PDF-Ausgabe - Bergischer Bote
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ALLES RUND UMS HAUS • TägLicH gEöffNET voN 10 biS 18 UHR<br />
Bauen & Wohnen<br />
Mit Worten ist es kaum zu<br />
beschreiben, was sich<br />
der 73-jährige Horst Herbrandt<br />
als Lebensstätte erschaffen<br />
hat. Hier ein bisschen Hacienda,<br />
dort ein bisschen Ritterburg, überall<br />
ein bisschen Phantasialand. Weiß<br />
gekalkte Rundbögen gehen nahtlos<br />
über in eine Burg aus scheinbar<br />
mächtigem Steinwerk - gekrönt mit<br />
Zinnen, verziert mit einem Türmchen,<br />
das an der Mauer klebt wie<br />
ein Schwalbennest.<br />
Gerade Wände und rechte Winkel<br />
spielen in der Architektur des<br />
Rösrathers eine untergeordnete<br />
Rolle. Herbrandts Mauern scheinen<br />
keinem geometrischen Prinzip zu<br />
folgen. Sie sind rund, schräg, und<br />
sie lassen Nischen und Durchgänge<br />
entstehen, die den Orientierungssinn<br />
auf eine harte Probe stellen.<br />
„Das war gar nicht so geplant“,<br />
sagt er, „aber mit Rund hab ich‘s<br />
irgendwie.“ Wo er notgedrungen<br />
mit schlichten Rechtecken leben<br />
muss, gibt er sein Bestes, es zu<br />
vertuschen. Die neuen Fenster zum<br />
Beispiel hat er mit einer Laibung<br />
versehen, die unsymmetrisch ist<br />
und mit eingearbeiteten Löchern<br />
jegliche aufkeimende Normalität in<br />
ihre Schranken weist.<br />
Aufgebaut hat er all das mit<br />
eigener Fantasie und eigener Hände<br />
Arbeit. „Das war eine Ruine“, sagt<br />
Herbrandts Lebensgefährtin Lotte<br />
Hermes. Es war 1989, als der Malerund<br />
Lackierermeister den Auftrag<br />
erhielt, das kurz nach dem Krieg gebaute<br />
Fachwerkhaus zu renovieren.<br />
Am Ende entschied er sich, selbst<br />
einzuziehen. Den Freibrief des Vermieters,<br />
das Haus verändern zu<br />
können wie er wolle, nahm er wörtlich<br />
und erschuf in den Folgejahren<br />
sein wahrlich wundersames Werk.<br />
Auferstanden aus Ruinen.<br />
Nichts ließ Horst Herbrandt wie<br />
es war. Die Terrasse wurde zum<br />
zusätzlichen Wohnraum, die alte<br />
Treppe zugeschüttet und zur neuen<br />
Terrasse. Stand ein Baum im Weg,<br />
egal. Er integrierte ihn in die Burg,<br />
aus der das Gewächs noch heute<br />
großzügig mit seinen Ästen austreibt.<br />
Zwischen Burgmauer, Werkstatt<br />
und Hauswand wuchs eine<br />
Bar mit wellenförmiger Theke und<br />
Sitzecke, überdacht mit etwas, das<br />
einer Tropfsteinhöhle erstaunlich<br />
nah kommt.<br />
Dann kam ihm die Idee mit dem<br />
großen grauen Tier. „Elefanten hab‘<br />
ich immer gern gehabt“, sagt er.<br />
Also baute er einen. Versteckt unter<br />
einem Gerüst, um Zuschauerscharen<br />
abzuhalten. In den Bauch des Elefanten<br />
setzte er eine Vitrine; damals<br />
für Werbung, heute für selbstgebastelte<br />
Fliegenpilze. Wasser speien<br />
kann der Elefant auch.<br />
Horst Herbrandt stammt aus<br />
einer Handwerkerfamilie in Forsbach.<br />
Sein Vater war Putzer, er,<br />
sein Sohn und auch sein Enkel sind<br />
