>an</strong>kt, nach unterschiedlichen Tätigkeitsarten zu differenzieren ist und von unterschiedlich<br />

qualifizierten Arbeitskräften, welche eine oder mehrere der gefragten Tätigkeiten<br />

ausüben können, gedeckt werden k<strong>an</strong>n. Zur Lösung solcher Probleme können<br />

Personalpl<strong>an</strong>ungsmodelle formuliert werden, welche Einsatzpläne generieren, die die<br />

Erfüllung der Betriebsaufgaben sicherstellen und die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

bzgl. der Arbeitszeit einhalten. Es können dabei komplette Arbeitszeitmuster (Schichten/Dienste),<br />

Arbeitszeitkomponenten (Module) oder nur Rahmendaten für zulässige<br />

Arbeitszeiten (implizite Modellierung) vorgegeben werden. Der Pl<strong>an</strong>ungszeitraum k<strong>an</strong>n<br />

sich je nach der Fragestellung auf einen oder mehrere Tag(e), eine oder mehrere Woche(n)<br />

oder Jahr(e) beziehen.<br />

Haupt<strong>an</strong>liegen der Arbeit ist es, zu prüfen, wie flexibel Arbeitszeiten gestaltet werden<br />

können und welchen Einfluss diese Möglichkeiten auf die Einsatzpl<strong>an</strong>ung haben<br />

k<strong>an</strong>n. Dazu geht der Formulierung mathematischer Entscheidungsmodelle eine Analyse<br />

der Kriterien flexibler Arbeitszeiten voraus, <strong>an</strong> deren Ende theoretisch definierte Formen<br />

flexibler Arbeitszeiten abgeleitet und mit praktisch umgesetzten Arbeitszeitformen<br />

in Verbindung gebracht werden. Es folgt eine Analyse der zentralen arbeitszeitrechtlichen<br />

Regelungen aus dem Arbeitszeit- und Beschäftigungsförderungsgesetz. Unter<br />

Rückgriff auf die Rechtsprechung sowie verbreiteter Regelungstypen der Tarifverträge<br />

und Betriebsvereinbarungen werden z.B. die rechtlichen Grenzen der Zahl zusammenhängender<br />

Arbeits- und Freizeittage erk<strong>an</strong>nt. Verbunden mit den Kriterien flexibler Arbeitszeiten<br />

erfolgt d<strong>an</strong>n eine Ableitung der Abbildungserfordernisse für die Pl<strong>an</strong>ung<br />

stundenbezogener Arbeitszeiten für den Pl<strong>an</strong>ungszeitraum Tag (shift-scheduling), tagesbezogener<br />

Arbeits-/Freizeiten für ein- und mehrwöchige Pl<strong>an</strong>ungszeiträume (daysoff-scheduling)<br />

sowie stundenbezogener Arbeitszeiten für ein- und mehrwöchige Pl<strong>an</strong>ungszeiträume<br />

(tour-scheduling).<br />

Um einen möglichst großen Teil der abgeleiteten Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung<br />

in den Pl<strong>an</strong>ungsmodellen erfassen zu können, erfolgt der Rückgriff auf die Metho-<br />

*<br />

Die Arbeit wurde 1999 unter dem Titel „Flexible Arbeitszeiten in der Personalpl<strong>an</strong>ung“<br />

im <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong> veröffentlicht (289 Seiten, DM 53,20).


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 427<br />

de der impliziten Modellierung. Diese sieht allein die Vorgabe von Rahmengrößen vor,<br />

innerhalb derer die Modellösung bedarfsgerecht arbeitskraftspezifische Arbeitszeitmuster<br />

generiert, welche zu den rechtlichen Grenzen gerecht werdenden Personaleinsatzplänen<br />

zusammengesetzt werden. Dabei werden in den Modellen der reinen Personalbereitstellungspl<strong>an</strong>ung<br />

die ökonomischen Arbeitgeberinteressen durch die Minimierung<br />

der Personalkosten berücksichtigt. Die Arbeitszeitwünsche der Arbeitnehmer – wie sie<br />

z.B. als Sollvorschrift in Tarifverträgen zu finden sind – finden ihren Niederschlag in<br />

den Zielfunktionen der folgenden Personaleinsatzpl<strong>an</strong>ungsmodelle. Die Lösungen der<br />

Modelle weisen – entgegen dem sonst üblichen Vorgehen in der wissenschaftlichen Literatur<br />

der impliziten Modellierung – stets komplette Arbeitszeitmuster aus. Einleitend<br />

wird zudem erstmals systematisch der Aufbau von Implikationen unter Verwendung<br />

von Binärvariablen so dargestellt, dass deren Formulierung auch auf <strong>an</strong>dere Sachverhalte<br />

übertragen werden k<strong>an</strong>n.<br />

Die Pl<strong>an</strong>ungsbereiche des shift-scheduling (Pl<strong>an</strong>ung stundenbezogener Arbeitszeiten<br />

für den Pl<strong>an</strong>ungszeitraum Tag), des days-off-scheduling (tagesbezogener Arbeits-<br />

/Freizeiten für ein- und mehrwöchige Pl<strong>an</strong>ungszeiträume) sowie des tour-scheduling<br />

(stundenbezogener Arbeitszeiten für ein- und mehrwöchige Pl<strong>an</strong>ungszeiträume) werden<br />

stets nach den theoretisch abgeleiteten Arbeitszeitformen strukturiert. Dadurch ergeben<br />

sich im shift-scheduling zunächst sechs verschiedene Abbildungssituationen je nach<br />

dem, ob Arbeitszeitdauern ohne Pausenerfordernis oder mit einem Pausenerfordernis<br />

von einer halben oder einer g<strong>an</strong>zen Stunde vorliegen und ob die Arbeitszeitdauer pro<br />

Arbeitskraft und Tag als Datum in das Modell eingeht oder innerhalb eines Rahmens<br />

frei gewählt werden k<strong>an</strong>n. Die Modelle des days-off-scheduling unterscheiden sich d<strong>an</strong>ach,<br />

ob nur eine Höchstzahl oder auch eine Mindestzahl zusammenhängender Arbeitstage<br />

gefordert wird und die Zahl zusammenhängender Freizeittage restriktiv oder<br />

wenig restriktiv begrenzt ist. Die Modelle des tour-scheduling, welche eine Synthese<br />

der Problemstellung des shift- und des days-off-scheduling darstellen, sind grundsätzlich<br />

d<strong>an</strong>ach unterteilt, ob die Dauer und Lage der Arbeitstage bereits vorbestimmt sind<br />

und in dem zu formulierenden Modell nur noch über die Dauer und Lage der Arbeitsstunden<br />

pro Tag entschieden wird (sukzessive Vorgehensweise), oder ob innerhalb eines<br />

Modells sowohl über die Dauer und Lage der Arbeits-/Freizeittage als auch über die<br />

Dauer und Lager der Arbeitsstunden pro Tag entschieden wird (simult<strong>an</strong>e Vorgehensweise).<br />

Letzteres Vorgehen hat den Vorteil, dass die Pl<strong>an</strong>ung eines vollen Arbeitstages<br />

mit relativ geringer Arbeitszeitdauer durch ein bedarfsgerechtes Verlängern der Arbeitsstunden<br />

<strong>an</strong> einem bereits eingepl<strong>an</strong>ten Arbeitstag vermieden werden k<strong>an</strong>n. In beiden<br />

Fällen des tour-scheduling spielt die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Mindestruhezeit<br />

der Arbeitskräfte zwischen zwei Einsätzen eine zentrale Rolle.<br />

Alle Pl<strong>an</strong>ungsbereiche werden zusätzlich um die Problemstellung der qualitativen<br />

Bereitstellungs- und Verwendungsmehrdeutigkeit ergänzt. Dabei wird ersichtlich, dass<br />

der Einsatz mehrfachqualifizierter Arbeitskräfte, die unterschiedliche Tätigkeitsarten<br />

ausführen können, unter Kostengesichtspunkten zu günstigeren Einsatzplänen führen<br />

können. Alle zentralen Modelle werden zum besseren Verständnis mit einem Beispiel<br />

unterstützt. In den Beispielen werden wiederholt reale Daten diverser Dienstleistungsbereiche<br />

verarbeitet.


428 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Den Ausführungen zu den Pl<strong>an</strong>ungsbereichen incl. seiner Modelle folgt eine kritische<br />

Reflexion der formulierten Zielfunktionen; hier sind weiterführende Überlegungen<br />

zur Mehrzieloptimierung und zur Integration von Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsinteressen möglich.<br />

Unter dem Gesichtspunkt der diskutierten Lösbarkeitsprobleme wären Überlegungen<br />

zur Modifizierung des Lösungsalgorithmus sinnvoll. Modelltheoretische Ergänzungen<br />

sind im Hinblick auf eine längerfristig <strong>an</strong>gelegte Urlaubspl<strong>an</strong>ung sowie in der Integration<br />

l<strong>an</strong>gfristiger Ausgleichszeiträume zu sehen.<br />

12. Arbeitsbeziehungen<br />

Di<strong>an</strong>ah Barqawi<br />

Der Beitrag von Org<strong>an</strong>isationskultur zur Verbesserung der<br />

Arbeitsbeziehungen – dargestellt am Beispiel der Mitbestimmung<br />

des Betriebsrats bei grundlegenden Änderungen der Betriebsorg<strong>an</strong>isation<br />

*<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Wagner, Universität Potsdam<br />

Die existenzielle Notwendigkeit der Unternehmen zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit<br />

als Antwort auf die zunehmenden wirtschaftlichen Herausforderungen<br />

macht die Einleitung von Rationalisierungsmaßnahmen erforderlich. Zu diesen Maßnahmen<br />

gehören z.B. die Einführung neuer Technologien, Mergers und Acquisitions<br />

und das Outsourcing einzelner Geschäftsbereiche. Die Konsequenzen dieser Maßnahmen<br />

sind vor allem grundlegende betriebsorg<strong>an</strong>isatorische Änderungen, die zum Konfliktgegenst<strong>an</strong>d<br />

zwischen M<strong>an</strong>agern und Betriebsräten werden, da sie Entlassungen,<br />

