23.08.2013 Aufrufe

Ausgabe 1/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 1/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Ausgabe 1/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

XGAMES<strong>2013</strong>_ANZ_OLYMP_210_280_RZ.indd 1 19.02.13 09:15


Freundliche Grüße<br />

aus der Redaktion<br />

D<br />

as Positive vorweg: Die olympischen Ringkämpfe, die in den<br />

zurückliegenden Wochen fernab der Matten statt fanden,<br />

hatten ein weitaus größeres internationales Echo, als es den<br />

unmittelbaren Auseinandersetzungen um die Medaillen normalerweise<br />

beschieden ist. Auch die Tatsache, dass man sich angesichts<br />

der avisierten Streichung der Traditionssportart aus dem Olympiaprogramm<br />

plötzlich weltweit mit den olympischen Werten<br />

beschäftigte, macht Hoffnung.<br />

Ganz so markt- und trendorientriert, wie es die IOC-Strategen<br />

vielleicht gern hätten, ist die globale Olympiagemeinde wohl doch<br />

nicht. Eigentlich eine gute Gelegenheit, zweifelhafte Weichenstellungen<br />

der Vergangenheit und fragwürdige Planspiele für die<br />

Zukunft zu korrigieren. Fußball und Tennis mit ihren eigenen<br />

Großevents sind und bleiben olympische Fremdkörper. Beim Golf<br />

wird es künftig nicht anders sein. Und bei der sich rasant ausweitenden<br />

olympischen Trend-Euphorie sollte man erst recht kräftig<br />

auf die Bremse treten. Schließlich verändern sich zutiefst unolympisch<br />

- Markt und Möglichkeiten viel zu schnell. Der große thematische<br />

Bogen dieser OF-<strong>Ausgabe</strong> erfasst weitere IOC-relevante<br />

Entwicklungen, die ebenso bedenklich sind wie manche Fakten<br />

und Vorgänge im deutschen Hochleistungssport. Aber wir haben ja<br />

zum Glück auch noch den florierenden Basis - und Vereinssport<br />

und historische Würdigungen im Programm - von unseren künstlerischen<br />

Ambitionen ganz abgesehen.<br />

Mit der Kunst auf dem OF-Titel pflegen wir eine inzwischen über<br />

20-jährige Tradition, die uns nicht nur viel Interesse beschert und<br />

Anerkennung eingebracht hat, sondern auch zu weitergehenden<br />

Überlegungen Anlass gibt. Die DOG macht sich als eine gute<br />

Adresse für die Vermittlung von Sport und Kunst sicher nicht<br />

schlecht. Wie auch immer: Unsere langjährigen künstlerischen<br />

Wegbegleiter Hans Borchert (2012) und Eberhard Stroot (<strong>2013</strong>)<br />

haben mal wieder einen ihrer jährlichen Stabwechsel vorgenommen.<br />

Eine grundsätzliche, die Binnenstruktur betreffende Feststellung<br />

zum Schluss: Nach nur einem Jahr ist die Kooperation unserer<br />

Zeitschrift mit der <strong>Deutsche</strong>n Schulsportstiftung bereits wieder<br />

beendet. Eine Entscheidung der Stiftung, die zu bedauern, aber<br />

wohl nicht zu ändern ist. Keine Frage, dass der Schulsport in<br />

unserer inhaltlichen Ausrichtung ein Dauerthema bleibt. Denn<br />

Olympia hin und Hochleistungssport her - hier werden die Fundamente<br />

gelegt, die Zielvereinbarungen zwischen Sport und Politik<br />

viel nötiger hätten.<br />

Ihr Harald Pieper<br />

Inhalt<br />

Die Zeitschrift „<strong>Olympische</strong>s Feuer“ wird von der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> herausgegeben<br />

OF Mosaik 4<br />

OF-Podium: Prof. Lutz Nordmann 6<br />

Das Ringen um eine olympische Sportart –<br />

ein didaktischer Versuch 8<br />

Prof. Dr. Michael Krüger<br />

Ringkämpfe 10<br />

Michael Gernandt<br />

Fatale Signale in der <strong>Olympische</strong>n Bewegung:<br />

Verbände kämpfen für ein „neues“ IOC 12<br />

Günter Deister<br />

OF-Interview mit Wladimir M. Grinin 16<br />

Jochen Frank<br />

Vom Gegenbild zum Abbild oder<br />

In der Falle des Hochleistungssports 20<br />

Prof. Dr. Helmut Digel<br />

Der Leistungssport frisst seine Kinder 22<br />

Bianka Schreiber-Rietig<br />

Über die Trainersituation in Deutschland:<br />

Das Gesamtbild bleibt düster, einige helle Farbstriche<br />

können an der Misere bislang wenig ändern 26<br />

Dr. Andreas Müller<br />

OF-Kommentare 32<br />

Prof. Dr. Helmut Digel, Günter Deister, Dr. Andreas Müller,<br />

Harald Pieper<br />

Mit dem Sport zurück ins Leben<br />

Die unglaubliche Franziska Liebhardt-Story 36<br />

Michael Gernandt<br />

Familiensport - Ein soziales Kraftfeld in Verein<br />

und <strong>Gesellschaft</strong> 38<br />

Friedhelm Kreiß<br />

Der Sport vor Ort braucht Räume und Personal ...<br />

und entwickelt mit Phantasie und Fleiß<br />

Wertmarken für das Vereinsprofil 44<br />

Karl Hoffmann<br />

Was macht eigentlich ...? Uli Eicke 48<br />

Dr. Christoph Fischer<br />

Der größte Gestalter des deutschen Sports:<br />

Willi Daume zum 100. Geburtstag 50<br />

Steffen Haffner<br />

OF-Galerie: „Faszination Bewegung –<br />

Sportzeichnungen von Edith Hultzsch 54<br />

Iris Gehrke<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> KOMPAKT 56<br />

Impressum 66


Olympiapfarrer Karlheinz<br />

Summerer verstorben<br />

D<br />

er Sport trauert um Prälat Karlheinz<br />

Summerer, der im alter von 78<br />

Jahren in München verstorben ist. Als<br />

erster katholischer Olympiapfarrer<br />

Deutschlands war er bei den olympischen<br />

Spielen 1972 in München im Einsatz,<br />

baute die Pfarrei Frieden Christi im Olympiadorf<br />

auf und begleitete danach die<br />

Wintersportler bei ihren olympischen<br />

Spielen, zuletzt 1992 in Lillehammer.<br />

zusammen mit dem ehemaligen geistlichen<br />

Beirat des djk-sportverbandes,<br />

F<br />

inden Ober- und Niederbayern eine<br />

Situation vor, von der sie wissen, dass<br />

sie sie mit links bewältigen werden,<br />

sprechen sie gern von einer „gmahden<br />

Wiesn“ (die nichts mit dem Oktoberfest<br />

oder einem vom Grasmäher bearbeiteten<br />

Rasen zu tun hat). Wenn also, wie<br />

geschehen, der Schweizer Kanton Graubünden<br />

sich in einer Volksbefragung<br />

mehrheitlich und für die Olympiaplaner<br />

verbindlich gegen <strong>Olympische</strong> Winterspiele<br />

2022 in St. Moritz und Davos ausspricht,<br />

und vorläufig weit und breit kein<br />

anderer Bewerber offenbar Lust hat auf<br />

die Schnee- und Eissause in neun Jahren,<br />

ist für den Großsportpolitiker Mario<br />

4<br />

Pfarrer Paul Jakobi, war Karlheinz Summerer<br />

über Jahrzehnte wegweisend in der<br />

katholischen Sportarbeit und setzte<br />

Maßstäbe für eine Ethik im Sport.<br />

"Mir ist ein Freund verloren gegangen",<br />

sagte Walther Tröger, langjähriger NOK-<br />

Präsident, in einer Reaktion auf die<br />

Nachricht des Todes von Summerer. "Er<br />

war ein ganz wichtiger Wegbegleiter des<br />

NOK und seiner Mannschaften." Tröger<br />

hat als Bürgermeister des <strong>Olympische</strong>n<br />

Dorfes in München mit dem Olympiapfarrer<br />

eng zusammengearbeitet und erinnert<br />

sich: "Karlheinz Summerer hat sehr<br />

schnell das Vertrauen der Sportler gewonnen.<br />

Im <strong>Olympische</strong>n Dorf haben viele ihn<br />

um Rat gefragt. Manche wurden seine<br />

Freunde und haben immer Verbindung zu<br />

ihm gehalten.<br />

Gesundheit und der hohe<br />

Stellenwert des Sports<br />

P<br />

rävention und Gesundheitsförderung<br />

sind unverzichtbarer Bestandteil des<br />

Leistungskanons der gesetzlichen Krankenversicherung,<br />

heißt es im Präventionsbericht<br />

2012 des gkv-Spitzenverbandes.<br />

Münchner G`schichtn (8):<br />

A gmahde Wiesn?<br />

Schmidbauer, einen Münchner CSU-<br />

Stadtrat, der „Wiesn“-Fall eingetreten.<br />

„Wenn wir uns jetzt bewerben, gehe ich<br />

zu 95 Prozent davon aus, dass wir die<br />

Winterspiele auch bekommen.“<br />

Na, wenn das so ist, dann kann es ja<br />

losgehen mit Münchens drittem Anlauf auf<br />

Olympia! Schon haben sie im Rathaus der<br />

bayerischen Landeshauptstadt die Fallwinde<br />

aus den Schweizer Alpen, auch Föhn<br />

genannt, als Aufwind für ihr Vorhaben<br />

gedeutet. Wenn, ja wenn das Orakel des<br />

Mario S. nur nicht seine Tücken hätte.<br />

Erstens wird sich „jetzt“ niemand bewerben,<br />

sondern, wenn überhaupt, der bekannten<br />

das zum Teil förderfähige "Sport pro<br />

Gesundheit"-Angebot der Sportvereine<br />

spielt dabei eine wichtige Rolle.<br />

Insgesamt haben die Krankenkassen im<br />

Berichtsjahr 2011 rund 270 Millionen Euro<br />

für Präventionsaktivität ausgegeben, pro<br />

Versichertem durchschnittlich 3,87 Euro.<br />

Auch im Berichtsjahr 2011 fanden 73<br />

Prozent aller Präventionskurse in dem<br />

Handlungsfeld „Bewegung“ statt. Gesundheitssportkurse<br />

zählen dabei zum sogenannten<br />

individuellen Ansatz. Besonders<br />

stark werden sie von Versicherten ab dem<br />

40. Lebensjahr wahrgenommen, und die<br />

große Mehrheit sind Frauen.<br />

Zum 100. Geburtstag:<br />

Sportabzeichen Deutschland-Tournee<br />

S<br />

eit genau einem Jahrhundert trainieren<br />

Generationen von Sportlerinnen<br />

und Sportler für den Fitnessorden, legen<br />

die Prüfungen in den unterschiedlichen<br />

Disziplinen ab und dürfen sich anschließend<br />

das <strong>Deutsche</strong> Sportabzeichen ans<br />

Revers heften, das seit 1958 ein geschütz-<br />

Terminvorgaben wegen, von Bach und Ude<br />

erst kurz vor dem Anmeldeschluss beim IOC<br />

am 14. November; und zweitens steckt<br />

auch in diesem Fall der Teufel im Detail: die<br />

fehlenden fünf Prozent der genannten<br />

hundert haben es in sich.<br />

Bei aller Selbstzufriedenheit über den<br />

Ausstieg eines großen Konkurrenten sollte<br />

in München die Signalwirkung nicht<br />

unterschätzt werden, die vom Sieg der<br />

Schweizer Umweltbewahrer und sonstiger<br />

Bedenkenträger ausgeht. Von denen mit<br />

frischem Adrenalin versorgt, hat „NOlympia“,<br />

das Widerstandsnest von „2018“, das<br />

Gegenwindgebläse schon wieder angeworfen.<br />

Dass der allein entscheidende DOSB der<br />

neuen Lage („erheblich entspannt“, so<br />

„General“ Vesper) unaufgeregter begegnete<br />

als die Schmidbauers in München,<br />

OF-MOSAIK


tes Ehrenzeichen ist. Um „100 Jahre<br />

<strong>Deutsche</strong>s Sportabzeichen“ gebührend zu<br />

feiern, veranstaltet der DOSB seine dies-<br />

jährige Sportabzeichen-Tour von Mai bis<br />

September als große Deutschland-Tournee<br />

durch alle Bundesländer und ist zu Gast in<br />

16 Städten, wobei der LSV Saarland die<br />

Patenschaft für das Tour-Event in Metz<br />

(Frankreich) übernimmt. Diese Veranstaltung<br />

steht ganz im Zeichen des Deutsch-<br />

Französischen Freundschaftsvertrages,<br />

dessen Unterzeichnung sich <strong>2013</strong> zum 50.<br />

Male jährt. Das Finale der Sportabzeichen-<br />

Tour findet im September im Garten des<br />

Schlosses Bellevue in Berlin statt.<br />

hat mit dem Versteckspiel mit seinen<br />

wahren Olympiaplänen zu tun. Immerhin<br />

hat Vesper am Schweizer Beispiel<br />

erkannt, „wie wichtig die Bürgerbeteiligung<br />

ist“. Soll wohl heißen: Eine Bürgerbefragung,<br />

wie sie Münchens OB<br />

Ude am 10. November für sein Gemeinwesen<br />

plant, müsste zumindest auf<br />

Bayern ausgeweitet werden, um ein<br />

wirklich repräsentatives Bild zu bekommen.<br />

Bei den Eidgenossen hatte das Pro<br />

in St. Moritz und Davos keine Chance<br />

gegen das Contra des Kantons, dem die<br />

Bewerberstädte angehören. Wie wär`s,<br />

dem bayerischen Bürger bei der Wahl<br />

zum neuen Landtag am 15. September<br />

eine Drittstimme einzuräumen: Seehofer<br />

oder Ude, CSU oder SPD, Ja oder<br />

Nein zu Olympia. A gmahde Wiesn ist<br />

das, Stand jetzt, für keinen der Kontrahenten.<br />

Michael Gernandt<br />

Stärkung des Ehrenamts<br />

D<br />

OF-MOSAIK<br />

er deutsche Bundestag hat mit<br />

breiter Mehrheit dem Gesetz zur<br />

Stärkung des Ehrenamtes zugestimmt und<br />

damit auch die Situation der vielen engagierten<br />

in den Sportvereinen gestärkt.<br />

Es soll rückwirkend zum 1. Januar <strong>2013</strong> in<br />

Kraft treten und sieht unter anderem eine<br />

Anhebung der Übungsleiterpauschale um<br />

300 Euro auf jährlich 2.400 Euro vor. Die<br />

Ehrenamtspauschale wird von 500 auf<br />

720 Euro pro Jahr angehoben. Zu den<br />

weiteren Verbesserungen gehört eine um<br />

10.000 auf 45.000 Euro erhöhte Steuerfreigrenze<br />

für jährliche Einnahmen aus<br />

Breitensportkalender:<br />

5.000 Touren für Radfahrer<br />

D<br />

er neue Breitensportkalender des<br />

Bundes deutscher Radfahrer (bdr)<br />

bietet Hobby-Radlern über 5.000 Touren<br />

durch ganz Deutschland und wird jetzt<br />

wieder kostenlos abgegeben.<br />

Die Touren spiegeln den populärsten<br />

Freizeitsport Deutschlands in dieser<br />

„Radsportbibel für Breitensportler“ wider.<br />

Vom sportlich ambitionierten Radfahrer,<br />

über den gesundheitsbewussten Einsteiger<br />

bis hin zur Familie bietet der BDR<br />

bundesweit für Jeden das passende<br />

sportlichen Veranstaltungen. Zudem gibt<br />

es Änderungen bei Haftungsregeln für<br />

Ehrenamtliche. Wer für einen Verein oder<br />

eine Stiftung ehrenamtlich tätig ist, soll<br />

in Zukunft bei einer zweckwidrigen<br />

Verwendung von Spendengeldern nur<br />

noch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit<br />

haften. Bisher setzte die Haftung bereits<br />

bei leichten Nachlässigkeiten ein. Der<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund als<br />

Dachorganisation des deutschen Sports<br />

zählt mit seinen 8,8 Millionen Ehrenamtlichen<br />

und freiwillig Engagierten in 98<br />

Mitgliedsorganisationen mit 91.000<br />

Vereinen und 27,8 Millionen Mitgliedschaften<br />

zu den größten Trägern bürgerschaftlichen<br />

Engagements in Deutschland.<br />

Angebot. Die Experten vor Ort suchen<br />

dafür naturnahe Strecken von 20 bis über<br />

200 Kilometer aus und bieten einen<br />

attraktiven Servicerahmen, damit das<br />

Motto „Radfahren - im Verein am schönsten“<br />

erlebbar wird.<br />

Neben den Terminen bietet der Breitensportkalender<br />

auch allgemeine Informationen,<br />

Ansprechpartner in den Ländern<br />

und die Passagen der Straßenverkehrsordnung<br />

für Radfahrer. Der Breitensportkalender<br />

liegt in den Niederlassungen von<br />

BDR-Sponsorpartner Škoda zur Abholung<br />

bereit oder kann gegen eine Versandkostenpauschale<br />

von 3,00 Euro auch direkt<br />

beim BDR bestellt werden (Anfragen an:<br />

schrader(at)bdr-online.org).<br />

5


Trainerinnen und Trainer spielen im Sport eine wichtige<br />

Rolle. Sie sind nicht alles, aber ohne sie läuft nichts. In<br />

spezieller Weise trifft das auf den Leistungssport zu,<br />

denn der Schlüssel für sportlichen Erfolg ist das Training.<br />

Zahlreiche nationale wie internationale Studien zeigen, dass<br />

die Frage der internationalen Wettbewerbsfähigkeit einer<br />

Nation in entscheidendem Maße auch davon abhängt, ob und<br />

wie die Trainerfrage - im Komplex mit weiteren wichtigen<br />

Systemkomponenten! - gelöst ist. Geht man dieser Frage in<br />

Deutschland ernsthaft nach, muss klar zwischen der kampagnenartigen<br />

Oberfläche und der Realität, wie sie Insider und<br />

eben vor allem unsere Trainer selbst erleben, unterschieden<br />

werden. Schon die Vorgängerorganisation des DOSB hat Ende<br />

2005 eine „Traineroffensive“ gestartet, die seitdem vom DOSB<br />

weitergeführt wurde. Das Gute daran ist, dass das Trainerproblem<br />

offensichtlich durchaus erkannt ist und spezifische<br />

Aktionsfelder benannt sind. In einigen Teilen dieser Kampagne<br />

sind Ergebnisse erzielt worden, gleichwohl ist die Ausbeute<br />

insgesamt für viele ernüchternd.<br />

Natürlich sind die Trainer im Leistungssport in ganz besonderer<br />

Weise dem Erfolg der von ihnen geführten Athleten verpflichtet.<br />

Zugleich aber agieren Trainer immer mit einem klaren<br />

pädagogischen Mandat. Trainer verbringen deutlich mehr Zeit<br />

mit ihren Athleten als jeder andere, etwa Lehrer. Damit haben<br />

Trainer ganz besondere Einflussmöglichkeiten, zudem aber<br />

auch höchste Verantwortung für die Persönlichkeitsentwicklung<br />

ihrer Athleten. Bis hierher dürfte kaum jemand widersprechen.<br />

Denkt man diese Aspekte weiter, ist es umso unverständlicher,<br />

weshalb Trainer - wir reden hier nicht über Trainer aus<br />

den Profi-Ligen in den Spielsportarten - vergleichsweise wenig<br />

Wertschätzung erfahren.<br />

Top-Trainer sind Experten in ihren Disziplinen und Sportarten.<br />

Sie führen ihre Athleten zu herausragenden sportlichen Erfolgen<br />

– und zwar wiederholt und mehrfach. Wissen, Erfahrung,<br />

Kompetenz, Begeisterung, Leidenschaft und Ausdauer sind<br />

bestimmende Merkmale für diese Trainer. Doch Persönlichkeitsund<br />

Charaktereigenschaften allein genügen nicht zur Formung<br />

von Spitzentrainern. Es sind zugleich Rahmenbedingungen<br />

vonnöten, für die strukturell Vorsorge getroffen werden muss.<br />

Ausgangs- und Bezugspunkt für die Entwicklung von Ausbildungs-<br />

und Fortbildungsprogrammen müssen die vom Trainer<br />

zu realisierenden berufstypischen Tätigkeiten sein. Diese müssen<br />

konsequent in die Vermittlungs-, Lehr- und Lernprozesse<br />

einbezogen werden. Der Gradmesser für die qualitativ hochwertige<br />

Aus- und Fortbildung von Trainern ist deren Beitrag<br />

zur trainingsmethodisch-pädagogischen Könnens- und Fähigkeitsentwicklung!<br />

Der vielfach verbreitete Blick ins Lehrbuch,<br />

der Besuch von Vorlesungen und das Sammeln von Scheinen<br />

allein ist deutlich zu wenig – diese Perspektive ist ein pseudowissenschaftlich<br />

verbrämter Irrweg, der vor allem den Anbietern<br />

solcher Programme hilft.<br />

6<br />

Aus Studierstuben und Elfenbeintürmen war vor kurzem zu<br />

vernehmen, man wolle in der „Champions League“ spielen.<br />

Deshalb beziehe man sich nur auf englischsprachige Literatur.<br />

Ich empfehle Michael M. Lombardo und Robert W. Eichinger.<br />

Auf Beide geht das „70/ 20/ 10 Learning and Development<br />

Model“ zurück. Danach lernt man 70 Prozent „on the job“, 20<br />

Prozent durch Coaching und Reflexion, zehn Prozent durch<br />

klassische Wissensvermittlung in Vorlesungen, Seminare oder<br />

beim e-Learning. Diese Relationen decken sich mit wissenschaftlichen<br />

Studien sowohl aus dem anglophilen Sprachraum<br />

und der Trainerakademie. Dass man also spezifische, vor allem<br />

praxisnah angelegte Aus- und Fortbildungsangebote für Trainer<br />

im Leistungssport braucht, kann nicht überraschen. Schon die<br />

Gründungsväter der Trainerakademie haben festgestellt, dass<br />

die sportwissenschaftlichen Institute an Hochschulen und<br />

Universitäten primär auf die Ausbildung von Sportphilologen<br />

für die Schulen ausgerichtet sind. Später wurde das 2009 noch<br />

einmal bestätigt<br />

durch das CHE-<br />

Ranking „Sportwissenschaft“,<br />

wonach zwei<br />

Drittel der Absolventen<br />

in die<br />

Schulen gehen<br />

(siehe DIE ZEIT,<br />

14.05.2009). Hinzu<br />

kommen noch<br />

Studienangebote<br />

für den außerschulischen<br />

sowie<br />

den breitensportlichen<br />

Bereich,<br />

nicht aber für den<br />

Trainer im Leistungssport.<br />

Im<br />

Zuge der Einführung<br />

von Bachelor-<br />

und Master-<br />

Studiengängen ist<br />

die Distanz zu den Erfordernissen des Leistungssports in den<br />

vergangenen Jahren inhaltlich sogar noch deutlich gewachsen.<br />

Die Konsequenzen, die zur Gründung der Trainerakademie<br />

geführt haben, sind heute sogar noch zwingender.<br />

1974 wurde die Trainerakademie für die Aus- und Fortbildung<br />

von Trainern des deutschen Leistungssports gegründet. Damals<br />

wie heute gab und gibt es gute Gründe für eine solche Berufsakademie.<br />

Eine vom Bundesinnenministerium beauftragte<br />

externe Evaluation hatte 2007 festgestellt, dass die originäre<br />

Ausbildung an der Trainerakademie nicht ersetzbar ist und<br />

auch nicht durch Universitäten und Hochschulen ersetzt<br />

werden kann, die andere Zielgruppen bedienen und andere


Studienkonzepte verfolgen. Eine wissenschaftlich fundierte<br />

Trainerausbildung im Sinne einer berufsakademischen Ausbildung,<br />

wie sie die Trainerakademie zusammen mit den Spitzenverbänden<br />

durchführt, ist besonders: Sie hat die für die Gestaltung<br />

von Bildungsprozessen oft als selbstverständlich geltenden<br />

kognitionspsychologischen Annahmen kritisch zu hinterfragen.<br />

Es kommt darauf an, Wissen, Denken, Entscheiden,<br />

Problemlösen und Reflektieren in der Aus- und Fortbildung für<br />

Trainer abzubilden und zugleich als praktisch-reale Interaktion<br />

mit der Leistungssportrealität umzusetzen. Ein solches „Ausbildungskonzept<br />

der Duplizität“ muss sich zwangsläufig von<br />

traditionellen Annahmen absetzen, aus denen eine versteckte<br />

bis offene Geringschätzung des praktischen und beruflichen<br />

Wissens und Könnens von Trainern sichtbar wird.<br />

Das Kölner „Trainer-Diplom“ ist mittlerweile eine weltweit<br />

anerkannte Marke, wie es die diplomierten Trainer selber sind.<br />

Die Namen der Absolventen sowie unserer Studierenden lesen<br />

sich wie ein „who is who“ des deutschen Leistungssports.<br />

Zunehmend mehr Diplom-Trainer arbeiten in verantwortlichen<br />

Positionen als Bundes-, Landes- und Stützpunkttrainer sowie<br />

als Führungskräfte in den Spitzenverbänden. Aktuell sind 90<br />

Studierende aus insgesamt 27 Spitzenverbänden an der Trainerakademie<br />

eingeschrieben. Wobei diese ehemaligen Aktiven<br />

einen außerordentlichen Erfahrungsschatz von 24 olympischen<br />

Medaillen, 79 WM- und 57 EM-Medaillen mit- und einbringen.<br />

Zur Spezifik gehört ebenso die besondere Altersstruktur der Trainerakademie-Studenten.<br />

Sie sind im Durchschnitt 32 bis 34 Jahre<br />

und zehn Jahre älter als „normale Studenten“. Zulassungsvoraus-<br />

setzungen an der Trainerakademie sind eine gültige A-Trainer-<br />

Lizenz, eine vertraglich geregelte Trainertätigkeit und eine „robuste“<br />

Stellungnahme des jeweiligen Spitzenverbandes – als Bestandteile<br />

individueller Verträge - zu den beruflichen Perspektiven. Das<br />

Konzept des Studiengangs zum „Trainer im Leistungssport“ bietet<br />

Leistungssportlern eine gern und oft gewählte Perspektive. Ein<br />

Weg, der neben den persönlichen Präferenzen der designierten<br />

Trainer ebenfalls für den deutschen Leistungssport insgesamt von<br />

besonderer Bedeutung sein müsste wie das Ringen um die längst<br />

überfällige Aufwertung des Trainerakademie-Diploms.<br />

Eine aktuelle Expertise des Instituts für Wissenstransfer und<br />

Evaluationsforschung der Friedrich-Alexander-Universität<br />

Nürnberg-Erlangen attestierte dem dreijährigen berufsintegrierten<br />

Studium an der Trainerakademie ein hohes Niveau. Das<br />

Studium und der Abschluss an der Trainerakademie sei auf<br />

derselben Stufe anzusiedeln, wie sie im Rahmen für Hochschul-<br />

Priorität Trainerqualifikation oder<br />

Unverzichtbarer Studiengang mit<br />

unverwechselbarem Profil<br />

Professor Lutz Nordmann, Direktor der Trainerakademie des DOSB<br />

PODIUM<br />

abschlüsse in Deutschland definiert ist und wie sie die Kultusminister<br />

für einen universitären Bachelor-Abschluss vorschlagen.<br />

Im Ergebnis dieser Expertise steht unseren Diplom-Trainern<br />

die Tür zu weiterführenden universitären Master-Studiengängen<br />

offen. Entsprechende Vereinbarungen der Trainerakademie<br />

mit universitären Partnern liegen bereits vor. Inzwischen<br />

ist die Trainerakademie sogar Partner gemeinsamer internationaler<br />

Master-Studiengänge, die 2014 beginnen werden. Diese<br />

erfreulichen Entwicklungen sind das Resultat zielführender<br />

internationaler Kooperationen der Trainerakademie, zum Beispiel<br />

in unmittelbarer Abstimmung mit der EU-Kommission für<br />

Sport, Bildung und Kultur. Allen, die diesen Weg begleitet und<br />

unterstützt haben, ist ausdrücklich zu danken.<br />

7


Das Ringen um eine olympische Sportart<br />

Die Entscheidung des Exekutivkomitees des Internationalen<br />

<strong>Olympische</strong>n Komitees, der Mitgliederversammlung<br />

des IOC zu empfehlen, Ringen aus dem olympischen<br />

Programm zu streichen, hat einen Aufschrei der Empörung<br />

ausgelöst. Der Präsident des Internationalen Ringer-<br />

Verbandes, der Schweizer Raphaël Martinetti, ist von seinem<br />

Amt zurückgetreten. Man weiß nicht, ob aus Zorn über die<br />

IOC-Entscheidung oder als Eingeständnis der Niederlage, dass<br />

es ihm und dem Internationalen Ringer-Verband FILA nicht<br />

gelungen ist, diese Entscheidung abzuwenden.<br />

Der Präsident des griechischen Ringerverbandes, Kostas Thanos,<br />

hat zurecht darauf hingewiesen, dass die Olympier offenbar<br />

nicht mal mehr ihre eigene, von seinem Landsmann Spyros<br />

Samaras komponierte Olympiahymne (Text von Kostis Palamas)<br />

kennen, in der es in der zweiten Strophe heißt: „Beim Laufen,<br />

Ringen und beim Weitwurf/ Erleuchte die Kraft, die den edlen<br />

Spielen innewohnt,/ Und kröne mit dem nie verwelkenden<br />

Zweig,/ Und mache den Körper ehrenwert und wie aus Stahl.“<br />

Er machte dem IOC den sarkastisch gemeinten Vorschlag, die<br />

Spiele doch in Zukunft in „Business Games“ umzubenennen.<br />

Möglicherweise hatte Thanos auch eine Art Déja-vu-Erlebnis;<br />

denn als das IOC auf seiner 96. Session 1990 in Tokio über<br />

8<br />

die Vergabe der Jubiläumsspiele entschied, schien es für alle<br />

traditions- und geschichtsbewussten Anhänger der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele selbstverständlich zu sein, dass die Spiele nach<br />

Athen vergeben würden. Aber daraus wurde nichts. Statt<br />

<strong>Olympische</strong>r Spiele im Mutterland der Athletik gab es 1996<br />

Coca Cola-Games in Atlanta/USA: gut organisiert, kommerziell,<br />

medientauglich und medienfreundlich, spannend und<br />

unterhaltsam. Geschichte und Tradition spielten und spielen<br />

bei den Entscheidungen des IOC bis heute kaum eine Rolle.<br />

Die <strong>Olympische</strong>n Spiele sind eben ein kommerzielles Medien-<br />

