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Ausgabe 2/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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MUNICH<br />

SOMMER HIGHLIGHTS<br />

X GAMES MUNICH<br />

27. - 30.06.13<br />

SOMMERNACHTSTRAUM<br />

27.07.13<br />

SOMMERFESTIVAL<br />

IMPARK 13<br />

01.08. - 25.08.13<br />

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Freundliche Grüße<br />

aus der Redaktion<br />

E<br />

ine begeisternde und Vorfreude auf ein großes Fußballfest<br />

weckende Generalprobe sollte er werden, der Confederations-<br />

Cup in Brasilien. Und die Stimmung sollte natürlich auch schon<br />

ausstrahlen auf die zwei Jahre nach der Fußball-WM 2014 stattfindenden<br />

<strong>Olympische</strong>n Sommerspiele in Rio de Janeiro. Doch<br />

daraus, liebe Leserinnen und Leser, wurde bekanntlich nichts.<br />

Die Fieberkurve brasilianischer Emotionen zeigte eher in die<br />

entgegengesetzte Richtung. Es gab gesellschaftspolitische Hitzewallungen<br />

in einem Ausmaß, dass sie auch der Weltöffentlichkeit<br />

nicht verborgen bleiben konnten. Die Protestwellen rollten Tag um<br />

Tag, um auf soziale Missstände und politische Versäumnisse im<br />

großen Stil aufmerksam zu machen und im Gegensatz dazu den<br />

Prunk und Protz der Infrastruktur für die kommenden sportlichen<br />

Großveranstaltungen anzuprangern.<br />

Wenn nicht alles trügt, könnte das ein brasilianischer Weckruf für<br />

den Sport und seine fußballerischen Auswüchse im Allgemeinen<br />

und die <strong>Olympische</strong> Bewegung im Besonderen gewesen sein. Und<br />

den sollten die FIFA und das IOC eigentlich nicht ignorieren. Denn<br />

ob es noch eine Zukunft hat, den ungezügelten Gigantismus einer<br />

weit über den Sport hinausreichenden Infrastruktur für zwei bis<br />

drei Wochen Globalspektakel zu erwarten oder sogar zu fordern,<br />

wird doch mehr und mehr in Zweifel gezogen.<br />

Vor allem auch deshalb, weil die vorher immer lautstark beschworenen<br />

Konzepte der Nachhaltigkeit sich später meistens als Flop<br />

erwiesen haben. Lehren für Rio 2016 wird das IOC wohl nur noch<br />

kleinteilig ziehen können, weil der große Rahmen ja längst vorgegeben<br />

ist.<br />

Aber was die olympische Zukunftsorientierung generell betrifft, da<br />

bieten wir in dieser OF-<strong>Ausgabe</strong> vielleicht ein paar wichtige<br />

Denkanstöße. Sie sind gepaart mit einer Kandidatenparade um die<br />

künftige IOC-Führungsspitze. Wir stellen die Herausforderer des<br />

deutschen Bewerbers Thomas Bach in Kurzporträts vor. Trotz aller<br />

Olympia-Fixierung: der Blick auf das nationale Sportgeschehen mit<br />

seinen Themen und Problemen von den Hoffnungen des Nachwuchses<br />

über die Gefährdungen in der Spitze bis zu den Daueranfechtungen<br />

durch Doping fehlt auch in dieser <strong>Ausgabe</strong> nicht.<br />

Und dann sind noch 100. Geburtstage gebührend zu würdigen:<br />

vom <strong>Deutsche</strong>n Sportabzeichen und von Rudolf Harbig. Der eine<br />

auch zur persönlichen Erbauung und der andere in Erinnerung an<br />

einen großen Athleten, dem der Zweite Weltkrieg alle weiteren<br />

Lebensentwürfe zerstörte.<br />

Ihr Harald Pieper<br />

Inhalt<br />

OF Mosaik 4<br />

OF-Podium: Viola von Cramon 6<br />

Quo vadis, IOC - Gesucht wird ein starker Präsident mit<br />

überzeugenden Antworten 8<br />

Günter Deister<br />

Vorsicht Spitzensport! Eine Risikoeinschätzung 16<br />

Prof. Dr. Helmut Digel<br />

OF-Interview mit Ralf Holtmeyer 18<br />

Dr. Andreas Müller<br />

Die Seilschaften funktionieren –<br />

aber Dopingopfer haben keine Lobby 22<br />

Bianka Schreiber-Rietig<br />

Der Antidopingkampf braucht mehr Radikalität 24<br />

Michael Gernandt<br />

„Was zu tun ist, das wissen alle. Es muss gehandelt werden“<br />

Das „Nachwuchskonzept 2020“ des DOSB 26<br />

Dr. Andreas Müller<br />

„Eliteschule des Sports“ in Luckenwalde: Ringen mit der<br />

Ungewissheit 30<br />

Dr. Andreas Müller<br />

Gespräch mit Olympiasieger Andreas Dittmer: „Eliteschulen<br />

bilden das Rückgrat der deutschen Olympiamannschaften“ 32<br />

Dr. Andreas Müller<br />

OF-Kommentare 34<br />

Bianka Schreiber-Rietig, Dr. Christoph Fischer, Harald Pieper,<br />

Dr. Andreas Müller, Hans-Peter Seubert<br />

Eine Medaille für Millionen:<br />

100 Jahre <strong>Deutsche</strong>s Sportabzeichen 38<br />

Steffen Haffner<br />

Vom Trimmpfad zur Bewegungsmedizin oder<br />

Die späte Bestätigung des „Grünen Rezepts“ 42<br />

Herbert Somplatzki<br />

Was macht eigentlich ...? Heinz Fütterer 44<br />

Steffen Haffner<br />

Eins-sechsundvierzig-sechs: 800-Meter-Weltrekord überlebte<br />

den Rekordhalter - Rudolf Harbig zum 100. Geburtstag 46<br />

Jochen Frank<br />

Ulrich Inderbinen – Der König der Alpen 50<br />

Carlo von Opel<br />

OF-Galerie: Sportfotografie von Laci Perényi 52<br />

Iris Gehrke<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> KOMPAKT 56<br />

Impressum 66<br />

Die Zeitschrift „<strong>Olympische</strong>s Feuer“ wird von der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> herausgegeben


Holger Obermann <strong>Deutsche</strong>r<br />

Fußball-Botschafter <strong>2013</strong><br />

D<br />

er "Fußball-Entwicklungsexperte"<br />

Holger Obermann erhielt in Nürnberg<br />

den Award „<strong>Deutsche</strong>r Fußball-Botschafter“,<br />

der <strong>2013</strong> erstmals vergeben wurde.<br />

Die Laudatio hielt Schauspieler Peter<br />

Lohmeyer („Das Wunder von Bern“), der<br />

Obermann für sein großes internationales<br />

Engagement in der sportlichen und<br />

medialen Entwicklungsarbeit würdigte.<br />

Die Awards werden an deutsche Trainer<br />

und Spieler verliehen, die durch<br />

ihr Wirken im Ausland in besonderer<br />

Weise zum positiven Image<br />

von (Fußball-) Deutschland beitragen.<br />

Neben Obermann wurden die<br />

Trainer-Legende Dettmar Cramer<br />

und der Spieler Sami Khedira von<br />

Real Madrid geehrt.<br />

Der frühere Fernsehmoderator<br />

Holger Obermann über seine<br />

Motive, als Entwicklungshelfer in<br />

den ärmsten Ländern der Erde zu<br />

arbeiten: „Es war mir nach<br />

einigen NOK-Kurzzeiteinsätzen in<br />

Afrika klar geworden, dass ich<br />

nach 25 Jahre Fernsehen noch einmal<br />

hinaus in die Welt wollte, um vor allem in<br />

Kriegs- und Krisenländer wie Afghanistan,<br />

Pakistan, Ost-Timor, Sri Lanka und natürlich<br />

Nepal meine Hilfe als Fußball-Entwicklungshelfer<br />

anzubieten und vor allem<br />

am Aufbau des Fußballs meine ganze<br />

Kraft und Energie einzusetzen, bis hin<br />

zum Aufbau der Nationalmannschaft. Am<br />

Herzen aber lag mir vorrangig die Arbeit<br />

mit Kindern und Jugendlichen, die teilweise<br />

ihre Eltern verloren hatten und<br />

auch von den Ereignissen wie beispielsweise<br />

nach dem Tsunami in Sri Lanka<br />

noch traumatisiert waren. Das Gleiche<br />

betraf auch meine Arbeit in Pakistan nach<br />

dem schweren Erdbeben. In Afghanistan<br />

lag mir, trotz der Gefahren durch<br />

Anschläge der Taliban und dem spartanischen<br />

Leben, besonders der Straßen- und<br />

Schulfußball am Herzen. Überall war ich<br />

hochmotiviert und das Lachen der jungen<br />

Menschen, die endlich wieder dem Ball<br />

nachjagen konnten, war mir Lohn genug.“<br />

Woche des Bürgerschaftlichen<br />

Engagements<br />

V<br />

om 10. bis zum 21. September <strong>2013</strong><br />

sollen sich Bürgerinnen und Bürger,<br />

Initiativen, Vereine, Stiftungen und Verbände<br />

in Form von Beispielhaften Veranstaltungen<br />

wieder an der Aktionswoche beteiligen.<br />

Zahlreiche Projekte, innovative und<br />

unterschiedliche Ideen und Aktionen aus<br />

allen Themenbereichen engagierter<br />

Veranstalter unter dem gemeinsamen<br />

Motto „Engagement macht stark!“ werden<br />

dann im Fokus der Öffentlichkeit stehen<br />

und besonders gewürdigt.<br />

Die Vorbereitungen haben bereits begonnen.<br />

Erstmalig wird die Auftaktveranstaltung<br />

der Aktionswoche am 10. September<br />

<strong>2013</strong> in der Staatskanzlei in Mainz stattfinden.<br />

Die rheinlandpfälzische Minister-<br />

E<br />

Münchner G`schichtn (9):<br />

Fragezeichen vor dem Halleluja<br />

nde Mai sorgten sich Münchens Bürger,<br />

ihr OB könnte das Interesse am großen<br />

Sport verloren haben, suchte man Christian<br />

Ude doch während des Finales der Champions<br />

League vergeblich auf der Ehrentribüne<br />

in Wembley. „Is halt a Sechz`ger, der mog<br />

uns net“, nörgelten die Bayern-Fans, die<br />

freilich nicht wissen konnten, dass ihr<br />

offenbar urlaubsreifes Stadtoberhaupt<br />

dringend auf seiner Lieblingsinsel Mykonos<br />

Sonne tanken musste. Da waren dann auch<br />

die Freunde einer zweiten Bewerbung um<br />

Winterspiele in München beruhigt, holte<br />

Ude im olympischen Kernland doch vermutlich<br />

den Rat der antiken Götter ein, wie<br />

die Kandidatur für 2022 klappen kann.<br />

Udes Hellasreise wäre gar nicht mehr<br />

nötig gewesen, die himmlische Eingebung<br />

hatte schließlich bereits stattgefunden,<br />

war hernieder gegangen auf den DOSB in<br />

Frankfurt, der sie flugs nach München<br />

weiter leitete: Patchwork statt Cluster. So<br />

heißt das neue Konzept für einen weiteren<br />

Anlauf. Und sogleich begannen sie in<br />

München wie einst der gen Himmel<br />

entschwebte Dienstmann Alois Hingerl zu<br />

frohlocken und Hosianna zu singen.<br />

Eindeutschung gewünscht? Bitte sehr:<br />

Plan B des DOSB sieht vor, die 2018-<br />

Strategie der zwei Blöcke, vulgo Cluster,<br />

Eis in München, Schnee in Garmisch,<br />

aufzuweichen zu Gunsten eines Flickenteppichs,<br />

vulgo Patchwork. Im Detail: die<br />

Freestyle-Disziplinen Aerials und Halfpipe<br />

raus aus Garmisch und rüber nach München,<br />

Biathlon und Langlauf ebenfalls<br />

weg aus Gapa (Schwaiganger) und ab zu<br />

den stationären Loipen und Schießständen<br />

von Ruhpolding. Dieses Projekt hat<br />

eine Entlastung von Garmisch und wegen<br />

verbesserter infrastruktureller Nachhaltigkeit<br />

vermutlich mehr öffentliche Akzeptanz<br />

zur Folge, jedoch auch einen 2011<br />

noch verpönten vierten Veranstaltungsort<br />

mehr. Nun heißt es plötzlich, dezentral ist<br />

uns egal.<br />

Bevor der Chor der Möchtegernbewerber<br />

ein Halleluja anstimmen kann, muss noch<br />

die Gefahr von Dissonanzen gebannt<br />

4<br />

OF-MOSAIK


präsidentin Malu Dreyer wird die Aktionswoche<br />

eröffnen.<br />

„Unser Land wäre ärmer, wenn nicht<br />

tausende Bürgerinnen und Bürger ein<br />

Ehrenamt ausübten. Mit ihrem freiwilligen<br />

Engagement tragen die Bürgerinnen und<br />

Bürger zu einer Kultur der Solidarität, der<br />

Zugehörigkeit und des gegenseitigen<br />

Vertrauens bei und stärken damit den<br />

Zusammenhalt der <strong>Gesellschaft</strong>. Wir<br />

freuen uns daher ganz besonders, dass<br />

<strong>2013</strong> die bundesweite Woche des bürgerschaftlichen<br />

Engagements hier in Mainz<br />

eröffnet wird“, so die Ministerpräsidentin.<br />

Auch Bundespräsident Joachim Gauck hat<br />

bereits seine Schirmherrschaft zur Engagement-Woche<br />

zugesagt. Gefördert und<br />

unterstützt wird die Woche seit jeher vom<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend. Die langjährige<br />

Medienpartnerschaft mit dem ZDF wird<br />

<strong>2013</strong> zum neunten Mal fortgesetzt.<br />

Veranstaltungen der Woche können ab<br />

sofort im Engagementkalender eingetragen<br />

werden. Die teilnehmenden Akteure<br />

können ihre Initiativen während der<br />

Woche dort kurz beschreiben, mit Fotos<br />

illustrieren und ggf. nach Mitstreitern für<br />

ihr Vorhaben suchen. Gesucht werden<br />

kann nach Ort und Datum der Veranstaltung<br />

sowie nach dem Veranstalter.<br />

werden. Ist die Zustimmung der DOSB-<br />

Mitglieder, vorwiegend im Sommersport<br />

zu Hause, sicher? Enden alle vier Bürgerbefragungen<br />

am 10. November in München,<br />

Garmisch-Partenkirchen, Traunstein<br />

und Berchtesgaden mehrheitlich positiv?<br />

Nur ein Kontra<br />

bedeutet: Ende<br />

aller Überlegungen.<br />

Wie groß ist noch<br />

der Einfluss der<br />

Grünen („NOlympia“)?<br />

Wohin<br />

gehen die Sommerspiele<br />

2020? In<br />

welche Richtung<br />

würde eine Bewerbung<br />

von der Wahl<br />

Thomas Bachs zum<br />

IOC-Präsidenten<br />

beeinflusst?<br />

Fair Play Preis <strong>2013</strong><br />

E<br />

hre, wem Ehre gebührt: Personen,<br />

Vereine und Initiativen, die sich im<br />

Bereich des Fair Play besonders stark<br />

engagieren, können auch <strong>2013</strong> wieder für<br />

den Fair Play Preis<br />

des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sports vorgeschlagen<br />

werden.<br />

Erstmals wird der<br />

Preis vom Bundesministerium<br />

des Inneren (BMI)<br />

und dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Sportbund (DOSB)<br />

gemeinsam mit dem Verband <strong>Deutsche</strong>r<br />

Sportjournalisten (VDS) vergeben. Die<br />

Nominierten sollen Vorbilder für die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> sein und den toleranten<br />

Umgang untereinander symbolisieren.<br />

Vorschläge können von jedermann das<br />

ganze Jahr über unter<br />

www.fairplaypreis.de eingereicht werden.<br />

Schließlich: Was geschieht mit all den<br />

Fragezeichen, wenn das IOC München<br />

bittet zu übernehmen – weil die Winterspiele<br />

2022 keine andere Stadt haben<br />

will?<br />

Michael Gernandt<br />

Der Preis soll im vierten Quartal <strong>2013</strong> im<br />

Rahmen einer Festveranstaltung vergeben<br />

werden. Als nationale Botschafter für<br />

Fair Play und Toleranz konnten BMI und<br />

DOSB bislang Doppel-Olympiasiegerin<br />

Rosi Mittermaier-Neureuther, die Speerwurf-Weltmeisterin<br />

Steffi Nerius sowie<br />

Paralympics-Sieger Rainer Schmidt<br />

gewinnen.<br />

Hilfeportal Sexueller<br />

Missbrauch<br />

E<br />

in neues Online-Angebot bietet von<br />

sexueller Gewalt Betroffenen, Angehörigen<br />

und Fachkräften Informationen<br />

zu Beratung, Hilfen und Fragen der<br />

Prävention.<br />

Die Einrichtung eines Hilfeportals war<br />

eine zentrale Empfehlung des Runden<br />

Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“, mit<br />

dessen Umsetzung der Unabhängige<br />

Beauftragte für Fragen des sexuellen<br />

Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm<br />

Rörig, beauftragt wurde. Das Hilfeportal<br />

ist spezifisch auf die Thematik des sexuellen<br />

Kindesmissbrauchs ausgerichtet und<br />

übernimmt eine Lotsenfunktion für das<br />

gesamte Bundesgebiet.<br />

Das Hilfeportal richtet sich an erwachsene<br />

Betroffene und Jugendliche sowie an<br />

Angehörige, das soziale Umfeld und<br />

Fachkräfte. Es wendet sich nicht explizit<br />

an Kinder, verweist aber auf entsprechende<br />

Angebote für Mädchen und Jungen.<br />

In der Datenbank finden sich folgende<br />

Kontakte:<br />

- Beratungsstellen (Fachberatungsstellen,<br />

allgemeine Familien-, Erziehungs- und<br />

Lebensberatungsstellen)<br />

- Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten<br />

- Ärztinnen und Ärzte<br />

- Trauma-Ambulanzen und Fachkliniken<br />

- Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte<br />

(Opferanwältinnen und Opferanwälte)<br />

- Telefonische Hilfsangebote<br />

- Online-Angebote<br />

- Krisendienste (auch Kinder- und<br />

Jugendnotdienste)<br />

- Jugendämter<br />

Das Hilfeportal www.hilfeportal-missbrauch.de<br />

wurde vom Unabhängigen<br />

Beauftragten mit Unterstützung des<br />

Bundesministeriums für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend realisiert.<br />

OF-MOSAIK<br />

5


Das aktuelle Sportfördersystem muss reformiert werden.<br />

Dies ist längst überfällig. Insgesamt ist ausreichend<br />

Geld in der Spitzensportförderung vorhanden, die<br />

Mittel müssen jedoch effizienter eingesetzt werden. Derzeit ist<br />

das System zu intransparent, ineffizient und unflexibel. Besonders<br />

ungünstig wirkt sich das aus meiner Sicht auf die eigentlichen<br />

Akteure des Spitzensports aus: Häufig sind Athletinnen<br />

und Athleten und und Trainerinnen und Trainer das schwächste<br />

Glied der Kette. Dies zeigen mir persönliche Gespräche mit<br />

Kaderathleten wie auch mit Trainern. Die Situation ist für sie<br />

unhaltbar: enormer Zeitaufwand, hoher Zeitdruck, schlechte<br />

Bezahlung und ein umfassendes Aufgabenspektrum. Trainer<br />

berichteten von Problemen bis hin zu Existenzängsten. Dass sie<br />

nicht an die Öffentlichkeit gehen, liegt auch an der aktuellen<br />

Vergabe von Sportfördermitteln. Sofern sie die Realitäten offen<br />

ansprechen, wird ihnen von Sportfunktionären suggeriert,<br />

liefen die entsprechenden Verbände Gefahr, bei der zukünftigen<br />

Mittelvergabe weniger berücksichtigt zu werden. Ich<br />

begrüße ausdrücklich die Entschlossenheit des Tischtennisverbands<br />

und der Leichtathleten. Sie sind mit ihren Problemen an<br />

die Öffentlichkeit gegangen und haben ein Signal gesendet,<br />

dass es so nicht weitergehen kann.<br />

Aus meiner Sicht muss ein Sportfördersystem effizient und<br />

transparent sein und den Menschen im Mittelpunkt seiner<br />

Handlungen haben. Medaillen dürfen nicht die einzige Währung<br />

eines Sportlers oder einer Sportlerin sein. Eine Perspektive<br />

für die Karriere nach der Karriere muss jede Sportlerin und<br />

jeder Sportler während seiner aktiven Zeit entwickeln. Das<br />

Sportfördersystem muss diesen Vorgang unterstützen und darf<br />

ihn nicht unterbinden. Bei einer so großen Zahl an Sportfachverbänden,<br />

darf die Mittelvergabe zudem nicht hinter verschlossenen<br />

Türen verhandelt werden. Es muss für jeden<br />

Verband nachvollziehbar sein, warum wem welche Summe<br />

gezahlt wird. Dies öffnet zudem die Diskussion über die Mittelvergabe.<br />

Außerdem muss ein Sportfördersystem flexibel auf<br />

aktuelle Bedarfssituationen im Sport und in den Verbänden<br />

eingehen können. Deshalb plädieren wir für eine transparente<br />

Überarbeitung der Förderrichtlinien. Dies sind für mich Punkte,<br />

die ein gutes Sportfördersystem ausmachen und damit effiziente<br />

und nachvollziehbare Rahmenbedingungen für Akteure<br />

des Spitzensports bieten.<br />

Doch wie kommen wir da hin? Ich halte es nicht für sinnvoll,<br />

unser Konzept abzuschaffen und vollständig durch ein komplett<br />

neues System zu ersetzen. Ergiebiger ist es meines Erachtens,<br />

Schritt-für-Schritt-Aspekte einer flexibleren Mittelvergabe<br />

unter Stärkung der Sportfachverbände einzuführen. Auch aus<br />

ökonomischer Sicht empfiehlt sich die schrittweise Lösung des<br />

Problems anstelle der „Big-Bang“-Erneuerung. Ansatzpunkte<br />

gibt es genug. In meinem Beitrag möchte ich auf drei Punkte<br />

eingehen, die mir besonders wichtig sind in der Diskussion um<br />

ein geeignetes Spitzensportförderungskonzept:<br />

• Transparenz bei der Vergabe und Verwendung der<br />

öffentlichen Fördermittel<br />

• Duale Ausbildung für alle Bildungsniveaus<br />

• Nachwuchsförderung.<br />

Die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln muss transparent<br />

gestaltet werden. Die Vergabe darf nicht auf einer Absprache<br />

zwischen Sportfunktionären beruhen. Es ist wichtig, dass der<br />

DOSB die einzelnen Zuteilungen sportfachlich begründet und<br />

allen anderen Verbänden sowie der Öffentlichkeit zugänglich<br />

macht. Ich begrüße den Vorgang, dass der DOSB im Juni <strong>2013</strong><br />

allen Mitgliedern offen darlegte, welcher Verband mit wie viel<br />

Steuergeld für die Zeit bis zu den <strong>Olympische</strong>n Sommerspielen<br />

2014 in Brasilien ausgestattet wird und diese Zuteilung auch<br />

begründet. Dieser<br />

Schritt erschien mir<br />

längst überfällig und<br />

ich habe immer die<br />

Frage gestellt, warum<br />

der Nachweis seitens<br />

des DOSB nicht schon<br />

bei der Mittelvergabe<br />

für die <strong>Olympische</strong>n<br />

Sommerspiele 2012 in<br />

London erbracht<br />

wurde.<br />

Das „Voucher“-System<br />

ist aus meiner Sicht<br />

ein geeignetes Instrument,<br />

um Transparenz<br />

in der Vergabe und<br />

Verwendung von<br />

Mitteln im Spitzensport<br />

herzustellen.<br />

Das Prinzip des Systems sähe folgendermaßen aus: Gelder<br />

werden von den Fachverbänden an den Geldgeber beantragt.<br />

Ein bestimmter Betrag X wird genehmigt und an den jeweiligen<br />

Verband für einen Zeitraum Y überwiesen. Dieser kann<br />

die Mittel beliebig einsetzen. Im Nachgang erfolgt eine<br />

umfassende Evaluierung, welche die Grundlage für die<br />

anschließende Förderperiode darstellen würde. Dies erlaubt<br />

die dringend notwendige, stärkere Individualisierung der<br />

Förderung für Verband und Athleten. So wären Athleten auch<br />

freier zum Beispiel in der Wahl ihrer Physiotherapeuten oder<br />

Ärzte. Ebenso käme dadurch den Verbänden eine größere<br />

Verantwortung für die durchgeführten Maßnahmen zu.<br />

Gleichzeitig nutzt man bei der Beantragung der Gelder auch<br />

die vorhandenen Kompetenzen in den jeweiligen Verbänden<br />

deutlich stärker und trägt damit zum Effizienzgewinn bei.<br />

Das Modell lehnt sich an das britische Vorbild (UK Sports) an,<br />

in dem Vereine/Verbände Finanzanträge direkt beim Bundesinnenministerium<br />

stellen. Aber auch die Möglichkeit von<br />

6


Globalzuweisungen für Sportfachverbände sind interessante<br />

Ansätze, die denkbar wären.<br />

Spitzensportlerinnen und Spitzensportler benötigen jedoch<br />

mehr zum Leben als Wertgutscheine für eine Physiotherapie.<br />

Nur selten können sie alleine vom Sport leben und selbst wenn,<br />

dann zu häufig auf Kosten ihrer dualen Karriere. Eine Entscheidung<br />

für den Leistungssport stellt noch oftmals eine Lebensentscheidung<br />

dar: Vorbereitung auf Olympia mithilfe der<br />

Bundeswehr oder die berufliche Karriere. Es ist legitim, sich für<br />

die Spitzensportförderung durch die Bundeswehr zu entscheiden,<br />

und doch gilt es zu bedenken, dass die Athletinnen und<br />

Athleten unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf ihre Ausbildung<br />

mitbringen. In diesem Punkt ist die Bundeswehr in der<br />

Spitzensports sowie Ausbildungspartner in der Wirtschaft<br />

gefragt. Im internationalen Vergleich halte ich das Stipendienmodell<br />

der USA für Hochschulen als eine mögliche und praktikable<br />

Vorlage. Doch auch Verbände müssen Einsicht zeigen. Die<br />

Arbeit der Stiftung <strong>Deutsche</strong> Sporthilfe finde ich in diesem<br />

Bereich sehr aufschlussreich. Zeigt dies doch, dass die enorme<br />

Bedeutung einer dualen Karriere im Bereich des Spitzensports<br />

angekommen ist.<br />

Zuletzt möchte ich den Nachwuchsbereich ansprechen. Die<br />

Zukunft des Leistungssports hängt auch von der heutigen<br />

Nachwuchsförderung ab. Gerade deshalb müssen Politik und<br />

Sport gemeinsam deutlich mehr Energie investieren. Nachwuchsförderung<br />

sollte hierbei nicht auf einzelne Eliteschulen<br />

Es ist eine Reform der Spitzensportförderung<br />

in Deutschland geboten<br />

Viola von Cramon, Obfrau der Grünen im Sportausschuss des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Bundestages<br />

dualen Ausbildung bildungshöherer Niveaus limitiert. Kaderathleten<br />

bei der Bundeswehr berichteten mir zudem von dem<br />

Umstand, dass teilweise Verbände – wenn die Bundeswehr<br />

Fortbildung anböte - dagegen Sturm liefen.<br />

Es sind also zwei Punkte, die problembehaftet sind. Zum einen<br />

scheint es derzeit nur unter schwierigen Bedingungen möglich<br />

zu sein, neben der Ausübung des Spitzensports andere Ausbildungsmöglichkeiten<br />

als die der Bundeswehr, der Polizei oder<br />

des Zolls zu nutzen. Trainings- und Wettkampfzeiten lassen<br />

sich kaum mit Arbeitszeiten oder studentischen Anforderungen<br />

vereinbaren. Andererseits geben Verbände den Athleten nicht<br />

ausreichend Freiraum, um sich beruflich weiterzubilden. Die<br />

Athleten sind letzten Endes die Leidtragenden, die sich gegen<br />

eine der beiden Möglichkeiten entscheiden müssen. Um diesen<br />

Problemen entgegenzuwirken, erscheint es mir wichtig, geeignete<br />

Alternativmöglichkeiten zu schaffen. Zur Milieuabdeckung<br />

sind hier sowohl Bundeswehr als auch Partnerhochschulen des<br />

des Sports konzentriert werden. Stattdessen gilt es, das Augenmerk<br />

auf einen breit angelegten Sportunterricht zu legen und<br />

ein niedrigschwellig zugängliches Bewegungsangebot für alle<br />

Kinder und Jugendlichen einzurichten, insbesondere vor dem<br />

Hintergrund des demographischen Wandels. Meines Erachtens<br />

bräuchte es eine andere Form der Sichtung als die bisherigen<br />

Formen der althergebrachten Bundesjugendspiele. Diese setzen<br />

in frühem Alter viel zu sehr auf einzelne Disziplinen. Sinnvoller<br />

für eine ausgiebige Sichtung wären meines Erachtens niedrigschwellige<br />

Motoriktests in spielerischer Form, die den Kindern<br />

Lust an der Bewegung verschaffen. Leider erschwert in vielen<br />

Regionen nicht nur der demographische Wandel die Vereinsarbeit,<br />

sondern auch die Vernetzung von Ganztagsschulen mit<br />

den Vereinen lässt noch häufig auf sich warten. Mein Ziel ist es<br />

deshalb ein Verbundsystem zu schaffen, in dem Schule und<br />

Verein eng miteinander kooperieren. Dies braucht die Bereitschaft<br />

von Schule und Verein sowie materielle und immaterielle<br />

Unterstützung aus der Politik.<br />

PODIUM<br />

7


Von Günter Deister<br />

Quo vadis, IOC<br />

Gesucht wird ein starker<br />

Präsident mit überzeugenden<br />

Antworten, warum es auch künftig<br />

<strong>Olympische</strong> Spiele geben soll<br />

und mit welcher Sinnstiftung<br />

8


Es gibt beim Sechskampf um die<br />

Führung des Internationalen<br />

<strong>Olympische</strong>n Komitees (IOC) die<br />

heile olympische Welt, und es gibt eine<br />

olympische Unterwelt. Die heile olympische<br />

Welt schreibt Entspannung bis<br />

zum Wahltag am 10. September in<br />

Buenos Aires vor. Dazu gehört die<br />

Neuheit eines jeweils 15-minütigen Vortrags vor der Sonder-<br />

Session am 4. Juli in Lausanne, bei der Kandidaten ohne<br />

Öffentlichkeit ihre wohl vorbereiteten Bewerbungstexte<br />

verlesen können. Anlass bietet die Präsentation von Istanbul,<br />

Madrid und Tokio als Bewerber um die<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele 2020. Der für die<br />

Präsidentenwahl extra noch einmal<br />

überarbeitete Ethik-Kode soll die Zahl<br />

der Reisen „begrenzen“, indem er zu<br />

Besuchen von Wählern „nicht ermutigt“.<br />

Öffentliche Versammlungen und<br />

Treffen zur Unterstützung sind verboten,<br />

ebenso werbende Internet-Auftritte.<br />

IOC-Mitglieder dürfen keinen<br />

Bewerber materiell unterstützen, sie<br />

dürfen nicht einmal weitersagen, wen<br />

sie wählen wollen. Der Kandidat darf<br />

keine Geschenke machen und auch<br />

keine Versprechungen. Insgesamt<br />

wünscht der Kodex eine Auseinandersetzung<br />

„in Gleichheit und gegenseitigem<br />

Respekt“. Jeder Kandidat könne,<br />

das immerhin, die „Art und Weise und<br />

die Methode“ selbst wählen, mit denen<br />

er für sich wirbt, doch um Gottes<br />

willen sollen „alle Exzesse“ vermieden<br />

werden, „zu denen Unterstützer sich in<br />

gutem Glauben hinreißen lassen könnten“.<br />

Es ist ein blumiger Katalog, den in der<br />

Vergangenheit wohl einzig Willi Daume<br />

eingehalten hätte. Der deutsche Olympier<br />

hatte 1980 bei der Präsidenten-<br />

Wahl in Moskau seine Kollegen noch bis<br />

zum Wahltag im Unklaren gelassen, ob<br />

er überhaupt anzutreten gedenke.<br />

Andererseits: Als damals der Sieger im<br />

„Haus der Gewerkschaften“ verkündet<br />

wurde, registrierte das im Souterrain der<br />

Adlatus von Juan Antonio Samaranch<br />

nur mit einem Lächeln. Schon eine<br />

halbe Stunde zuvor hatte er Einblick<br />

gewährt in eine mit vielen Kreuzchen<br />

versehene Liste der Olympier. Hinter<br />

ihnen verbarg sich die Gewissheit, dass<br />

der von Politik und dem damals im<br />

Sport mächtigen Adidas-Chef Horst<br />

Dassler massiv unterstützte Spanier<br />

bereits im ersten Wahlgang den Chefsessel<br />

des Weltsports erobern würde.<br />

Solche Listen wird es diesmal vermutlich<br />

in sechsfacher Ausfertigung<br />

geben, nur dass sie weniger Gewissheiten<br />

beinhalten werden. Unterhalb der Oberfläche ist<br />

längst ein Kampf ausgebrochen, den Wahlkampf zu nennen<br />

eine starke Untertreibung wäre. Eigentlich müsste es darum<br />

gehen, als Nachfolger des Belgiers Jacques Rogge denjeni-<br />

Die Herausforderer von Thomas Bach<br />

Richard Carrion (60), Puerto Rico<br />

IOC-Eintritt 1990, von 2004 bis 2012 Mitglied der Exekutive,<br />

seit 2002 Vorsitzender der Finanzkommission.<br />

W<br />

ie wird man Mitglied im IOC und zu einem aussichtsreichen<br />

Präsidenten-Anwärter? Man muss eine Frau aus Barcelona<br />

geheiratet haben, und deren Familie muss eng befreundet gewesen<br />

sein mit der Familie der Frau des ehemaligen Präsidenten Juan<br />

Antonio Samaranch. Längst hat Richard Carrion als Chefverkäufer<br />

der TV-Rechte (außer Europa) im Ringe-Orden Karriere gemacht. Er<br />

hält sich zugute, die Reserven des IOC von 100 Millionen auf 900<br />

Millionen Dollar gesteigert zu haben. Dabei<br />

wirkt sein Deal mit dem US-Giganten NBC über<br />

4,38 Milliarden Dollar für die kommenden vier<br />

Spiele bis 2020 eindrucksvoller, als die Zahlen<br />

hergeben. Die Inflationsrate herausgerechnet,<br />

bedeutet der Abschluss Verlust gegenüber der<br />

letzten Periode 2009 bis 2012. Der Bankenchef,<br />

im März aufgestiegen in das Direktorium der<br />

Federal Reserve Bank in New York, hat das<br />

Selbstverständnis eines Supermanagers, der dem IOC zu größerer<br />

Stärke und Ansehen verhelfen will, höhere Einnahmen inbegriffen.<br />

In seinem an die IOC-Kollegen gerichteten Bewerbungsschreiben<br />

auf Hochglanzpapier lässt sich der Puertoricaner mit US-Pass zum<br />

ersten Mal überhaupt zu Fragen des Sports vernehmen. Carrion<br />

sagt: „Ich höre immer ein Banker, ein Banker – was soll ich sagen?<br />

Die IOC-Mitglieder werden für den stimmen, den sie für den Besten<br />

halten. Ich weiß mich in dieser Welt zu bewegen.“ Und das auch<br />

mit Hilfe eines Privatflugzeugs.<br />

9


gen zu küren, der als neunter Präsident<br />

des IOC am besten geeignet ist, die<br />

führende Organisation des Weltsports<br />

durch die Untiefen des kommenden<br />

Jahrzehnts zu steuern. Und zwar in<br />

größtmöglicher Unabhängigkeit und<br />

mit einer überzeugenden Begründung,<br />

warum es auch künftig <strong>Olympische</strong><br />

Spiele geben soll und mit welcher Sinnstiftung. Stattdessen<br />

geht es, jenseits der viel zitierten Werte und Ideale, vor<br />

allem um Macht und Einfluss. Selbst der sehr müde gewordene<br />

Rogge spricht von einem Herbst „politisch aufgeladener<br />

Entscheidungen“, wozu er auch die Vergabe der übernächsten<br />

Sommerspiele zählt, den Vorsitzenden-Wechsel bei<br />

der Weltantidoping-Agentur WADA und das Votum über<br />

eine 28. olympische Sportart.<br />

Die IOC-Präsidentenschaft wird zudem<br />

auch von den Fragen überlagert, ob<br />

das aufstrebende Asien es schaffen<br />

kann, das europäische Monopol mit<br />

bisher sieben von acht Präsidenten zu<br />

durchbrechen, oder ob am Ende das<br />

große Kapital oder politisches Wollen<br />

den Ausschlag geben werden. Eine<br />

besondere Aussagekraft hätte es schon und auch eine<br />

gewisse Logik in einer immer merkantiler gewordenen<br />

olympischen Welt, wenn nach dem 10. September in dem<br />

Geldbeschaffer Richard Carrion ein überaus erfolgreicher<br />

Banker mit amerikanischem Pass den Ringe-Orden anführen<br />

würde. Der Puerto-Ricaner und mehr noch Ng Ser Miang<br />

aus Singapur gelten denn auch als die chancenreichsten<br />

Herausforderer von DOSB-Präsident Thomas Bach. Der<br />

Schweizer Denis Oswald, der Ukrainer Sergej Bubka und Wu<br />

Ching-Kuo aus Taiwan besetzen die<br />

Außenseiterrollen.<br />

Ng Ser Miang (64), Singapur<br />

IIOC-Eintritt 1998, seit 2005 Mitglied der Exekutive, gegenwärtig<br />

1. Vizepräsident. Organisator der 1. <strong>Olympische</strong>n<br />

Jugendspiele 2010.<br />

A<br />

n einem Augusttag der Jugendspiele in Singapur sagte Ng Ser<br />

Miang bei einem Einladungsessen für seine asiatischen IOC-<br />

Kollegen: „Alle Asiaten müssen zusammenhalten. Die Zukunft liegt<br />

auf unserem Kontinent. Wir müssen die Vormacht Europas brechen.<br />

Asien hat das Recht, künftig den IOC-Präsidenten zu stellen.“<br />

Öffentlich gibt sich der Festlandchinese eher zurückhaltend. Das hat<br />

ihn nicht davon abgehalten, seine Kandidatur bei mehreren Umrundungen<br />

der Erde zu promoten. Zur Verkündung<br />

seiner Bewerbung hatte er Halt in Paris<br />

gemacht, genau dort, wo Baron Pierre de<br />

Coubertin 1894 das IOC gegründet hatte, in der<br />

Sorbonne. Ng gilt als beachtlicher Kandidat.<br />

Seine Geschäfte im Stadtstaat haben ihm<br />

Reichtum eingebracht. Als Botschafter für<br />

Norwegen hat er Diplomatenstatus. Dem<br />

Segeln ist er besonders verbunden. Sein Organisationstalent<br />

hat er bei der Premiere der Jugendspiele gezeigt.<br />

Das IOC benötige einen „Führer, der weltweit zu Hause ist und die<br />

<strong>Olympische</strong> Bewegung mit einer einigenden Vision zusammenhält“,<br />