Versetzungen u.ä. nach sich ziehen können.<br />

Vor diesem Hintergrund ist die Attraktivität der Mitbestimmung zu sehen, die<br />

durch derartige Veränderungen erneut thematisiert wird und in der Praxis noch zu wenig<br />

zur Steigerung der Effizienz des Unternehmens und zur Optimierung der Mitbestimmung,<br />

die schließlich in einer Verbesserung der Arbeitsbeziehungen resultieren k<strong>an</strong>n,<br />

beiträgt.<br />

Die Optimierung soll durch die Erreichung einer weitgehenden, gegebenenfalls befristeten,<br />

Kompatibilität der Ziele von Betriebsrat und M<strong>an</strong>agement bei grundlegenden<br />

Änderungen der Betriebsorg<strong>an</strong>isation gewährleistet werden. Zielkompatibilität bedeutet<br />

hier – trotz aller Interessengegensätze – eine relativ weitgehende Vereinbarkeit der Ziele<br />

von Betriebsrat und M<strong>an</strong>agement beim §111 Nr.4 im Hinblick auf die Zielverwirklichung,<br />

die je nach Situation unterschiedlich ausfällt.<br />

*<br />

Barqawi, Di<strong>an</strong>ah: Der Beitrag von Org<strong>an</strong>isationskultur zur Verbesserung der Arbeitsbeziehungen.<br />

Dargestellt am Beispiel der Mitbestimmung des Betriebsrats bei<br />

grundlegenden Änderungen der Betriebsorg<strong>an</strong>isation (Hochschulschriften zum<br />

Personalwesen, 00025); <strong>Hampp</strong>, München/Mering 1999; ISBN 3-87988-367-X.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 429<br />

Die Optimierung der Mitbestimmung stellt hierbei ein bedeutendes Problem dar,<br />

weil der Betriebsrat bei Verh<strong>an</strong>dlungen mit dem M<strong>an</strong>agement seine vorgetragenen Lösungsvorschläge<br />

nur relativ m<strong>an</strong>gelhaft realisieren k<strong>an</strong>n. Der Grund hierfür liegt darin,<br />

dass beide Parteien bereits innerhalb ihrer eigenen Gremien Lösungsvorschläge i.d.R. so<br />

weit entwickeln, dass in der eigentlichen Verh<strong>an</strong>dlungssituation zwischen M<strong>an</strong>agement<br />

und Betriebsrat nur noch ein relativ geringer Mitbestimmungsspielraum für die Durchsetzung<br />

von Lösungsvorschlägen des Betriebsrats besteht. Der relativ geringe Mitbestimmungsspielraum<br />

schlägt sich letztlich in den relativ inkompatiblen Zielen der Akteure<br />

nieder, die d<strong>an</strong>n in Akzept<strong>an</strong>z- und Umsetzungsbarrieren resultieren. Die Folgen<br />

der m<strong>an</strong>gelnden Realisierung der Lösungsvorschläge sind Effizienzeinbußen, die u.a. zu<br />

Kosten führen, die aufgrund der Interaktion mit der Konfliktgruppe entstehen (z.B. Einigungsstelle)<br />

oder sich aus der Konfliktregelung ergeben können (z.B. Umschulungskosten).<br />

Auf dieser Basis verfolgt die Arbeit nun das Ziel, aufzuzeigen, wie Org<strong>an</strong>isationskultur<br />

dazu beitragen k<strong>an</strong>n, die Arbeitsbeziehungen zu verbessern. Zur Zielerreichung<br />

k<strong>an</strong>n der erkenntnistheoretische Hintergrund der Org<strong>an</strong>isationskultur beitragen, indem<br />

er Aufklärungsarbeit leistet, die nach Übertragung der hieraus gewonnenen Erkenntnisse<br />

auf diese Arbeit schließlich zu einer Verbesserung der Arbeitsbeziehungen führen<br />

k<strong>an</strong>n.<br />

Als Forschungs<strong>an</strong>satz wird ein kultureller Verh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>satz entwickelt, der in<br />

ein allgemeines und ein spezifisches Modell unterteilt wird. Das allgemeine Modell<br />

stellt hierbei eher einen Rahmen dar, der sich hauptsächlich auf die Verh<strong>an</strong>dlungssituation<br />

bezieht und in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g vor allem das entsprechende Akteursystem,<br />

Regelsystem, Umweltsystem und die mit den H<strong>an</strong>dlungen der Akteure verbundenen gesetzlich<br />

geregelten Möglichkeiten und Grenzen in den Mittelpunkt der Betrachtung<br />

stellt. Das spezifische Modell beleuchtet hingegen die internen Prozesse, die den Ablauf<br />

des Verh<strong>an</strong>dlungsprozesses entscheidend prägen. Hierzu werden primär phänomenologische<br />

und ethnomethodologische Erkenntnisse her<strong>an</strong>gezogen, mit deren Hilfe die<br />

H<strong>an</strong>dlungsstrategien der Akteure als Gegenst<strong>an</strong>d kultureller Entwicklung erklärt werden<br />

können und die Entstehung und Entwicklung von Lösungsvorschlägen als kulturell bedingt,<br />

und nicht ausnahmslos rationaler Natur, betrachtet werden k<strong>an</strong>n.<br />

Durch die Verwendung einer kulturellen Lernperspektive wird der Prozess der Entstehung<br />

und Entwicklung der Lösungsvorschläge der Akteure tr<strong>an</strong>sparenter. Übertragen<br />

auf die Situation von M<strong>an</strong>agement und Betriebsrat bedeutet das, dass die Akteure bei<br />

der Entwicklung von Lösungsvorschlägen hinsichtlich grundlegender betriebsorg<strong>an</strong>isatorischer<br />

Änderungen in den jeweils eigenen Gremien spezifische Lernerfahrungen machen,<br />

die für die <strong>an</strong>dere Seite nicht nachvollziehbar sind, weil diese <strong>an</strong> der Entwicklung<br />

nicht beteiligt war. Daher können bei dieser Seite in einer Verh<strong>an</strong>dlungssituation Akzept<strong>an</strong>zbarrieren<br />

entstehen, die die Realisierbarkeit der Vorschläge erschweren.<br />

Gerade in der getrennten, d.h. nicht gemeinsamen, Entwicklung von Lösungsvorschlägen<br />

liegt eine wesentliche Ursache für die relative Inkompatibilität der Ziele von<br />

M<strong>an</strong>agement und Betriebsrat, die schließlich zu Akzept<strong>an</strong>z- und Umsetzungsbarrieren<br />

führen k<strong>an</strong>n, was in der kulturellen Perspektive als sinninitiiertes und kommunikatives<br />

Problem identifiziert wird. Die besondere Bedeutung des Sinns und der Kommunikation


430 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

zwischen Betriebsrat und M<strong>an</strong>agement für die Optimierung der betriebsrätlichen Mitbestimmung<br />

und die Effizienz des Unternehmens wird durch die Aufdeckung und Diskussion<br />

von kulturellen Lernpathologien in der Verh<strong>an</strong>dlung, aber auch in den jeweiligen<br />

Gremien, nochmals hervorgehoben. Zu diesen Lernpathologien gehören vor allem<br />

Sinndefizite, Informations- und Stabilitätsprobleme. Zur Aufdeckung und schließlich<br />

Überwindung pathologischer Lernprozesse werden Strategien des Verlernens von Denkund<br />

H<strong>an</strong>dlungsmustern, die sich in der Verg<strong>an</strong>genheit bewährt haben, aber nun nicht<br />

mehr erfolgreich sind, thematisiert. Sie können den Weg für ein weiteres innovatives<br />

Lernen ebnen.<br />

Diese finden in weiterführenden kulturellen Konsequenzen, nämlich dem Kulturbewusstsein<br />

und dem Symbolbewusstsein, ihren Niederschlag. Die hiermit verbundene,<br />

zur Optimierung der Mitbestimmung notwendige Orientierung von Betriebsrat und M<strong>an</strong>agement<br />

am Ideal der Kommunikation als unverzerrtem, verständigungs- und konsensorientierten<br />

Dialog, der auch durch einen Minimalkonsens und durch eine Traditionspflege,<br />

die sich auf den kritischen und reflektierten Umg<strong>an</strong>g mit der Tradition einer Org<strong>an</strong>isationskultur<br />

bzw. Arbeitsbeziehungskultur (Subkultur der Org<strong>an</strong>isationskultur) bezieht,<br />

gewährleistet wird, muss d<strong>an</strong>n, um nicht zum Selbstzweck zu werden, auf ökonomische<br />

Gesichtspunkte ausgerichtet werden. Denn gerade beim M<strong>an</strong>agement ist der<br />

unternehmerische Erfolg der Maßstab des H<strong>an</strong>delns. Aber auch der Betriebsrat ist nach<br />

§2 BetrVG ’72 dem System ver<strong>an</strong>twortlich. Schließlich m<strong>an</strong>ifestiert sich die Optimierung<br />

der Mitbestimmung im Dialogprinzip und im Prinzip der Traditionspflege, die kulturellen<br />

Mitbestimmungsmerkmalen aus kognitions- und symbolbezogener Sicht zugeordnet<br />

werden, die sich auf den §111 Nr. 4 BetrVG ’72 beziehen.<br />

Diese Aspekte des Kultur- uns Symbolbewusstseins werden schließlich bezüglich<br />

der in der Realität vorherrschenden Mitbestimmungsmuster, die das Ergebnis empirischer<br />

Forschungen von Kotthoff und Osterloh sind., diskutiert. Hierbei liegt der Fokus<br />

auf dem künftigen kultur- und symbolbewussten H<strong>an</strong>deln von M<strong>an</strong>agement und Betriebsrat<br />

zur Erreichung einer weitgehenden Zielkompatibilität und letztlich zur Verbesserung<br />

der Arbeitsbeziehungen und Steigerung der Effizienz vor dem Hintergrund der<br />

Verg<strong>an</strong>genheits<strong>an</strong><strong>an</strong>lyse jedes Musters und der hierfür besonders relev<strong>an</strong>ten Zukunftstrends.<br />

Weiterführende Fragen betreffen hier zukünftige Entwicklungen, die u.a. in Richtung<br />