Event erster Güte. Mit Geschichte und Tradition haben sie<br />

nichts mehr oder nur noch dann etwas zu tun, wenn sich<br />

historisch-kulturelle Versatzstücke in das Vermarktungskonzept<br />

einpassen lassen, wie die <strong>Olympische</strong>n Ringe, der<br />

Fackellauf, die Siegerehrungen und andere rituelle und<br />

zeremonielle Elemente der Spiele. Die Sportarten selbst<br />

werden in erster Linie danach beurteilt, ob sie attraktive<br />

Bilder von spannenden Wettbewerben liefern, die ein großes<br />

Publikum finden.<br />

Bei den Ringern war das offenbar nicht mehr der Fall. Sie<br />

müssen sich deshalb auch den Vorwurf gefallen lassen,<br />

nichts oder zu wenig für die Modernisierung und Medientauglichkeit<br />

ihrer Sportart getan zu haben. Die harten Gesetze<br />

des (Fernseh-<br />

)Marktes kennen kein<br />

Pardon. Angesichts<br />

neuer, attraktiver<br />

Sportarten wird der<br />

Kampf um die Aufmerksamkeit<br />

der<br />

Zuschauer noch<br />

größer. Wer nichts<br />

mehr bringt, fliegt<br />

raus. „Markt oder<br />

Tempel?“ fragte<br />

bekanntlich Pierre de<br />

Coubertin schon<br />

1925, als er diese<br />

Entwicklung kommen<br />

sah. Heute ist dies<br />

keine Frage mehr. Die<br />

„Sportsleute“, so<br />

Coubertin, haben sich<br />

für den Markt entschieden.<br />

Da hilft es<br />

auch nichts, wenn Evi<br />

Simeoni in ihrem


– ein didaktischer Versuch Von Michael Krüger<br />

Artikel vom 15. Februar <strong>2013</strong> in der FAZ an die große, Jahrtausende<br />

alte Tradition der Ringkunst erinnert, die eben<br />

nicht nur eine europäische Tradition, sondern eine Art Weltkulturerbe<br />

der schwerathletischen Körperkultur ist. Überall<br />

auf der Welt wurde und wird gerungen. Ringen ist quasi Teil<br />

der „conditio humana“, ein anthropologisch verankertes,<br />

universelles Kulturmuster, ließe sich frei nach dem Kulturwissenschaftler<br />

Hermann Bausinger sagen. Deshalb vereinigen<br />

sich jetzt auch im Protest gegen das IOC die Ringer und<br />

Ringerkulturen aus aller Welt in Koalitionen, die politisch,<br />

religiös oder ökonomisch undenkbar wären: USA, Russland<br />

und Iran, kann man in der Zeitung lesen, „kämpfen gemeinsam<br />

ums Ringen“.<br />

Ringen ist nicht nur eine bzw. neben dem Laufen die älteste<br />

athletische Disziplin bei olympischen Festen, sondern auch<br />

eine pädagogische Leibesübung, die sogar in Schul-Sportlehrplänen<br />

zu finden ist; wenn auch nicht unter Ringen im<br />

griechisch-römischen Stil oder im Freistil nach den Regeln<br />

des Ringerverbandes, sondern als Bewegungsfeld oder als<br />

Inhaltsbereich „Ringen und Kämpfen“ nach pädagogischen<br />

und schulsportlichen Regeln. Die pädagogisch-didaktischen<br />

Argumente zur Legitimation dieses athletischen Sports sind<br />

längst genannt und stehen außer Frage: Ringen ist seit alters<br />

her eine Leibesübung, bei der<br />

und durch die alle grundlegenden<br />

motorischen Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten<br />

konditioneller und koordinativer<br />

Art gelernt und geübt<br />

werden, Ausdauer, Kraft,<br />

Schnelligkeit, Beweglichkeit,<br />

Geschicklichkeit, Reaktionsvermögen.<br />

Ringen ist ein<br />

Zweikampf, in dem es nicht<br />

um die Vernichtung und<br />

Schädigung des Gegners<br />

geht, sondern um Technik<br />

und Taktik, um das faire<br />

Einhalten von Regeln, um<br />

Mut, Willenskraft und Zähigkeit,<br />

um Anstrengungs- und<br />

Leistungsbereitschaft, um die<br />

Erfahrung der eigenen Körperlichkeit<br />

und der Körperlichkeit<br />

des Gegners, um<br />

Fähigkeit, seinen Gegner<br />

einschätzen und auf seine<br />

Aktionen reagieren zu können. „Jeder andere Sport ist eine<br />

Hilfsübung für das Ringen“, zitiert Evi Simeoni die „Anhänger<br />

der Griffkunst“.<br />

Nun mag jeder Vertreter einer Sportart mehr oder weniger<br />

intelligente Gründe nennen, die „seinen“ Sport und seine<br />

Freizeitaktivität als besonders geeignet erscheinen lassen,<br />

entweder im Programm der <strong>Olympische</strong>n Spiele vertreten zu<br />

sein oder auch den pädagogischen und didaktischen Anforderungen<br />

zu genügen, die eine Sportart oder ein Bewegungsfeld<br />

als Inhaltsbereich für den Schulsport legitimieren. Grundlage<br />

einer solchen Entscheidung, die immer eine didaktische Reduktion<br />

aller möglichen Themen und Inhalte bedeutet, muss eine<br />

transparente didaktische Analyse sein, die sich an den Zielen<br />

der jeweiligen Organisation misst. Bewegung, Spiel und Sport<br />

in der Schule werden daran gemessen, ob und welchen Beitrag<br />

die einzelnen Themen und Inhalte des Schulsports für die<br />

Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen leisten.<br />

Welche Ziele haben die <strong>Olympische</strong>n Spiele? Lassen sich aus<br />

diesen Zielen konkrete Inhalte, also Sportarten ableiten, die das<br />

Programm der <strong>Olympische</strong>n Spiele bilden sollten?<br />

Die Ziele und grundlegenden Prinzipien der <strong>Olympische</strong>n<br />

Bewegung wurden in der <strong>Olympische</strong>n Charta festgeschrie-<br />

9


en. Nach den Formulierungen der olympischen Pädagogik in<br />

der <strong>Olympische</strong>n Charta gäbe es keinen Grund, Ringen aus<br />

dem olympischen Programm zu nehmen; denn zweifellos ist<br />

das Ringen ein Sport, mit dem sich die Ziele des Olympismus<br />

als Lebensphilosophie verfolgen lassen. Aber natürlich trifft<br />

dies auch auf viele andere Sportarten zu; selbst auf solche,<br />

die keine Aussicht haben, in das olympische Programm aufgenommen<br />

zu werden.<br />

Welche Möglichkeiten bieten sich noch, um eine begründete<br />

und notwendige Auswahl des olympischen Programms vorzunehmen.<br />

An welchen Kriterien hat sich das Exekutivkomitee<br />

des IOC orientiert?<br />

Die <strong>Olympische</strong> Charta nennt keine ausdrücklichen Kriterien,<br />

sondern stellt in § 45, Absatz 3 lediglich fest, dass<br />

diese Frage in die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung<br />

und des Exekutivkomitees falle. Bedingung ist jedoch, dass<br />

nur solche Sportarten und deren Verbände aufgenommen<br />

werden, die den World Anti-Doping-Code akzeptiert und<br />

implementiert haben. Dies ist bei allen zugelassenen olympischen<br />

Sportarten der Fall. Allerdings wird auch in nahezu<br />

allen Sportarten dagegen verstoßen. Es gibt begründete<br />

Zweifel daran, dass Dopingkontrollen und generell der<br />

Kampf gegen Doping konsequent genug durchgeführt<br />

Damit hat IOC-Präsident Jacques Rogge nicht wirklich<br />

rechnen können: Dass er auf der Schlussgeraden<br />

seiner Amtszeit, das Zielband bereits vor Augen,<br />

doch noch mal ein Debakel für den Ringezirkel erleben<br />

würde. Keines vom Ausmaß schlimmerer Tiefschläge seiner<br />

Regentschaft, des Korruptionsskandals vor den Winterspielen<br />

2002 und des Kotau des IOC vor den chinesischen<br />

Machthabern 2008 aus Anlass der Peking-Games, folgenreich<br />

der eine, weltpolitisch peinlich der andere. Indes ein<br />

Debakel, das dem ohnehin nicht sonderlich fein konturierten<br />

Image der Weltsportregierung beträchtlichen Schaden<br />

zugefügt hat - wie weltweite Proteste aus allen Schichten<br />

der Sportfamilie zeigen: gegen die Entscheidung des IOC-<br />

Exekutivkomitees, der Vollversammlung im September zu<br />

empfehlen, Ringen, den olympischen Traditionssport<br />

schlechthin, mit Wurzeln bis in die Antike, für 2020 aus dem<br />

Programm zu streichen.<br />

10<br />

werden. Nach diesem Anti-Doping-Kriterium läge es daher<br />

nicht nur nahe, Ringen aus dem Programm auszuschließen,<br />

sondern auch andere Sportarten einschließlich der Leichtathletik,<br />

ohne die <strong>Olympische</strong> Spiele allerdings wirklich<br />

undenkbar wären.<br />

Die Ausführungsbestimmungen des Paragraphen 45 regeln<br />

schließlich, dass nach jeden <strong>Olympische</strong>n Spielen stets neu<br />

die Frage nach dem olympischen Programm der kommenden<br />

Spiele geklärt werden muss. Mit dieser Regelung hat das IOC<br />

die Möglichkeit geschaffen, je nach Marktlage über Themen<br />

und Inhalte <strong>Olympische</strong>r Spiele zu beschließen. Kriterium ist<br />

nicht mehr wie in früheren Fassungen der Charta, dass eine<br />

Sportart bestimmten Definitionsmerkmalen von „Sport“<br />

genügen müsse. Beispielsweise war in älteren Fassungen der<br />

olympischen Charta Motorsport ausdrücklich ausgeschlossen.<br />

Dies ist nun nicht mehr der Fall. <strong>Olympische</strong> Sportarten<br />

müssen auch nicht mehr ihre weltweite Verbreitung nachweisen.<br />

Es liegt ausschließlich beim IOC zu entscheiden, ob sich<br />

eine Sportart im olympischen Programm bewährt hat oder<br />

nicht oder ob eine neue Sportart eine olympische Chance<br />

bekommen soll.<br />

Diese Veränderungen der bisherigen Regelungen für die<br />

Auswahl des olympischen Programms ist Ergebnis einer<br />

Ringkämpfe Von Michael Gernandt<br />

Das (noch nicht endgültige) Votum des Rogge-Vorstands pro<br />

Rauswurf soll, wie es heißt, zur Zukunftsfähigkeit des Olympiaprogramms<br />

beitragen. Doch dahinter steckt mehr. Erstens:<br />

Tradition hat, trotz gegenteiliger Beteuerung, im IOC als<br />

Wert abgewirtschaftet; zweitens: das IOC braucht neue<br />

Software für seine Playstation, um die Jugend für Olympia<br />

zu interessieren, tatsächlich aber will es seinem Hauptsponsor<br />

Fernsehen schön tun, verhageln dem doch die Ringer mit<br />

ihren komplizierten Regeln die Quote; drittens: Seilschaften<br />

und Lobbyisten stößt das IOC nur ungern vor den Kopf. Es<br />

hat jedenfalls ein Geschmäckle, wenn der ebenfalls auf der<br />

Kippe gestandene Moderne Fünfkampf, ein Minderheitenprogramm<br />

des Weltsports, zur Riege der 25 Kernsportarten<br />

durchgewinkt wird und das global verbreitete Ringen nicht.<br />

Wie das sein kann? Vielleicht, weil Fünfkampf-Vize ein<br />

gewisser Juan Antonio Samaranch ist, IOC-Mitglied und:<br />

Sohn vom Alten. Der Senior scheint selbst im Jenseits das


Entwicklung der <strong>Olympische</strong>n Spiele der Neuzeit von einem<br />

Fest athletischer Leibesübungen und Wettkämpfe hin zu<br />

Produkten der modernen Unterhaltungsindustrie mit hohem<br />

Marktwert. Allerdings ist dieser langfristige Trend auch nicht<br />

ohne Widersprüche; denn es gibt zweifellos andere Sportarten,<br />

deren Markt- und Medienwert nicht weniger gering ist<br />

als der von Ringen. Man denke nur an die Schießwettbewerbe<br />

oder auch den immer wieder genannten Modernen<br />

Fünfkampf. Sie sind noch Teil der martialischen, kriegerischen<br />

Tradition des olympischen Gentleman-Sports, der<br />

nach den Regeln des Kommerzes und der Medienwirksamkeit<br />

schon lange hätte vom Programm genommen werden<br />

müssen.<br />

Das IOC hat in seiner Charta 25 Kernsportarten und deren<br />

Verbände definiert, aus denen im Grundsatz das olympische<br />

Programm gestaltet wird. Dies bedeutet eine gewisse Beständigkeit<br />

im Wandel des olympischen Programms, das den<br />

Bedürfnissen und Interessen der Zeit angepasst werden soll;<br />

wie dies im Übrigen in der gesamten olympischen Geschichte<br />

der Fall war. Zu diesen 25 Kernsportverbänden gehörte bis<br />

jetzt auch der Internationale Ringer-Verband (International<br />

Federation of Associated Wrestling Styles, FILA). Auf Vorschlag<br />

des Exekutivkomitees entscheidet die Vollversammlung der<br />

IOC über das Programm <strong>Olympische</strong>r Spiele, das aus solchen<br />

Strippenziehen noch zu beherrschen. Ähnlich verhält es sich<br />

mit dem von Olympiafreunden lange schon als Streichkandidaten<br />

Nr. 1 erkannten Fußball. So wie das Millionenspiel bei<br />

Olympia auftritt, passt es nicht ins Programm, das ein Programm<br />

der Besten sein soll. Die Fifa jedoch schickt nur seine<br />

Nachwuchskicker zum IOC, um die Exklusivität seiner WM zu<br />

schützen. Rogges Leute lassen sich das gefallen: Mit dem<br />

mächtigen Fifa-Boss Blatter legt man sich besser nicht an.<br />

Ein Fall von Devotion.<br />

Was verrät das Urteil des Exco noch? Zum Beispiel Mutlosigkeit:<br />

Dem dopingverseuchten Straßenradsport wird wieder<br />

nicht die Rote Karte gezeigt. Zum Beispiel Verführbarkeit:<br />

Jeder neue sportive Jugendkult kommt auf die Kandidatenliste,<br />

mit diesem Trend zum Wischi-Wushi aber wird der Grat<br />

zwischen <strong>Olympische</strong>n Spielen und Zirkus noch schmaler.<br />

Olympia ein „Red-Bull-Event“ (Schwimmer Groß)? Das IOC<br />

kann diesen Eindruck selbst entkräften, wenn es die Schulterniederlage<br />

der Ringer bei der Wiedervorlage der Causa im<br />

Mai zurücknimmt. Bis dahin allerdings muss der leicht verschlafene<br />

Weltverband Fila („Nicht dieser Sport ist überaltert,<br />

sondern seine Führung“, so Schriftsteller und Ex-Ringer John<br />

Irving) das Gesamtpaket Ringen gefälliger als bisher verpackt<br />

haben. Das IOC wird wissen, dass Ringen ohne Olympia tot<br />

wäre. Rogges Club wirklich ein Totengräber?<br />

Kernsportarten (max. 28) und weiteren Sportarten des<br />

Zusatzprogramms besteht.<br />

Die Aufnahme in den exklusiven Kreis olympischer Sportarten<br />

hat ebenso enorme Konsequenzen für die jeweiligen Sportarten<br />

wie ihre Verbannung vom Olymp. Sie entscheiden über ihr<br />

Wachstum oder ihren Niedergang. Deshalb stehen viele Sportarten<br />

bzw. deren Verbände Schlange vor der Tür des IOC und<br />

bitten um Aufnahme in das olympische Programm, weil mit<br />

dieser Adelung Popularität, Geld, Ruhm, Ansehen, Macht im<br />

Sport usw. verbunden sind. Staaten fördern mit Steuergeldern<br />

olympische Sportarten. Fernsehgelder und Sponsorengelder<br />

fließen, Trainings- und Leistungszentren, Olympiastützpunkte,<br />

Trainer und Betreuer können bezahlt werden, und Funktionäre<br />

können zu Sitzungen und Kongressen in aller Welt reisen.<br />

Für das Ringen und die Ringer sind diese materiellen Rahmenbedingungen<br />

wichtig, sogar sehr wichtig. Aber sind sie<br />

auch das Wichtigste beim Ringen? Ringer werden weiterhin<br />

ringen, auch ohne Olympia; möglicherweise ohne Begleitung<br />

von Verbandspräsidenten und ohne professionelle Trainer und<br />

Ärzte, aber weiterhin mit aller Kraft und athletisch-olympischer<br />

Leidenschaft. Und vielleicht auch ohne Doping. Aber<br />

der Verlust ihrer wichtigsten Plattform der Präsentation<br />

bliebe dennoch ein olympisches Armutszeugnis.<br />

11


Fatale Signale in der <strong>Olympische</strong>n Bewegung:<br />

Verbände kämpfen für ein „neues“ IOC<br />

Von Günter Deister<br />

Es ist genau 40 Jahre her, dass die Internationalen<br />

Sportverbände eine olympische Revolution ausgerufen<br />

haben. Damals, beim <strong>Olympische</strong>n Kongress im bulgarischen<br />

Warna, forderte ihr Schweizer Anführer Thomas Keller<br />

das Internationale <strong>Olympische</strong> Komitee (IOC) heraus mit<br />

Aussagen wie: „Die Verbände sind die wahren Träger der<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele.“ Oder: „Ohne unsere Sportler, ohne unser<br />

Know-How und unser Personal würde es sie gar nicht geben.“<br />

Oder: „Wir wollen jetzt Tatsachen sehen, wir wollen gleichberechtigt<br />

sein.“ Das hat nicht ganz geklappt, wenngleich der<br />

aufmüpfige, gelegentlich dröhnende Eidgenosse eine Wende<br />

eingeleitet hat. Vier Jahrzehnte später sitzen die Verbände<br />

tatsächlich nicht mehr am Katzentisch der olympischen<br />

Familie. Aber sie wollen noch mehr. Mehr Mitbestimmung<br />

und natürlich auch noch mehr Geld.<br />

Das Ringen um Ringen darf dafür als Signal gelten. Und<br />

diesmal ist es in Denis Oswald wieder ein Schweizer und dazu<br />

noch Kellers Präsidenten-Nachfolger im Ruderweltverband<br />

FISA, der eine zweite Revolution anstreben könnte. Oswald<br />

gilt bei der Nachfolge von IOC-Präsident Jacques Rogge als<br />

12<br />

ein wahrscheinlicher Kandidat mit starker Unterstützung der<br />

Verbände. So steht bei der September-Entscheidung in Buenos<br />

Aires auch die Konstruktion des IOC und das künftige<br />

Maß der Unabhängigkeit dieser Weltsport-Organisation auf<br />

der Agenda.<br />

Keller hat einiges erreicht, auch wenn der damalige irische<br />

IOC-Präsident Lord Michael Killanin ihm entgegenhielt: „Wir<br />

lassen uns von niemandem etwas diktieren.“ Schon 1974<br />

lockerte das IOC bei seiner Session in Wien auf Druck der<br />

Verbände seinen Amateurparagraphen so, dass Werbung am<br />

Mann zumindest auf nationaler Ebene erlaubt war. Zur<br />

Empörung von Willi Daume, damals IOC-Vizepräsident und<br />

Präsident des bundesdeutschen Nationalen <strong>Olympische</strong>n<br />

Komitees (NOK). Daume sprach von „Entmachtung“ der NOKs<br />

und nannte den diplomatischen Killanin in seiner ersten<br />

Empörung einen „Umfaller“. Doch die Solidarisierung folgte<br />

auf dem Fuße. Denn Gefahr drohte auch vom zweiten Partner<br />

des IOC, den NOKs, und die war noch größer. Das Boykott-<br />

Jahrzehnt stand erst noch bevor, da forderte der von der<br />

Sowjetunion angeführte Ostblock zusammen mit Verbünde-


ten aus der Dritten Welt bereits ein „repräsentatives IOC“:<br />

Jedes NOK mit einer Stimme.<br />

Es gehört zu den Verdiensten des durchsetzungsstarken<br />

Killanin-Nachfolgers Juan Antonio Samaranch, das IOC in<br />

schwierigsten Zeiten zusammengehalten und dabei die<br />

unterschiedlichen Interessen seiner Partner NOKs und Verbände<br />

unter Kontrolle gebracht zu haben. Der Fall der Berliner<br />

Mauer nahm den politischen Überdruck. Die von dem<br />

Spanier generierten Dollar-Millionen wirkten als Kitt. Die<br />

Herausforderung der Verbände milderte der Spanier ab, indem<br />

er sich seines größten Gegners entledigte. Samaranch spaltete<br />

die von Keller angeführte Verbände-Weltorganisation<br />

AGFIS nach der Devise teile und herrsche in olympische<br />

Sommer- und Wintersport-Organisationen auf und beförderte<br />

an deren Spitze Funktionäre seines Vertrauens. „Nie war<br />

das IOC einiger als jetzt“, war seitdem Samaranchs Lieblingssatz,<br />

zum letzten Mal geäußert bei der Amtsübergabe 2001 in<br />

Moskau an Jacques Rogge.<br />

Ein Jahr zuvor war der Spanier durch den Korruptionsskandal<br />

um den Olympia-Bewerber Salt Lake<br />

City zu grundsätzlichen Reformen gezwungen. Sie<br />

erbrachten für die Verbände einen Durchbruch<br />

und für das IOC selbst eine Strukturveränderung<br />

mit noch nicht absehbaren Folgen. Bis dahin<br />

konnte der Ringe-Orden, dirigiert durch seine<br />

Präsidenten, weitgehend frei über Zuwahlen<br />

bestimmen. Nun bekamen die Verbände das Recht<br />

eingeräumt, bis zu 15 Plätze in der Vollversammlung<br />

besetzen zu können, zeitlich gebunden an ihr<br />

Spitzenamt. Dieselbe Zahl von Ex-Officio- Mitgliedschaften<br />

ging an die aus den Verbänden<br />

hervorgegangenen Athletenvertreter und an die<br />

NOKs. So wurde das Jahr 2000 zur Geburtsstunde<br />

der parlamentarischen Fraktionsbildung: Mit einem<br />

Dauerrecht von maximal 70 „unabhängigen“<br />

Olympiern und maximal 45 Abgeordneten der drei<br />

Fraktionen.<br />

Unter Samaranch waren die NOKs immer mehr in<br />

die Bedeutung olympischer Reisebüros abgedriftet.<br />

Ihnen blieb als wesentliche Aufgabe, ihren Sportlern<br />

ein möglichst gutes Umfeld für nationale<br />

Erfolge zu schaffen. Die internationalen Verbände<br />

verantworten ihren Sport durch Organisation,<br />

Regelsetzung und Zulassungskriterien und sichern<br />

sich Einnahmequellen und Aufmerksamkeit durch<br />

ihre internationalen Meisterschaften. Auch bei den<br />

<strong>Olympische</strong>n Spielen haben sie die fachliche Kontrolle<br />

und organisatorische Aufsicht für ihre Wettbewerbe.<br />

Rogge, ein Mann der NOKs, gab den<br />

nationalen Sportorganisationen wieder mehr<br />

Gewicht, räumte ihnen in der Verteilung der<br />

zugewiesenen IOC-Gelder größere Spielräume ein<br />

und widersetzte sich dem Begehr der Verbände, einen größeren<br />

Anteil an den Sponsorengeldern zu erhalten als die<br />

NOKs.<br />

Des Belgiers wohlbegründete Politik war es, nach dem gigantischen<br />

Wachstum der <strong>Olympische</strong>n Spiele von 17 Sportarten<br />

1948 in London auf 28 in Sydney 2000 eine Bremse einzubauen.<br />

Also setzte er eine Begrenzung mit maximal 28 Sportarten,<br />

300 Wettbewerben und 10 500 Wettkämpfern durch und<br />

erntete schon dabei Kritik der Verbände. Sie begriffen das als<br />

Einengung und, was das Quoten- und Qualifikationssystem<br />

angeht, als Eingriff in die eigenen Kompetenzen. Gleich in<br />

Rogges zweitem Amtsjahr kam es bei der Vollversammlung<br />

2002 in Mexiko-Stadt zur Konfrontation. Der Chirurg aus Gent<br />

wollte bei seiner ersten Programm-Operation Baseball, Softball<br />

und den Modernen Fünfkampf herausoperieren, um bei den<br />

Spielen 2008 in Peking Platz zu schaffen für neue Sportarten.<br />

Man dürfe nicht „den Sport draußen lassen, der es verdient<br />

hat, dabei zu sein“, argumentierte Rogge.<br />

13


Doch sein versuchter Einschnitt, der von der Exekutive nur<br />

mit Einstimmen-Mehrheit unterstützt war, erwies sich als<br />

überstürzt und nicht Regel gerecht. Die empörten Verbände<br />

verwiesen auf die <strong>Olympische</strong> Charta, wonach über Sportarten<br />

jeweils spätestens sieben Jahre vor den Spielen entschieden<br />

werden müsste, und drohten mit gerichtlicher Klage.<br />

Nach über vierstündiger hitziger Sitzung in der Session mit<br />

42 Redebeiträgen blies Rogge das Votum ab, und Oswald,<br />

damals Verbandsvertreter in der Exekutive, stellte fest: „Er hat<br />

die explosive Stimmung unterschätzt.“<br />

Drei Jahre später, als es bei der Vollversammlung in Singapur<br />

um das Programm der Spiele in London ging, folgte<br />

Panne Nummer zwei. Ein von Rogge erfundenes, undurchsichtiges<br />

Abstimmungsverfahren mit 28 Einzelabstimmungen<br />

sortierte zunächst Baseball und Softball aus. Bei der<br />

komplizierten Zuwahl über zehn Wahlgänge erreichte keine<br />

der Ersatzsportarten die notwendige Zweidrittel-Mehrheit<br />

der Stimmen. „Wir haben zwei Sportarten verloren, und<br />

nichts dafür getan, sie zu ersetzen“, umschrieb der Kanadier<br />

Richard Pound das erneute Debakel. Der Betriebsunfall<br />

konnte erst 2009 für die Spiele in Rio de Janeiro durch die<br />

Hinzuwahl von Golf und Rugby korrigiert werden, nach<br />

ausdrücklicher Empfehlung durch die Exekutive und Absenkung<br />

der Aufnahmehürde. Nun reichte die einfache Mehrheit<br />

der Session.<br />

Doch ausgerechnet wenige Monate vor seinem Ausscheiden<br />

hat sich der Belgier den größten Ärger seiner 12-jährigen<br />

Amtszeit eingehandelt. Trotz Warnungen von IOC-Mitgliedern,<br />

er solle mit dem konfliktträchtigen Sportarten-Problem<br />

nicht seinen Abschied trüben. Die versuchte Entfernung<br />

des Olympia-Methusalems Ringen aus dem Programm<br />

der Sommerspiele 2020 hat nicht nur die Verbände erneut<br />

herausgefordert. Sie stehen nun in einer Allianz mit den<br />

NOKs und einer einmaligen politischen Achse der Empörten<br />

aus USA, Russland und Iran. Nach Rogges ausdrücklichem<br />

Wunsch sollte die Exekutive diesmal der Session eine Sportart<br />

zur Streichung vorschlagen und eine andere zur Aufnahme.<br />

In der Erwartung, dass sich die Vollversammlung nicht<br />

über die das Votum der Führung hinwegsetzt. Der weltweite<br />

Protest, ausgerechnet die traditionsreichste olympische<br />

Sportart opfern zu wollen, durchkreuzt nun auch Rogges<br />

letzten Versuch, seinem Nachfolger ein verlässliches Verfahren<br />

zu hinterlassen. Schon jetzt scheint sicher, dass die<br />

Exekutive bei ihrem nächsten Treffen Ende Mai entgegen<br />

seiner ursprünglichen Absicht der Vollversammlung auch<br />

Ringen zur Wahl stellen wird, und dies mit den besten<br />

Aussichten.<br />

Bisher hat es Rogge vermocht, die Verbände durch enorme<br />

Zuwachsraten ihrer festen Anteile am olympischen Sozialprodukt<br />

zu beschwichtigen. Samaranchs Einstieg in die<br />

Bezahlung der an Olympia beteiligten Verbände begann<br />

1992 mit 37,6 Millionen aus den Erlösen aus den Barcelona-<br />

14<br />

Spielen und 17 Millionen aus den Winterspielen in Albertville.<br />

Unter dem Belgier steigerten sich die Zahlungen im<br />

Winter auf 92,4 Millionen Dollar (Salt Lake City), 126 Millionen<br />

Dollar (Turin) und 195 Millionen Dollar (Vancouver),<br />

jeweils aufgeteilt nach einem bestimmten Schlüssel unter<br />

sieben Verbänden. Bei den Sommerspielen lautet die enorme<br />

Steigerungsrate 256 Millionen Dollar (Athen), 295 Millionen<br />

Dollar (Peking) und nun garantierte 375 Millionen Dollar, aus<br />

denen nach endgültiger Abrechnung der auch finanziell<br />

überaus erfolgreichen Londoner Spiele rekordträchtige 475<br />

Millionen Dollar werden könnten. So jedenfalls die Voraussage<br />

an die 26 Verbände. Der bedeutende Internationale<br />

Leichtathletik-Verband kann dabei als Spitzenverdiener mit<br />

einer Zuwendung von nahezu 40 Millionen Dollar rechnen,<br />

vergleichsweise kleine Verbände wie der Moderne Fünfkampf<br />

immerhin noch mit knapp 13 Millionen Dollar. Der Verteilerschlüssel<br />

gewichtet die Verbände in vier Gruppen, wobei der<br />

Fußball-Weltverband FIFA sich freiwillig in die zweithöchste<br />

Kategorie einsortieren ließ. Das bringt ihm aber auch noch<br />

mehr als 19 Millionen Dollar ein.<br />

Trotz dieser Millionen-Zuflüsse erwarten die Verbände noch<br />

höhere IOC-Subventionen. Sie empfinden es als Unrecht, dass<br />

die NOKs finanziell gleich behandelt werden, und laufen<br />

Sturm gegen die Sonderstellung des <strong>Olympische</strong>n Komitees<br />

der USA. Das erhält alle vier Jahre fast soviel wie die Verbände<br />

insgesamt. Unabhängig von der Höhe der Zahlungen<br />

stehen die 35 Verbände mit olympischem Status auf der<br />

Sonnenseite unter 91 internationalen Sportverbänden.<br />

Zugleich sind sie enorm abhängig vom Geldgeber IOC. Eine<br />

Untersuchung des olympischen Dachverbandes hat ergeben,<br />

dass der Anteil der IOC-Gelder an den Etats der Verbände bis<br />

zu 84 Prozent ausmacht. „Ohne unsere Zahlungen wären die<br />

meisten Verbände nicht überlebensfähig“, hat Rogge festgestellt.<br />

Diese Abhängigkeit macht die Stärke des IOC und die<br />

Schwäche der Verbände aus. Größere Anteile am olympischen<br />

Kuchen und ein stärkeres Mitspracherecht lassen sich nur<br />

über Strukturveränderungen erreichen.<br />

Hier nun kommt wieder Denis Oswald ins Spiel, und auch sein<br />

eidgenössischer Kollege René Fasel, beide nach eigenem<br />

Bekunden interessiert an der Rogge-Nachfolge. Oswald war<br />

über 12 Jahre in der IOC-Exekutive Interessenvertreter der<br />

Sommersport-Verbände, ehe er im vergangenen Jahr vom<br />

ambitionierten Box-Verbandspräsidenten Ching Kuo Wu aus<br />

Taiwan abgelöst wurde. Fasel vertritt in der olympischen<br />

Regierung als Präsident des Eishockey-Weltverbandes IIHF die<br />

Wintersport-Verbände, die als wachsende Olympiabranche<br />

bisher immer nur expandieren durften. Oswald hat sich unter<br />

einer handvoll Präsidentschafts-Kandidaten mit der Aussage<br />

am meisten vorgewagt, „selbstverständlich“ sei er an dem<br />

Amt interessiert, er werde aber noch seine „Chancen evaluieren“.<br />

Das hat er offensichtlich schon bisher intensiv getan und<br />

dabei besonders auf dem Feld der Verbände Unterstützung<br />

erfahren.


Ein Förderer der beiden Schweizer ist in Hein Verbruggen zu<br />

verorten. Der Niederländer und Rogge-Freund mit dem<br />

Leumund eines ehemaligen Radsport-Präsidenten, dessen<br />

Amtszeit unbestreitbar als Hochzeit des Sportbetrugs zu<br />

gelten hat, schied 2008 aus dem IOC. Er wurde Ehrenmitglied<br />

des Ringe-Ordens und ließ sich an die Spitze aller 91<br />

olympischen und nichtolympischen Sportverbände wählen.<br />

Ihr Zusammenschluss nennt sich SportAccord, als Nachfolgeorganisation<br />

der AGFIS.<br />

Verbruggens Interesse ist es zum<br />

Finale seiner Präsidentschaft in<br />

diesem Jahr offensichtlich,<br />

jemanden an die Spitze des IOC<br />

zu befördern, der die Interessen<br />

der Verbände stärkt. Und was<br />

das für ein Interesse ist, hat er<br />

kürzlich der FAZ in aller Offenheit<br />

so erklärt: „Ich bin ein<br />

Marketing-Mann und muss den<br />

Sport verkaufen.“<br />

Wohin die Reise gehen sollte<br />

auf dem Weg zu einem „neuen“<br />

IOC, hat Oswald 2009 beim<br />

<strong>Olympische</strong>n Kongress in<br />

Kopenhagen angegeben. Da<br />

nämlich schlug der 70 Jahre<br />

alte Anwalt eine radikale Veränderung<br />

der Vollversammlung<br />

vor. Sie sollte in ein „Weltsportparlament“<br />

gewandelt werden,<br />

gebildet von 35 „unabhängigen“<br />

Delegierten des IOC und jeweils<br />

derselben Zahl an Abgeordneten der Verbände, der NOKs<br />

und der Athleten. Macht zusammen 140 Mitglieder der<br />

Session statt bisher maximal 115. „Alle olympischen Verbände<br />

sollten vertreten sein. Sie sollten als wesentlicher<br />

Teil des IOC ein größeres Mitbestimmungsrecht haben, auch<br />

wenn es um die Vergabe <strong>Olympische</strong>r Spiele geht“, so<br />

Oswald.<br />

IOC-Präsident Jaques Rogge<br />

Dieses revolutionäre Modell wäre aber auch ein weiteres<br />

Einfallstor für alle möglichen Interessenten aus Politik und<br />

Wirtschaft. Schon jetzt ist zu beobachten, wie der von<br />

Präsident Wladimir Putin gelenkte russische Sport unter<br />

Hilfestellung von Oligarchen und Sponsoren seinen Einfluss<br />

in den Gremien der internationalen Verbände zu verstärken<br />

versucht, auch über die Platzierung willfähriger Funktionäre.<br />

Die Perspektive ist unübersehbar: Dem Land nach den<br />

Winterspielen im kommenden Jahr in Sotschi und der<br />

Fußball-Weltmeisterschaft 2018 auch <strong>Olympische</strong> Spiele in<br />

Russland zu besorgen, möglichst schon 2024 in St. Petersburg.<br />

Nicht ganz zufällig findet in Putins Heimatstadt Ende<br />

Mai auch die nächste Vollversammlung der Weltverbände<br />

statt.<br />

Welche Rolle künftig die Verbände im IOC spielen sollen und<br />

wie sich die Machtfragen innerhalb der Ringe-Organisation<br />

entwickeln, das hängt stark vom künftigen IOC-Präsidenten<br />

ab. Rogge-Stellvertreter Thomas Bach, ein weiterer möglicher<br />

Kandidat für den olympischen Chefsessel, hat in Kopenhagen<br />

ein gegensätzliches Bild von der Architektur des IOC im 21.<br />

Jahrhundert gezeichnet. „Soll eine Session hauptsächlich aus<br />

Mandats-unabhängigen Mitgliedern bestehen, die über<br />

Kompetenz, Wissen und Erfahrungen in Politik, Wirtschaft,<br />

Kultur verfügen, oder hauptsächlich aus quotierten Delegierten<br />

verschiedener Interessengruppen, mit klarem Mandat<br />

ihrer entsendenden Organisation?“, hatte Bach vor dem<br />

Weltforum mit Vorsicht gefragt und danach eine eindeutige<br />

Antwort gegeben: „Ich habe erkennbar gemacht, dass ein IOC<br />

aus unabhängigen Mitgliedern ohne bindendes Mandat<br />

stärker wird, weil es besser in der Lage wäre, die verschiedenen<br />

legitimen Interessen auszugleichen.“<br />

Rogge sah keine Notwendigkeit, noch in seiner Regierungszeit<br />

eine Entscheidung über Strukturfragen des IOC zu treffen.<br />

Im Abschlussprotokoll des <strong>Olympische</strong>n Kongresses heißt<br />

es dann auch im besten Politslang: „Das IOC soll seine Kriterien<br />

für Mitgliedschaft und das Verfahren für Zulassungen im<br />

Lichte der Entwicklung des Sports und mit der Absicht prüfen,<br />

seine Unabhängigkeit und seine Autonomie zu wahren.“<br />

Wie diese drängende Prüfung ausgeht, welchen Weg das IOC<br />

als bedeutendste Weltsport-Organisation im kommenden<br />

Jahrzehnt einschlagen wird und welche Rolle die internationalen<br />

Verbände dabei spielen, das ist die spannendste Frage<br />

für die Zeit nach Rogge.<br />

15


Die letzte Runde ist eingeläutet. In knapp einem Jahr,<br />

exakt am 7. Februar, werden in Sotschi die XXII. <strong>Olympische</strong>n<br />