so das Credo von Ng. Ob er selbst diese Eignung besitzt, darauf gibt<br />

er eine indirekte Antwort: „Ich bin stolz, ein Asiate zu sein, doch ich<br />

bin gleichzeitig ein Weltbürger.“<br />

Die von Kandidaten im Wahlkampf<br />

ausgelegten Köder sprechen für sich. Es<br />

sind mit der Erhöhung der Altersgrenze<br />

von bisher 70 Jahren, einer finanziellen<br />

Ausstattung und einem Zuwachs von<br />

Olympiern über die Maximalzahl von<br />

115 hinaus Vorschläge zum Nutzen und<br />

Frommen für persönliche Mitglieder.<br />

Seit 2000 hat es einen Zuwachs von 36<br />

Olympiern gegeben. Ihnen eine längere<br />

Verweildauer zu verschaffen, das könnte<br />

Stimmen bringen. Doch offenbar<br />

besteht ein weitgehender Konsens<br />

darüber, die Grenze auf 75 Jahre zu<br />

erhöhen und sie somit dem Privileg<br />

jener Mitglieder anzunähern, die vor der<br />

Jahrhundert-Wende in das IOC berufen<br />

worden sind. Diese müssen erst mit 80<br />

weichen.<br />

Die Präsidentenwahl wird bestimmt<br />

nicht durch die Bewerbungsschreiben<br />

der sechs Kandidaten entschieden.<br />

Zumal sie überwiegend den Anschein<br />

von Fremdproduktionen erwecken,<br />

geschrieben von Agenturen und propagiert<br />

von Spindoktoren im Gefolge von<br />

weltumspannenden Reiseaktivitäten.<br />

Die Undurchsichtigkeit wird erhöht<br />

durch die Möglichkeit in Buenos Aires,<br />

Stimmverhalten zu verknüpfen mit der<br />

Vergabe der Sommerspiele 2020, der<br />

Auswahl einer Sportart zwischen Ringen,<br />

Squash und Baseball/Softball und<br />

der Neuverteilung von Posten und<br />

10


Positionen. Besonders schwer zu kalkulieren<br />

ist die Wählerwanderung bei der<br />

Abstimmung mit der Rekordzahl von<br />

sechs Präsidentschaftsanwärtern, von<br />

denen bis zur absoluten Mehrheit der<br />

abgegebenen Stimmen jeweils der<br />

Bewerber mit den wenigsten Voten<br />

ausscheidet.<br />

Unter all den Voraussetzungen ist es sehr mutig, Thomas<br />

Bach als eindeutigen Favoriten auf den Präsidenten-Stuhl zu<br />

bezeichnen. Sicher, man könnte in dem Wirtschaftsanwalt<br />

aus Tauberbischofsheim mit all seinen Erfahrungen im Sport,<br />

in der Wirtschaft und mit der Politik einen „gelernten Präsidenten“<br />

sehen. Als Olympiasieger hat er auch die Basis des<br />

Sports studiert und ist mit Hilfe seiner Viersprachigkeit schon<br />

lange in der Internationalität zu Hause. Zudem muss es nicht<br />

mehr zum Nachteil gereichen, <strong>Deutsche</strong>r<br />

zu sein, als Bürger eines Landes,<br />

das im Ranking des internationalen<br />

Ansehens weit oben angekommen ist.<br />

Doch wenn es tatsächlich einen eindeutigen<br />

Trend für den 59-Jährigen geben<br />

sollte, dann gäbe es auch einen starken<br />

Gegentrend derjenigen, die Bach verhindern<br />

wollen. In der olympischen<br />

Mathematik von Buenos Aires werden<br />

von maximal 103 IOC-Mitgliedern in der<br />

ersten Runde etwa 90 stimmberechtigt<br />

sein. Für einen eher unwahrscheinlichen<br />

K.o.-Sieg in der ersten Runde bräuchte<br />

es demnach 46 Voten. Was danach<br />

käme, ist schwer zu kalkulieren. So sind<br />

Zweitstimmen wohl entscheidend.<br />

Mit Sicherheit ist zu sagen, dass es im<br />

IOC eine starke Sehnsucht nach Führung<br />

gibt, verbunden mit überfälligen<br />

Reformen und Korrekturen. Dabei geht<br />

es auch darum, jene Veränderungen zu<br />

überprüfen, die vor 13 Jahren unter<br />

dem Druck des Korruptionsskandals um<br />

Salt Lake City mit Hast in Kraft gesetzt<br />

worden sind. Rogge war ein nach außen<br />

hin kompetent wirkender Präsident, der<br />

Mängel mit Eloquenz und Freundlichkeit<br />

zu überdecken vermochte. Im<br />

Inneren wirkte er eher kleinteilig. Die<br />

Möglichkeiten und die ideelle Kraft, die<br />

der Weltorganisation IOC innewohnen,<br />

hat der orthopädische Chirurg zu wenig<br />

zu nutzen vermocht. Einen besonderen<br />

Ausdruck hat das beim allzu nachgiebigen,<br />

schier hilflosen Umgang mit der<br />

chinesischen Staatsmacht vor und bei<br />

den Spielen in Peking gefunden. Immerhin<br />

schaffte es der Belgier, und das hebt<br />

ihn deutlich von seinem Vorgänger ab,<br />

seine 12-jährige Amtszeit skandalfrei zu<br />

halten. Seinen größten Erfolg hat er<br />

ausgerechnet auf jenem Feld vorzuweisen,<br />

das Samaranch zu einer ersten<br />

Blüte gebracht hat. Die Spiele von<br />

Vancouver und London als einzige, die unter seiner Ägide<br />

vergeben und veranstaltet worden sind, haben dem olympischen<br />

Sport einen Rekordumsatz von nahezu acht Milliarden<br />

Dollar beschert. Seinem Nachfolger hinterlässt er damit eine<br />

gute Basis für künftige Geschäfte und ein Polster, das sich der<br />

Milliarden-Grenze nähert. Auf seiner Habenseite stehen<br />

zudem sein bemühter, aber längst nicht durchweg erfolgreicher<br />

Kampf gegen Doping und der Großversuch <strong>Olympische</strong>r<br />

Jugendspiele.<br />

Wu Ching-Kuo (66), Taiwan<br />

IIOC-Eintritt 1988, seit 2012 Mitglied der Exekutive.<br />

A<br />

uch „Dr. Wu“, wie er in olympischen Kreisen genannt wird,<br />

verdankt seine olympische Karriere Samaranch. Beide vereinte<br />

unter anderem die Leidenschaft des Sammelns olympischer Briefmarken,<br />

die es im IOC sogar zu einer Kommission gebracht hat.<br />

Auch zum Dank dafür, dass er von der üppigen Kollektion des<br />

spanischen Ex-Präsidenten erben konnte, setzte der auch international<br />

sehr erfolgreiche Architekt vor einigen Monaten dem früheren<br />

IOC-Boss ein Denkmal in Form eines Museums. Dass dies im<br />

chinesischen Tianjin geschah, hatte, unter<br />

Anwesenheit von zwei Dutzend IOC-Mitgliedern,<br />

eine besondere Bedeutung. Zum ersten<br />

Mal hatte es die Regierung der Volksrepublik<br />

erlaubt, einem Nichtchinesen im eigenen Land<br />

ein solches Bauwerk zu widmen. Was das für<br />

Wu selbst bedeutet? Dass China seine Kandidatur<br />

unterstützt, oder die von Ng Ser Miang,<br />

oder beide verhindern will mit dem Ziel,<br />

irgendwann einen Landsmann zum ersten asiatischen IOC-Präsdenten<br />

zu machen? Der reiche Wu hat den einst unter einer korrupten<br />

Führung stehenden Internationalen Amateurbox-Verband reformiert,<br />

unter Anschluss einer Profi-Abteilung, die bei den Spielen in<br />

Rio de Janeiro debütieren und in der Perspektive die Vielzahl der<br />

Profi-Weltverbände ersetzen soll. Stimmen sammeln will er mit der<br />

Forderung auf Erhöhung der IOC-Mitgliederzahl von 115 auf 135<br />

und auf Anhebung des bisherigen Alterslimits von 70 Jahren. Und<br />

dann, ganz wichtig für ihn, soll sich das IOC viel mehr um die<br />

olympische Erziehung der Jugend kümmern.<br />

11


Genug Raum also für Rogges Nachfolger,<br />

das IOC nach einer Inventur neu zu<br />

justieren. Thomas Bach beschreibt seine<br />

umfassende Wahlkampfschrift an seine<br />

Kollegen mit der vorsichtigen Formel:<br />

„Wir brauchen Kontinuität durch Evolution<br />

statt durch Revolution.“ Mehr als<br />

Vorsicht, dafür entschiedene Ablehnung<br />

ist jedoch geboten, wenn es um die Herausforderung durch<br />

den gerade erst zum SportAccord-Präsidenten gewählten<br />

Marius Vizer geht. Der in Rumänien gebürtige Ungar gewann<br />

die Präsidentschaft im Dachverband von 91 internationalen<br />

Sportverbänden mit seinem Plan, bereits 2017 in einem Land<br />

erste „Vereinte Weltmeisterschaften“ aller angeschlossenen<br />

Organisationen durchführen zu wollen, natürlich auch als<br />

Geldmaschine, um den bisher eher im Hintergrund wirkenden<br />

SportAccord zu einem Global Player zu machen. Was wie ein<br />

Sergej Bubka (49), Ukraine<br />

IOC-Eintritt 2000, von 2000 bis 2008 als Athletenvertreter<br />

in der Exekutive, danach unabhängiges IOC-Mitglied und<br />

seit 2012 wieder mit Sitz im Führungsgremium.<br />

S<br />

ergej Bubka hat bisher fast alle Höhen in seinem Leben genommen.<br />

Als Stabhochspringer gewann er bei vier <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen einmal Gold (Seoul 1988), wurde sechs Mal Weltmeister und<br />

setzte 35 Weltrekorde, von denen zwei noch unerreicht sind: 6,15<br />

Meter in der Halle und 6,14 Meter außerhalb. Er schaffte dies,<br />

berechnend und deshalb besonders einträglich, zentimeterweise.<br />

Berechnend war dann auch sein schier unaufhaltsamer Aufstieg als<br />

Sportfunktionär und Geschäftsmann. In der<br />

Ukraine erkämpfte er sich 2005 die NOK-Präsidentschaft,<br />

was ihm die Eintrittskarte in die<br />

Welt der Oligarchen verschaffte. Das wiederum<br />

machte ihn zu einem steinreichen Mann. In der<br />

Ukraine spricht man ihm ein Vermögen von<br />

mehreren hundert Millionen Dollar zu. Im<br />

Internationalen Leichtathletik-Verband schaffte<br />

es der außerordentlich betriebsame Bubka bis<br />

zur Vizepräsidentschaft. Dort will er im kommenden Jahr, mit dem<br />

Briten Sebastian Coe als Rivalen, auch Präsident werden. In seiner<br />

Bewerbung gibt Bubka wieder einmal alles. Er wolle „Hingabe, Energie,<br />

Dynamik und Motivation einbringen“, all das, „was für eine<br />

solche Verantwortung nötig ist“. Und natürlich wolle er, „wenn nötig,<br />

24 Stunden am Tag für den Erfolg der <strong>Olympische</strong>n Bewegung<br />

arbeiten“. Und wenn der Präsident dann auch erstmals bezahlt<br />

würde, wolle er das Geld gern annehmen - um es für wohltätige<br />

Zwecke zu spenden. Inzwischen hat Rogge seinen Vorschlag auf<br />

Honorierung des Ehrenamts zurückgezogen.<br />

Phantasma erscheint, wirkt allein durch<br />

seine Ankündigung wie eine Art Kriegserklärung<br />

an das IOC. Vizer ist als Präsident<br />

des Judo-Weltverbandes, wie die<br />

anderen 27 Sommersportverbände,<br />

auch Teilhaber an <strong>Olympische</strong>n Spielen.<br />

Gerade erst sind sie vom IOC für ihr<br />

Mitwirken an den Londoner Spielen mit<br />

520 Millionen Dollar reich entlohnt worden. Eine Super-<br />

Weltmeisterschaft wären Gegenspiele. In der Katholischen<br />

Kirche würde ein solches Verhalten zur Exkommunikation<br />

führen.<br />

Wer immer zum Steuermann des IOC gewählt wird, er ist,<br />

auch als Hinterlassenschaft von Jacques Rogge, mit ganz<br />

besonderen Herausforderungen konfrontiert:<br />

STRUKTUR/MITGLIEDSCHAFTEN: Soll die<br />

Formel der Vollversammlung mit 75<br />

unabhängigen Mitgliedern und je 15<br />

qua Amtes gewählten Mitglieder aus<br />

NOKs, Sportverbänden und aktiven<br />

Athleten beibehalten oder aber im<br />

Sinne eines Sportparlaments erweitert<br />

werden? Oder soll das IOC einen<br />

Zuwachs an mandatsunabhängigen<br />

Mitgliedern bekommen als Wissensund<br />

Erfahrungstransfer aus anderen<br />

gesellschaftlichen Bereichen? Soll es<br />

dabei bleiben, dass nur 73 von 205<br />

NOKs mit persönlichen Mitgliedern<br />

vertreten sind, davon 19 gleich mehrfach<br />

und die Schweiz zugleich zu Fünft?<br />

Soll die Altersgrenze von 70 Jahren<br />

angehoben werden? Sollen Mitglieder<br />

künftig stärker eingebunden und sogar<br />

bezahlt oder, wie es bei dem Kandidaten<br />

Ng Ser Miang heißt, „ausgestattet“<br />

werden? Heiße Eisen für die sechs<br />

Kandidaten, die nur in ihrer Umschreibung<br />

existieren. Grundsätzlich geht es<br />

darum, die relative Unabhängigkeit<br />

gegen den Ansturm des großen Kapitals<br />

und der Politik zu verteidigen.<br />

ETHIKKOMMISSION: Sie soll Hüterin von<br />

Good Governance sein und Schutzschild<br />

gegen Betrug, Korruption und Manipulation.<br />

Tatsächlich ist sie bisher lediglich<br />

ein Instrument des Präsidenten. Er<br />

ernennt ihre Mitglieder und muss ihnen<br />

einen Einsatz geben für Untersuchungen.<br />

Ihre Ergebnisse gehen lediglich als<br />

Empfehlungen an die Exekutive. Damit<br />

hinkt das IOC zumindest in der Kon-<br />

12


struktion weit hinter dem Fußball-<br />

Weltverband FIFA hinterher. Der hat sich<br />

mittlerweile eine Zweikammer-Kommission<br />

zugelegt, und für diese Konstruktion<br />

spricht sich nun auch Bach aus. Die<br />

eine Kammer wirkt als Staatsanwaltschaft,<br />

die andere als Gericht, und das,<br />

nach Statut, in Unabhängigkeit. Unter<br />

Rogge hat die Ethikkommission eher mit Milde gewirkt. So<br />

durfte der wegen Wirtschaftsverbrechen verurteilte Samsung-Chef<br />

Lee Kun Hee seinen Sitz im IOC behalten. Mit dem<br />

NOK Weißrusslands wurde der größte Sünder unter den<br />

NOKs, die laut Regel zur politischen Unabhängigkeit verpflichtet<br />

sind, nicht einmal suspendiert. Vorsitzender des NOK<br />

ist Alexander Lukaschenko, als Präsident des Landes gilt er als<br />

„letzter Diktator Europas“.<br />

KAMPF GEGEN DOPING: Mit der Gründung<br />

der WADA hat das IOC 2001 die<br />

alleinige Führerschaft im Kampf gegen<br />

den Sportbetrug abgegeben. Nicht<br />

einmal bei den eigenen Spielen ist es<br />

Herr im eigenen Haus. Sein Versuch,<br />

gedopte Athleten über die WADA-<br />

Regeln hinaus von Olympia fern zu<br />

halten, scheiterte vor dem Internationalen<br />

Sportgerichtshof CAS. Auch das<br />

IOC hing lange dem Irrglauben an, dass<br />

die Masse der Tests ein Indiz für erfolgreiche<br />

Aufklärung sei. Zum Nachtest<br />

der eingefrorenen Proben von den<br />

Spielen 2004 in Athen musste es erst<br />

gedrängt werden. Die verseuchte Disziplin<br />

Straßenradsport der Männer blieb<br />

unbehelligt. Die Wahl des australischen<br />

Politikers John Fahey 2008 zum WADA-<br />

Chef bedeutete eher Stillstand. Nun<br />

könnte der Sport selbst, durch die<br />

wahrscheinliche Wahl des Briten Craig<br />

Reedie, Mitglied der IOC-Exekutive,<br />

mehr Einfluss für einen wirkungsvolleren<br />

Kampf gegen Doping ausüben.<br />

WAHL DER OLYMPIASTÄDTE: Eine seiner<br />

wichtigsten Entscheidungen wird vom<br />

IOC höchst unzureichend vorbereitet<br />

und gesteuert, und das ausgerechnet<br />

auf einem Feld mit massivster Einflussnahme<br />

von Wirtschaft und Politik. Die<br />

eigenen Prüfberichte sind oberflächlich<br />

und Kandidaten kaum unterscheidbar.<br />

Das gilt auch für die sogenannten<br />

Bidbooks, die von einigen Spezialagenturen<br />

als Hochglanzprodukt hergestellt<br />

werden. Die Angaben wirken in der<br />

Realität der Umsetzung, vor allem was<br />

die Kosten angeht, wie ein Wunschkonzert.<br />

Am Ende kostet allein eine Kandidatur<br />

bis zu 100 Millionen Dollar. Die<br />

Prüfberichte werden von den IOC-<br />

Mitgliedern kaum geprüft, die Bewerberstädte<br />

dürfen sie nicht einmal in<br />

Augenschein nehmen. Notwendige<br />

Konsequenzen: Die Prüfung muss, auch durch Beteiligung<br />

außerolympischer Experten, professionalisiert und in einem<br />

Prozess langfristig begleitet werden. Dabei könnte die UNEP<br />

als Umweltunterorganisation der UN ein Testat zur Umweltproblematik<br />

liefern. Bach schlägt vor, eine „Kommission für<br />

Nachhaltigkeit“ zu etablieren. Eine Wiederzulassung der<br />

Inspektion durch die IOC-Mitglieder als Gemeinschaftsbesuche<br />

würde Sinn machen. Gespart werden könnten dadurch<br />

die Vielzahl unsinniger Präsentationen in aller Welt. Begleitet<br />

Denis Oswald (66), Schweiz<br />

IOC-Eintritt 1991, Mitglied der Exekutive von 2000 bis<br />

2012.<br />

E<br />

s gibt nicht viele Olympier, die sich so verdient gemacht haben<br />

wie der bescheidene Denis Oswald. Als Sportler hat er sich mit<br />

einer olympischen Bronzemedaille im Rudern schmücken können.<br />

Seine Karriere als Spitzenfunktionär begann 1989 mit der Präsidentschaft<br />

im Welt-Ruderverband. Bis zum vergangenen Jahr<br />

vertrat Oswald die Interessen der Sommersport-Verbände in der<br />

IOC-Exekutive und war als Koordinator verantwortlich für die<br />

Vorbereitung der Sommerspiele in Sydney und Athen. Parallel dazu<br />

schaffte es der Jurist zu einer Professur in<br />

Neuenburg. Man kann ihn aus guten Gründen<br />

einen Fachmann für Olympismus nennen, und<br />

wenn er über die Verteidigung olympischer<br />

Werte spricht, dann wirkt das nicht hohl wie<br />

bei einigen seiner Mitbewerber. Er will Dienst<br />

an der Sache leisten, „ich habe etwas zu bieten<br />

und offeriere es dem IOC“. Er hoffe, dass das,<br />

„was ich bin und was ich getan habe mehr<br />

zählt als Händeschütteln und Kontaktpflege“. Oswalds Credo:<br />

<strong>Olympische</strong> Spiele „auf höchstem Niveau zu organisieren“, mit<br />

„unvergleichlichem Charakter“ fern einer „Anhäufung von Weltmeisterschaften“.<br />

Mit seiner Entscheidung zur Kandidatur habe sich<br />

seine Ambition auf den wichtigen, Ende des Jahres frei werdenden<br />

Präsidentenposten bei der Weltantidoping-Agentur WADA „erledigt“.<br />

Das macht den Weg frei für seinen britischen Kollegen in der<br />

IOC-Exekutive, Sir Craig Reedie.<br />

13


werden müsste der Vergabeprozess<br />

durch strikte Überwachung und Sanktionierung<br />

von Regelverletzungen.<br />

Kenner der Verhältnisse sprechen<br />

gegenwärtig von einem (nicht erlaubten)<br />

Tourismus der Bewerber Istanbul,<br />

Madrid und Tokio zu den IOC-Mitgliedern<br />

in einem nie dagewesenen Ausmaß.<br />

OLYMPIAPROGRAMM: Rogge ist mit seiner Politik der Erneuerung<br />

weitgehend gescheitert, auch deshalb, weil der Lobbyismus<br />

für Sportarten maßlos ist. Er hinterlässt seinem Nachfolger<br />

kein verlässliches Verfahren der Modernisierung. Bach<br />

und auch sein Schweizer Mitbewerber Oswald wollen mit<br />

„Flexibilität“ erneuern. Die 28 muss demnach nicht unbedingt<br />

die Maximalzahl sein. Raum für Neues soll unter der Vorgabe<br />

von 10 500 Sportlern über die Reduzierung von Disziplinen<br />

geschaffen werden.<br />

OLYMPISCHE WERTE: Das IOC immer mehr und vor allem ein<br />

Konzern, der seine Unterhaltungsware mit großem Erfolg<br />

verkauft? Oder aber eine Organisation, der es gelingt, das<br />

<strong>Olympische</strong> neu und glaubwürdig zu definieren im Spannungsbereich<br />

von Markt oder Tempel, Markt und Tempel,<br />

Markt im Tempel oder Tempel als Markt?<br />

Dabei reicht es nicht aus, die Werbung aus olympischen<br />

Arenen auch weiterhin zu verbannen, Olympiasiege nicht zu<br />

prämieren und IOC-Präsidenten nicht zu entlohnen. Die<br />

Neudefinition von Olympisch setzt ein<br />

eindeutiges Regelwerk voraus, dessen<br />

Grundlage Fairplay bildet. Fairplay als<br />

globales olympisches Grundprinzip für<br />

Erziehung und Soziales, für demokratisches<br />

Verhalten und Transparenz. Dabei<br />

ist Gewinnstreben erlaubt und sogar<br />

gefordert, solange es dem Fairplay<br />

dient. Ein solches olympisches Komitee müsste seine Selbstbeschränkung<br />

und Genügsamkeit, die auch als Isolation wirkt,<br />

aufgeben.<br />

Als eine Weltorganisation, die sich selbst für bedeutend hält,<br />

ist das IOC bisher kaum vernehmbar, bietet sich viel zu wenig<br />

als Gesprächs- und Kooperationspartner an und betreibt dazu<br />

eine kaum wahrnehmbare Öffentlichkeitsarbeit. Die Aufnahme<br />

in die UN mit Beobachterstatus erschöpft sich weitgehend<br />

in dem gemeinsamen Aufruf zum „olympischen Frieden“<br />

während <strong>Olympische</strong>r Spiele. Als sich jüngst 137 Länder in<br />

Berlin zur 5. UNESCO-Weltsportministerkonferenz trafen,<br />

glänzte das IOC durch Abwesenheit. Eine engere Kooperation<br />

mit der Umwelt-Unterorganisation UNEP kam bisher nicht<br />

zustande. Auch deshalb konnte deren ehemaliger Vorsteher<br />

Klaus Töpfer im Zusammenhang mit den bevorstehenden<br />

Winterspielen in Sotschi sagen, er vermisse „jegliches Gespür<br />

für Nachhaltigkeit“. Es gäbe „eine Dissonanz zwischen Ökologie,<br />

Ökonomie und sozialer Verantwortung“. Die „Kurzfristigkeit<br />

und Kurzsichtigkeit“ sei beklagenswert. Präziser ist kaum<br />

zu kritisieren, warum das IOC sich öffnen muss für einen<br />

Informations-, Wissens- und Ideentransfer.<br />

D<br />

ie IOC-Vollversammlung wird gegenwärtig von 100 persönlichen<br />

Mitgliedern gebildet. Am Wahltag des 10. September<br />

in Buenos Aires wird sich die Zahl auf maximal 103 erhöhen.<br />

Anfang Juli werden bei einer Sonder-Session in Lausanne die<br />

vier bei den London-Spielen von den Olympia-Teilnehmern<br />

gewählten Athletenvertreter Danka Bartekova (Slowakei),<br />

James Tomkins (Australien), Kirsty Coventry (Zimbabwe) und<br />

Tony Estanguet (Frankreich) in das IOC aufgenommen werden.<br />

In Buenos Aires selbst wird die Session formal den Antrag des<br />

frisch gekrönten Königs der Niederlande, Willem-Alexander,<br />

auf Rückgabe der Mitgliedschaft annehmen.<br />

Die Entscheider<br />

Die dann 103 Mitglieder verteilen sich auf 73 (von 205) NOK-<br />

Länder, wovon 53 mit jeweils einem Olympier vertreten sind.<br />

Die Mehrfach-Länder werden von der Schweiz (5) und Großbritannien<br />

(4) angeführt. Aus China, Russland, Spanien, Italien,<br />

USA, Frankreich und Australien kommen jeweils drei Mitglieder.<br />

Deutschland zählt mit Thomas Bach und Claudia Bokel zu<br />

den zehn Ländern mit je zwei olympisch Auserwählten.<br />

Mit 43 Mitgliedschaften wird Europa in Buenos Aires weiterhin<br />

über die meisten Stimmen verfügen. Im Kontinental-<br />

Vergleich folgen Asien (25), Amerika (18 - je fünf aus Nordund<br />

Südamerika, 8 aus Mittelamerika und Karibik), Afrika (11)<br />

und Ozeanien (6).<br />

Bei der Abstimmung dürfen jene Ländervertreter nicht mitwählen,<br />

die noch einen Kandidaten im Präsidentschaftsrennen<br />

haben. Der neue Präsident benötigt die absolute Mehrheit<br />

der abgegebenen Stimmen. Bis dahin scheidet jeweils der<br />

Kandidat mit den wenigsten Stimmen aus.<br />

14


„Im richtigen Moment<br />

alles geben.“<br />

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I Vorsicht Spitzensport! –<br />

m deutschen Hochleistungssport haben kürzlich<br />

einmal mehr die Alarmglocken geläutet.<br />

Mit einer Agenturmeldung über eine Befragung<br />

deutscher Hochleistungssportler wurde eine Diskussion<br />

ausgelöst, die sich in ihrer Hilflosigkeit kaum<br />

überbieten lässt. Im Auftrag der Stiftung Sporthilfe,<br />

finanziert durch das Bundesministerium des Innern, wurden<br />

von einem Institut der Sporthochschule Köln mehr als 1.000<br />

Kaderathleten über ihre soziale Lage befragt, in der sie sich<br />

derzeit befinden. Es handelt sich dabei um eine Befragung,<br />

wie sie überall in der Welt schon mehrfach durchgeführt<br />

wurde. Nahezu theorielos werden beliebig konstruierte Fragen<br />

an Athleten gerichtet, die diese mehr oder weniger aufrichtig<br />

beantworten, wobei die Verweigerung von Antworten dabei<br />

immer üblicher geworden ist. Das, was dabei also herauskommt,<br />

sind Antworten auf konstruierte Fragen, die man<br />

allenfalls als eine Annäherung an die Wirklichkeit bezeichnen<br />

kann. Die tatsächliche Situation, in der die Athleten leben und<br />

handeln, lässt sich auf diese Weise nicht abbilden.<br />

Die Rezeption der Ergebnisse hingegen spricht eine andere<br />

Sprache. Demnach müssen die Athleten mit wenig Geld ihren<br />

Lebensunterhalt bestreiten und haben dabei außergewöhnlich<br />

hohe Trainings- und Wettkampfbelastungen zu bestehen. Ihr<br />

Gesundheitsrisiko ist sehr hoch. Zehn Prozent gestehen dabei<br />

angeblich, gedopt zu haben, und da viele die Antwort auf<br />

diese Frage verweigern, wird auf eine Dopingquote unter<br />

deutschen Athleten von zirka 50 Prozent geschlossen. Das<br />

psychische Risiko scheint dabei auch sehr hoch zu sein, Burn-<br />

Out-Symptome werden ebenso benannt wie Zukunftsängste.<br />

An der Diskussion beteiligen sich Athleten, Trainer, Wissenschaftler,<br />

Funktionäre – nicht zuletzt auch die Verantwortlichen<br />

im DOSB melden sich zu Wort. Mehrheitlich wird versprochen,<br />

dass man nunmehr alles zu tun hat, um diesen<br />

Problemen entgegen zu treten.<br />

Betrachtet man die Diskussion über die angeblich so alarmierenden<br />

Befunde der neuen Studie aus einer distanzierten<br />

Perspektive, so ist deren Oberflächlichkeit besonders auffällig.<br />

Vorschnelle Verallgemeinerungen sind dabei die Folge, und<br />

eine kritische Diskussion der Methode und eine Überprüfung<br />

der Reichweite der Untersuchung findet schon gar nicht<br />

statt. Vor allem tritt man nicht in eine vergleichende Betrachtung<br />

ein, um die Frage aufzuwerfen, ob sich die Entwicklung<br />

im Hochleistungssport im Sinne eines gefährlichen Totalisierungsprozesses<br />

verschärft hat oder ob es sich lediglich um<br />

eine Wiederholung alter Befunde handelt.<br />

Die Risiken, die heute im Hochleistungssport zu beobachten<br />

sind, sind vor allem jene, wie sie bereits vor Jahrzehnten in<br />

vielen Analysen und Studien zum Hochleistungssport<br />

beschrieben wurden.<br />

Bei aller berechtigten Kritik an dieser Diskussion darf allerdings<br />

nicht übersehen werden, dass die Initiative der Stiftung<br />

<strong>Deutsche</strong> Sporthilfe in die richtige Richtung weist. Es muss<br />