M<strong>an</strong>agementbildung, M<strong>an</strong>aging Diversity und Wissensm<strong>an</strong>agement gehen und die<br />

schließlich ein kultur- und symbolbewusstes H<strong>an</strong>deln von M<strong>an</strong>agement und Betriebsrat<br />

ebenfalls erforderlich machen. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g hat z.B. die M<strong>an</strong>agementbildung<br />

eine unterstützende Wirkung auf das kultur- und symbolbewusste H<strong>an</strong>deln des<br />

M<strong>an</strong>agements und wird dabei gleichzeitig von diesem beeinflusst. Unterstützend deshalb,<br />

weil mit Hilfe des Konstrukts der M<strong>an</strong>agementbildung ein Perspektivenwechsel<br />

vorgenommen werden k<strong>an</strong>n, der für die Weiterentwicklung und Aktualisierung der Tradition<br />

notwendig ist. Des weiteren werden die hierfür notwendigen Lernerfahrungen<br />

ebenfalls durch das Konzept der M<strong>an</strong>agementbildung, das eine Offenheit für Erfahrungen<br />

impliziert, vermittelt.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 431<br />

Jörg Basten<br />

Gewerkschaften und betriebliche S<strong>an</strong>ierung – Die Wirkung von<br />

Arbeitsrechtsregimen in den Tr<strong>an</strong>sformationsökonomien Polens<br />

und Russl<strong>an</strong>ds *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dieter Sadowski, Universität Trier<br />

Ziel: Das Gelingen der Systemtr<strong>an</strong>sformation von Zentralverwaltungswirtschaften<br />

zu Marktwirtschaften in Ost- und Mittelosteuropa hängt letztendlich von den S<strong>an</strong>ierungserfolgen<br />

der einzelnen Betriebe, d.h. der Gewinnung ihrer Wettbewerbsfähigkeit,<br />

ab. Bisl<strong>an</strong>g beherrschte der Privatisierungsaspekt die Diskussion, also die S<strong>an</strong>ierung<br />

durch veränderte Nutzungs-, Abschöpfungs- und Verfügungsrechte. Inzwischen jedoch<br />

muss m<strong>an</strong> sich eingestehen, dass ein großer Teil der Betriebe nicht wird privatisiert<br />

werden können, jedenfalls nicht durch äußere Kapitalgeber. Die S<strong>an</strong>ierung zur Wettbewerbsfähigkeit<br />

solcher Unternehmen ist mit internen Investitionen und Lohnzurückhaltung<br />

verbunden. Im Sp<strong>an</strong>nungsfeld dieser Problematik stehen die Gewerkschaften, die<br />

sich ihrerseits von der „Tr<strong>an</strong>smissionsriemengewerkschaft“ nach leninistischem Modell<br />

zu Arbeitnehmervertretungen westlicher Prägung zu tr<strong>an</strong>sformieren haben. Durch die<br />

Dezentralisierung von Lohn- und Beschäftigungspolitik von ehemals zentralstaatlicher<br />

Ebene auf die Betriebsebene kommt den Gewerkschaften eine wichtige Rolle zu. Angesichts<br />

der in verschiedenen Ländern sich unterscheidenden Tr<strong>an</strong>sformationstechniken<br />

wird hier untersucht, welche rechtlichen Rahmenbedingungen die gewerkschaftliche<br />

Kooperativität bzgl. der betrieblichen S<strong>an</strong>ierungs<strong>an</strong>strengungen fördern oder hemmen.<br />

Vorgehen: Theoretische Grundlage der Arbeit sind mikroökonomische Analysen<br />

der Wirkung rechtlicher nationaler Institutionen auf Gewerkschaftsverhalten. Als Vertreter<br />

unterschiedlicher rechtlicher Systeme werden Polen (Gradualismus) und Russl<strong>an</strong>d<br />

(Schocktherapie) gewählt. In jedem L<strong>an</strong>d wird eine Fallstudie durchgeführt. In zwei<br />

nicht privatisierten Unternehmen werden die Verläufe der Tarifverh<strong>an</strong>dlungen von 1989<br />

bis 1995 rekonstruiert, als deren Ergebnisse die betrieblichen Lohnquoten <strong>an</strong>alysiert<br />

werden. Der Vergleich von Wertschöpfung und Lohnzuwächsen soll im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit Dokumenten<strong>an</strong>alysen und Interviews erklären, wie Lohnzuwachs und Beschäftigungssicherheit<br />

gegenein<strong>an</strong>der abgewogen werden und inwiefern Gewerkschaften dazu<br />

neigen, von ihren Aufgaben und Privilegien in der alten Wirtschaftsordnung zu lassen,<br />

um ein neues System zu unterstützen.<br />

Ergebnisse: Es wird gezeigt, dass die Aktivitäten der Gewerkschaften maßgeblich<br />

differieren zwischen den Arten der Systemtr<strong>an</strong>sformation. Entgegen der Erwartung,<br />

dass eine gradualistische Vorgehensweise mit längerer Überg<strong>an</strong>gsphase, in der die Arbeitslosigkeit<br />

niedriger und die Reallohnverluste geringer ausfallen, gewerkschaftliche<br />

*<br />

erschienen als B<strong>an</strong>d 9 der Schriftenreihe International vergleichende Schriften zur<br />

Personalökonomie und Arbeitspolitik, hrsg. von Rolf Birk und Dieter Sadowski,<br />

München, Mering: <strong>Hampp</strong> 1998, 211 S., DM 46.80, ISBN 3-87988-306-8


432 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Kooperation hervorrufen, ist <strong>an</strong> der hohen Lohnquote, der niedrigen Arbeitsproduktivität<br />

und dem Fehlen jeglicher Unterstützungsprogramme zu sehen, dass Gewerkschaften<br />

sich in Russl<strong>an</strong>d nicht am S<strong>an</strong>ierungsprozess beteiligen. Im Gegensatz dazu finden sich<br />

in einer schockartigen Anpassung, wie in Polen, eine niedrige Lohnquote, hohe Arbeitsproduktivität<br />

und eine Fülle gewerkschaftlicher Aktivitäten, die die S<strong>an</strong>ierungsunterstützung<br />

vor<strong>an</strong>treiben.<br />

Martin Seidl<br />

Befindensbeeinträchtigungen und Be<strong>an</strong>spruchungen von betrieblichen<br />

Interessenvertretern *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Dudo von Eckardstein, Wirtschaftsuniversität<br />

Wien<br />

Fragestellung und Zielsetzung der Untersuchung<br />

Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Stresssituation von Betriebsräten, wobei<br />

zwischen Be<strong>an</strong>spruchungen im Sinne von Stressoren und Befindensbeeinträchtigungen<br />

im Sinne von Konsequenzen unterschieden wird. Ziel dieser Arbeit war es, die für die<br />

Interessenvertreter charakteristischen Be<strong>an</strong>spruchungen und Beeinträchtigungen im<br />

Vergleich zu Nicht-Betriebsräten zu ermitteln. Weiters wurde innerhalb der Gruppe der<br />

Betriebsräte zwischen freigestellten und nicht-freigestellten unterschieden, da erstere<br />

sich auf die Interessenvertretung konzentrieren können, letztere d<strong>an</strong>eben noch in einen<br />

<strong>an</strong>deren Arbeitsalltag eingebunden sind.<br />

Darüber hinaus wurden auch Be<strong>an</strong>spruchungen in <strong>an</strong>deren Lebensbereichen (Arbeit,<br />

Partnerschaft, Familie, Freizeit) in die Erhebung miteinbezogen.<br />

Theoretische Basis<br />

Die Grundlage für die weitere Untersuchung stellt das Person-Umwelt-Passungs<br />

(Person-Environment-Fit)- Modell nach Harrison (1978) dar. Der Grundged<strong>an</strong>ke ist jener<br />

der Passung, bzw. des Nicht-Passung, des Misfits. D.h., dass es bei einer fehlenden<br />

bzw. m<strong>an</strong>gelhaften Übereinstimmung zwischen Merkmalen der Person und Merkmalen<br />

der Umwelt zu Beeinträchtigungen kommen k<strong>an</strong>n. Eine inhaltliche „Auffüllung“ erhält<br />

das P-U-Fit-Modell beispielsweise in der Ausgestaltung von Cooper (1981). Im Rahmen<br />

dieses Modells erhalten die umgebungs- und personenbezogenen Seiten einzelne<br />

Faktoren wie soziale Beziehungen, Org<strong>an</strong>isationsstruktur und -klima, Merkmale der Tätigkeit,<br />

Rolle innerhalb der Org<strong>an</strong>isation, berufliche Entwicklung und außerbetriebliche<br />

Ursachen zugewiesen.<br />

*<br />

erschienen als B<strong>an</strong>d 15 in Personalwirtschaftliche Schriften, hrsg. von Dudo von Eckardstein<br />

und Oswald Neuberger, ISBN 3-87988-373-4, <strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong> <strong>Verlag</strong>, München und<br />

Mering 1999, 333 S., DM 58.28, EURO 29.80.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 433<br />

Das konkrete Rahmenmodell der Arbeit hält sich <strong>an</strong> jenes der Untersuchung von<br />

Eckardstein et al. (1995).<br />

Methodische Vorgehensweise und Stichprobe<br />

Zur Erfassung der oben beschriebenen relev<strong>an</strong>ten Lebensbereiche war ein Untersuchungsinstrument<br />

notwendig, das sowohl die Breite relev<strong>an</strong>ter Aspekte absteckte als<br />

auch in die Tiefe ging. Durch die Einbeziehung vieler Variablen konnte es sich nur um<br />

einen Fragebogen h<strong>an</strong>deln. Als geeignet erwies sich dabei das Instrument CEPAR<br />

(Computergestütztes Diagnoseverfahren zur Erfassung psychosozialer Anforderungen<br />

und Ressourcen), das von dem Deutschen Psychologen Winfried Krieger (1993) entwickelt<br />

und für ein Projekt der Abteilung für Personalm<strong>an</strong>agement <strong>an</strong> der Wirtschaftsuniversität<br />

Wien adaptiert worden war. CEPAR erlaubt die Erfassung der verschiedenen<br />

Teilaspekte Arbeit, Partnerschaft bzw. Ehe, Kinder, Familie, Freizeit und sonstiger<br />

Rahmenbedingungen (fin<strong>an</strong>zielle und Wohnsituation). Weiters werden die psychosozialen<br />