Maler. Man kennt ihn hier, und im<br />
Senat des Karnevalsvereins „Löstige<br />
Forsbacher“ ist er auch. Als<br />
das Bauamt, hin und her gerissen<br />
zwischen Faszination und Gesetz,<br />
den Elefanten als nicht statthaft<br />
monierte, setzten sich die Forsbacher<br />
bis hin zum Bürgermeister für<br />
das Rüsseltier ein. Es durfte bleiben<br />
- allerdings mit kostenpflichtiger<br />
Sondergenehmigung. Das Krokodil<br />
hingegen, das das breite Eingangstor<br />
zieren sollte, disqualifizierte<br />
sich selbst. Es war zu schwer zum<br />
auf- und zuschieben. Jetzt lebt es<br />
am Rande des Carports und Kinder<br />
füttern es auf dem Schulweg mit<br />
kleinen Kieselsteinen.<br />
Unter den bezaubernden Figuren<br />
und Formen steckt schlichtes<br />
handwerkliches Material. Styropor,<br />
Panzergewebe für Form und Stabilität,<br />
Zementputz und Farbe. „Daraus<br />
mach‘ ich alles“, sagt Herbrandt.<br />
Nur wenn es auf Statik ankommt,<br />
verbaut er auch Streckmetall, Stahloder<br />
Holzstützen. Selbst die hohe<br />
Wand an der Grundstücksgrenze hat<br />
einen Kern aus Styropor. Ein Sichtschutz.<br />
Dafür stehen oft Leute am<br />
Eingang und fotografieren.<br />
Bei der labyrinthischen Form seiner<br />
Architektur beließ es Herbrandt<br />
nicht. Schließlich ist er Maler- und<br />
Lackierermeister. Farbe kam auf<br />
die Form, eher kräftig als dezent,<br />
mal großflächig, mal gegenständlich<br />
wie bei den Mauersteinen, mal<br />
mit dem Pinsel gestrichen, mal mit<br />
Schwamm und Bürste gewischt.<br />
Die Terrassenfliesen hat er mit<br />
Dichtschlämme behandelt und sie<br />
ebenfalls gestrichen. Dass er den<br />
richtigen Ton trifft, hat Horst Herbrandt<br />
bereits in seinen Aufträgen<br />
bewiesen. Bei der Restaurierung<br />
von Schloss Auel in Lohmar fehlten<br />
einige der alten Bruchsteinfliesen,<br />
und sie waren nirgends mehr zu<br />
erhalten. Herbrandt modellierte die<br />
Steine kurzerhand mit Zement und<br />
lasierte sie in der Originalfarbe.<br />
„Hier war nix“, bekräftigt Lotte<br />
Hermes nochmal und kramt einen<br />
Eine Sondergenehmigung<br />
des<br />
Bauamts brauchte<br />
der Elefant am<br />
Eingang (links<br />
oben). Terrassenüberdachung<br />
und<br />
Teichpumpe sind<br />
Marke Eigenbau.<br />
Ob im Freien oder<br />
innerhalb der vier<br />
Wände: Gerade<br />
Linien sind in der<br />
Architektur von<br />
Horst Herbrandt<br />
nicht vorgesehen.<br />
Den Kamin brachte<br />
er aus Spanien<br />
mit.<br />
„Gaudi kannte ich<br />
gar nicht. Aber der<br />
hat das ja genau so<br />
gemacht wie ich. Nur<br />
dass er später noch<br />
Kirchen und so gebaut<br />
hat.“<br />
Den Zwergen, die<br />
schon sein Vater<br />
sammelte, stellt<br />
Herbrandt zahllose<br />
tierische Gefährten<br />
zur Seite.<br />
16 <strong>Bergischer</strong> <strong>Bote</strong> 5-2013<br />
<strong>Bergischer</strong> <strong>Bote</strong> 5-2013<br />
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