Winterspiele eröffnet. Der Feinschliff der<br />

Vorbereitung hat begonnen. Sotschi freut sich auf Olympia<br />

2014. Unter ursprünglich sieben Bewerbern hatte sich die<br />

russische Stadt an der östlichen Schwarzmeerküste im Juli 2007<br />

in Guatemala City bei den Mitgliedern des Internationalen<br />

<strong>Olympische</strong>n Komitees in der letzten, entscheidenden Wahlrunde<br />

mit 51:47 Stimmen gegen Pyeongchang (Südkorea)<br />

durchgesetzt.<br />

Ein Jahr vor Beginn des olympischen Wettstreits baten wir<br />

Wladimir M. Grinin, Botschafter der Russischen Föderation in<br />

Deutschland, um ein Interview. Der 65-jährige gebürtige Moskauer<br />

ist seit 1971 im diplomatischen Dienst. Er war unter<br />

anderem sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik<br />

sowie in Österreich, Finnland und Polen tätig und gehörte<br />

zwischen 1982 und 1986 der sowjetischen Delegation bei den<br />

Abrüstungsverhandlungen zwischen der UdSSR und den USA<br />

in Genf an. Wladimir M. Grinin hat den diplomatischen Rang<br />

eines Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafters<br />

und residiert seit Juli 2010 in Berlin Unter den Linden. Er ist<br />

verheiratet und hat eine erwachsene Tochter.<br />

OF: Herr Botschafter, Sie waren 32 Jahre alt, als Ihre Heimatstadt<br />

Moskau Gastgeber der <strong>Olympische</strong>n Sommerspiele war.<br />

Wie haben Sie dieses Ereignis 1980 erlebt?<br />

Wladimir M. Grinin: Leider konnte ich nicht unmittelbarer<br />

Augenzeuge jener Spiele sein. Damals beendete ich gerade<br />

meinen siebenjährigen Auslandsaufenthalt als Mitarbeiter der<br />

sowjetischen Botschaft in Bonn. Von Olympia 1980 bekam ich<br />

nur das mit, was vom westdeutschen Fernsehen gezeigt wurde.<br />

Die Reportagen waren aber nicht besonders großherzig und<br />

ziemlich eigenartig arrangiert. Es war ja die Zeit des kalten<br />

Krieges. Mein Land und Westdeutschland befanden sich jeweils<br />

auf der anderen Seite der Barrikaden. Der Sport, wie übrigens<br />

vieles andere auch, war damals stark politisiert.<br />

„Ich habe keinen Zweifel daran,<br />

dass die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele in<br />

Sotschi erfolgreich sein werden“<br />

Wladimir M. Grinin, Russischer Botschafter in Deutschland<br />

16<br />

OF:…und die Spiele litten unter dem Boykott mehrerer Länder.<br />

Wladimir M. Grinin: Ja. Unser Versuch, die Organisation der<br />

Spiele in Moskau im traditionellen Sinne der Antike in Angriff<br />

zu nehmen, also sie als eine zeitweilige Phase der Friedfertigkeit<br />

und Aussöhnung zu gestalten, schlug bedauerlicherweise fehl.<br />

Da im Jahr zuvor die sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan<br />

eingerückt waren, regten die USA einen Boykott der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele an, der durch einige Staaten, darunter auch durch<br />

die Bundesrepublik, unterstützt wurde.<br />

Interessante Überlegungen hierzu fand ich übrigens im<br />

Vorwort zur Biografie von Berthold Beitz, einer herausragenden<br />

Persönlichkeit jener Epoche und jetzt Ehrenmitglied<br />

des IOC. Er engagierte sich außerordentlich aktiv für<br />

die <strong>Olympische</strong> Bewegung und trat entschieden gegen den<br />

Boykott auf. Interessanterweise wurde jenes Vorwort vom<br />

ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt geschrieben. Er<br />

hatte damals entschieden, sich den amerikanischen Boykottforderungen<br />

anzuschließen. Der Altbundeskanzler<br />

schreibt sogar von einer „Enttäuschung“, die er dem Olympia<br />

verpflichteten, „international gesonnenen Mann“ Berthold<br />

Beitz bereitete: „1980 sah ich mich gezwungen, dem<br />

amerikanischen Präsidenten zu folgen, der über Nacht


seine Meinung geändert hatte und nunmehr die europäischen<br />

Verbündeten aufforderte, seinem Beispiel zu folgen<br />

und wegen Afghanistan die Moskauer <strong>Olympische</strong>n Spiele<br />

zu boykottieren.“<br />

OF: Haben Sie sich denn später noch von all dem Neugeschaffenen<br />

und den Veränderungen in Moskau überzeugen können?<br />

Wladimir M. Grinin: Selbstverständlich. Ich konnte sogar<br />

noch einige Impressionen vom damaligen Geschehen in Moskau<br />

gewinnen. Ein Zusammenspiel bestimmter Umstände führte<br />

mich nach meinem Bonn-Aufenthalt bereits einen Tag nach<br />

dem Abschluss der Spiele zurück in meine Heimatstadt. Ich war<br />

überwältigt von dem, was ich dort sah. Moskau hatte sich<br />

überraschend verändert, erneuert, blank geputzt und renoviert,<br />

also dermaßen aufgerafft und aufgehübscht, dass man sich<br />

eigentlich auf den ersten Blick in diese Stadt verlieben musste…<br />

In einem exzellenten Zustand waren die Sportanlagen. Viele von<br />

ihnen konnte ich im Nachhinein besuchen. Später sah ich auch<br />

in unserem Fernsehen zahlreiche Wiederholungen der Wettkampf-Übertragungen.<br />

Dazu gehörte die Abschlusszeremonie<br />

mit dem sich vom Publikum verabschiedenden Mishka-Bären,<br />

dem Maskottchen der Spiele. Aus seinem Auge kullerte – manche,<br />

die dabei gewesen sind, werden sich vielleicht erinnern -<br />

eine riesige Träne heraus. Ein rührender Anblick.<br />

OF: Nach 34 Jahren richtet mit Sotschi wieder eine russische<br />

Stadt das größte Fest des Weltsports aus. Was empfinden Sie als<br />

Erster Repräsentant der Russischen Föderation in Deutschland?<br />

Wladimir M. Grinin: Ich empfinde Stolz darauf, dass wir um<br />

solche Projekte wetteifern, dass wir sie auch anvertraut bekom-<br />

INTERVIEW<br />

men und auf höchstem modernem Niveau zu realisieren vermögen.<br />

Ich empfinde Begeisterung, die ich mit Millionen meiner<br />

Landsleute teile, in Erwartung einer sicher hinreißenden<br />

Sportveranstaltung mit vielen Gästen aus aller Welt und der<br />

Aufmerksamkeit, die meinem Land im Allgemeinen gelten wird.<br />

Wir werden künftig ein grandioses Resort haben, das von<br />

russischen Bürgern und Touristen aus vielen Ländern in<br />

Anspruch genommen werden kann. Und ich empfinde Verantwortung,<br />

denn Olympia ist ein Projekt, das ein Maximum an<br />

Einsatz und Engagement von allen verlangt, die auf die eine<br />

oder andere Art und Weise in die Vorbereitungsarbeiten eingebunden<br />

sind. Gemessen an einer ganzen Reihe von Parametern<br />

gilt das verständlicherweise auch für den russischen diplomatischen<br />

Dienst, der mit Aufgaben der Information über die Spiele<br />

und mit dem Werben dafür in der internationalen Öffentlichkeit<br />

betraut wurde.<br />

OF: Sotschi ist als Kur- und Urlaubsort weltbekannt. Für Olympia<br />

2014 musste eine wintersportliche Infrastruktur komplett<br />

neu geschaffen werden. Experten sprechen gar von einem<br />

„aktuellen Weltwunder“. Wie beurteilen Sie den Stand der<br />

Vorbereitungen?<br />

Wladimir M. Grinin: Ich muss wohl langsam anfangen,<br />

originelle, schmückende Attribute für Sotschis Olympia zu<br />

sammeln. Man spricht inzwischen nicht nur vom „Fest des<br />

Sports“, sondern auch von der „internationalen Prestigemaßnahme“<br />

und gar – nicht besonders schmeichelhaft – von der<br />

„Komsomolbaustelle mit Abenteuerromantik“. Doch „aktuelles<br />

Weltwunder“ widerlegt sehr zutreffend das letzte und gefällt<br />

mir deshalb sehr gut.<br />

Die Vorbereitungsarbeiten kommen gut voran. Der Zeitplan des<br />

IOC wird strikt eingehalten. Das wurde auch bei der Inspektionstour<br />

des Vorsitzenden des IOC-Koordinationskomitees der<br />

Winterspiele 2014 in Sotschi, Herrn Jean-Claude Killy, im<br />

November vergangenen Jahres bestätigt. Die IOC-Experten<br />

stellten mit Zufriedenheit fest, dass die meisten der Wettkampfstätten<br />

bereits in Betrieb oder kurz vor der Fertigstellung sind.<br />

Glücklicherweise hat das Erdbeben Ende Dezember die Vorbereitungen<br />

nicht beeinträchtigen können. Das gleiche trifft auf die<br />

kürzlich vorgenommenen personellen Veränderungen auf der<br />

Leitungsebene zu.<br />

OF: Könnten Sie das „aktuelle Weltwunder“ etwas konkretisieren?<br />

Wladimir M. Grinin: Lassen wir Zahlen sprechen. Zahlen über<br />

die Sport- und Infrastrukturanlagen, die in Sotschi gebaut und<br />

modernisiert werden bzw. worden sind: 13 Sportstadien und –<br />

anlagen mit einer Sitzplatzkapazität von insgesamt 145.000,<br />

vier alpine Skiresorts mit 150 km alpinen Ski-Trassen für 42.000<br />

Gäste, 360 Kilometer Straßen, über 100 Autobrücken, 200<br />

17


Kilometer Schienenwege, 54 Bahnbrücken, 22 Tunnels, 480<br />

Kilometer Gasleitungen, 550 Kilometer Hochspannungsleitungen,<br />

vier Wärmekraftwerke, ein Fernheizwerk, 18 Umspannwerke,<br />

42.000 Hotelzimmer verschiedener Preiskategorien und, und,<br />

und. Enorm viel Arbeit, die dahinter steckt. Die Menschen<br />

arbeiteten und arbeiten täglich in drei Schichten. In diesen<br />

Tagen und Wochen wird die Montage der letzten Wettkampfstätten<br />

beendet sein. Danach bleibt für dieses Jahr nur die<br />

Fertigstellung der großen Verkehrsinfrastrukturobjekte und<br />

Hotels.<br />

OF: Nach ersten internationalen Tests gab es von den Athleten<br />

viel Lob und große Anerkennung.<br />

Wladimir M. Grinin: Übrigens auch von den deutschen<br />

Rennrodel-Olympiasiegern von Vancouver, Felix Loch und<br />

Tatjana Hüfner, die gemeinsam mit „Schorsch“ Hackl im<br />

November bei den Trainingswochen im „Sanki Sliding Center“ zu<br />

Gast waren. Die zukünftigen Olympiasporteinrichtungen in<br />

Sotschi waren und sind in der laufenden Wintersaison Schauplatz<br />

von insgesamt 22 internationalen Testveranstaltungen in<br />

verschiedenen Sportarten. Positive Äußerungen gibt es ebenso<br />

schon nach ersten Probewettbewerben wie dem ISU Grand Prix-<br />

Finale im Eiskunstlauf im Skatingpalast „Eisberg“ und den FIS<br />

Weltcup-Etappen im Skispringen im „RusSki Gorki“ Zentrum. Sie<br />

wurden von Hunderten Sportlern aus vielen Ländern und ca.<br />

25.000 Zuschauern besucht.<br />

Zurzeit werden die freiwilligen Helfer der Spiele rekrutiert und<br />

geschult. Sie werden im kommenden Jahr Gäste und Teilnehmer<br />

betreuen. Schon im diesem Winter war ein „Probelauf“ für 5.000<br />

Volunteers im Rahmen der internationalen Testveranstaltungen.<br />

Ich habe keinen Zweifel daran, dass die XXII. <strong>Olympische</strong>n<br />

Winterspiele und die XI. Paralympischen Winterspiele 2014 in<br />

Sotschi erfolgreich sein werden. Diese Zuversicht teilen alle, die<br />

in die Organisation eingebunden sind. Gäste und Teilnehmer<br />

werden von der Qualität der Sportinfrastruktur, dem angebotenen<br />

Service und der russischen Gastfreundschaft nicht enttäuscht<br />

sein.<br />

OF: Der russische Sport hat viele großartige Athleten hervorgebracht,<br />

Turnerin Larissa Latynina zum Beispiel, Lidia Skoblikowa,<br />

die Eisschnellläuferin, oder Hochspringer Walerij Brumel. Haben<br />

Sie selbst ein sportliches Idol?<br />

Wladimir M. Grinin: Diese Namensliste würde ich gern erweitern.<br />

Erinnern möchte ich an hervorragende Fußballer. Torwart<br />

Lew Jaschin zum Beispiel. Oder denken wir an die Eishockeyspieler.<br />

Wen immer man unter ihnen nennen möge, sie alle<br />

waren Sport-Legenden, insbesondere in den 70er Jahren. Wenn<br />

ich einen Spieler besonders hervorheben sollte, dann Waleri<br />

Charlamow von ZSKA Moskau. Ein Volksliebling im wahrsten<br />

Sinne des Wortes. Gemeinsam mit Michailow und Petrow<br />

18<br />

bildete er jahrelang ein überragendes Sturmtrio. Er war an zwei<br />

Olympiasiegen (1972 und 1976) und an acht WM-Titelgewinnen<br />

der „Sbornaja“ beteiligt und hat zu Recht einen Platz in<br />

der Hockey Hall of Fame erhalten. Schade, dass sein Leben<br />

nach einem schweren Autounfall so tragisch endete. Er wurde<br />

nur 33 Jahre alt.<br />

OF: Glauben Sie, dass die <strong>Olympische</strong> Idee für die Jugend noch<br />

die gleiche Attraktivität und Wirkung besitzt wie einst?<br />

Wladimir M. Grinin: Ich glaube, in der heutigen Welt gibt es<br />

mehr Ereignisse und Entwicklungen zu erleben, mehr verschiedenartige<br />

Erfindungen und Ideen zu bestaunen, die bei den<br />

Jugendlichen Interesse hervorrufen können und das auch tun.<br />

Das Internet zum Beispiel. Eigentlich müsste es – auf den ersten<br />

Blick – die Aufmerksamkeit der Jugend zerstreuen und in der<br />

Folge die Attraktivität der früheren und heutigen Ereignisse<br />

herabsetzen, also auch die <strong>Olympische</strong>r Spiele. Doch dieser erste<br />

Eindruck täuscht, glaube ich. Gerade die neuen Kommunikations-<br />

und Informationsmedien machen es doch erst möglich,<br />

auch dank ihrer technischen Qualitäten, mehr Menschen zu<br />

erreichen als je zuvor. Das gilt voll und ganz auch für die <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele.<br />

Zudem investieren ihre Veranstalter viel Kreativität, Kraft und<br />

Finanzen in die Aufrechterhaltung ihrer spektakulären Farbenpracht.<br />

Olympia ist eine Attraktion, vor allem für die Jugend. Die<br />

Wirtschaft versucht intensiv, durch den Sport, insbesondere<br />

durch <strong>Olympische</strong>n Spiele, Werbung für ihre Produkte zu<br />

machen, wobei nicht zuletzt die Jugend im Fokus gesehen wird.<br />

Und schließlich noch ein Aspekt: Viele Staaten sind bemüht,<br />

durch den Sport für die Gesundheit ihrer Nation zu sorgen und<br />

in der Folge ihre staatliche Nachhaltigkeit sicherzustellen. Der<br />

Leistungssport dient im Sinne dieser Ziele als eine Art Propagandamittel<br />

im positiven Sinne des Wortes. So stellt sich die<br />

aktuelle Sachlage in meinen Augen dar.<br />

OF: Welche Sportarten haben Sie als Kind und Jugendlicher<br />

selbst betrieben? Erlaubt Ihre berufliche Tätigkeit heute noch<br />

Zeit für sportliche Fitnessprogramme oder ähnliches?<br />

Wladimir M. Grinin: Als Schüler habe ich sehr viele Sportarten<br />

ausprobiert: Leichtathletik, Skilaufen, Gymnastik, Basketball,<br />

Volleyball und natürlich Fußball, mit dem ich beinahe meinen<br />

Lebensweg verbunden hätte. In einigen Sportarten hatte ich<br />

sogar bestimmte Leistungsklassen erzielt und Auszeichnungen<br />

gewonnen. In der Studienzeit hat sich meine Begeisterung für<br />

das Schwimmen entwickelt. Als Fünfzigjähriger habe ich begonnen,<br />

Tennis zu spielen und spielte noch bis vor kurzem. Nun<br />

reichen Zeit und Kraft nur für Schwimmen und Nordic Walking<br />

und natürlich für spannende Sportevents im Fernsehen oder –<br />

leider sehr selten - unmittelbar im Stadion.<br />

Interview: Jochen Frank<br />

(mit Unterstützung von Mikhail Sukhov)


Dein Name für Deutschland.<br />

Eine Spendenaktion der <strong>Deutsche</strong>n Sporthilfe.<br />

Werde offizieller Sponsor der deutschen Spitzensportler.<br />

Schon für 3 € im Monat unter www.sporthilfe.de<br />

DSH_AZ_DNFD_Laeufer3_210x280.indd 1 29.11.11 17:09


Ein besonders wichtiges kennzeichnendes Merkmal des<br />

modernen Sports ist der Wetteifer, der durch eine<br />

besondere Konzeption von schriftlich niedergelegten<br />

Regeln ermöglicht wird. Nicht weniger wichtig ist die Nutzlosigkeit<br />

dessen, was das sportliche Handeln auszeichnet. Man<br />

überspringt eine Latte, obgleich man sie auf bequeme Weise<br />

unterlaufen könnte, man läuft 400 Meter auf einer Bahn und<br />

kommt zum Ausgangspunkt zurück, an dem man losgelaufen<br />

ist, man wirft einen Speer, ohne ein Tier zu erlegen. Dies alles<br />

findet auf besonderen Sportanlagen statt, und Menschen, die<br />

in je verschiedenen <strong>Gesellschaft</strong>en zuhause sind, begeben sich<br />

in die Räume des Sports, um sich durch eine besondere<br />

Gleichheit auszuzeichnen. Man entkleidet sich von der Alltagskleidung,<br />

und elf Spieler tragen das gleiche Trikot. Bei<br />

aller Unterschiedlichkeit der Sporttreibenden sucht man<br />

möglichst gleiche Ausgangsbedingungen, um faire Wettkämpfe<br />

zu gewährleisten. Auf diese Weise war der moderne<br />

Sport eine Sonderwelt in modernen <strong>Gesellschaft</strong>en. Nur das<br />

war erlaubt und zugelassen, was man über Konventionen<br />

festgelegt hatte. Vieles von dem stand dabei im Widerspruch<br />

zu dem, was außerhalb des Sports in der <strong>Gesellschaft</strong> der Fall<br />

ist.<br />

Doch genau darin lag die besondere Qualität des Sports. Er<br />

war eine Gegenwelt, und gegenüber der Umwelt hatte er sich<br />

ein eigenes Etwas geschaffen. Von einer eigenständigen<br />

Sportmoral war die Rede, und auf diese Weise konnte der<br />

moderne Sport eine pädagogische Qualität erreichen, die ihn<br />

zu einem Pflichtfach des öffentlichen Schullebens werden<br />

ließ.<br />

Auch in seiner Organisiertheit stellte er eine Gegenwelt dar.<br />

Erinnern wir uns an die Turngesellschaften des 19. Jahrhunderts,<br />

an die ersten englischen Clubs und die ersten europäischen<br />

Vereine, so waren sie als Vereine seit ihren ersten<br />

Anfängen am Ideal der Gemeinnützigkeit orientiert. Die<br />

Vereine waren dabei nicht Organisationen zur Erwirtschaftung<br />

finanzieller Gewinne. Eine kulturelle Idee hat vielmehr<br />

die Mitglieder der Vereine zusammengeführt zu freiwilligen<br />

Vereinigungen. Ehrenamtliche Mitarbeit stand dabei im<br />

Mittelpunkt, das im Verein gemeinsam vereinbarte ideelle Ziel<br />

war Grundlage und Triebfeder dieser Vereine. Nicht zuletzt<br />

diese Merkmale haben den modernen Sport zu einem besonderen<br />

Kulturgut gemacht, das in der ganzen Welt Nachahmung<br />

finden sollte, was die Alltagskultur nahezu aller <strong>Gesellschaft</strong>en<br />

prägte und in dem außergewöhnliche kulturelle<br />

sportliche Leistungen zu beobachten waren. Aus einer historischen<br />

Perspektive betrachtet konnte sich dieses Kulturgut<br />

relativ lange erhalten, doch waren bereits früh auch Gefahren<br />

zu erkennen, die dieses Kulturgut in Frage stellten. Doch die<br />

Idee der Gegenwelt war stark genug, sich diesen Gefahren zu<br />

stellen und die Ideale dieses Kulturguts lebendig zu erhalten.<br />

Diese Situation veränderte sich auf ganz entscheidende Weise<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg in der letzten Hälfte des vergan-<br />

20<br />

Vom Gegenbild<br />

zum Abbild oder<br />

In der Falle des<br />

Hochleistungssports<br />

Von Helmut Digel<br />

genen Jahrhunderts. Im Zuge einer allgemeinen gesellschaftlichen<br />

Entwicklung, im Zuge der Modernisierung der <strong>Gesellschaft</strong>en<br />

wurde auch der Sport einem Modernisierungsprozess<br />

unterworfen, der in vielerlei Hinsicht einem Transformationsprozess<br />

gleichkommt. Der Sport wird dabei in seinen<br />

Erscheinungsformen aus einer Gegenwelt transformiert in<br />

eine Teilwelt unserer <strong>Gesellschaft</strong>, die nicht mehr Gegenbild,


sondern Abbild unserer <strong>Gesellschaft</strong> ist. Der Transformationsprozess<br />

ist dabei im Wesentlichen gekennzeichnet durch<br />

einen Prozess der Ökonomisierung. Die Gegenwelt Sport wird<br />

zu einer Teilwelt des Wirtschaftssystems moderner <strong>Gesellschaft</strong>en.<br />

Aus organisatorischer Sicht lässt sich dies vor allem<br />

in den Vereinen erkennen, die die Basis des gemeinsamen<br />

Sportsystems darstellen. Immer mehr Vereine befinden sich<br />

dabei in einem Transformationsprozess hin zum Wirtschaftsunternehmen.<br />

Von Vereinen wird erwartet, dass sie ihre<br />

Strukturen der Wirtschaft anpassen, Managementprozesse<br />

sind gefragt, Manager haben Vereine zu führen, aus ehrenamtlicher<br />

Arbeit wird hauptamtliche Arbeit, Professionalisierung<br />

wird gefordert, Wachstum ist angesagt, obgleich es vor<br />

dem Hintergrund der angestammten Logik einer freiwilligen<br />

Vereinigung hierfür keine Notwendigkeit gibt. Ein Transformationsprozess<br />

von großer Tragweite kann auch unter den<br />

Athleten beobachtet werden. Immer mehr kommt es zu einer<br />

Totalisierung der Höchstleistungen. Man muss sich ganz der<br />

Sache widmen, andere Tätigkeiten neben dem Hochleistungssport<br />

verbieten sich. Doppelkarrieren haben allenfalls nur<br />

noch bei Randsportarten ihre Möglichkeiten, ansonsten sind<br />

die sportlichen Höchstleistungen in den einzelnen Sportarten<br />

nur noch durch eine volle Professionalität zu erreichen. Oft<br />

sind 60 und mehr Stunden Training gefordert, sieben Tage die<br />

Woche ist der Athlet fokussiert auf seine sportliche Höchstleistung.<br />

Eine gute Ausbildung in der Schule ist nur noch<br />

bedingt möglich, eine berufliche Karriere neben einer sportlichen<br />

Karriere verbietet sich. Betrachten wir die Zusammensetzung<br />

von Olympiamannschaften, so müssen wir erkennen,<br />

dass jene Athleten, die neben ihrer Rolle als Hochleistungssportler<br />

noch andere Rollen mit vergleichbarer Intensität<br />

erfüllen, die Ausnahme der Regel darstellen. Fast sämtliche<br />

Athleten einer Olympiamannschaft sind heute Angehörige<br />

der Bundeswehr oder des Bundesgrenzschutzes oder der<br />

Polizei, viele sind von ihrer Arbeit völlig freigestellt. Nur noch<br />

eine kleine Minderheit meistert die sogenannte Doppelkarriere.<br />

Zu diesem Totalisierungsprozess gehört auch die kontinuierliche<br />

Steigerung der Risiken, die die Ausübung des Hochleistungssports<br />

mit sich bringt. Diese Risiken hat der Athlet<br />

nahezu alleine zu tragen. Von einer sozialen Absicherung<br />

sportlicher Karrieren sind die modernen Hochleistungssportsysteme<br />

weiter entfernt denn je.<br />

Deshalb kann es nicht überraschen, dass der Transformationsprozess<br />

vom Gegenbild zum Abbild auch in moralischer<br />

Hinsicht zu beobachten ist. Angesichts der ökonomischen<br />

Bedeutungssteigerung des Hochleistungssports kommt es zu<br />

einem moralischen Verfall, Betrug wird immer wahrscheinlicher,<br />

Athleten befinden sich immer häufiger in der Falle des<br />

Hochleistungssports. Mitmachen bedeutet bereit sein zum<br />

Betrug, wer dazu nicht bereit ist, ist zur Zweitklassigkeit<br />

verurteilt oder hat seine Karriere zu beenden. Betrug zeigt<br />

dabei alle denkbaren Varianten. Er reicht von der Ergebnismanipulation<br />

zur Leistungsmanipulation des einzelnen Athleten<br />

bis hin zum Betrug bei Wahlhandlungen zu den Führungsgre-<br />

mien der einzelnen Sportarten. Gewalt wird zum nahezu<br />

selbstverständlichen Merkmal des modernen Sports. Sie wird<br />

von Athleten ebenso ausgeübt wie von den Zuschauern. Sie<br />

scheint in der Natur der Sache zu liegen, zumindest wird sie<br />

immer mehr als eine Selbstverständlichkeit hingenommen,<br />

gegen die wirksame Maßnahmen nicht wahrscheinlich sind.<br />

Die sportliche Höchstleistung wird dabei mit enormer gesellschaftlicher<br />

Bedeutung aufgeladen. Sportliche Höchstleistungen<br />

erzeugen höchste Emotionen, haben einen außergewöhnlich<br />

hohen Unterhaltungswert und ermöglichen für alle<br />

Beteiligten außergewöhnlich hohe Gewinne. Der Hochleistungssport<br />

ist dabei bestens anschlussfähig für die Massenmedien,<br />

für die Wirtschaft und die Politik. Immer mehr Athleten<br />

sind dabei bereit, alles zu investieren, was den sportlichen<br />

Erfolg sichern könnte. Das Ideal der Unversehrtheit des eigenen<br />

Körpers wird dabei über Bord geworfen, die eigene<br />

Gesundheit wird im vollen Bewusstsein der Gefahren, die der<br />

Hochleistungssport in sich birgt, in Frage gestellt. Schmerzen<br />

werden wider der Natur des eigenen Körpers gedämmt,<br />

Medikamente werden zur Leistungssteigerung genutzt, wohlwissend,<br />

dass sie eine Gefährdung der eigenen Gesundheit<br />

bedeuten können. Die körperliche Unversehrtheit des Gegners<br />

wird in Frage gestellt, wenn damit der eigene ökonomische<br />

Nutzen gesichert werden kann. Längst ist bei diesem Transformationsprozess<br />

des Sports zu erkennen, dass er sich genau<br />

jene Merkmale zu Eigen macht, die auch in der übrigen<br />

<strong>Gesellschaft</strong> zu finden sind. Wie in der Wirtschaft und wie in<br />

der Politik ist nun Korruption im Sport anzutreffen, wie in<br />

Wirtschaft und Politik finden Machtauseinandersetzungen in<br />

den Organisationen des Sports statt. Und das, was viele<br />

Funktionäre des Sports als Verteidigungsritual verwenden,<br />

wenn sie gefordert sind, wird zur gesellschaftlichen Realität:<br />

Der Sport ist nicht besser als die <strong>Gesellschaft</strong>, und er kann<br />

gewiss nicht Probleme der <strong>Gesellschaft</strong> lösen, wenn er die<br />

gleichen Verfehlungen aufweist, wie sie auch in der <strong>Gesellschaft</strong><br />

anzutreffen sind. Der Sport ist nicht mehr Gegenwelt,<br />

er ist Abbild der <strong>Gesellschaft</strong>. Seinen Siegeszug hat er seinem<br />

eigenen Werteverfall zu verdanken. Betrug, Korruption, Manipulation<br />

und all die sonstigen zu beklagenden Verfehlungen<br />

sind Teile eines kontinuierlichen Skandals, der die Unterhaltungsfunktion<br />

des Sports eher zu steigern weiß, als dass er<br />

sie in Frage stellen könnte. Moralische Appelle müssen dabei<br />

ebenso vergeblich sein, wie sie in der <strong>Gesellschaft</strong> vergeblich<br />

sind, und angesichts der vielen Verfehlungen in der <strong>Gesellschaft</strong><br />

hat auch der Sport keinen besonderen Legitimationszwang.<br />

Es gelingt ihm besser denn je, sich als wichtigen Teil<br />

der <strong>Gesellschaft</strong> auszuweiten. Angesichts dieses aufgezeigten<br />

Transformationsprozesses ist es höchst unwahrscheinlich,<br />

dass aus dem System des Sports heraus eine Rückbesinnung<br />

auf den Gegenweltcharakter des Sports erfolgen könnte. Der<br />

Sport in seinem Verhältnis zur Wirtschaft, zur Politik und zu<br />

den Massenmedien befindet sich in einer Win-Win Situation,<br />

deren Fortschreibung von allen gewünscht ist. Fatal ist dabei<br />

lediglich, dass dies auch dann der Fall ist, wenn dabei die<br />

Moral auf der Strecke bleibt.<br />

21


Der Leistungssport frisst<br />

seine Kinder Von Bianka Schreiber-Rietig<br />

Es ist ein Déjà-vu. Die Rituale sind dieselben: Betroffenheitskundgebungen,<br />

empörter Widerspruch, Abwiegelungsversuche<br />

und die Erkenntnis: „Wir müssen was<br />

tun.“ Für viele langjährige kritische Wegbegleiter und Sportexperten<br />

waren die Ergebnisse der Studie mit dem sperrigen<br />

Titel „Dysfunktionen des Spitzensports: Doping, Match-Fixing<br />

und Gesundheitsgefährdung aus Sicht der Bevölkerung und<br />

Athleten“ keine Überraschung. Und auch der dadurch ausgelöste<br />

Verbal-Aktionismus von Funktionären nicht.<br />

Im Auftrag der Stiftung <strong>Deutsche</strong> Sporthilfe wurden telefonisch<br />

2008 Bürger und Bürgerinnen und 1.154 von der Sport-<br />

22<br />

hilfe geförderte Athleten online anonym befragt. Ob es dabei<br />

zielführend ist, die Altersgruppe zwischen 12- und 64-jährigen<br />

Sportlern und Sportlerinnen zu befragen, sei dahingestellt.<br />

Denn mag man gegenüber Umfragen skeptisch sein, so<br />

belegt auch diese im Wesentlichen wieder Probleme, die im<br />

Sport schon lange bekannt sind. Etwa: Leistungsdruck und<br />

Existenzängste lösen Depressionen (9%), Burn-Out (11,4%)<br />

oder Essstörungen (9,6%) aus. Und natürlich greift manch<br />

einer gerne in die pharmazeutische Trickkiste, um eigenen<br />

Anforderungen und denen von außen gerecht zu werden. 5,9<br />

Prozent gaben in der Umfrage zu, Dopingmittel zu nehmen,<br />

53,4 Prozent strichen das „Nein“ an, und 40,7 Prozent mach-


ten keine Angaben. Dass die Sportler ihre Situation in manchen<br />

Bereichen anders sehen als ihre Mitbürger, ist nicht<br />

verwunderlich. In einem sind aber alle einig: Rund 90 Prozent<br />

beider Gruppen sagen, dass Doping nicht im Einklang mit<br />

dem Leistungsprinzip stehe.<br />

Vieles steht nicht miteinander im Einklang im deutschen<br />

Sport, aber auch das ist keine neue Erkenntnis. Und wenn<br />

Ingo Weiss, der Präsident des <strong>Deutsche</strong>n Basketballbundes<br />

und Präsidiumsmitglied des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbundes<br />

(DOSB), einer Nachrichtenagentur zu der Untersuchung<br />

sagt: „Das sind spannende Hinweise, denen wir nachgehen<br />

müssen“, muss er sich die Frage gefallen lassen: Wo<br />

waren er und seine Kollegen die letzten 25 Jahre? Doping ein<br />

Dauerbrenner, Existenzängste, systemimmanenter Leistungsdruck<br />

mit bösen Folgen. Es scheint sich keiner an die „spektakulären“<br />

Fälle zu erinnern: Sportler, die an Depressionen oder<br />

Essstörungen auf Grund des immensen Drucks litten. „Opfer“<br />

wie Sebastian Deisler oder Torhüter Robert Enke, Skispringer<br />

Sven Hannawald oder Ruderer Bahne Rabe. Sie stehen für<br />

viele andere, die mit dem Sportsystem nicht klar kamen und<br />

kommen.<br />

Ein System, das seit Jahrzehnten umstritten ist, an dem<br />

immer wieder herumgedoktert wird, in dem aber der Athlet<br />

nach wie vor das schwächste Glied ist. Nach Großereignissen<br />

– besonders nach <strong>Olympische</strong>n Spielen, wenn die selbst<br />

vorgegebenen Ziele - also Medaillen - nicht erreicht wurden,<br />

setzt immer wieder das gleiche Prozedere ein: Ein neues<br />

Konzept muss her.<br />

„Es geht uns gemeinsam um eine neue Reform der Kooperation<br />

zu Gunsten der Athleten, um eine Konzentration aller<br />

vorhandenen Möglichkeiten und um einen Zentralismus des<br />

Vertrauens.“ Das sagte 1988 der damalige Präsident des<br />

<strong>Deutsche</strong>n Sportbundes Hans Hansen beim DSB-Bundestag in<br />

Würzburg. Das hätten auch DOSB-Präsident Thomas Bach<br />

oder sein Generaldirektor Michael Vesper nach den Spielen<br />

2012 in London formulieren können. Damals vor 25 Jahren<br />

wurden die Olympiastützpunkte und Laufbahnberater installiert,<br />

nach dem Motto „Problem erkannt ...“<br />

Heute arbeitet der DOSB an neuen Zielvorgaben und hat seit<br />

Januar <strong>2013</strong> mit Dr. Sven Baumgarten eine Art Bundes-<br />

Laufbahnplaner für die duale Karriere von Athleten und Athletinnen<br />

angestellt. Er soll nun eine erfolgreiche Konzeption für<br />

23


Sport und Ausbildung oder Studium erarbeiten. Zu beneiden<br />

ist der 52-Jährige nicht, der den Sport in vielen Positionen (u.<br />

a. beim Bundesinnenministerium, bei der Sporthilfe, als Olympiastützpunktleiter)<br />

kennen gelernt hat: Er muss praktisch die<br />

„duale Karriere“ aus einem Guss finden – oder zumindest den<br />

Weg dahin. Und es dabei jedem recht machen.<br />

An den Olympia-Stützpunkten und in den Landessportbünden<br />

setzt man bei der Laufbahnberatung auf Regionalkonzepte.<br />

Das läuft bei vielen seit Jahren gut, bei anderen weniger. „Es<br />

kommt natürlich immer auf die Leute an, die da sitzen. In<br />

Berlin läuft es gut – wir haben Netzwerke und ein gutes<br />

Miteinander“, sagt Leistungssportreferent Frank Schlizio.<br />

„Was läuft hier falsch?“, wird Helmut Digel, Sportsoziologe,<br />

ehemaliger Leichtathletikpräsident und Vielfach-Funktionär in<br />

der „Süddeutschen Zeitung“ zu den Studien-Ergebnissen<br />

zitiert. Wenn es Funktionäre nicht wissen, die lange an der<br />

Spitze mitgearbeitet haben, wer dann?<br />

Dass die Sporthilfe diese Untersuchung natürlich auch im<br />

Hinblick auf ihre weitere Arbeit in Auftrag gegeben hat, ist<br />

klar. Eigentlich wäre es aber doch Aufgabe des DOSB gewesen,<br />

Befindlichkeit und Probleme seiner Athleten und Athletinnen<br />

zu erfragen, bevor er ordre de mufti neue Fakten mit<br />

einem neuen Konzept schafft, was dann gern als professionelle<br />

Arbeit verkauft wird.<br />

Aber: In vielen Bereichen sind andere Dinge wichtiger als der<br />

Athlet. „Einigen Funktionären ist es egal, ob jemand mit Mitte<br />

dreißig aus der Bundeswehr ausscheidet und keine zufrieden<br />

stellende Ausbildung hat“, klagt die Hochspringerin Meike<br />

Kröger in der FAZ. Auch psychische Erkrankungen seien<br />

weiter ein Tabuthema – auch sie selbst rede nur so offen, weil<br />

ihre Karriere beendet sei. „Wenn ich ein Comeback vorhätte,<br />

würde ich mir das sehr gut überlegen. Man macht sich<br />

angreifbar. Die Chance, damit zurückzukommen, ist damit<br />

eigentlich gleich null.“<br />

Ist es die Angst der Funktionäre, dass der schöne Schein des<br />

Sports und der Superstars dahin wäre, wenn man den dunklen<br />

Seiten mehr Beachtung schenkte, die ein Sportleben mit<br />

sich bringen kann? Oder einfach Ignoranz und Bequemlichkeit?<br />

„In dem Moment, als ich sagte, ich habe Probleme,<br />

machten alle – außer meiner Trainerin - die Schotten dicht.<br />

Keiner wollte vor der Weltmeisterschaft wahr haben, dass ich<br />

nicht mehr konnte, obwohl es nicht zu übersehen war. Die<br />

Antwort meines Präsidenten war, als ich um Unterstützung<br />

bat: Behalt’ das für Dich, sonst springt der Sponsor ab“,<br />

erzählte eine Sportlerin und fügte hinzu: „Das habe ich aber<br />

jetzt nur unter vier Augen gesagt.“ Zwei Monate später stieg<br />

sie aus dem Leistungssport aus.<br />

Allein gelassen fühlen sich viele. Das liegt aber oft auch<br />

daran, dass selbst die „Unterstützer“ überfordert sind. Ein<br />

24<br />

ehemaliger Laufbahnberater erzählt, wie er sich mit Professoren,<br />

Arbeitgebern, Sponsoren und so genannten<br />

persönlichen Beratern - und natürlich Fachverbänden -<br />

herumärgern musste. „Wenn sie zehn oder zwölf Leute<br />

haben, um die sie sich kümmern müssen, dann kann man<br />

das grade noch so schaffen. Aber wir hatten damals etwa<br />

350 Kader-Athleten, und jeder hätte intensiv betreut<br />

werden müssen – das funktioniert aber nur, wenn der Tag<br />

mehr als 24 Stunden hat und mehr personelle Unterstützung<br />

da ist.“ Regionale Sponsoren musste man sich vor Ort<br />

zusammensuchen, was vor allem im Osten teilweise<br />

schwer war und noch ist.<br />

Und: Auch der Arbeitsmarkt erleichtert das Leben von<br />

Laufbahnberatern heute nicht. Mittlere Unternehmen sind<br />

angesichts drohender ökonomischer Einbrüche, Stellenabbau<br />

oder vieler hoch qualifizierter Bewerber nicht mehr so<br />

großzügig, Plätze an Hochleistungssportler zu vergeben, die<br />

selten da sind. Das gilt auch für Kommunen. Die Sporthilfe<br />

arbeitet zwar mit großen Unternehmen zusammen, die<br />

Athleten beim Studium unterstützen oder sie für Bewerbungen<br />

fit machen, aber das reicht lange noch nicht. Selbst<br />

sportinteressierte Schulleiter sehen sich heute oft durch die<br />

G8–Reform unter Druck, die Schüler schneller zum Abi zu<br />

bringen, und genehmigen eine „Sport-Pause“ immer zögerlicher.<br />

Und Professoren an den Universitäten haben nach der Bologna-Reform<br />

oft gar keinen Nerv mehr, Klausuren dann nachschreiben<br />

zu lassen – Medaillenanwärter hin oder her –,<br />

wenn es in den Sport-Terminkalender passt. An den Sportverantwortlichen<br />

scheinen diese Entwicklungen mit den abzusehenden<br />

Folgen für die Sportler vorbeigerauscht zu sein. Denn<br />

auch ohne großes Konzept hätte man da schon mal etwas<br />

gegensteuern können.<br />

Etwa beim Terminkalender. Sommer- und Wintersportler sind<br />

heute ganzjährig im Einsatz. Der Kalender ist überfüllt, Wettkampfpausen<br />

eher selten. Neben ständig mehr Wettbewerben<br />

kommen auch neue Disziplinen oder Klassen dazu. Wer soll<br />

da Zeit haben, Luft zu holen, geschweige denn sich um<br />

Studium oder Beruf so zu kümmern, wie es angemessen ist?<br />

Und wer soll den Stress ohne Hilfsmittel aller Art durchstehen?<br />

Athleten trainieren um die 30 Stunden pro Woche, drei<br />

Stunden weniger investieren sie theoretisch in Beruf, Ausbildung<br />

oder Studium.<br />

Viola von Cramon, Grünen-Obfrau des Sportausschusses im<br />

<strong>Deutsche</strong>n Bundestag, verweist auch darauf, dass das Gros<br />

der Kaderathleten im Monat mit wenig Geld zurecht kommen<br />

muss. Seit langem sieht die Politikerin Bildung und Beruf für<br />

das Leben nach dem Sport als ein zentrales Thema im deutschen<br />

Spitzensport neben der Dopingbekämpfung. „Um<br />

Nachwuchs zu finden, der sich reinhängt, muss man ihm<br />

auch Sicherheit geben“, sagt sie.