auch anerkannt werden, dass bei dieser Studie immerhin<br />

mehr als 1.000 Spitzensportler über ihre eigenen Probleme<br />

sprechen und dass sich uns dabei ein Szenario unterschiedlicher<br />

Risiken zeigt, das durchaus als dramatisch zu bezeichnen<br />

ist. Eine wiederholte genaue Beschreibung kann deshalb<br />

durchaus notwendig und hilfreich sein.<br />

Da ist zunächst das Gesundheitsrisiko, das für nahezu sämtliche<br />

olympische Sportarten konstitutiv ist, was dazu geführt<br />

hat, dass das Gesundheitsmotiv zur Legitimation des Hochleistungssports<br />

nur noch in ideologischen Proklamationen<br />

verwendet werden kann. Deshalb ist es auch äußerst fraglich,<br />

wenn die Verantwortlichen des internationalen Sports den<br />

Anti-Doping-Kampf mit dem Schutz der Gesundheit der<br />

Athleten begründen. Die Gefahr, dass das Training im Hochleistungssport,<br />

die vielen Wettkämpfe und die ständig wachsende<br />

Belastung der Athleten die Gesundheit gefährden, hat<br />

sich in den vergangenen Jahren erheblich vergrößert. Die<br />

Verletzungsrisiken sind in fast allen olympischen Sportarten<br />

offensichtlich. Der Umgang mit den Verletzungen ist äußerst<br />

nachlässig. Von einem verantwortlichen Gesundheitsmanagement<br />

kann nur in wenigen Fällen des Hochleistungssports<br />

gesprochen werden. Die Gefahr, dass Athletinnen und Athleten<br />

langfristige Folgeschäden nach ihrer sportlichen Karriere<br />

aufweisen, ist nach wie vor gegeben. Diesbezügliche Befunde<br />

sind mehr als alarmierend. Lösungen für das Problem sind<br />

nicht in Sicht.<br />

Neben der Gesundheit muss der Athlet sehr viel Geld und Zeit<br />

investieren, hat er eine erfolgreiche Leistungssportkarriere<br />

zum Ziel. Sein finanzielles Investitionsrisiko ist dabei außergewöhnlich<br />

hoch. Wer Leistungssport betreibt, der muss in<br />

vielen Sportarten sehr viel Eigenkapital einbringen, ohne dass<br />

absehbar ist, jemals eine Rendite dafür zu erhalten. Bereits im<br />

Kindesalter müssen Eltern in die Karriere des zukünftigen<br />

Athleten investieren. Für die meisten Athleten reichen die<br />

Einnahmen aus Antritts- und Erfolgsprämien gerade aus, um<br />

das nahezu tägliche Training, die Wettkämpfe und die damit<br />

verbundenen Reisen zu finanzieren. Kommen überraschende<br />

Verletzungen hinzu, die möglicherweise ein Karriereende<br />

auslösen, so können hohe Schulden die Folge sein. Eine<br />

finanzielle Absicherung für die Zeit nach der Karriere gelingt<br />

nur wenigen Hochleistungssportlern. Hochleistungssport ist<br />

in fast allen Sportarten ein berufliches Handeln auf Zeit, das<br />

auf das Hier und Jetzt ausgerichtet ist, und bei dem die Zeit<br />

danach so gut wie nicht im Blick ist. Die Organisatoren des<br />

Sports selbst fühlen sich für die Zeit danach nicht verantwortlich.<br />

Deshalb kann es auch kaum überraschen, dass<br />

16


Eine Risikoeinschätzung<br />

Von Helmut Digel<br />

Athleten nach Karriereende nur im Ausnahmefall für die<br />

jeweiligen Sportverbände noch über eine relevante Bedeutung<br />

verfügen. Für die meisten Athleten folgt nach ihrer<br />

Verabschiedung aus einer Nationalmannschaft das allgemeine<br />

Vergessen. Sie sind mit ihren Nöten auf sich selbst gestellt.<br />

Von einer sozialen Absicherung kann nicht die Rede sein.<br />

Der zweite Risikokomplex ist eng verbunden mit einem Dritten,<br />

der auf die Probleme verweist, die dadurch entstehen,<br />

dass Athleten heute in ihrer Leistungssportkarriere Anforderungen<br />

gerecht werden müssen, durch die ihre gesamte<br />

Persönlichkeit gefordert ist. Hochleistungssport betreiben<br />

heißt dabei, sich einer Sache voll und ganz verpflichtet fühlen,<br />

sehr viel Zeit für dieses Handeln aufzubringen, sich in<br />

einem engen begrenzten Handlungsfeld zu bewegen und sich<br />

mit einem Tunnelblick auf die höchsten Ziele auszurichten.<br />

Die soziale Integration der Athletinnen und Athleten in<br />

verschiedene Lebenswelten ist deshalb in der Regel sehr<br />

begrenzt. Hochleistungssport findet in der Lebenswelt des<br />

Hochleistungssports statt, und die soziale Bindung bezieht<br />

sich auf die Menschen, die sich in diesem Handlungsfeld<br />

bewegen. Fällt der Athlet aus diesem Feld heraus, so ist er mit<br />

Bindungslosigkeit konfrontiert. Er ist alleine auf sich gestellt,<br />

die Handlungskompetenz reicht nicht aus, um Anschluss in<br />

anderen Handlungsfeldern zu finden.<br />

Das Risiko der unzureichenden sozialen Bindung hängt mit<br />

den Ansprüchen zusammen, die heute das System des Hochleistungssports<br />

an die Athleten richtet. Der finnische Soziologe<br />

Heinilä hat in diesem Zusammenhang von einem Totalisierungsprozess<br />

des Hochleistungssports gesprochen, in dem<br />

dieser sich befindet, was so viel bedeutet, dass der Mensch in<br />

diesem System jeweils total in Anspruch genommen wird. Das<br />

heißt, andere Welten sind für ihn nicht mehr erschließbar. In<br />

diesem Zusammenhang muss deshalb auch von einem Bildungsrisiko<br />

gesprochen werden, das mittlerweile im Hochleistungssport<br />

entstanden ist. Wenn Trainer, Funktionäre und die<br />

übrige Umwelt des Athleten diesem nahe legen, sich voll und<br />

ganz auf den Hochleistungssport zu konzentrieren, nichts<br />

Anderes zu tun, als das anspruchsvolle Ziel des olympischen<br />

Sieges zu verfolgen, so darf man sich nicht wundern, dass die<br />

Bildungs- und Erziehungskarrieren der Athletinnen und<br />

Athleten immer kürzer werden, dass Ihre Bildung einseitig ist,<br />

von einer umfassenden Allgemeinbildung schon gar nicht<br />

mehr gesprochen werden kann und anderweitige kulturelle<br />

Interessen bei Hochleistungssportlern eher zur Ausnahme<br />

geworden sind, als dass sie regelmäßig angetroffen werden<br />

können. Wer täglich zu trainieren hat und dies mehrere<br />

Stunden am Tag, wer sich nur noch unter seinesgleichen<br />

bewegt, wessen Freundeskreis zwangsläufig begrenzt sein<br />

muss, wer seine Freizeitinteressen einzugrenzen hat und die<br />

Freizeit allenfalls zur Kompensation der Belastungen beitragen<br />

kann, dessen Persönlichkeitsentwicklung ist notwendigerweise<br />

problematisch und begrenzt, wenn ihm nicht außergewöhnliche<br />

Hilfen bereitgestellt werden.<br />

Die Beschreibung von Risiken im Hochleistungssport könnte<br />

fortgeführt werden. Was diesen Risiken gemeinsam ist, ist der<br />

Sachverhalt, dass die Athleten heute mit ihnen konfrontiert<br />

sind, ohne dabei eine angemessene Hilfe zur Bewältigung<br />

und zur Minderung dieser Risiken zu erhalten. Auf diese<br />

Weise ist der gesamte Hochleistungssport für die Entwicklung<br />

von Kindern und Jugendlichen zum Risiko geworden. Es darf<br />

nicht überraschen, dass immer mehr Menschen sich gegen<br />

den Hochleistungssport aussprechen, immer mehr junge<br />

Athleten ihre Karrieren beenden und immer mehr Eltern<br />

bemüht sind, ihre Kinder von einer derartig gefährlichen<br />

Karriere fernzuhalten. Die Risiken, die Kinder und Jugendliche<br />

im Hochleistungssport antreffen, gefährden die zukünftige<br />

Entwicklung des Hochleistungssports in grundsätzlicher<br />

Weise. Werden sich die Verantwortlichen des Hochleistungssports<br />

dieser Risiken nicht annehmen, wird es zukünftig keine<br />

soziale Absicherung für die Athleten geben. Wird der Wettkampfkalender<br />

durch die Funktionäre nicht bereinigt, werden<br />

die Trainingsbelastungen nicht zurückgenommen, wird nicht<br />

eine wirkliche Doppelkarriere für die Athleten durch entsprechende<br />

Betreuungsmaßnahmen ermöglicht, werden die<br />

finanziellen Hilfen<br />

zu Gunsten aller<br />

Athleten und<br />

nicht nur der<br />

erfolgreichen<br />

Athleten nicht<br />

ausgebaut, und<br />

wird dem Athleten<br />

nicht geholfen,<br />

dass er sich<br />

umfassend bilden<br />

kann, so hat der<br />

Hochleistungssport<br />

keine verantwortbare<br />

Zukunft aufzuweisen.<br />

Seine kulturelle<br />

Bedeutung ist<br />

heute vielmehr in<br />

hohem Maße<br />

gefährdet.<br />

17


OF: Seit dem Verbandstag der Ruderer Anfang Februar ist<br />

klar, dass Sie auch im nächsten olympischen Zyklus am<br />

Bundesstützpunkt in Dortmund für den Deutschland-Achter<br />

der verantwortliche Bundestrainer sein werden. Was motiviert<br />

Sie auf dem Weg zu den nächsten Sommerspielen<br />

2016 in Rio?<br />

Holtmeyer: Das Spannende ist ja immer wieder aufs Neue,<br />

gemeinsam mit verschiedenen Menschen zu arbeiten. Nach<br />

Hochleistungssport sehr dynamisch zugeht, wo alte Strukturen<br />

aufgebrochen werden und Neues entsteht, während<br />

wir im deutschen Leistungssport insgesamt eher verharren<br />

und von solchen Reformen insgesamt keine Rede sein<br />

kann. Ins Ausland zu wechseln, das wäre für mich persönlich<br />

auf Grund meiner familiären Situation etwas schwierig.<br />

Meine beiden Kinder gehen hier zur Schule und sind<br />

mit den Verhältnissen eng verwachsen. Meine Frau arbeitet<br />

als Lehrerin an einem Gymnasium. Da kann man nicht<br />

„Es wird immer nur ein bisschen<br />

herumgedoktert. Für echte Reformen<br />

scheinen wir keine Kraft zu haben.“<br />

Ralf Holtmeyer, Trainer des Jahres 2012, der den Deutschland-<br />

Achter in London zum Olympia-Sieg führte<br />

dem Olympiasieg von London gilt es jetzt, einen neuen<br />

Achter zu formen. Der Umbruch wird ja unvermeidlich sein.<br />

Wahrscheinlich wird die Hälfte des Olympia-Achters von<br />

London in dieser Saison nicht mehr dabei sein, weil die<br />

Sportler sich im nacholympischen Jahr entweder stärker auf<br />

ihr Studium konzentrieren oder weil ein paar von ihnen ihre<br />

Karriere beendet haben.<br />

OF: Gab es einen Moment, an dem Sie vielleicht abzuwandern<br />

gedachten wie die frühere Frauen-Bundestrainerin<br />

Jutta Lau, die nach den Sommerspielen 2008 in Peking<br />

einem Lockruf aus China folgte?<br />

Holtmeyer: Andere Nationen machen sich die Dienste<br />

deutscher Trainer durchaus gern zunutze. Das zeigt, dass<br />

die deutschen Trainer offensichtlich so schlecht nicht sein<br />

können. Jeder, der weggeht, ist natürlich ein Verlust für<br />

den deutschen Sport. In anderen Ländern besteht eben oft<br />

genug die Möglichkeit, als Trainer etwas zu bewegen und<br />

das Umfeld entsprechend mit zu gestalten. Es ist reizvoll,<br />

dort zu arbeiten, wo es - wie beispielsweise in China - im<br />

einfach mal so weg. Wenn ich das machen würde, dann<br />

hätte eine solche Entscheidung für mich etwas Endgültiges.<br />

OF: In einem Interview haben Sie jüngst gesagt, sie würden<br />

jungen Leuten in Deutschland eher davon abraten, die<br />

Trainerlaufbahn einzuschlagen. Schlechte Bezahlung, relativ<br />

kurze Vertragslaufzeiten maximal über einen olympischen<br />

Zyklus hinweg, mangelnde Anerkennung – gibt es noch<br />

andere Gründe?<br />

Holtmeyer: Hinzu kommen die Arbeitszeiten, die nicht klar<br />

strukturiert sind und oft mit dem Familienleben nur schwer<br />

in Einklang zu bringen sind. Ich zum Beispiel bin jedes Jahr<br />

mindestens drei Monate in Trainingslagern oder zu Wettkämpfen<br />

unterwegs. Im vergangenen Jahr sind es sogar<br />

viereinhalb Monate gewesen. Für gut ausgebildete junge<br />

Leute ist das alles in allem ein sehr vages Feld. Jemand hat<br />

mal gesagt, der Trainerberuf ist bei uns so etwas wie ein<br />

Vabanquespiel. Zumal sich ein Trainer auch noch ständig im<br />

Spannungsfeld zwischen seinen Athleten und der Führung<br />

18


seines Verbandes und damit in einer Art „Sandwich-Rolle“<br />

befindet. Es kann für ihn doch nicht nur um trainingsmethodische<br />

und handwerkliche Aspekte gehen, sondern<br />

zugleich um die Mitgestaltung des Umfeldes und der Rahmenbedingungen<br />

für das tägliche Training mit den Athleten.<br />

Der Trainer muss insofern auch immer ein Manager und<br />

Gestalter sein, doch die Spielräume dafür sind ziemlich eng.<br />

Nehmen wir zum Beispiel einen Landestrainer in der Stadt<br />

X, der dort nicht die besten Trainingsbedingungen vorfindet<br />

Athleten, sondern auch von ihren Trainern bis hin zu jenen,<br />

die ein Talent entdeckt, geformt und so weit entwickelt<br />

haben, dass es dann unter die Fittiche eines Bundestrainers<br />

kommen konnte. Oft wird vergessen, dass es nicht nur<br />

Bundestrainer gibt. Tatsache ist: Unser Leistungssport-<br />

System hat sich an einigen Stellen abgenutzt, und es<br />

besteht nicht nur hinsichtlich der Trainersituation dringend<br />

Reformbedarf. Das soll nicht als Meckerei verstanden werden,<br />

sondern als realistische Beurteilung der Lage. Im Detail<br />

hat sich auch manches gebessert, zum Beispiel im Zusammenspiel<br />

mit den Universitäten. Ich kann mich noch gut<br />

erinnern, wie es 1988 vor den Spielen in Seoul gewesen ist.<br />

Da haben die Professoren an der Dortmunder Uni auf meine<br />

Olympia-Kandidaten wenig Rücksicht genommen. Wollt ihr<br />

studieren oder wollt ihr rudern?, hieß es damals. So ist das<br />

heute nicht mehr, obwohl ich mir wünschen würde, dass<br />

man die „duale Karriere“ bei Spitzenathleten nicht nur von<br />

Semester zu Semester plant, sondern möglichst über ein<br />

ganzes Studium hinweg. Das würde den Trainern, gerade im<br />

Ausdauerbereich, Einiges leichter machen.<br />

OF: Sie haben geäußert, die Situation der Trainer habe sich<br />

in der jüngeren Vergangenheit seit dem Start der „Traineroffensive“<br />

des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes (DOSB) in<br />

den vergangenen sechs Jahren eher noch verschlechtert als<br />

verbessert. Was müsste geschehen, damit Besserung eintritt?<br />

und trotzdem die Sportler ausgerechnet an diesem Standort<br />

zusammenziehen soll. Vielleicht wäre es im konkreten Fall<br />

besser, wenn der Trainer eher flexibel in den Vereinen als<br />

Beobachter arbeiten würde. Vieles hängt von den Konzepten<br />

des einzelnen Verbandes und des Personals ab. Wechselt der<br />

Präsident, kann es sein, dass alles umgekrempelt wird.<br />

Trainer zu sein, ist mit vielen Unwägbarkeiten verbunden.<br />

Wenn aber jemand total verrückt danach ist, in diesem<br />

Beruf zu arbeiten, dann soll er das ruhig machen. Dann<br />

würde ich ihm das nicht ausreden.<br />

OF: Helmut Digel von der Uni Tübingen hat die Situation<br />

der Trainer in Deutschland als „katastrophal“ bezeichnet.<br />

Können Sie dieses Urteil unterstreichen?<br />

Holtmeyer: So generell würde ich das nicht sagen. Es<br />

hängt immer ganz konkret davon ab, wie es gerade läuft.<br />

Die Situation ist wahrscheinlich von Verband zu Verband<br />

unterschiedlich. Prinzipiell ist es so, dass wir zwar den Erfolg<br />

lieben, aber nicht den Weg dahin. Medaillen und sportliche<br />

Erfolge sind das Ergebnis jahrelanger Arbeit nicht nur der<br />

Holtmeyer: Für mich ist die Problematik des Trainerberufs<br />

nur ein besonders wichtiger Teil des Ganzen. Das Thema<br />

steht für mich im Zusammenhang mit der grundsätzlichen<br />

Frage, welche Rolle der Sport in unserer <strong>Gesellschaft</strong> überhaupt<br />

spielen soll, wo wir mit dem Sport im Allgemeinen<br />

und mit dem Spitzensport im Besonderen überhaupt hin<br />

wollen. Von dieser Antwort leitet sich alles Andere ab, auch<br />

die Fragen des Bedarfs an Trainern, von Planstellen und der<br />

finanziellen Ausstattung. Ich betrachte den Sport zuallererst<br />

als Teil des Bildungssystems, doch Sport und Bewegung wird<br />

bei uns – anders als im anglo-amerikanischen Raum -<br />

zunehmend vernachlässigt. Sind die Autobahnen in einem<br />

schlechten Zustand oder der Benzinpreis steigt, dann meldet<br />

sich regelmäßig der ADAC zu Wort und wirft sich für<br />

seine Mitglieder in die Bresche. Wenn aber in den Schulen<br />

die Sportstunde stets als erste ausfällt oder das G8-System<br />

den Schülern immer weniger Raum für die sportliche Betätigung<br />

lässt, wo ist dann die Stimme des DOSB? Wo erhebt<br />

dann der organisierte Sport seine Stimme? Wo wird deutlich,<br />

dass 30 Millionen Mitglieder eine wichtige politische<br />

und gesellschaftliche Macht darstellen? Ich höre da eher<br />

wenig.<br />

OF: Die „Traineroffensive“ des DOSB hat also kaum etwas<br />

gebracht, außer alljährlich einen „Trainer des Jahres“ zu<br />

INTERVIEW<br />

19


küren? Für 2012 wurde diese Ehre Ihnen und Hans Melzer<br />

von den Reitern zuteil.<br />

Holtmeyer: Natürlich habe ich mich über diese Auszeichnung<br />

gefreut, auch wenn mir die von den Sportjournalisten<br />

vergebene Ehrung als „Mannschaft des Jahres“ wichtiger ist.<br />

Auf keinen Fall sollte die Auszeichnung „Trainer des Jahres“<br />

ein Alibi für diese Offensive sein oder ihr als Feigenblatt<br />

dienen, denn bisher ist diese Trainer-Offensive sicher nicht<br />

der große Wurf. Für mich ist das eher ein semantisch aufgeladener<br />

Begriff, genau so wie die „Meilenstein-Gespräche“<br />

zwischen Dachorganisation und Spitzenverbänden, die<br />

früher schlicht Verbandsgespräche hießen. Das ist so, als ob<br />

man im Leerlauf Vollgas gibt. Ich sehe die klaren Analysen<br />

nicht, ich sehe beim Dachverband nicht die realistische<br />

Lagebeurteilung. Erst recht, wenn man bedenkt, dass wir in<br />

der Trainerlandschaft mit einer zunehmenden Überalterung<br />

zu tun haben und einen Generationswechsel bewältigen<br />

müssen. Es wird immer nur ein bisschen herumgedoktert.<br />

Für echte Reformen scheinen wir keine Kraft zu haben. Oder<br />

es fehlt der nötige Druck dafür, weil wir gegenüber der<br />

internationalen Konkurrenz alles in allem immer noch gut<br />

aufgestellt sind und irgendwie immer genügend Medaillen<br />

gewinnen können. Einen wirklichen Bruch haben wir nur<br />

1990 einmal erlebt, mit dramatischen Folgen. Da kamen aus<br />

dem Osten beispielsweise auf einmal 250 Rudertrainer auf<br />

den Markt, der daraufhin zusammenbrechen musste. Plötzlich<br />

gab es nicht nur bei uns Ruderern ein Überangebot von<br />

Trainern, das zu Dumpinglöhnen führte.<br />

OF: Hierzulande ist noch nicht einmal das Berufsbild des<br />

Trainers klar definiert. Vom Übungsleiter mit C-Lizenz bis<br />

zum Spitzencoach darf sich jedermann Trainer nennen. Es<br />

gibt ein unübersichtliches Geflecht aus Chef- und Bundestrainern,<br />

Vereins-, Landes- und Stützpunkttrainern, den<br />

Trainern an Olympiastützpunkten, mischfinanzierten Trainern,<br />

ein regelrechtes Dickicht…<br />

Holtmeyer: Ja, und dieses Dickicht ist ungesund und<br />

gefährlich. Auch hier müsste man unbedingt eingreifen,<br />

auch das wäre eine sehr zeitgemäße Aufgabe. Es gibt auch<br />

noch die „Schnittstellentrainer“. Was für ein Wort! Schnittstellentrainer,<br />

wer möchte denn so etwas sein? Über die<br />

Jahrzehnte hinweg ist da ein regelrechter Flickenteppich<br />

entstanden, und die Bürokratie treibt ihre Blüten. Es ist ja<br />

schon in unserem relativ kleinen und überschaubaren<br />

Ruder-Verband schwierig, eine gesunde Trainer-Pyramide<br />

mit klar abgegrenzten Kompetenzen aufzubauen. Es gibt<br />

bei uns zum Beispiel Landestrainer, die zugleich für den<br />

DRV tätig sind. Schon da kann es schwierig werden, wenn<br />

Neid oder ungesunde Konkurrenz die Arbeit behindern. Um<br />

es deutlich zu sagen: Ich wünsche mir kein absolut zentralistisches<br />

System mit nur einem Arbeitgeber. Das ist in<br />

einem so großen Land wie unserem gar nicht möglich.<br />

Doch einige rote Fäden und Orientierungsmarken im<br />

Gesamtsystem wären ganz schön und wünschenswert,<br />

wenn es nicht bei Stückwerk und Zufallsprodukten bleiben<br />

soll.<br />

OF: Gibt es eine Lobby zur Interessen-Vertretung der Trainer,<br />

etwa gegenüber dem DOSB?<br />

Holtmeyer: Nein, leider nicht. Der Beirat der Bundestrainer,<br />

den es früher einmal gab, wurde abgeschafft. Es existiert<br />

zwar ein Gremium wie die jährlich tagende Bundestrainer-<br />

Konferenz, aber da sitzen um die 150 Leute und nicht nur<br />

Trainer, und so ist es schwer, sich gemeinsam zu artikulieren.<br />

Sportarten übergreifend gibt es leider auch viel zu wenige<br />

Kontakte zwischen den Trainern. Ich hatte schon mal überlegt,<br />

ob man den Trainer-Beirat oder ein ähnliches Gebilde<br />

neu gründen und eine solche Gruppe wieder ins Leben<br />

rufen könnte. Man müsste das dann natürlich sehr konsequent<br />

und professionell machen, da liegen die ganz praktischen<br />

Probleme. Wir brauchen eine eigene Organisation, um<br />

die Interessen der Trainer zu vertreten. So etwas wäre meines<br />

Erachtens außerdem ein wichtiges Pendant zum „Beirat<br />

der Aktiven“, der Interessenvertretung der Sportlerinnen<br />

und Sportler. Mit einer eigenen Organisation könnten wir<br />

als Trainer zugleich den Dialog mit den Athleten pflegen<br />

und uns austauschen und da, wo es gemeinsame Interessen<br />

gibt, unseren Standpunkt sogar gemeinsam nachdrücklich<br />

artikulieren. Athleten und Trainer, das sind nun einmal die<br />

entscheidenden Figuren in einem funktionierenden Leistungssport-System,<br />

die im Zentrum stehen bzw. stehen<br />

sollten.<br />

OF: Wie wäre es mit der Begründung einer „Stiftung Sporthilfe“<br />

ausschließlich für Trainer?<br />

Holtmeyer: Keine schlechte Idee. Eine Organisation, die nur<br />

für Trainer da ist, wäre jedenfalls äußerst sinnvoll und<br />

zeitgemäß. Eine solche Institution könnte zum Beispiel auch<br />

da sehr hilfreich wirken, wo es gilt, junge Talente unter den<br />

Trainern zu fördern und ihnen berufliche Perspektiven zu<br />

eröffnen. Die Sporthilfe wäre mit dieser zusätzlichen Aufgabe<br />

überfordert. Die Stiftung darf nicht überfrachtet werden<br />

und sollte sich weiterhin ausschließlich auf die Athleten<br />

bezogene Förderung konzentrieren. Das ist immerhin ein<br />

Erfolgsmodell.<br />

Interview: Andreas Müller<br />

20


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Es ist einer der wenigen sonnigen<br />

Tage in diesem Mai <strong>2013</strong>.<br />

Die Menschen drängeln sich in<br />

den kleinen Cafes in einem Kiez in<br />

Berlins Mitte: Entspannung und<br />

Wellnessfeeling zwischen Latte macciato<br />

und Curry-Wurst. Idylle pur -<br />

wäre da nicht dieses Gespräch, das<br />

einen frösteln lässt. Man mag es<br />

kaum glauben, was Ines Geipel,<br />

ehemalige DDR-Leichtathletin und<br />

seit kurzem Vorsitzende des Vereins<br />

für Doping-Opfer-Hilfe (DOH) erzählt:<br />

Von Beschimpfungen, Attacken in<br />

Zeitungsartikeln oder Netzwerken,<br />

tätlichen Angriffen auf sie in ihrem<br />

Kiez, ganz zu schweigen von den<br />

ständigen Schmierereien an ihrem<br />

Auto. Ines Geipel, Professorin an der<br />

Hochschule für Schauspielkunst Ernst<br />

Busch in Berlin, ist für manche ehemaligen<br />

Mitbürger und -bürgerinnen<br />

oder besser gesagt ehemalige Funktionsträger<br />

des einstigen Arbeiter- und<br />

Bauernstaates eine Hassfigur.<br />

Die Seilschaften<br />

aber Dopingopfer<br />

Von Bianka Schreiber-Rietig<br />

Warum? Schließlich sind doch seit<br />

der deutschen Einheit nun schon<br />

über 20 Jahre vergangen, trennende<br />

Gräben angeblich zugeschüttet und<br />

engstirnige Mauern eingerissen<br />

zwischen den Brüdern und Schwestern<br />

aus Ost und West. Der Satz vom<br />

„Zusammenwachsen, was zusammengehört“<br />

sei Geschichte, so versichern<br />

Politiker und Funktionäre: Es ist<br />

zusammengewachsen. Das behauptet<br />

auch der deutsche Sport. Doch die<br />

Realität ist eine andere, wie das zeigt,<br />

was Ines Geipel zu spüren bekommt<br />

und was sie nun zum zweiten Mal<br />

zum Opfer macht: Sie war eine, die<br />

im DDR-Sport ohne ihr Wissen gedopt wurde, sich in den<br />

Westen absetzte und heute denjenigen auf die Füße tritt, die<br />

damals mitverantwortlich für Zwangsdoping waren beziehungsweise<br />

es mittrugen. Die Chance, ein Team, eine Einheit<br />

herzustellen, wurde schon 1990 vom Sport verpasst: Das<br />

sportliche und somit politische Wettrüsten zwischen West<br />

und Ost, speziell das zwischen der BRD und der DDR war<br />

folgenreich, vor allem für viele Athleten und Athletinnen. Das<br />

DDR-Regime definierte sich über Sporterfolge, die - koste es<br />

was es wolle - erreicht werden sollten. Ein ausgeklügeltes<br />

flächendeckendes Förder- und Dopingsystem war das Rezept<br />

für den Medaillenregen, der für weltweite Anerkennung der<br />

DDR sorgte. Doch diese Titelproduktion forderte Opfer: Mädchen<br />

und Jungen, die im Dienste des sozialistischen Staates<br />

für Vaterland und Partei schon von klein auf in spezielle<br />

Sportschulen mussten. Sie wurden nicht nur um eine unbeschwerte<br />

Kindheit und Jugend gebracht. Manche blieben auf<br />

der Strecke, weil sie nicht gut genug waren, es auch an<br />

Linientreue fehlte. Oder weil sie gesundheitliche Probleme<br />

bekamen als Folge von zu viel Training und/oder zu vielen<br />

„unterstützenden Maßnahmen“.<br />

Über die grenzenlose Experimentierfreudigkeit mit Menschen,<br />

ihren Körpern, ihrem Leistungsvermögen, ihrer Psyche aus<br />

politischer Eitelkeit konnte man nach dem Mauerfall schwarz<br />

auf weiß nachlesen. <strong>Deutsche</strong> Gründlichkeit hat auch hier<br />

22


funktionieren –<br />

haben keine Lobby<br />

Jahrzehntelang hatte man<br />

deutsch-deutsche Gespräche<br />

geführt, sich - zumindest off<br />

the record – dann bei einem<br />

Gläschen angenähert. So war<br />

auch die Haltung in den Verbands-Etagen<br />

und bei den<br />

zuständigen Vertretern des<br />

Bundesinnenministeriums<br />

(BMI) gegenüber möglichen<br />

Doping- oder Stasitätern unter<br />

den Funktionären sehr großzügig.<br />

Auf Anfrage etwa bei<br />

damals (west-)deutschen<br />

Wintersportverbänden, warum<br />

denn nun diese (Ost-)Trainer so<br />

schnell und ohne Überprüfung<br />

angestellt werden, war die<br />

häufigste Antwort: „Wir kennen<br />

den schon lange, der ist<br />

ein netter Kerl und erfolgreich.“<br />

Das reichte auch dem BMI als<br />

Empfehlung für einen Anstellungsvertrag.<br />

Auch wenn der<br />

damalige <strong>Deutsche</strong> Sportbund<br />

Kommissionen zur Stasi-und<br />

Dopingaufarbeitung einrichtete<br />

und honorige Personen für die<br />

Aufarbeitung gewinnen konnte,<br />

blieben doch viele Fragen<br />

offen. Etwa die: Wie gehen wir<br />

mit denen um, die Opfer dieses<br />

Staatssports wurden?<br />

alle gruseligen Fakten detailliert festgehalten. Doch viele<br />

Akten wurden bei den Volks-Stürmen auf Stasizentralen<br />

während der friedlichen Revolution schnell noch im Reißwolf<br />

vernichtet. Es blieben dennoch genug übrig, um den einen<br />

oder anderen Verantwortlichen im DDR-Sport zu überführen.<br />

Gerichte versuchten aufzuklären, führende Funktionäre<br />

wurden verurteilt, wenn auch das Strafmaß in vielen Fällen<br />

von denen, die unter diesem System litten, oft als zu milde<br />

befunden wurde. Verurteilt, und damit ist die Vergangenheit<br />

erledigt? Bloß nicht noch mehr graben. Und außerdem: Nun<br />

wollten die geeinten <strong>Deutsche</strong>n ja auch von der DDR-Medaillenschmiede<br />

profitieren.<br />

Am liebsten wäre es vielen<br />

Offiziellen aus Sport und Politik<br />

gewesen, das Thema auszublenden,<br />

totzuschweigen. „Man<br />

muss auch mal mit der Vergangenheit<br />

abschließen“, ist ein<br />

Standardsatz von Funktionären<br />

auch heute noch bei Nachfragen<br />

zu diesem Thema. Ansonsten gibt DOSB-Generaldirektor<br />

Michael Vesper viele Sprechblasen-Versprechen. Und Präsident<br />

Thomas Bach ist hier besonders schmallippig.<br />

Nachfragen nicht nur bei den Sportverantwortlichen. Besonders<br />

auch bei dem Mitarbeiter in einem Jobcenter, der eine<br />

schwerbehinderte ehemalige DDR-Athletin, die sich bei ihm<br />

als anerkanntes Dopingopfer vorstellt und um Hilfe bei der<br />

Arbeitsplatzsuche bittet, süffisant mit dem Satz abfertigt: „Sie<br />

haben doch damals gewusst, was sie einwerfen.“<br />

Oder bei den ehemaligen schreibenden Kollegen, die im DDR-<br />

Sport an entscheidender Stelle saßen und heute ehemalige<br />

23


Sportlerinnen und Sportler, die sich „als Dopingopfer“ geoutet<br />

haben, nicht nur in Artikeln diffamieren.<br />

Oder bei Trainern und Funktionären, die nach einem kurzen<br />

Abtauchen wieder im Sport in vorderster Linie mitmischen<br />

und damit für ihre ehemaligen Zöglinge, deren Leben sie<br />

mit zugrunde gerichtet haben, eine ständige Provokation<br />

sind.<br />

Die Seilschaften funktionieren schon lange wieder... Und die<br />

Opfer haben keine Lobby.<br />

Dennoch versuchen Einige sich zu wehren und irgendwie ihr<br />

Leben erträglicher zu machen. 10.000 Athleten und Athletinnen<br />

wurden seit 1974 bis zur Einheit mit Dopingmitteln<br />

vollgestopft. Heute gibt es 193 anerkannte Dopingopfer. Sie<br />

erhielten nach dem Dopingopferhilfegesetz von 2002 und<br />

zähen Verhandlungen eine Einmalzahlung, und der Arzneimittelhersteller<br />

Jenapharm, der die „blauen Bohnen“, das<br />

Anabolikum Oral Turinabol herstellte, zahlte 2, 9 Millionen<br />

Euro Schmerzensgeld an die Betroffenen. Ein Klacks für ein<br />

ruiniertes Leben.<br />

Das Leben davor und danach – die Wenigsten wollen darüber<br />

reden. Auch die 400-m-Läuferin Helga Arendt lehnte das<br />

ab. Die ehemalige Hallen-Weltmeisterin und Olympia-Siebte<br />

ist kürzlich im Alter von 49 Jahren an Brustkrebs gestorben.<br />

Wieder eine von ihnen. Auf Interviewanfragen zu ihrem<br />

DDR-Sportlerleben antwortete die Rechtsanwältin stets: „Zu<br />

meiner Zeit im Sport, die lange zurückliegt, möchte ich<br />

nichts sagen.“ Was Helga Arendt zum Schweigen veranlasste,<br />

werden wir nicht mehr erfahren. Andere aber schweigen „aus<br />

Scham und Angst“ sagt Ines Geipel. Helga Arendts Tod ist so<br />

ein Angstmoment für viele von ihnen. „Es fängt sofort im<br />

Kopf zu rattern an,“ schildert eine Schwimmerin, die schweres<br />

Asthma und Rückenprobleme hat, ihre Gemütsverfassung.<br />

„Ich frage mich dann: Muss ich auch so bald sterben?<br />

Ist das die Folge von dem Zeug? Jeden Tag, jeden Tag frage<br />

ich mich das. Und: Was kommt als nächstes?“ Arendts Tod<br />

müsse der Anlass sein, Nachsorgestrukturen aufzubauen, die<br />

die Folgerisiken des Hochleistungssports minimieren, sagt<br />

Geipel.<br />

Im Bundestag wurde gerade auch wieder einmal über eine<br />

Dopingopferrente diskutiert. Es war gegen Mitternacht, und<br />

die Einzige, die vor dem Plenum sprach, war die Grünen-<br />

Der Antidopingkampf braucht mehr Radikalität<br />

D<br />

er qualvolle Tod der Leichtathletin Birgit Dressel hat<br />

vor 26 Jahren den (bundes-)deutschen Sport erschüttert<br />

und eine lang anhaltend heftige Diskussion über<br />

die Abgründe des Dopings ausgelöst. An Betroffenheitsadressen,<br />

Schuldzuweisungen, Mahnungen und Gelöbnissen zu<br />

forschem Vorgehen gegen die Seuche war damals kein Mangel.<br />

Was daraus wurde, ist hinlänglich bekannt. Die Manipulation<br />

ging weiter, auch hierzulande. Im Mai <strong>2013</strong> starb wieder<br />

eine bekannte Leichtathletin, Helga Arendt, nicht mit 27<br />

Jahren wie weiland Dressel, sondern auch mit 49 viel zu früh.<br />

Das mediale Echo, das ihr Tod hervorrief, fiel vergleichsweise<br />

überschaubar aus; vermutlich, weil ein durchaus möglicher<br />

Zusammenhang zwischen Brustkrebs, an dem die ehemalige<br />

Läuferin erkrankt und der Ursache für ihr Ableben war, sowie<br />

dem der jungen Arendt nachgewiesenen Missbrauch androgener<br />

Steroide sich nur Krebsforschern erschloss und deshalb<br />

für fette Schlagzeilen nicht taugte.<br />

Geeignet, wenigstens die Dopingprävention zu forcieren, ist<br />

der Fall A. allemal. Mit den anderen Abwehrmaßnahmen geht<br />

es nämlich nicht wirklich voran. Dieser Eindruck lässt sich aus<br />

einem umfangreichen Report („Mangel an Effektivität des<br />

Testprogramms“) herauslesen, den der frühere Chef der Weltantidopingagentur<br />

WADA, Dick Pound (Kanada), erstellen ließ.<br />

Er gipfelt in der Feststellung: Trotz der Zunahme der Kontrollen,<br />

trotz wissenschaftlicher Fortschritte bei der Entschlüsselung<br />

raffinierter Substanzen versagt das weltweite Antidopingprogramm,<br />

weil Sportorganisatoren und Regierungen der<br />

konzertierte Wille fehlt – Pound nennt „menschliche und<br />

politische Faktoren“ als Ursache -, das zu tun, was notwendig<br />

ist: Nämlich die Tests nicht nach Quantität zu bemessen,<br />

sondern nach Qualität und Effektivität. Tatsächlich sind<br />

weniger als ein Prozent Positivfälle bei weltweit 250.000<br />

Kontrollen jährlich lächerlich.<br />

Pound beklagt den Einfluss von Regierungen auf ihre nationalen<br />

Antidopingagenturen (NADA). Er sagt: „Regierungen<br />

treibt wenig an, ihre nationalen Sportgrößen zu fangen.“ Sein<br />

Report kritisiert die WADA, weil sie keine Neigung zeigt,<br />

Sportverbände, die die Antidopingregeln nicht einhalten, „zu<br />

benennen und zu beschämen“. Dem IOC, dessen Mitglied er<br />

ist, empfiehlt er: Alle Säumigen rauswerfen! Und nicht kla-<br />

24


Obfrau im Sportausschuss, Viola von Cramon, die für eine<br />

Rente eintrat. Die anderen Parteiensprecher reichten ihre<br />

Rede schriftlich ein. Was sagt uns das über den Stellenwert<br />

dieses Themas, aber vor allem der Betroffenen?<br />

Politiker, Funktionäre und Medien haben sich nach den<br />

Doping-Enthüllungen im Radsport wieder einmal als Wahrer<br />

des sauberen Sports aufgeplustert – und sind mittlerweile<br />

vom Empörungsolymp herabgestiegen und in die gewohnten<br />

Fahrspuren zurückgekehrt. Freiburg und Sportmedizin? Was<br />

war da noch mal? Pharma-Versuche in der DDR titelt der<br />

Spiegel. Überraschung oder alter Hut? Schon 1991 hatte das<br />

Journal in einem Artikel über Versuchsreihen westdeutscher<br />

Unternehmen auch im Sport geschrieben.<br />

Vergessen, verdrängen. Während wir uns hier im Westen über<br />

die tiefen Stimmen der DDR-Schwimmerinnen (dank Dopingmittel)<br />

lustig machten, übersahen wir gerne, dass auch vor<br />

der eignen Haustür heftig in die chemische Trickkiste gegriffen<br />

wurde und Ärzte wie Armin Klümper und Joseph Keul als<br />

Gurus verehrt wurden. Fragen, ob denn da alles mit rechten<br />

Mitteln etwa bei Olympiaarzt Keul zuging, veranlassten den<br />

damaligen Präsidenten des Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees,<br />