Anforderungen und die Beeinträchtigungen erhoben. Dieses Instrument wurde in<br />

Teilbereichen <strong>an</strong> die berufliche Lebenswelt von Betriebsräten <strong>an</strong>gepasst.<br />

Im Prinzip ist CEPAR ein Fragebogen, wobei die Be<strong>an</strong>twortung <strong>an</strong>statt – wie bei<br />

herkömmlichen Paper <strong>an</strong>d Pencil Tests – durch das Anklicken von Kästchen mittels einer<br />

„Maus” erfolgt. Es werden – als besonderer Vorteil – nicht wie bei herkömmlichen<br />

Tests die möglichen Verzweigungen in aller Länge verfolgt, sondern der Computer bietet<br />

nur die Fragen dar, die jeweils relev<strong>an</strong>t sind, irrelev<strong>an</strong>te werden unterdrückt (sog.<br />

flexible Itempräsentation). Mittels CEPAR wurden im Zeitraum von Jänner bis November<br />

1996 72 Betriebsräte und 11 Personalvertreter (insgesamt 83 Personen), davon 64<br />

Männer und 19 Frauen befragt. Im konkreten Fall lag ein zusätzliches Argument, das<br />

für den Einsatz des Instruments CEPAR sprach auch darin, dass dem Verfasser der Datensatz<br />

von 330 Arbeitnehmern aus dem bereits mehrfach <strong>an</strong>gesprochenen Projekt und<br />

von 52 weiteren Personen, die aus einem kleineren Beratungsauftrag entstammten, zugänglich<br />

waren und somit die Daten von 382 Beschäftigten für eine Sekundär<strong>an</strong>alyse<br />

her<strong>an</strong>gezogen werden konnten. Die Daten wurden mittels SPSS ausgewertet.<br />

Um die qu<strong>an</strong>titative Erfassung durch CEPAR mittels eines qualitativen Elements<br />

zu bereichern und vor allem zur Erschließung der Relev<strong>an</strong>zsysteme der Betroffenen war<br />

es zusätzlich notwendig, Interviews zu führen. Aus diesem Grunde wurden mit 10 Betriebsräten<br />

und 2 Personalvertretern Leitfadeninterviews geführt. Die Themen für diesen<br />

Leitfaden wurden nach einem eingehenden Studium betriebsratsspezifischer Literatur<br />

ausgewählt.<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

Bevor die Ergebnisse hier kurz zusammengefasst werden, sei nochmals darauf hingewiesen,<br />

dass die vorliegende Studie aufgrund der geringen Stichprobengröße keinen<br />

Anspruch auf Repräsentativität erheben k<strong>an</strong>n. Nichtsdestotrotz lassen sich aus den Ergebnissen<br />

bezüglich der Befindensbeeinträchtigungen und Be<strong>an</strong>spruchungen von Betriebsräten<br />

einige fundierte Aussagen machen.


434 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Betriebsräte sind tendenziell stärker in ihrem Befinden beeinträchtigt (nämlich<br />

39,7% in mindestens einem Bereich) als Personen, die nicht Betriebsräte sind<br />

(30,6%). Bei den Betriebsräten zeigt sich die Beeinträchtigung vor allem in den Bereichen<br />

Gereiztheit (mit 28,9% unter den psychischen Beeinträchtigungen dominierend)<br />

und Alkoholkonsum (9,6% können als alkoholabhängig eingeschätzt werden).<br />

Körperliche bzw. psychosomatische Befindensbeeinträchtigungen fallen nur<br />

schwach ins Gewicht (6%), doch die Interviews förderten in der persönlichen Biographie<br />

vieler Betriebsräte mark<strong>an</strong>te körperliche Beeinträchtigungen zutage, die im<br />

Zuge von „kritischen Ereignissen” auftraten.<br />

Die Be<strong>an</strong>spruchungen der Betriebsräte sind signifik<strong>an</strong>t höher als der Personen in<br />

den Sekundärdaten: 71,1% der Betriebsräte sind in mindestens einem Bereich hoch<br />

be<strong>an</strong>sprucht, während dies in den Sekundärdaten „nur” 41,4% sind.<br />

Be<strong>an</strong>spruchungen liegen vor allem im Arbeitsinhalt, und hier besonders in der Ver<strong>an</strong>twortung,<br />

der hohen Komplexität sowie der hohen Intensität.<br />

Bezüglich der Rahmenbedingungen der Arbeit erweisen sich die org<strong>an</strong>isatorischen<br />

Änderungen als der elementarste Be<strong>an</strong>spruchungsfaktor der Betriebsräte.<br />

Die Be<strong>an</strong>spruchung durch soziale Faktoren erweist sich in den qu<strong>an</strong>titativen Ergebnissen<br />

als relativ gering. Am stärksten wirken die fehlende Unterstützung durch die<br />

Belegschaft und die Geschäftsführung. Auch persönliche und vor allem fachliche<br />

Probleme am Arbeitsplatz fallen ins Gewicht.<br />

In den sonstigen Lebensbereichen erweist sich die m<strong>an</strong>gelnde Freizeit als größtes<br />

Problem.<br />

Generell sind die Interessenvertreter also einem hohen Be<strong>an</strong>spruchungspotential<br />

ausgesetzt, das aufgrund diverser Ressourcen (Identifikation mit der Tätigkeit, Motivation,<br />

großer H<strong>an</strong>dlungsspielraum, z.T. Gestaltungsmacht) zu vergleichsweise geringen –<br />

aber dennoch in Teilbereichen gravierenden – Beeinträchtigungen führt. Aus den Resultaten<br />

lassen sich auch einige Möglichkeiten ableiten, die Be<strong>an</strong>spruchungen vermindern,<br />

so dass auch das Ausmaß <strong>an</strong> Beeinträchtigungen kleiner wird.<br />

Weiterführende Überlegungen zu Maßnahmen zur Prävention und<br />

Reduktion von Belastungen<br />

Eine zentrale Möglichkeit der Reduktion von Be<strong>an</strong>spruchungen liegt im Prinzip<br />

des Delegierens bzw. der Arbeitsteilung innerhalb des Betriebsratskollegiums. Die Qualifikation<br />

der M<strong>an</strong>datare ist der nächste wichtige Punkt zur Verminderung von bzw.<br />

Prävention von Be<strong>an</strong>spruchungen, wobei es dazu zunächst notwendig ist, Schlüsselqualifikationen<br />

von BR zu identifizieren. Weiters kommt auch dem Wissensm<strong>an</strong>agement<br />

innerhalb des Betriebsratsgremiums eine hoher Stellenwert zu.<br />

Zudem sollte die Möglichkeit geboten werden, eigene aktuelle Be<strong>an</strong>spruchungen<br />

im Zuge von Klausuren und/oder individuellem Coaching zu thematisieren. Seine Tätigkeit<br />

verl<strong>an</strong>gt jedoch auch vom BR die Flexibilität zu erlernen, zwischen Nähe und<br />

Dist<strong>an</strong>z zum einzelnen Belegschaftsmitglied variieren zu können, ohne den Anspruchsteller<br />

gleich vor den Kopf zu stoßen. Schließlich ist auch es schon bei der


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 435<br />

steller gleich vor den Kopf zu stoßen. Schließlich ist auch es schon bei der Rekrutierung<br />

neuer Betriebsratsmitglieder vor einer <strong>an</strong>stehenden Wahl wünschenswert, deren Vorstellungen,<br />

Erwartungen und Befürchtungen zu reflektieren.<br />

Ein Hobby, das nichts mit der beruflichen Betätigung zu tun hat, im Idealfall Sport,<br />

da er die hauptsächlich psychischen Be<strong>an</strong>spruchungen und Beeinträchtigungen ausgleicht,<br />

stellt eine wichtige Ressource dar.<br />

Literatur<br />

Cooper, Cary L.; Stress auf verschiedenen Stufen der M<strong>an</strong>agementhierarchie, in: Frese, Michael<br />

(Hrsg.); Stress im Büro, Bern et al. 1981, S.282-305<br />

von Eckardstein, Dudo/Lueger, Günter/Niedl, Klaus/Schuster, Brigitte; Psychische Befindensbeeinträchtigungen<br />

und Gesundheit im Betrieb: Herausforderung für Personalm<strong>an</strong>ager und<br />

Gesundheitsexperten, Personalwirtschaftliche Schriften, Bd.3, München u. Mering 1995:<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Hampp</strong><br />

Harrison, Richard V.; Person-environment fit <strong>an</strong>d job stress, in: Cooper, Cary L./ Payne, Robert<br />

(Eds.); Stress at work, New York 1978: S.175-205<br />

Krieger, Winfried; Ein computergestütztes Explorationsverfahren zur Erfassung von psychosozialen<br />

Anforderungen und Ressourcen am Arbeitsplatz, in: Diagnostica, 1993, 39.Jg., S.63-79<br />

Dr. rer. soc. oec. Martin Seidl ist Referent der AK-Consult (Beratung für Betriebsräte) der Arbeiterkammer<br />

Oberösterreich und war von 1993-1997 als Projektmitarbeiter und Vertragsassistent<br />

<strong>an</strong> der Abteilung für Personalm<strong>an</strong>agement der Wirtschaftsuniversität Wien tätig.<br />

13. Methoden der <strong>Personalforschung</strong><br />

H<strong>an</strong>no Stöcker<br />

Leistungsbeurteilung in deutschen B<strong>an</strong>ken. Eine empirische<br />

Untersuchung *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Fred G. Becker, Universität Bielefeld<br />

Fragestellung der Untersuchung<br />

Leistungsbeurteilungen kommen in der Wirtschaftspraxis große Bedeutung zu, da<br />

zum einen der ökonomische Erfolg einer Org<strong>an</strong>isation wesentlich von der Leistung ihres<br />

Personals abhängt, zum <strong>an</strong>deren Leistungsbeurteilungen weittragende Auswirkungen<br />

auf berufliche Werdegänge, Motivation und Leistungsbereitschaft von Mitarbeitern<br />

haben können. In <strong>an</strong>gelsächsischen und deutschsprachigen Ländern haben sich Leistungsbeurteilungen<br />

zum am häufigsten verwendeten Führungsmittel entwickelt. Dennoch<br />

scheint die Literatur weit davon entfernt zu sein, Wirtschaftspraktikern befriedigende<br />

Antworten auf berechtigte Fragen hinsichtlich realer Beurteilungsverfahren geben<br />

zu können. Offen bleiben dabei insbesondere Gründe für eine Verwendung von Leistungsbeurteilungen<br />

im Allgemeinen sowie bestimmter Leistungsbeurteilungsverfahren<br />

*<br />

erschienen im Josef Eul <strong>Verlag</strong>, Lohmar, Köln, 1999.