Die Grünen sind gerade daran, ein eigenes Spitzensport-<br />

Konzept zu erarbeiten. „US-Amerikaner, Briten und Australier<br />

haben uns da schon einiges voraus“ sagt sie, die aus<br />

dieser Studie aber auch das Fazit zieht, dass die Straffreiheit<br />

für dopende Athleten ein Fehler ist. Viele sehen das so.<br />

Denn wer auf die „Selbstreinigung“ des Sports setzt, wird<br />

enttäuscht, wie die letzten 30 Jahre immer wieder zeigten.<br />

Die Aufklärung, wie etwa das Beispiel um die Sportmedizin<br />

an der Uni Freiburg zeigt, klappt ebenso wenig wie wirkliche<br />

Sanktionen. Spätestens seit sich der Sport als ökonomische<br />

Kraft auf den Weltmarkt begeben hat, kann er in bestimmten<br />

Bereichen nicht mehr auf eigene Regeln und Rechte<br />

pochen, geschweige, dass er sie denn durchsetzen will oder<br />

kann.<br />

Der dopende und betrügende Athlet: Das möchte der<br />

Sprecher der DOSB-Athletenkommission so nicht stehen<br />

lassen: „Wir distanzieren uns entschieden<br />

von der Behauptung in den<br />

Medien, dass Sportler korrupt seien<br />

und massenhaft manipulieren würden.<br />

Das geht aus der Studie nicht hervor“,<br />

stellt Christian Breuer in einer Presseerklärung<br />

fest.<br />

Wohl geht aber aus der Studie hervor,<br />

dass gedopt wird – und man aus den<br />

gegebenen und nicht gegebenen<br />

Antworten seine Schlüsse ziehen<br />

kann. Und: Wenn 96,8 Prozent der<br />

Athleten für sich eine Vorbildfunktion<br />

in Anspruch nehmen, dann passen<br />

Doping, das Einwerfen von Schmerzmitteln<br />

oder die Einnahme fragwürdiger<br />

Nahrungsergänzungsmittel nicht<br />

zu diesem Selbstbild. Unterstützen,<br />

fördern, helfen im Sinne des Sporthilfe-Leitgedankens<br />

„Leistung Fairplay<br />

Miteinander“ gilt dann auch für die<br />

Aktiven. Vor den Londoner Spielen<br />

übrigens hängte sich einer weit aus<br />

dem Fenster, der, als er noch NOK-<br />

Präsident und vorher Generalsekretär<br />

war, mit Abscheu und Empörung den<br />

Dopingverdacht im (bundes)deutschen<br />

Sport zurückgewiesen hatte.<br />

Walther Tröger antwortete im<br />

Deutschlandradio Kultur auf die<br />

Frage, ob er für die Sauberkeit der<br />

Athleten die Hand ins Feuer legen<br />

würde: „Wollen wir mal sagen, ich<br />

lege neun Finger ins Feuer.“<br />

Ist das die späte Erkenntnis, dass im<br />

deutschen Sport eben nicht alles Friede,<br />

Freude, Eierkuchen ist, man endlich handeln muss, um zu<br />

retten, was zu retten ist? „Meiner Meinung nach sollte die<br />

psychologische Betreuung des Athleten weniger dorthin<br />

tendieren, sie immer höher zu motivieren und zu immer<br />

höheren Leistungen zu treiben als vielmehr dem Athleten<br />

klar zu machen, dass das angestrebte Ziel – der Rekord, die<br />

Meisterschaft, die Goldmedaille – nur ein Teilziel im gesamten<br />

Lebensplan sein kann, und dass der sportliche Wettkampf,<br />

gemessen an seinem individuellen Dasein, keinen<br />

Ernstcharakter hat.“ Das sagte Professor Meinhard Volkmar<br />

1970 in einer ARD-Sendung zum Thema junge Hochleistungssportler.<br />

Darüber sollten vor allem ganz dringend die Funktionäre im<br />

(deutschen) Sport nachdenken und sprechblasenfrei mit den<br />

Betroffenen und Beteiligten darüber diskutieren. Denn der<br />

Sport frisst seine Kinder ...<br />

25


Über die Trainersituation in Deutschland<br />

Das Gesamtbild bleibt düster, einige helle Farbstriche können<br />

an der Misere bislang wenig ändern Von Andreas Müller<br />

Es mag eine Fußnote sein, doch sie tut dem deutschen<br />

Spitzensport weh. Mit Andreas Wels hat sich kürzlich<br />

einer der erfolgreichsten Wasserspringer der jüngeren<br />

Vergangenheit für den Beruf des Sportlehrers entschieden. Nach<br />

seinem Karriere-Ende im März 2011 galt der Magdeburger als<br />

hoffnungsvoller Nachwuchstrainer, doch nun ist klar: Der 38-<br />

Jährige, der vom Brett vier Mal EM-Gold, 2004 in Athen Olympiasilber<br />

und bei großen internationalen Ereignissen insgesamt<br />

dreizehn Medaillen gewann, wird seine Schützlinge nach vollendetem<br />

Lehramtsstudium als Pädagoge an einem Gymnasium<br />

ausbilden und nicht als Trainer am Beckenrand und im Schatten<br />

von 1- und 3-Meter-Brett tätig sein. Er habe es sich nicht leicht<br />

gemacht, gestand Andreas Wels. Doch gegenüber den Vorteilen<br />

eines anständig bezahlten Berufes mit klar strukturiertem<br />

26<br />

Wochenpensum und einem unbefristeten Vertrag sogar mit<br />

Beamtenstatus musste der organisierte Sport zwangsläufig den<br />

Kürzeren ziehen. Somit tauchte Wels, erst recht als junger Vater<br />

mit den daraus erwachsenden familiären Verpflichtungen, in<br />

eine komplett andere Berufswelt ein als die eines Trainers mit<br />

einem Kontrakt, der auf ein, zwei oder maximal vier Jahre<br />

begrenzt ist und dessen eher mageres Monatsgehalt oft genug<br />

auch noch von Leistungsprämien und damit vom Wohl und<br />

Wehe des Erfolges seiner Athleten abhängt.<br />

So sehr Christa Thiel, die Präsidentin des <strong>Deutsche</strong>n Schwimm-<br />

Verbandes (DSV), die Entscheidung des langjährigen Aktiven aus<br />

den eigenen Reihen rational nachvollziehen kann und billigen<br />

muss, der Ärger und etwas Verbitterung darüber ist ihr deutlich


anzumerken. Immerhin ist Christa Thiel zugleich die Vize-Präsidentin<br />

für Leistungssport im Präsidium des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

Sportbundes (DOSB). Jede Entscheidung eines geeigneten<br />

Kandidaten gegen eine berufliche Laufbahn als Trainer im organisierten<br />

Sport muss für die Vize-Präsidentin wie ein kleiner<br />

Stich ins Herz sein. Wie viele es in den vergangenen Jahren<br />

gewesen sind, die von den gestandenen bis zu den jungen<br />

Trainern irgendwann den Handschuh warfen oder ins Ausland<br />

wechselten, ist nicht dokumentiert. Diese traurige Statistik<br />

existiert ebenso wenig wie die allermeisten der Informationen<br />

über die tatsächliche Situation der Trainer in diesem Land bisher<br />

nicht vollständig und systematisch erhoben wurden. Entsprechend<br />

gibt es nur die relativ groben Konturen eines Gesamtbildes.<br />

Ein Bild, das in seinen dunklen und düsteren Farben einem<br />

der Werke von Peter Paul Rubens ähnelt und das angesichts der<br />

schnelllebigen Entwicklungen im internationalen Hochleistungssport<br />

und der Bemühungen anderer Nationen durchaus als<br />

Furcht und Angst einflößend bezeichnet werden darf.<br />

„Die Unzufriedenheit bei der Trainerschaft ist insgesamt groß“,<br />

fasst Christa Thiel ihre Beobachtungen zusammen und beklagt,<br />

dass noch nicht einmal das Berufsbild des Trainers genauer<br />

definiert ist. Meyers Großes Taschenlexikon in 26 Bänden vermerkt<br />

unter dem Stichwort „Trainer“ eine Person, „die die für<br />

eine bestimmte Sportart erforderliche Technik und Taktik systematisch<br />

lehrt und verfeinert, die Wettkampfvorbereitung plant,<br />

steuert und kontrolliert sowie während des Wettkampfs die<br />

Betreuung übernimmt. In den Mannschaftssportarten ist der<br />

Trainer darüber hinaus für die Aufstellung der Mannschaft<br />

verantwortlich. Qualitätskriterien eines Trainers: sportartspezifische<br />

Kenntnisse und praktisches Können; sportwissenschaftliche<br />

Kenntnisse besonders in der Trainingslehre sowie in Sportpsychologie,<br />

-pädagogik und Biomechanik.“<br />

Die Wirklichkeit übertrifft diese Beschreibung bei weitem. Die<br />

Rolle des Trainers im gesamten Trainer- und Beraterteam, bei<br />

der Trainingssteuerung sowie seine Stellung als sozial kompetenter<br />

Wissensvermittler, der beispielsweise zum lebenslangen<br />

Lernen verdammt ist, geht inzwischen weit über das lexikalische<br />

Statement hinaus. Verlangt wird heutzutage im Spitzensport<br />

sozusagen ein Fabelwesen in Menschengestalt, werden all die<br />

verschiedenen fachlichen, intellektuellen, pädagogischen, kommunikativen<br />

und charakterlichen Anforderungen addiert. Allein<br />

was die Wissens- und Kompetenz-Entwicklung von Trainern<br />

anlangt, werden pädagogische Maßstäbe von höchstem Niveau<br />

angelegt. Neben profundem Fachwissen muss der moderne<br />

Trainer als geschickter und versierter Moderator auftreten, um<br />

das Gespräch mit dem Athleten und darüber hinaus mit allen<br />

zu pflegen, die ihn – vom Manager bis zu den Eltern und Großeltern<br />

– im leistungssportlichen Alltag umschwirren. Auch sollte<br />

der zeitgemäße Trainer ausreichend Abstraktionsvermögen<br />

besitzen, um Erfahrungen und Methoden im Trainingsprozess zu<br />

reflektieren, weiterzuentwickeln und zu optimieren. Und idealer<br />

Weise sollten Trainer zudem in der Lage sein, ihre Ansprache je<br />

nach Altersgruppe und Leistungsstärke ihrer Schützlinge indivi-<br />

duell abzustimmen, zu modifizieren und passgenau aufzufächern.<br />

Wer von Trainern redet, meint ein Profil, das in jedem Fall<br />

weit über das eines diplomierten Sportlehrers hinausgeht.<br />

Besonders fatal: Wechsel zur internationalen Konkurrenz<br />

So unbedingt der theoretische Aspekt des Berufsbildes zur<br />

Diskussion beim „Cluster Trainer“ dazu gehört, bewegen derzeit<br />

die ganz praktischen Fragen weitaus mehr als Begrifflichkeiten,<br />

Definitionen und philologische Einlassungen. Beispielsweise<br />

steht sehr weit oben auf Christa Thiels Agenda, die Abwanderung<br />

von Trainern ins Ausland zu stoppen. Weil solche Verluste<br />

„gleich doppelt und dreifach zu Buche schlagen“, wie die Vize-<br />

Präsidentin berichtet. Nicht nur, dass dem deutschen Sport auf<br />

diese Weise dringend benötigte Fachkräfte verloren gehen. Zu<br />

allem Überfluss kommt hinzu, dass diese Spezialisten anschließend<br />

die internationale Konkurrenz stärken – und zwar nicht<br />

nur als Person, sondern infolge eines regelrechten Wissenstransfers,<br />

vergleichbar mit dem Weggang wichtiger Manager, die<br />

beim direkten Mitwettbewerber anheuern und den neuen<br />

Arbeitgeber so ganz nebenbei –oder in der Hauptsache –<br />

genauestens über die Verhältnisse bei der Konkurrenz unterrichten.<br />

Bernhard Schwank, der Leistungssport-Direktor beim DOSB,<br />

spricht von regelrechten „Abwerbungsversuchen“. „Sie nehmen<br />

immer mehr zu. Der Wettbewerb wird härter, der Druck wird<br />

größer.“ Erlebnisse von Augenzeugen bei den Sommerspielen<br />

2012 in London bestätigten diesen Eindruck. „Noch nie zuvor<br />

bei <strong>Olympische</strong>n Spielen habe ich so viele deutsche Trainer im<br />

Trainingsanzug von anderen Nationen gesehen“, erinnert sich<br />

ein Mitglied aus der deutschen Delegation an seine ganz persönlichen<br />

olympischen Beobachtungen. Harry Bähr, der Leiter<br />

des Olympiastützpunktes (OSP) in Berlin, weiß bestens um die<br />

große Sorge: „Bei Ausschreibungen für Trainerstellen wird es<br />

immer schwerer, geeignete Kandidaten zu finden, und den<br />

geeigneten Kandidaten können wir am Ende des Bewerbungsgespräches<br />

oft kein angemessenes Gehalt anbieten." Auf die<br />

Spitze getrieben, ließe sich formulieren: Wenn der deutsche<br />

Sport nicht aufpasst, bleiben nur Diejenigen, die woanders<br />

nichts gefunden haben oder aus persönlich-familiären Gründen<br />

nicht abkömmlich sind …<br />

Gerade verließ mit Herbert Czingon nach rund 35 Jahren den<br />

<strong>Deutsche</strong>n Leichtathletik-Verband (DLV) in Richtung Schweiz.<br />

Längst hat die Epidemie auch gut ausgebildete Berufsanfänger<br />

erfasst. Jüngstes Beispiel: Ein junger Fechttrainer, der von nun<br />

an im Zwergstaat Singapur auf der Planche steht und sein<br />

berufliches Glück zu finden hofft. Doch den Fokus nur auf jene<br />

Trainer zu richten, die Deutschland den Rücken kehren, das<br />

wäre in etwa so, als ob man nur die Berggipfel betrachten<br />

würde, ohne das ganze Gebirge wahrzunehmen. Auch Christa<br />

Thiel weiß um diese Komplexität und darum, dass es der deutsche<br />

Sport in seiner aktuellen Verfassung den Rufern und<br />

Werbern jenseits der Grenze nur allzu leicht macht. Keineswegs<br />

dürfe der Blick nur auf die Spitzen- und Top-Trainer reduziert<br />

werden, auch wenn Verluste gerade in dieser Region am<br />

schmerzlichsten seien. Der Gesamtauftrag sei genereller Natur<br />

27


und nicht auf ein einziges Segment in der Trainer-Hierarchie zu<br />

beschränken, so Christa Thiel. Es gelte, Mängel bei den Trainern<br />

sowohl quantitativ als auch qualitativ von oben nach unten<br />

sowie in umgekehrter Richtung insgesamt zu beheben. „Was<br />

wir unbedingt brauchen, ist eine funktionierende Gesamtstruktur.<br />

Nur so sind wir in der Zukunft gut aufgestellt“, betont die<br />

Anwältin aus Wiesbaden.<br />

Zu den vordergründigsten und dringendsten Aufgaben zähle,<br />

die Bezahlung im Trainerberuf durchweg und auf allen Stufen<br />

zu verbessern. Allein damit sei es jedoch keineswegs getan.<br />

Daneben gelte es, etwa die Ausbildung an der Kölner Trainerakademie<br />

(TA) in einen Bachelor-Studiengang münden zu<br />

lassen. Ein Aspekt, der Dieter Kespohl in große Sorge versetzt.<br />

„Es besteht die reale Gefahr, dass diese Akademie irgendwann<br />

der <strong>Deutsche</strong>n Sporthochschule einverleibt wird. Das wäre ein<br />

großer Rückschritt und eine falsche Weichenstellung“, mahnt<br />

der 75-Jährige, der von 2000 bis 2008 den Vorsitz des Trägervereins<br />

der TA inne hatte. Die rein sportwissenschaftliche Ausbildung<br />

von Trainern „wäre fatal“. Es müsse auf dem Weg zum<br />

Trainer mit Bachelor-Abschluss unbedingt beim derzeitigen<br />

Profil und bei der berufsbegleitenden Ausbildung mit starkem<br />

Praxisbezug zu den einzelnen Sportarten und Disziplinen bleiben.<br />

„Die Trainer-Akademie ist als Unikat für die Trainerausbildung<br />

unersetzlich“, unterstreicht Dieter Kespohl. „Das haben wir<br />

gegenüber dem DOSB und gegenüber Präsident Thomas Bach<br />

schon wiederholt sehr deutlich gemacht.“<br />

Unterbezahlung als vorherrschendes und typisches<br />

Berufsmerkmal<br />

Für Thomas Bach seinerseits ist „die Trainersituation auf allen<br />

Ebenen unbefriedigend“, wie er auf der jüngsten Vollversammlung<br />

des Dachverbandes konstatierte. Wobei das Attribut „unbefriedigend“<br />

für die Gewinnung von Trainern ebenso gelte wie<br />

für die Aus- und Fortbildung bis hin zur Bezahlung. Damit ist in<br />

etwa die Gesamt-Palette skizziert, die es zu bewältigen gilt.<br />

Wobei erschwerend hinzukommt, dass mit der Strukturreform<br />

im deutschen Sport nach den Sommerspielen 1996 in Atlanta<br />

das Trainergeflecht noch undurchsichtiger wurde. Waren die<br />

Bundestrainer bis dato beim damaligen <strong>Deutsche</strong>n Sportbund<br />

angestellt, figurieren seither die einzelnen Spitzenverbände<br />

eigenständig als Arbeitgeber für ihr gesamtes Trainerpersonal.<br />

28<br />

Der Vorteil: Dienst- und Fachaufsicht liegt nunmehr bei den<br />

Verbänden in einer Hand. Der Nachteil der Neuordnung Mitte<br />

der 90er Jahre: Es gibt nun allein in den olympischen Sportarten<br />

28 Spitzenverbände als Arbeitgeber. Hinzu kommt, dass<br />

diese Fachverbände allesamt in Landesverbände untergliedert<br />

sind und im Zusammenspiel mit weiteren Komponenten wie<br />

Vereinen, Landessportbünden, Ländern, Olympiastützpunkten,<br />

Leistungszentren, Trägervereinen, privaten oder gesellschaftlichen<br />

Stiftungen und Zuwendungen des Bundes zur Finanzierung<br />

und Beschäftigung von Trainern ein regelrechtes Knäuel<br />

entstand - mit entsprechend undurchsichtigen arbeitsrechtlichen<br />

Konsequenzen und den verschiedensten Zu- und Unterordnungen<br />

im beruflichen Alltag. So gibt es etwa die so<br />

genannten mischfinanzierten Trainer wieder, die aus unterschiedlichen<br />

Quellen gespeist werden. Zumindest für alle 19<br />

Olympiastützpunkte ist einheitlich, dass die OSP-Trainer in der<br />

Fachaufsicht dem jeweiligen Spitzenverband unterstellt sind. In<br />

Berlin gilt diese Regelung darüber hinaus ebenso für die Landestrainer<br />

und für einen Teil der Lehrertrainer an den „Eliteschulen<br />

des Sports“. Damit wird in der Hauptstadt – im Unterschied<br />

zu anderen Bundesländern – die fachliche Führung für<br />

sämtliche Trainer eines Bundesstützpunktes aus einer Hand<br />

sichergestellt. Die Dienstaufsicht indes wird auch bei diesem<br />

Modell von verschiedenen Dienstherren ausgeübt - also von<br />

OSP, Landessportbund oder der Schule.<br />

So kompliziert und komplex sich das Trainer-Gefüge mit seinen<br />

unterschiedlichen Mosaiksteinen von außen darstellt, ein Problem<br />

ist für das Gesamtsystem dennoch deutlich auszumachen<br />

und bedarf am dringendsten der Abhilfe: Die geringe Bezahlung<br />

der Trainer. Inzwischen hat der DOSB mit dem Bundesministerium<br />

des Innern (BMI) zwar eine Ausdehnung der zuschussfähigen<br />

Maximalgehälter vereinbart. Diese Dimensionen – pro Jahr<br />

94.000 Euro für Cheftrainer, 85.000 Euro für Disziplin- und<br />

Funktionstrainer, 77.000 Euro für Nachwuchstrainer und 65.000<br />

Euro für Stützpunkttrainer – haben mit der Realität aber nicht<br />

viel zu tun. Diese Summen gleichen angesichts von Jahresgehältern<br />

zum Beispiel bei OSP-Trainern, die zwischen zirka 32.000<br />

Euro und 42.000 Euro liegen, eher einem schönen Wunschtraum.<br />

Ungeachtet der Tatsache, dass genaue bundesweite<br />

Statistiken über die Entlohnung von Trainern auf den unterschiedlichen<br />

Ebenen zwischen Baden-Württemberg und Meck-


lenburg-Vorpommern nicht vorliegen, scheint die Unterbezahlung<br />

der große gemeinsame Nenner und das gemeinsame<br />

sprich: typische Merkmal für die Trainer im bundesdeutschen<br />

Sportsystem zu sein. Während sich ein Sportlehrer wie Andreas<br />

Wels am Gymnasium über ein Anfangsgehalt von mehr als<br />

3.100 Euro freuen darf, scheinen solche Dimensionen bei den<br />

Trainern im organisierten Sport eher schon die Spitze abzubilden.<br />

„Es ist inakzeptabel, wenn Trainer von Weltklasse-Athleten<br />

und olympischen Medaillengewinnern mit zum Teil 3.500 Euro<br />

Brutto im Monat nach Hause gehen“, beklagte Thomas Bach.<br />

Herbert Czingon sprach in der FAZ von Bruttogehältern, die bei<br />

2.000 Euro und darunter liegen. In aller Regel könne man davon<br />

ausgehen, “dass ein Lehrer an der Schule besser verdient als ein<br />

Trainer, obwohl die Ausbildung vergleichbar ist und die Verantwortung<br />

nicht geringer“.<br />

Versucht man ungefähr die Mitte zu finden, so dürfte sich der<br />

monatliche Verdienst bestenfalls in Dimensionen zwischen<br />

2.000 und 3.000 Euro bewegen – das ist in etwa so viel wie die<br />

Punkteprämie eines Profi-Fußballers für ein, zwei remis über die<br />

Bühne gebrachte Bundesligaspiele. Von solch insgesamt unbefriedigenden<br />

Monatsgehältern für die allermeisten der schätzungsweise<br />

etwas mehr als 3.800 hauptamtlichen Trainer und<br />

Honorar-Trainer auf Bundes- und Landesebene (Details siehe im<br />

Infokasten) geht man jedenfalls beim „Berufsverband der Trainer<br />

im deutschen Sport“ (bvtds) aus, der im Herbst vorigen<br />

Jahres in Köln aus der Taufe gehoben wurde und sich als Verein<br />

noch in Gründung befindet. „Von dieser Berufsgruppe hängt die<br />

Existenz und das Niveau des künftigen Spitzensports in<br />

Deutschland ab. Für eine bessere Bezahlung, längere Vertragslaufzeiten<br />

und eine nachhaltige soziale Absicherung einzutreten,<br />

das ist unser Hauptanliegen. Der erste Schritt dahin ist, so<br />

viele Trainer wie möglich unter ein Dach zu bekommen“, berichtet<br />

Gründungsmitglied und Pressesprecher Thorsten Ribbecke.<br />

Seine erste Bilanz: „Mit dieser Organisation haben wir wohl in<br />

ein Wespennest gestochen. Seit Gründung des Vereins werden<br />

wir mit Anfragen überrannt. So, wie es jetzt ist, kann es jedenfalls<br />

nicht weitergehen.“<br />

Endlich eine eigene Berufsorganisation<br />

Der 39-Jährige kann ein Lied von den Bedingungen an der Basis<br />

singen. In den vergangenen zehn Jahren habe er acht Verträge<br />

unterschrieben, um beim Verein Bayer Dormagen als Leichtathletik-Trainer<br />

in den Disziplinen Sprint, Sprung und Stabhochsprung<br />

zu arbeiten. Das bedeutet Vertragslaufzeiten von einem Jahr und<br />

bestenfalls zwei Jahren, wobei sich das Verhältnis von der direkten<br />

Arbeit mit den Sportlern zur Vor- und Nachbereitung am<br />

Computer und anderen Aufgaben wie der Mithilfe bei der Organisation<br />

von Sportfesten zunehmend verschob – zu Ungunsten<br />

der Kernarbeit des Trainers. „Die eigentliche Arbeit ist ja wirklich<br />

traumhaft. Es macht Riesenspaß, mit jungen Sportlern fokussiert<br />

auf ein Ziel hin zu arbeiten – nur nicht unter diesen Bedingungen.<br />

Hinzu kam, dass ich meine Familie nicht hätte ernähren<br />

können“, so lautet Thorsten Ribbeckes persönliches Resümee. In<br />

der Konsequenz hängte der Absolvent der <strong>Deutsche</strong>n Sporthochschule<br />

in Köln, der sich anschließend nebenan an der Trainer-<br />

Akademie zum Diplom-Trainer ausbilden ließ, den geliebten Beruf<br />

an den Nagel. Er konnte sich dies leisten, weil seine Frau in den<br />

elterlichen Betrieb einstieg. Das Ergebnis für den Sport ist niederschmetternd.<br />

Wieder ging ein guter Mann von der Fahne.<br />

Der Aderlass soll ein Ende nehmen. Gut ausgebildete und<br />

engagierte junge Leute sollen in der Sportlandschaft eine<br />

berufliche Zukunft und ein anständiges, angemessenes Auskommen<br />

finden. Dafür will die neue Berufsorganisation mit<br />

ihren derzeit rund 40 Mitgliedern eintreten. „Wir repräsentieren<br />

nicht den kommerziellen Bereich, sondern die Trainer im olympischen<br />

Sport und von ihnen vor allem die hauptberuflich<br />

Tätigen“ unterstreicht Thorsten Ribbecke. Daneben gelte es,<br />

organisatorisch professioneller zu werden. Eine eigene Website<br />

– www.bvtds.de - wurde bereits frei geschaltet.<br />

Ohne Trainer keine Medaillen!<br />

Mit dem neuen Berufsverband hat der Wunsch nach einer<br />

gemeinsamen, starken Interessenvertretung einen wichtigen<br />

Impuls erhalten. Bisher galt der gewerkschaftliche Zusammenschluss<br />

bei dieser Berufsgruppe als unbekannte Größe. Unter<br />

anderem vermutlich deshalb, weil die wie natürlich zum Leistungssport<br />

gehörende Konkurrenz bislang bei den Trainern<br />

stärker ausgeprägt war als der solidarische Gedanke. Die frische<br />

Brise dürfte insbesondere der Dachverband zu spüren bekommen,<br />

dessen Präsidium kürzlich beschloss, im Laufe des Frühjahrs<br />

ein spezielles Experten-Gremium für die Themen der<br />

Trainer zu konstituieren. Obwohl der DOSB im bundesweiten<br />

29


großen Organigramm vom Nachwuchstrainer im Verein bis zum<br />

Cheftrainer für einen Fachverband nicht als Arbeitgeber figuriert,<br />

hat sich die Zentrale des Themas mit der „Trainer-Offensive“<br />

ausdrücklich und öffentlich angenommen. Ein halbes Jahr<br />

vor dem Zusammenschluss von <strong>Deutsche</strong>m Sportbund (DSB)<br />

und Nationalem <strong>Olympische</strong>m Komitee (NOK) zum DOSB am<br />

29.November 2005 vom Bundesvorstand Leistungssport aus der<br />

Taufe gehoben, geriet mit der so genannten Offensive jenes<br />

Personal verstärkt in den Blick, ohne das die Athleten im deutschen<br />

Leistungssportbetrieb buchstäblich hilflos wären. Ohne<br />

Trainer keine Medaillen!, so lautete das Motto beim Startschuss.<br />

„Unter dieser Prämisse ist es erforderlich, die gesellschaftliche<br />

Anerkennung des Trainerberufs deutlich zu erhöhen…Außerdem<br />

müssen die finanziellen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen<br />

für den Trainerberuf verbessert werden. Schließlich ist<br />

die Traineraus- und -fortbildung zu optimieren, um vorhandene<br />

Wissensbestände zeitnah in die Trainingspraxis zu transferieren“,<br />

so lautet das vollmundige Credo, das vom neuen Dachverband<br />

nach dessen Gründung im Mai 2006 übernommen und spezifiziert<br />

wurde: Unter dem Stichwort „Das ist zu tun“ heißt es auf<br />

der Website: die stringente Vertretung der Traineroffensive<br />

durch den DOSB in all ihren Bereichen, die Prämierung der/des<br />

„DOSB-Trainerin/Trainers des Jahres“, die schrittweise Anpassung<br />

der Trainervergütung, die Einführung und Finanzierung eines<br />

Prämiensystems für die nächsten <strong>Olympische</strong>n Sommer- und<br />

Winterspiele, die Verbesserung der Stellung der Trainerakademie<br />

Köln des DOSB als die Ausbildungsstätte für Trainerinnen und<br />

Trainer im Spitzen- und Nachwuchsbereich.<br />

Unerfüllte Erwartungen und ein „rotes Tuch“<br />

Angesichts der oben genannten To-do-Liste sollte man meinen,<br />

die Kampagne werde von den Trainern lautstark begrüßt. Doch<br />

eher das Gegenteil scheint der Fall, wie Äußerungen von Betroffenen<br />

nahe legen. Unter der schönen Überschrift sind bei den<br />

Trainern große Erwartungen geweckt, aber nach mehr als sechs<br />

Jahren bis heute nicht erfüllt worden. Leichtathletik-Trainer<br />

Czingon nennt die Offensive „Wortgeklingel“, Rudertrainer Ralf<br />

Holtmeyer spricht von einem „semantisch aufgeladenen Begriff“.<br />

Wolfgang Killing, seit 2006 Leiter der DLV-Trainerschule in<br />

Mainz, bekräftigt die Ablehnung in der jüngsten <strong>Ausgabe</strong> der<br />