Willi Daume, erst dazu, die Gesichtsfarbe zu wechseln, tief<br />

Luft zu holen – und zu schweigen. Um dann sehr laut zu<br />

sagen: „Keul ist unantastbar.“<br />

Unantastbar ist die Würde des Menschen. so heißt es jedenfalls<br />

im Grundgesetz. Manchen dieser Dopingopfer wurde die<br />

Würde von klein auf genommen. Sie bräuchten vielleicht<br />

auch die Solidarität von ehemaligen Teamkollegen. Sollte<br />

nicht jemand wie der ehemalige Eislaufstar und jetzige Olympia-Werberin<br />

Katarina Witt oder die Schwimmerin Kirstin<br />

Otto, die heute über Sport im ZDF berichtet, sich nicht vom<br />

damaligen System distanzieren und sich für diejenigen engagieren,<br />

die es nicht so gut getroffen haben wie sie? Sind sie<br />

ihnen das nicht schuldig? Sie hatten nämlich bisher viel<br />

Glück.<br />

Der Doping-Opfer-Hilfe-Verein, der etwa 600 Mitglieder hat,<br />

will jedenfalls helfen, dass Geschädigte wieder etwas von<br />

ihrer Würde, ihrem Selbstwertgefühl zurückgewinnen – durch<br />

tatkräftige Unterstützung im Alltag. Ines Geipel schwebt u.a.<br />

eine Hotline und Beratungsstelle für alle Dopingeschädigten<br />

vor. Und eine Stiftung, die den Namen der Siebenkämpferin<br />

Birgit Dressel tragen soll - einem Doping-Opfer West.<br />

Von Michael Gernandt<br />

gen, dass es dann auch unschuldige Athleten treffen kann.<br />

Die WADA wird zu Pounds Papier („Ein Weckruf“) im September<br />

Stellung nehmen. Da kommt Spannung auf.<br />

Selbst auf die Gefahr hin, dass ewige Bedenkenträger und<br />

zähe Verteidiger des Status quo protestieren, ein Schuss mehr<br />

Radikalität á la Pound würde dem Antidopingkampf gut tun.<br />

Immerhin schlägt eine deutsche Initiative diese Richtung ein.<br />

Baden-Württembergs Justizminister brachte jetzt einen<br />

Gesetzentwurf im Bundesrat ein, der Doper im Profisport<br />

unter Strafe stellt. Der schwäbische Ansatz: Im Berufssport<br />

geht es um wirtschaftliche Werte, wer an einem Profiwettbewerb<br />

gedopt teilnimmt, verzerrt diesen. Er braucht Schutz.<br />

Arzt, Betreuer und Dealer machen sich strafbar, so Minister<br />

Stickelberger (SPD), nur der Sportler selbst nicht. „Und da<br />

gehen wir jetzt dran.“<br />

Stuttgart will eine fünfjährige Freiheitsstrafe; was das Sportrecht<br />

betrifft, versucht die WADA die Regelsperre für schwere<br />

Dopingvergehen von 2015 an auf vier Jahre zu erhöhen. Fünf<br />

oder vier Jahre: ein Fall für Juristen. Oder einer für den deutschen<br />

Wähler im September. Für den Hinterkopf: CDU und<br />

FDP wollen Doper nicht hinter Gitter schicken. Die CSU ist<br />

nicht so heikel. Von Bayerns Justizministerin Beate Merk<br />

(CSU) liegen bereits zwei Entwürfe für einen Straftatbestand<br />

Sportbetrug vor, und jüngst hielt ihr Parteifreund, Bundesinnenminister<br />

Hans-Peter Friedrich, den „für sinnvoll, wenn die<br />

Abgrenzungsprobleme (Sport- zu Strafrecht) zu lösen sind“.<br />

Weichen die Fronten - hie DOSB und Teile der Regierung, dort<br />

progressive Antidopingkämpfer - jetzt doch noch auf?<br />

Die Politik als Katalysator oder Bremser, je nachdem, auch in<br />

Russland, dessen Sport mit 38 aktuellen Dopingfällen die<br />

Schmuddelliste weltweit anführt. Diese Spitzenstellung, sagt<br />

Leichtathletikchef Balachnitschew, ist dem niedrigen Niveau<br />

von Moral und Bildung geschuldet, die Philosophie des existierenden<br />

Sports nur noch: Geld, Geld, Geld. Das Ende der<br />

UdSSR sei für das Dilemma verantwortlich, „da haben wir die<br />

moralischen Standards verloren, die die Sportler vor Betrug<br />

schützen“. Eine absurde Feststellung, unterschlägt sie doch die<br />

wahren Standards der damaligen Zeit: Schweigen und Heucheln.<br />

Wie in Deutschland, als Helga Arendt noch lief.<br />

25


„Was zu tun ist, das wissen alle.<br />

Das „Nachwuchskonzept 2020“ des DOSB soll drohenden Einbrüchen im<br />

Im Leistungssport ist es nicht anderes als im normalen<br />

Leben. Wer gut ausgebildete Facharbeiter oder hoch spezialisierte<br />

Akademiker braucht, muss sie vorher passgenau<br />

ausbilden. Wer sich Kinder später als anständige Erwachsene<br />

und als wertvolle Glieder in Familie und <strong>Gesellschaft</strong> wünscht,<br />

muss sich um die Kleinen von Kindesbeinen an intensiv und<br />

liebevoll kümmern. Wer im Sport Weltspitze sein oder bleiben<br />

will, darf über der aktuellen Athleten-Generation die nächste(n)<br />

nicht vergessen. Ganz im Gegenteil gilt es dem Nachwuchs<br />

und den Talenten die ganz besondere Fürsorge angedeihen<br />

zu lassen, soll das Perpetuum mobile des deutschen<br />

Spitzensports erfolgreich in Schwung bleiben und sollen<br />

Medaillen für deutsche Starter bei kommenden <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen, Welt- und Europameisterschaften nicht rar und rarer<br />

werden. Damit sich Politiker, Funktionäre und die Freunde des<br />

Sports nicht künftig ob ausgedünnter Kaderlisten, zu weniger<br />

Akteure und mangelnder oder gar ausbleibender Erfolge<br />

verdutzt die Augen reiben, hat hinter den Kulissen emsiges<br />

Treiben eingesetzt. Vornehmlich in den kleineren, weniger<br />

Bundesligen, kommerziellen Erwägungen oder den Mechanismen<br />

der Unterhaltungsindustrie unterworfenen Sportarten<br />

gilt es, die Weichen für die Zukunft zu stellen und für den<br />

leistungssportlichen Nachwuchs ein durchgängiges, bundesweit<br />

übergreifendes System auf die Beine zu stellen.<br />

Lange To-Do-Liste bei der Suche und<br />

Entwicklung von Talenten<br />

„Baustellen gibt es dabei viele, der Handlungsbedarf ist sehr<br />

groß“, weiß Antje Hoffmann, die Leiterin des Fachbereiches<br />

Nachwuchsleistungssport am Institut für Angewandte Trainingswissenschaft<br />

(IAT) in Leipzig. Nicht zufällig fand dort<br />

Anfang Mai ein Symposium zum Nachwuchs-Leistungssport<br />

unter dem Titel „Wege an die Spitze“ statt. Dabei konnten<br />

von den rund 300 Teilnehmern und Experten die Problemzonen<br />

aus nächster Nähe besichtigt werden, und zugleich<br />

wurde bei dieser Gelegenheit der Blick über den eigenen<br />

Gartenzaun der einzelnen Sportarten hinaus gepflegt. Die<br />

Liste der Hausaufgaben im Metier der Olympioniken von<br />

morgen und übermorgen ist lang. In Zeiten immer öfter<br />

gekappter Sportunterrichts-Stunden und mangelnder Bewegung<br />

von Kindern und Heranwachsenden der „Generation<br />

Computer“ ist zum Beispiel ein professionelles System der<br />

Sichtung und Suche von Talenten zwingend geboten. Sind die<br />

Kinder für den Sport gewonnen, gilt es, sie individuell und<br />

flexibel zu fördern und über dem sportlichen Reifeprozess mit<br />

Hilfe modernster Trainingsmethoden ebenso die schulische<br />

und berufliche Ausbildung nicht zu vergessen. „Die Qualität<br />

der Trainer und Betreuer spielt dabei eine ganz zentrale<br />

Rolle“, weiß Antje Hoffmann. Sie sei oft genug nicht ausreichend<br />

wie die finanzielle Ausstattung des „Ressorts Nachwuchsleistungssport“.<br />

Unter den Stichwörtern „Individualisierung<br />

und Flexibilisierung“ verweist die<br />

Spezialistin vom IAT auf weitere<br />

unerlässliche Posten auf der To-Do-<br />

Liste des deutschen Spitzensports.<br />

Was zum Beispiel bedeute, die Tür für<br />

Spät- und Quereinsteiger unter den<br />

hoffnungsvollen Teenagern weit zu<br />

öffnen und dafür zu sorgen, dass<br />

möglichst viele Talente nicht nur den<br />

Weg in die Vereine, Stützpunkte und<br />

schließlich zu den 41 „Eliteschulen<br />

des Sports“ finden, sondern dem<br />

Sport auch erhalten bleiben und ihm<br />

nicht schnell wieder - als so genannter<br />

Aussteiger - verlustig gehen.<br />

Natürlich werden nicht alle jener<br />

jungen Athleten in den D- oder C-<br />

Kadern den Weg in die Weltspitze<br />

finden bzw. einem ungeschriebenen<br />

Gesetz des Leitungssports zufolge nur<br />

die allerwenigsten von ihnen. Doch<br />

was kann die Abbrecher und all jene<br />

von den jungen Athleten, die es nicht<br />

ganz „nach oben“ schaffen, daran<br />

hindern, anschließend ihrem Metier<br />

ein Leben lang als aktive Hobbysportler<br />

treu zu bleiben, sich zum hervorragenden<br />

Übungsleiter oder Trainer<br />

zu entwickeln oder sich in eine der<br />

zahlreichen Funktionen des sportlichen<br />

Ehrenamtes einzubringen?<br />

Sportpolitisch wünscht sich Antje<br />

Hoffmann von den einzelnen Fachverbänden,<br />

dass sie ihre sportfachli-<br />

26


Es muss gehandelt werden“<br />

deutschen Spitzensportsystem vorbeugen<br />

Von Andreas Müller<br />

che Richtlinien-Kompetenz bei der Ausbildung von Nachwuchsathleten<br />

besser als bisher wahrnehmen. Der Dachverband<br />

DOSB indes solle nun die als richtig erkannten Maßnahmen<br />

auch durchsetzen und damit in die Praxis überführen.<br />

„Was zu tun ist, das wissen alle. Es muss gehandelt werden.<br />

Es funktioniert nur, wenn alle Beteiligten an einem Strang<br />

ziehen“, sagt die IAT-Expertin und wird in ihrer grundsätzlichen<br />

Einschätzung von SPD-Politikerin Martina Münch bestätigt.<br />

„Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein<br />

Umsetzungsproblem“, fasste die brandenburgische Ministerin<br />

für Bildung, Jugend und Sport die Situation beim leistungssportlichen<br />

Nachwuchs treffend zusammen. Olav Spahl, der<br />

Leiter des Ressorts Nachwuchsleistungssport beim Dachverband,<br />

weiß bestens um diese Diskrepanz. Seit mehr als einem<br />

Jahr ist es für den früheren Bildungsreferenten des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Schwimm-Verbandes (DSV) die Aufgabe, in der DOSB-<br />

Zentrale in Frankfurt am Main für ein zukunftsorientiertes<br />

Nachwuchsleistungssportkonzept 2020 zu sorgen. Sukzessive<br />

galt es zunächst, seit dem vergangen Frühjahr das aus dem<br />

Jahr 2006 stammende zentrale Konzept für den Nachwuchs-<br />

27


leistungssport zu überprüfen und entscheidende Stellschrauben<br />

für eine Neujustierung zu fixieren. Die Analyse fand im<br />

Zusammenwirken mit den Spitzenverbänden, den Landessportbünden<br />

und den Olympiastützpunkten statt. Zum Prozedere<br />

gehörte desgleichen, verschiedene Expertengruppen zu<br />

den Themenkreisen Training/Wettkampf, Trainer, duale Karriere<br />

und Steuerung/Förderung einzusetzen, die aus der Analyse<br />

praktische Handlungs-Empfehlungen ableiteten. Ende des<br />

Jahres soll die „Reinschrift“ des überarbeiteten Nachwuchs-<br />

Konzepts vorliegen. Sie soll auf der nächsten DOSB-Vollversammlung<br />

im Dezember - gewissermaßen das Dunkel verlassend<br />

und das Licht der breiten Öffentlichkeit erblickend -<br />

zum zentralen Thema avancieren, breit und intensiv diskutiert<br />

und schließlich verabschiedet werden.<br />

Sichtung, Talente-Transfer und OSP-<br />

Betreuung als zentrale Elemente<br />

Ganz praktisch und innovativ werden die Delegierten der<br />

nächsten DOSB-Vollversammlung beispielsweise darüber zu<br />

befinden haben, ob im deutschen Sport- und Schulsystem ab<br />

2016 flächendeckend die neue Berufsgruppe der so genannten<br />

Talente-Scouts Fuß fassen soll. So jedenfalls sehen es die<br />

Überlegungen vor. „Die Talentsuche und Sichtung hat sich<br />

als eine der ganz großen Schwachstellen herauskristallisiert“,<br />

berichtet Olav Spahl. Darauf will der deutsche Sport mit so<br />

genannten Bewegungs-Checks reagieren, die demnächst<br />

erstmals bei Grundschülern in der 2. Klasse vorgenommen<br />

werden sollen. Mit Hilfe der flächendeckenden Tests soll<br />

nach motorisch begabten Kinder ebenso Ausschau gehalten<br />

werden wie nach motorisch besonders unbegabten Kindern,<br />

um beide Gruppen anschließend über spezielle Angebote von<br />

Sportvereinen unterschiedlich anzusprechen und auf die eine<br />

wie die andere Weise mit dem Sport-Gen zu infizieren. Der<br />

Arbeitsschwerpunkt bei diesem Element sowohl für das<br />

Personal als auch für die inhaltliche Ausgestaltung der<br />

Bewegungsprogramme für talentierte wie für bewegungsarme<br />

Kinder soll bei den jeweiligen Landessportbünden liegen.<br />

Die gewünschten Effekte sollen im Zusammenspiel mit den<br />

Stadt- und Kreissportlehrern sowie mit den Schulen und<br />

Sportvereinen vor Ort erreicht werden. Wie viele Planstellen<br />

bei dem vorgeschlagenen Verfahren benötigt werden und<br />

wie das strukturierte, professionelle Scouting künftig über<br />

die vorhandenen personellen Ressourcen im Schuldienst,<br />

über die kommunalen Sport- und Schulämter und die Kreissportbünde<br />

abgedeckt und mit ihnen verzahnt werden kann,<br />

all das wird noch in Gesprächen mit den Kultusministerien<br />

der Länder geklärt und abgestimmt werden müssen. Vorbilder<br />

und „Modell-Inseln“ gibt es mancherorts bereits, etwa im<br />

nordhessischen Fulda, wo der Bewegungscheck in diesem<br />

Jahr schon seine dritte Auflage erlebt, wie Magistratssprecher<br />

Michael Schwab berichtet. Der Bewegungscheck beziehe<br />

sich auf Grundschülerinnen und –schüler der zweiten<br />

Jahrgangsstufe in Stadt und Landkreis Fulda. Bei verschiedenen<br />

Kriterien wie Körperhaltung, Adipositas und Ernährungsverhalten<br />

werde geschaut und zugleich wissenschaftlich<br />

ausgewertet, für welche Sportart die Kinder geeignet sind.<br />

Am Ende der Datenauswertung gebe es eine schriftliche<br />

Empfehlung für Kinder und Eltern. Das Verfahren liege in<br />

den Händen von Professor Andreas Hohmann von der Universität<br />

Bayreuth, in Personalunion Vorsitzender des SC<br />

Wasserfreunde Fulda.<br />

„Dieses einheitliche, flächendeckende Sichtungssystem wird<br />

dringend gebraucht, und zwar Sportarten übergreifend“,<br />

unterstreicht Olav Spahl. Tests in den zweiten Klassen der<br />

Grundschulen seien lediglich als „Einstieg“ gedacht, dem sich<br />

regelmäßige und kontinuierliche Sichtungen in den Klassenstufen<br />

darüber anschließen sollten. Auf diese Weise werde die<br />

Sichtung zum fortlaufenden, ständigen und dynamischen<br />

System. Einen weiteren Schwerpunkt des neuen DOSB-<br />

Konzepts für den leistungssportlichen Nachwuchs bildet der<br />

„Transfer von Talenten“. Geht es bei der Sichtung zunächst<br />

einmal darum, Kinder für den Sport zu begeistern und ans<br />

regelmäßige Training heranzuführen, knüpft der Talente-<br />

Transfer daran an. Haben Kinder und Heranwachsende in<br />

einer Sportart oder Disziplin ihr Limit erreicht, seien kaum<br />

mehr Steigerungen zu erwarten, sollten den jungen Athleten<br />

weit stärker und strukturierter als bisher Alternativen und<br />

Perspektiven aufgezeigt werden. „Das setzt natürlich eine<br />

neue Qualität der Kooperation und des Miteinanders aller<br />

Beteiligten voraus“, unterstreicht Olav Spahl und verweist auf<br />

junge Turner oder Leichtathleten, die dank ihrer motorischen<br />

Fähigkeiten in anderen Sportarten Großes zu leisten vermögen.<br />

Oder warum sollte ein junger Alpiner nicht in den ebenso<br />

jungen olympischen Freistil-Disziplinen seinen Weg<br />

machen, wenn es zwischen den Toren auf dem Hang nicht<br />

mehr so gut wie erhofft vorangeht? Mit gutem Beispiel in<br />

Sachen Transfers gehen seit langem die Bob- und Rodelsportler<br />

voran, indem Leichtathleten regelmäßig zu Anschubtests<br />

eingeladen werden.<br />

Erster Entwurf des Gesamtkonzepts in<br />

der Experten-AG durchgefallen<br />

Ganz gleich, ob in ihrer angestammten oder einer anderen<br />

Sportart, ist für die potenziellen künftigen Olympioniken im<br />

Alltag eine bessere Trainingsbegleitung vonnöten. Auf dieses<br />

Moment weist die überarbeitete Nachwuchskonzeption<br />

deutlich hin. Vor allem für die D/C-Kader gelte es, den Zugriff<br />

auf das professionelle und komplexe Betreuungssystem an<br />

den insgesamt zwanzig Olympiastützpunkten (OSP) deutlich<br />

zu verbessern. Bislang sind die Einrichtungen in der Hauptsache<br />

den Top-Athleten vorbehalten und auf die A-und B-<br />

28


Kader fokussiert. Ob und wie künftig daneben ebenso hoffnungsvolle<br />

Nachwuchsathleten vom Know-how der OSP<br />

profitieren, das ist Olav Spahl zufolge einer der wesentlichen<br />

Aspekte zeitgemäßer Nachwuchsbetreuung. Ganz in diesem<br />

Sinne gelte es, an den jeweiligen Standorten die „Ressourcen<br />

zu optimieren“ und „das Serviceangebot neu zu ordnen“. Eine<br />

Herausforderung und besonders wichtige Aufgabenstellung<br />

insbesondere für die Spitzenverbände. Schließlich sind sie es,<br />

die sportfachlich die Gesamtverantwortung innehaben und –<br />

nicht zuletzt hinsichtlich der Rahmen-Trainingspläne für<br />

ihren Nachwuchs - mit der notwendigen Richtlinien-Kompetenz<br />

ausgestattet sind. Zuallererst liegt es darum an den<br />

Verbänden, inwieweit die vom DOSB-Nachwuchskonzept<br />

entwickelten Empfehlungen möglicht schnell Früchte tragen.<br />

Was die OSP-Betreuung von jungen Athleten anlangt, könnte<br />

das neue Stützpunkt-Konzept im<br />

deutschen Sport äußerst hilfreich<br />

sein. Es regelt, dass nicht mehr jeder<br />

Verband mit jedem Olympiastützpunkt<br />

separate Vereinbarungen trifft<br />

und der Wirrwarr mit fast 200<br />

Kooperationsvereinbarungen ein Ende<br />

hat. Fortan soll jede Sportart nur<br />

noch einen einzigen Komplettvertrag<br />

mit dem gesamten OSP-System und<br />

allen anderen Partnern des wissenschaftlichen<br />

Verbundsystems<br />

abschließen. Eine gute Chance, bei<br />

der Neufassung zugleich die Interessen,<br />

Erwartungen und Ansprüche in<br />

Bezug auf die Nachwuchsathleten<br />

deutlich zu artikulieren sowie die<br />

Pflichten der Verbände festzuschreiben.<br />

„Da erwarten wir von ihnen nun<br />

verbindliche Aussagen und werden<br />

ihnen entsprechend auf den Füßen<br />

stehen“, blickt Olav Spahl voraus.<br />

„Denn was nützen die besten Vorschläge<br />

zur Entwicklung des leistungssportlichen<br />

Nachwuchses, wenn<br />

das Konzept anschließend nicht mit<br />

Leben erfüllt wird.“<br />

Vorlage bei der DOSB-Mitgliederversammlung in den kommenden<br />

sechs Monaten noch eine gewaltige Arbeit zu leisten,<br />

damit das „Gesamtkonzept 2020“ zur Zukunft des leistungssportlichen<br />

Nachwuchses seinem Namen und den Herausforderungen<br />

in diesem Segment des Spitzensports tatsächlich<br />

gerecht werden kann. Die aus dem Symposium abgeleiteten<br />

„Leipziger Positionen“ sollen nun mithelfen, das Papier als<br />

akzeptable Vorlage für die nächste Vollversammlung des<br />

Dachverbandes fertig zu stellen. Mit dem im April dieses<br />

Jahres vorgelegten ersten Entwurf aus dem Hause DOSB<br />

hatte sich noch keines der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft<br />

(AG) Nachwuchsleistungssport so recht identifizieren<br />

mögen. Entsprechend war diese erste Vorlage innerhalb der<br />

AG, die seit dem Frühjahr 2012 vier Mal getagt hatte,<br />

zunächst durchgefallen.<br />

Beim Symposium „Wege an die<br />

Spitze“ wurden die bei dieser Gelegenheit<br />

erstmals in die Öffentlichkeit<br />

getragenen Überlegungen des Dachverbandes<br />

DOSB weniger als schlüssiges<br />

Gesamtwerk, sondern vielmehr<br />

als Ensemble von Bruchstücken<br />

wahrgenommen. In der Diskussion<br />

war ein Tenor nicht zu überhören.<br />

Wiewohl im Detail - wie weiter oben<br />

ausgeführt - bereits sehr konkrete<br />

Vorstellungen existieren, ist bis zur<br />

29


„Eliteschule des Sports“ in Luckenwalde:<br />

Die beiden Schilder, die im ersten Stock der Friedrich-<br />

Ludwig-Jahn-Schule einander anblicken, sind nicht zu<br />

übersehen. Auf der einen Seite das Bildnis des deutschen<br />

Turnvaters und Namensgebers der Bildungseinrichtung,<br />

ihm gegenüber der deutliche Hinweis auf die „Eliteschule des<br />

Sports“. Seit Anfang des Jahres darf die Schule im Norden von<br />

Luckenwalde diesen Titel tragen. „Die Verleihung war ein<br />

ergreifender Akt. Doch gleich darauf folgte der Katzenjammer,<br />

als die Pläne des IOC bekannt wurden“, skizziert die stellvertretende<br />

Schulleiterin Ines Schwerdt das momentane Lebensgefühl.<br />

Zur großen Freude und zum Stolz auf den neuen<br />

Status kommen jetzt beträchtliche Bauchschmerzen wegen<br />

der olympischen Zukunft des Ringens. Der traditionelle Zweikampf<br />

ist an der Luckenwalder Sportschule nämlich die<br />

einzige Schwerpunkt-Sportart…<br />

Seitdem in dem heute 18.000 Einwohner zählenden Städtchen<br />

im Süden Berlins 1897 der Kraftsport-Klub das Licht<br />

der Welt erblickte, gehört das schon in der Antike gepflegte<br />

Ringen hier gewissermaßen zum Kulturgut. Umso größer die<br />

Sorge, das Internationale <strong>Olympische</strong> Komitee könnte bei<br />

seinem nächsten Zusammentreffen im September den Klassiker<br />

aus dem olympischen Programm verbannen. „Daran<br />

wollen wir am besten gar nicht denken“, sagt Ines Schwerdt.<br />

Die 49-jährige Frau, die in ihren Spezialfächern Mathematik<br />

und Physik unterrichtet, mag sich die Kette an möglichen<br />

Konsequenzen nach einem Olympia-Aus gar nicht ausmalen.<br />

Und doch lässt sich aus den Köpfen der jungen Ringer-<br />

Schüler und des gesamten Betreuerstabes nicht der Gedanke<br />

verdrängen, dass wegen einer IOC-Entscheidung nicht nur<br />

die schöne Plakette mit den Namen „Eliteschule“ verlustig<br />

30


Ringen mit der Ungewissheit Von Andreas Müller<br />

gehen, sondern damit zugleich ein komplettes, funktionierendes<br />

und mit viel Fleiß und Kärrnerarbeit zustande<br />

gebrachtes Fördersystem dem Untergang geweiht sein könnte.<br />

Rund ein Fünftel von den insgesamt 326 Mädchen und<br />

Jungen in der Oberstufe der Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule<br />

sind aktive Ringer. Im Rahmen des normalen Unterrichts wird<br />

pro Woche viermal vormittags trainiert. Hinzu kommen<br />

wöchentlich fünf bis sechs Trainingseinheiten am hochmodernen<br />

Stützpunkt. Die große Halle mit ihrer Klinkerziegel-<br />

Fassade gilt als der erste große Neubau im ostdeutschen<br />

Sport nach der Wende. Nebenan im älteren Teil finden die<br />

Kämpfe des 1990 gegründeten 1.Luckenwalder Sportclubs<br />

statt. Unter dem Namen Sportgemeinschaft Dynamo zu DDR-<br />

Zeiten Serienmeister, haben sich die Brandenburger mit bis zu<br />

eintausend Zuschauern an den Kampftagen längst in der<br />

Bundesliga etabliert. Im Jahre 2006 durften sie die deutsche<br />

Meisterschaft feiern, in der abgelaufenen Saison war im<br />

Viertelfinale Endstation. „Na klar möchte man später mal ins<br />

Bundesliga-Team reinwachsen“, berichtet Ilja Matuhin. „Es<br />

macht uns stolz, jetzt Eliteschüler zu sein. Aber wir heben<br />

deswegen nicht ab.“<br />

Der 15-Jährige und seine Mitschüler aus der zehnten Klasse<br />

bereiten sich auf den vier großen blauen Ringermatten gerade<br />

auf die brandenburgischen Meisterschaften vor. Sein ganz<br />

privater Motivator ist sein acht Jahre älterer Bruder Nick, mit<br />

dem Ilja am liebsten die Sommerspiele 2020 gemeinsam auf<br />

der Matte erleben möchte. Als Teilnehmer in London hatte<br />

der große Bruder bereits olympisches Flair genießen dürfen.<br />

Kein Wunder, dass Nick Matuhin nun bei den Eliteschülern<br />

von Luckenwalde ein fast ebenso großes Vorbild ist wie die<br />

früheren „Eigengewächse“ Maik Bullmann oder Heiko Balz,<br />

die bei den Sommerspielen 1992 in Barcelona Gold und Silber<br />

gewannen. Einige von den aktuellen Nachwuchshoffnungen<br />

haben sich Mitte Juni bei den Kadetten-EM in Montenegro<br />

und werden sich einen Monat später bei den europäischen<br />

Titelkämpfen der Junioren im mazedonischen Skopje beweisen<br />

dürfen. Für Lydia Nürnberger aus dem sächsischen Werdau<br />

indes ist nach einer langwierigen Verletzung für dieses<br />

Jahr die Chance dahin. „Ich denke schon an 2014“, dann will<br />

sie wieder wie im vorigen Jahr bei der Nachwuchs-EM starten.<br />

Noch viel näher ist der 18-Jährigen derzeit ein guter<br />

Schulabschluss, um anschließend nach einem Freiwilligen<br />

Sozialen Jahr in Luckenwalde eine Ausbildung beginnen zu<br />

können. Ihr Bruder Marcus hat ihr die Lehrstelle schon voraus<br />

- als Auszubildender am Schul-Internat.<br />

Die insgesamt 25 Plätze in der ersten Etage des Jugendzentrums<br />

„Go 7“ sind heiß begehrt. Das Internat nahe am Bahnhof<br />

in der Stadtmitte bildet für die jungen Luckenwalder<br />

Ringer zusammen mit der Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule und<br />

dem Trainings-Stützpunkt so etwas wie das mit dem Fahrrad<br />

bestens zu bewältigende „magische Dreieck“. Damit das<br />

„Eliteschulen des Sports“<br />

N<br />

achdem Anfang dieses Jahres die Standorte<br />

in Luckenwalde und Nürnberg den Status<br />

einer „Eliteschule des Sports“ (EdS) erhielten, gibt<br />

es in der Bundesrepublik nunmehr insgesamt 41<br />

solcher Spezial-Einrichtungen. 21 davon in befinden<br />

sich in den neuen Bundesländern und Berlin,<br />

20 in den alten Bundesländern. Zum EdS-Gefüge<br />

gehören aktuell insgesamt 105 Haupt-, Real- und<br />

Gesamtschulen sowie Gymnasien, an denen<br />

bundesweit fast 50.000 Schülerinnen und Schüler<br />

lernen. Darunter befinden sich etwa 11.500<br />

junge Athleten, von denen mehr als eintausend<br />

den Nachwuchs-Bundeskadern ihrer Verbände<br />

angehören. Die Nachwuchsathleten an den<br />

Eliteschulen werden insgesamt von mehr als 650<br />

so genannten „Lehrertrainern“ betreut. Bei dieser<br />

speziellen Gruppe handelt es sich um Diplom-<br />

Trainer bzw. Inhaber einer A-Trainerlizenz. Etwa<br />

zwei Drittel von ihnen gehören zugleich als<br />

hauptamtliche Pädagogen dem Lehrkörper an<br />

diesen Bildungseinrichtungen an. In Anlehnung<br />

an die früheren Kinder- und Jugendsportschulen<br />

(KJS) des DDR-Sportsystems gibt es die EdS in<br />

modifizierter Form im bundesdeutschen Sport<br />

seit 1996.<br />

31


System der Sportschule in den Klassenstufen 7 bis 10 floriert,<br />

wird ständig professionell gesichtet. Im Zusammenspiel mit<br />

Adrian Hofmann, dem hauptamtlichen Sichtungstrainer des<br />

brandenburgischen Landesverbandes der Ringer, haben die<br />

beiden Luckenwalder Lehrertrainer Olaf Bock und Michael<br />

Kleinschmidt den Überblick. Stets im Herbst werden die<br />

potenziellen Kandidaten zum Probetraining eingeladen.<br />

Hauptsächliches Reservoir für Talente sind die etwa zehn<br />

Vereine in Berlin-Brandenburg, unterstreichen die beiden<br />

Lehrertrainer. Einige ihrer Schützlinge kämen jedoch auch aus<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt oder aus Sachsen.<br />

Wobei die Eliteschule in Luckenwalde inzwischen ausschließlich<br />

auf die Sparte Freistil spezialisiert ist, auf die<br />

Talente in der Stilart griechisch-römisch sind die Kollegen in<br />

Frankfurt/Oder spezialisiert.<br />

Damit dem Ringernachwuchs in Luckenwalde nach Abschluss<br />

der zehnten Klasse die Tür zum Abitur offen steht, wurde ein<br />

Kooperationsvertrag mit dem Oberstufenzentrum in der Stadt<br />

abgeschlossen. „Das war natürlich eine wichtige Voraussetzung,<br />

um den Titel einer Eliteschule zu bekommen“, erklärt<br />

Ines Schwerdt. Hatte sich die Konrektorin mit dem Ringen<br />

zunächst nicht besonders auseinandergesetzt, stehe sie nun<br />

seit geraumer Zeit „mitten drin im Thema“. Regelrecht verblüfft<br />

habe sie, „wie sehr die Kinder die Diskussion um die<br />

olympische Zukunft ihrer Sportart bewegt“. Sofort nach<br />

Bekanntwerden der IOC-Pläne seien die Schüler in der Stadt<br />

aktiv geworden und hätten beispielsweise in Geschäften und<br />

öffentlichen Einrichtungen Unterschriftenlisten ausgelegt.<br />

„Der erste Schock saß natürlich tief“, wissen Olaf Bock und<br />

Michael Kleinschmidt. Umso mehr staunten sie und freuten<br />

Olympiasieger Andreas Dittmer:<br />

„Eliteschulen bilden das Rückgrat<br />

der deutschen Olympiamannschaften“<br />

A<br />

ndreas Dittmer, zwischen 1996 und 2004 drei Mal Kanu-<br />

Olympiasieger und inzwischen Referent für die Sportförderung<br />

beim <strong>Deutsche</strong>n Sparkassen- und Giroverband (DSGV),<br />

über die Situation der „Eliteschulen des Sports“ in Deutschland<br />

OF: Eine Evaluation der„Eliteschulen des Sports“(EdS) stand<br />

schon nach den <strong>Olympische</strong>n Spielen 2008 in Peking auf der<br />

Agenda des DOSB. Ergebnisse wurden jedoch erst im vergangenen<br />

Herbst vorgelegt. Wie bewertet der Sportexperte des<br />

<strong>Deutsche</strong>n Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) als dem<br />

wichtigsten Wirtschaftspartner der Eliteschulen des Sports<br />

die Verzögerung?<br />

Dittmer: Bei den inzwischen 41 Spezialschulen handelt es<br />

sich um ein kompliziertes Gefüge. Hierbei wirken Bildungsträger,<br />

Olympiastützpunkte, Internate, Sportverbände, Vereine<br />

und weitere Partner mit. Entsprechend braucht es bei einem<br />

so aufwändigen Verfahren wie der Evaluation der Mitwirkung<br />

von vielen beteiligten Personen. Allein die Ausarbeitung des<br />

Überprüfungs-Verfahrens festzulegen, war so kompliziert,<br />

dass es rund zwei Jahre in Anspruch genommen hatte. Zeitliche<br />

Verzögerungen sind die logische Folge gewesen.<br />

OF: Umso bedauerlicher, dass es dann bei einer Fragenbogen-<br />

Aktion blieb. Bei einer so aufwändigen Vorbereitung hätte<br />

man sich gewünscht, dass eine Experten-Kommission sämtliche<br />

Einrichtungen besucht und sich jeweils einen persönlichen<br />

Eindruck vor Ort verschafft.<br />

Dittmer: Dem stimme ich zu. Ein solches Verfahren wäre<br />

meines Erachtens der Bedeutung dieses Schulsystems für den<br />

deutschen Leistungssport angemessen und wünschenswert<br />

gewesen. Bei den Sommerspielen in London waren 31 Eliteschüler<br />

des Sports an den insgesamt 44 Medaillen beteiligt,<br />

die die <strong>Deutsche</strong> Olympiamannschaft gewonnen hat. Allein<br />

das zeigt den außerordentlichen Stellenwert dieser Spezialschulen.<br />

Leider verfügte der DOSB nicht über entsprechende<br />

Ressourcen in diesem Bereich, um eine qualitative Analyse auf<br />

diese Weise vorzunehmen. Durch die Schaffung einer neuen<br />

Stelle Projektleiter „Duale Karriere“ beim DOSB ist schon ein<br />

erster wichtiger Schritt getan. Trotzdem sollte man die Analyse<br />

jetzt nicht schlecht reden. Das war ein erster wichtiger<br />

Schritt zur Qualitätssicherung, dem nun weitere folgen müssen.<br />

Es ist ja gar nicht notwendig, stets alle Schulen zur selben<br />

Zeit zu untersuchen. Sinnvoll wäre meines Erachtens künftig<br />

32


sie sich über die jüngsten Reaktionen in<br />

der Ringer-Hochburg. Es sei „ein schönes<br />

Gefühl, wie die Menschen in der Region<br />

hinter uns stehen“, unterstreichen die<br />

beiden Lehrertrainer. Auch die Landespolitik<br />

habe sich solidarisch erklärt. Kleine<br />

Impulse zwar, aber große Mutmacher im<br />

Bunde mit dem energischen Bemühen der<br />

internationalen Ringer-Familie, die olympische<br />

Regierung doch noch zur Vernunft<br />

zu bringen. Sogar Franz Beckenbauer hat<br />

an das IOC appelliert. Die Liste der Sympathisanten<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Ringer-Bundes<br />

(DRB) umfasst inzwischen weit mehr als<br />

100.000 Unterschriften.<br />

eine Art Rotationsprinzip. Danach könnten pro Jahr beispielsweise<br />

immer zehn Schulen unter die Lupe genommen werden.<br />

Das wäre als Pensum für Vorort-Besuche sicher machbar und<br />

würde außerdem dazu führen, dass die Evaluierung zu einem<br />

fortlaufenden, ununterbrochenen Prozess wird.<br />

OF: Das Ergebnis der jüngsten Befragung klingt ernüchternd.<br />

Nur zehn der Eliteschulen wurde dieses schöne Prädikat bis<br />

2016 gewährt. Alle anderen Einrichtungen, also drei Viertel,<br />

sollen bis 2014 nachbessern…<br />

Dittmer: Der Maßstab ist der internationale sportliche Wettbewerb,<br />

in dem wir uns befinden. Gemessen am internationalen<br />

Standard ist in vielen Sportarten schon sehr früh ein<br />

beträchtliches Trainings-Pensum nötig. Ein ganz wichtiges<br />

Kriterium, das viele Schulen noch nicht erfüllen können, ist<br />

beispielsweise die variable Schulzeit. Wir brauchen für alle<br />

Eliteschulen des Sports unbedingt eine Schulzeitstreckung<br />

und eine den Bedingungen des Hochleistungssports angepasste<br />

Schulzeit. In einigen Bundesländern ist beispielsweise<br />

eine Schulzeitstreckung noch nicht möglich. Bei mehr als 20<br />

Stunden Trainingsumfang und einem Schulpensum von 35<br />

Stunden können wir kaum von leistungssportgerechten<br />

Rahmenbedingungen sprechen.<br />

OF: Das heißt, Nachwuchs-Leistungssport und speziell seine<br />

Eliteschulen liegen mit dem konföderalen Bildungssystem<br />

über Kreuz?<br />

Dittmer: Es wäre sicher einfacher, wenn wir nur einen Bildungsträger<br />

für diese Einrichtungen hätten. Gleichwohl<br />

haben wir in einigen Bundesländern sehr erfolgreiche Einrichtungen,<br />

daran können sich andere orientieren. Nun gilt es, die<br />

Qualität an den Standorten weiter zu verbessern, um jungen<br />

Talenten die Möglichkeit zu geben, Schule und Leistungssport<br />

zu vereinbaren. Meines Erachtens gibt es auch keine Alternative<br />

zu den Eliteschulen des Sports. Sie bilden das Rückgrat<br />

der deutschen Olympiamannschaften. Es sollte daher nicht<br />

der Zufälligkeit überlassen werden, dass sich irgendwo in der<br />

Republik ein Olympiasieger entwickelt.<br />

OF: Dessen ungeachtet wird Bildungspolitik weiterhin Ländersache<br />

bleiben und die zentrale Steuerung aller EdS aus<br />

einer Hand ein schöner Traum. Was kann der DSGV als wichtiger<br />

Partner des Sports, der seinen Vertrag mit dem DOSB<br />

kürzlich bis 2016 verlängerte, unter den gegeben Bedingungen<br />

für diese Schulen bewirken?<br />

Dittmer: Wir drängen darauf, dass die Qualität weiter gesteigert<br />

wird. Durch gezielte Maßnahmen helfen wir, die Bedingungen<br />

weiter zu verbessern oder drängen auf weitere<br />

Optimierungen. Aber die sportpolitischen Debatten um die<br />

grundsätzlichen Rahmenbedingungen müssen von Seiten des<br />

organisierten Sports und der Politik geführt werden. Was wir<br />

können ist, die Eliteschulen des Sports ganz praktisch und<br />

unbürokratisch in Detailfragen zu unterstützen. So stellen wir<br />

ihnen unter anderem Mittel für Sportgeräte, Trainingslehrgänge<br />

oder für den Transport zwischen Schule und Sportstätten<br />

zur Verfügung. Wir zeichnen gemeinsam mit dem DOSB<br />

jährlich die besten „Eliteschulen des Sports“ und die besten<br />

„Eliteschülerinnen und Eliteschüler des Sports“ aus und laden<br />

sie zu interessanten Workshops wie beispielsweise zu den<br />

<strong>Olympische</strong>n Spielen 2014 nach Sotschi oder zu Weltmeisterschaften<br />

in Deutschland ein. Darüber hinaus veranstalten wir<br />

gemeinsam „Tage der offenen Tür“. Mit all diesen Maßnahmen<br />

sorgen wir auch für eine verstärkte öffentliche Wahrnehmung<br />

der Eliteschulen des Sports.<br />

Interview: Andreas Müller<br />

33


Heiße Luft und nix wie weg<br />

I<br />

t`s showtime! Die Gladiatoren marschieren ein wie die<br />

Klitschko-Brüder bei heroischer Musik und im gleißenden<br />

Scheinwerferlicht – nicht in den Ring, sondern aufs Podium<br />

im Sparkassenhaus in Berlin. Der <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund<br />