436 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

im Besonderen. Anlass für das Forschungsvorhaben ist daher das offensichtliche Ausein<strong>an</strong>derfallen<br />

der in bisher erschienenen Studien erhobenen Verbreitung merkmalsorientierter<br />

Verfahren (resp. sog. <strong>an</strong>alytischer Verfahren) in der Beurteilungspraxis einerseits<br />

und der durchgehend negativen Meinung zur Merkmalsorientierung in der neueren Literatur<br />

<strong>an</strong>dererseits.<br />

Insgesamt fehlt es für die Fragestellung nach den Verwendungsgründen für bestimmte<br />

Leistungsbeurteilungsverfahren <strong>an</strong> einer konkreten theoretischen wie <strong>an</strong> einer<br />

aktuellen empirischen Grundlage in der vorliegenden Literatur. Damit wird eine explorative<br />

Vorgehensweise erforderlich, die sich nicht auf grundlegende Erkenntnisse stützen<br />

k<strong>an</strong>n, sondern diese erst generiert. Sie erscheint zweckmäßig, weil das Forschungsfeld<br />

weitgehend unausgeleuchtet ist und die zu ermittelnden Verfahrensgründe nicht<br />

weiter spezifiziert werden können. Ein Ermitteln von Gründen für eine Verwendung<br />

von merkmalsorientierten Verfahren setzt zudem Erkenntnisse über deren konkrete<br />

Verbreitung voraus. Auch diese gilt es ex <strong>an</strong>te empirisch zu erheben.<br />

Das erste, deskriptive Ziel liegt daher in einer detaillierten und mehrdimensionalen<br />

Best<strong>an</strong>dsaufnahme aller untersuchten Verfahren zur Leistungsbeurteilung in den 100<br />

größten deutschen B<strong>an</strong>ken. Hierfür bietet sich eine qu<strong>an</strong>titative Erhebung mittels weitgehend<br />

st<strong>an</strong>dardisierter Instrumente <strong>an</strong> (schriftliche Befragung, Analyse aktueller Unterlagen).<br />

Die Datenauswertung erfolgt mit Methoden der deskriptiven Statistik. 1 Die<br />

gewonnenen Aussagen sollen eine breite Ausleuchtung des Forschungsfeldes ermöglichen<br />

und den Untersuchungsgegenst<strong>an</strong>d facettenreich erfassen<br />

Erst darauf aufbauend lässt sich das zweite – erklärende – Hauptziel dieser Arbeit<br />

verfolgen, das Aufzeigen von Gründen für eine Verwendung von merkmalsorientierten<br />

Leistungsbeurteilungsverfahren in deutschen Kreditinstituten. Hierzu dient die Auswertung<br />

einer mündlichen Befragung von 16 Personalver<strong>an</strong>twortlichen deutscher B<strong>an</strong>ken.<br />

Wegen der Unerschlossenheit und Vielschichtigkeit dieses Untersuchungsfeldes erfolgt<br />

die Materialauswertung mittels der qualitativen Inhalts<strong>an</strong>alyse in Anlehnung <strong>an</strong> Mayring<br />

2 . Sie ermöglicht eine umfassende Analyse mündlicher Befragungen <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d eines<br />

Kategorienschemas und stellt die Berücksichtigung aller aussagekräftigen Interviewinhalte<br />

sicher.<br />

Ergebnisse<br />

Das Instrument Leistungsbeurteilung unterliegt einem relativ starken W<strong>an</strong>del. Dabei<br />

dominiert nach wie vor die Merkmalsorientierung mit über vier Fünfteln der untersuchten<br />

Verfahren. Rein aufgaben- und rein zielorientierte Verfahren haben in der<br />

B<strong>an</strong>kpraxis faktisch keine Bedeutung. Vielen B<strong>an</strong>ken ist es wichtig, ein „zeitgemäßes“<br />

Instrument einzusetzen. Drei Viertel der Befragten verknüpfen eine Leistungsbeurteilung<br />

mit einer Potentialeinschätzung. Die Beurteilungshäufigkeit beträgt durchschnittlich<br />

1,75 Jahre. Bezogen auf einzelne Beurteilungsmerkmale hat sich die Bedeutung<br />

einzelner Kriterien seit den siebziger Jahren verschoben: Eigenschaftsorientierte Merk-<br />

1<br />

2<br />

Grundlage für Erhebung und Auswertung ist der Leitfaden von Kromrey, 1995.<br />

Vgl. Mayrings (1995, S. 11-93) ausführliche Anleitung zur qualitativen Inhalts<strong>an</strong>alyse.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 437<br />

male – insbesondere bei Führungskräften – scheinen in den Hintergrund zu rücken und<br />

unmittelbar <strong>an</strong> der Arbeit orientierte Aspekte wichtiger zu werden.<br />

Die Verwendung einer Leistungsbeurteilung wird mit der Förderung und Motivation<br />

von Mitarbeitern sowie der Lieferung von Ansätzen für eine Personalförderung<br />

ebenso begründet wie mit formalen Aspekten (z.B. Konzernräson, fallweise Notwendigkeit<br />

einer aktenkundigen Unterlage). Für ein merkmalsorientiertes Verfahren spreche<br />

die Verhinderung vorgesetztenspezifischer Kriterien und Maßstäbe ebenso wie die einfache<br />

H<strong>an</strong>dhabung, denn ein Schema als Orientierungsgrundlage sei hilfreich und diene<br />

der – mehrheitlich für besonders wichtig gehaltenen – Vergleichbarkeit. Wichtig ist den<br />

Befragten <strong>an</strong> merkmalsorientierten Verfahren Akzept<strong>an</strong>z und eine eindeutige Beurteilungsaussage,<br />

da keine Formulierungen zu interpretieren seien. Ein „Inskästchenzwängen“<br />

werde als Alternative zur freien Beurteilung eher in Kauf genommen. Damit entfalle<br />

auch eine Benachteiligung derjenigen Mitarbeiter, deren Vorgesetzte nicht gut<br />

formulieren könnten oder wollten. Zudem halte sich der Zeitaufw<strong>an</strong>d für Vorgesetzte in<br />

Grenzen.<br />

Als Fazit k<strong>an</strong>n festgehalten werden, dass viele B<strong>an</strong>ken zwar merkmalsorientierte<br />

Leistungsbeurteilungsverfahren einsetzen und diese überwiegend auch für gut halten, allerdings<br />

keine überzeugenden Gründe dafür nennen (können).<br />

Literatur<br />

Becker, Fred G. (1998): Grundlagen betrieblicher Leistungsbeurteilungen – Leistungsverständnis<br />

und -prinzip, Beurteilungsproblematik und Verfahrensprobleme. 3. A. Stuttgart 1998.<br />

Kromrey, Helmut (1995): Empirische Sozialforschung – Modelle und Methoden der Datenerhebung<br />

und Datenauswertung. 7. A. Opladen 1995.<br />

Mayring, Philipp (1995): Qualitative Inhalts<strong>an</strong>alyse – Grundlagen und Techniken. 5. A. Weinheim<br />

1995.<br />

Stöcker, H<strong>an</strong>no (1999): Leistungsbeurteilungen in B<strong>an</strong>ken – Eine empirische Untersuchung.<br />

Lohmar, Köln 1999.<br />

14. Andere Themen<br />

Alex<strong>an</strong>der Fliaster<br />

Hum<strong>an</strong>basierte Innovationsidentität jap<strong>an</strong>ischer Großunternehmen<br />

als M<strong>an</strong>agementherausforderung<br />

Betreuer: Prof. Dr. <strong>Rainer</strong> Marr, Universität der Bundeswehr,<br />

München<br />

Die <strong>an</strong>gestiegene Komplexität der Technologien, der Produkte und der Märkte bedingt,<br />

dass Innovationen nur durch gemeinsame Anstrengungen mehrerer, das Wissen<br />

mitein<strong>an</strong>der kommunizierender und interagierender Mitarbeiter durchgeführt werden


438 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

können. Dementsprechend kristallisieren sich zwei Aspekte heraus, die für die vorgelegte<br />

Arbeit von maßgeblicher Relev<strong>an</strong>z sind:<br />

Einmal sind es kognitive und sozio-emotionale Determin<strong>an</strong>ten des Denkens und<br />

H<strong>an</strong>delns der (hier: jap<strong>an</strong>ischen) Wissensträger, die subjektiv neue Ideen erfahren, generieren,<br />

teilen und umsetzen. Sofern diese innovationsrelev<strong>an</strong>ten Determin<strong>an</strong>ten durch<br />

den kulturspezifischen Modus der personellen Identitätsauslegung (Construal of Self)<br />

bedingt sind, werden sie unter die Lupe genommen.<br />

Zweitens geht es darum, wie die Denk- und H<strong>an</strong>dlungsfähigkeiten dieser Wissensträger<br />

von der sie beschäftigenden Org<strong>an</strong>isation beeinflusst und zu einem synergetischen<br />

Bündel integriert werden, das nachhaltige Vorteile im globalen technologischen<br />

Innovationswettbewerb zu erzielen ermöglicht.<br />

Das Bindeglied zwischen diesen Aspekten – den Menschen, der Org<strong>an</strong>isation und<br />

ihren Wettbewerbsvorteilen – stellt ein Phänomen dar, das in der vorliegenden Dissertationsarbeit<br />

als hum<strong>an</strong>- und wissensbasierte Innovationsidentät bezeichnet wird. Es h<strong>an</strong>delt<br />

sich dabei um<br />

eine auf spezifischen kognitiven und sozio-emotionalen Fähigkeiten der Org<strong>an</strong>isationsmitglieder<br />

bzw. dem kulturspezifischen Construal of Self basierende beständige<br />

kollektive Kernfähigkeit der Org<strong>an</strong>isationsmitglieder<br />

zu einer bestimmten Art und Weise der innovationsrelev<strong>an</strong>ten Wissensh<strong>an</strong>dhabung<br />

sowie<br />

das Commitment der Org<strong>an</strong>isationsmitglieder zu dieser bestimmten Art der Wissensh<strong>an</strong>dhabung,<br />

die von ihrer Org<strong>an</strong>isation beeinflusst werden und<br />

eine fundamentale Grundlage für die Vorteile im Innovationswettbewerb bilden.<br />