Zeitschrift „Leistungssport“: Einen spürbaren Ruck für diesen<br />

außerordentlich wichtigen Personenkreis im Sport habe es mit<br />

der „Trainer-Offensive“ bislang nicht gegeben, wird bilanziert.<br />

„Manche Indizien belegen sogar das Gegenteil.“<br />

Beispielsweise hätten sich die Versorgungsleistungen für die<br />

Trainer verschlechtert, seitdem die Fachverbände und nicht<br />

mehr der Dachverband als Arbeitgeber fungieren; beispielsweise<br />

seien die Einstiegsgehälter der heutigen Trainer auf Landesverbands-<br />

und OSP-Ebene niedrig und lägen laut Killing teilweise<br />

„nahe am Existenzminimum“. “Für viele Trainer ist diese Offensive<br />

eher ein rotes Tuch. Was da geschieht, verdient das Wort<br />

Offensive nicht“, sagt Harry Bähr. Zwar seien in seinem Beritt<br />

gerade die Verträge für alle der rund zwei Dutzend OSP-Trainer<br />

für eine weitere Olympiade bis 2016 verlängert worden. Aber<br />

30<br />

den BMI-Anteil an den Personalkosten habe der DOSB für den<br />

Standort Berlin gekürzt. Ausgleich dafür erhofft sich der OSP-<br />

Chef nun vom Land, falls es sich stärker an der Ko-Finanzierung<br />

beteiligt. Man sei darüber „im Gespräch“, sagt Bähr und er mag<br />

die neuesten Erfahrungen keineswegs als Aufbruchsignal für<br />

seine Angestellten interpretieren. „Wie man bei uns gut sehen<br />

kann, wird es im Gegenteil eher schlechter als besser.“<br />

An der DOSB-Spitze sind die Wahrnehmungen diametral entgegengesetzt.<br />

Stolz verkündet Leistungssport-Direktor Bernhard<br />

Schwank, die Gehälter für Trainer seien im vergangenen Olympia-Zyklus<br />

um 7,5 Prozent angehoben worden und bei den<br />

OSP-Trainern habe sich der Anteil des Bundes erhöht. Jährlich<br />

seien in den vergangenen fünf Jahren vom Bund 4,5 Millionen<br />

Euro mehr für Personalkosten bei den Trainern geflossen. Damit<br />

konnten an den Olympiastützpunkten und bei den Verbänden<br />

rund einhundert zusätzliche Trainerstellen geschaffen werden.<br />

Zudem gebe es seit den Winterspielen von 2010 ein Leistungsprämien-System<br />

für Trainer. Den Spitzenverbänden komme<br />

dabei der Part zu, die Vorschläge für die Verteilung der Prämien<br />

zu machen. Das Geld soll nämlich nicht nur Chef- oder Bundestrainern<br />

zugute kommen, sondern möglichst vielen Coaches, die<br />

einen olympischen Medaillengewinner auf dem Weg zu diesen<br />

Meriten begleitet haben. Nach Vancouver wurden dafür insgesamt<br />

661.500 Euro ausgeschüttet, nach den Sommerspielen<br />

2012 in London insgesamt 995.000 Euro. Rund 10.000 Euro<br />

erhält der seit 2006 alljährlich ausgezeichnete „Trainer des<br />

Jahres“, und rund 350.000 Euro flossen seit 2008 gezielt in die<br />

Fort- und Weiterbildung der Trainer.<br />

„Es hängt eben alles am Geld“<br />

Wenn die „Trainer-Offensive“ allerdings durchschlagenden<br />

Erfolg zeitigen soll, dann müsse Wolfgang Killing zufolge vor<br />

Infos zum Thema Trainer<br />

- Nach dem 12. Sportbericht der Bundesregierung für die<br />

Jahre 2006 bis 2009 arbeiteten im deutschen Spitzensport<br />

in diesem Zeitraum auf Bundesebene mehr als 700 Trainerinnen<br />

und Trainer in verschiedenen Anstellungsformen:<br />

240 Bundestrainer, 360 Honorar-Bundestrainer und 130<br />

mischfinanzierte Trainer an den Olympiastützpunkten. Diese<br />

Zahl hatte sich bis 2012 um weitere 54 hauptamtliche und<br />

40 mischfinanzierte Bundestrainer sowie zusätzliche Honorarbundestrainer<br />

auf insgesamt über 800 Stellen erhöht.<br />

- Auf Landesebene sind in den 16 Bundesländern derzeit<br />

etwas mehr als 3.000 Trainer (1.260 hauptamtlich und<br />

knapp 1.800 ehrenamtlich tätig) beschäftigt. Dafür steht<br />

ein Jahresetat von insgesamt ca. 30,5 Millionen Euro zur<br />

Verfügung, der aus Zuwendungen der Landessportbünde<br />

(ca. 65 Prozent), der Olympiastützpunkte (ca. 19 Prozent


allem die Rolle des DOSB im deutschen Sport hinterfragt<br />

werden. „Ist er Anwalt seiner Fachverbände und seiner Trainer?<br />

Oder ist er eine intermediäre, vermittelnde Instanz zwischen<br />

seinen Mitgliedern und der öffentlichen Hand?“ Oder anders:<br />

Will der Dachverband die Interessen der Trainer kämpferisch<br />

vertreten und energisch einfordern oder will er der Politik<br />

seine Wünsche weiterhin eher säuselnd darbringen? In welchem<br />

Ton auch immer, der Redebedarf zwischen dem organisierten<br />

Sport, dem BMI als wichtigstem staatlichen Förderer<br />

des Spitzensports sowie den Parlamenten ist enorm. „Denn die<br />

Nöte der Trainer sind weiterhin groß. Es hängt eben alles am<br />

Geld“, bekennt Bernhard Schwank aus der Frankfurter DOSB-<br />

Zentrale.<br />

Um dem Aderlass zu wehren und für den bevorstehenden<br />

Generationswechsel gewappnet zu sein, brauche es weitere<br />

finanzielle Zuwendungen für „personelle Anpassungen und<br />

finanzielle Absicherungen“. Es gelte, sowohl die Zahl der Trainer<br />

zu erhöhen und die „Personalstruktur zu ergänzen“ als auch<br />

„die Gehaltsstruktur weiter zu verbessern“. Wie groß der Bedarf<br />

an Pekuniärem ist, solle sich anschließend konkret aus den<br />

momentan laufenden Gesprächen mit den Spitzen der Verbände<br />

über die neuen Ziel- und Fördervereinbarungen bis zu den<br />

Spielen 2016 in Rio ableiten. Allein nach den ersten Verhandlungsrunden<br />

mit acht Verbänden habe sich herauskristallisiert,<br />

dass etwa 25 Trainerstellen zusätzlich gewünscht werden.<br />

Harry Bähr indes warnt eindringlich davor, das Personal zu<br />

vermehren, dabei die Qualität aufs Spiel zu setzen und so<br />

weitere Abwanderungen von fähigen Trainern zu riskieren. Das<br />

Hauptaugenmerk müsse zunächst einmal auf die Qualitätssicherung<br />

gelegt werden. „Was nützt es denn, wenn zusätzliche<br />

Trainerstellen geschaffen werden, aber die bestehenden weiterhin<br />

unterfinanziert sind und schlecht bezahlt werden? Dann<br />

und der Sport- bzw. Kultusministerien (ca. 16 Prozent)<br />

gedeckt wird.<br />

Bezogen auf Bundes- und Landesebene gehen Experten davon<br />

aus, dass mindestens 30 Prozent der vorhandenen Stellen auf<br />

Grund des altersbedingten Ausscheidens der bisherigen Stelleninhaber<br />

in den kommenden Jahren neu zu besetzen sind. In<br />

manchen Sportarten ist dieser Anteil noch höher.<br />

Auch auf Vereinsebene werden naturgemäß Trainerinnen und<br />

Trainer – oft ehren- und nebenamtlich – eingesetzt. Derzeit<br />

beschäftigen ca. 40 Prozent aller Sportvereine bezahlte Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter. Insgesamt geht man hier von<br />

240.000 bezahlten Stellen (zusammen mit Honorarkräften)<br />

aus. Das entspricht 36.000 vollzeitäquivalenten Stellen. Damit<br />

entspricht der arbeitsmarktpolitische Stellenwert der Sportvereine<br />

etwa dem kommerzieller Fitness-Studios. Etwa 35 Prozent<br />

der Vereine engagieren sich stark bzw. sehr stark im Bereich<br />

leistungssportlicher Talentförderung.<br />

kommen zu den schlecht bezahlten nur noch weitere schlecht<br />

bezahlte Trainer hinzu. Die Frustration ist schon jetzt groß<br />

genug.“<br />

Sonderregelung der Bundeswehr als Perspektive für Ex-<br />

Athleten<br />

Für ein kleines Grüppchen von insgesamt 50 Trainern indes<br />

dürfte die Welt in Ordnung sein. Es sind jene, die wie Boris<br />

Henry (Leichtathletik), Felix Michel (Kanuslalom), Mark Kirchner<br />

und Ricco Groß (Biathlon) oder wie André Lange, Christoph<br />

Langen (Bobsport), Georg Hackl (Rennrodeln), Ronny Ackermann<br />

(Nordische Kombination), René Sommerfeldt (Skilanglauf)<br />

oder René Lohse (Eiskunstlauf) bei der Bundeswehr angestellt<br />

sind. Für dieses Kontingent, in der Hauptsache zur „Anschluss-<br />

Verwendung“ für ehemalige Bundeswehr-Sportler gedacht,<br />

wurde vor drei Jahren eigens eine grundsätzliche Sonderregelung<br />

geschaffen. „Seitdem ist es möglich, dass man neben der<br />

Trainerlaufbahn als Soldat auf Zeit auch jenseits des 30.oder<br />

35.Lebensjahres noch in die Laufbahn eines Berufssoldaten<br />

wechseln darf. Das war vorher unmöglich, und das ist eine<br />

einmalige Ausnahme nur für ehemalige Spitzensportler“, schildert<br />

Andreas Hahn, der zuständige Spitzensportreferent vom<br />

Kommando Streitkräftebasis, die Sonderregelung. Infrage kommen<br />

für eine solche unbefristete Stelle mit maximaler und von<br />

vielen Berufskollegen sicher beneideter sozialer Absicherung nur<br />

ehemalige Aktive, die ein Diplom von der Trainer-Akademie<br />

mitbringen und von ihrem jeweiligen Spitzenverband für eine<br />

berufliche Zukunft im Segment „Bundesaufgaben“ betraut<br />

werden. Mit Ausnahme der Fußballer, Golfspieler und Sportarten<br />

wie Rugby, Eishockey oder Tennis kommen bisher nahezu<br />

alle olympischen Verbände in den Genuss dieses sehr speziellen<br />

Trainer-Pools mit Bundeswehr-Status.<br />

„Die Voraussetzung ist eine dauerhafte Perspektive als Bundestrainer.<br />

Wir wollen ja mit diesem Konzept eine möglichst große<br />

Wirkung erreichen“, sagt Andreas Hahn und schlägt damit den<br />

Bogen zur professionellen Vorarbeit bei den Fachverbänden.<br />

„Eine solche Stelle zu beantragen, setzt perspektivische Personalplanung<br />

voraus. Wir wollen ja keinen von diesen Trainern<br />

vorzeitig irgendwohin in die Truppe versetzen, weil er keine<br />

Bundesaufgaben mehr zu erfüllen hat.“ Wenngleich der natürliche<br />

Wunsch von Seiten des Sports verständlich sei, die Zahl<br />

dieser bestens abgesicherten und gut dotierten Stellen vielleicht<br />

noch ein wenig auszudehnen, werde es bei dieser Obergrenze<br />

von 50 bleiben. So sei es mit dem DOSB vereinbart, zumal diese<br />

Trainerplanstellen zum Gesamtkontingent der Bundeswehr-<br />

Sportförderung mit maximal 744 Förderplätzen gehören. Das<br />

heißt konkret: Jeder Verband, der einen Trainer bei der Bundeswehr<br />

unterbringen will, muss dafür im Gegenzug auf einen<br />

Platz für einen Athleten in einer der Sportfördergruppen der<br />

Bundeswehr verzichten. „Für uns ist diese Sonderregelung eine<br />

Superlösung“, freut sich Bernhard Schwank über die Möglichkeit,<br />

die vornehmlich erfolgreichen Sportlern den Weg zum<br />

Umstieg ebnet. Von Bedingungen wie bei der Bundeswehr<br />

können die meisten der anderen Trainer nur träumen.<br />

31


Sie nennen es Sport<br />

E<br />

in Mensch lässt sich von einem Ballon in eine Höhe<br />

von 39 Kilometern tragen und springt im freien Fall<br />

zurück auf die Erde. Bei seinem Fall durchbricht er die<br />

Schallmauer und nicht zuletzt deshalb wird seine Handlung<br />

als etwas Einmaliges gedeutet. Nahezu die gesamte<br />

Welt ist bei diesem Spektakel dabei. Mit einer Zahl, die sich<br />

durch viele Nullen ausweist, könnte die genaue Zahl der<br />

Menschen benannt werden, die im Internet, in einem<br />

Spezialkanal des Sponsors oder vor nahezu allen sonstigen<br />

Bildschirmen dieser Welt das spektakuläre Ereignis verfolgt<br />

haben. Es gibt wohl keine Tageszeitung, in der nicht darüber<br />

berichtet worden wäre. Interessant ist dabei allerdings,<br />

dass über dieses Ereignis meist an mehreren Stellen gleichzeitig<br />

in den Zeitungen berichtet wurde.<br />

Auf der Titelseite hatte das Spektakel Platz, weil es ein<br />

Spektakel war. Im Feuilleton setzten sich Philosophen,<br />

Soziologen und andere Wissenschaftler mit dem Phänomen<br />

des risikoreichen Sprunges auseinander. Im Wirt-<br />

schaftsteil wurde die Marketingbedeutung des Ereignisses<br />

herausgestellt und die Marke erläutert, um die es bei<br />

diesem Ereignis im Grunde genommen gegangen ist.<br />

Schließlich wurde im Sportteil über das Event berichtet. In<br />

Tabellen und Grafiken wurde die besondere Leistung<br />

herausgestellt und erläutert. Der Verband der Fallschirm-<br />

32<br />

springer gratulierte seinem angeblichen oder tatsächlichen<br />

Mitglied, wenngleich darauf hinzuweisen ist, dass<br />

der Springer von Beruf Hubschrauberpilot ist. Und nicht<br />

zuletzt soll nun der angebliche neue Held zum UNESCO-<br />

Botschafter ernannt werden, somit also Vorbild für die<br />

Jugend sein. Die als außergewöhnliche sportliche Leistung<br />

bezeichnete Handlung wurde dabei in der Sprache des<br />

Sports beschrieben. Jahrelanges Training, Überwindung<br />

von Rekorden, das Erreichen von neuen Weltrekorden, die<br />

körperliche und physische Leistung des Athleten, sie alle<br />

wurden in einer Bewunderung dargestellt, wie sie so<br />

typisch ist für die Sprache des Sports. Auffällig allerdings<br />

war dabei, dass, weder im Feuilleton noch im Sportteil,<br />

weder im Hörfunk noch im Fernsehen, die Frage nach dem<br />

Sinn dieser Handlung gestellt wurde, wobei doch diese<br />

Frage auf vielfältige Weise gestellt werden kann. Sind für<br />

den Menschen solche Handlungen überhaupt erlaubt?<br />

Was wird durch solche Handlungen zur Darstellung<br />

gebracht? Kann ein derartiger Sprung wirklich als Sport<br />

gedeutet werden? Hat diese Handlung einen Vorbildcharakter?<br />

Bei dem Sprung aus 39 Kilometern Höhe hat ein<br />

Mensch ohne Zweifel sein Leben zur Disposition<br />

gestellt. Es bestand ein tödliches Risiko, das von<br />

dem Betroffenen freiwillig eingegangen wurde,<br />

wobei sich Freiwilligkeit oft auch dadurch auszeichnet,<br />

dass man selbst ein Getriebener ist und<br />

materielle und ideelle Motive bei solchen Handlungen<br />

wohl nur schwer auseinander zu halten<br />

sind. Die hier aufgeworfenen Fragen hätten ihre<br />

theoretische und spekulative Qualität dann<br />

sofort verloren, wenn der Absprung tödlich<br />

ausgegangen wäre. Dieselben Autoren, die in<br />

ihrer Berichterstattung die Tat des Einzelmenschen<br />

verherrlicht haben, hätten mit dem gleichen<br />

Impetus dessen Tat in Frage gestellt. Theologische<br />

Erörterungen, philosophisch-ethische<br />

Diskurse bis hin zu Forderungen an die Politik<br />

wären die Folge gewesen. Einhellig wäre der<br />

Sprung verurteilt worden, wobei es vielsagend<br />

ist, dass sich unter ökonomischen Gesichtspunkten<br />

und unter dem Aspekt des Marketings bei<br />

einem tödlichen Ausgang so gut wie nichts<br />

verändert hätte. Das Live-Ereignis hatte seinen<br />

besonderen Sinn immer auch darin gehabt, dass<br />

es tödlich ausgehen kann. Die tödliche Gefahr,<br />

das Risiko macht den eigentlichen Spannungswert<br />

dieses Events aus und so ist für den Unternehmer, der<br />

der Welt eine Brause verkauft, die niemand benötigt, und<br />

die auf diese Weise zu einem Verkaufserfolg gelangt, der<br />

seinesgleichen sucht, die Frage des Ausgangs nur sekundär.<br />

Da die handelnde Person unmittelbar nach dem Sprung<br />

das Ende der Karriere bekannt gab, hätte ein tödlicher


Ausgang zum gleichen Werbewert geführt, wie das von<br />

uns allen erwünschte Überleben des riskanten Springers.<br />

Damit wird allerdings klar, dass es keinen Sinn macht, bei<br />

dieser fragwürdigen Handlung von einer Handlung des<br />

Sports zu sprechen. Schon gar nicht kann diese Handlung<br />

als Wettkampfsport bezeichnet werden, und mit dem<br />

olympischen Sport hat sie nichts gemein. Für den olympischen<br />

Sport ist es nicht nur konstitutiv, dass für die olympischen<br />

Sportarten die Regeln schriftlich niedergelegt sind,<br />

nach denen sie zu spielen oder zu betreiben sind. Konstitutiv<br />

sind auch verbindliche Werte, wobei die Werte der<br />

Unversehrtheit und der Würde des Menschen höchste<br />

Priorität haben. Genau diese Werte werden jedoch mit<br />

dem spektakulären Sprung in Frage gestellt. Im Sinne eines<br />

Spektakels wird mit ihnen gespielt, was sich ethisch und<br />

moralisch von selbst verbietet. Dem Menschen sind durchaus<br />

Grenzen gesetzt. Diese zu beachten macht für uns<br />

nach wie vor sehr viel Sinn.<br />

Helmut Digel<br />

Der Unterschied heißt Schormann<br />

"<br />

hne Olympia könnte der Moderne Fünfkampf nicht<br />

O überleben. Schicken Sie ihn nicht in das <strong>Olympische</strong><br />

Museum.“ Klaus Schormann hat diesen flammenden Appell<br />

2002 in Mexiko-Stadt an die IOC-Vollversammlung gerichtet.<br />

Und siehe da, der Moderne Fünfkampf überlebte, und<br />

das nun mit Bestimmtheit bis zu den Sommerspielen 2020.<br />

Denn der Pädagoge aus Darmstadt hat nun auch den<br />

jüngsten Überlebenskampf seiner Sportart mit Bravour<br />

bestanden. Und wieder hatte er sich mit Pathos gewappnet.<br />

„Wenn man uns aus Olympia entfernt, dann zerstört<br />

man das Vermächtnis von Pierre de Coubertin.“ Für den<br />

Präsidenten des Internationalen Verbandes für Modernen<br />

Fünfkampf (UIPM) wäre es ein Sakrileg gewesen, hätte die<br />

IOC-Exekutive ausgerechnet im Jahr des 150. Geburtstags<br />

von Baron de Coubertin jene Sportart selektiert, die der<br />

französische Neubegründer <strong>Olympische</strong>r Spiele als Inbegriff<br />

des Olympismus bezeichnet hatte.<br />

Am Erstaunlichsten ist, dass mit Ringen nun eine Sportart<br />

zur Disposition steht, die ihre Wurzeln bereits in der olympischen<br />

Antike geschlagen hat und viel weiter verbreitet<br />

ist als der Moderne Fünfkampf. Doch den Unterschied<br />

macht Schormann aus. Der rührige Hesse hat seinen<br />

Sport, den er seit 1984 national und seit 1993 international<br />

anführt, so modernisiert, dass der alte Moderne Fünfkampf<br />

kaum wiederzuerkennen ist. Aus dem Fünf-Tage-<br />

Wettbewerb aus Fechten, Schwimmen, Reiten, Schießen<br />

und Laufen ist seit den <strong>Olympische</strong>n Spielen 1984 in Los<br />

KOMMENTARE<br />

Angeles ein Vier-Tage-Event geworden. Seit 1996 in Atlanta<br />

sind die Wettkämpfe gar auf einen Tag konzentriert. Bei<br />

den Spielen im vergangenen Jahr in London hat Schormann<br />

Laufen und Schießen nach Biathlon-Vorbild zu einer<br />

Disziplin verschmolzen, geschossen wurde erstmals aus<br />

Laser-Pistolen. Und gerade noch rechtzeitig vor der Entscheidung<br />

der IOC-Exekutive hatte Schormann in der<br />

ungewöhnlichen Form eines „Offenen Briefes“ nicht ganz<br />

unbescheiden eine „revolutionäre Innovation“ angekündigt.<br />

Sie kam in den Zahlen 5, 5, 1, 1 daher: fünf Diziplinen in<br />

fünf Stunden mit einem Ticket für einen Sitzplatz. So soll<br />

es geschehen 2016 in Rio de Janeiro in einem Fußball-<br />

Stadion, das dann kostengünstig für einen Tag in ein<br />

„Pentathlon-Stadion“ verwandelt werden soll. Verglichen<br />

damit wirkt Ringen wie eine Sportart im Tiefschlaf.<br />

Der vergleichsweise wenig verbreitete Moderne Fünfkampf<br />

hat das Glück, nicht nur einen innovativen, sondern auch<br />

einen ausgezeichneten Lobbyisten als Anführer zu haben.<br />

Als einen seiner Stellvertreter im Weltverband holte sich<br />

Schormann das spanische IOC-Mitglied Juan Antonio<br />

Samaranch jr., dessen Präsidenten-Vater den Modernen<br />

Fünfkampf wie Nachfolger Jacques Rogge später auch auf<br />

die Abschussliste gesetzt hatte. Insgesamt 21 Exekutivkomitee-Mitglieder<br />

sorgen für globalen Einfluss. Der grie-<br />

33


chische Ex-König Konstantin, noch Ehrenmitglied des IOC,<br />

firmiert offiziell als „Patron“ und Prinz Albert II. von<br />

Monaco als Ehrenpräsident. Nicht zufällig hat Schormann<br />

sein internationales Hauptquartier im dortigen Steuerparadies<br />

aufgeschlagen. Um die Kosten muss er sich nun<br />

auch auf längere Sicht nicht sorgen. Die London-Spiele<br />

werfen für seinen Verband eine IOC-Rendite von knapp 13<br />

Millionen Dollar ab, und die Zahltage sind bis nach den<br />

Spielen 2020 nun auch gesichert. Schormanns olympisches<br />

Glück wäre vollkommen, wenn er doch noch in den<br />

IOC-Olymp aufsteigen könnte. Doch das wird dem 66-<br />

Jährigen, der als einziger <strong>Deutsche</strong>r einem der 28 olympischen<br />

Sommersport-Verbände vorsteht, weiter verwehrt<br />

bleiben.<br />

Günter Deister<br />

Rhetorik ohne Fundament<br />

W<br />

o ist sie geblieben, die angekündigte Generalrevision?<br />

Wo ist es zu hören, das große Aufbruchsignal<br />

im und für den deutschen Spitzensport? Bei der jüngsten<br />

Vollversammlung des DOSB dominierte der Festakt zum<br />

100. Geburtstag des <strong>Deutsche</strong>n Sportabzeichens. Versteckt<br />

auf der Website des Dachverbandes, existiert inzwischen<br />

immerhin der Torso einer olympischen Analyse inklusive<br />

manch zahmer Handlungsempfehlung. Ob Präsident Thomas<br />

Bach ein solch eher halbgares Stückwerk meinte, als<br />

er im vorigen Jahr ankündigte, nach den Spielen von<br />

34<br />

London das Leistungssportsystem<br />

mit Mann und Maus gründlich auf<br />

den Prüfstand zu stellen?<br />

Vielleicht erfüllt sich diese Prophezeiung,<br />

sobald jetzt im Frühjahr<br />

zwischen DOSB und seinen 28 olympischen<br />

Spitzenverbänden die<br />

nächsten Ziel- respektive Förder-<br />

Vereinbarungen für die Phase bis zu<br />

den Sommerspielen 2016 in Rio<br />

unterschrieben sein werden. In dem<br />

neuen Vertragswerk sollte dann<br />

offen und bündig zutage treten,<br />

wohin die Reise geht und wie das<br />

Gepäck beschaffen sein wird.<br />

Erstaunlich immerhin, dass der<br />

große Stratege schon vor der großen<br />

Zusammenschau und Vorlage eines<br />

Strategiepapiers pekuniäre Forderungen<br />

laut werden ließ. Das Bundesministerium<br />

des Innern solle den Leistungssport-Etat für die<br />

nächsten vier Jahre um insgesamt 25 Millionen Euro aufstocken,<br />

damit Deutschland in drei Jahren die Bilanz am<br />

Zuckerhut nicht gründlich versalzen wird. Diese Summe, so<br />

Bach, , von dem spätestens im Juni erwartet wird, dass er<br />

seine Bewerbung um das Amt des IOC-Präsidenten offiziell<br />

kundtut, seien das Minimum, damit „Team Germany“<br />

sommers im internationalen Ranking unter den Top Ten<br />

zumindest noch einen Mittelplatz zu behaupten vermag.<br />

Verglichen mit 135 Millionen Euro und 540 Millionen Euro,<br />

die allein in diesem Jahr bzw. in den kommenden Jahren<br />

bis 2016 vom BMI fließen, ist das pekuniäre Verlangen in<br />

der Tat nicht vermessen. Der gewünschte Zuwachs beläuft<br />

sich auf nicht einmal fünf Prozent. So relativ niedlich die<br />

Summe ist, dürfte sie schon bald über ihre numerische<br />

Größe hinauswachsen und zur Goldprobe für die Bundesrepublik<br />

und ihr Verhältnis zum Hochleistungssport mutieren.<br />

Wird das Geld bewilligt, wäre das ein unzweideutiges<br />

Bekenntnis der Bundespolitik. Wird das Geld in dieser<br />

Dimension verwehrt, so wäre das eine ebenfalls eindeutige<br />

bundespolitische Positionierung - nach den Worten von<br />

DOSB-Leistungssport-Direktor Bernhard Schwank mit<br />

„einschneidenden und dramatischen Folgen für den deutschen<br />

Spitzensport“.<br />

Wohin sich die Waage neigt, ist vorerst offen. In einer<br />

ersten ministeriellen Reaktion hieß es eher schroff, der<br />

Sport solle besser optimieren und auf Effizienz setzen statt<br />

nach mehr Penunze zu rufen. Die prompte Abwehrreaktion


aus dem Hause Friedrich kann nicht<br />

überraschen. Schließlich hat der organisierte<br />

Sport noch nicht einmal en Detail<br />

aufgelistet, wofür der erweiterte finanzielle<br />

Spielraum genutzt werden soll. Gut<br />

fünf Millionen Euro würden das Institut<br />

für Angewandte Trainingswissenschaft<br />

(IAT) in Leipzig und die Forschungsstelle<br />

zur Entwicklung von Sportgeräten (FES)<br />

in Berlin künftig gern mehr haben, so<br />

steht es in deren Zukunftskonzept. Wohin<br />

die anderen knapp 20 Millionen Euro<br />

fließen sollen? Die präzise Antwort blieb<br />

der Dachverband bislang schuldig.<br />

Der DOSB ist ohne abschließendes und<br />

schlüssiges Zukunfts-Konzept zunächst<br />

einmal vorgeprescht. Dies erinnert an die<br />

Vorgehensweise bei der Trainer-Offensive.<br />

Sie wurde Ende 2005 losgetreten, ohne<br />

dem Ansinnen eine präzise Analyse und<br />

eine überzeugende Konzeption vorzuschalten.<br />

Wie viele Trainer sind wo und in welchen sozialen<br />

Verhältnissen hierzulande im Leistungssport-System<br />

tätig? Bis heute sind keine aktuellen Erhebungen bekannt,<br />

die Struktur, soziale Lage, Alterspyramide und Einkommensverhältnisse<br />

sämtlicher Trainer auf den verschiedenen<br />

Ebenen exakt verifizieren.<br />

Damit fehlt die entscheidende Grundlage, um und den<br />

tatsächlichen Handlungsbedarf für jedermann verständlich<br />

und nachvollziehbar darzustellen. Runde Summen in den<br />

Raum zu stellen, das mag für den Augenblick schön klingen,<br />

forsch und offensiv wirken. Über den kurzen rhetorischen<br />

Moment hinaus sind Regierungen und Parlamente in<br />

Bund und Ländern als Geldgeber nur mit belastbarem<br />

Tatsachenmaterial zu überzeugen. Das gilt für Trainer und<br />

deren finanzielle Ausstattung genauso wie für den Sportbetrieb<br />

insgesamt.<br />

Andreas Müller<br />

In Absurdistan<br />

Z<br />

u viele Kinder und Jugendliche sind zu dick, zu faul,<br />

von der Bewegungs-Unlust infiziert, weil Fernsehen<br />

und Computerspiele weniger anstrengendes Freizeit-<br />

Vergnügen versprechen. Nimmt man dann noch die ebenso<br />

weit verbreiteten wie fehlgesteuerten Ernährungsvorlieben<br />

und den leichtfertigen Tablettenkonsum hinzu, dann ergibt<br />

sich eine volksgesundheitliche Gemengelage von höchster<br />

Brisanz.<br />

KOMMENTARE<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen, Umfragen, fachspezifische<br />

Erhebungen und Langzeitstudien bestätigen mit ihren<br />

Ergebnissen in hektischer Folge die Dramatik der Situation.<br />

Dass Kindergarten und Schule mit den unzureichenden<br />

Möglichkeiten der Gegensteuerung auf Dauer überfordert<br />

sind, predigt die Wissenschaft ohnehin schon seit Jahren.<br />

Und dann fehlen zur Bewegungs-Animation gerade in<br />

Städten und Ballungszentren auch noch Spiel- und Sportplätze,<br />

Freiflächen oder Anlagen für unkompliziertes sportliches<br />

Miteinander.<br />

Genügend Gründe also für eine Abwärtsspirale der körperlichen<br />

Untätigkeit. Dazu kommt, man mag es kaum glauben,<br />

auch immer noch ein Problembereich, der längst<br />

bewältigt und durch Gerichtsbeschlüsse im Sinne des<br />

gesunden Menschenverstands abgehakt schien. Neuerdings<br />

drohen durch die sich ausweitende Wohnbebauung in<br />

Großstädten - Beispiel Berlin - wieder Konflikte durch die<br />

Betriebsamkeit auf bestehenden Sportanlagen. Wo Menschen<br />

wohnen wird die Nachbarschaft zum fröhlichen<br />

sportlichen Treiben zunehmend als Lärmbelästigung empfunden.<br />

Man klagt Ruhe ein, die nicht nur gesundheitspolitisch<br />

mehr als trügerisch ist.<br />

Eine <strong>Gesellschaft</strong> also, die das Inferno von Flug-, Verkehrsund<br />

Industrielärm als Selbstverständlichkeit betrachtet, die<br />

sich in ihrem Unterhaltungs-Bedürfnis geradezu pausenlos<br />

zudröhnen lässt von den elektronischen Errungenschaften<br />

der Freizeit -Industrie, will die Geräuschkulisse sporttreibender<br />

Menschen nicht ertragen. Bleibt als Gesamtfazit<br />

der Achterbahnfahrt durch die Bewegungslandschaft: Das<br />

alles kann nur in Absurdistan sein.<br />

Harald Pieper<br />

35


Mit dem Sport zurück ins Leben<br />

Die unglaubliche Franziska Liebhardt-Story<br />

Von Michael Gernandt<br />

F<br />

ranziska Liebhardt (30) kann sich noch genau an jede<br />

einzelne Phase des Niedergangs ihrer Gesundheit<br />

erinnern, an dessen Ende eine entsetzliche Gewissheit<br />

stand: akute Lebensgefahr. Bereits belastet von einer systemischen<br />

Autoimmunerkrankung diagnostizierten Ärzte 2006<br />

eine vermutlich schon länger existierende Leberfibrose. Bis<br />

2007, sagt sie heute, habe sie gleichwohl „noch ein relativ<br />

normales Leben“ führen können. Aber dann 2008: die Leidenszeit<br />

ist nicht mehr anzuhalten, ihre Rhythmen werden<br />

von Mal zu Mal kürzer. Den körperlichen Zerfall schildert sie<br />

so: „Ich brauchte 24 Stunden pro Tag Sauerstoff, konnte erst<br />

nicht mehr Treppensteigen, dann nicht mehr in der Ebene<br />

gehen, dann gar nicht mehr gehen, dann nicht mehr stehen,<br />

sitzen, nicht mehr essen, nicht mehr sprechen. Die letzten<br />

Wochen lag ich auf der Intensivstation, maschinelle Beatmung<br />

– Lebensgefahr.“<br />

Im „hochdringlichen Status“ gelistet erhält die Würzburgerin<br />

nach nur drei Monaten Wartezeit eine Spenderlunge. Die<br />

Transplantation im April 2009: Sie gelingt. Nach drei Wochen:<br />

erstes Rehatraining auf dem Fahrradergometer. Nach sechs<br />

Monaten: Start zu einem leistungsorientierten Leichtathletiktraining.<br />

Im Sommer 2010: Franziska Liebhardt erringt bei den<br />

Europa-Spielen der Transplantierten in Dublin drei goldene<br />

Medaillen in der Leichtathletik. Wieder ein Jahr weiter im<br />

Kalender empfängt sie die Mail eines der sie behandelnden<br />

Ärzte. Sie liest: „Die allerherzlichsten Glückwünsche zu dieser<br />

herausragenden Leistung. Ein toller Erfolg als Leistungssportlerin,<br />

ein unfassbares Ergebnis für eine Lungentransplantierte<br />

und gleichzeitig Hoffnung für all jene, die noch vor der<br />

Operation stehen, auf das, was möglich ist. Keep on going!“<br />

Ausgelöst hatten die Eloge des Mediziners, die sie noch heute<br />

stolz macht, drei Goldmedaillen über 100 Meter, im Weitsprung<br />

und im Kugelstoßen bei den World Transplant Games<br />

in Göteborg: Franziska Liebhardt war Weltmeisterin geworden<br />

– ein Erfolg, der ein Triumph über den Tod ist.<br />

Dass die Nachricht vom Dreifach-Gold für eine deutsche<br />

Leichtathletin nicht hinaus gegangen ist in die weite Welt des<br />

Sports, nicht in bewegten Bildern die Tagesschau schmückte,<br />

damit hat es eine besondere Bewandtnis. Handelt es sich<br />

doch um eine wirklich bizarre Geschichte: dazu angetan, die<br />

36<br />

Kompliziertheit des Behindertensports zu beschreiben. Franziska<br />

Liebhardt, Kinderphysiotherapeutin in der Ambulanz für<br />

entwicklungsauffälige Kinder am Würzburger Sozialpädiatrischen<br />

Zentrum und vor der Lungenerkrankung Volleyballerin<br />

in der Bayernliga, ist Mitglied in zwei nationalen Verbänden<br />

für behinderte Sportler, dem Verein TransDia und dem <strong>Deutsche</strong>n<br />