(DOSB) hat zum Wahlhearing geladen. Während vorne<br />

Spitzenprofis sitzen, sind im Publikum nicht viele aus der<br />

ersten Reihe der Sportfunktionäre angetreten. Natürlich ist<br />

Präsident Thomas Bach da, im Gefolge sein Präsidium. Einer<br />

hat auf dem Podium gekniffen: SPD-Spitzenkandidat Peer<br />

Steinbrück, doch der schickte einen aus seinem Kompetenzteam:<br />

Thomas Oppermann, der ja vielleicht mal Sportminister<br />

(also Innenminister) werden könnte und sich an dem Abend<br />

dafür empfahl.<br />

Volker Kauder (CDU), Rainer Brüderle (FDP), Jürgen Trittin<br />

(Grüne) und Gregor Gysi (Linke) vervollständigten das Politkleeblatt,<br />

das dann munter losdiskutierte, soweit es Moderator<br />

Johannes B. Kerner zuließ, der seine vorbereiteten Fragen<br />

abarbeitete. Die Themen waren vorgegeben: Verbände<br />

hatten Fragen beim DOSB eingereicht, Generaldirektor<br />

Michael Vesper die passenden ausgesucht. Das geladene<br />

Publikum ist zunächst zum Zuhören verdonnert. Und nach<br />

einer halben Stunde fragt man sich: Was macht man hier<br />

eigentlich? Was soll uns diese Veranstaltung sagen? Dass die<br />

DOSB-Bosse es geschafft haben, für diesen Abend Spitzenpolitiker<br />

herzuholen, die mehr oder weniger gut gebrieft<br />

sich da vorne selbst inszenieren? Um der zweiten Garde des<br />

Sports zu signalisieren: Bundespolitiker aus der ersten Reihe<br />

kommen, wenn wir rufen? Seht her, wie wichtig wir sind,<br />

wie wichtig der organisierte Sport ist? Es wurde ein klassisches<br />

Eigentor.<br />

Es wäre eine Chance gewesen, diese öffentliche (Wahl-)<br />

Veranstaltung für eine inhaltliche Diskussion zu nutzen, wenn<br />

man denn daran Interesse gehabt hätte. Doch dann hätten<br />

vielleicht weniger prominente Politiker, sondern kompetente<br />

Gesundheitspolitiker oder Bildungspolitiker oder... auf dem<br />

Podium sitzen müssen. So blieb es ein launiges Schattenboxen,<br />

mit einer Querbeet-Diskussion, vielen Sprechblasen und<br />

peinlicher Anbiederung.<br />

Sport ins Grundgesetz, Spitzensportförderung, Doping, Ehrenamt,<br />

Prävention, Inklusion, duale Karriere standen im Themenkatalog.<br />

Jeder Politiker durfte etwas<br />

sagen, brav abgefragt, der Reihe nach.<br />

Keine Zwischenrufe bitte, höchstens mal<br />

ein Späßchen. Keine Überraschungen<br />

also: Die Profis lavieren geschickt um<br />

Konkretes, etwa wenn es um mehr Geld<br />

für den Spitzensport geht. Oder Zuständigkeiten.<br />

Der Bund kann ja schließlich<br />

nicht immer alles bezahlen, was die<br />

Länder haben wollen. Oder sind etwa<br />

nicht alle für die Bewerbung um <strong>Olympische</strong><br />

Spiele? Na ja, von der linken<br />

Seite kommt doch eine Einschränkung:<br />

Nur, wenn die Bevölkerung dafür ist.<br />

Was der Sport nun will, oder was er von<br />

der Politik erwartet, wird nicht deutlich.<br />

Keine Strategie oder Taktik erkennbar,<br />

auf die Präsident Bach und sein General<br />

doch sonst immer großen Wert legen. Es plätschert vor sich<br />

hin. Dabei gäbe es viele Fragen, die es auszudiskutieren gilt.<br />

Doch die kommen nicht. Etwa beim internationalen Sport.<br />

Hoffnung keimt auf, dass es doch noch etwas spannend<br />

werden könnte, als der Generalsekretär des <strong>Deutsche</strong>n Fußball-Bundes,<br />

Helmut Sandrock, nachfragt, ob man internationalen<br />

Partnern weiter mitteilen kann, wenn sie hier in<br />

Deutschland ein Großereignis veranstalten würden, dass<br />

ihnen freundliches Entgegenkommen sicher ist. Will sagen:<br />

Bekommen sie zum Beispiel Vorteile wie Steuerbefreiung<br />

weiter? Die Antworten sind unverbindlich. Das Wort Knebelvertrag<br />

nimmt keiner der Herren in den Mund, geschweige<br />

denn Wörter wie Wettbewerbsverzerrung, Korruption. Um<br />

Gottes willen, bloß nicht nachfragen. Ungünstiger Zeitpunkt<br />

für internationale Verwicklungen. Schließlich will der DOSB-<br />

Präsident ja bekanntlich demnächst in Buenos Aires der<br />

oberste Olympier werden. Da passt das nicht. Und es interessiert<br />

offensichtlich auch nicht.<br />

Nächste Frage: Ein Ko-Referat zu Bildung und Sport. Bei der<br />

sehr speziellen Frage zum Führerschein bei Yachten und<br />

Motorbooten auf Bundeswasserstraßen müssen die Profis<br />

endlich mal passen. Das waren also die Themen, die den<br />

deutschen Sport so bewegen? Keine Zukunftsängste auf<br />

34


Grund ökonomischer oder ökologischer Entwicklungen? Oder:<br />

Wie sieht der Sportverein der Zukunft aus, wenn die Bevölkerung<br />

immer älter wird? Nein, ein eigener Fernsehsportkanal<br />

treibt um, nicht nur den Präsidenten Thomas Bach, der sich<br />

diesen Traum erfüllen will, wenn er zum IOC-Präsidenten<br />

gewählt wird.<br />

Der Wahlmarathon für die Politiker geht weiter. Die Gastgeschenke<br />

für die Diskutanten – Laufschuhe in den Parteifarben<br />

- machen da Sinn. Aber für den Einen oder die Andere im<br />

Publikum waren sie eine Art symbolischer Startschuss: Nix<br />

wie weg nach so viel heißer Luft....!<br />

Bianka Schreiber-Rietig<br />

Von Medaillenkorridoren und totaler<br />

Transparenz<br />

I<br />

n der Vergangenheit waren sie das große Geheimnis des<br />

deutschen Spitzensports. Bis der <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

Sportbund und der spitzensportfördernde Bundesminister des<br />

Inneren bei den <strong>Olympische</strong>n Spielen 2012 in London ein paar<br />

kommunikative Fehler machten und nach Klagen von Sportjournalisten<br />

" klein beigeben mussten. Jetzt verhandelt der<br />

olympische Dachverband die Zielvereinbarungen mit den<br />

olympischen Sportverbänden in „allergrößter Transparenz“,<br />

wie Generaldirektor Michael Vesper in<br />

Frankfurt verkündete. Dass man weiter<br />

Medaillen hochrechnet, es aber nicht mehr<br />

sagen will, führt zu Wortungetümen wie<br />

Medaillenkorridoren. Innerhalb eines<br />

Medaillenkorridors ist aber viel, wenn nicht<br />

sogar alles möglich.<br />

Für die weniger erfolgreichen deutschen<br />

Sportarten bleibt die Zukunft trotzdem<br />

düster, die Millionen des Steuerzahlers<br />

wandern in die olympischen Erfolgssportarten.<br />

Wie sich unter diesen Umständen<br />

aktuelle Minus-Sportarten in Richtung<br />

Erfolg bewegen sollen, bleibt Vespers<br />

Geheimnis. Kein Geheimnis ist dagegen,<br />

dass der deutsche Spitzensport natürlich<br />

weiter Medaillen gewinnen will. Für die<br />

<strong>Olympische</strong>n Winterspiele in Sotschi hat<br />

Vesper das Ziel verraten, ob er es nun wollte<br />

oder nicht. Der deutsche Wintersport will<br />

aufs Treppchen, hat Vesper gesagt. Damit muss man mindestens<br />

Dritter in der sogenannten inoffiziellen Nationenwertung<br />

werden. Sonst kommt man nicht auf das Treppchen.<br />

Weil die allzu optimistischen Prognosen der deutschen Spitzensportstrategen<br />

für London weiter nachwirken, ist man bei<br />

den Vorausberechnungen für Rio de Janeiro 2016 vorsichtiger<br />

geworden. Vesper sagt nur, dass das Medaillenergebnis von<br />

London gehalten und, wenn möglich, gesteigert werden soll.<br />

In London kam die deutsche Olympiamannschaft auf den<br />

sechsten Platz, mithin wird in Rio der fünfte angepeilt. Das<br />

wäre sozusagen ein schmaler Korridor, in einem etwas breiteren<br />

Korridor könnte man auch an höhere Ränge denken. Aber<br />

sagen will man das dann doch lieber nicht.<br />

Egal, ob man Medaillen hochrechnet oder Korridore bemüht,<br />

eine ganz wichtige Frage bleibt im Prinzip weiter unbeantwortet.<br />

Weil im deutschen Spitzensport nur der zählbare<br />

Erfolg belohnt wird, nicht aber unbedingt der Weg dorthin.<br />

Das bleibt ein grundsätzliches Problem, von dessen Lösung<br />

auch die größten Strategen auf allen Korridoren noch ziemlich<br />

weit entfernt sind.<br />

Christoph Fischer<br />

Kein Alibi-Engagement<br />

F<br />

ür die Anlandung der deutschen Sommer-Olympioniken<br />

nach ihrer kurzen Seereise von London nach Hamburg<br />

war im August 2012 öffentlich-rechtlich nur ein Plätzchen in<br />

einem der dritten Programme reserviert. Die Rückkehr der<br />

beiden Champions-League-Finalisten am 26. Mai <strong>2013</strong> indes<br />

fand ausgiebig im Hauptprogramm statt. Und zwar gleich<br />

doppelt, mit der Begrüßung der Sieger in München wie des<br />

unterlegenen Teams in Dortmund. Es mag dies wie eine<br />

Marginalie erscheinen. Doch sie erhellt, wie weit der Fußball<br />

KOMMENTARE<br />

35


den olympischen Sommersport hierzulande abgehängt hat.<br />

Die logische Folge der unterschiedlichen Wahrnehmung<br />

insbesondere in den elektronischen Medien sind Parallelwelten.<br />

Im Schatten die so genannten Randsportarten, ob ihrer<br />

Anonymität oft genug arm wie Kirchenmäuse. Im gleißenden<br />

Licht medialer Dauerpräsenz König Fußball im güldenen,<br />

Edelstein besetzten Gewand über den kurzen Hosen.<br />

Die Diskrepanz scheint inzwischen Besorgnis erregend. Schon<br />

muss gefürchtet werden, dass medaillengeschmückte deutsche<br />

Turner, Kanuten, Judoka, Ruderer oder Schwimmer<br />

künftig ausbleiben und somit die kleinen Sportarten und ihre<br />

Protagonisten nicht einmal mehr wenigstens alle vier Jahre<br />

gebührend in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Ein Szenario,<br />

das selbst dem übermächtigen Fußball nicht gefallen<br />

kann und die Bundesliga-Stiftung nun zu einer schönen<br />

Geste veranlasste. Von diesem Jahr an übereignet sie der<br />

Stiftung <strong>Deutsche</strong> Sporthilfe als erklärtem Anwalt der weniger<br />

betuchten Athleten und deren Sportarten jährlich rund<br />

600.000 Euro. Zugute kommen soll dieses Geld den größten<br />

Talenten des deutschen Sports im Rahmen der speziellen<br />

Nachwuchs-Eliteförderung.<br />

Rund 150 hoffnungsvolle Teeanger können sich so jährlich<br />

über eine Zusatzförderung von jeweils bis zu 4.000 Euro<br />

freuen. Die Hälfte davon ist als Prämie für die sportlichen<br />

Leistungen gedacht, die anderen 2.000 Euro für sportbezogene<br />

Kosten in Schule und Ausbildung, wie sie jungen Spitzensportlern<br />

in ihrem „Doppelleben“ unausweichlich entstehen.<br />

Festgeschrieben ist die Kooperation, die als Gesamtpaket<br />

fortan ein seit 1993 existierendes Modell von Einzelpatenschaften<br />

ablöst, zunächst bis zu den Sommerspielen 2016 in<br />

Rio de Janeiro. Doch weder Christian Seifert als Vorsitzender<br />

des Geschäftsführung der <strong>Deutsche</strong>n Fußball-Liga (DFL) und<br />

Vize des Bundesliga-Stiftungsrates noch Sporthilfe-<br />

Vorstandschef Michael Ilgner ließen Zweifel an der Verlängerung<br />

des Engagements. Nur langfristig könne das Programm<br />

von Nutzen sein, weil es weniger auf die Rio-Kandidaten<br />

zugeschnitten sei, sondern auf eine vier- bis sechsjährige<br />

Förderung jener Talente abziele, deren Sternstunden erst bei<br />

darauf folgenden <strong>Olympische</strong>n Spielen erwartet werden.<br />

Die Handreichung über Parallelweltsgrenzen sei kein Alibi-<br />

Engagement von Fußball-Millionären, betonte Christian Seifert.<br />

Vielmehr stehe der Fußball mit seiner besonderen Stellung<br />

innerhalb der deutschen Sportfamilie in der Verantwortung,<br />

andere Sportarten und Sportler zu unterstützen. In<br />

diesem Sinne sind 600.000 Euro per anno eine honorige und<br />

hilfreiche Geste, auch wenn das Sümmchen für hoch bezahlte<br />

Profikicker nicht mehr als ein, zwei oder maximal drei Monatsgehältern<br />

entspricht. Schon seit fünf Jahren hilft die DFL der<br />

Sporthilfe, mittels gemeinsamer Kampagnen und Werbeauftritte<br />

das Anliegen der Stiftung verstärkt in die Öffentlichkeit<br />

zu tragen und ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Nur so sei<br />

es möglich gewesen, <strong>Deutsche</strong> Bank, Lufthansa, Mercedes-<br />

Benz und Telekom als nationale Förderer zu gewinnen, verweist<br />

Michael Ilgner auf den wesentlichsten Effekt. Was im<br />

Umkehrschluss einen ernüchternden Blick ins große Getriebe<br />

des deutschen Sports freigibt. Ohne die Strahlkraft und den<br />

Einfluss der wichtigsten Sportart scheint es der Sporthilfe weit<br />

schwerer gefallen oder ganz unmöglich gewesen zu sein, bei<br />

der großen Wirtschaft Gehör, Verständnis und tatkräftige<br />

Partner zur Unterstützung erstklassiger Athleten aus dem<br />

medialen Schattenreich zu finden.<br />

Andreas Müller<br />

Schmutzige Helden<br />

D<br />

ie schmutzigen Helden fallen im Radsport wie die<br />

Domino-Steine – just im Jahr der 100. Tour de France.<br />

Doping-Geständnis nach Doping-Geständnis – mehr oder<br />

weniger schuldbewusst, einige bockig, andere dafür tränenreich<br />

– wird offenbar: Die Weltmeister der Manipulation<br />

lüften ihre dunkle Vergangenheit.<br />

Auch wenn gut betuchte „Profis“ wie Lance Armstrong oder<br />

Jan Ullrich viel Zeit, Kraft, Geld und allerlei juristische Tricks<br />

darauf verwandten, ihre verseuchten Westen rein zu halten.<br />

Am Ende kommt doch die Wahrheit ans Licht.<br />

Beispiel: Jan Ullrich. Viele Fans und Millionen Zuschauer hat<br />

er hinters Licht geführt. Noch als er längst ertappt war. Naiv<br />

– oder geschickt beraten – hat Ullrich sich als Mitläufer und<br />

Opfer des Systems inszeniert und jüngst trotzig verkündet:<br />

Alle manipulieren, warum gerade ich nicht? Was für eine<br />

tölpelhafte Logik?<br />

36


Fakt ist: Leistungen, wie die der verdorbenen Generation<br />

Ullrich/Armstrong, aber auch deren Vorgänger und Nachfolger,<br />

sind nur mit Doping und Betrug – in welcher Dreistigkeit<br />

auch immer – zu erbringen. Talent, Ehrgeiz und Fleiß allein<br />

genügen nicht, um reihenweise mächtige Berggipfel im<br />

Sattel zu erklimmen und Rundfahrt auf Rundfahrt herunterzuspulen.<br />

Alle spielten mit bei diesen groben Fouls gegenüber Fairplay,<br />

Menschlichkeit und der eigenen Gesundheit. Trainern, Medizinern,<br />

Managern, scheinheiligen Sportlichen Leitern, Verbandsfürsten<br />

– der kriminellen Energie der Handlanger und<br />

Hintermänner gilt es immer noch nachhaltig das Handwerk<br />

zu legen. Viele geständige Profis tauchen inzwischen geläutert<br />

in verantwortlichen Funktionen wieder auf. Darf man<br />

ihnen trauen? Ist ihre Reue nach Sperren, Strafen und Prozessen<br />

nicht nur gespielt?<br />

Im Schneckentempo<br />

D<br />

ie Erkenntnis, dass der Fortschritt in vielen <strong>Gesellschaft</strong>sereichen<br />

und menschlichen Lebenslagen eine<br />

Schnecke ist, hat sicher keinen Neuigkeitswert. Doch dieser<br />

alte Hut erfährt immer mal wieder Bestätigung mit besonderen<br />

Verblüffungseffekten. Jüngere Beispiele liefert das<br />

Thema Volksgesundheit unter dem Aspekt von Bewegung.<br />

Hier stehen den düsteren Szenarien um die Wohlstandsaffinen<br />

Krankheitsbilder immer häufiger positive Entwicklungen<br />

gegenüber, die Lernfähigkeit auf allen Ebenen signalisieren.<br />

Laut einer Erhebung des Robert-Koch-Instituts, der<br />

sogenannten „Studie zur Gesundheit Erwachsener in<br />

Deutschland“, ist etwa die Bereitschaft zum Sport deutlich<br />

gestiegen. Auch wenn sie noch nicht ausreicht, lässt der<br />

Trend längerfristig hoffen.<br />

Dealer, die mit der Manipulation fürstlich verdienten und<br />

Betrug weiter hartnäckig leugnen, obwohl ihre „Schützlinge“<br />

inzwischen reihenweise auspackten, haben junge und erfolgshungrige<br />

Sportler unter Druck gesetzt und geradezu abgerichtet<br />

für die Doping-Karriere. Wer am großen Rad mitdrehen<br />

wollte, bei der Prämien- und Medaillen-Vergabe und<br />

hoch dotierten Sponsoren-Verträgen, für den hieß es schlucken,<br />

spritzen, Blut panschen – Schmerzen unterdrücken und<br />

die Moral gleich dazu.<br />

Auch Sponsoren haben zu lange die Augen zugedrückt vor<br />

der Wahrheit. Und sensationslüsterne Medien müssen sich<br />

fragen lassen, warum sie schmutzigen Lorbeer noch verkauft<br />

haben, als Verlogenheit und das betrügerische Netzwerk<br />

offenbar wurden. Auch hier waren Kostgänger des Systems<br />

am Werk, die, als es eng wurde, schnell in die Rolle der Aufklärer<br />

schlüpften. Ist mit Helden-Epen nichts mehr zu verdienen,<br />

folgen Enthüllungsgeschichten.<br />

Wage es keiner, den Radsport als einziges Seuchen-Nest<br />

anzuprangern. Zugegeben, dort haben sich Manipulation und<br />

Betrug am brutalsten eingenistet. Es gibt jedoch im Hochleistungszirkus<br />

– und gerade in der Grauzone darunter – kaum<br />

noch eine Sportart, die nicht mit Doping- oder anderen<br />

Verstößen gegen Fairplay und Humanität kämpft.<br />

Und auch das gehört zur Realität: Die 100. Tour de France<br />

wird neue Helden und Legenden gebären. Und wieder werden<br />

ihnen Zuschauer huldigen und Sponsoren rote Teppiche<br />

ausrollen. Aber es fällt schwer zu glauben, dass diese Profis<br />

eine extrem harte Jubiläums-Rundfahrt in Frankreich ohne<br />

medizinische Tricks und pharmakologische Kraftspender<br />

meistern. Das Misstrauen, es klebt an der Zunft, wie der<br />

Schweiß der Pedaleure an den Körpern.<br />

Hans-Peter Seubert<br />

Was die Situation bei Kindern und Jugendlichen betrifft,<br />

werden uns Untersuchungsergebnisse die Stichworte Bewegungsmangel,<br />

Übergewicht, Fehlernährung und Schulsportdefizite<br />

wohl weiter um die Ohren hauen. Doch auch hier<br />

gilt: der Prozess des Umdenkens und der Umorientierung ist<br />

in vollem Gange. Vor allem bei Ärzten, die hier die Schlüsselpositionen<br />

einnehmen. Sie scheuen sich längst nicht<br />

mehr vor der Aussage: Sport wirkt besser als jede Tablette!<br />

So ist inzwischen sogar der Begriff „Bewegungsmedizin“<br />

hoffähig geworden. Und damit wären wir wieder beim<br />

Schneckentempo. In den 1970er Jahren hieß ein Slogan der<br />

Trimm-Aktion des deutschen Sports „Bewegung ist die beste<br />

Medizin“. Er wurde als Animation für zu verändernde<br />

Lebensweisen der Wohlstandsbürger in Verbindung mit<br />

einem „Grünen Rezept“ propagiert und seinerzeit nur von<br />

wenigen weitsichtigen Ärzten zum Praxis-Programm erhoben.<br />

Heute wissen wir: Nach rund vierzig Jahren ist die<br />

Schnecke angekommen.<br />

Harald Pieper<br />

KOMMENTARE<br />

37


Eine Medaille für Millionen: 100 Jahre<br />

Das <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen gehört hierzulande zum<br />

Inventar unseres Lebens. Das gute, alte Möbelstück<br />

wird in diesem Jahr hundert Jahre alt. Und da dieses<br />

Ereignis ausgiebig gefeiert wird, dürfte es stärker als sonst<br />

von der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen werden.<br />

Zugleich feiert der zuletzt ein wenig verstaubt wirkende<br />

Leistungs- und Fitness-Nachweis für jedermann in einer<br />

modernisierten Form Premiere. Eine Sonderbriefmarke von 58<br />

Cent und eine 10-Euro-Silbermünze weisen ebenfalls auf das<br />

Jubiläum hin. Das Sportabzeichen hatte freilich nie das Zeug<br />

zu großen Schlagzeilen. Daran wird sich auch nicht viel<br />

ändern. Heutzutage ist es für seine Sachwalter vom organisierten<br />

Sport noch schwerer als früher, einer solchen Kampagne<br />

im medialen Getöse von Fußball und Formel 1 Geltung<br />

zu verschaffen.<br />

1913 feierte das Sportabzeichen noch im Kaiserreich seine<br />

Premiere. Carl Diem, eine der prägenden Figuren des deutschen<br />

Sports, dessen große Bedeutung heute wegen seiner<br />

Durchhalterede vor Hitler-Jungen oft verkannt wird, hatte die<br />

Idee von den <strong>Olympische</strong>n Spielen 1912 in Stockholm mitgebracht.<br />

Beim Debüt in Berlin wurde den 22 erfolgreichen<br />

Prüflingen jeweils eine „Auszeichnung für vielfältige Leistungen<br />

auf dem Gebiete der Leibesübungen“ verliehen. Die<br />

männlichen Teilnehmer – Frauen wurden erst 1921 zugelassen<br />

– hatten anspruchsvolle Anforderungen zu erfüllen: Sie<br />

mussten 4,75 Meter weit springen und beim 100-Meter-Lauf<br />

in 13 Sekunden am Ziel sein. Auch hatten sie sich im Eishockey,<br />

Fechten, Fußball und Golf zu bewähren. Die Nationalsozialisten<br />

brachten das „Reichs-Sport-Abzeichen“ in den<br />

gleichgeschalteten Massensport ein. Damit sollte die „Volksund<br />

Wehrkraft“ gestärkt werden. Außer den traditionellen<br />

Sportarten waren mehrere Schieß-Disziplinen sowie ein 25-<br />

Kilometer-Dauermarsch mit 12,5 Kilo Rucksack oder Tornister<br />

und eine „Kraftradgeländefahrt“ über 50 Kilometer zu absolvieren.<br />

Die DDR knüpfte an dieses vormilitärische Gedankengut<br />

an, wie sich an dem Motto ihres seit 1951 vergebenen<br />

Sportabzeichens: „Bereit zur Arbeit und Verteidigung der<br />

Heimat“ zeigt.<br />

Zur gleichen Zeit wurde in der Bundesrepublik und in West-<br />

Berlin das „<strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen“ kreiert, dessen Charak-<br />

38


<strong>Deutsche</strong>s Sportabzeichen Von Steffen Haffner<br />

ter rein ziviler Natur ist. DOSB-Präsident Thomas Bach spricht<br />

von einer großen Erfolgsgeschichte der Auszeichnung und<br />

begründet dies mit der Zahl von 33,6 Millionen Verleihungen,<br />

davon 1,4 Millionen bis 1944. (Die DDR-Sportabzeichen,<br />

deren Zahl als getürkt gilt, sind darin nicht enthalten.) Vor<br />

über fünfzig Jahren wurde das Sportabzeichen in den Rang<br />

eines Ordens erhoben. Bundeswehrsoldaten tragen es stolz an<br />

ihrer Ausgehuniform. Die Bundespräsidenten Horst Köhler<br />

und Richard von Weizsäcker erwarben mehrmals die kleine<br />

Anstecknadel. Der mittlerweile 93 Jahre alte von Weizsäcker<br />

erfüllte noch als 83-Jähriger die Anforderungen zum zehnten<br />

Mal. Der Sport affine Gerhard Schröder zeigte sich als Bundeskanzler<br />

auch auf diesem Feld leistungsstark. Und der<br />

beliebte Quizmaster Hans-Joachim Kulenkampff stand ebenfalls<br />

seinen Mann, auch wenn Martin Jente ihm in seiner<br />

Rolle als kritischer Butler beschied: „Sehr mäßig!“ Das war in<br />

den siebziger Jahren, als das Sportabzeichen von der neuen<br />

Trimm-Bewegung profitierte. Es gibt eine Reihe von Dauerbrennern<br />

wie den 74-jährigen Wolfgang Radtke, der den<br />

Fitnessorden 55 Mal erwarb. Die Familie Nitsch tritt Jahr für<br />

Jahr gleich mit drei Generationen von den Großeltern über<br />

die Eltern bis hin zu den Enkeln an. Ihre stolze Bilanz: 36<br />

Familien- und 197 Einzel-Sportabzeichen. Fortsetzung folgt.<br />

Seit 2004 wird jedes Jahr mit einer Sportabzeichen-Tour, die in<br />

den Sommermonaten quer durch Deutschland führt, zum Mitund<br />

Nachmachen angeregt. Nach dem Start am 12. Mai bei<br />

der Internationalen Gartenausstellung in Hamburg führt die<br />

Karawane diesmal noch über zehn Stationen, bevor es am 14.<br />

September im Park von Schloss Bellevue beim Finale mit<br />

Bundespräsident Joachim Gauck zum Höhepunkt kommt. Bei<br />

dieser besonderen Deutschland-Reise, die – wie die gesamten<br />

Aufwendungen für das Sportabzeichen in Höhe von rund<br />

einer Million Euro – von der Firma Ferrero mit der Marke<br />

„Kinder und Sport“, von der Sparkassen-Finanzgruppe, von der<br />

Barmer GEK und vom Textilunternehmen Ernsting’s Family<br />

finanziert wird, treten bekannte Athleten wie Leichtathletik-<br />

Ikone Heike Drechsler, wie der dreifache Kanu-Olympiasieger<br />

Andreas Dittmer oder Frank Busemann, der Zehnkampf-<br />

Olympia-Zweite von Atlanta 1996, als Animateure auf. Busemann<br />

und einige andere Könner wie Dagmar Hase, Schwimm-<br />

Olympiasiegerin über 400 Meter Freistil von Barcelona 1992,<br />

39


Astrid Kumbernuss, Kugelstoß-Goldmedaillen-Gewinnerin von<br />

Atlanta, oder Lilli Schwarzkopf, die im Siebenkampf von London<br />

2012 Zweite wurde, geben den Sportabzeichen-Kandidaten<br />

Tipps in Motivationsfilmen, die über „splink“, die Internet-<br />

Plattform des DOSB, (auch als App) zu sehen sind.<br />

Bei den vielfältigen Anstrengungen, „das Olympia des kleinen<br />

Mannes“ zu popularisieren, müsste die Erfolgskurve des<br />

Fitnessordens eigentlich steil ansteigen. Doch das Gegenteil<br />

ist der Fall. Nach dem Zwischenhoch von 2008 und 2009, als<br />

zweimal die Millionen-Marke der Verleihungen überschritten<br />

wurde, registrierte der DOSB im vergangenen Jahr einen<br />

Rückgang auf 843.890 Abzeichen. 1989 hatte der DSB mit<br />

818.000 schon ähnlich viel erreicht. Und das vor der Vereinigung!<br />

Rund drei Viertel der Sportabzeichen wurden 2012 von<br />

Kindern und Jugendlichen ((638.586, davon 311.356 Jungen<br />

und 321.071 Mädchen) erworben. Das ist eine gute Nachricht,<br />

auch wenn die Schulen die treibende Kraft sind und zudem<br />

bei den Bundesjugendspielen erzielte Leistungen einbezogen<br />

werden. Die Kehrseite: Nur ein knappes Viertel Erwachsene<br />

(205.304, davon 124.078 Männer und 78.148 Frauen) haben<br />

die Bedingungen für das Sportabzeichen erfüllt, ein Viertel<br />

davon pflichtgemäß bei der Bundeswehr und der Bundespolizei.<br />

Das ist für ein 80 Millionen-Volk und angesichts des<br />

großen Werbe-Aufwands ein enttäuschendes Ergebnis. Traditionell<br />

nimmt die Zahl der Bewerber um das Sportabzeichen,<br />

die zuletzt schätzungsweise zwischen 1,5 und 2 Millionen lag,<br />

in der Altersgruppe zwischen 20 und 40 drastisch ab. Für die<br />

Erwachsenen, die Beruf und Familie unter einen Hut bringen<br />

müssen, gerät die Überprüfung ihrer Fitness weitgehend aus<br />

dem Blick. Hinzu kommt, dass heute das Angebot an Kultur<br />

und Entertainment, dazu die Zeitfresser Computer und Fernsehen<br />

den Spielraum stark einengen.<br />

Das frisch aufpolierte Sportabzeichen soll die Wende zum<br />

Besseren bringen. Fünf Jahre lang hat eine Arbeitsgruppe, in<br />

der Fachleute aus den wichtigsten Sportorganisationen und<br />

Sportwissenschaftler der Technischen Universität München<br />

mitwirkten, die Anforderungen überarbeitet. Von diesem Jahr<br />

an wird das Sportabzeichen nicht mehr nach der Zahl der<br />

Wiederholungen, sondern wie bis 1945 und danach in der DDR<br />

gestaffelt nach Leistungen in Gold, Silber und Bronze vergeben.<br />

Kinder können jetzt schon von sechs statt von acht Jahren an<br />

teilnehmen, und die Anforderungen für über Achtzigjährige<br />

und sogar über Neunzigjährige wurden differenziert. Eine<br />

Reihe von Disziplinen wurde aussortiert. So können die<br />

Erwachsenen zum Beispiel nicht mehr unter beliebten Übungen<br />

wie Schlagball, 1.000 Meter, Inline-Skating, Skilanglauf<br />

oder Kegeln und Schießen wählen. Aus den fünf Kategorien<br />

Schwimmen, Sprungkraft, Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer<br />

sind vier Gruppen geworden. Nur noch einmal in fünf Jahren<br />

braucht die Schwimmfertigkeit nachgewiesen zu werden.<br />

Damit entfällt freilich auch die Notwendigkeit, sich wenigstens<br />

einmal im Jahr auf die Schwimm-Prüfung vorzubereiten.<br />

Statt Sprungkraft ist Koordination hinzugekommen. Karl-<br />

Heinz Marchlowitz, beim <strong>Deutsche</strong>n Sportbund fünfzehn<br />

Jahre lang für das Sportabzeichen verantwortlich, merkt<br />

40


kritisch an: „Sport hat eigentlich immer mit Koordination zu<br />

tun.“ Unter diesem Rubrum werden zum Beispiel Leistungen<br />

im Hochsprung, Weitsprung, Seilspringen und in neuen<br />

Übungen wie dem Zonenweitwurf und Zonenweitsprung<br />

angeboten, bei dem aus einer Zone heraus jeder Proband erst<br />

zweimal mit rechts, dann zweimal mit links aus einer Zone<br />

heraus in die Sandgrube springen muss. Gerade diese Übung<br />

beansprucht die Gelenke und birgt vor allem für in die Jahre<br />

gekommene Teilnehmer vier Mal die Gefahr von Muskelverletzungen.<br />

Der Sportmediziner Wildor Hollmann warnt schon<br />

seit langem: „Schnellkraftübungen sind für ältere Menschen<br />

nicht sinnvoll und verletzungsgefährlich.“ Das gilt gerade<br />

auch für die Sprints, die den Sportabzeichen-Bewerbern bis<br />

ins hohe Alter abgefordert werden. Über 75-Jährige haben<br />

zum Beispiel für Gold 30 Meter in 5,7 Sekunden zurückzulegen.<br />

Um dies zu schaffen, müssen sogar erfolgreiche Senioren-Leichtathleten<br />

ausgiebig trainieren.<br />

Unter den 70.000 oft überalterten Prüfern, die an 3.000<br />

Sportabzeichen-Treffs die Leistungen abnehmen, herrscht<br />

erheblicher Unmut. Viele finden das neue Verfahren zu kompliziert.<br />

So müssen sie jetzt die Punktzahlen ermitteln, die<br />

jeder Freizeit-Athlet sammelt. In jeweils einer Übung kann der<br />

Teilnehmer für Bronze einen Punkt, für Silber zwei und für<br />

Gold drei Punkte erhalten. Für 4 bis 7 Punkte wird Bronze,<br />

für 8 bis 10 Silber und für 11 bis 12 Punkte Gold vergeben.<br />

Marchlowitz nennt die Bronze-Kategorie, „ein reines Mitmachabzeichen,<br />

das jeder Gesunde schaffen kann. Die ‚Silber-<br />

Leistungen’ entsprechen dem Niveau des bisherigen Sportabzeichens.<br />

Und Gold dürfte künftig nur noch von trainierten<br />

Athleten erreicht werden.“ Dennoch werden die meisten<br />

Bewerber die Gold-Stufe erreichen wollen. Das Ziel Gold ist<br />

ein hoher Reiz. Es kann Ansporn sein, kann aber auch zu<br />

Selbstüberschätzung und zu Überforderung führen. Walter<br />

Schneeloch, DOSB-Vizepräsident Breitensport/Sportentwicklung,<br />

erhofft sich von der Einführung der drei Leistungsstufen<br />

„eine Steigerung der Attraktivität und einen Anreiz zur kontinuierlichen<br />

Vorbereitung gerade auch im Altersmittelbau“.<br />

Wenn die Sportabzeichen-Aspiranten mit Blick auf Gold<br />

trainierten, wäre das ein wichtiger Effekt. Denn bisher üben<br />

nur Wenige für die Prüfungen. Viele versuchen, die Disziplinen<br />

aus dem Stand zu absolvieren, oft noch, ohne sich richtig<br />

„warm zu machen“ oder die Muskeln zu dehnen. Und zu<br />

wenige Prüfer halten sie dazu an.<br />

Die Bilanz des <strong>Deutsche</strong>n Sportabzeichens wird rein statistisch<br />

sicherlich erfreulich ausfallen. Schon deshalb, weil die<br />

meisten Teilnehmer nicht mit leeren Händen, sondern<br />

zumindest mit Bronze heimkehren werden. Eine noch deutlichere<br />

Steigerung wäre zu erreichen, wenn die 91.000 Turnund<br />

Sportvereine im Lande, die sich nur in geringem Umfang<br />

für das Sportabzeichen engagieren, zu aktivieren wären. Und<br />

das müsste doch mit Wettbewerben und dem Ausloben von<br />

Preisen möglich sein. Die Millionen-Marke wird wahrscheinlich<br />

im Jubiläumsjahr geknackt werden. Damit ist aber noch<br />

nichts über die Qualität des neuen <strong>Deutsche</strong>n Sportabzeichens<br />

gesagt, das dauerhaft einer kritischen Überprüfung<br />

bedarf.<br />

41


Vom Trimmpfad zur<br />

Bewegungsmedizin<br />

oder Die späte<br />

Bestätigung des<br />

„Grünen Rezepts“<br />

Von Herbert Somplatzki<br />

Es war während meines Studiums zu Anfang der<br />

1960-er Jahre an der <strong>Deutsche</strong>n Sporthochschule<br />

Köln. Damals hörte ich während eines Seminars von<br />

Prof. Wildor Hollmann zum ersten Mal, dass es durch<br />

regelmäßiges sportliches Training möglich sei, körperlich<br />

um 20 Jahre jünger zu sein, als ein Untrainierter im gleichen<br />

Lebensalter.<br />

Damals nahm ich diese Feststellung des Medizinprofessors<br />

zwar als Lehrmeinung auf, kümmerte mich aber persönlich<br />

nicht weiter um diese Aussage, da ich - infolge der Praxis<br />

von etwa zwei Dutzend Sportarten während meines Studiums<br />

- überhaupt keine körperlichen Trainingsdefizite hatte<br />

- und mich außerdem in einer Umgebung bewegte, in der<br />

das sportliche Training eine Selbstverständlichkeit war.<br />

Erst später, als ich als Diplom-Sportlehrer in der Lehrpraxis<br />

wirkte, bemerkte ich sportliche Defizite bei anderen Menschen<br />

zielgenauer. Und durch die Kontakte mit anderen<br />

Kollegen, zum Beispiel mit Prof. Jürgen Palm, gerieten mir<br />

die Möglichkeiten des Sports für die Stärkung der menschlichen<br />

Gesundheit immer mehr in den Focus meiner Aufmerksamkeit.<br />

Meine sportliche Heimat war ein Turn- und Sportverein.<br />

Damals war es bei uns üblich, sich nicht darum zu kümmern,<br />

ob das, was wir dort taten, der Verbesserung der<br />

Gesundheit dienlich sei, sondern uns ging es schlicht und<br />

einfach darum, eine turnerische Übung in bestmöglicher<br />

Weise zu gestalten, eine Strecke möglichst schnell zu laufen<br />

oder aber mit der Fußballmannschaft gut zusammenzuspielen<br />

und zu gewinnen.<br />

Es war wohl vor allem Prof. Jürgen Palm, der den Gesundheitsaspekt<br />

des Sports in der Bundesrepublik öffentlich<br />

wirksam zu verstärken half. Ebenfalls aus einem Turnverein<br />

kommend, brachte er seinen Erfahrungsschatz ins Studium<br />

und die spätere Lehrtätigkeit ein und suchte nach neuen<br />

Möglichkeiten, seine Überzeugung möglichst vielen Menschen<br />

zu vermitteln. Die Trimm-Bewegung entstand mit<br />

Slogans wie „Laufen ohne zu Schnaufen“ und ähnlichen<br />

Aktionen, die vom <strong>Deutsche</strong>n Sportbund propagiert allmählich<br />

die Menschen verstärkt „in Bewegung“ setzte und ihr<br />

durch Seriosität und fachliche Betreuung zur Akzeptanz<br />

verhalf. Immer mehr Menschen schlossen sich an und<br />

schärften auf diese Weise allmählich ihr Gesundheitsbewusstsein<br />

durch sportliche Bewegung. Schließlich wurde<br />

damals schon für das „Grüne Rezept“ des DSB geworben.<br />

Etwas zeitversetzt zur Entwicklung des offiziellen Breitensports<br />

begann sich eine andere Körpertrainingsart, die das<br />

Äußere des menschlichen Körpers in ihren Fokus rückte, zu<br />

etablieren. Damals wurde manche Hinterhofgarage zum<br />

Trainingsraum erklärt, in dem sich Männer trafen, um im<br />

Schweiße ihrer Angesichter und fernab offizieller Verbands-<br />

42


tätigkeit Eisengewichte zum Zweck des Muskelaufbaues zu<br />

benutzen; nach körperlichen Vorbildern, die hauptsächlich<br />

aus den USA stammten.<br />

Zwar wurde diese Art des Körpertrainings einstmals schon<br />

von einigen unserer Altvorderen ausgeübt, aber der entscheidende<br />

Impuls kam doch unter der Bezeichnung „Bodybuilding“<br />

aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten - hier<br />

wären nur die Namen Jane Fonda und Arnold Schwarzenegger<br />

zu nennen - und verwandelte im Laufe der Zeit die<br />

männlich dominierten „Muckibuden“ in die heutigen Fitness-<br />

Studios, in denen Frauen und Männer an Fitness- Maschinen,<br />

nach dem Vorbild alter Therapiegeräte fabriziert, gleichberechtigt<br />

trainieren.<br />

Mit dem starken Wachstum der professionellen Studios, zur<br />

Zeit sind es 7.500 allein in Deutschland, wuchsen die Ansprüche<br />

und veränderten auch die soziologische Struktur der<br />

Studiobesucher. Das erforderte eine Reaktion der Studiobesitzer.<br />

So übernahmen immer mehr ausgebildete Trainer die<br />

Anleitung und sportliche Betreuung der Besucher. Und mit<br />

dieser verbesserten Qualität begann auch der Trend zum<br />

Gesundheitstraining zu wachsen, so dass zur Zeit 7,9 Millionen,<br />

also 9,6 Prozent der deutschen Frauen und Männer, in<br />

Fitness-Studios trainieren.<br />

Diese Entwicklung lässt sich besonders an der Messe FIBO<br />

ver- deutlichen. Als sie im Jahr 1985 als „Muskelmesse“ in<br />

Köln startete, da beteiligten sich gerade einmal 69 Aussteller,<br />

die alle nur aus der Bundesrepublik kamen und ausschließlich<br />

auf das Krafttraining fokussiert waren.<br />

Zur FIBO <strong>2013</strong> jedoch, die jetzt die Bezeichnung „Internationale<br />