Dementsprechend wird in der vorgelegten Dissertation im Rahmen eines g<strong>an</strong>zheitlichen<br />

ged<strong>an</strong>klichen Konstruktes die Argumentation auf folgenden fünf interdependenten<br />

Abstraktionsebenen geführt:<br />

der Ebene der Identitätsauslegung einer Person bzw. des kulturspezifischen Construal<br />

of Self ,<br />

der Ebene der aus dem Construal of Self resultierenden individuellen und kollektiven<br />

Kernfähigkeiten der Unternehmensmitglieder,<br />

der Ebene der auf den Kernfähigkeiten der Unternehmensmitglieder basierenden und<br />

sie gleichzeitig beeinflussenden personalbezogenen Routinen des Unternehmens,<br />

der Ebene der auf diesen personalbezogenen Routinen aufbauenden Kernfähigkei-<br />

<br />

ten des Unternehmens und<br />

der Ebene der aus diesen Kernfähigkeiten des Unternehmens resultierenden Wettbewerbsvorteile.<br />

Basierend auf diesen Ausführungen in drei Hauptteilen der Arbeit werden im abschließenden<br />

Kapitel relev<strong>an</strong>te Konsequenzen für die deutschen Unternehmen als Wettbewerber<br />

der jap<strong>an</strong>ischen gezogen und Vorschläge zur inhaltlichen Gestaltung eines<br />

personalwirtschaftlichen Wissens- und Innovationsm<strong>an</strong>agements in Deutschl<strong>an</strong>d gemacht.<br />

Die zentrale Hypothese der Arbeit k<strong>an</strong>n zusammenfassend wie folgt formuliert werden:


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 439<br />

Eine mögliche Antwort auf die Frage, wie die Innovationsprozesse in Unternehmen<br />

ablaufen, gibt das Konzept der Innovationsidentität. Innovationsidentität ist als situativer<br />

Erfolgsparameter <strong>an</strong>zusehen bzw. als nachhaltige Fähigkeit, im Innovationswettbewerb<br />

<strong>an</strong>ders als die Konkurrenten zu denken und zu h<strong>an</strong>deln und dadurch den<br />

Kundenvorteil (Leistung, Kosten, Qualität, Zeit) auf eine <strong>an</strong>dere Art und Weise<br />

und/oder besser zu stiften. Die Innovationsidentität einer Unternehmung basiert auf<br />

fundamentalen sozio-emotionalen und kognitiven Fähigkeiten ihrer Mitglieder, und diese<br />

Fähigkeiten sind für das bestimmte Construal of Self konstitutiv, das der jeweiligen<br />

Kultur zugrundeliegt. Die aus der Interaktion zwischen diesen idiosynkratischen Fähigkeiten<br />

der Unternehmensmitglieder und den menschen- und wissensbezogenen Routinen<br />

der Unternehmen resultierende M<strong>an</strong>agementaufgabe, die Innovationsidentität der<br />

Unternehmung bewusst zu beeinflussen, k<strong>an</strong>n als eine der größten, zukunftsentscheidenden<br />

Herausforderungen für das M<strong>an</strong>agement nicht nur der jap<strong>an</strong>ischen, sondern<br />

gleichermaßen auch der deutschen Unternehmen <strong>an</strong>gesehen werden.<br />

Dementsprechend orientiert sich die vorliegende Arbeit prinzipiell <strong>an</strong> der Interessenlage<br />

nicht nur der jap<strong>an</strong>ischen, sondern vielmehr auch der deutschen Theorie und<br />

Praxis des M<strong>an</strong>agements.<br />

Markus Juch<br />

Freie Wohlfahrtspflege und Soziale Pflegeversicherung, Eine<br />

Betrachtung aus kontingenztheoretischer Sicht und ein Beitrag<br />

zur Reorg<strong>an</strong>isation der Freien Wohlfahrtspflege in der Bundesrepublik<br />

Deutschl<strong>an</strong>d<br />

Betreuer: Prof. Dr. M<strong>an</strong>fred Becker, Universität Halle-Wittenberg<br />

Best<strong>an</strong>dteil des sozialen Sicherungssystems in der Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d ist<br />

die Wohlfahrtspflege. Sie wird getragen von staatlichen und kommunalen Stellen, Verbänden<br />

der freien Wohlfahrtspflege und privat-gewerblichen Anbietern. Bisl<strong>an</strong>g war die<br />

Stellung der Träger der freien Wohlfahrtspflege gekennzeichnet durch eine bedingte<br />

Vorr<strong>an</strong>gstellung vor öffentlichen und kommerziellen Anbietern sozialer Dienstleistungen.<br />

Aufgrund dessen konnten sich die Verbände der freien Wohlfahrtspflege über Jahrzehnte<br />

hinweg in einer überwiegend stabilen Aufgabenumwelt bewegen.<br />

Durch die Einführung marktwirtschaftlicher Prinzipien in der Sozialen Pflegeversicherung<br />

(SGB XI) hat sich die Situation auf dem ‚Pflegemarkt‘ signifik<strong>an</strong>t verändert.<br />

Grundlage dafür bildet die vom Gesetzgeber vollzogene Gleichstellung von frei-gemeinnützigen<br />

Anbietern (Freie Wohlfahrtspflege) und privat-gewerblichen Anbietern<br />

pflegerischer Dienstleistungen. Damit w<strong>an</strong>delt sich der Pflegemarkt vom Verkäufermarkt<br />

zu einem Käufermarkt.<br />

Ziel der Dissertation ist deshalb die Klärung der Frage, ob und wie sich die Verbände<br />

der Freien Wohlfahrtspflege über die Gestaltung ihrer Org<strong>an</strong>isationsstruktur auf


440 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

die neue Situation einstellen können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung<br />

theoriegestützter H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen zur Implementierung neuer Strukturen für<br />

die Pflegeeinrichtungen der freien Wohlfahrtspflege. Die theoretische Grundlage der<br />

Untersuchung bildet der Situative Ansatz. Lawrence/Lorsch als Hauptvertreter des Ansatzes<br />

fordern, dass den unterschiedlichen Umweltsegmenten durch eine differenzierte<br />

Ausgestaltung der org<strong>an</strong>isatorischen Subsysteme Rechnung getragen werden sollte.<br />

Daraus ergibt sich als Ergebnis der Untersuchung ein Reorg<strong>an</strong>isations<strong>an</strong>satz, bei dem<br />

die sog. ‚sozialen Zeckbetriebe‘ (Pflegeeinrichtungen im Sinne des SGB XI) aus den<br />

bestehenden Trägerstrukturen der freien Wohlfahrtspflege ausgegliedert und zu eigenständigen<br />

Verbundorg<strong>an</strong>isationen zusammengeführt werden. Darüber hinaus werden<br />

zusätzlich Integrations- und Koordinationsmech<strong>an</strong>ismen entwickelt, um dadurch dem<br />

mit der Bildung zusätzlicher Verbundorg<strong>an</strong>isationen für Pflegeeinrichtungen einhergehenden<br />

Integrationsbedarf gerecht zu werden.<br />

Barbara Kreis-Engelhardt<br />

Kundenorientierung durch Telearbeit – Potentiale und Gestaltungsempfehlungen<br />

am Beispiel fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierter<br />

Unternehmen *<br />

Betreuer: Prof. Dr. Arnold Picot, Universität München<br />

Es ist zu beobachten, dass sich in fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten Unternehmen<br />

die Rollen der Kunden und Mitarbeiter aufgrund der veränderten Bedürfnisse in der Informationsgesellschaft<br />

verändern. Diese Entwicklungen müssen zunehmend berücksichtigt<br />

werden, da sie die Wettbewerbskräfte – und hier vor allem auch die Beziehungen zu<br />

Kunden – prägen und dadurch einen Einfluss auf die Wettbewerbsposition eines fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten<br />

Unternehmens im sich stark verschärfenden Wettbewerb, der<br />

u.a. auf die enormen Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

zurückzuführen ist, nehmen.<br />

Vor diesem Hintergrund wird die zentrale Problemstellung formuliert, die für die<br />

Beratung und den Service am Kunden (externer Kunde) und am Mitarbeiter (interner<br />

Kunde) von wesentlicher Bedeutung ist:<br />

K<strong>an</strong>n durch Telearbeit Kundenorientierung realisiert werden?<br />

Diese zentrale Fragestellung der Arbeit wird durch vier Kernfragen be<strong>an</strong>twortet:<br />

Welche Bedeutung hat derzeit Telearbeit?<br />

Welchen Beitrag leistet Telearbeit zur Kundenorientierung<br />

Wie k<strong>an</strong>n Telearbeit org<strong>an</strong>isatorisch, personell und technisch gestaltet werden, um<br />

einen effektiven Beitrag zur Kundenorientierung zu leisten?<br />

*<br />

erschienen im Gabler <strong>Verlag</strong>.