Behinderten-Sportverband (DBS). Während man den<br />

DBS als allgemein bekannt einstufen kann, vor allem weil nur<br />

über ihn der Weg zu den sehr populär gewordenen Paralympics<br />

führt, mangelt es TransDia an öffentlicher Aufmerksamkeit.<br />

1982 als <strong>Deutsche</strong>r Sportverein für Nierentransplantierte<br />

(DSN) gegründet und 15 Jahre später mit dem Ziel, auch<br />

Nicht-Nierenpatienten zum Beitritt zu bewegen, umbenannt<br />

in <strong>Deutsche</strong> Sportvereinigung für Organtransplantierte<br />

(DSVO), wurde der Name 2005 noch mal korrigiert: TransDia.<br />

In diesem Kürzel finden sich nun auch die Dialysepatienten<br />

wieder. Die Transformationen belegen die Mühsal der Suche<br />

nach einem gängigen Etikett.<br />

Der nahe liegende Versuch von TransDia, unter dem Dach des<br />

DBS unterzustehen und so der Anonymität zu entkommen,<br />

scheiterte. Ein Beitritt kam bisher nicht zustande. Dass der<br />

DBS der anderen Organisation die kalte Schulter zeigt, vermutet<br />

Franziska Liebhardt, könnte daran liegen, dass „Trans-<br />

Dia andere Ziele verfolgt als der Behindertensportverband“.<br />

„Da ich jetzt den direkten Vergleich habe, sehe ich, dass es bei<br />

TransDia nicht primär um Leistung geht. Sondern darum, das<br />

Thema Organspende positiv in die Öffentlichkeit zu tragen<br />

und die Organspender zu Bewegung und Sport zu motivieren,<br />

um eine möglichst lange Organgesundheit bei den Leuten zu<br />

erreichen.“ Ergänzend heißt es bei TransDia: „Nicht zuletzt<br />

durch unsere eigenen positiven Erfahrungen wollen wir die<br />

Akteure im Gesundheitswesen dazu bewegen, regelmäßige<br />

körperliche Aktivität sowohl für Dialysepatienten wie auch<br />

Transplantierte in ihre Betreuungskonzepte zu integrieren.“<br />

TransDia bietet an: Sportseminare, Trainingswochenenden,<br />

Reha-Sportfeste, die Radtour „Pro Organspende“.<br />

Zeiten und Weiten, sagt Liebhardt, spielen bei TransDia keine<br />

Rolle, entsprechend niedrig sei das Leistungsniveau im Verhältnis<br />

zu den Wettbewerben der Körperbehinderten. Dort<br />

werde man mehr gefordert. „Trainingsangebote und das


Drumherum sind wesentlich professioneller organisiert.“<br />

Liebhardt erkannte: „Beim DBS geht es um Spitzensport, nicht<br />

um Werbung für eine gute Sache.“ Sie dagegen sucht Erfüllung,<br />

„die über den normalen sportlichen Erfolg hinaus geht.<br />

Es macht mich glücklich, sportlich aktiv sein zu können, weil<br />

es Zeiten gab, wo ich daran nicht mehr glauben wollte“. Sie<br />

ist überzeugt, dass der Sport ihre Reha beschleunigt hat:<br />

„Insgesamt sechs Wochen nach der OP war ich wieder zu<br />

Hause, wesentlich früher als die meisten anderen unter<br />

diesen Umständen.“<br />

Wichtig ist allein die Möglichkeit einer Teilnahme am sportlichen<br />

Wettkampf, sagte sie. „Erfüllung würde ich wohl auch<br />

empfinden, wenn ich Zehnte oder Zwölfte meiner Disziplin<br />

wäre, eine Medaille ist nur das I-Tüpfelchen.“ Bei Veranstaltungen<br />

der eher sozial- denn leistungsorientierten TransDia<br />

werde man, so ihr Eindruck, im Erfolgsfall „zwar bewundert,<br />

aber manchmal auch belächelt“. Das stört Franziska Liebhardt.<br />

Sie will mit ihrem Sport, der ihr den Weg zurück ins Leben<br />

ebnete, ernst genommen werden. Deshalb kämpfte sie darum,<br />

auch bei den Körperbehinderten starten zu dürfen. „Hier habe<br />

ich dieses Gefühl nicht.“<br />

Dafür stößt sie dort auf ein Handicap: Der DBS lässt Transplantierte<br />

nicht als Transplantierte starten, er führt keine Klasse für<br />

Sportler mit Organdefekten, sondern steckt Liebhardt in die<br />

Gruppe der „allgemein Behinderten“, zu der die Klasse der<br />

Cerebralparetiker mit geringfügiger Beeinträchtigung gehört,<br />

geheimnisvoll TF 38 genannt. Die Würzburgerin ist wegen<br />

neurologischer Probleme, die während ihrer Grunderkrankung<br />

(Autoimmunerkrankung) zu einer leichten Halbseitenlähmung<br />

führten, startberechtigt in TF 38. Wie verschroben die Klassifizierung<br />

im Behindertensport ist (bei TransDia wird nur nach<br />

Alter, nicht nach Spenderorganen<br />

unterschieden), lässt<br />

sich gut mit einer Frage wie<br />

dieser belegen: Könnte das<br />

DBS-Mitglied Liebhardt, die<br />

im Besitz eines Schwerbehindertenausweises<br />

mit einem<br />

GdB (Grad der Behinderung)<br />

von 100 Prozent ist, bei den<br />

Paralympics starten? Nein,<br />

kann sie nicht, ihre DBS-<br />

Klasse „allgemein Behinderte“<br />

existiert international nicht.<br />

Schade eigentlich, Liebhardt<br />

traut sich nämlich zu, die<br />

Qualifikationsnormen für die<br />

Paralympics zu erfüllen: „Sie<br />

liegen in einem für mich<br />

theoretisch durchaus erreichbaren<br />

Bereich. Aber dafür<br />

müsste ich bis zu den nächsten<br />

Paralympics fit und voll<br />

trainingsfähig bleiben. Wären sie schon diesen Sommer, hätte<br />

ich schon eine Qualifikationschance.“<br />

Im Sommer finden allerdings „nur“ wieder die World Transplant<br />

Games (WTG) statt, diesmal im südafrikanischen Durban.<br />

Dort hat Liebhardt drei Titel zu verteidigen. Diese Aufgabe<br />

ist ihr einige Anstrengungen wert, finanziell - TransDia<br />

nimmt den Sportlern nicht alle Südafrikakosten ab – und<br />

sportlich. Mit Staunen und Respekt registriert man, welche<br />

Trainingsbelastungen die zweimal transplantierte Würzburger<br />

Sportlerin auf sich nimmt (Liebhardt wurde 2012 eine Niere<br />

ihres Vaters übertragen /Anm.d.Autors) – neben den beruflichen<br />

Anforderungen und ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als<br />

Rettungshundeführerin beim Roten Kreuz: im Winter dreimal<br />

wöchentlich disziplinspezifisches Üben mit Trainer nach den<br />

Plänen des Münchner Sportmediziners Prof. Martin Halle<br />

(„Ohne ihn wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt stehe“, sagt<br />

Liebhardt), vier bis fünf Einheiten im Sommer, zusätzlich<br />

sechsmal pro Woche Ausdauer und dreimal Krafttraining, „mit<br />

Trainingspartnern, die alle gesund sind“. Um die Fitness zu<br />

erlangen, die sie vor den Transplantationen mit wesentlich<br />

Weniger hätte erreichen können, sei der Aufwand auch<br />

wegen der Einnahme von Medikamenten nun höher.<br />

„Mein physischer Zustand“, sagt die Schwerbeschädigte, „ist<br />

entsprechend gut – der psychisch-emotionale ebenfalls.“<br />

Letzteren Bereich ihrer Befindlichkeit zu interpretieren, scheut<br />

sich Franziska Liebhardt nicht: „Ich bin mir bewusst, dass ich<br />

nicht ewig leben kann, aber ich erlebe diese Wirklichkeit nicht<br />

als Bedrohung. Ich lebe mein Leben heute und von Tag zu<br />

Tag, mache keine langfristigen Pläne und komme so gut klar,<br />

ohne mir täglich Gedanken machen zu müssen, was vielleicht<br />

morgen ist.“<br />

37


Familiensport – Ein soziales Kraftfeld in<br />

J<br />

ede soziale Gruppe ist von der Struktur der <strong>Gesellschaft</strong><br />

und deren jeweiligem Wandel geprägt, der in dieser<br />

<strong>Gesellschaft</strong> stattfindet. So hat auch die Familie in<br />

unserer Zeit Spuren des gesellschaftlichen Wandels über sich<br />

ergehen lassen müssen, die zu neuen Formen des familiären<br />

Zusammenseins geführt haben bis hin zur kleinsten Einheit von<br />

Alleinerziehenden mit ein oder mehreren Kindern. Hinzu treten<br />

Familien von Migranten mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen<br />

von Familienstrukturen und Wertorientierungen, die in<br />

anderen Kulturkreisen als der unseren ihre Wurzel haben.<br />

Die moderne Kleinfamilie des Industrie- und Verwaltungszeitalters<br />

hat gegenüber der Großfamilie früherer Agrargesellschaften<br />

eine Reihe von Funktionen verloren, einige geändert<br />

und neue hinzugewonnen. Es macht keinen Sinn, vergangenen<br />

Strukturen nachzuweinen, es geht darum, neue Entwicklungen<br />

und Formen zu sehen und sich entsprechend auf<br />

deren Anforderungen einzustellen. Die Familie in heutiger<br />

Zeit hat sich von einer zusammen arbeitenden, zusammen<br />

produzierenden und zusammen verbrauchenden Wirtschaftsgemeinschaft<br />

zu einer vornehmlich konsumierenden Lebensgemeinschaft<br />

gewandelt. Vielfach sind beide Elternteile<br />

beruflich tätig und sichern gemeinsam so die finanzielle Basis<br />

der Familie ab. Diesen Tätigkeiten von Vater und Mutter geht<br />

das Kriterium des gemeinsamen Tuns ab, welches die Aktivitäten<br />

der Agrargesellschaft kennzeichnete. Zu dieser Familiengrundlage<br />

tritt leider eine Situation hinzu, die von Arbeitslosigkeit<br />

und/oder Geringverdienstmöglichkeit geprägt ist,<br />

welche zu erheblichen Belastungen des Zusammenlebens<br />

einzelner Familien führen können.<br />

Die familiäre Lebensgemeinschaft hat sich gelockert, seit<br />

Ausbildung, Freizeitgestaltung und erwerbsmäßige Arbeit aus<br />

38<br />

der Familie herausgenommen und in die Öffentlichkeit verlagert<br />

wurden. Ein Elternteil arbeitet dort, vielfach mit langen<br />

Anreisewegen, der andere Elternteil – wenn er eine Erwerbsarbeit<br />

hat – ist an anderer Stelle tätig, die Tochter geht auf<br />

ein Gymnasium, das ganztägig betrieben wird, der Sohn in<br />

die dritte Klasse einer Grundschule und wird dort mittags von<br />

einer Halbtagsmutter abgeholt.<br />

Die Zunahme der Angebote von Schulen zur Betreuung im<br />

Ganztag verstärkt die Zergliederung der Familie, hat zusätzlich<br />

Auswirkung auf die erzieherische Aufgabe der Familie.<br />

Die Zunahme der Zahl der Kindertageseinrichtungen für die<br />

Jüngsten und das aus der Lebenssituation entstehende verstärkte<br />

Interesse daran erhöht die Verlagerung der Lebensbildung<br />

und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder auf Einrichtungen<br />

außerhalb der Familie.<br />

Selbst zum Feierabend läuft die Familie vielfach auseinander:<br />

Vater ist Übungsleiter einer Tischtennisgruppe, Mutter<br />

geht zum Aerobic-Kurs, die Tochter hat Fußballtraining und<br />

der Sohn wird vom Verein zum Schwimmunterricht<br />

gebracht und dort wieder abgeholt. Das ist nicht konstruiert,<br />

sondern erlebte Realität, die eine Gefahr für die Familie<br />

bedeutet.<br />

Der Zusammenhalt der Familie ist durch die starke Außenorientierung<br />

bedroht. Eltern beginnen, ihre Kinder nicht mehr zu<br />

verstehen, Kinder verlieren den inneren, den mentalen wie<br />

emotionalen Kontakt zur Familie. In manchen Familien haben<br />

die Belastungs- und Konfliktfähigkeit Grenzen erreicht, die<br />

das Maß des Ertragbaren zu übersteigen drohen oder bereits<br />

überstiegen haben.


Verein und <strong>Gesellschaft</strong> Von Friedhelm Kreiß<br />

Wie können Kinder heute das „Altern“ als Prozess erleben und<br />

damit ein Verständnis für ältere Menschen entwickeln, wenn<br />

die Großeltern in der Familie nur noch „besuchsweise“ vorhanden<br />

sind? Es sei denn, diese übernehmen vertretungsweise<br />

für die Eltern die Betreuung der Kinder.<br />

Als Gegenreaktion auf all diese Entwicklungen sind in der<br />

letzten Zeit verstärkt eine gefühlsmäßige Verbundenheit und<br />

der Wunsch nach Intimität und Vertrautheit in der Familie zu<br />

beobachten. Vielleicht ist das eine Reaktion auf die vielfach<br />

unpersönliche Kühle der außerfamiliären Welt und darauf,<br />

dass das Problem des Auseinanerdriftens der Familie bewusst<br />

geworden ist. „Familie“ beginnt offensichtlich wieder ein<br />

Thema für Familien zu werden.<br />

Auf einmal scheint der Blick sich wieder zu richten auf die<br />

besonderen Aufgaben der Familie: Aufbau einer sozio-kulturellen<br />

Persönlichkeit, Befriedigung des persönlichen Bedürfnisses<br />

nach Vertrautheit, nach enger menschlicher Gefühlsbindung<br />

und nach einer auf gegenseitigem Vertrauen beruhenden<br />

Solidarität.<br />

Familie bildet die Grundlage zum Aufbau des Menschen als<br />

soziale Persönlichkeit. Diese elementare Erziehung bezieht<br />

sich unmittelbar auf das Verhalten, auf den Umgang miteinander<br />

und auf die Fähigkeit zu kommunizieren, zu sprechen,<br />

aber auch zuhören zu können. Familie bildet die<br />

Grundlagen eines Bildungsverständnisses und entwickelt<br />

Grundlagen eines Werteverständnisses- und Werteverhaltens.<br />

Um all dieses zu realisieren, braucht die Familie Zeiträume<br />

und zeitliche Festlegungen der Gemeinsamkeit.<br />

Familien müssen feste Zeitfenster für ihre Gemeinsamkeiten<br />

einrichten.<br />

Neben all diesen Entwicklungen gibt es in unserer <strong>Gesellschaft</strong><br />

das Phänomen des Anwachsens der Zahl Alleinerziehender,<br />

Lebensgemeinschaften oder Lebenssituationen, in<br />

denen Kindern die Erfahrung „Familie“ versagt bleibt. Eine<br />

Beobachtung: Herbstferienzeit in einem Robinson-Club. Auf<br />

einmal nimmt die Zahl der urlaubenden Väter mit Kindern<br />

drastisch zu. Das sind die Phänomene der Scheidungsfolgen –<br />

nun dürfen die Väter eine Woche mit ihren Kindern zusammen<br />

sein. Familie??<br />

Es ist lohnenswert, darüber nachzudenken, in welcher Form<br />

Angebote entwickelt und unterbreitet werden können, in<br />

denen derartige Lebensgemeinschaften in größeren Gruppen,<br />

in „Familien“, integriert werden. Hier kann der Sport seine<br />

Möglichkeiten einbringen, indem Sportvereine z. B. Familiensportgruppen<br />

bilden.<br />

Was ist überhaupt Familiensport?<br />

Familiensport realisiert sich in kleinen Gruppen, umfasst in<br />

der Regel alle Mitglieder der Familie. Er findet in den Zeitbereichen<br />

statt, die für alle Familienmitglieder zeitgleich zur<br />

Verfügung stehen; d.h. im Besonderen am Feierabend, am<br />

Wochenende, im Urlaub oder in gesonderten von der Familie<br />

geplanten Zeitfenstern.<br />

Familiensport heißt sportliche Aktivität informeller Kleingruppen<br />

familienähnlicher Struktur oder der Familie selber.<br />

Familiensport ist geschlechterübergreifend und richtet sich an<br />

verschiedene Altersstufen zu gemeinsamer Aktivität.<br />

39


Die Grundidee des Familiensports heißt: Alle Beteiligten sind<br />

gleichzeitig, gemeinsam und miteinander sportlich aktiv.<br />

Familiensport findet nicht statt, wenn die ganze Familie zur<br />

Sportanlage fährt, jedes Familienmitglied zu seiner Sportgruppe<br />

geht und man sich danach zur gemeinsamen Heimfahrt<br />

wieder trifft. Natürlich macht auch eine derartige<br />

Situation Sinn, aber ist eben nicht Familiensport im engeren<br />

Verständnis.<br />

Warum eigentlich das Bemühen um<br />

den Familiensport ?<br />

1. Vorteile einer bereits bestehenden Kleingruppe<br />

Für viele Menschen steht zwischen dem Wunsch nach sportlicher<br />

Bewegung und der Erfüllung dieses Wunsches die Hemmung,<br />

sich in fremder Umgebung und ungewohnter Gruppe<br />

bewegen zu müssen. Sport mit und in der Familie nimmt<br />

diese Anfangsscheu, da schon ein vertrauter sozialer Bereich<br />

gegeben ist, auf den der Einzelne sich beziehen kann. So wird<br />

Familiensport vielfach der erste Schritt zur Erfüllung des<br />

Wunsches nach eigener sportlicher Betätigung. Das mag u.a.<br />

ein Grund dafür sein, dass Sportvereine, die sich von vornherein<br />

als echte Familiensportvereine strukturiert haben, nur<br />

selten über Mitgliedermangel klagen.<br />

2. „Inoffizieller“ Rahmen<br />

Familiensport hat als strukturelles Element einen für alle<br />

gewohnten und somit inoffiziellen Rahmen. Seine Vorzüge<br />

liegen in der Unmittelbarkeit, den spontanen Aktionsmöglichkeiten,<br />

der Unverbindlichkeit, der Selbsttätigkeit und der<br />

Eigeninitiative der Akteure.<br />

3. Gemeinsame Freizeitgestaltung der ganzen Familie<br />

Sinnvolle Freizeitgestaltung, gemeinsame sportliche Interessen<br />

können die einzelnen Familienmitglieder beim Sport<br />

40<br />

zusammenführen, deren Wege im Arbeits- und Ausbildungsbereich<br />

im Ablauf des Tages und der Woche auseinander<br />

führen.<br />

4. Kommunikative Funktion des Sports<br />

Sport und gemeinsames Sporttreiben schaffen Gesprächsbereitschaft<br />

und geben Anstöße zum Gespräch. Das gemeinsame<br />

Erlebnis sportlichen Tuns führt zu einem „inneren“ Austausch<br />

der Beteiligten, also der Familienmitglieder, im<br />

Gespräch, sei es auch zunächst einmal nur über das gemeinsame<br />

Sporterleben. Das aber ist häufig der Ansatz zu einer<br />

weiter führenden Kommunikation, deren Voraussetzung<br />

Vertrauen ist. Auf einmal sitzen Vater und Sohn nach der<br />

gemeinsamen Ausfahrt im Ruderboot nebeneinander auf dem<br />

Bootssteg, die Beine baumeln im Wasser, und beide sind in<br />

ein Gespräch vertieft. Haben Sie schon einmal beobachtet,<br />

welches Unterhaltungsbestreben in der Familie entsteht,<br />

wenn diese nach ihrer Abfahrt im Schnee in der Hütte an der<br />

Liftstation zusammen sitzt? Da geht es dann auf einmal nicht<br />

mehr nur um Skilaufen.<br />

5. Wecken des Verständnisses für den Anderen<br />

Das gemeinsame Erlebnis körperlicher Anstrengung oder des<br />

fröhlichen Spiels miteinander hilft, Verständnis zu entwickeln<br />

für die Eigenarten, die besondere Lebenssituation und die<br />

Eigenarten des anderen Geschlechts oder der Personen einer<br />

anderen Altersgruppe. Der Körper des älteren Menschen ist<br />

nicht „hässlich“, er ist nur verbrauchter als der des jungen<br />

Menschen. Und auf einmal ist in der Beobachtung des Jüngeren<br />

die Leistung des Älteren nicht mehr „schlecht“, sondern in<br />

der Wahrnehmung Jüngerer sogar gut, da nun Relationen<br />

hergestellt werden können zwischen den körperlichen Möglichkeiten<br />

und der tatsächlich erbrachten Leistung.<br />

Das tiefgreifende Erlebnis eines siebenjährigen Mädchens,<br />

spätgeborenes Kind eines 62jährigen Vaters will ich hier<br />

wiedergeben. Ich durfte es als Übungsleiter einer Familiensportgruppe<br />

vor Jahren beobachten: Anlässlich eines Familiensportlehrgangs<br />

wird ein Waldlauf, verbunden mit Beobach-


tungsaufgaben, durchgeführt, den der erwähnte Vater durch<br />

kluge Kraft- und Zeiteinteilung gut durchzustehen weiß. Am<br />

Ziel wird er von seiner Tochter, die vor ihm eingetroffen ist,<br />

umarmt und empfangen mit den Worten: “Vati, Vati! Du bist<br />

ja gar nicht so schlecht, wie ich immer gedacht habe!“ –<br />

Vater und Tochter gingen schweigend Hand in Hand zur<br />

Unterkunft.<br />

6. Erlebnisfähigkeit<br />

Bei sportlichen Betätigungen wird der Übende immer wieder<br />

getragen von tiefen Erlebenssituationen, die weit über das<br />

Erleben des Alltags hinausgehen. Die Erfahrung des Grenzbereichs<br />

einer Leistungsfähigkeit vertieft das Verhältnis des<br />

Einzelnen zu sich selber und zu seiner Tätigkeit. Das Gleiten<br />

im unberührten Tiefschnee, die Ausfahrt im Rudereiner am<br />

frühen Morgen bei ruhigem Wasser und absoluter Stille in<br />

der Natur. Derartige affektive Erfahrenswerte werden auch<br />

im sozialen Bereich vermittelt: Das Erlebnis, Mitglied einer<br />

Gruppe zu sein – also der Familie - , akzeptiert zu werden,<br />

nicht allein zu sein, einer Gemeinschaft anzugehören – das<br />

sind Erlebnissituationen, die weit in die unbewusste Gefühlswelt<br />

hineinreichen, das sind Situationen, die der Sport<br />

ermöglicht.<br />

Ich hatte einen Vater, der begeisterter Bergsteiger war und<br />

mich schon in frühen Jahren auf den Berg mitnahm.<br />

Gemeinsam haben wir mehrfach Grenzbereiche erfahren –<br />

das hat unsere Gemeinsamkeit verankert und vertieft. Ich<br />

kann mich an Situationen erinnern, bei denen ich wirklich<br />

Angst gehabt habe und gleichzeitig verspürte, dass sich mein<br />

Vater Sorgen machte. Wir haben danach lange gesprochen<br />

miteinander, unten am Einstieg zur Route.<br />

7. Leitbildfunktion der Erwachsenen<br />

Nur wenige Eltern und Erwachsene haben eine Vorstellung<br />

davon, wie viel Einfluss sie durch ihr Verhalten auf die Entwicklung<br />

der Kinder haben. Viele Verhaltensweisen und<br />

Einstellungen von Kindern und Jugendlichen sind geprägt<br />

durch eine bewusste oder auch unbewusste Übernahme<br />

entsprechender Vorbilder der Eltern und Erwachsenen. Wenn<br />

es denn ernst sein soll mit der Einordnung des Sports als eine<br />

selbstverständliche Lebensform, so gehört auch die Erziehung<br />

zum Sport, zu einer sportlichen Lebensweise zu den elementaren<br />

Erziehungsaufgaben der Familie.<br />

Eine sportliche Lebensführung der Eltern führt in aller Regel<br />

bei den Kindern zu einer ausgewogenen Einstellung zum<br />

Sport und zu einer Motivation zu eigener körperlicher Bewegung.<br />

In vielen Familien haben die Kinder ihre Eltern noch nie<br />

in sportlicher Aktion gesehen.<br />

Wie kann man da mit einer sportlichen, bewegungsorientierten<br />

Einstellung der Kinder rechnen? Die so wesentliche Leitbildfunktion<br />

der Eltern und Erwachsenen als Erziehungselement<br />

in nahezu allen Lebensbereichen für die Entwicklung<br />

der Kinder wird allzu häufig unterschätzt.<br />

8. „Verführungs“funktion der Kinder und Jugendlichen<br />

In nicht wenigen Vereinen trifft die Feststellung zu, dass<br />

sportliche Kinder ihre Eltern zu neuer sportlicher Aktivität<br />

motiviert haben. Manche Anmeldung eines Erwachsenen in<br />

einem Sportverein ist Folge einer Sohn- oder Tochtermitgliedschaft.<br />

Da brachte ein Elternteil den Nachwuchs zur<br />

Übungsstunde und bekam Lust darauf, selber etwas für sich<br />

zu tun, als nur darauf zu warten, dass die Übungsstunde der<br />

Kinder vorüber war. „Angebote für wartende Eltern“ – ein<br />

Einstieg zu einer neuen Sportkarriere. Die Kinder machen<br />

Sport in ihrer Gruppe, während die Eltern zeitgleich an einem<br />

Vereinskurs teilnehmen. Vielfach ist auf einer solchen Basis<br />

die Bereitschaft zur Übernahme von Führungsfunktionen im<br />

Verein gewachsen. So kann die „Vorbildfunktion“ der Kinder<br />

und Jugendlichen zu einer Reaktivierung der Erwachsenen<br />

führen. Der Verein muss eine solche Chance sehen und nutzen.<br />

9. Zusammensein der Familie<br />

Gemeinsame Erlebnisse und die Wahrnehmung gemeinsamer<br />

Interessen schaffen eine Basis zum engeren Zusammenhalt<br />

41


von Gruppen, da hier ein für alle Teile der Gruppe gleich<br />

gültiges und verbindendes Erlebnisfeld besteht. Ein solch<br />

verbindendes Element ist für eine Familie unserer <strong>Gesellschaft</strong><br />

umso wichtiger, da im Alltag die einzelnen Glieder der Familie<br />

nach außen orientiert sind durch Beruf, Schule u.s.w. So stellt<br />

die Ausweitung der Ganztagsbetreuung in den Schulen<br />

durchaus auch ein Problem für den Familienzusammenhalt<br />

dar. Familien benötigen und suchen mehr und mehr gemeinsame<br />

Erlebnisse.<br />

10. Erlebnis der Gemeinschaft<br />

Im Sport führt das Erlebnis der Gruppe immer wieder zu einer<br />

besonderen Erfahrung des sozialen Miteinanders. Sport der<br />

Familie ermöglicht die Erfahrung der Grundformen des sozialen<br />

Miteinanders wie Liebe, Rücksicht, Verstehen, Hilfe, Opfer,<br />

Mitleid und auch Führung. Aber auch die Erfahrung des<br />

Selbstwerts der eigenen und der anderer Personen spielt eine<br />

Rolle, ohne die auf Dauer keine <strong>Gesellschaft</strong> bestehen kann.<br />

Sicherlich sind neben dem Sport auch andere gesellschaftliche<br />

Bereiche geeignet, derartige Erfahrungen zu vermitteln,<br />

aber die Erfahrenswahrscheinlichkeit ist im Sport größer. Im<br />

Sport sind die Erlebenssituationen vielfältig, sie wechseln<br />

häufig, stellen sich für den Einzelnen erlebnisintensiv und<br />

variantenreich dar.<br />

Was hat der Verein vom Familiensport?<br />

– Warum „Familienfreundlicher<br />

Sportverein“?<br />

Im Vordergrund steht nicht die Frage, welchen Nutzen der<br />

Sportverein aus einem Angebot „Familiensport“ ziehen kann.<br />

Entscheidend ist die Feststellung, dass der Sport und seine<br />

Vereine sich auf ein Feld begeben, das für unsere <strong>Gesellschaft</strong><br />

eminent wichtig ist und als Bestandteil der gesamten Familienpolitik<br />

gesehen werden muss. Es ist zu hoffen, dass die<br />

42<br />

Politik ihren Blick auf den Sport auch unter einem derartigen<br />

Blickwinkel richtet.<br />

Familiensport ist zunächst Sport im privaten Bereich. Der<br />

„Sportraum“ ist zuerst der natürliche Lebensraum der Familie.<br />

Das beginnt im eigenen Garten, auf Freiflächen im Park, am<br />

Urlaubsort bis hin zu öffentlichen Schwimmbädern oder<br />

öffentlichen Sportflächen, die z.T. nach Zahlung eines Beitrages<br />

oder auch ohne diesen genutzt werden können, wie<br />

Tennisplätze, Squash-Anlagen, Kletteranlagen, Golfplätze,<br />

Bouleplätze, einfache Ballspielanlagen und ähnliche Einrichtungen.<br />

Familiensport benötigt zunächst keine genormte<br />

Sportstätte, es kann gleich losgehen.<br />

Familiensport ist in seinem Ursprung zunächst ein unorganisierter,<br />

spontaner Aktionsbereich der Familie. Die Aufgabe<br />

besteht darin, Familien zu diesen Gemeinsamkeiten zu führen.<br />

Natürlich hat aber auch ein „Familienfreundlicher Sportverein“<br />

Vorteile durch Angebote in diesem Bereich. Dabei geht es<br />

nicht nur um Mitgliederzuwächse. Familiensportangebote von<br />

Vereinen sind Angebote und Hilfen an Familien und solche<br />

Sportinteressierte, die den Kontakt zu Familien suchen. Derartige<br />

Angebote von Vereinen können eine Hilfe sein für<br />

Lebensgemeinschaften, die das Erleben von Familie suchen.<br />

Familiensportangebote in Vereinen aktivieren Mitglieder.<br />

Zugleich bringen Vereine über ihre Übungsleiter die Kompetenz<br />

ein, die sportliches Tun zu den Effekten führt, die Familiensport<br />

ausmachen können.<br />

Einen besonderen Vorteil haben die Sportvereine, die über<br />

eine eigene Sportstätte mit Vereinshaus verfügen, z.B.<br />

Ruder- oder Kanuvereine, Schwimmvereine, Tennis- oder<br />

Golfclubs, Reitbetriebe und Reitvereine. Hier ist immer<br />

wieder zu beobachten, dass Familien sich dort nach Feierabend<br />

treffen, gemeinsam ein wenig Sport treiben, danach<br />

zusammen das Abendbrot einnehmen, miteinander reden –<br />

der Sportverein als Familientreffpunkt. Sport ist eigentlich<br />

vom Ursprung her „familienfreundlich“, man muss es nur<br />

bewusst machen.


Ein Unternehmen der dpa-Gruppe<br />

Rom 1960 - Armin Hary gewinnt Gold im Sprint über 100m<br />

Momente für die Ewigkeit.<br />

Unser historisches Archiv und aktuelle Bilder dokumentieren die<br />

Geschichte der <strong>Olympische</strong>n Spiele von 1896 bis heute.<br />

Telefon +49 69 2716 -34770, sales@picture-alliance.com, www.picture-alliance.com


Der Sport vor Ort braucht Räume und Personal<br />

… und entwickelt mit Phantasie und Fleiß<br />

Wertmarken für das Vereinsprofil<br />

Von Karl Hoffmann<br />

Eine ehemalige Schlecker-Filiale wandelt der Förderverein<br />

für Rehabilitation Frielingen (FV) in eine neue<br />

Trainingsstätte um. Der FV organisiert Rehabilitationssport,<br />

Jugend- und Seniorensport. Gütesiegel und Zertifikate<br />

haben der <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Sportbund (DOSB), der<br />