Leitmesse für Fitness, Wellness und Gesundheit“ führt<br />

und zur weltweit größten Messe dieser Art angewachsen ist,<br />

sind 670 Aussteller aus 30 Nationen gekommen. Demnach<br />

hat ich die Zahl der Aussteller fast verzehnfacht. Und diese<br />

Messe <strong>2013</strong> hat insgesamt fast hunderttausend Besucher<br />

angelockt, die am Hauptbesuchertag so zahlreich waren, dass<br />

der Eingangsbereich zeitweilig geschlossen werden musste. In<br />

diesem Zusammenhang wurde auch festgestellt, dass inzwischen<br />

jeder fünfte Besucher aus dem Gesundheitsbereich<br />

gekommen ist.<br />

Die Intention, heutzutage in einem Fitness-Studio zu trainieren,<br />

hat sich sehr stark gewandelt. Heute steht bei den meisten<br />

Mitgliedern die aktive Erhaltung und Verbesserung ihrer<br />

Gesundheit im Vordergrund. Und deshalb hat sich auch auf<br />

der FIBO das Angebot der Aussteller immer weiter in diese<br />

Richtung entwickelt. Inzwischen zielen die Messeangebote<br />

sowohl auf das Gerätetraining als auch auf andere Trainingsmethoden.<br />

So fügen sich beispielsweise Yoga oder Tanz sowie<br />

neue Trainingsformen für die physiotherapeutische Praxis in<br />

das Messeangebot ein.<br />

Lagen früher zwischen den Ansichten der Fitness-Studio-<br />

Betreiber und denen der Mediziner und Therapeuten sozusagen<br />

Welten, so hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt,<br />

dass das gezielte und regelmäßige körperliche Training<br />

eine präventive Wirkung entfalten kann. Ja, es wird zunehmend<br />

bei einer Vielzahl von Erkrankungen, zum Beispiel bei<br />

Diabetes, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sogar<br />

bei bestimmten Formen von Krebs, als unterstützende Maßnahme<br />

genutzt und erzielt dabei hervorragende therapeutische<br />

Wirkungen; so dass in diesem Zusammenhang der neue<br />

Terminus „Bewegungsmedizin“ durchaus seine Berechtigung<br />

hat. Und der auf dieser FIBO erstmalig<br />

durchgeführte interdisziplinäre<br />

„Fachkongress für Bewegungsmedizin“<br />

mit der Zielgruppe<br />

Allgemeinmediziner, Sportwissenschaftler,<br />

Sportpädagogen, Physiotherapeuten,<br />

Sportärzte, Fitnesstrainer<br />

und Übungsleiter hatte eine<br />

sehr gute Resonanz, die deutlich<br />

zeigt, welch großes Interesse für<br />

dieses Thema vorhanden ist. Die<br />

Bewegungsmedizin ist sicher auch<br />

eine interessante Möglichkeit, um<br />

in den Sportvereinen das Wissen<br />

um den Gesundheitssport in Theorie<br />

und Praxis zu erweitern.<br />

Ein weiterer Wachstumsbereich,<br />

der im Zusammenhang mit der<br />

demographischen Entwicklung<br />

steht, hat sich inzwischen auch in<br />

den Fitness-Studios etabliert. Es ist<br />

das gezielte Trainingsangebot für<br />

ältere Menschen. Denn allmählich<br />

hat sich auch im Bewusstsein der<br />

breiten Öffentlichkeit das Wissen<br />

verankert, dass durch gezieltes<br />

Training von Kraft, Ausdauer,<br />

Beweglichkeit und Koordination<br />

auch im höheren Alter Gesundheit<br />

und Lebensqualität deutlich zu<br />

verbessern sind.<br />

In diesem Zusammenhang ist es<br />

erfreulich, dass sich trotz ihrer<br />

unterschiedlichen historischen<br />

Wurzeln die Zielsetzungen von<br />

Breitensport und Fitnessbewegung<br />

inzwischen anzunähern beginnen,<br />

um der menschlichen Bewegung<br />

jenen Stellenwert einzuräumen,<br />

der ihr in einer durch Technik<br />

geprägten Welt „naturgemäß“<br />

zukommt.<br />

43


Was macht eigentlich ...?<br />

Heinz Fütterer<br />

Von Steffen Haffner<br />

Die Älteren schnalzen beim Namen Heinz Fütterer mit der<br />

Zunge, nennen gleich seinen Spitzenamen: „der weiße<br />

Blitz“. Die Jungen schauen sich ratlos an. Ihnen müssen<br />

wir erklären, warum dieser Mann ein Idol unserer Jugend war.<br />

Der heute 82-Jährige schildert uns seine Wahl zum „Sportler<br />

des Jahres 1954“. Zu guter Letzt waren bei der Proklamation in<br />

Karlsruhe noch drei Kandidaten übrig: der Springreiter Hans-<br />

Günter Winkler, Heinz Fütterer und Fritz Walter. „Als Dritter<br />

wurde Hans-Günter Winkler auf die<br />

Bühne gebeten. Beim Zweiten war ich<br />

schon am Aufstehen. Da hat’s geheißen:<br />

‚Fritz Walter’. Mir hat es fast den<br />

Boden unter meinen Füßen weggezogen.<br />

Ich hab spontan gesagt: ‚Fritz,<br />

das tut mir aber leid’.“ Diese<br />

Geschichte wird der Erfolgssprinter<br />

von einst demnächst wieder einer<br />

Seniorengruppe im Heimatmuseum<br />

von Illingen – das mit Elchesheim<br />

eine Gemeinde bildet – erzählen. In<br />

dem badischen Fischerdorf am Oberrhein<br />

25 Kilometer südlich von Karlsruhe<br />

wurde Fütterer geboren, hier ist<br />

er aufgewachsen, hier wohnt er mit<br />

seiner zweiten Frau im Olympia-Weg.<br />

1977 wollten die Stadtväter die<br />

Straße nach ihm benennen. Das fand<br />

Fütterer übertrieben, weshalb er<br />

Olympia-Weg vorschlug. Seit 2004 ist<br />

er Ehrenbürger der Gemeinde, 2011<br />

wurde er in die Hall of Fame des<br />

deutschen Sports aufgenommen. Zuvor war der herausragende<br />

Leichtathlet, der seit langen Jahren der DOG angehört,<br />

unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz, mit dem Silbernen<br />

Lorbeerblatt und dem Rudolf-Harbig-Preis ausgezeichnet<br />

worden.<br />

1953 hatte der nur 1,71 Meter große Mann mit dem blond<br />

gewellten Haar, der in der Staffel rasant durch die zweite Kurve<br />

stürmte, mit einem Sieg über vier schwarze Amerikaner erstmals<br />

international von sich reden gemacht. Gaston Meyer, der Chefredakteur<br />

von „L’Équipe“, schrieb: „Fütterer zuckte wie ein weißer<br />

Blitz durch die Halle.“ Und damit war sein Markenname geboren.<br />

1954 in Bern wurde er Europameister über 100 und 200 Meter.<br />

Im gleichen Jahr stellte der damals 23-Jährige auf einer<br />

Aschenbahn von Yokohama mit 10,2 Sekunden den Weltrekord<br />

von Jesse Owens aus dem Jahre 1936 ein. Eine der drei Stoppuhren<br />

hatte sogar 10,1 Sekunden<br />

angezeigt. „Ich hatte ein Gefühl, als<br />

wäre ich geflogen.“ Das trug zu der<br />

überraschenden Wahl zum „Sportler<br />

des Jahres“ bei. Die Entscheidung der<br />

(west-)deutschen Sportjournalisten<br />

zeigt, wie populär die Leichtathletik<br />

damals war mit Persönlichkeiten wie<br />

Armin Hary, Manfred Germar oder<br />

Martin Lauer. Aus heutiger Sicht ist es<br />

kaum vorstellbar, dass ein Nicht-<br />

Fußballer ein Drittel mehr Stimmen<br />

bekam als der Kapitän der „Helden<br />

von Bern“, die 1954 mit einem 3:2<br />

gegen die Wunderelf aus Ungarn<br />

sensationell Fußball-Weltmeister<br />

geworden waren.<br />

Der Traum von einer olympischen<br />

Einzelmedaille ging nicht in Erfüllung.<br />

1952 für die Spiele von Helsinki war<br />

Fütterer qualifiziert, konnte aber<br />

wegen einer Verletzung nicht starten.<br />

Vier Jahre später schaffte Fütterer nach einem Muskelfaserriss<br />

zwar den Sprung nach Melbourne, doch die gute Form war<br />

dahin. Den Gewinn der Bronzemedaille über 4 mal 100 Meter<br />

empfand er nur als schwachen Trost. 1958 in Stockholm wurde<br />

der Badener mit der Staffel Europameister. Ein Erfolg, der damals,<br />

als es noch keine Weltmeisterschaften gab, hoch angesehen war.<br />

Nach den Titelkämpfen in Schweden beendete Heinz Fütterer<br />

seine ruhmreiche Laufbahn, in der er zu 536 Siegen lief und dabei<br />

von 1953 bis 1955 ungeschlagen blieb. Dazu sammelte er fünf<br />

44


deutsche Meistertitel auf<br />

beiden Sprintstrecken und<br />

einen in der Staffel. Nebenbei<br />

sprang er 7,43 Meter<br />

weit. „Doch das war nichts<br />

für mich, untätig zuzusehen,<br />

was die Konkurrenten<br />

machen. Ich brauchte die<br />

Konfrontation Mann gegen<br />

Mann im Sprint. Ich wollte<br />

immer nur gewinnen. Die<br />

Zeiten interessierten mich<br />

nicht so sehr.“<br />

Als Siebzehnjähriger war er bei den ersten Wettkämpfen allen<br />

davon gelaufen und war Kreismeister geworden: „Barfuß, denn<br />

für Turnschuhe hatten wir kein Geld. Doch wollte ich auch<br />

Schuhe mit Nägeln haben, die ich bei Anderen gesehen hatte.<br />

Die gab es aber in der Nachkriegszeit nicht zu kaufen. Zum<br />

Glück entdeckte ich ein Paar Rennschuhe in einer Karlsruher<br />

Umtauschzentrale, wie die Second Hand-Läden damals hießen.<br />

Ich durfte in die Schuhe hinein schlüpfen. Sie passten wie<br />

angegossen. Als Tauschobjekt hatte ich das rauchblaue Verlobungskleid<br />

meiner Schwester geklaut. Als meine Schwester an<br />

Fronleichnam im Unterrock herumrannte und verzweifelt ihr<br />

Kleid suchte, musste ich Farbe bekennen. Da war Aufruhr im<br />

Haus. Ich habe gesagt: ‚Und wenn ihr mich tot schlagt, ich<br />

gebe die Rennschuhe nicht mehr her.’ Zur Wiedergutmachung<br />

habe ich ihr jedes Jahr zu Fronleichnam Geld für ein Kleid<br />

geschenkt.“ Bei Puma, dessen Generalvertreter für Baden-<br />

Württemberg er später wurde, hat er einen „Heinz-Fütterer-<br />

Rennschuh“ kreiert und dafür Lizenzgebühren bekommen.<br />

Ohne sein sportliches Talent hätte sich Fütterer wahrscheinlich<br />

als Fischer durchs Leben schlagen müssen wie sein Vater. „Von<br />

ihm habe ich die Seriosität gelernt, von meiner Mutter, die als<br />

legendäre Marktfrau die Fische verkaufte, habe ich den Biss.“<br />

Als Vierzehnjähriger begann er in Kiel eine Ausbildung zum<br />

Fischer. Das war eine harte Zeit. Nie vergessen wird er die<br />

strapaziöse Fahrt mit einem Kutter nach Island. „Als ich einmal<br />

das Netz nicht richtig einholte und die wertvolle Ladung von<br />

Heringen und Kabeljau ins Meer platschte, hat mir der Kapitän<br />

eine geschossen, dass ich fast über Bord gegangen wäre.“ Die<br />

Begleiterscheinungen der Fischerei waren wenig angenehm.<br />

„Ich konnte mich noch so gründlich waschen, immer roch ich<br />

nach Fisch. Und ich hatte ständig kalte Füße und bekam Rheuma.“<br />

Ein Glück, dass sein Entdecker und Trainer Professor<br />

Robert Suhr ihm einen Ausbildungsplatz beim Energieversorger<br />

Badenwerk verschaffte. Die Firma unterstützte seine sportliche<br />

Laufbahn und legte die Grundlage für seine spätere Existenz.<br />

Ganz kann Fütterer nicht vom Fischen lassen. Noch heute fährt<br />

er mit dem Ruderboot auf den Alt-Rhein und Rhein, wo die<br />

Familie seit mehr als hundert Jahren ein Fischwasser gepachtet<br />

hat, und fängt mit Netzen und Reusen Hechte, Karpfen und<br />

den schmackhaften Rhein-Zander für den Eigenbedarf und als<br />

Gabe für Bekannte. Doch auch der Erwerbssinn des gelernten<br />

Kaufmanns ist wach geblieben. An einem Baggersee „von der<br />

Größe des Titi-Sees“ hat er siebzig Segelboote liegen und<br />

unterhält in Karlsruhe einen Mini-Golfplatz. Das hilft, das<br />

Golfspielen zu finanzieren. „Das Handikap geht langsam nach<br />

oben, von 14 auf 20 in den letzten zehn Jahren. Meine Schläge<br />

sind zwanzig, dreißig Meter kürzer geworden. Das macht aber<br />

nichts. Ich bin ein begeisterter Golfer, aber kein Fanatiker.“ Auf<br />

eine andere Leidenschaft muss Fütterer, dem ein künstliches<br />

Knie- und Hüftgelenk verpasst wurden, verzichten. 23 Jahre<br />

lang hat der passionierte Skiläufer an der „Streif“ in Kitzbühel<br />

gewohnt, wo er sogar einen Zweit-Wohnsitz hatte. „Das Skifahren<br />

war mir nach den Operationen zu riskant. Und ich<br />

wollte nicht das Golfspielen gefährden. Denn daran hängt mein<br />

Herz.“ Im Keller tut er in seinem privaten Fitness-Studio zusätzlich<br />

Einiges für seine Gesundheit. Die wurde 1990 auf eine<br />

harte Probe gestellt, als ein Gehirntumor entfernt wurde, zum<br />

Glück ohne unangenehme Folgen.<br />

Gern denkt der Illinger an die erlebnisreichen Jahre als Aktiver<br />

zurück. „Wir hatten die schönere Zeit. Da drehte sich nicht alles<br />

ums Geld.“ Die strengen Amateurregeln gestanden den Athleten<br />

nur drei Dollar, damals zwölf Mark, Spesen pro Tag zu.<br />

„Wir nahmen das Auto und rechneten erster Klasse ab.“ Nur<br />

einmal ließ sich der junge Mann beim Kölner ASV-Sportfest<br />

einen Umschlag mit 500 Mark zustecken. Doping war für den<br />

Sprinter ein Fremdwort. „Als der Radprofi Hennes Junkermann<br />

mich einmal fragte: ‚Was feuerst du?’, habe ich ihn entgeistert<br />

angeguckt. Ich wusste gar nicht, was er meinte.“<br />

Dass Usain Bolt zu unlauteren Mitteln greift, kann er sich<br />

nicht vorstellen. „Der wird doch bei jedem Sportfest unter die<br />

Lupe genommen und würde mit Doping bestimmt nicht<br />

durchkommen.“ Andererseits gibt ihm zu denken, dass der<br />

Jamaikaner einmal im Jahr für sechs bis acht Wochen von der<br />

Bildfläche verschwindet. „Was er da macht, weiß man nicht.“<br />

Ihm ist aufgefallen, wie stark die Oberschenkel des schnellsten<br />

Mannes der Welt ausgebildet sind. „Bolt ist so überlegen, dass<br />

ihm keiner nahe kommt. Deshalb kann er auch so locker<br />

bleiben.“<br />

Heinz Fütterer kann heute mit dem Brustton der Überzeugung<br />

sagen: „Uns geht es gut.“ Die Wunde des schweren Schicksalsschlags,<br />

als er im Alter von 39 Jahren seine erste Frau verlor, ist<br />

vernarbt. Die Gemeinsamkeit mit seiner zweiten Frau, mit<br />

seinem Sohn, seiner Tochter und seinem Enkelsohn steht für<br />

den Familienmenschen an erster Stelle, vor der Kameradschaft<br />

mit den Golffreunden und Weggefährten aus der Leichtathletik.<br />

Nie abgerissen ist seine Verbindung zum Karlsruher Sportclub,<br />

für den er als Athlet gestartet ist und dessen Ehrenrat er<br />

heute angehört. Und dass der KSC in die Zweite Liga aufgestiegen<br />

ist, ist für Heinz Fütterer eine ganz besondere Freude.<br />

45


Ein kleines Foto nur. Sechs mal<br />

neun, schwarz-weiß, mit Büttenrand.<br />

Und unscharf. Nicht reproduzierbar.<br />

Leider. Das Motiv, Mann mit<br />

Kind auf dem Arm, ist kaum auszumachen.<br />

Wertlos eigentlich. Nicht für<br />

Ulrike Harbig. Sie bewahrt das Bild als<br />

Kostbarkeit auf. 1943 entstanden, ist es<br />

die einzige Aufnahme, die sie, erst einige Monate alt, mit<br />

ihrem Vater zeigt.<br />

Rudolf Harbig starb, als seine Tochter noch nicht einmal ein<br />

Jahr alt war. Gefallen im Zweiten Weltkrieg am 5. März 1944<br />

als Soldat bei Olchowez in der Ukraine. Mit 30 Jahren. Eine<br />

Grabstelle gibt es nicht, und niemanden, der berichten konnte,<br />

wie Harbig gestorben ist. Den Zenit seiner sportlichen Laufbahn<br />

hatte der Ausnahmekönner auf den Mittelstrecken noch<br />

nicht erreicht. Alle Pläne, alle Hoffnungen, alle Träume waren<br />

auf die <strong>Olympische</strong>n Sommerspiele 1940 ausgerichtet. Spiele,<br />

die – ebenso wie die von 1944 – dem Krieg zum Opfer fielen.<br />

In diesem Jahr, am 8. November, wäre Harbig 100 Jahre alt<br />

geworden. Jener Harbig, der zwischen 1939 und 1941 gleichzeitig<br />

die Weltrekorde über 400 Meter (46,0 Sekunden), 800<br />

Meter (1:46,6 Minuten) und 1000 Meter (2:21,5 Minuten) hielt.<br />

Jener Harbig, der zwischen 1936 und 1941 in 47 Rennen über<br />

die zwei Stadionrunden ungeschlagen blieb. Jener Harbig, der<br />

als Schlussläufer der deutschen 4 x 400-Meter-Staffel 1936<br />

Olympia-Bronze und 1938 EM-Gold sowie den EM-Titel über<br />

800 Meter holte. Jener Harbig, der mit der Aufnahme in die<br />

Hall of Fame des deutschen Sports geehrt wird.<br />

Gedächtnispreis für Bartels eine<br />

große Ehre<br />

Eins-sechsundvierzig-sechs:<br />

Von Jochen Frank<br />

(Freiluft und Halle), doch „bedeutet mir dieser wertvolle Preis<br />

sehr viel“, sagt Bartels. „Er ist etwas Besonderes und die Auszeichnung<br />

eine große Ehre für mich.“ Zu seinen Vorgängern<br />

zählen unter anderem Heinz Fütterer, Ulrike Meyfarth, Hans<br />

Grodotzki, Heike Henkel, Lars Riedel und Frank Busemann.<br />

Wer von Rudolf Harbig spricht, denkt meist zuerst an den<br />

„historischen“ Weltrekord von 1:46,6 Minuten über 800<br />

Meter, aufgestellt am 15. Juli 1939 in Mailand auf einer 500-<br />

Meter-Bahn. Mehrere Nachrichtenagenturen meldeten die<br />

Fabelzeit euphorisch nicht in Ziffern, sondern in Buchstaben:<br />

eins-sechsundvierzig-sechs. 16 Jahre lang hielt er allen<br />

Attacken stand. Erst 1955 wurde er vom Belgier Roger Moens<br />

in Oslo um 0,9 Sekunden auf 1:45,7 Minuten verbessert.<br />

Harbig hatte die Bestmarke seines britischen Rekordvorgängers<br />

Sydney Wooderson gar um 1,8 Sekunden unterboten.<br />

Eine für die Mittelstrecke schier unglaubliche Leistung, die<br />

der Dresdner in einem Ländervergleich mit Italien schaffte.<br />

Sein Dauerrivale Mario Lanzi, der die ersten 400 Meter in 52,5<br />

Sekunden zurücklegte (Harbig in 52,8), hatte sich nach vermeintlichem<br />

Fehlstart, gewollt oder ungewollt, als idealer<br />

Tempomacher erwiesen.<br />

Gewissenhafte Chronisten haben sogar Harbigs 100-Meter-<br />

Abschnitte festgehalten, die mit Zeiten zwischen 12,2 und<br />

Und jener Harbig, dessen Name die<br />

wichtigste Auszeichnung trägt, die<br />

der <strong>Deutsche</strong> Leichtathletik-Verband<br />

alljährlich vergibt, den Rudolf-Harbig-<br />

Gedächtnispreis. Seit 1950 wird er als<br />

ewiger Wanderpreis in jedem Jahr an<br />

einen langjährig verdienten Athleten<br />

verliehen, „der in Haltung und Leistung<br />

als Vorbild für die Jugend“<br />

gelten kann. Zurzeit - und noch bis<br />

zu den <strong>Deutsche</strong>n Meisterschaften im<br />

Juli in Ulm - darf sich Kugelstoßer<br />

Ralf Bartels zu Hause in Groß Teetzleben<br />

als „aktueller“ Preisträger daran<br />

erfreuen. Der Mecklenburger brachte<br />

es als Aktiver bereits auf die stattliche<br />

Sammlung von acht Medaillen<br />

bei Welt- und Europameisterschaften<br />

und 14 deutschen Meistertiteln<br />

46<br />

Im Dress des Dresdner Sport-Clubs<br />

Dauerrivalen: Rudolf Harbig (links) und Mario<br />

Lanzi im ...


800-Meter-Weltrekord überlebte den Rekordhalter<br />

Rudolf Harbig zum 100. Geburtstag<br />

14,8 Sekunden angegeben werden. Überliefert ist auch, dass<br />

Trainer Woldemar Gerschler fortan eine neue Stoppuhr<br />

benutzte, bereits bei Harbigs 400-Meter-Weltrekordlauf vier<br />

Wochen später in Frankfurt am Main (46,0 Sekunden). Auf<br />

dem alten Chronometer, das die 1:46,6 anzeigte, sollten die<br />

Zeiger stehen bleiben. Für immer.<br />

Übrigens, wer Harbigs Mailänder 800-Meter-Zeit am derzeitigen<br />

Rekord des Kenianers David Rudisha (1:40,91 Minuten)<br />

messen will, dem sei auch ein Blick in die Statistik des DLV<br />

empfohlen. In den zurückliegenden zehn Jahren wurde der<br />

deutsche Meistertitel auf dieser Strecke acht Mal für Zeiten<br />

vergeben, die über 1:46,6 lagen. Wobei natürlich nicht außer<br />

Acht gelassen werden darf, dass Meisterschaftsrennen Taktikrennen<br />

sind.<br />

Mit Intervalltraining in die Weltspitze<br />

Trainer Gerschler war 1934 bei einem Talentsuche-Wettbewerb<br />

in Dresden auf den damals noch 20-jährigen, 1,74 m<br />

großen, schlanken jungen Mann aufmerksam geworden. Er<br />

holte ihn zum renommierten Dresdner Sport-Club, bei dem<br />

auch Fußball-Größen wie Kreß, Hofmann und Schön spielten.<br />

Dass er Harbig innerhalb von nicht einmal zwei Jahren mit<br />

neuen Methoden (Intervalltraining) und viermaligem Training<br />

in der Woche in die Weltspitze und zur Olympiareife brachte,<br />

spricht für die Qualitäten dieses Fachmannes.<br />

Harbig hatte bei den von den Nazis missbrauchten Spielen<br />

von 1936 seinen ersten internationalen Einsatz überhaupt.<br />

„Leider sahen mich die <strong>Olympische</strong>n Spiele wegen einer<br />

Darmgrippe nicht in besonderer Form, so dass ich meine<br />

Anhänger enttäuschen musste. Aber ich wusste, dass ich<br />

etwas konnte…“, bekannte er später. Über 800 Meter war er<br />

als Vorlauf-Sechster gescheitert. Bronze mit der 4 x mal 400-<br />

Meter-Staffel (außerdem mit Hamann, von Stülpnagel und<br />

Voigt) war wenigstens ein Trostpflaster. Mit Schlussläufer<br />

Harbig, aber ansonsten mit Blazejezak, Bues und Linnhoff neu<br />

zusammengestellt, holte die Staffel zwei Jahre danach in<br />

Paris den Europameistertitel, nachdem der Dresdner bereits<br />

die 800 Meter als klarer Sieger beendet hatte.<br />

„Unser Wunderläufer Harbig“, wie ihn Günter Grass in seinem<br />

Roman „Beim Häuten der Zwiebel“ schwärmerisch betitelt,<br />

hat sich alles, was er erreichte, hart erarbeiten müssen.<br />

Zudem hatte er das große Glück, unter die Fittiche eines<br />

Pädagogen von Gerschlers Format zu geraten. Ihm vertraute<br />

Harbig rückhaltlos. Der Trainer setzte sich auch dafür ein,<br />

dass sein Schützling in wirtschaftlich schwieriger Zeit einen<br />

Job als städtischer Angestellter bekam. Harbig las Gasuhren,<br />

... und nach dem Wettkampf<br />

EM-Staffel von 1938 mit Blazejezak, Bues, Linnhoff und Harbig<br />

47


Wasseruhren und Stromzähler ab, was ihm treppauf, treppab<br />

zu zusätzlichen Trainingseinheiten verhalf.<br />

Der Trainer wiederum zeigte sich beeindruckt vom „unerhörten<br />

Fleiß, den Harbig im Training zeigte“ sowie von der<br />

„unheimlichen Energie hinsichtlich seiner Lebensführung, die<br />

er ganz den sportlichen Zielen unterordnete“, wie es in Gerschlers<br />

Publikation „Harbigs Aufstieg zum Weltrekord“ heißt.<br />

Alkohol, Kaffee, schwarzer Tee, Nikotin und scharfe Gewürze<br />

wurden von Harbig gemieden. Seine Frau Gerda, die ihrem<br />

Mann das Buch „Unvergessener Rudolf Harbig“ widmete, ging<br />

noch etwas mehr ins Detail: „Nur im November, während der<br />

Ruhepause, ging Rudi ausnahmsweise etwas später als sonst<br />

schlafen und trank auch mal ein Glas Wein.“ Allerdings habe<br />

sie „für die strenge Lebensführung meines Gefährten viel<br />

Verständnis“ aufbringen müssen. Beide hatten sich 1933 beim<br />

Fest eines Turnvereins in Dresden kennen gelernt, 1937 verlobt<br />

und 1941 das Ja-Wort gegeben.<br />

Manch fröhliche Stunde mit den Staffelkameraden<br />

Konsequent und zielstrebig als Sportler, war Rudolf Harbig<br />

dennoch kein Kind von Traurigkeit. Im Gegenteil. Seine EM-<br />

Staffelkameraden von Paris schilderten „ihren“ Schlussläufer<br />

als „freundlichen, lustigen und jederzeit zu einem Späßchen<br />

aufgelegten Kameraden“, wie der Berliner Erich Linnhoff<br />

(1914-2006) in einem Brief festgehalten hat. Der Gladbacher<br />

Hermann Blazejezak (1912-2008) schrieb von „manch fröhlicher<br />

Stunde“, die man gemeinsam verbracht habe. Harbig<br />

sei „immer froher Dinge, uneigennützig und hart gegen sich<br />

selbst“ gewesen. Dr. Manfred Bues aus Kaiserslautern (1913-<br />

2012) hob unter anderem den „sonnigen Humor“ des<br />

Dresdners hervor und erinnerte an eine<br />

Begebenheit aus dem Jahre 1938, „als<br />

wir nach dem Länderkampf gegen<br />

Polen ins damalige Cranz oder Rauschen<br />

(heute Zelenogradsk bzw. Svetlogorsk<br />

/ d.A.) fuhren. Rudi kaufte sich<br />

einen Spickaal und verzehrte ihn zum<br />

Entsetzen der dort bummelnden Kurgäste“.<br />

Die Zitate konnten wir der<br />

Korrespondenz entnehmen, die der<br />

Autor in den 90er Jahren mit den drei<br />

Athleten führte.<br />

Gröditz ein neues Zuhause gefunden hat, gehört zu der<br />

Generation, die ihre Väter nie kennenlernen konnte. Freunde<br />

waren es auch, die noch rechtzeitig vor den Bombenangriffen<br />

auf Dresden im Februar 1945 einige von Harbigs Preisen und<br />

Erinnerungsstücken in Sicherheit bringen konnten. Die Stoppuhr<br />

des Vaters zum Beispiel, die Olympia-Glocke aus Porzellan<br />

und die Figur eines Handballspielers, die er von der Stadt<br />

Dresden als Anerkennung bekommen hatte, stehen im Wohnzimmer<br />

der Tochter.<br />

Vor knapp zwei Jahren wurde sie nach Triptis in Thüringen<br />

eingeladen, wo im Museum ein gemaltes Farbporträt des<br />

Weltrekordläufers enthüllt wurde. Die Arbeitsgruppe Sportgeschichte<br />

der Leichtathletik-Abteilung des dortigen Sportvereins<br />

hatte herausgefunden, dass es sich wohl um das<br />

einzige existierende Gemälde des Sportlers handelt. Am<br />

schönsten sei, so Ulrike Harbig, dass ihr Vater darauf „mit<br />

einem freundlichen Lächeln“ zu sehen ist.<br />

Zu den Thüringern, die ihre Sportstätte nach Harbig benannt<br />

haben, pflegt Ulrike Harbig engen Kontakt, ebenso wie zur<br />

Rudolf-Harbig-Schule in Ribnitz-Damgarten. Deutschlandweit<br />

tragen Straßen, Stadien, Hallen und Schulen den Namen<br />

des Ausnahmeläufers. Es ist schon etwas befremdlich, dass<br />

sich ausgerechnet die Stadtväter seiner Heimatstadt Dresden<br />

in dieser Beziehung schwer tun. Eine Rudolf-Harbig-Straße<br />

(oder einen –Weg) gibt es – nur einige Beispiele in alphabetischer<br />

Reihenfolge – in Angermünde, Bad Oeynhausen, Celle,<br />

Detmold, Heilbronn, Köln, Laage, München, Münster, Reutlingen,<br />

Sindelfingen und Wunstorf. Im Straßenverzeichnis der<br />

sächsischen Landeshauptstadt sucht man sie vergebens.<br />

Wann, wenn nicht in diesem Jahr, gäbe es einen geeigneteren<br />

Anlass zu einer Namensgebung?<br />

Von ähnlichen Erlebnissen, von den<br />

Eigenschaften und Eigenheiten ihres<br />

Vaters konnte sich Ulrike Harbig nur<br />

erzählen lassen. Von ihrer Mutter, von<br />

Freunden der Familie. Die 70-Jährige,<br />

die 1966 der DDR den Rücken gekehrt<br />

hatte, sich in Augsburg eine Existenz als<br />

Lehrerin aufbaute und heute mit ihrem<br />

Lebensgefährten Holger Weinbrecht in<br />

Harbigs Tochter Ulrike vor dem Gemälde in Triptis<br />

48


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Ein Weg durchs Jahrhundert:<br />