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 441<br />

Welche konkreten Einsatzmöglichkeiten gibt es für auf Kundnenorientierung ausgerichtete<br />

Telearbeit.<br />

In Kapitel 1 wird als Sektor für die Untersuchung der Kundenorientierung durch<br />

Telearbeit der Sektor der fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten Unternehmen gewählt, da bei<br />

B<strong>an</strong>ken, Versicherungen und Bausparkassen derzeit ein großes Interesse bezüglich des<br />

Einsatzes von Telearbeit zu erkennen ist und Kundenorientierung im Rahmen der Erstellung<br />

von Dienstleistungen in fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten Unternehmen von<br />

wesentlicher Bedeutung ist. Zur Darstellung der gewählten Untersuchungsumgebung<br />

werden in Kapitel 2 die Wettbewerbskräfte in Fin<strong>an</strong>zmärkten allgemein aufgezeigt und<br />

die Bedeutung der Kunden, hier insbesondere der traditionellen Kunden (externe Kunden)<br />

und Mitarbeiter/Liefer<strong>an</strong>ten (interne Kunden), herausgearbeitet (Kapitel 2.2). Anschließend<br />

werden die theoretischen Grundlagen für Telearbeit, dem zentralen Untersuchungsgegenst<strong>an</strong>d<br />

in dieser Arbeit, gelegt. Konkret wird der aktuelle St<strong>an</strong>d der Telearbeit<br />

dargestellt, sowie die durch den Einsatz von Telearbeit verfolgten Ziele in fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten<br />

Unternehmen aufgezeigt (Kapitel 2.3). Zwei Fallbeispiele zu<br />

dem Status Quo der Telearbeit in fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten Unternehmen, der<br />

heute praktizierten individualorientierten Telearbeit, runden Kapitel 2 ab (2.4).<br />

In Kapitel 3 wird der theoretische Bezugsrahmen der zentralen Untersuchungsperspektive<br />

Kundenorientierung dargestellt. Dieser besteht aus der Strategie der Kundenorientierung<br />

und dem Konzept der org<strong>an</strong>isatorischen Informationseffizienz zur Umsetzung<br />

einer kundenorientierten Wettbewerbsstrategie. Für die Analyse der Kundenorientierung<br />

wird ein Instrumentarium vorgestellt, das sich auf die Untersuchungskriterien<br />

Mitarbeiter- und Kundennähe stützt (Kapitel 3.1).<br />

Die Anwendung erfolgt in Kapitel 4. Das dargestellte Konzept der org<strong>an</strong>isatorischen<br />

Informationseffizienz (Kapitel 3.2) wird zur Ableitung von Gestaltungsempfehlungen<br />

für Telearbeit zur Umsetzung einer effizienten Kundenorientierung in Kapitel 5<br />

verwendet. Dieses besteht aus dem deskriptiven org<strong>an</strong>isatorischen Rahmen des Informationsm<strong>an</strong>agement<br />

und dem org<strong>an</strong>isationstheoretischen Konzept der effizienten Koordination<br />

und Motivation, das aus Sicht der Prinzipal-Agent-Theorie gestaltet wird. Kapitel<br />

4 untersucht – aufbauend auf den Grundlagen des Kapitels 2 und 3 – <strong>an</strong>h<strong>an</strong>d des in Kapitel<br />

3 entwickelten Instrumentariums die Kundenorientierung von individualorientierter<br />

Telearbeit, die heute in fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten Unternehmen praktiziert<br />

wird, und zeigt Defizite hinsichtlich der Kundenorientierung auf. Aus den theoretischen<br />

Untersuchungen lässt sich die Notwendigkeit eines org<strong>an</strong>isatorischen W<strong>an</strong>dels in Richtung<br />

Kundenintegration und Teamorientierung ableiten, für die es konkrete Gestaltungsempfehlungen<br />

zur Umsetzung der Kundenorientierung auszusprechen gilt.<br />

Kapitel 5 greift den in Kapitel 4 geforderten W<strong>an</strong>del in Richtung Kundenintegration<br />

und Teamorientierung auf. Es werden konkrete Gestaltungsempfehlungen unter<br />

Verwendung des in Kapitel 3.2 vorgestellten Bezugsrahmens der org<strong>an</strong>isatorischen Informationseffizienz<br />

für die geforderte kundenintegrierte, teamorientierte Telearbeit als<br />

Möglichkeit zur effektiven Umsetzung der Kundenorientierung durch Telearbeit abgeleitet.<br />

Die auf org<strong>an</strong>isatorischer (Kapitel 5.1), personeller (Kapitel 5.2) und technischer<br />

Ebene (Kapitel 5.2) konkret dargestellten Ge-staltungsoptionen für die kundenintegrier-


442 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

te, teamorientierte Telearbeit lassen sich in Ansätzen auch auf <strong>an</strong>dere Formen der Telearbeit,<br />

wie beispielsweise die in Kapitel 4 <strong>an</strong>alysierte individualorientierte Telearbeit<br />

übertragen.<br />

In Kapitel 6 erfolgt <strong>an</strong>schließend eine Untersuchung der konkreten Potentiale, die<br />

sich durch kundenintegrierte, teamorientierte Telearbeit eröffnen. Durch die Darstellung<br />

der Vorteile kundenintegrierter, teamorientierter Telearbeit, die sich aus den in Kapitel<br />

5 entwickelten Gestaltungsempfehlungen ergeben, wird der Beitrag zur Realisierung einer<br />

effektiven Kundenorientierung <strong>an</strong>alysiert (Kapitel 6.1). Die dargestellten Vorteile<br />

ergänzen die bereits in Kapitel 4 hergeleiteten Beiträge der individualorientierten Telearbeit<br />

zur Kundenorientierung.<br />

Anschließend werden konkrete Einsatzmöglichkeiten (Kapitel 6.2) der kundenintegrierten,<br />

teamorientierten Telearbeit beschrieben. Kapitel 7 fasst die Ergebnisse der<br />

Arbeit zusammen (Kapitel 7.1) und verweist auf die Ch<strong>an</strong>cen für die<br />

Kundenorientierung und org<strong>an</strong>isatorische Erneuerung durch Telearbeit in fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten<br />

Unternehmen. Im Anschluss werden die bisherigen auf eine<br />

Br<strong>an</strong>che fokussierten Untersuchungen zu Telearbeit br<strong>an</strong>chenübergreifend betrachtet<br />

(Kapitel 7.2). Da Telearbeit – vor allem aber die kundenintegrierte, teamorientierte<br />

Telearbeit – auf Grund ihrer Potentiale zur Realisierung einer effektiven<br />

Kundenorientierung, zunehmend <strong>an</strong> Bedeutung gewinnen wird, ist zur Verwirklichung<br />

dieser zukünftigen Arbeitsform in Wissenschaft und in der Praxis eine neue (erweiterte)<br />

Form kundenorientierten Denkens und H<strong>an</strong>delns notwendig. Die Grenzen zwischen<br />

zentraler und dezentraler Leistungserstellung müssen und werden aufgrund der<br />

aufgezeigten Potentiale der Telearbeit in Zukunft verstärkt verschwimmen und es steht<br />

ein Paradigmenwechsel Die konkreten Potentiale in Org<strong>an</strong>isationen und Gestaltungsempfehlungen bevor.<br />

zur Realisierung der Kundenorientierung<br />

durch Telearbeit werden dabei in dieser Arbeit theoretisch-deduktiv,<br />

theoretisch-normativ und empirisch-induktiv aufgezeigt. Empirisch-induktiv gewonnene<br />

qualitative Ergebnisse stützen die theoretische-deduktive Untersuchung zum aktuellen<br />

St<strong>an</strong>d der Telearbeit in fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten Unternehmen und verdeutlichen<br />

die praktische Relev<strong>an</strong>z der zentralen Problemstellung „Kundenorientierung durch<br />

Telearbeit“ (Kapitel 2). Sie entst<strong>an</strong>den im Rahmen von explorativen Expertenbefragungen,<br />

die mit 19 Vertretern fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierter Unternehmen im Zeitraum<br />

von Februar bis Dezember 1997 durchgeführt wurden. Zur Unterstützung dienten dabei<br />

zwei st<strong>an</strong>dardisierte Fragebogen. Ein Fragebogen wurde für ein parallel zu dieser Arbeit<br />

durchgeführtes Forschungsprojekt „Telearbeit und org<strong>an</strong>isatorischer W<strong>an</strong>del in Versicherungsunternehmen“<br />

in Zusammenarbeit mit Wolfg<strong>an</strong>g Burr, Lehrstuhl für Internationales<br />

M<strong>an</strong>agement (Universität Hohenheim) entwickelt. Der <strong>an</strong>dere Fragebogen entst<strong>an</strong>d<br />

speziell für die Untersuchungen zu Telearbeit in dieser Arbeit.<br />

Anh<strong>an</strong>d des theoretischen Bezugsrahmens zur Kundenorientierung (Kapitel 3) wird<br />

im weiteren Verlauf der Arbeit theoretisch-deduktiv untersucht, welchen Beitrag die<br />

empirisch evaluierte individualorientierte Telearbeit des Kapitel 2 zur Kundenorientierung<br />

liefert (Kapitel 4). Anschließend werden mit Hilfe des theoretischen Konzepts der<br />

org<strong>an</strong>isatorischen Informationseffizienz des Kapitels 3.2 theoretischnormativ Gestaltungsempfehlungen<br />

für eine effektive Umsetzung Kundenorientierung durch Telearbeit<br />

entwickelt (Kapitel 5). Hierfür wird die individualorientierte Telearbeit des Kapitels 2


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 443<br />

um die Faktoren der Teamorientierung und Kundenintegration erweitert. Weitere Potentiale,<br />

die sich hieraus für die Kundenorientierung ergeben, werden theoretisch-deduktiv<br />

ermittelt (Kapitel 6.1). Anschließend werden konkrete Einsatzmöglichkeiten der auf<br />

Kundenorientierung ausgerichteten kundenintegrierten, teamorientierten Telearbeit theoretisch-deduktiv<br />

aufgezeigt und abschließend empirisch evaluiert (Kapitel 6.2). Sie<br />

runden die Untersuchungen zur „Kundenorientierung durch Telearbeit“ ab.<br />

Vor diesem Hintergrund wird festgestellt, dass fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierte Unternehmen<br />

aus diesem Grunde heute verstärkt Telearbeit – vor allem individualorientierte<br />

Telearbeit – einsetzten, da sich Telearbeit gut in die derzeit herrschenden Trends der<br />

Org<strong>an</strong>isationsgestaltung (Le<strong>an</strong> M<strong>an</strong>agement, Outsourcing, Reengineering, Modularisierung)<br />

einfügt bzw. diese unterstützt. Fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierte Unternehmen erkennen<br />

zunehmend, dass Telearbeit nicht nur bei einfach strukturierten, sondern auch<br />

bei komplexen Aufgaben eingesetzt werden k<strong>an</strong>n, aufgrund der Nutzung der Informations-<br />

und Kommunikationstechnologie zu einer Verkürzung und Neudefinition der Unternehmensprozesse<br />

führt und Produktivitätszuwächse zwischen 10 und 20 Prozent ermöglicht.<br />

Es wird gezeigt, dass der Mitarbeiter als interner Kunde häufig den Wunsch nach<br />