<strong>Deutsche</strong> Turner-Bund (DTB) und der LandesSportBund Niedersachsen<br />

ausgestellt. Der 1999 gegründete FV Frielingen<br />

erweitert seine Aktivitäten mit Augenmaß, indem er Gelegenheiten<br />

ergreift, zusätzliche Bewegungsräume und -zeiten<br />

schafft sowie qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

44<br />

1. deutsche Sportgrundschule in Freiburg<br />

bedarfsgerecht einsetzt. Seit 2010 - zum Beispiel - nutzt er<br />

die günstig gelegene Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt<br />

(AWO), um Funktionstraining für Erwachsene und Schülersport<br />

durchzuführen.<br />

Die Freiburger Turnerschaft von 1844 (FT) weiht das neue<br />

Gebäude für die erste deutsche Sportgrundschule in eigener<br />

freier Trägerschaft ein. 2007 startete das Projekt mit einer<br />

ersten Klasse in Containern. Jetzt stehen 1.000 qm für 80<br />

Schülerinnen und Schüler in vier Klassen zur Verfügung. So


hat das sportpädagogische Konzept von Lernen und Bewegen<br />

in positiver Verbindung nun auch ein sichtbares Zuhause.<br />

Rudolf Bosch, Schulpräsident des Freiburger Regierungspräsidiums,<br />

spricht anlässlich der Eröffnung von einem „Leuchtturmprojekt“.<br />

Die Entscheidung des FV Frielingen zur Umwandlung<br />

der Schlecker-Geschäftsräume in eine moderne zusätzliche<br />

Sportstätte verdient sicher ebenfalls ein ganz besonderes<br />

Prädikat. Solche Objekte sind hinsichtlich Raum, Inhalt und<br />

Programm beispielgebend. Für gesellschaftliche Entwicklungen<br />

und spezielle neue Zielgruppen offen zu sein, bleiben Herausforderungen<br />

in Denk- und Handlungsprozessen.<br />

Die Bereitschaft dafür zeichnet sich als durchgängiges Markenzeichen<br />

vor Ort ab. Denn die richtigen Räume für altersgerechten<br />

Sport und gesellschaftliches Durcheinander vom<br />

Säugling bis zum Hochbetagten sind unverzichtbar. Deshalb<br />

handeln Vorstände im Einvernehmen mit möglichst vielen<br />

Mitgliedern, um bereits vorhandene Sportgelegenheiten<br />

rechtzeitig in ihrer Substanz zu erhalten oder klug zu erweitern.<br />

Die Fähigkeit zu Kompromissen und die Akzeptanz von<br />

Auflagen gehören dazu.<br />

Pferdegerecht und mit finanzieller Unterstützung des städtischen<br />

Sport- und Bäderbetriebes renoviert der Reitsportverein<br />

Essen eine Stallgasse in seiner historischen Reitanlage.<br />

Der Denkmalschutz für den Innenausbau muss berücksichtigt<br />

werden. Zwei neue Pferdeboxen werden gebaut, zwei im<br />

Originalzustand erhalten. Im Bauhausstil ist die reiterliche<br />

Anlage 1925 entstanden.<br />

Auch die DJK Teutonia Schalke-Nord, ein Verein des Sportverbandes<br />

<strong>Deutsche</strong> Jugendkraft,<br />

spielt mit Vorgaben des<br />

Denkmalschutzes in der<br />

Gelsenkirchener „Glückaufkampfbahn“.<br />

In den 20er<br />

Jahren gebaut, wird sie 2006<br />

für die Fußballweltmeisterschaft<br />

restauriert. Heute<br />

trainieren und spielen dort<br />

die Teutonen als Platzherren<br />

mit Mannschaften von Minis<br />

bis A-Jugend, Mädchen- und<br />

Jungenteams. Eine Veränderung<br />

der Kampfbahn steht<br />

außer Frage. Eine neue<br />

Würstchenbude wird erst<br />

genehmigt, nachdem sie mit<br />

Rollen versehen ist.<br />

Das Vereins- und Tennisheim<br />

des Sportvereins<br />

Greußenheim 1946 (SV)<br />

wird energetisch saniert.<br />

Der zeitgleich errichtete Anbau nimmt die sanitären Einrichtungen<br />

für den Trainings- und Wettkampfbetrieb auf.<br />

121 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind unermüdlich<br />

im Einsatz. Die Kommune verlängert den Pachtvertrag<br />

mit dem SV um weitere 25 Jahre bis 2034. „Alles ist möglich,<br />

wenn man es nur gemeinsam anpackt“, sagt Silke<br />

Westphal, die Vereinsvorsitzende.<br />

Der Verein für Leibesübungen Lichtenrade 1894 (VfL), Berlin,<br />

übernimmt ein nicht mehr genutztes Seniorenwohnheim. Das<br />

Gebäude stammt aus der Gründerzeit (etwa 1870 bis 1890).<br />

Mitglieder des VfL und des Schulsportvereins Lichtenrade<br />

(SSV) bauen es aufwändig und mit großer Eigenleistung zu<br />

einer Begegnungsstätte für Vereinsmitglieder und die Öffentlichkeit<br />

um.<br />

Clubhäuser werden so zu Zentralen für Kontakte und Kommunikation<br />

im eigenen Umfeld und für die Region. Fragen<br />

von Führung und Verwaltung, von Organisation und Sportpraxis<br />

werden bei Aus- und Fortbildungen oder bei gesellschaftlich<br />

wichtigen Vorhaben besprochen. Gute Voraussetzungen<br />

beim Raumbedarf - drinnen wie draußen -, bei technischer<br />

Ausstattung und Verpflegung, durch eingespielte<br />

Mitarbeiter kommen dazu. Synergieeffekte bei Personaleinsatz<br />

und Programm liegen auf der Hand.<br />

Der Bayerische Landes-Sportverband führt 70 haupt- und<br />

ehrenamtliche Vereinsvertreter aus Vereinen mit mindestens<br />

1.500 Mitgliedern zusammen. Sie nehmen sich Zeit für ein<br />

ganzes Wochenende und behandeln Themen wie Bundesfreiwilligendienst,<br />

Fitness-Studios, Kindersportschulen,<br />

Liegenschaften, Sport in der Ganztagsschule, Möglichkeiten<br />

45


von Kooperationen. Gastgeber ist der Turnverein 1848<br />

Erlangen.<br />

Die Sportabzeichenreferenten des Sportkreises Schwäbisch<br />

Hall werden im Sportheim des Turn- und Sportvereins Ilshofen<br />

geschult und auf die neuen Bedingungen zum Erwerb des<br />

<strong>Deutsche</strong>n Sportabzeichens ab <strong>2013</strong> vorbereitet. Im Vereinsheim<br />

des Turn- und Sportvereins Barskamp (TuS) moderiert<br />

der Kreissportbund Lüneburg ein Seminar zur Gewinnung von<br />

Mitarbeitern. TuS-Vorstandmitglieder und Funktionsträger<br />

benachbarter Vereine nehmen daran teil.<br />

Das Sportheim der DJK Oberschwarzach ist Tagungsort für<br />

120 Korbball spielende Vereine im Bezirk Unterfranken des<br />

Bayerischen Turnspiel-Verbandes. Die Änderungen der<br />

Landesspielordnung und die Präzisierungen in den Spielregeln<br />

werden erläutert. Kritisch wird angemerkt, dass 30<br />

Vereine an den Spielrunden teilnehmen, ohne Schiedsrichter<br />

zu stellen. Mehr qualifizierte Kräfte nach den Regeln des<br />

jeweiligen Fachverbandes zu gewinnen, bleibt eine Daueraufgabe.<br />

Zum 5. Mal bietet der Tanzsportclub Schwarz-Gold Aschaffenburg<br />

in seinem Clubheim den richtigen Rahmen für das<br />

Camp des Hessischen Tanzsportverbandes. Top-Trainer unterrichten<br />

Paare in Einzel- und Gruppenstunden. In Lehrstunden<br />

nutzen Wertungsrichter die Chance, ihre Lizenzen zu verlängern.<br />

Zur regelmäßig angebotenen Unterweisung in Erster Hilfe und<br />

Reanimation treffen sich Herzsportler und ihre Partner im<br />

Vereinsheim des Turnerbundes Bad Cannstatt (TBC) gemeinsam<br />

mit denen der Sport- und Kulturgemeinschaft Stuttgart<br />

46<br />

Max-Eyth-See 1898. Zwei Ärzte und zwei Sanitäter-Ausbilder<br />

erklären die Notfallrettungskette, leiten die Teilnehmer bei<br />

Übungen an und korrigieren fehlerhafte Handgriffe. „Sicherheit<br />

und den Mut, im Ernstfall etwas zu tun, gibt es nur, wenn<br />

man immer wieder übt“, stellt Wilfried Krause, der TBC-Abteilungsleiter<br />

Gesundheitssport, heraus. Und verspricht: „Deshalb<br />

wollen wir dieses Angebot jährlich wiederholen.“<br />

Wer das Zusammensein bei Sport und Geselligkeit ermöglicht<br />

und die Zukunft als Gast- und Ideengeber mit gestaltet, setzt<br />

Wertmarken für das Vereinsprofil. Dabei spielt Vereinsbesitz<br />

offensichtlich eine ganz besondere Rolle. Denn trotz aller<br />

Belastungen ermöglicht er eigene und freie Entscheidungen.<br />

Die Sportarten und die sportartübergreifenden Maßnahmen<br />

sind die Voraussetzungen für ein attraktives Vereinsleben,<br />

auch als Angebot für neue Bevölkerungs- und Altersgruppen.<br />

Der Turn- und Sportverein Osterholz Tenever Bremen ist<br />

Bauherr für eine Mehrgenerationenhalle. Vor wenigen<br />

Wochen wurde der Grundstein gelegt, vor kurzem Richtfest<br />

mit Beendigung der ersten Bauphase gefeiert. Im Frühjahr<br />

<strong>2013</strong> ist alles unter Dach und Fach.<br />

Die Schützengilde Delitzsch erstellt 1991 eine moderne<br />

Schießsportanlage, erweitert sie wettkampfgerecht und<br />

berichtet über einen 100-m-Stand mit vier Schießbahnen. Er<br />

steht in Kürze zur Verfügung. Alles ist von Anfang an so<br />

geplant, dass der Sächsische Schützenbund dort seine Kreisund<br />

Bezirksmeisterschaften durchführen kann.<br />

Der Karateverein Kanazewa Mönchengladbach eröffnet sein<br />

erstes eigenes Dojo: 120 qm Mattenfläche, eine Spiegelwand,<br />

viel Tageslicht, separate Umkleidekabinen und Sanitärräume<br />

sowie ein großes Außengelände.<br />

Der Sportverein<br />

Unterneukirchen 1963 (SV)<br />

besitzt jetzt ein neues Sportund<br />

Fitnessheim, das allen<br />

Bürgern der Gemeinde offen<br />

steht. Die herausragende<br />

ehrenamtliche Leistung wird<br />

mit 15.000 Helferstunden der<br />

SV-Mitglieder nachgewiesen.<br />

Vorstände sind auf die<br />

Zustimmung ihrer Mitglieder<br />

angewiesen. Das gilt für<br />

das Tagesgeschäft und für<br />

das Nicht-Alltägliche.<br />

Gelungene Bauprojekte sind<br />

vorzeigbar. Sie erhöhen das<br />

Maß an Zugehörigkeit.<br />

Damit und darin kann sich<br />

Vereinsleben noch besser<br />

entwickeln.


Lose in jeder<br />

LOTTO-Annahmestelle<br />

Die Rentenlotterie.<br />

Die GlücksSpirale<br />

fördert den Sport.<br />

Spielteilnahme ab 18 Jahren. Glücksspiel kann süchtig machen.<br />

Nähere Informationen bei LOTTO und unter www.gluecksspirale.de.<br />

Hotline der BZgA: 0800 1 372 700 (kostenlos und anonym).


Was macht eigentlich ...?<br />

Uli Eicke<br />

Von Christoph Fischer<br />

Die Stiftung <strong>Deutsche</strong> Sporthilfe ist ein segensreicher<br />

Verein. Ohne sie wäre der deutsche Spitzensport<br />

undenkbar. Diese Stiftung hat vor einiger Zeit ein<br />

viel beachtetes Buch herausgegeben. Darin geht es um<br />

Vorbilder aus dem<br />

Sport. Eines dieser<br />

Vorbilder ist Uli<br />

Eicke – 1984 in Los<br />

Angeles Olympiasieger<br />

im Einer-Canadier.<br />

Uli Eicke war<br />

mit Leib und Seele<br />

Spitzensportler. Der<br />

deutsche Olympia-<br />

Boykott in Moskau<br />

brachte ihn 1980<br />

um eine Medaille,<br />

Eicke verlor die<br />

Motivation und<br />

studierte. 1983<br />

kehrte der gebürtige<br />

Wuppertaler mit<br />

Rang fünf bei der<br />

Weltmeisterschaft<br />

in die Weltklasse<br />

zurück. Ein Jahr<br />

später holte er in<br />

Los Angeles olympisches<br />

Gold. 1985<br />

wurde er zum<br />

dritten Mal Vize-<br />

Weltmeister und<br />

beendete seine<br />

Karriere.<br />

Heute arbeitet der<br />

studierte Diplom-<br />

48<br />

Sportlehrer als Heilpraktiker in Düsseldorf. „Ich liebe den<br />

Sport, aber gesund ist er nicht unbedingt“, sagt Uli Eicke.<br />

Heilpraktiker Eicke ist Schmerztherapeut. Medikamente<br />

braucht er nicht, er setzt seine Hände ein.<br />

Was als Erklärung<br />

dafür dienen kann,<br />

dass in seiner Praxis<br />

an der Benrodestraße<br />

im Düsseldorfer<br />

Stadtteil Benrath<br />

gelegentlich Schreie<br />

zu hören sind. „Ich<br />

drücke auf bestimmte<br />

Bereiche der<br />

Muskulatur. Ist der<br />

Muskel intakt,<br />

lachen die Leute.<br />

Wenn man die Stelle<br />

bei einem verkürzten<br />

Muskel richtig trifft,<br />

tut das aber tierisch<br />

weh. “Das Jammern<br />

ist aber nur von<br />

kurzer Dauer. „Nach<br />

einer Minute ist die<br />

Spannung raus aus<br />

dem Muskel, und der<br />

Schmerz ist weg.<br />

Das ist die eine<br />

Therapie. Man kann<br />

auch in diese Muskeln<br />

spritzen, etwa<br />

ein leichtes<br />

Schmerzmittel. Die<br />

manuelle Technik ist<br />

aber ungefährlicher.“


Uli Eicke mag es ungefährlich. Und er ist überzeugt von<br />

seiner Methode. Patienten, die erfolglos an den Bandscheiben<br />

operiert worden sind, kommen zu ihm. Und viele,<br />

denen eine solche Operation droht. Zuletzt kamen Patienten<br />

zu ihm, die seit Jahren und Jahrzehnten unter Schmerzen<br />

leiden, von Arzt zu Arzt gerannt sind, keiner konnte<br />

ihnen helfen. Bis Eicke nur mit der Arbeit seiner Hände<br />

endlich wieder ein Lächeln in die Gesichter der Patienten<br />

„zauberte“.<br />

Von 1987 bis 1995 leitete Eicke den Olympiastützpunkt<br />

Köln-Bonn-Leverkusen, war bis 2008 im Schuldienst und ist<br />

seit 2006 als Heilpraktiker tätig. Er arbeitet nach den<br />

Grundsätzen der Biokinematik des Freiburgers Walter Packi.<br />

Uli Eicke arbeitet intensiv mit Orthopäden zusammen,<br />

denen es nicht nur um die Knochen, sondern auch um die<br />

Muskeln geht. „Das sind leider längst nicht alle“, sagt er.<br />

„Operationen sind immer schmerzhafte Eingriffe. Dabei<br />

liegt das Problem häufig nur in der verkürzten Muskulatur.<br />

Das Problem bei Rückenschmerzen sind nicht zu schwache<br />

Muskeln im Rücken. Das Problem sind die Muskeln vorn –<br />

Bauch, Hüftbeuger, tiefe Beckenmuskulatur. Wenn dort<br />

Verkürzungen auftreten, schmerzt es hinten. Und das passiert<br />

bei all diesem täglichen Wahnsinn. Viel am Schreibtisch<br />

sitzen, viel Auto fahren, viel in den Bildschirm starren“,<br />

sagte Eicke der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.<br />

Rückenschmerzen sind eine Befindlichkeit der Zeit. Uli Eicke<br />

behandelt seine Patienten und zeigt ihnen, wie sie trainieren<br />

können, um ihre Muskeln wieder zu verlängern. Bei ihm<br />

erlernen Patienten Übungen, die sie unabhängig vom Therapeuten<br />

machen.<br />

Ins Kanu steigt der Olympiasieger heute nicht mehr.<br />

Schmerzen hatte der Düsseldorfer in seiner aktiven Zeit<br />

natürlich auch, aber die richtigen Schmerzen kamen erst<br />

nach dem Ende der Karriere. Die machten aus dem Pädagogen<br />

einen Heilpraktiker. Als dann noch ein Tinnitus dazukam,<br />

musste er den Lehrer-Job an den Nagel hängen.<br />

Bekämpft hat er die Ohrgeräusche nicht mit Medikamenten,<br />

sondern mit intensivem Training der Halsmuskulatur.<br />

Mit Erfolg. Das überzeugte Eicke endgültig, auf dem richtigen<br />

Weg zu sein.<br />

Wenn man den ehemaligen Spitzensportler nach seinen<br />

Freizeitbeschäftigungen fragt, sagt er gern „rennen und<br />

sprinten“. Jedenfalls laufen. Aber nicht so, wie es viele<br />

Trainer ihren Zöglingen beibringen: nach vorn gebeugt,<br />

immer kurz vor dem Fallen. „Absoluter Quatsch“, meint<br />

Eicke. „Sprinten, wie ich es mir vorstelle, ist Sprinten wie<br />

Usain Bolt. Seine Armbewegungen sind Ausgleichsbewegungen,<br />

Bolt beugt sich nicht nach vorn, er ist stabil auf<br />

den Beinen und dürfte weniger Schmerzen haben. Ich<br />

versuche zu laufen wie er, wenn auch nicht ganz so<br />

schnell.“ Eicke lacht.<br />

Überhaupt Laufen. Für viele ein Problem. Und leider eines<br />

mit Auswirkungen. Weil viele die Tatsache vergessen, dass<br />

unsere Schuhe unsere Fußmuskulatur quälen. „Bei uns<br />

verkürzt sich die Fußmuskulatur, sie leistet nichts mehr.<br />

Irgendwann wird sie verschwinden“, erklärt Eicke. Dabei<br />

sind die Menschen dazu gemacht, barfuß zu laufen. „Mit<br />

den richtigen Übungen kann man die Fußmuskulatur<br />

zurückholen“, sagt Eicke.<br />

Das ist ein Anfang. Ein vielversprechender. Weil es nicht nur<br />

um die Füße geht. Uli Eicke betont: „Weil der Zustand der<br />

Muskulatur Auswirkungen auf die inneren Organe hat.<br />

Wenn der linke Brustmuskel verkürzt ist, stellt sich ein<br />

Gefühl der Enge ein. Mancher, der einen Herzinfarkt<br />

befürchtet, braucht nur das richtige Training der Brustmuskulatur.“<br />

Da ist einer in seinem Element. Da lebt einer eine Überzeugung.<br />

Die Erfahrungen, die Eicke dabei gesammelt hat,<br />

waren nicht immer nur ausschließlich positiv. Dem olympischen<br />

Höhenflug folgten Abstürze und neue Orientierungen.<br />

Als er den Olympiastützpunkt in Köln in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft zur <strong>Deutsche</strong>n Sporthochschule Köln leitete,<br />

kämpfte er gegen Doping. Wie kaum ein Zweiter. Weil er<br />

wusste, was im deutschen Spitzensport, Realität West,<br />

Sache war und ist.<br />

Es war ein vergeblicher Kampf. Und irgendwann resignierte<br />

Uli Eicke. Wandte sich vom olympischen Spitzensport ab,<br />

der Pädagogik zu. Und irgendwann war Eicke dann Heilpraktiker.<br />

Er nennt den Weg konsequent. Und wenn man<br />

ihm gegenüber sitzt, kann man das nachvollziehen. Uli<br />

Eicke hat seine Mitte gefunden. <strong>Olympische</strong>s Gold machte<br />

ihn zu einem Idol. Sein Lebensweg macht ihn zum Vorbild.<br />

49


Der größte Gestalter<br />

des deutschen Sports:<br />

Willi Daume zum<br />

100. Geburtstag<br />

Von Steffen Haffner<br />

50<br />

Portrait in Öl von Hans Borchert<br />

" Wo Daume hintrat, wuchs<br />

Gras.“ Dieses originelle Lob<br />

Willi Weyers deutet nur an,<br />

mit welch schöpferischer Kraft Willi<br />

Daume ausgestattet war. Am 24. Mai<br />

vor hundert Jahren wurde der größte<br />

Gestalter des deutschen Sports geboren.<br />

Thomas Bach mag den bekennenden<br />

Westfalen, der seinen Geburtsort in<br />

Hückeswagen im Rheinland als Marotte<br />

des Schicksals bezeichnete, an Effizienz<br />

und internationalem Einfluss übertreffen.<br />

Was die Kreativität und die Vielseitigkeit<br />

angeht, wird der Fecht-Olympiasieger<br />

seinen Förderer selbst dann nicht<br />

in den Schatten stellen, wenn er IOC-<br />

Präsident wird. Das hat auch mit den<br />

verschiedenen Zeitumständen und<br />

unterschiedlichen Mentalitäten zu tun.<br />

Daume, der als Freund und Kenner der<br />

schönen Künste weit über die Funktionärswelt<br />

hinausblickte, war ein Visionär<br />

der großen Entwürfe. Dies bewies er<br />

besonders deutlich mit den <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen von München 1972. Sie<br />

waren seine Hervorbringung. Weit<br />

weniger als Bach strebte er Ämter<br />

gezielt an. Sie fielen ihm einfach zu.<br />

Dabei wusste er durchaus Macht als ein<br />

Mittel zur Einflussnahme und Umsetzung<br />

seiner Vorstellungen zu schätzen.<br />

Den Aufstieg an die Spitze hatte dem<br />

kleinen, ein wenig eckig wirkenden<br />

Mann kaum jemand zugetraut. Er lud<br />

zeitlebens dazu ein, ihn zu unterschätzen.<br />

So war ihm nicht anzusehen, dass<br />

er einst im Scherensprung die Höhe von<br />

1,83 Meter, elf Zentimeter über seiner<br />

Körpergröße, meisterte, was bis ins<br />

späte 20. Jahrhundert Rekord seines<br />

Vereins Eintracht Dortmund blieb. Und<br />

dieses explosive Leistungsvermögen<br />

zeichnete ihn auf vielen Feldern aus: im<br />

Sport nicht zuletzt als Handballtorwart,<br />

der für die <strong>Olympische</strong>n Spiele von<br />

Berlin 1936 zum Basketball-Kader<br />

abkommandiert wurde, oder als Tennis-<br />

Enthusiast.<br />

Das vornehm zurückhaltende Auftreten<br />

von „Eisen-Daume“, der seit 1938 die<br />

vom Vater ererbte Eisengießerei in<br />

Dortmund führte, täuschte über seine<br />

Härte hinweg, mit der er seine Ziele


durchsetzte. „Däumling“ wurde der 37-jährige Präsident des<br />

<strong>Deutsche</strong>n Handball-Bundes ein wenig abschätzig genannt,<br />

als der Kompromisskandidat in der Pattsituation zwischen<br />

dem machtvollen <strong>Deutsche</strong>n Fußball-Bund und dem starken<br />

<strong>Deutsche</strong>n Turner-Bund 1950 in Hannover zum ersten Präsidenten<br />

des <strong>Deutsche</strong>n Sportbundes (DSB) gewählt wurde.<br />

Davon war bald nicht mehr die Rede. Denn Daume formte<br />

den DSB konsequent zu einer bedeutenden gesellschaftlichen<br />

Kraft. Als großes Verdienst wird ihm angerechnet, dass er,<br />

nicht zuletzt unter dem Einfluss von Prälat Ludwig Wolker,<br />

die Spaltung des Sports in der Zeit vor 1933 in bürgerlichen,<br />

konfessionellen und Arbeitersport überwand und nach dem<br />

Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen (NSRL)<br />

eine erste gemeinsame freiheitlich-demokratische Organisation<br />

schuf.<br />

Dies setzte auch bei Daume einen Wandel der Überzeugung<br />

voraus. Denn während des Dritten Reichs hatte er den Sport<br />

noch als Beitrag zur militärischen Ertüchtigung propagiert. In<br />

einem Entnazifizierungs-Verfahren wurde das NSDAP-Mitglied<br />

(seit 1937) als „unbelastet“ eingestuft. Nach seiner<br />

eigenen Darstellung sei er auch kurze Zeit für den SD, den<br />

Geheimdienst der SS, tätig gewesen, um einem drohenden<br />

Fronteinsatz in Stalingrad zu entgehen. Seine Berichte seien<br />

so „blödsinnig“ und inhaltsleer gewesen, dass der SD das<br />

Interesse an seiner Mitarbeit verloren habe. Als Unternehmer<br />

hatte er ökonomisch davon profitiert, dass er in seiner Eisenfabrik<br />

als Rüstungsbetrieb auch Zwangsarbeiter beschäftigte.<br />

Guido von Mengden schrieb als erster DSB-Geschäftsführer<br />

und späterer Generalsekretär seinem Präsidenten brillante<br />

Reden und war der geistige Vater von Aktionen wie dem<br />

Zweiten Weg und Programmen für einen besseren Schulsport.<br />

Das Engagement des früheren Generalreferenten von Reichssportführer<br />

Hans von Tschammer und Osten und Stabsleiters<br />

des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen<br />

(NSRL) stellte freilich eine politisch-moralische Belastung dar.<br />

Laut Kennern der Szene soll der Dürener sich ebenso zum<br />

Demokraten gewandelt haben wie sein Nachfolger, der verdienstvolle<br />

langjährige DSB-Generalsekretär Karlheinz Gieseler,<br />

der als Neunzehnjähriger Untersturmführer der Waffen-<br />

SS war.<br />

Mit seinem Einzug in das Internationale <strong>Olympische</strong> Komitee<br />

(IOC), dem er bis 1991 angehörte und zu dessen Vizepräsidenten<br />

er aufstieg, begann 1956 die olympische Karriere<br />

Daumes. 1961 rückte er als Nachfolger Karl Ritter von Halts<br />

an die Spitze des NOK, das er 31 Jahre lang führte. Besonders<br />

der Kampf mit den Politprofis der DDR um die Modalitäten<br />

der gesamtdeutschen Olympia-Mannschaft forderte ihm bis<br />

zu den Sommerspielen von Tokio 1964 einen hohen Einsatz<br />

ab. 1965 gestand das IOC auf seiner Session in Madrid der<br />

DDR ein eigenes Olympiateam zu. Es gehörte zum Wesen<br />

Willi Daumes, dass er aus der Tragik Funken der Hoffnung<br />

schlug. Damals zündete seine Idee, die <strong>Olympische</strong>n Spiele in<br />

Ämter und Ehrungen<br />

Willi Daume<br />

24. Mai 1913 geboren in Hückeswagen<br />

1928: Besucht gemeinsam mit seinem Vater die <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele in Amsterdam<br />

1936: Mitglied im Basketball-Kader der Spiele von Berlin<br />

1949: Bei der Gründung des Nationalen <strong>Olympische</strong>n<br />

Komitees für Deutschland zum Schatzmeister gewählt<br />

1949 bis 1955: Präsident des <strong>Deutsche</strong>n Handball-<br />

Bundes (DHB), danach Ehrenpräsident<br />

1950 bis 1970: Präsident des <strong>Deutsche</strong>n Sportbundes<br />

(DSB), danach Ehrenpräsident<br />

1956 bis 1991: Mitglied des Internationalen <strong>Olympische</strong>n<br />

Komitees, danach Ehrenmitglied<br />

1961 bis 1992: Präsident des NOK, danach Ehrenmitglied<br />

1966 bis 1972: Präsident des Organisationskomitees der<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele von München 1972<br />

1972 bis 1976: Vizepräsident des IOC<br />

1973: Ehrendoktor der <strong>Deutsche</strong>n Sporthochschule Köln<br />

1978 bis 1991: Vorsitzender der Zulassungskommission<br />

des IOC<br />

1979 bis 1988: Präsident der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong><br />

1980: Gescheitert beim Versuch, entgegen dem einhelligen<br />

Votum des Bundestages eine Mannschaft der Bundesrepublik<br />

zu den <strong>Olympische</strong>n Spielen nach Moskau zu<br />

entsenden<br />

1980: Bei der Wahl zum IOC-Präsidenten in Moskau Juan<br />

Antonio Samaranch deutlich unterlegen<br />

1981: Organisator des <strong>Olympische</strong>n Kongresses in Baden-<br />

Baden<br />

1981: zum Präsidenten der Erich-Kästner-<strong>Gesellschaft</strong><br />

berufen<br />

1986: Verleihung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern<br />

und Schulterband, der höchsten Stufe des Verdienstordens<br />

in der Bundesrepublik<br />

1988 bis 1991: Vorsitzender der Stiftung <strong>Deutsche</strong> Sporthilfe<br />

1988: zum Präsidenten des Internationalen Komitees für<br />

Fair Play berufen<br />

1988: Ehrenprofessur der Medizinischen Fakultät der<br />

Universität Freiburg<br />

1992: Verleihung des <strong>Olympische</strong>n Ordens in Gold, der<br />

höchsten Auszeichnung des IOC<br />

2006: posthume Aufnahme in die Hall of Fame des<br />

deutschen Sports (haf.)<br />

51


die Bundesrepublik zu holen. Im Frühjahr 1966 wählte das<br />

IOC München gegen die Mitbewerber Detroit, Madrid und<br />

Montreal zum Austragungsort der Sommerspiele 1972. Daume<br />

erzählte gern, wie unkompliziert solch eine Bewerbung<br />

Fragen an Willi Daume<br />

Ihre Lieblingsbeschäftigung?<br />

Nachdenken oder mit einem Ball spielen<br />

Wer oder was hätten Sie sein mögen?<br />

Arzt<br />

Ihr Traum vom Glück?<br />

Habe keinen<br />

Ihr Lieblingsvogel?<br />

Die Möwe Jonathan<br />

Ihre gegenwärtige Verfassung?<br />

Illusionslos<br />

Ihr Motto?<br />

„Alles im Leben ist Spaß“ (Falstaff bei Shakespeare)<br />

Aus dem Fragebogen des F.A.Z.-Magazins vom<br />

29. Juni 1984<br />

damals vonstatten ging: „Da haben wir uns vier Wochen<br />

vorher überhaupt erst entschlossen. Und dann sind Hans-<br />

Jochen Vogel (der damalige Münchner Oberbürgermeister)<br />

und ich da hingefahren. Da waren wir also gewählt. Und im<br />

Löwenbräu in Rom wurde gefeiert. Da war eine Politikerdelegation<br />

von der CDU. Dabei Krone, ein Liebling von Adenauer.<br />

Und da sagt der zu mir: ‚Ich find’ das ja ganz schön, daß die<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele nach München kommen. Aber sagen Sie<br />

mal, sind Sie extra deswegen nach Rom gekommen?’“<br />

Als Organisationschef setzte der „Olympier“, wie er alsbald<br />

respektvoll genannt wurde, seine volle Energie für dieses<br />

gewaltige Projekt ein und gab 1970 notgedrungen das Amt<br />

des DSB-Präsidenten ab. Bis zum Tag des Terroranschlags<br />

wurden es heitere Spiele, die Athleten und Zuschauer in<br />

harmonischer Feierstimmung erfassten. Daume hatte für das<br />

Design seinen Freund Otl Aicher von der berühmten Ulmer<br />

Hochschule für Gestaltung gewonnen, der zu leichten Farben,<br />

einem zarten Blau, einem luftigen Grün, einem eleganten<br />

Silber griff und mit den olympischen Piktogrammen ein bis<br />

52<br />

auf den heutigen Tag gängiges graphisches Esperanto schuf.<br />

Über der neu geschaffenen Olympialandschaft im zuvor<br />

desolaten Münchner Norden schwebte die Zeltdacharchitektur<br />

Günter Behnischs. Das Ensemble entsprang der Vision<br />

Daumes als Kunstkenner, Freund der Musik und Literatur, die<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele der Welt als Gesamtkunstwerk zu präsentieren.<br />

Ein Konzept, in der sich die Weite seines Denkens mit<br />

seinem Perfektionsdrang und der Liebe zum Detail verband.<br />

Das Attentat auf die israelische Mannschaft zerstörte den<br />

olympischen Frieden und damit Daumes idealistische Absicht,<br />

der Welt das Bild von einem neuen, besseren Deutschland zu<br />

zeigen. Nicht zuletzt der Hauptverantwortliche für die Spiele<br />

musste nun mit dem Vorwurf und seinem Zweifel leben, ob er<br />

nicht fahrlässig mit der Sicherheit der Gäste umgegangen<br />

war. Die moralische Bürde lastete schwer auf ihm, dass ausgerechnet<br />

jüdische Menschen auf deutschem Boden durch<br />

Gewalt ihr Leben verloren. Und das im Herzen eines bis dahin<br />

entspannten Friedensfestes.<br />

Die Ambivalenz des Schicksals blieb Willi Daumes Wegbegleiter.<br />

1980 wäre er gerne als Nachfolger von Lord Killanin<br />

IOC-Präsident geworden. Doch nur fünf Stimmen entfielen<br />

auf ihn, während Juan Antonio Samaranch mit überwältigender<br />

Mehrheit gewählt wurde. In den Augen des <strong>Deutsche</strong>n<br />

war sein (wohl auch sonst nicht zu vermeidender)<br />

Misserfolg die Quittung für den Olympiaboykott der Moskauer<br />

Spiele, für den sich sein NOK auf politischen Druck<br />

hin entschieden hatte – gegen den verzweifelten Kampf<br />

seines Präsidenten.<br />

„Doch Resignation ist kein Standpunkt“, sagte Daume in solch<br />

dunklen Stunden. Ein Jahr nach dem Tief von Moskau folgte<br />

das Hoch des <strong>Olympische</strong>n Kongresses von Baden-Baden, wo<br />

sich die gespaltene Sportwelt wieder vereinte, als hätte es<br />

den Boykott nicht gegeben. Der charismatische Vater der<br />

Münchner Spiele hatte dieses bedeutendste Forum der <strong>Olympische</strong>n<br />

Bewegung mit dem Geist und dem Design von 1972<br />

inspiriert. Es war seine Idee, den Athleten, an der Spitze<br />

Fecht-Olympiasieger Thomas Bach, seinem Nachfolger im IOC<br />

und Nachfahren beim <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n Sportbund,<br />

und Sebastian Coe, dem zweifachen Goldmedaillen-Gewinner<br />

auf den Mittelstrecken, zuletzt Cheforganisator der Spiele von<br />

London, erstmals Rederecht einzuräumen. Da wehte ein<br />

frischer, jugendlicher Wind durch die Konferenzräume. Aus<br />

dieser Initiative entstand die Athletenkommission des IOC, die<br />

längst zu einer Routineveranstaltung geworden ist.<br />

Baden-Baden 1981 markierte nicht zuletzt die Öffnung der<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele für Berufssportler. Auch hier lebte Daume<br />

im Zwiespalt. Denn er sah die Gefahr der totalen Kommerzialisierung,<br />

die Samaranch betrieb, besorgte aber als Vorsitzender<br />

der IOC-Zulassungskommission mit der Öffnung der<br />

Spiele für Berufssportler das Geschäft des Spaniers. Andererseits<br />

war auch seiner Meinung nach die brüchige Bastion des<br />

verlogenen Amateursports nicht länger zu halten. Der dop-


pelbödige Spitzensport taucht sein Verhältnis zur Dopingproblematik<br />

ins Zwielicht. Daume war einer der ersten Offiziellen,<br />

der vehement vor den Gefahren des Anabolika-Dopings<br />

warnte. Andererseits hielt er gegen ausdrücklichen Rat von<br />

Manfred von<br />

Richthofen als<br />

Vorsitzendem der<br />

Anti-Doping-<br />

Kommission des<br />

DSB an Professor<br />

Joseph Keul als<br />

Olympia-Arzt fest.<br />

Dabei deutete<br />

schon damals<br />

Vieles darauf hin,<br />

dass der Freiburger<br />

Mediziner<br />

Sportlern unzulässige<br />

Hilfsmittel<br />

verabreichte. Was<br />

wusste Daume?<br />

Diese Frage wird<br />

erst durch eine<br />

ungebremste<br />

Aufarbeitung der<br />

westdeutschen<br />

Dopingvergangenheit<br />

zu beantworten<br />

sein.<br />

Solche Zweifel<br />

wurden nur intern<br />

an einer alle<br />

überragenden<br />

Persönlichkeit<br />

geäußert. Daume<br />

wurde als der<br />

Vielgestaltige<br />

wahrgenommen,<br />

der überall dort<br />

einsprang, wo Not<br />

am Mann war: ob<br />

als Präsident der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<strong>Gesellschaft</strong><br />

oder als<br />

Vorsitzender der<br />

Sporthilfe, die er<br />

einst begründet<br />

und deren Motor<br />

Josef Neckermann<br />

er „erfunden“ hatte. Unter seinem Rundumeinsatz für den<br />

Sport litt die Familie mit seiner Frau Rosemarie, Tochter<br />

Doreen und Sohn Kay sowie das Unternehmen, für das er<br />

1993 Vergleich anmelden musste. Die Folge: Aus der einsti-<br />

gen finanziellen Unabhängigkeit wurde Armut, die nur durch<br />

wohltätige Hilfen gelindert wurde. Als er zu spät und widerwillig<br />

von seinen Ämtern ließ, wirkte der Krawattenmann<br />

und Ferrari-Fahrer von einst verbittert und einsam. Am 20.<br />

Willi Daume in der Hall of Fame von Hans Borchert<br />

Mai 1996, kurz vor seinem 83. Geburtstag, erlag Willi Daume<br />

in München einem Krebsleiden. Die Ernte seines unermüdlichen<br />

Schaffens war da längst eingefahren. Von ihr wird der<br />

deutsche Sport noch lange zehren.<br />

53


D<br />

Faszination Bewegung – Sportzeichnungen von Edith Hultzsch<br />

as <strong>Deutsche</strong> Sport & Olympia Museum erinnerte mit einer<br />

Ausstellung an die 2006 verstorbene Künstlerin Edith<br />

Hultzsch, die sich über Jahrzehnte hinweg mit dem Thema<br />

Sport und Bewegung auseinander gesetzt hat.<br />

Fasziniert von der Dynamik des Sports hat sich die Künstlerin<br />

Edith Hultzsch über viele Jahre produktiv mit dem Thema<br />

Bewegung auseinandergesetzt. Die begabte Zeichnerin und<br />

Malerin schuf – nicht zuletzt unter dem Eindruck der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele 1972 – zahlreiche Arbeiten zum Thema Sport<br />

und Bewegung. Im Olympiajahr erschien auch ihr Kunstband<br />

„Sport und Kunst“, in dem 22 Sportarten zeichnerisch dargestellt<br />

sind.<br />

Edith Hultzsch interessiert sich für den ästhetischen Aspekt<br />

sportlicher Bewegung. Von ihr ist der Ausspruch überliefert:<br />

54<br />

„Ich verstehe nichts von Sport. Ich mache es rein optisch, von<br />

der Schönheit der Bewegung her.“ Ihre exakte Darstellung<br />

von Bewegungsabläufen zeigt aber, wie intensiv sich Hultzsch<br />

mit ihrem Gegenstand auseinander gesetzt hat und dass sie<br />

auf künstlerischem Gebiet eine ganze Menge von Sport<br />

verstanden hat!<br />

Bemerkenswert ist vor allem die Arbeitsweise der Künstlerin,<br />

die nicht in der Abgeschiedenheit eines Ateliers, sondern<br />

mitten drin im Sportgeschehen gemalt und gezeichnet hat.<br />

So sind die Pinselzeichnungen, Ölgemälde und Gouachen auf<br />

Papier, in denen Hultzsch sportliche Bewegungen im Bild<br />

festhält, zumeist spontan und unmittelbar am Rande von<br />

Wettkämpfen an Rennbahnen, in Turnhallen und Stadien<br />

entstanden. Mit sicherem Strich erfasst Hultzsch jede noch so<br />

schnelle Aktion: die Schnellkraft des Pfeils beim Bogenschie-


ßen, die archaische Kraft eines Boxschlags oder die Eleganz<br />

gekreuzter Klingen im Fechtsport. Dabei gelingt es ihr, den<br />

typischen Bewegungsablauf einer Sportart auf das Wesentliche<br />

zu reduzieren.<br />

Auch vier Jahrzehnte nach den Spielen von München haben<br />

die mitunter kalligraphisch anmutenden Werke nichts von<br />

ihrer Ausstrahlung verloren. Grund genug für eine Hommage<br />

an die Künstlerin Edith Hultzsch, deren Sportzeichnungen bis<br />

zum 3. Februar <strong>2013</strong> im <strong>Deutsche</strong>n Sport & Olympia Museum<br />

zu sehen waren und jetzt im Hauptgebäude der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sporthochschule Köln zu besichtigen sind.<br />