Ulrich Inderbinen – Der König der Alpen<br />

Carlo von Opels Erinnerungen an einen Bergkameraden<br />

Ludwig reichte Ulrich das Seil für den Klettergurt. Beide<br />

hatten gemütlich gefrühstückt. Ihnen war die Hektik<br />

fremd, von der allmorgendlich die Hörnli-Hütte<br />

beherrscht wurde. Für Viele war es ein Lebensziel – das Matterhorn,<br />

4.478 Meter, Fels, Geröll, Eis und Schnee. Sie gingen<br />

in die Kälte, hatten ihre Stirnlampen auf. Erst in einer Stunde<br />

würde sich die Morgensonne am Gipfel zeigen. Schon bald<br />

war das erste Fixseil erreicht: Mit den Armen hochziehen, die<br />

Beine suchen Halt. Noch rund 1.200 Meter lagen vor ihnen.<br />

Kein Meter konnte normal begangen werden. Jahr für Jahr<br />

gibt es tragische Unfälle. Nach etwa zwei Stunden erreichten<br />

sie die Solvay-Schutzhütte. Nicht alle, die dort rasten, setzen<br />

den Aufstieg fort.<br />

„Gelangweilt habe ich mich nie“, sagte Ulrich in einem AP-<br />

Interview und fügte mit einem Schalk in den Augen hinzu:<br />

„…höchstens dann, wenn meine Kunden zu langsam marschiert<br />

sind.“ Gäste, die ihn nicht kannten, fragten schon mal<br />

im Bergführerbüro, ob sie nicht einen jüngeren Führer<br />

bekommen könnten, und hinterher beklagten sie sich, weil<br />

Ulrich so schnell gegangen sei. „Bei meinen Kollegen bin ich<br />

dafür bekannt, dass ich nicht anhalten mag, bevor ich mein<br />

Ziel erreicht habe.“ – „Stress und Eile“, fügte er hinzu, „sind<br />

mir unbekannt. Ich lebe, wie ich klettere, mit langsamen und<br />

wohlüberlegten Schritten.“<br />

„Ich bin“, so pflegte er stolz zu sagen, „die einzige Person in<br />

Zermatt, die kein Telefon hat.“ Kunden, die mit ihm in Verbindung<br />

treten wollten, konnten ihn am frühen Nachmittag in<br />

der Kirchgasse antreffen oder über das Bergsteigerbüro<br />

buchen.<br />

Die Solvay-Hütte liegt auf 4.000 Meter – und weiter ging’s,<br />

das Steilste lag noch vor ihnen, die sogenannte Schulter<br />

musste geklettert werden. Für die oft recht zahlreichen Bergsteiger<br />

wurden Fixseile angebracht. Vor diesen bildete sich<br />

manchmal ein Stau, vor allem dann, wenn die ersten vom<br />

Gipfel herunter kamen. Die Luft wurde dünner, und es wurde<br />

empfindlich kälter. Sie erreichten den steilen Schneegrat, der<br />

sich zum Gipfel zieht und meistens nur mit Steigeisen zu<br />

begehen ist. Nach normalen 4 Stunden standen sie auf dem<br />

imposanten Gipfel, von dem es nach beiden Seiten 1.000<br />

Meter steil bis senkrecht abfallend ins Tal geht. Beim Abstieg<br />

passieren die meisten Unfälle, weil Kraft und Konzentration<br />

nachlassen. Es war das erste Mal, dass Ulrich bei einem Führerkollegen<br />

am Seil war, er selbst hatte 360 Menschen aufs<br />

Matterhorn geführt. Die ganze Tour bereitete den beiden<br />

keinerlei Schwierigkeiten. Ludwig Imhofen reichte Ulrich die<br />

Hand – Ulrich Inderbinen – er war 90 Jahre alt.<br />

Am 3. Dezember 1900 erblickte er in Zermatt als eines von 9<br />

Kindern das Licht der Welt. Noch bis 1995 führte er Gäste<br />

aufs Breithorn. Im 96. Lebensjahr stehend, hielt Inderbinen in<br />

seiner Biographie fest: „Meine gute Gesundheit habe ich<br />

meiner positiven Lebenseinstellung, der Freude an der Natur<br />

und meinem Beruf zu verdanken. Als Kind lernte ich mit<br />

wenig zufrieden zu sein, keine Forderungen an das Leben zu<br />

stellen und immer zu arbeiten.<br />

Die erste Begegnung mit ihm hatte ich bei einer Besteigung<br />

des Castor, ein leichter 4.000er in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

des Pollux, der etwa die gleiche Anforderung stellt: So<br />

etwa 500 Höhenmeter, Anstieg mit Ski, dann der ausgesetzte<br />

Gipfelgrat zu Fuß. Inderbinen, auf dem Pollux unterwegs,<br />

benötigte mit seinen damals 83 Jahren genau die gleiche Zeit<br />

wie ich, der sein Enkel sein könnte. Hätte er nicht einen Gast<br />

dabei gehabt, wäre er sicherlich noch schneller gewesen.<br />

Mich hat das damals sehr beeindruckt.<br />

Inderbinen hätte auch einen anderen Weg zum Geldverdienen<br />

finden können. Aber er ging seinen Weg, der an seiner<br />

Haustür begann und meist steil bergauf führte. Er erlebte, wie<br />

die ersten Glühbirnen eingeschaltet wurden, die ersten Fernsprecher<br />

klingelten, die ersten Kraftdroschken das kleine<br />

Bergdorf erreichten und die Musik auf einmal aus dem Rundfunkgerät<br />

kam. Die Kinder gingen im Sommer barfuß zur<br />

Schule, von den Bäuerinnen wurde noch gesponnen, gewebt,<br />

gegerbt. Die Almen wurden bis zum Fels gemäht und das Heu<br />

ins Tal gezogen. Der Skifahrer musste vor der Abfahrt seine<br />

Ski und sich selbst den Berg hinauftragen. Und wo einst der<br />

50


Bergler mit seinem Zeichenblock unterwegs war, haben wir<br />

heute den multikulturellen Jetset.<br />

Wo früher in den Ställen die Kühe gemolken wurden, da<br />

werden heute die Touristen versorgt. Ulrich hat dies alles<br />

nicht aus seinen Spuren gebracht, auf die er wohl immer<br />

gerne zurückblickte. Inderbinen hat nie ein Auto und auch nie<br />

ein Fahrrad besessen und nie ein Glas Wein stehen lassen. Er<br />

erfreute sich an der Einsamkeit der Bergwelt, dem geselligen<br />

Beisammensein im Bergführerkollegenkreis auf den Hütten<br />

und an der Geborgenheit in seiner Familie.<br />

Wenn Inderbinen jemand führte, so hatte er auch dessen<br />

Leben am Seil, und am anderen Seilende war er selbst. Es kam<br />

auch schon vor, dass ein abrutschender Gast den Führer zu<br />

Fall brachte und dieser zu Grabe getragen werden musste.<br />

Wie oft mag er wohl erlebt haben, dass sein Seilpartner sein<br />

Können überschätzte, ihm im steilen Fels schwindelig, er gar<br />

von Panik erfasst wurde oder keine Kraft mehr zum Umgehen<br />

eines Lawinenhanges hatte. Wie oft mag Inderbinen wohl<br />

unter Felsüberhängen Schutz vor Gewitter und Hagel gesucht<br />

haben? Es galt auch, Gestürzte zu bergen und Lawinenopfer<br />

zu finden und immer wieder das erhabene Gefühl, mit einem<br />

Gast das Gipfelkreuz erreicht zu haben.<br />

Bereut hat Ulrich Inderbinen eigentlich nur, dass er im 92.<br />

Lebensjahr nicht nach Afrika reiste. Sicherlich hätte er den<br />

Kilimandscharo geschafft, aber den Widerstand seiner Familie<br />

mochte er nicht überwinden. Das Meer hat er nie gesehen.<br />

Das war wohl für Ihn keine Herausforderung. Doch mit 96<br />

Jahren erfüllte sich der gläubige Katholik einen besonderen<br />

Lebenswunsch: Er reiste nach Rom, um den Segen des Papstes<br />

zu empfangen.<br />

Als er einmal von einem neugierigen Journalisten gefragt<br />

wurde, ob er Angst vorm Sterben habe, sagte er: „Nicht<br />

wirklich, wenn ich mir die Todesanzeigen ansehe, sehe ich<br />

kaum jemanden in meinem Alter.“ Der König der Alpen, wie er<br />

genannt wurde, wollte immer mit langen, wohlüberlegten<br />

Schritten marschieren. Sein Weg führte ihn durch das ganze<br />

20. Jahrhundert. Erst im Frühjahr 2004 endeten seine Spuren<br />

– bei einem Kreuz.<br />

51


L<br />

Sportfotografie von Laci Perényi<br />

aci Perényi gehört seit mehr als drei Jahrzehnten zu den<br />

renommiertesten Fotografen der internationalen Sportszene.<br />

Insgesamt 16 <strong>Olympische</strong> Sommer- und Winterspiele,<br />

acht Fußball-Weltmeisterschaften sowie zahlreiche andere<br />

Sportereignisse hat Perényi im Laufe seiner Karriere begleitet.<br />

Dabei hat sich der frühere Leistungsschwimmer nie als reiner<br />

Dokumentar des Wettkampfes verstanden, sondern wollte<br />

seine Begeisterung für den Sport mit der Liebe zur Kunst und<br />

Kreativität verbinden.<br />

»Jedes Bild ist von mir bewusst gemacht«, so Perényi, der als<br />

Fotograf nie nur den Markt des Sportjournalismus bedienen<br />

wollte, sondern stets das etwas andere Bild im Kopf hatte.<br />

Sein Konzept, das ganze Bildformat mit dem Objektiv auszufüllen,<br />

verleiht den Motiven oft eine ganz besondere Dynamik.<br />

Lichtverhältnisse, Uhrzeit, Wetter, Standort, die Stadionarchitektur<br />

– all das zieht Perényi mit ins Kalkül, um das<br />

perfekte Foto zu schaffen.<br />

Wie gut ihm das gelingt, hat der vielfach ausgezeichnete<br />

Fotokünstler immer wieder gezeigt. Zuletzt ist eine Aufnahme<br />

von Perényi zum »Sportfoto des Jahres 2012« gekürt worden.<br />

Bei den <strong>Olympische</strong>n Spielen in London gelang ihm ein beeindruckendes<br />

Bild der Degenfechterinnen Britta Heidemann und<br />

Shin A-Lam. In einem an Dramatik nicht zu überbietenden<br />

Halbfinale lieferten sich die <strong>Deutsche</strong> und die Südkoreanerin<br />

ein Gefecht mit Synchrontreffern in buchstäblich letzter<br />

Sekunde. Viele Fotografen haben dieses dramatische Gefecht<br />

im Bild festgehalten, aber Laci Perényi ist eine in ihrer Symbolik<br />

und Ästhetik einzigartige Aufnahme gelungen: Ein Bild, das<br />

den unbedingten Siegeswillen der Kontrahentinnen genauso<br />

festhält wie die Schönheit und Eleganz des Fechtsports an sich.<br />

GALERIE<br />

53


Sportfotografie ist eine Kunstform, die durchaus ins Museum<br />

gehört! Davon ist Laci Perényi überzeugt und das belegen<br />

seine höchst ästhetischen Aufnahmen. Zu Recht finden seine<br />

Arbeiten Anerkennung weit über den Sport hinaus. Magazine<br />

wie Stern, Bunte, Der Spiegel, Sports, Sports Illustrated oder<br />

dem New York Times Magazine drucken seine Fotos; zahlreiche<br />

Abdrucke in Bildbänden zeigen seine Meisterschaft an<br />

der Nahtstelle von Sport und Kunst. »In Motion – Sportfotografie<br />

von Laci Perényi« hieß eine Ausstellung, die kürzlich im<br />

<strong>Deutsche</strong>n Sport & Olympia Museum zu sehen war.<br />

Laci Perényi, 1955 in Pressburg (Bratislawa) geboren, erhielt<br />

u.a. folgende Preise:<br />

GRAPHIS AWARD NEW YORK 1991 »Best Sports«<br />

SPORTFOTO DES JAHRES 1996<br />

SPORTFOTO DES JAHRES 2012<br />

SVEN SIMON PREIS 2000 und 2012<br />

Für Interessenten: www.lp-sportsart.de<br />

54


Fachleute aus dem Archiv-, Bibliotheks- und Museumswesen tauschen sich gemeinsam mit den<br />

Verantwortlichen im Sport über Möglichkeiten aus, wie Vereine und Verbände ihre<br />

kulturgeschichtliche Überlieferung bewahren können und diese zeitgemäß der Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht werden kann.<br />

Die Vernetzung von Sportarchiven, -sammlungen und –museen ist daher eine nicht nur wünschenswerte,<br />

sondern auch dringend notwendige Aufgabe sowohl für bestehende Sportgeschichtseinrichtungen als auch<br />

für den gesamten organisierten Sport.<br />

Fragen beantworten gerne: Martin Ehlers und Markus Friedrich,<br />

Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg Postfach 47, 75429 Maulbronn<br />

Tel.: 07043/103-16/-55; Fax: 07043/10345<br />

E-Mail:ifs@maulbronn.de Internet: www.ifsg-bw.de


<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />

KOMPAKT<br />

Aktuelles aus der Bundesgeschäftsstelle<br />

Die Bundestagung der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> e.V. findet am 26.<br />

Oktober <strong>2013</strong> in der Kurstadt und <strong>Olympische</strong>n<br />

Stadt Baden-Baden statt. Unser<br />

herzlicher Dank gilt der Stadt Baden-Baden,<br />

vertreten durch Oberbürgermeister Wolfgang<br />

Gerstner, die die Nutzung ihrer<br />

Räumlichkeiten für die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> in diesem Zeitraum<br />

ermöglicht.<br />

Das Programm beginnt am Freitag, 25. Oktober<br />

<strong>2013</strong>, um 19:00 Uhr mit einem offiziellen<br />

Empfang im Kulturhaus LA8. Der anschließende<br />

<strong>Olympische</strong> Abend mit einer Podiumsdiskussion<br />

wird in Zusammenarbeit mit der Zweigstelle<br />

Baden-Baden/Südbaden veranstaltet.<br />

Mit dem Eintragen in die Anwesenheitsliste<br />

am Samstag, 26. Oktober <strong>2013</strong>, ab 09:00 Uhr<br />

beginnt die XXVI. Bundestagung der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Einladung zur XXVI. Bundestagung<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

Das Präsidium der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e.V. lädt zur XXVI. Bundestagung<br />

am Samstag, 26. Oktober <strong>2013</strong> um 09:00 Uhr, in die Räumlichkeiten des Rathauses der<br />

Stadt Baden-Baden, Gemeinderatssaal, Marktplatz 2, 76530 Baden-Baden, ein.<br />

TAGESORDNUNG (gemäß § 11 der Satzung)<br />

Feststellung der Anwesenheit und Stimmberechtigung<br />

Genehmigung des Protokolls der letzten Hauptausschusssitzung<br />

Berichte des Präsidiums über die abgelaufenen Geschäftsjahre mit anschließender Diskussion<br />

Bericht der Revisoren<br />

Genehmigung der Haushaltsrechnung und des Prüfberichts 2012<br />

Entlastung des Präsidiums<br />

Anträge zur Satzungsänderung<br />

Anträge zur Änderung der Richtlinien für die Tätigkeit der DOG-Zweigstellen und Landesverbände<br />

Wahl des Präsidiums<br />

Wahl der Revisoren<br />

Genehmigung des Haushaltsvoranschlags für 2014<br />

Beschluss über die vorliegenden Anträge<br />

Verschiedenes<br />

Die Teilnahme- und Antragsberechtigung ist durch die §§ 10 bis 12 der Satzung der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

geregelt. Hiernach sind stimmberechtigt die Delegierten der Zweigstellen, der Landesverbände und der Anschlussorganisationen,<br />

wie z. B. der Gemeinschaft <strong>Deutsche</strong>r Olympiateilnehmer. Die Zweigstellen haben je angefangene zehn Mitglieder eine Stimme,<br />

jeder Landesverband hat fünf Stimmen, die Delegierten der Anschlussorganisationen erhalten pro Verband je angefangene 50<br />

Mitglieder eine Stimme, höchstens jedoch 5 Stimmen. Eine Stimmübertragung ist nicht möglich. Die Mitglieder des Präsidiums<br />

dürfen keine weiteren Stimmen vertreten.<br />

Anträge<br />

Anträge zur Bundestagung sind dem Präsidium bis zum 21. September <strong>2013</strong> schriftlich über die Bundesgeschäftsstelle, Otto-<br />

Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt a.M., einzureichen. Anträge kann jedes einzelne Mitglied stellen, darüber hinaus sind das<br />

Präsidium, die Landesverbände und die Zweigstellen antragsberechtigt.<br />

Wahlvorschläge<br />

Vorschläge zur Wahl des Präsidiums müssen ebenfalls bis zum 21. September <strong>2013</strong> in der Bundesgeschäftsstelle in Frankfurt<br />

schriftlich eingegangen sein. Sie werden den Mitgliedern, die als Delegierte an der Bundestagung teilnehmen, drei Wochen<br />

vorher bekannt gegeben. Vorschlagsberechtigt sind das Präsidium, die Zweigstellen und die Landesverbände. Gültig sind auch<br />

Wahlvorschläge, die von mindestens drei Mitgliedern des Präsidiums oder mindestens 25 Mitgliedern schriftlich eingebracht<br />

werden. Während der Bundestagung dürfen Wahlvorschläge von dem/der neu gewählten Präsidenten/in, von drei Mitgliedern<br />

des Präsidiums oder von mindestens 25 der vertretenen Stimmen eingebracht werden.<br />

Das Präsidium der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

Frankfurt/Main, Juni <strong>2013</strong><br />

56


Mitgliederwerbeaktion <strong>2013</strong><br />

Auch in diesem Jahr führt die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> wieder ihre alljährliche<br />

Mitgliederwerbeaktion durch. In<br />

diesem Jahr konnten als wir als Kooperationspartner<br />

die <strong>Olympische</strong> Sport Bibliothek<br />

gewinnen. Ein herzliches Dankeschön<br />

senden wir in diesem Zusammenhang an<br />

den OSB-Vertreter Hakan Sagsöz, der uns<br />

hierbei tatkräftig unterstützt hat. Unter<br />

allen Neumitgliedern verlosen wir 10x je ein<br />

Buch „Sporthighlights <strong>2013</strong>“. Die Mitgliederwerbeaktion<br />

läuft noch bis zum 30.<br />

September <strong>2013</strong>. Die hierzu entworfenen<br />

Flyer wurden den DOG-Zweigstellen zugesendet.<br />

Sollten sie noch Flyer benötigen,<br />

können diese jederzeit bei der Bundesgeschäftsstelle<br />

angefragt werden. Wir wünschen<br />

allen Neumitgliedern viel Erfolg bei<br />

der bevorstehenden Verlosung.<br />

DOG trauert um<br />

Hubertus Kuntze<br />

Der ehemalige DOG-Hauptgeschäftsführer<br />

Hubertus Kuntze ist am 25. Mai <strong>2013</strong> in<br />

Köln im Alter von 80 Jahren verstorben. Im<br />

nordrhein-westfälischen Herne wurde<br />

Hubertus Kuntze am 16. Juli1932 geboren.<br />

Seiner Evakuierung als Schüler in Kriegszeiten<br />

ins ferne Pommern folgte nach dem<br />

Krieg ein Studium an der Universität Köln<br />

und der DSH in den Fächern Sport, Englisch,<br />

Geologie und Wirtschaftspädagogik. Um<br />

sich sein Studium zu finanzieren, arbeitete<br />

er als Bergmann unter Tage. Und obwohl er<br />

bereits die 1. und 2. Staatsprüfung für das<br />

57


Schulamt an berufsbildenden Schulen<br />

erfolgreich absolviert hatte und als Studienrat<br />

an der Fachoberschule für Technik in<br />

Köln-Deutz wirkte, absolvierte er ein einjähriges<br />

Praktikum als Maschinenbauschlosser<br />

und bestand 1966 die Gesellenprüfung im<br />

KFZ-Handwerk.<br />

Im Rahmen der beruflichen Karriere wurde er<br />

nach seiner Lehramtstätigkeit zunächst<br />

Dezernent für Schul- und Vereinssport in der<br />

Bezirksregierung Köln, später Regierungsschuldirektor,<br />

zuständig für 100 Kommunen<br />

und 3.000 Sportvereine. In dieser Funktion<br />

setzte er mit viel Augenmaß die Zuschüsse<br />

für Sportverbände und Sportvereine ein und<br />

erwarb sich durch sein geradliniges und<br />

nachhaltiges Wirken hohes Ansehen.<br />

Bereits durch den Goldenen Plan in Berührung<br />

mit der DOG geraten, wurde Hubertus<br />

Kuntze 1969 Mitglied der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong>. Seiner Tätigkeit im<br />

Vorstand der Zweigstelle Köln folgte die<br />

Mitarbeit im Zweigstellen-Ausschuss. Sein<br />

ehemaliger Regierungspräsident und DOG-<br />

Vizepräsident Dr. Günter Heidecke betraute<br />

ihn mit der Geschäftsführung der Kölner<br />

Zweigstelle und der Landesgruppe. Seiner<br />

Leidenschaft für die DOG folgend, trat er<br />

am 1. April 1986 die Nachfolge des aus<br />

Altersgründen in den Ruhestand getretenen<br />

Hillmar Dressler im Amt des DOG-Hauptgeschäftsführers<br />

an. Diese Funktion übte er bis<br />

zum 30. September 1992 aus, ehe er selbst<br />

im Alter von 60 Jahren in den verdienten<br />

Ruhestand wechselte.<br />

Das Präsidium trauert um Hubertus Kuntze,<br />

der über viele Jahre hinweg unvergessene<br />

Dienste für die DOG geleistet hat und<br />

wünscht der Familie und allen Angehörigen<br />

viel Kraft in dieser für sie schweren<br />

Zeit.<br />

Jung, sportlich, Fair<br />

Nach dem erfolgreichen Auftakt in 2012<br />

findet die Ausschreibung „Jung, sportlich,<br />

FAIR“ in diesem Jahr ihre Fortsetzung. Mit<br />

„Jung, sportlich, FAIR“ sollen auch <strong>2013</strong><br />

wieder faire Gesten im Sport sowie Projekte<br />

von Jugendlichen zur Thematik Fair Play<br />

ausgezeichnet werden. Jugendliche sollen<br />

hiermit darauf hingewiesen und angeleitet<br />

werden, den negativen Entwicklungen im<br />

Sport entgegenzuwirken. Die Ausschreibung<br />

läuft noch bis zum 31. August <strong>2013</strong> und<br />

stößt bereits jetzt auf großes Interesse,<br />

wurde sie doch von vielen Sportverbänden<br />

wie dem <strong>Deutsche</strong>n Turnerbund, dem<br />

<strong>Deutsche</strong>n Volleyball Verband, dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Leichtathletik-Verband sowie vielen<br />

weiteren Sportverbänden und Landessportbünden<br />

veröffentlicht und somit einem<br />

breiten Publikum vorgestellt. Weitergehende<br />

Informationen zur Ausschreibung „Jung,<br />

sportlich, FAIR“ erhalten Sie unter<br />

www.DOG-bewegt.de.<br />

Jugend trainiert für Olympia<br />

In bewährter Tradition war die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> beim Frühjahrsfinale<br />

von Jugend trainiert für Olympia in der<br />

Bundeshauptstadt Berlin mit einem Präsentationsstand<br />

vor Ort vertreten. Im Berliner<br />

Hauptbahnhof begrüßte die DOG die 3.500<br />

ankommenden Schülerinnen und Schüler,<br />

die sich vor Ort für die folgenden Wettkämpfe<br />

akkreditierten. Am DOG-Stand<br />

konnten die Schülerinnen und Schüler<br />

kleine Preise gewinnen, indem Sie <strong>Olympische</strong><br />

Sportarten pantomimisch darstellen.<br />

Nach zum teils langen Bahnfahrten freuten<br />

sich die Teilnehmer über die spielerische<br />

Möglichkeit der Bewegung. Alles in allem<br />

eine tolle Veranstaltung, die allen sehr viel<br />

Spaß gemacht hat.<br />

Bewegungspatenschaften<br />

Das Projekt Bewegungspatenschaften wird<br />

auch in <strong>2013</strong> fortgesetzt. Die <strong>Deutsche</strong><br />

Kreditbank AG und die KNS The Gym, Sports<br />

& Dance Academy setzen ihr Engagement<br />

im Rahmen des Projektes fort und wir sind<br />

guten Mutes weitere Partner für das Projekt<br />

begeistern zu können. Das Projekt befindet<br />

sich aktuell in den letzten Zügen der Vorbereitung.<br />

Natürlich werden wir über den<br />

Beginn und die weitere Entwicklung im<br />

<strong>Olympische</strong>n Feuer sowie auf www.DOGbewegt.de<br />

berichten.<br />

58


Baggern, pritschen, schmettern, blocken: Im<br />

Rahmen der Veranstaltungsreihe „Spitzensport<br />

zum Anfassen“ waren Mitglieder der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> Landesverband<br />

Berlin am 17. März Gäste des<br />

ersten Play-off-Viertelfinalspiels in der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Volleyball Liga zwischen den BR<br />

Volleys und dem VC Dresden. Vor einer sehr<br />

stimmungsvollen Kulisse von 5.289 Zuschauern<br />

in der Max-Schmeling-Halle<br />

konnten die Berliner die Partie mit 3:0-<br />

Sätzen für sich entscheiden. „Ein faszinierender<br />

Sport, großartige<br />

Stimmung und ein gutes<br />

Spiel mit standesgemäßem<br />

Ergebnis – ein toller Sonntagnachmittag“,<br />

so das Fazit<br />

eines DOG-Mitglieds.<br />

Innenminister Lewentz, 3. Mario Bender (Geschäftsführer DOG Bad Sobernheim), 5. Rolf Kindgen (Vorsitzender<br />

DOG Bad Sobernheim), 6. Egbert Jung (VG-Bürgermeister), 7. Fabian Sömmer (Zehnkämpfer) mit Kindern der<br />

Kita Odenbach<br />

Die BR Volleys sind eine der<br />

erfolgreichsten und renommiertesten<br />

deutschen<br />

Volleyball-mannschaften<br />

sowie eines der sportlichen<br />

Aushängeschildern der<br />

Hauptstadt. In der Saison<br />

2011/2012 wurden sie<br />

<strong>Deutsche</strong>r Meister – ein<br />

Titel, der verteidigt werden<br />

soll. Heimatverein der BR<br />

Volleys ist der Sport-Club<br />

Charlottenburg, einer der<br />

traditionsreichsten und<br />

größten Sportvereine Berlins<br />

sowie Mitglied der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Bad Sobernheim<br />

Innenminister Roger Lewentz<br />

positiv überrascht<br />

Am Samstag, 25. Mai <strong>2013</strong>, um 11:00 Uhr<br />

fanden im Stadion des SV Ginsweiler/<br />

Cronenberg die DOG-Kitaspiele statt. Rund<br />

150 Kinder mit ca. 600 Eltern und Großeltern<br />

bevölkerten die Sporteinrichtung. Unter<br />

Ihnen die Ehrengäste: Innenminister Roger<br />

Lewentz, VG-Bürgermeister Lauterecken<br />

Egbert Jung, Ortsbürgermeister Odenbach<br />

Herr Ginz sowie Zehnkampfmeister Fabian<br />

Sömmer.<br />

Die Kindertagesstätte Odenbach (Frau<br />

Schmidt) organisierte mit den DOG’lern<br />

Mario Bender und Rolf Kindgen den Ablauf<br />

der Spiele, bei denen es nicht ums gewinnen,<br />

sondern nur ums mitmachen ging.<br />

Standweitsprung, Sackhüpfen, Hürdenlauf,<br />

Balancieren, Weitwurf und Fussball-Dribbelparcours<br />

waren die Disziplinen.<br />

Kinder der Kitas Odenbach, Grumbach,<br />

Offenbach-Hundheim, St. Julian und Lauterecken<br />

waren am Start. Viele junge Talente<br />

wurden vom ansässigen Sportverein gesichtet.<br />

Alle Teilnehmer erhielten eine Goldmedaille<br />

und eine Urkunde. Die Ehrengäste<br />

übernahmen die Siegerehrung, bei der auch<br />

dem Innenminister aus den Händen des<br />

jüngsten Teilnehmers eine Goldmedaille<br />

verliehen wurde.<br />

Mario Bender, deutscher Jugendmeister im<br />

Kugelstoßen von 1986, wurde lobend<br />

hervorgehoben für den unermüdlichen<br />

Einsatz für die Kita-Spiele. Er war federführend<br />

in der Organisation und moderierte<br />

auch selbst den Ablauf. Bei einem kurzen<br />

privaten Gespräch bat der Innenminister, bei<br />

solchen Veranstaltungen doch auch weiterhin<br />

informiert zu werden, was ihm Rolf<br />

Kindgen (Vorsitzender der Zweigstelle Bad<br />

Sobernheim) auch versicherte. Viele Gäste<br />

betonten, das Stadion hätte schon lange so<br />

besetzte Ränge nicht mehr gesehen.<br />

Berlin<br />

Spitzensport zum Anfassen<br />

Um die Faszination „Olympia“ in der Olympiastadt<br />

Berlin erlebbar zu machen sowie<br />

olympische Sportarten und Sportstätten<br />

vorzustellen, organisiert die DOG Berlin<br />

unter dem Titel „Spitzensport zum Anfassen“<br />

für ihre Mitglieder sportspezifische Besuche<br />

und Führungen. Auf dem Programm standen<br />

bereits u.a. der Turnsport und das Bundesleistungszentrum<br />

Kienbaum, Eishockey und<br />

das Berliner Sportforum sowie der Besuch<br />

des Eisschnelllauf-Weltcups.<br />

Alexander Dorner<br />

59


39. Drumbo-Cup: DOG<br />

Fair Play-Pokale verliehen<br />

Auch der „39. Drumbo Cup“ – Europas<br />

größtes Hallenfußballturnier für Grundschulen<br />

– war wieder ein voller Erfolg. Nach<br />

über 1.500 Vor- und Zwischenrundenspielen,<br />

angemeldet hatten sich insgesamt 263<br />

Jungen- und 92 Mädchenteams, spielten<br />

am 21. März <strong>2013</strong> in der Berliner Sömmeringhalle<br />

die sechs besten Jungenteams in<br />

zwei Gruppen um den Einzug ins Halbfinale.<br />

Vier Teams der Mädchen hatten sich bereits<br />

vorher für das Halbfinale qualifiziert.<br />

In der anschließenden Halbfinalrunde und<br />

im Finale ging es dann auch wieder um den<br />

begehrten Fair Play-Pokal der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>. Sieger des Turniers<br />

und auch Gewinner des Fair Play-<br />

Pokals wurde bei den Mädchen das Team<br />

der Käthe-Kollwitz-Grundschule. Dem<br />

sympathischen Team, in dem alle acht<br />

Spielerinnen in jedem Spiel eingesetzt<br />

wurden, gelang es, die Sieger des Vorjahres,<br />

die Mannschaft der Grundschule am Rüdesheimer<br />

Platz, im Finale zu besiegen. Sieger<br />

in der Fair Play-Wertung bei den Jungen<br />

wurde die Mannschaft der Oskar-Heinroth-<br />

Grundschule, die in der Endwertung des<br />

Turniers den 5. Platz belegte und sich dabei<br />

besonders durch faires Verhalten und einen<br />

ungebro-chenen Kampfgeist auszeichnete.<br />

Überreicht wurden die Fair Play-Pokale vom<br />

Berliner DOG-Ehrenpräsidenten Hans-<br />

Jürgen Bartsch, der 1975 den Drumbo Cup<br />

ins Leben rief, und von Präsidiumsmitglied<br />

Dieter Krickow.<br />

Dieter Krickow<br />

Berliner DOG-Talk<br />

„Olympia hautnah“<br />

Wie stehen die Chancen auf ein <strong>Olympische</strong>s<br />

Sommer- oder Wintermärchen in Deutschland?<br />

Sind wir reif für Olympia und Paralympics?<br />

Welche Hausaufgaben müssen erledigt<br />

werden? Diese und andere Fragen standen<br />

am 24. April im Mittelpunkt des Talks „Olympia<br />

hautnah“ der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> Landesverband Berlin im Atrium<br />

der <strong>Deutsche</strong>n Kreditbank (DKB).<br />

Die prominenten Gesprächsgäste des<br />

Abends waren: Andreas Statzkowski (Berliner<br />

Sport-Staatssekretär), Friedhelm Julius<br />

Beucher (Präsident des <strong>Deutsche</strong>n Behindertensportverbandes),<br />

Thomas Schmid<br />

(Bürgermeister von Garmisch-Partenkirchen)<br />

sowie die Fünfkampf-Olympiasiegerin 2008,<br />

Lena Schöneborn, die mehrfache Weltmeisterin<br />

im Eisschnelllaufen, Jenny Wolf, und<br />

die Diskuswerferin Julia Fischer. Moderiert<br />

wurde die Veranstaltung durch Friedhard<br />

Teuffel (Sportchef beim Tagesspiegel) und<br />

Hans-Joachim Lorenz (Vorsitzender des<br />

DOG-Kuratoriums).<br />

Außer Frage stand für alle Podiumsteilnehmer,<br />

dass sich Deutschland um <strong>Olympische</strong><br />

und Paralympische Spiele selbstbewusst<br />

bewerben soll – im Winter mit einem<br />

Austragungsort im Süden, im Sommer mit<br />

einem im Norden. Berlins Sport-Staatssekretär<br />

Andreas Statzkowski machte deutlich,<br />

dass der Regierende Bürgermeister Klaus<br />

Wowereit und Innensenator Frank Henkel<br />

<strong>Olympische</strong> Spiele in Berlin befürworten, der<br />

Weg dahin sei jedoch noch lang. Wichtig sei<br />

es, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und<br />

eine breite Akzeptanz zu schaffen: „Sport<br />

muss zum gesellschaftlichen Konsens in<br />

Berlin werden. Wir müssen deutlich machen,<br />

was Olympia der Stadt bringt und<br />

dass es gut ist, sich um <strong>Olympische</strong> Spiele<br />

zu bewerben“, so Statzkowski. Olympia trage<br />

z.B. dazu bei, dass Infrastrukturprojekte<br />

schneller umgesetzt werden können, auf die<br />

ansonsten womöglich lange gewartet<br />

werden müsste – das bringe die Stadt<br />

voran. Statzkowski: „Es gibt ohne Zweifel<br />

Risiken bei einer Bewerbung, aber die<br />

Strahlkraft <strong>Olympische</strong>r Spiele ist so groß,<br />

dass es sich lohnt, diese einzugehen.“<br />

Einen positiven Effekt von <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen erhofft sich auch Bürgermeister<br />