Telearbeit äußert, und dieser Wunsch nach vorwiegend individualorientierter Telearbeit<br />

oftmals als Auslöser einer neuen Form der Arbeitsorg<strong>an</strong>isation <strong>an</strong>zusehen ist. Mit Hilfe<br />

moderner Informations- und Kommunikationstechnologie verlagert sich so der Ort der<br />

Leistungserstellung von der zentralen hin zur dezentralen Aufgabenabwicklung. Dadurch<br />

scheint es gewährleistet zu sein, dass den veränderten Bedürfnissen des Mitarbeiters<br />

nach flexibler Arbeitszeiteinteilung, Übernahme von Ver<strong>an</strong>twortung und Selbstverwirklichung<br />

entsprochen wird. Die Mitarbeiternähe k<strong>an</strong>n somit durch individualorientierte<br />

Telearbeit besser als im Vergleich zu traditioneller zentraler Aufgabenabwicklung<br />

erreicht werden. Dieses Ergebnis wird auch in der Praxis bestätigt.<br />

Durch die Analyse der Kundenorientierung mit Hilfe eines abgeleiteten Modells<br />

zur Untersuchung der Kundennähe von Homburg spezifiziert mit bei fin<strong>an</strong>zdienstleistungsorientierten<br />

Unternehmen exisitierenden Hygiene- und Motivationsfaktoren von<br />

Zollner wird festgestellt, dass der externe Kunde in seiner Rolle als Konsument einer<br />

auf ihn zugeschnittenen, individuellen Dienstleistung durch individualorientierte Telearbeit<br />

jedoch nur in Ansätzen befriedigt werden k<strong>an</strong>n. Die Untersuchungen zur Kundennähe<br />

ergeben im Vergleich zu traditioneller zentraler Aufgabenabwicklung nur teilweise<br />

Verbesserungen durch individualorientierte Telearbeit. Ziel der Strategie der<br />

Kundenorientierung ist jedoch eine möglichst große Menge <strong>an</strong> Indikatoren für die Kundennähe<br />

positiv zu beeinflussen.<br />

Daraus lässt sich ableiten, dass individualorientierte Telearbeit nur ein suboptimaler<br />

Ansatz zur effektiven Verwirklichung der Strategie der Kundenorientierung ist. Um<br />

auf die Bedürfnisse der Kunden besser eingehen zu können und um die Gefahr der sozialen<br />

Isolation der Telearbeiter zu verringern, wird deshalb eine Erweiterung der individualorientierten<br />

Telearbeit um die Komponenten der Kundenintegration und der Teamorientierung<br />

vorschlagen.


444 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

Es wird festgestellt, dass kundenintegrierte, teamorientierte Telearbeit (Wired<br />

Work) mit den Arbeitsformen Teleteam, Telekooperation und virtuelles Team in heute<br />

noch üblichen hierarchischen, aber auch in zukünftigen Org<strong>an</strong>isationsformen wie der<br />

modularen, vernetzten oder virtuellen Unternehmung vielversprechend eingesetzt werden<br />

k<strong>an</strong>n. Für die org<strong>an</strong>isatorische Gestaltung werden hilfreiche Koordinations- und<br />

Motivationsmech<strong>an</strong>ismen aufgezeigt und auf personeller Ebene wird auf die Notwendigkeit<br />

geeigneter Qualifizierungsmaßnahmen für Teleberater hingewiesen. Durch gemeinsame<br />

Telearbeitsworkshops können beispielsweise sogar interne Mitarbeiter, das<br />

M<strong>an</strong>agement sowie der Kunde zusammen mit Teleberatern auf eine l<strong>an</strong>gfristige kundenintegrierte,<br />

teamorientierte Aufgabenabwicklung vorbereitet werden. Für die technische<br />

Realisierung wird der Einsatz von Multimedia, der Internet-Technologie und entsprechender<br />

Endgeräte bei Teleberatern und Kunden empfohlen.<br />

Darauf aufbauend werden konkrete Vorteile, die gegenüber der individualorientierten<br />

Telearbeit durch kundenintegrierte, teamorientierte Telearbeit für eine effektive<br />

Kundenorientierung erzielt werden können, aufgezeigt. Die kundenintegrierte, teamorientierte<br />

Telearbeit ist eine Möglichkeit, die individualorientierte Telearbeit um die<br />

Kundenorientierung in fin<strong>an</strong>zdienst-leistungsorientierten Unternehmen zu erweitern, da<br />

sie die Koordination und Motivation der Mitarbeiter unterein<strong>an</strong>der verbessert und somit<br />

die soziale Isolation verringert und ferner die Dist<strong>an</strong>z zum Kunden durch verbessertes<br />

org<strong>an</strong>isatorisches H<strong>an</strong>deln durch kurze Prozessketten senkt. Aufgrund der hierbei verwendeten<br />

modernen Informations- und Kommunikationstechnologie kommt es zu einer<br />

schnelleren und flexibleren Prozessabwicklung insgesamt und es bietet sich eine Möglichkeit,<br />

die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.<br />

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass es für die Umsetzung von Telearbeit<br />

zur Verbesserung der Kundenorientierung entscheidend ist, dass Org<strong>an</strong>isationen ein allgemeines<br />

Verständnis für die Ausprägungen der Telearbeit entwickeln, Telearbeit akzeptieren<br />

und in der eigenen Org<strong>an</strong>isation ver<strong>an</strong>kern. Zusätzlich wird gefordert, dass<br />

Org<strong>an</strong>isationen für die Diffusion dieser Auffassung bei allen erreichbaren Akteuren innerhalb<br />

des Unternehmens sorgen. Für die Wissenschaft ist zu überdenken, ob die theoretische<br />

Diskussion und die praktische Umsetzung von Wired Work nicht den Ausdruck<br />

eines neuen Paradigmas in der Theorie des Org<strong>an</strong>isierens darstellt.<br />

In dieser Arbeit finden sich bei der Analyse von Telearbeit und insbesondere bei<br />

kundenintegrierter, teamorientierter Telearbeit die Grundged<strong>an</strong>ken der Informationsökonomik<br />

wieder, da bei Tr<strong>an</strong>saktionsprozessen zwischen Akteuren Informationsasymmetrien<br />

und damit Verhaltensunsicherheiten auftreten. Der Abbau dieser Informationsdefizite<br />

verursacht Informationskosten und erhöht dadurch Tr<strong>an</strong>saktionskosten. Unterschiedliche<br />

Auswirkungen auf Tr<strong>an</strong>saktionsprozesse – hier ver<strong>an</strong>schaulicht durch die<br />

elektronische Integration des Kunden in den Fin<strong>an</strong>zdienstleistungsprozess durch neue<br />

Telekommunikationstechnik – sind die Folge. Die Idee, die klassische Funktionenlehre<br />

durch eine Prozessorientierung abzulösen bzw. zu ergänzen, findet sich in den Ged<strong>an</strong>ken<br />

der g<strong>an</strong>zheitlichen Abwicklung von Kundenaufträgen im Team – und nicht funktional<br />

zergliedert – unter Einsatz von Telekommunikation konkret bei kundenintegrierter,<br />

teamorientierter Telearbeit wieder. Die auftretenden Schnittstellenprobleme, Zeitverluste,<br />

Intr<strong>an</strong>sparenzen und Ineffizienzen herkömmlicher zerlegter Teilaktivitäten werden


<strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99) 445<br />

auf diese Weise bewältigt und beseitigt. Ged<strong>an</strong>ken des interaktiven Netzwerk<strong>an</strong>satzes,<br />

werden insbesondere bei kundenintegrierter, teamorientierter Telearbeit ebenfalls aufgegriffen.<br />

Es wird deutlich herausgestellt, dass eine l<strong>an</strong>gfristige Kundenbeziehung Untersuchungsgegenst<strong>an</strong>d<br />

org<strong>an</strong>isatorischer Betrachtungsweisen sein muss, um ein sinnvolles<br />

Zusammenspiel zwischen Kundenbeziehungen und neuen Org<strong>an</strong>isationsformen<br />

auf Märkten zu gewährleisten. Wired Work wird auf verschiedenen Interaktionsebenen<br />

(Person, Gruppe, Org<strong>an</strong>isation) <strong>an</strong>gesetzt und diskutiert. Evolutorische Ged<strong>an</strong>ken finden<br />

sich durch die im Menschenbild für kundenintegrierte, teamorientierte Telearbeit<br />

geforderte Eigenschaft der fortwährenden Anpassung der Akteure <strong>an</strong> die sich stetig verändernden<br />

Umweltbedingungen. Dies ist Voraussetzung für die dadurch möglichen Erhöhungen<br />

der H<strong>an</strong>dlungs-, Lern- und Entwicklungsfähigkeit sowie der Schaffung dezentraler<br />

selbstorg<strong>an</strong>isierender Systeme (Teams). Ein Höchstmaß <strong>an</strong> Flexibilität in Org<strong>an</strong>isationen<br />

ist auf diese Weise sichergestellt.<br />

Telearbeit integriert somit vor allem durch die Ausprägung der kundenintegrierten,<br />

teamorientierten Telearbeit die Kernged<strong>an</strong>ken der oben aufgezeigten vier wesentlichen<br />

org<strong>an</strong>isationstheoretischen Ansätze auf umfassende Art und Weise. Es ist deshalb sinnvoll,<br />

Telearbeit als einen Enabler eines neuen Paradigmas in der Theorie des Org<strong>an</strong>isierens<br />

zu diskutieren. Denn Telearbeit, verst<strong>an</strong>den als integrierter Org<strong>an</strong>isations<strong>an</strong>satz,<br />

wie er durch die konkrete Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit Wired Work erstmals in dieser Arbeit<br />

skizziert wurde, k<strong>an</strong>n in Zukunft effektiv bei der Erklärung und Gestaltung von realen<br />

Org<strong>an</strong>isationen verwendet werden, dem sich die Akteure in Org<strong>an</strong>isationen und die<br />

Wissenschaftstheoretiker stellen müssen.

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