Thomas Schmid für Garmisch-Partenkirchen.<br />

Schmidt hatte die Bewerbung Münchens<br />

um die Winterspiele 2018 intensiv begleitet<br />

und unterstützt. Wie Andreas Statzkowski<br />

60


und Friedhelm Julius Beucher betonte auch<br />

er, dass die Themen Umweltschutz und<br />

Nachhaltigkeit eine viel größere Beachtung<br />

bei der Vergabe der Spiele finden müssen.<br />

Hinsichtlich der Vergabepraxis sowie mit<br />

Blick auf die zunehmende Kommerzialisierung<br />

und die Zukunft von traditionellen<br />

olympischen Sportarten wurde die Arbeit<br />

des Internationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees<br />

(IOC) sehr kritisch bewertet. So äußerte<br />

Friedhelm Julius Beucher große Zweifel, ob<br />

das IOC bei den Entscheidungen über die<br />

Olympia-Austragungsorte verantwortungsvoll<br />

handele. Gleichzeitig forderte er, dass<br />

eine Vergabe der Spiele an autoritäre<br />

Staaten ausgeschlossen werde und die<br />

Beurteilung der Kandidaten durch die<br />

Sportler einen höheren Stellenwert erhalte.<br />

Zustimmendes Nicken gab es dafür auch<br />

von Julia Fischer, Lena Schöneborn und<br />

Jenny Wolf. Die Olympiateilnehmerinnen<br />

stört aber noch etwas ganz anderes: Werbung,<br />

Werbung, Werbung. Sie seien von ihr<br />

„genervt“ und „erdrückt“ – das sei sogar so<br />

schlimm, dass der <strong>Olympische</strong> Geist im<br />

<strong>Olympische</strong>n Dorf nur schwer zu spüren sei.<br />

Dies zeige genauso wie der geplante Olympia-Ausschluss<br />

für das Ringen, wie weit das<br />

IOC von der <strong>Olympische</strong>n Idee entfernt sei.<br />

Die mehr als 70 Gäste waren vom „Olympia<br />

hautnah“-Talk begeistert. Fazit eines DOG-<br />

Mitglieds: „Ein äußerst spannendes Thema,<br />

höchst interessante und kompetente Gäste<br />

sowie eine ausgewogene Diskussion –<br />

kurzum: eine sehr gelungene, runde Veranstaltung.“<br />

Ein großes Dankeschön für die<br />

ausgezeichnete Gastfreundlichkeit und die<br />

gute Zusammenarbeit richtete DOG-Präsident<br />

Gerhard Janetzky an Rolf Mähliß,<br />

Vorstand der <strong>Deutsche</strong>n Kreditbank (DKB)<br />

und Mitglied der DOG Berlin. Mit der Live-<br />

Übertragung des Dortmunder 4:1-Erfolgs im<br />

Champions-League-Halbfinale gegen Real<br />

Madrid fand der Abend einen standesgemäßen<br />

Ausklang.<br />

Alexander Dorner<br />

Hintere Reihe v.l.n.r. DOG Darmstadt Vorsitzender Norbert Lamp,<br />

Jan Petermann, Mathias Rückert, Joana Brokelmann, Lara Henkel,<br />

Franziska Ganster, ehemalige hessische Kultusministerin Karin Wolff;<br />

untere Reihe v.l.n.r.: Leo Pfeifer und Daniel Schmidt, David Fabio Pul,<br />

Lena Kämmerer, Lea Wenzel.<br />

Seit 2003 verleihen der Landessportbund<br />

Hessen und die Hessische Sportjugend in Abstimmung<br />

mit dem Hessischen Kultusministerium<br />

die Pierre-de-Coubertin-Medaille mit<br />

großer Resonanz und Erfolg. Diese Auszeichnung<br />

gilt für die Abschlussjahrgänge von<br />

Gymnasien, Real-, Haupt- und Gesamtschulen.<br />

Geehrt werden Schüler, die sich auf dem<br />

Gebiet des Schulsports hervorgetan haben.<br />

Dazu gehören nicht nur überdurchschnittliche<br />

sportliche Leistungen, sondern ebenso soziales<br />

Engagement und vorbildliches Verhalten.<br />

Aus Anlass der 10. Vergabe der Coubertin-<br />

Medaille hatte die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> Zweigstelle Darmstadt die<br />

jugendlichen Preisträger aus Südhessen im<br />

letzten Jahr zu einer Feierstunde mit anschließendem<br />

Varietébesuch beim Circus<br />

Waldoni eingeladen.<br />

Diese Veranstaltung fand bei allen Beteiligten<br />

einen so guten Anklang, dass die DOG<br />

Darmstadt sich entschlossen hatte auch in<br />

diesem Jahr eine Einladung an alle Preisträger<br />

der Coubertin-Medaille <strong>2013</strong> in Südhessen<br />

auszusprechen. Dass deshalb auch die<br />

Anzahl der beteiligten Schulen von 9 auf 14<br />

und die der Preisträger von 11 auf 17 in<br />

<strong>2013</strong> stieg, wollte der DOG Vorsitzende<br />

Norbert Lamp nicht ganz ausschließen.<br />

Gastgeber waren in diesem Jahr Eugen<br />

Breining und Katja Jungblut vom Bildungswerk<br />

der hessischen Wirtschaft. Nach<br />

einigen einführenden Worten des DOG-<br />

Vorsitzenden wurde die Moderation des<br />

Abends von den Oberstufenschülern Franziska<br />

Schmidt und Finn Holitzka von der<br />

Georg-August-Zinn Schule aus Reichelsheim<br />

übernommen. Beiden gelang es auf<br />

eine erfrischende Art und Weise die Preisträger<br />

<strong>2013</strong> zu<br />

interessanten<br />

Aussagen und<br />

Berichten aus ihrem<br />

Sportlerleben zu<br />

veranlassen, die oft<br />

ein anerkennendes<br />

Schmunzeln im<br />

Raum bei Eltern,<br />

Sportlehrern und<br />

Freunden nach sich<br />

zogen.<br />

Dabei war es wieder<br />

erfreulich und<br />

hoffnungsvoll zu<br />

hören, wie diese<br />

Schülerinnen und<br />

Schüler neben ihren<br />

sportlichen Aktivitäten<br />

auch sozial in<br />

ihren Schulen und<br />

Vereinen aktiv sind; das ging von der<br />

Betreuung von Sportfreizeiten in den Ferien<br />

bis hin zu Kampfrichter- und Schiedsrichtertätigkeiten<br />

bei den Schulsportwettbewerben<br />

von „Jugend trainiert für Olympia“.<br />

Dabei schätzten sie es am meisten, dass<br />

man ihnen Vertrauen entgegenbrachte und<br />

sie Verantwortung übernehmen konnten.<br />

Hochinteressant waren auch die Ausführungen<br />

der ehemaligen Kultusministerin Karin<br />

Wolff über das Zustandekommen des<br />

Coubertin-Preises in Hessen in 2003. In<br />

zwangloser Atmosphäre unterhielten sich<br />

die fast 40 Anwesenden mit der Initiatorin<br />

des Coubertin-Schulpreises über mehr Fair<br />

Play in unserer <strong>Gesellschaft</strong>. Dabei überzeugten<br />

die Oberstufenschüler durch ihre<br />

scharfsinnigen Fragen als auch Frau Wolff<br />

mit deren Beantwortung.<br />

München<br />

„Lieber kurz hell leuchten,<br />

als lange nur dahin-funzeln“<br />

Darmstadt<br />

„Pierre-de-Coubertin-<br />

Schulsportpreis“ <strong>2013</strong><br />

Die DOG-Stadtgruppe München ist Mitveranstalter<br />

des 2. Talk im Olympiaturm. Eine<br />

hochkarätige Expertenrunde diskutierte<br />

rund um das Thema Doping – äußerst<br />

unterhaltsam, aber auch mit interessanten,<br />

neuen Vorschlägen zur Doping-Bekämpfung.<br />

181 Meter über dem Olympiapark, im<br />

„Restaurant 181“ im Münchner Olympia-<br />

61


Dr. Helmut Pabst, Prof. Eike Emrich, Tobias Barnerssoi, Katja Mühlbauer, Philippe Crone<br />

turm begrüßten Dr. Stephan Thewalt,<br />

Geschäftsführer der Arena One GmbH, und<br />

Joachim Ebener, Vorsitzender der DOG<br />

Stadtgruppe München rund 50 Gäste. Im<br />

Anschluss daran eröffnete der frühere<br />

Skirennfahrer Tobias Barnerssoi als Moderator<br />

die Diskussionsrunde.<br />

Zu den Podiumsgästen zählten Regierungsdirektorin<br />

Katja Mühlbauer, ehemalige<br />

Gruppenleiterin der Schwerpunktstaatsanwaltschaft<br />

Doping in München, Philipp<br />

Crone, langjähriges Mitglied der deutschen<br />

Hockey-Nationalmannschaft, Professor Eike<br />

Emrich, Leiter der Abteilung Sportökonomie<br />

und Sportsoziologie der Universität des<br />

Saarlandes sowie ehemaliger Vizepräsident<br />

des DLV und Dr. Helmut Pabst, Präsident des<br />

Bayerischen Sportärzteverbandes und<br />

Dopingkontrolleur, Gründer der PWC GmbH.<br />

Das Geständnis von Lance Armstrong und<br />

der Prozess um den deutschen Radprofi<br />

Stefan Schumacher zeigen, wie hoch der<br />

Handlungsbedarf beim Thema Doping ist.<br />

Der Sport scheint noch nicht die richtigen<br />

Antworten gefunden zu haben. Grund<br />

genug für Arena One und die DOG Stadtgruppe<br />

München, die den „Talk im Olympiaturm“<br />

als Veranstaltungsreihe etablieren<br />

wollen, ein Zeichen zu setzen und dieses<br />

schwierige Thema unter dem Titel „Was<br />

lehrt der Fall ‚Armstrong‘? Ist Leistungssport<br />

ohne Doping überhaupt noch möglich?“ zu<br />

diskutieren.<br />

Katja Mühlbauer, Regierungsdirektorin im<br />

Bayerischen Ministerium der Justiz und<br />

Mitglied der Antidopingkommission des DLV<br />

gab eindrucksvolle Einblicke in ihre Erlebnisse,<br />

als sie noch bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft<br />

Doping in München arbeitete.<br />

Razzien im Drogenmilieu ergaben, dass<br />

Dopingmittel unter haarsträubenden hygienischen<br />

Bedingungen zusammengepantscht<br />

werden. Und sie beklagt eine „Mauer des<br />

Schweigens“ in der Dopingszene, die den<br />

Ermittlern die Arbeit erschwert. Mühlbauer<br />

unterstreicht die Notwendigkeit eines Anti-<br />

Doping-Gesetzes in Deutschland.<br />

Dopingkontrolleur Dr. Helmut Pabst berichtet<br />

aus dem Alltag des langjährigen Dopingjägers<br />

und verdeutlicht wie schwierig es ist<br />

Dopingkontrollen effektiv zu gestalten: „Die<br />

vorgegebenen Slots, in denen die Kontrollen<br />

durchgeführt werden dürfen, variieren<br />

teilweise so stark, dass zwischen der ersten<br />

und zweiten Kontrolle bis zu 36 Stunden<br />

liegen. Bei diesen großzügigen Zeiträumen<br />

ist die Abklingquote vieler Medikamente<br />

bereits überschritten. Sie sind somit nicht<br />

mehr nachweisbar.“ Daher fordert er: „Wir<br />

brauchen Kontrollen zur richtigen Zeit. Wir<br />

müssen Sportler testen, wenn es Sinn<br />

macht zu dopen. Dazu kommt, dass die<br />

Dopingsünder in vielen Fällen durch ein<br />

ausgeklügeltes System den Kontrolleuren<br />

immer wieder voraus sind.“ Ein Anti-Doping-Gesetz<br />

im Sinne von Katja Mühlbauer<br />

befürwortet er durchaus.<br />

Der ehemalige Hockey-Rekord-Nationalspieler<br />

Philip Crone ist sehr froh darüber,<br />

während seiner aktiven Zeit mit Doping<br />

nicht in Kontakt gekommen zu sein. „Im<br />

Mannschaftssport, wie es Hockey ist, kommt<br />

es auf das Team an. Geschwindigkeit ist<br />

wichtig, aber was zählt ist die Cleverness in<br />

der Spieltaktik. Die kann man nicht dopen“;<br />

berichtet er aus seiner aktiven Sportlerzeit.<br />

Umso mehr traf ihn zu Beginn seiner<br />

beruflichen Laufbahn als Journalist die<br />

Verallgemeinerung seiner neuen Kollegen,<br />

dass es doch so viele gäbe, die Doping<br />

abstreiten und dennoch davon betroffen<br />

sind. Als „sauberer“ Sportler, der sich noch<br />

nie Gedanken über das Dopen gemacht hat,<br />

überkommt ihn in solchen Momenten eine<br />

Riesenwut: „Sie werden mit denjenigen in<br />

einen „Topf“ geworfen, die sich nicht an die<br />

Regeln halten.“ Daher lautet auch seine<br />

klare Forderung: „Sportler, die mit verbotenen<br />

Mitteln erwischt werden, gehören in<br />

meinen Augen viel härter bestraft.“<br />

Professor Eike Emrich, Leiter der Abteilung<br />

Sportökonomie und Sportsoziologie der<br />

Universität des Saarlandes, berichtet von<br />

seinen Studienergebnissen. Nach einer<br />

anonymen Befragung hatten 23 bis 48<br />

Prozent der deutschen Kaderathleten<br />

Kontakt mit Dopingmitteln. Für Erstaunen<br />

sorgte die sog. „Glühbirnentheorie“: Manche<br />

Sportler würden für den schnellen sportlichen<br />

Erfolg sogar lebensgefährliche Nebenwirkungen<br />

in Kauf nehmen, nach dem Motto:<br />

„Lieber kurz hell strahlen, als lange Zeit<br />

nur dahin-funzeln.“<br />

Der ehemalige Vize-Präsident des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Leichtathletikverbands gab sich als<br />

vehementer Verfechter von Transparenz und<br />

machte spektakuläre Vorschläge. Schmunzelnd<br />

fordert er in der Runde: „Warum steht<br />

auf den Trikots, wie beispielsweise bei den<br />

100m Sprintern, nicht einfach die Anzahl<br />

der stattgefunden Dopingkontrollen?“ Dann<br />

stünde bei den deutschen Athleten eine<br />

Zahl über 100, bei Usain Bolt dagegen<br />

höchstens eine „zwei“.<br />

Tobias Barnerssoi<br />

Odenwaldkreis<br />

DOG ehrt<br />

Juniorsportlerin 2012<br />

Anlässlich des Kreisverbandstages der<br />

Odenwälder Leichtathleten ließ es sich die<br />

62


Ehrung Liv Jäger<br />

Kreisgruppe Odenwald der DOG wie in den<br />

Vorjahren nicht nehmen, den besten Juniorsportler<br />

2012 der Leichtathleten besonders<br />

zu ehren. Die Wahl fiel diesmal auf Laura<br />

Glaser vom TSV Höchst, die im vergangenen<br />

Jahr Hessische Vizemeisterin im 4-Kampf<br />

wurde und zudem Rang 3 im 7-Kampf der<br />

Schülerinnen W 15 erreicht hatte. DOG-<br />

Vorstandsmitglied Willi Hartmann überbrachte<br />

im Auftrag des Vorsitzenden der<br />

Kreisgruppe, Johann Weyrich, Grüße an die<br />

Versammlung und überreichte eine Urkunde,<br />

Medaille und ein Präsent an die junge<br />

Sportlerin.<br />

Ehrung Andre Sattler<br />

Der Odenwaldkreis ehrte auch in diesem<br />

Jahr wieder seine erfolgreichen Sportlerinnen<br />

und Sportler des Jahres 2012. Hierbei<br />

wurden über 250 Personen vom Kreismeister<br />

an aufwärts geehrt. Die DOG-Zweigstelle<br />

Odenwald hat wieder einen Juniorsportler<br />

des Kreises gekürt. Dieses Jahr ist es Andre<br />

Sattler, er erreichte im Motorrad Trail bei<br />

den Hessischen Meisterschaften den 1.<br />

Platz, bei den <strong>Deutsche</strong>n Meisterschaften<br />

den 8. Platz und bei den Italienischen<br />

Meisterschaften den 1. Platz und hat somit<br />

seinen Heimatkreis weit über die Grenzen<br />

hinaus bekannt gemacht.<br />

Mit einem großen Bahnhof wurde in der<br />

Gemeinde Höchst/Odw. in diesem Jahr die<br />

Sportlerehrung beim Apfelblütenfest durchgeführt,<br />

hier hat die DOG-Zweigstelle<br />

Odenwald eine Juniorsportlerin der Gemeinde<br />

gekürt. In diesem Jahr war dies Liv Jäger,<br />

als Karate-Sportlerin hat Sie bei den Mitteldeutschen<br />

Meisterschaften den 2. Platz<br />

belegt. Zu den Gratulanten gehörten die<br />

Apfelblütenkönigin mit ihren Prinzessinnen,<br />

der Bürgermeister Horst Bitsch und der<br />

Vorsitzende der Kreisgruppe Odenwald<br />

Johann Weyrich.<br />

Pfalz<br />

v.l.n.r. der Landrat des Odenwaldkreises, Herr Dietrich<br />

Kübler, der Sportler Andre Sattler, 2. Vors. der DOG Peter<br />

Falter und der 1. Vors. Johann Weyrich<br />

Jahreshauptversammlung<br />

der DOG Pfalz<br />

Der Vorsitzende, Carlo von Opel, begrüßte<br />

herzlich die Anwesenden. Die Einladung zur<br />

JHV erfolgte termingerecht. Einwände zur<br />

Tagesordnung gab es nicht. Die Jahresabrechnung<br />

lag vor. In Anwesenheit der Staatsministerin,<br />

Frau Prof. Dr. Maria Böhmer, wurde<br />

Dr. Alois Bierl als Vertreter der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> Pfalz ein symbolischer<br />

Scheck über 3.000 Euro überreicht zur<br />

Förderung des talentierten Nachwuchses, in<br />

diesem Fall Julius Neu (Hockey) und Michel<br />

Adam (Judo).<br />

Die Stiftung Spazierengehen, die in diesem<br />

Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiert, hat noch<br />

17 Mitglieder. Nach dem Tod seines Vaters<br />

übernahm zunächst Carlo von Opel 1972 die<br />

Stiftung Spazierengehen, 1978 übernahmn<br />

Frau Elke Eisheuer die Geschäftsführung. Jede<br />

Person, die innerhalb von 12 Monaten eine<br />

Anzahl von 300 Stunden<br />

(200,100) Spaziergehzeit per<br />

Kontrollheft nachweisen kann,<br />

erhält hierfür den Goldenen<br />

Schuh (Silber, Bronze) in Form<br />

einer Anstecknadel. Bis heute hat<br />

die Stiftung Spazierengehen<br />

554.000 Teilnehmer. Einige<br />

konnten über 100mal den<br />

Goldenen Schuh ergehen. Im<br />

Jahre 2012 wurden noch 19<br />

Kontrollhefte angefordert und 58<br />

Schuhe als Anstecknadel vergeben.<br />

Somit besteht kein Grund<br />

zur Auflösung. Die weitere<br />

Entwicklung soll abgewartet<br />

Prof. Dr. Maria Böhmer, Dr. Alois Bierl, Carlo<br />

von Opel<br />

werden. Carlo von Opel nahm dies gerne zum<br />

Anlass, um sich bei allen verbliebenen Mitgliedern<br />

für die teils Jahrzehnte lange Treue<br />

zu bedanken.<br />

Rems-Murr<br />

MV der DOG Rems-Murr -<br />

Erich Hägele einstimmig zum<br />

neuen Vorsitzenden gewählt<br />

Bei der Mitgliederversammlung der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> im Rems-<br />

Murr-Kreis wurde Erich Hägele einstimmig<br />

zum neuen Vorsitzenden gewählt.<br />

In den Berichtszeitraum des Vorsitzenden<br />

Siegfried Riester fallen im Wesentlichen zwei<br />

Aktionen. „Bewegungsförderung im Zeichen<br />

Olympias“ im Kindergarten-Wettbewerb<br />

sowie die Ehrung der Handball-AG des<br />

Lessing-Gymnasium in Winnenden, die am<br />

Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“<br />

erfolgreich teilgenommen hatte.<br />

In Anlehnung an das 2003 von der DOG<br />

initiierte Modellprojekt „Kinder bewegen“,<br />

forderte die DOG in Zusammenarbeit mit dem<br />

Sportkreis alle Kindergärten im Rems-Murr-<br />

Kreis auf, Konzepte und Ideen zu entwickeln,<br />

wie sie mehr Bewegung in den Kindergartenalltag<br />

bringen und diese dann auch umsetzen.<br />

Im Jahre 2011 hatte dabei der Kindergarten<br />

Stockrain in Auenwald-Unterbrüden und<br />

2012 der Lehenbachkindergarten in Winterbach<br />

die Nase vorn. Geehrt wurde auch die<br />

Handball-AG des Lessing-Gymnasiums in<br />

Winnenden. Sie hatte es im Wettbewerb<br />

„Jugend trainiert für Olympia“ bis zum Finale<br />

nach Berlin geschafft.<br />

63


Jörg Schaal, Roland Krimmer, Claus Paal, Erich Hägele, Arnulf Oberascher,<br />

Peter Eberhardt, Siegfried Riester, Marina Kleeh, Fritz Braun und<br />

Erich Hägele, Vizepräsident der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>, wurde bei den anschließenden<br />

Neuwahlen einstimmig zum<br />

neuen Vorsitzenden der DOG Zweigstelle<br />

Rems-Murr gewählt. Als seine Stellvertreter<br />

stehen ihm zur Seite: Arnulf Oberascher,<br />

Vorsitzender VfB-Freundeskreis, Claus Paal<br />

(MdL, (CDU)) und Ian Schölzel (Bürgermeister<br />

Weissach im Tal). Schatzmeister bleibt<br />

weiterhin Fritz Braun. Zu Beisitzern wurden<br />

Siegfried Riester (Ehrenratsvorsitzender<br />

Sportkreis Rems-Murr), Ursula Jud (Vizepräsidentin<br />

Sportkreis Rems-Murr), Joachim<br />

Kristen (Vorsitzender Freizeitstätte am<br />

Ebnisee, Zeltlager Salbengehren), Peter Noller<br />

(Golfclub Marhördt), Peter Eberhardt (Fa.<br />

Polytan) und Roland Krimmer (Schützenkreis<br />

Waiblingen) gewählt. Kassenprüfer ist Jörg<br />

Schaal (Raiffeisenbank Weissacher Tal).<br />

Jörg Fiedler<br />

Reutlingen<br />

Patenschaften feiern<br />

10-jähriges Jubiläum<br />

Die Kreisgruppe Reutlingen der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> begleitet nunmehr<br />

seit 10 Jahren die sportliche Entwicklung<br />

des Nachwuchses der Fechtabteilung<br />

der TSG Reutlingen und der Leichtathletikabteilung<br />

des VfL Pfullingen in Form einer<br />

Patenschaft. Die Patenschaft umfasst die 8<br />

– 14-Jährigen, also jene jungen Sportler/innen,<br />

für die es noch keine Kader gibt.<br />

Finanziell getragen wird die Reutlinger<br />

DOG-Patenschaft durch die Kreissparkasse<br />

Reutlingen. Die Patenschaften sollen die<br />

olympischen Werte wie Fairness, Leistungsbereitschaft<br />

und<br />

Werteorientierung<br />

vermitteln.<br />

Die 2003 übernommene Patenschaft hat 2<br />

Säulen: Einerseits werden die beiden Patengrup-pen<br />

mit einem Betrag von 500 Euro<br />

jährlich unterstützt, den jeweils die Kreissparkasse<br />

Reut-lingen bereitstellt. Er soll dazu<br />

dienen, notwendige Anschaffungen, die für<br />

den Trainingsbetrieb erforderlich sind, möglich<br />

zu machen. Andererseits soll die Patenschaft<br />

aber nicht anonym bleiben, sondern<br />

durch personelle oder organisatorische Hilfen<br />

sowie Veranstaltungen erlebbar werden. So<br />

standen in den vergangenen 10 Jahren<br />

Trainingsnachmittage im Olympiastützpunkt<br />

Stuttgart mit Turn-Olympiasieger Waleri<br />

Belenki, Handballtraining mit Bundesligahandballern,<br />

Bogenschießen mit <strong>Deutsche</strong>n<br />

Meistern oder Sportklettern im Kletterzentrum<br />

der DAV-Sektion Reutlingen ebenso auf<br />

dem Programm, wie Begegnungen der beiden<br />

Patengruppen bei denen über den sportlichen<br />

Tellerrand hinausgeschaut wurde, z. B. beim<br />

Besuch des Umweltinformations- und Bildungszentrums<br />

Listhof. Dabei standen<br />

Umwelt- und Artenschutz, Biotopverbund<br />

und regionale Produkte auf der Themenliste.<br />

Die beiden „Paten-Abteilungen“ führen im<br />

Verlauf eines Sportjahres eine Vielzahl von<br />

zum Teil hochkarätigen Veranstaltungen<br />

durch, die sich hervorragend eignen, den<br />

finanziell unterstützenden Teil der Patenschaft<br />

in einem würdigen Rahmen zu<br />

übergeben. Am vergangenen Samstag fand<br />

In der Betzinger Sporthalle die Übergabe der<br />

Trainingsgeräte an die beiden Patengruppen<br />

statt Sie war eingebettet in den<br />

tisoware.Pokal, mit dem die <strong>Deutsche</strong>n<br />

Meisterschaften im Degenfechten der<br />

Herren B-Jugend ausgerichtet werden.<br />

Für die DOG-Kreisgruppe haben Uwe Weber<br />

(stellvertretender Vorsitzender) und Arno Leis<br />

(Vorstandsmitglied der DOG Baden-Württemberg)<br />

die Übergabe vorgenommen, zusammen<br />

mit Herrn Michael Bläsius (stellvertretender<br />

Vorsitzender der Kreissparkasse Reutlingen).<br />

Schwarzwald-Bodensee<br />

Sportlerehrung der<br />

Stadt Tuttlingen<br />

Wie jedes Jahr trafen sich zu diesem Anlass<br />

die Sportpreisträger und Sportler mit ihren<br />

Familien, Freunden und Bekannten, um bei<br />

guter Stimmung in der Stadthalle Tuttlingen<br />

gemeinsam ihre sportlichen Erfolge zu feiern.<br />

80 Sportler erhielten an diesem Abend eine<br />

Ehrung von Oberbürgermeister Michael Beck<br />

und den Vorständen des Stadtverbandes für<br />

Sport e.V. Zudem wurden mehrere Sonderpreise<br />

verliehen: Gordana Herzer von der TG<br />

Tuttlingen, die leider nicht anwesend sein<br />

konnte, Bernd Kramer vom Schneeschuhverein<br />

Tuttlingen sowie Michele und Sigrid<br />

Lanzilotti von den A.I.S Azzurri Tuttlingen<br />

erhielten den Sport-Anerkennungspreis.<br />

Achmed Dudarov bekam für seine herausragenden<br />

sportlichen Erfolge den Sport-<br />

Ehrenpreis. Moritz Doms und Manuel Behr<br />

wurden mit dem Jugendsport-Förderpreis<br />

ausgezeichnet. In Namen der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> verlieh Oberbürgermeister<br />

Michael Beck zusätzlich die „Plakette<br />

für besondere Leistungen im Sport und der<br />

olympischen Idee“ an Helga Schulz vom TV 05<br />

Fridingen, Karl-Heinz Hügel vom TSV Neuhausen<br />

1873 e.V. und Josef Schilling vom SV<br />

Renquishausen e.V. Neben den Ehrengaben<br />

der DOG erhielten die Preisträger Wert-<br />

Gutscheine für Veranstaltungen der Tuttlinger<br />

Stadthalle. Über die goldene Ehrennadel<br />

durften sich Klaus Aicher, Wolfgang Dickhaus<br />

und Wolfgang Funkler freuen. Alle Preisträger<br />

64


haben sich seit Jahrzehnten in Ihren Vereinen,<br />

im Sportkreis Tuttlingen sowie auf Verbandsebene<br />

über die Maßen für den Sport eingesetzt<br />

und engagiert. Für die nun bereits 25-<br />

jährige Mitgliedschaft in der DOG wurde der<br />

Stadt-Turnverband Singen 1883 e.V. mit der<br />

goldenen Ehrennadel für Jubilare ausgezeichnet.<br />

Den Gästen wurde außerdem ein buntes<br />

Rahmenprogramm unterschiedlichster<br />

Showkünstler geboten, die die Gäste im Saal<br />

auf das Beste zu unterhalten wussten. So<br />

sorgten die Mädchen der Möhringer Leistungsriege<br />

als „Piraten der Karibik“ mit einer<br />

tollen turnerischen Darbietung für einen<br />

gelungenen Programmauftakt. Bereits während<br />

dem Eintreffen der Gäste bot die Big<br />

Band NULL 746 EINS der Musikschule Tuttlingen<br />

- Bundessieger 2012 - musikalische<br />

Highlights.<br />

Durchs Programm führte Arno Margraf alias<br />

„Herr Fröhlich“. Mit eigenwilligen Musikinstrumenten,<br />

irrwitzigen Verrenkungen und<br />

Gedichten von Heinz Ehrhardt kam er beim<br />

Publikum sehr gut an. Zwischen den Ehrungsblocks<br />

begeisterte das hochkomische Entertainement<br />

des Duos „Green Gift“ die Zuschauer.<br />

Beeindruckende Auftritte wie Yogaübungen<br />

auf einem Gymnastikball oder das<br />

„Ping-Pong-Phone“ gehören in das Repertoire<br />

von Stefanie Bonse und Michael Korthaus.<br />

Das Ende der Veranstaltung bildete das große<br />

Finale, bei dem alle geehrten Sportler und<br />

mitwirkenden Künstler nochmals auf der<br />

Bühne gefeiert wurden. Zu musikalischer<br />

Umrahmung der Combo der Musikschule und<br />

bei interessanten Gesprächen in der wunderschön<br />

dekorierten Stadthalle klang der Abend<br />

gemütlich aus.<br />

Stuttgart<br />

Stadtgruppe Stuttgart<br />

stiftet Ehrenpreis<br />

Am 15. und 16. Juni war die Stuttgarter<br />

SCHARRena nach 2012 zum zweiten Mal<br />

Austragungsort des Rollstuhlbasketball<br />

Junioren-Länderpokals. Die besten deutschen<br />

Rollstuhlbasketballer der Junioren boten<br />

Sport auf hohem Niveau und mit viel Spannung.<br />

Schirmherrin der Veranstaltung war<br />

Stuttgarts Bürgermeisterin für Kultur, Bildung<br />

und Sport, Dr. Susanne Eisenmann, zugleich<br />

stellvertretende Vorsitzende der Stadtgruppe<br />

Stuttgart der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Mit den aktuellen U22-Europameistern Leon<br />

Ole Schöneberg, Tobias Schreiner und Philip<br />

Schorp hatte das Baden-Württemberg-Team<br />

gleich drei Hochkaräter in der Mannschaft.<br />

Allerdings galt es auch fünf Neulinge in das<br />

bisher so erfolgreiche Team zu integrieren.<br />

Vor dieser Herausforderung stand das Trainer-<br />

Team mit Rainer Gastinger, Christian Gumpert<br />

und Kai Frank. Bis zum Stand von 22:32 Mitte<br />

des dritten Viertels glaubten jedoch nicht<br />

mehr viele der 150 Zuschauer in der SCHAR-<br />

Rena an den Sieg der Heimmannschaft. Die<br />

Mannschaft belehrte die Fans jedoch eines<br />

Besseren. Sowohl in der Verteidigung als auch<br />

im Angriff klappte plötzlich alles. Die sichtlich<br />

unsicher werdenden Titelverteidiger mussten<br />

nun Korb für Korb hinnehmen. Durch einen<br />

furiosen Zwischenspurt konnte vier Minuten<br />

vor Ende auf 32:32 ausgeglichen werden.<br />

Selbstbewusst drückte man dem Spiel weiter<br />

den Stempel auf. 38:32 hieß das Endergebnis<br />

zu Gunsten der Hausherren. „Wir haben ein<br />

Spiel auf sehr hohem Niveau gesehen.<br />

Letztendlich haben Nuancen das Spiel entschieden“,<br />

lobte U22-Nationaltrainer Peter<br />

Richarz die beiden Finalisten. Besonders die<br />

Art und Weise wie sich die Mannschaft selbst<br />

ins Spiel zurückgekämpft hat, war sehr<br />

beeindruckend“, freute sich Mitorganisator<br />

Andreas Escher vom Württembergischen<br />

Behinderten- & Rehabilitationssportverband<br />

e.V.<br />

Für die notwendige Unterstützung bei den<br />

Rahmenbedingungen sorgte in erster Linie die<br />

Stadt Stuttgart. So konnte man gemeinsam<br />

die Kosten für das Turnier reduzieren. Des<br />

Weiteren machte die Stadt aktiv Werbung für<br />

das national wichtigste Rollstuhlbasketball<br />

Turnier im Juniorenbereich. „Ohne diese<br />

Unterstützung hätten wir den Länderpokal<br />

nicht nochmal nach Stuttgart holen können“,<br />

so Escher.<br />

Ein weiterer Förderer war die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong>. Zudem verlieh die<br />

Stadtgruppe Stuttgart den Preis für den<br />

wertvollsten Spieler des Turniers. Hans Peter<br />

Haag, erster Vorsitzender, übergab in der<br />

SCHARRena den Pokal an den Spieler Oliver<br />

Jantz vom Team Nord. Jantz ist auch Mitglied<br />

der deutschen U19-Nationalmannschaft, die<br />

im Juni auch noch am Paralympic Europena<br />

Youth Festival im niederländischen Utrecht<br />

teilnimmt.<br />

Oliver wurde mit einer Teil-Querschnittslähmung<br />

geboren und kann die Beine nicht<br />

bewegen, er ist auf den Rollstuhl angewiesen.<br />

Große Worte macht der Schüler nicht.<br />

Schule? Na ja, Mathematik kann er nicht<br />

leiden. Er hat schon mal ein Praktikum als<br />

Zahntechniker gemacht, aber der Berufswunsch<br />

ist klar: „Ich will Profi werden." So<br />

wie sein großes Vorbild Kai Möller aus Ellingstedt<br />

im Kreis Schleswig-Flensburg, der sein<br />

Geld als Berufsspieler in Italien verdient.<br />

Rollstuhl-Basketball wird von Menschen mit<br />

unterschiedlichen Behinderungen und auch<br />

von Nichtbehinderten gespielt, Grundlage ist<br />

das Regelwerk des "Fußgänger-Basketballs",<br />

das Feld ist genauso aufgebaut. Die Sportart<br />

65


wurde 1946 von amerikanischen Kriegsveteranen<br />

erfunden, seit 1960 zählt sie zum<br />

paralympischen Programm. In Deutschland<br />

gibt es seit 1990 eine Bundesliga.<br />

Südniedersachsen<br />

Neuer Vorstand in<br />

Südniedersachsen<br />

Die mit ca. 170 Mitgliedern zweitgrößte<br />

Zweigstelle der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> auf Bundesebene, die Bezirksgruppe<br />

„Südniedersachsen/Göttingen“, hat in<br />

ihrer Mitgliederversammlung einen neuen<br />

Vorstand gewählt. Zur neuen 1. Vorsitzenden<br />

wurde die Betriebswirtin und Verwaltungsleiterin<br />

Petra Reußner gewählt. Petra Reußner<br />

hat langjährige Vorstandserfahrung und war<br />

neben ihrer bisherigen Tätigkeit im Göttinger<br />

Vorstand von 2002 bis 2008 auch Vizepräsidentin<br />

der DOG auf Bundesebene und über<br />

dieses Amt von 2002 bis 2005 Mitglied des<br />

Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees für<br />

Deutschland. Neben Petra Reußner wurden<br />

folgende Personen in den Vorstand gewählt:<br />

Elke Balleer, Prof. Dr. Wolfgang Buss, Heinz-<br />

Vorstandes verabschiedet. Der bisherige 1.<br />

Vorsitzende Rainer Hald sowie auch der<br />

Schatzmeister Rolf Parr und der Geschäftsführer<br />

Frank Sickora kandidierten auf<br />

eigenen Wunsch nicht mehr für den Vorstand.<br />

Alle Drei wurden für ihre engagierte<br />

und zum Teil langjährige Tätigkeit im<br />

Vorstand mit Dank und Ehrengaben durch<br />

die Mitgliederversammlung verabschiedet.<br />

Rolf Parr war seit 24 Jahren Schatzmeister<br />

der Bezirksgruppe und Frank Sickora nahm<br />

seit 1998 die Aufgabe des Geschäftsführers<br />

wahr.<br />

Die neue Vorsitzende Petra Reußner kündigte<br />

mit dem neuen Vorstand eine weitere<br />

enga-gierte Arbeit für die Ziele der DOG in<br />

der Region Südniedersachsen an, wobei<br />

neben der Pflege der olympischen Werte von<br />

Fairness, Völkerverbindung und Integration<br />

vor allem auch die aktuellen Probleme des<br />

Sports über öffentliche Veranstaltungen<br />

weiter beleuchtet und diskutiert werden<br />

sollen. Schon im kommenden Herbst <strong>2013</strong><br />

wird in der Reihe der DOG-Foren eine<br />

öffentliche Veranstaltung zum Thema<br />

"Traumberuf Profisport? Karriere im Hochleistungssport"<br />

durchgeführt. Hierbei sowie<br />

bei allen anderen Aktivitäten erhofft sich die<br />

DOG eine weitere fruchtbare Zusammenarbeit<br />

mit allen Sportorganisationen<br />

der Region, für die sie nicht<br />

als Konkurrent, sondern in<br />

Ergänzung und Zuarbeit wirken<br />

will. Weiterhin werden insbesondere<br />

für die Mitglieder, aber<br />

auch Gäste wiederum das<br />

bewährte Jahresprogramm mit<br />

Sommertreffen (in diesem Jahr<br />

am Wochenende 23./24. August),<br />

vor allem auch kulturorientierten<br />

Winterfahrten, Patenschaftsaktivitäten<br />

zur Unterstützung von<br />

Der neue Vorstand: S. Rudolph, H.-G. Halve, P. Reußner, Nachwuchsportlerinnen und -<br />

E. Balleer, H.-W. Elter, M. Lumme, W. Buss<br />

sportlern, das Programm „Kinder<br />

bewegen“ und natürlich Exkursionen<br />

zu Highlights des Sports<br />

Willi Elter, Hans-Georg Halve, Mischa Lumme angeboten. Dabei wird demnächst schon die<br />

und Dr. Sabrina Rudolph. Mit Sabrina Rudolph<br />

und Mischa Lumme hat es auch eine den <strong>Olympische</strong>n Sommerspielen in Rio de<br />

Planung für die nächste Olympiafahrt zu<br />

deutliche Verjüngung im DOG-Vorstand Janeiro im Jahre 2016 beginnen. Interessenten<br />

an der Arbeit der DOG-Zweigstelle<br />

gegeben, wobei Mischa Lumme zukünftig<br />

auch die Geschäftsführung der DOG-Bezirksgruppe<br />

übernimmt. Rudolph und Lumme demnächst mit neuesten Informationen<br />

„Südniedersachsen“ können sich auf deren<br />

arbeiten in der Universität Göttingen, sie in aktualisierten Homepage jederzeit informieren<br />

(http://www.dog-suedniedersachsen.de);<br />

der Abteilung „Sportmedizin“ und Lumme in<br />

der Zentralen Einrichtung für den Hochschul-sport.<br />

DOG-Südniedersachsen, c/o Mischa Lumme,<br />

die Adresse der neuen Geschäftsstelle lautet:<br />

ZHS Universität Göttingen, Sprangerweg 2,<br />

Mit den Neuwahlen des Vorstandes wurden 37075 Göttingen, Tel. 0551-395942, mobil:<br />

zugleich auch verdiente Mitglieder des alten 017623242471.<br />

Impressum<br />

<strong>Olympische</strong>s Feuer<br />

Die Zeitschrift der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e. V.<br />

Herausgeberkollegium:<br />

Peter von Löbbecke (DOG)<br />

Prof. Dr. Helmut Digel<br />

Michael Gernandt<br />

Steffen Haffner<br />

Chefredakteur:<br />

Harald Pieper<br />

Redaktion:<br />

Jens Bünger-de Waal<br />

Redaktionsanschrift:<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> e. V.<br />

z. H. Jens Bünger-de Waal<br />

Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt<br />

Telefon: 0 69 / 6 95 01 60,<br />

Fax: 0 69 / 6 77 18 26<br />

E-Mail: OF@DOG-bewegt.de<br />

Internet: www.DOG-bewegt.de<br />

Harald Pieper<br />

Stieglitzstraße 2, 63263 Neu-Isenburg<br />

Telefon: 0 61 02 / 5 22 62<br />

E-Mail: Pieper@DOG-bewegt.de<br />

Herstellung, Vertrieb & Verlag:<br />

Peter Kühne Verlag<br />

Theodor-Heuss-Straße 11<br />

63303 Dreieich<br />

Telefon: 0 61 03 / 87 00 584<br />

E-Mail: freiwurf@aol.com<br />

Grafische Gestaltung: Werner Pettersch, Dreieich<br />

Schlussredaktion/Anzeigenleitung: Peter Kühne<br />

Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e. V.<br />

abgegolten.<br />

Druck: C. Adelmann GmbH<br />

Eschersheimer Landstraße 28<br />

60322 Frankfurt am Main<br />

Telefon: 0 69 / 91 50 63 - 0<br />

Das <strong>Olympische</strong> Feuer ist ein Diskussionsforum.<br />

Mit Namen gezeichnete Artikel müssen nicht<br />

unbedingt der Meinung der Redaktion und der<br />

Herausgeber entsprechen.<br />

Titelgrafik: Eberhard Stroot<br />

Fotos, Illustrationen, Karikaturen:<br />

picture-alliance/dpa<br />

Sandra Hoffmannr<br />

Eberhard Stroot<br />

66


Offizieller<br />

Partner<br />

der<br />

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