Edith Hultzsch (1908 – 2006)<br />

Die 1908 in Berlin geborene Edith Hultzsch studierte in ihrer<br />

Heimatstadt Malerei an der Hochschule für Bildende Künste<br />

bei den Malern Prof. Orlik und Prof. Meid. Seit 1952 lebte sie<br />

in Düsseldorf; seit 1995 in Erkrath-Hochdahl bei Düsseldorf.<br />

Als Dozentin für figürliches Zeichnen gab sie ihre Erfahrun-<br />

GALERIE<br />

gen an der Werkschule<br />

Düsseldorf an Schülerinnen<br />

und Schüler weiter.<br />

Das große Thema von Edith<br />

Hultzsch ist die Darstellung<br />

von Bewegung in Sport, Tanz<br />

und im Stierkampf. In der<br />

unmittelbaren Umsetzung<br />

körperlicher Aktion am<br />

Rande sportlicher Wettkämpfe<br />

entstehen faszinierende Arbeiten, die in vielen Einzelausstellungen<br />

in Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal,<br />

Holland, Belgien, Österreich und Argentinien gezeigt wurden.<br />

Ab 1967 begann eine Ausstellungsfolge „Taureaux“ mit Start<br />

in Bonn-Bad Godesberg, die bis 1972 in 25 Städten gastierte.<br />

Die Kunstwerke von Edith Hultzsch sind im Besitz der Bundesregierung,<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen, der Städte<br />

Berlin, Stuttgart, Düsseldorf und in Privatbesitz.<br />

55


Bewegungspatenschaften<br />

Das Projekt „Bewegungspatenschaften“ war<br />

ein voller Erfolg in 2012. Die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> konnte mit ihren<br />

zahlreichen Unterstützern wie der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Kreditbank AG, KNS The Gym, Sports<br />

and Dance Academy und vielen weiteren<br />

56<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />

KOMPAKT<br />

Aktuelles aus der Bundesgeschäftsstelle<br />

regionalen Partner das Thema Bewegung in<br />

die Schulen und Schulklasse bringen. Mehr<br />

als 10.000 Bewegungsstunden konnten<br />

durch das Projekt für die vielen Schülerinnen<br />

und Schüler geschaffen werden.<br />

Bundesweit wurden mit der Ausschreibung<br />

des Projektes „Bewegungspatenschaften“<br />

Schulklassen zur Bewerbung aufgerufen.<br />

Unter den Gewinnern fanden sich Schulklassen:<br />

- denen die finanzielle Möglichkeit für<br />

sportliche Angebote fehlen,<br />

- deren SchülerInnen aus sozial schwachen<br />

Familien stammen,<br />

- deren SchülerInnen aus sozialen Brennpunkten<br />

stammen,<br />

- die einen hohen Migrantenanteil aufweisen,<br />

- deren SchülerInnen sich in der Freizeit<br />

nicht bewegen,<br />

- deren Schule keine Sporthalle zur Verfügung<br />

steht.<br />

Bundesweit haben sich ca. 100 Schulen für<br />

das Projekt „Bewegungspatenschaften“<br />

beworben. Das Spektrum der teilnehmenden<br />

Schulen reichte über Grundschulen bis zu<br />

Haupt- und Realschulen sowie Förderschulen<br />

und Gymnasien. Die Bewegungsangebote<br />

beinhalteten Fußballcamps, Skikursen,<br />

Tanzkursen, Erlebnisparcours u.v.m.<br />

Allein mit unserem Partner KNS The Gym,<br />

Sports and Dance Academy in München<br />

konnten wir mit unserem Projekt mehr als<br />

7.000 SchülerInnen erreichen. Die positive<br />

Resonanz der LehrerInnen und SchülerInnen<br />

wie auch der Projektpartner lässt uns zu der<br />

Überzeugung gelangen, das Projekt auf<br />

jeden Fall in <strong>2013</strong> fortzusetzen.. DOG-<br />

Präsident Harald Denecken zeigt sich<br />

begeistert von der Wirkung des bundesweiten<br />

Projekts: „Mit dem Projekt „Bewegungspatenschaften“<br />

haben wir es als <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> geschafft, das<br />

wichtige Thema Bewegung in die teilnehmenden<br />

Schulen zu bringen. Wir danken<br />

allen Projektpartnern und Schulen für die<br />

tolle Zusammenarbeit:“<br />

Jung, sportlich Fair<br />

Im Rahmen der Ausschreibung „Jung,<br />

sportlich, Fair“, gestiftet von DOG-Förderer<br />

Karl-Heinz-Frenzen, erreichten die weiblichen<br />

Nachwuchswasserballerinnen der<br />

Freien Schwimmer Duisburg 1920 e.V. den<br />

dritten Platz. Die Nachwuchsmannschaft,<br />

die mit Ihrer erfolgreichen und zielstrebigen<br />

Arbeit bereits viele sportliche Erfolge vorzu-


Viel Freude über den 3. Platz bei „Jung, sportlich, Fair“<br />

weisen hat, setzt auch in der Vermittlung<br />

olympischer Werte Akzente. Gemeinsame<br />

Wochenenden, Trainingslager und seit<br />

kurzem die enge Zusammenarbeit<br />

mit einem Mentaltrainer<br />

sollen den Mannschaftsgeist<br />

und das faire Spiel, sowohl<br />

innerhalb der eigenen Mannschaft<br />

wie auch gegenüber<br />

anderen Mannschaften, fördern.<br />

Diese Wertevermittlung wird<br />

bereits in den jüngsten Altersklassen<br />

(ab 7 Jahren) umgesetzt.<br />

Wir gratulieren auf diesem Weg<br />

den Nachwuchswasserballerinnen<br />

der Freien Schwimmer<br />

Duisburg 1920 e.V. sehr herzlich<br />

zum Gewinn des 3. Platzes bei<br />

„Jung, sportlich, Fair“ und<br />

wünschen Ihnen weiterhin viel<br />

Erfolg bei der Fortsetzung dieser hervorragenden<br />

Jugendarbeit.<br />

Baden-Baden<br />

Gala des BBS<br />

Am 28 November 2012 veranstaltete der<br />

Badische Behinderten- und Rehabilitationssportverband<br />

im Europapark Rust eine<br />

Sportlergala. Da der BBS Mitglied der<br />

Zweigstelle Baden-Baden/Südbaden, ist, war<br />

auch die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />

bei diesem besonderen Abend vertreten. Im<br />

Rahmen dieser Gala wurden wie in den<br />

Vorjahren die BBS-Sportler des Jahres<br />

ausgezeichnet. Im Rahmen einer Publikumswahl<br />

via Internet wurden diese gewählt. Bei<br />

den Damen siegte Juliane Wolf (Tischtennis),<br />

gefolgt von der Nachwuchshoffnung Ski<br />

Alpin Anna-Lena Forster und der Fechterin<br />

Simone Briese-Baetke. Die BBS-<br />

Sportlerin des Jahres Juliane<br />

Wolf erhielt einen von der DOG<br />

Baden-Baden/Südbaden gestifteten<br />

Scheck in Höhe von 600<br />

Euro.<br />

Bei den Herren setzte sich<br />

erwartungsgemäß der dreifache<br />

Medaillengewinner der Paralympics<br />

in London Tobias Graf<br />

(Radsport) durch. Zweiter und<br />

Dritter wurden die Skilanglaufund<br />

Biathlon-Asse Martin Fleig<br />

und Willi Brem. Der Titel „Mannschaft<br />

des Jahres“ ging wie<br />

bereits 2010 an die harten Jungs<br />

von „The Rebels Karlsruhe“, die auch in den<br />

vergangenen zwei Jahren die Rollstuhlrugby-Szene<br />

in Deutschland und Europa domi-<br />

BBS-Präsident Dr. Erwin Grom, "Patin" Christina Obergföll,<br />

BBS-Sportlerin des Jahres Juliane Wolf, Arnulf<br />

Meffle und Harald Denecken<br />

nierten. Zweiter wurden die Sitzballerinnen<br />

der SG Karlsruhe-Bühl, gefolgt vom erfolgreichen<br />

Faustballteam der BSG Offenburg.<br />

Eine stimmungsvolle<br />

Ehrung der Besten<br />

Es ist dann mal wieder ein ebenso spannender<br />

wie stimmungsvoller Abend geworden.<br />

Die Sportredaktion des Badischen Tagblatts<br />

hatte am 15. Februar ins Alte E-Werk zu<br />

Baden-Baden geladen. Dort mit Preisen und<br />

Pokalen zu ehren, galt es einmal mehr die<br />

regionalen Sportler des Jahres 2012. Die<br />

Curlerin Nicole Muskatewitz, der Triathlet<br />

Christian Müller sowie die Bundesligavolleyball<br />

des TV Bühl machten diesmal das<br />

Rennen bei der sogenannten Jury-Wahl.<br />

Den Leserpreis wiederum erhielten Handball-Torjäger<br />

Simon Bornhäuser, seine<br />

Mannschaft, der TV Sandweider, sowie die<br />

Hochspringerin Anne Klebsch von der TG<br />

Ötigheim.<br />

Eröffnet wurde der Abend mit begrüßenden<br />

Worten von BT-Chefredakteur Markus<br />

Langer und Hubert Edelmann, Vorstandsmitglied<br />

der Volksbank Baden-Baden/Ra-<br />

Armin Zeitvogel und Frank Ketterer<br />

statt, dem BT-Partner bei der alljährlichen<br />

Sportlerwahl. Den ersten Preis des Abends<br />

wiederum vergab Frank Ketterer, der Leiter<br />

der BT-Sportredaktion. Er zeichnete Armin<br />

Zeitvogel für dessen Verdienste rund um die<br />

bundesweite Hilfsaktion „Handballer für<br />

Handballer“ zugunsten des an Leukämie<br />

erkrankten Handball-Weltmeisters von 1978<br />

(Arnulf Meffle, Anm. d. Red.) mit dem<br />

Ehrenpreis der BT-Sportredaktion aus.<br />

Zeitvogel habe sich in beispielhafter Art und<br />

Weise für eine gute Sache eingesetzt. „Er<br />

hat sich gekümmert“, stellte Ketterer in<br />

seiner Laudatio fest. (…)<br />

Badisches Tagblatt<br />

Berlin<br />

DOG-Jahresabschluss 2012 mit<br />

zwei besonderen Ehrungen<br />

Im stilvollen Ambiente des Berlin Capital<br />

Clubs ehrte der Landesverband Berlin der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> am 17.<br />

Dezember 2012 zwei seiner Mitglieder für<br />

ihre besonderen Verdienste. Für seine 60jährige<br />

Mitgliedschaft in der DOG wurde der<br />

Golf- und Land-Club Berlin-Wannsee<br />

(GLCBW) geehrt. Er ist der älteste Golfclub<br />

in Deutschland, gegründet im Jahr 1895<br />

von britischen und amerikanischen Diplomaten.<br />

Gleichzeitig wurde das Berliner Wohnungsunternehmen<br />

degewo für seinen besonderen<br />

Einsatz – die materielle und finanzielle<br />

57


Unterstützung unseres Projektes „Kinder<br />

bewegen“ – mit der Plakette für Besondere<br />

Leistungen im Sport und der <strong>Olympische</strong>n<br />

Idee ausgezeichnet. Die degewo ist mit über<br />

72.000 verwalteten Wohnungen und rund<br />

1.000 Mitarbeitern das führende Wohnungsunternehmen<br />

in Berlin.<br />

Bei der Übergabe der Ehrenurkunden an Dr.<br />

Frank-Peter Muschiol (Präsident des GLCBW)<br />

und Frank Bielka (Vorstand der degewo)<br />

stellte der Ehrenpräsident des Landesverbandes<br />

Berlin der DOG, Hans-Jürgen<br />

Bartsch, die besonderen Verdienste heraus,<br />

die sich beide Institutionen bei der Förderung<br />

der <strong>Olympische</strong>n Idee erworben haben.<br />

So wurde der GLCBW nicht nur wegen<br />

seiner treuen Mitgliedschaft in der DOG<br />

geehrt. Der Club, der aufgrund seiner<br />

besonderen Förderung von Kindern und<br />

Jugendlichen, vom <strong>Deutsche</strong>n Golf Verband<br />

wiederholt mit dem Bundespreis „Zukunft<br />

Jugend“ für die beste Nachwuchsarbeit und<br />

vom DOSB und der<br />

Commerzbank mit<br />

dem „Grünen Band“<br />

für besondere<br />

Leistungen im<br />

Jugendsport ausgezeichnet<br />

wurde,<br />

zeigt deutlich, wie<br />

wichtig es ist, der<br />

Jugend die Freude<br />

am Sport und an<br />

der eigenen Leistung<br />

zu vermitteln.<br />

Mit der degewo<br />

verbindet die<br />

Berliner DOG eine<br />

enge Partnerschaft<br />

bei der Umsetzung des Kindergartenprojekts<br />

„Kinder bewegen“. Dank dieser sehr intensiven<br />

und konstruktiven Zusammenarbeit<br />

Matthias Bartsch (Schatzmeister DOG Berlin), Frank Bielka<br />

(Vorstand degewo), Dr. Frank-Peter Muschiol (Präsident<br />

des GLCBW), Hans-Jürgen Bartsch (Ehrenpräsident DOG<br />

Berlin), Dieter Krickow (Präsidiumsmitglied DOG Berlin)<br />

58<br />

können rund 240 Kinder der Kitas Ackerstraße,<br />

Omas Garten, Rosa Marzipan und<br />

Kinderparadies in Berlin-Wedding seit<br />

Herbst 2010 regelmäßig Sport treiben.<br />

Dieses Angebot stößt sowohl bei den<br />

Kindern als auch bei den Eltern und Erziehern<br />

auf große Begeisterung. Für die tatkräftige<br />

Unterstützung dieses Projekts gilt<br />

der degewo ein großer Dank.<br />

Dass mit dem Abschluss der Ehrungen ein<br />

weiteres persönliches Mitglied für die DOG<br />

geworben wurde, darf man schon als<br />

Ehrensache feststellen.<br />

Dieter Krickow/Alexander Dorner<br />

Rotary-Club Berlin-Zitadelle<br />

unterstützt DOG-Partner-Kita<br />

Schöne Bescherung vor dem Weihnachtsfest:<br />

Über neue Sportgeräte wie Trampoline,<br />

Kletterbretter oder Hula-Hoop-Reifen konn-<br />

ten sich die Kids der Kindertagesstätte „Omas<br />

Garten“ im Wedding freuen. Die Kita ist<br />

Partner im Projekt „Kinder bewegen“ der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />

Berlin. Die Neuanschaffungen<br />

wurden ermöglicht durch<br />

eine großzügige Spende des<br />

Rotary-Clubs Berlin-Zitadelle.<br />

Dessen Vorsitzender Dr. Gunnar<br />

Berghöfer (rechts im Bild) und<br />

Schatzmeister Harald Kussin<br />

(links) übergaben die Sportgeräte<br />

kurz vor Weihnachten an Kita-<br />

Leiterin Magdalena Heinisch<br />

(Dritte von links), die Erzieherinnen<br />

und Kinder.<br />

Alexander Dorner<br />

Cottbus<br />

Sportgala der Stadt Cottbus<br />

Traditionell und besonders nach dem<br />

erfolgreichen Olympiajahr für viele Cottbuser<br />

Sportlerinnen und Sportler, galt es am<br />

18. Januar <strong>2013</strong> in den Räumen der Sparkasse<br />

Spree-Neiße für die DOG Ortsgruppe<br />

Cottbus Danke zu sagen und die hervorragenden<br />

Leistungen zu würdigen.<br />

In den Räumen der Sparkasse Spree-Neiße<br />

wurden gleich drei erfolgreiche Trainer mit<br />

der Plakette für besondere Leistungen im<br />

Sport und der <strong>Olympische</strong>n Idee der DOG<br />

ausgezeichnet. Alle drei Ausgezeichneten<br />

waren einst selbst Spitzenathleten und<br />

arbeiten heute mit viel Engagement, Ausdauer<br />

und Herzblut am OSP Brandenburg<br />

im Bereich Cottbus.<br />

Eyk Pokorny ist seit 2007 Trainer u.a. von<br />

Maximilian Levy, Eric Balzer, Erik Engler,<br />

Philipp Thiele. Seit dieser Zeit errangen die<br />

von ihm trainierten Sportler bei den verschiedensten<br />

internationalen Top-Events 26<br />

Medaillen, hier ragen natürlich die 3 olympischen<br />

Medaillen von Maximilian Levy<br />

(2008 Bronze sowie 2012 Silber und Bronze)<br />

heraus.<br />

Ralf Paulo kümmert sich mit großer Leidenschaft<br />

in Cottbus um die Rollstuhlbasketballer,<br />

Sitzvolleyballer und Leichtathleten und<br />

hat wesentlich dazu beigetragen, dass diese<br />

Sportarten und einzelnen Disziplinen in<br />

leistungssportliche Strukturen verankert<br />

werden konnten. Höhepunkte als Trainer<br />

waren der Gewinn der paralympischen<br />

Silbermedaillen von Rayk Hauke in Sydney<br />

2000 und von Frances Herrmann 2008 in<br />

Peking im Diskus.<br />

Karsten Oelsch kam im Jahr 2005 als<br />

Nachfolger von Bernd Heide als Cheftrainer<br />

nach Cottbus. In seiner bisherigen Trainertätigkeit<br />

ragen die beiden Vizeweltmeistertitel<br />

von Philipp Boy heraus. Er sieht sich<br />

mit seiner Arbeit als Bestandteil des Teams.<br />

Dieser Teamgedanke ist die Stärke von<br />

Karsten, der als „Cheftrainer“ den Trainerstab<br />

des Bundesstützpunktes Turnen/Trampolin<br />

führt und den bisherigen erfolgreichen<br />

Weg mit seinem Trainerteam fortsetzen<br />

möchte.<br />

Oft sind es aber die „stillen Stars im Hintergrund“,<br />

die Spitzenleistungen, den Zusammenhalt<br />

im Verein und die sportliche


Vielfalt in einer Stadt erst möglich machen.<br />

So wurden an diesem Abend auch verdienstvolle<br />

Mitglieder und Förderer der<br />

<strong>Olympische</strong>n Idee mit der Goldenen Ehrennadel<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />

gewürdigt.<br />

Iris Nerretig, ist nicht nur eine engagierte<br />

Lehrerin, sondern auch ehrenamtliche<br />

Trainerin beim SV Energie Cottbus e.V.<br />

Abteilung Volleyball. Eine Trainerin mit Leib<br />

und Seele. Hauptberuflich ist sie seit vielen<br />

Jahren an der Lausitzer Sportschule als<br />

Volleyball-Lehrertrainerin beschäftigt. Sie ist<br />

seit Beginn der Etablierung des Frauenvolleyballs<br />

an dieser „Elite Schule des Sports“<br />

dabei. Ihr Herz und Ihre Leidenschaft<br />

gehören besonders der Nachwuchsarbeit -<br />

ehrenamtlich trainiert und sucht sie Talente<br />

an den Cottbuser Grundschulen. Darüber<br />

hinaus pflegt sie seit vielen Jahren die<br />

Beziehungen zu den Volleyballerinnen in<br />

Zielona Gora. Sie organisiert Trainingslager,<br />

Wettkämpfe und Fortbildungen. Wie kaum<br />

Peter Przesdzing ist sichtlich gerührt nach<br />

der Auszeichnung mit der Goldenen Ehrennadel<br />

der DOG<br />

eine andere Lehrerin engagiert sich sie für<br />

die <strong>Olympische</strong> Sportart Volleyball und seine<br />

Verbreitung.<br />

Heinz Bundesmann, der langjährige Vorsitzende<br />

des ESV Lok Cottbus e.V., ist untrennbar<br />

mit seinem Verein und dessen Erfolgen<br />

verbunden. Er ist ein Macher. Ob als Verantwortlicher<br />

für die Vereinsanlage in Goyatz<br />

oder die Belange der einzelnen Abteilungen.<br />

Er fühlt sich nicht nur verantwortlich,<br />

sondern löst die Aufgaben. Viele Sportveranstaltungen<br />

hat er in seiner Verantwortung<br />

durchgeführt. Besonders setzt er sich für<br />

Kinder und Eltern aus sozial schwachen<br />

Verhältnissen ein, dass auch sie die Möglichkeit<br />

des Sporttreibens und des Urlaubes mit<br />

touristischen Aktivitäten am Schwielochsee<br />

bekommen. Vorbildlich ist sein Wirken im<br />

Sinne des olympischen Gedankens bei der<br />

Nachwuchsarbeit seit mehr als 40 Jahren.<br />

Darüber hinaus wurden der ehrenamtliche<br />

Kampfrichter im Turnen, Olaf Neumann,<br />

sowie der dienstälteste ehrenamtliche<br />

Tennisfunktionär in Brandenburg, Sportfreund<br />

Werner Ludwig, ausgezeichnet.<br />

Standing Ovations und den längsten<br />

Applaus erhielt der ausgezeichnete und<br />

einstige Werkleiter des Sportstättenbetriebes<br />

Peter Przesdzing. Der ehemalige<br />

Hammerwerfer hat sich über 35 Jahre<br />

über das Gewöhnliche für den Sport in<br />

der Stadt Cottbus eingesetzt. Tag und<br />

Nacht hat er auftretende Probleme im<br />

Sinne des Sports gelöst. Unzählige Sportveranstaltungen<br />

im Sportzentrum, dem<br />

Stadion der Freundschaft oder in der<br />

Stadt Cottbus wären ohne seinen selbstlosen<br />

Einsatz in der Anzahl und Qualität<br />

nicht möglich gewesen. Die gesamte<br />

Cottbuser Sportfamilie verneigte und<br />

bedankte sich bei ihm für sein Engagement<br />

und seine große Hilfs- und Einsatzbereitschaft.<br />

Przesdzing ist aktives Mitglied<br />

der DOG-Stadtgruppe.<br />

Tobias Schick<br />

Darmstadt<br />

Vielfältiges und umfangreiches<br />

Jahresprogramm<br />

Die Podiumsdiskussion im Herbst „Fair Play<br />

– ein Thema für Darmstadt“ brachte Vieles<br />

ins Rollen. Die Aussagen der beteiligten<br />

Oberstufenschülern, dass „Fair Play“ bereits<br />

im frühen Lebensalter eingeübt werden<br />

sollte, veranlasste die DOG Darmstadt für<br />

die ortsansässigen Grundschulen einen Fair<br />

Play Wettbewerb ins Leben zu rufen. Unterstützende<br />

Maßnahmen werden in einer Fair<br />

Play Werkstatt entwickelt.<br />

Wissend um die Bedeutung von Bewegung<br />

in unserer Zeit wurde ebenfalls ein breitensportlicher<br />

Wettbewerb ausgeschrieben.<br />

Inspiriert wurden die Darmstädter dabei von<br />

der DOG Odenwald. Mit diesem Wettbewerb<br />

sollen Grundschulen, die sportlich aktiv sind,<br />

belohnt werden und andere Grundschulen<br />

einen Anreiz erhalten, sich auf einen sportlichen<br />

Weg zu begeben.<br />

Am 1. März ist eine Wanderung für die<br />

Mitglieder und Freunde der DOG Darmstadt<br />

geplant. Ein Abendessen mit einem Vortrag<br />

des Sicherheitsbeauftragten des SV Darmstadt<br />

98 schließt sich daran an.<br />

Im Juni erfolgt die Ehrung der südhessischen<br />

Coubertin-Preisträger. Diese Veranstaltung<br />

wird in enger Zusammenarbeit mit dem Circus<br />

Waldoni und der ehemaligen hessischen<br />

Kultusministerin Karin Wolff durchgeführt.<br />

Schon zur Tradition geworden ist die Teilnahme<br />

und Präsentation der DOG beim<br />

alljährlichen Sport- und Spielfest der Stadt<br />

Darmstadt.<br />

Bei der im Oktober stattfindenden Podiumsdiskussion<br />

wird die derzeitige Fußballfanproblematik<br />

aufgegriffen. Titel der Veranstaltung:<br />

„Fair Play auf und neben den<br />

Darmstädter Fußballplätzen“<br />

Norbert Lamp<br />

Hamburg<br />

DOG Hamburg Siegel<br />

Der Landesverband Hamburg hat zum<br />

Jahresende erneut sein DOG Hamburg<br />

Siegel ausgegeben. Diese Auszeichnung<br />

verleiht der Hamburger Vorstand jeweils im<br />

olympischen Jahr an Instuitionen, die sich<br />

um die <strong>Olympische</strong> Idee in der Metropolregion<br />

verdient gemacht haben. Die Vereine<br />

können sich alle zwei Jahre für jeweils eine<br />

Olympiade für das Siegel bewerben. 2012<br />

wurden der Phönix Sport Hamburg e.V. und<br />

die TopSportVereine Metropolregion Hamburg<br />

e.V. für ihr Engagement ausgezeichnet.<br />

Phönix Sport Hamburg e.V. wurde vor knapp<br />

zwei Jahren von Menschen mit geistiger<br />

Behinderung und deren Eltern gegründet.<br />

Der Verein versteht es auf einmalige Weise<br />

durch Selbsthilfe geistig Behinderten einen<br />

sportlichen Anlauf- und Mittelpunkt zu<br />

stellen, der diesen Menschen durch die<br />

olympischen Werte ein überzeugendes<br />

Selbstwertgefühl vermittelt und somit für<br />

deren Eingliederung sorgt.<br />

TopSportVereine Metropoloregion Hamburg<br />

e.V. ist der Zusammenschluss der 25 größten<br />

Sportvereine Hamburgs. Dieser Zusammenschluss<br />

wiederum veranstaltet über die<br />

normalen sportlichen Vereinsangebote<br />

hinaus, jährlich in der Region ein Sichtungssportfest,<br />

die Kinder-Olympiade für Kinder<br />

zwischen 5 und 10 Jahren. In verschiedenen<br />

Wettbewerben wird Geschicklichkeit, Koor-<br />

59


dinationsfähigkeit<br />

und Ausdauer<br />

gefördert. Auch hier<br />

sieht der Hamburger<br />

Vorstand eine ideale<br />

olympische Wertevermittlung,<br />

die<br />

dazu führt, dass<br />

sich Kinder intensiver<br />

mit sportlichen<br />

Angeboten auseinandersetzen.<br />

Thomas Metelmann,<br />

1. Vorsitzender des<br />

Landesverbandes Hamburg, meint dazu:<br />

„Hier versuchen wir die Theorie mit der<br />

Praxis zielgerichtet in Verbindung zu bringen,<br />

in dem wir den olympischen Wertebestand<br />

als Siegel sichtbar in die Vereine der<br />

Stadt bringen!“<br />

Kiel<br />

DOG lädt zum Lunch<br />

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem<br />

Rekord-Prinzip im modernen Leistungssport<br />

stand im Mittelpunkt des Olympia-Lunches<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong><br />

Kiel am Mittwoch, 13. Februar, um 12.30<br />

Uhr im Restaurant „Ratskeller“ im Rathaus.<br />

Professor Dr. Claus Tiedemann hat seine<br />

Gedanken zum Thema erläutert und zur<br />

Diskussion gestellt.<br />

Professor Dr. Claus Tiedemann ist seit 1963<br />

Mitglied der DOG und gehörte von 1969 bis<br />

1973 dem Präsidium der <strong>Gesellschaft</strong> an. Er<br />

war seit 1969 am Institut für Leibesübungen<br />

an der Universität Hamburg tätig und<br />

machte sich darüber hinaus als erfolgreicher<br />

Regattasegler einen Namen. Wissenschaftlich<br />

hat sich Professor Tiedemann vor allem<br />

mit sporthistorischen und -philosophischen<br />

Fragen beschäftigt.<br />

Kreis Düren<br />

Jung, sportlich, Fair<br />

Im Rahmen der Ausschreibung „Jung,<br />

sportlich, Fair“ hat der Geschäftsführer der<br />

DOG Kreis Düren Alfred Bergrath dem<br />

Boxring Düren 55 e.V. eine Urkunde für den<br />

2. Platz sowie einen Scheck über 300 Euro<br />

überreicht.<br />

60<br />

Alfred Bergrath (links) und die Preisträger vom Boxring Düren 1955 e.V.<br />

Der Boxring Düren 1955 e.V. ist eine Amateur-Boxverein,<br />

dessen zentrales Augenmerk<br />

die Jugendarbeit und die Förderung von<br />

Nachwuchstalenten ist. Jenseits des sportlichen<br />

Trainings sind das Fair Play, der Teamgeist<br />

und die Integration von Migranten<br />

wichtiger Bestandteil der täglichen Vereinsarbeit.<br />

Auf Grund dieser wichtigen Vereinsarbeit<br />

wurde der Boxring Düren 1955 e.V.<br />

zum Botschafter der Stadt<br />

Düren ernannt. Der Bürgermeister<br />

der Stadt Düren Paul Larue<br />

verkündet dies stets mit einem<br />

gewissen Stolz.<br />

Auch abseits des Trainings in der<br />

Sporthalle setzt der Zweitplazierte<br />

von „Jung, sportlich, FAIR“<br />

Akzente. Der Boxring Düren<br />

1955 e.V. betreut ebenso drei bis<br />

vier Jugendliche, die Sozialstunden<br />

abzuleisten haben. Viele<br />

Institutionen vertrauen dem<br />

Verein ihre Schützlinge an.<br />

Die Arbeit des Vereins ist vor<br />

diesem Hintergrund aller Ehren<br />

wert und daher mit dem zweiten<br />

Platz der Ausschreibung „Jung, sportlich,<br />

FAIR“ ausgezeichnet worden. Wir gratulieren<br />

dem Boxring Düren 1955 e.V. sehr herzlich.<br />

Odenwaldkreis<br />

Förderaktion der<br />

DOG Odenwald<br />

Die Zweigstelle Odenwald der DOG und der<br />

Sportförderkreis Olympia Odenwald vergaben<br />

am 21. Februar im Rahmen einer<br />

Feierstunde in der Sparkassen-Hauptstelle in<br />

Erbach an insgesamt 41 junge Sportlerinnen<br />

und Sportler die Förderbeiträge der zum 18.<br />

Mal in Folge im Jahr 2012 durchgeführten<br />

Spendenaktion<br />

„Junge Könner<br />

brauchen Gönner“.<br />

Mit dieser Zahl von<br />

jungen Athleten, die<br />

mit einem Förderbetrag<br />

bedacht wurden,<br />

erreichte die<br />

DOG eine neue<br />

Rekordmarke<br />

gegenüber 38 im<br />

Vorjahr. Damit ist<br />

die DOG aber an die<br />

Grenze des Machbaren<br />

angelangt, wie<br />

der DOG-Vorsitzende Johann Weyrich<br />

bekennen musste. Die Feier wurde von<br />

Karina Schuller mit der Klarinette musikalisch<br />

umrahmt.<br />

Ausgewählt wurden Sportlerinnen und<br />

Sportler zwischen 12 und 22 Jahren, die im<br />

Odenwaldkreis wohnen und Erfolge ab der<br />

Hessenmeisterschaft erreicht haben. Die<br />

Eine Gruppe von jungen Sportlerinnen und Sportlern, die<br />

bei der jüngsten Förderaktion der Zweigstelle Odenwald<br />

ausgezeichnet wurden. Links der Vorsitzende Johann<br />

Weyrich und rechts Vorstandsmitglied Willi Hartmann<br />

erfreulich hohe Zahl von erfolgreichen<br />

Nachwuchssportlerinnen und Sportler zeige,<br />

dass der Sport im Odenwaldkreis neben der<br />

Breitenarbeit auch erfolgreich in der Spitze<br />

ist, meinte Weyrich.<br />

Möglich sei diese Aktion nur durch Sponsoren.<br />

So hätten 15 Geschäfte und Betriebe,<br />

17 Privatpersonen, Städte und Gemeinden,<br />

der Odenwaldkreis, die HSE-Stiftung und die<br />

Sparkasse insgesamt 5.830 Euro gespendet,<br />

die DOG habe aus eigenen Mitteln noch 620<br />

Euro draufgelegt, so dass mit 6.450 Euro<br />

auch die höchste Summe in der 18jährigen<br />

Fördergeschichte zusammengekommen sei.<br />

Die Erfolge des Sportnachwuchses habe<br />

man Zeitungsberichten entnommen, aber<br />

auch Meldungen von Vereinen erhalten, gab


DOG-Vorstandsmitglied Willi Hartmann<br />

bekannt. Es seien auf die Anschreiben der<br />

DOG 50 Rückantworten eingegangen, davon<br />

seien 41 ausgewählt worden. Die Auswahl<br />

sei ihm wahrlich nicht leicht gefallen. Für<br />

Diejenigen, die eine Absage erhalten hätten,<br />

gebe es als Trostpflaster Präsente. Der<br />

ausgewählte Sportnachwuchs kommt aus<br />

13 Kommunen des Kreises und hat Erfolge<br />

in 13 Sportarten aufzuweisen.<br />

Die Idee für diese Aktion, die im Jahr 1994<br />

gestartet wurde, kam vom damaligen<br />

Vorsitzenden und jetzigen Ehrenvorsitzenden<br />

Ein Blick in den vollbesetzten Konferenzsaal der Sparkasse<br />

in Erbach bei der Vergabe der Fördergelder für die Aktion<br />

„Junge Könner brauchen Gönner“<br />

der DOG Odenwald, Hubert Hey. „Wir wollten<br />

die Leistungen des Sportnachwuchses<br />

herausstellen und damit Mut zur Leistung<br />

machen“, so Hey bei seinem Statement.<br />

Lob und Anerkennung für die DOG-Aktion<br />

zollten der erste Kreisbeigeordnete Oliver<br />

Grobeis, der Sportkreisvorsitzende Klaus-<br />

Dieter Neumann, Manfred Heiss für den<br />

Vorstand der HSE-Stiftung und im Namen<br />

der anwesenden Bürgermeister, Erbachs<br />

Rathauschef Harald Buschmann. Für die<br />

Sparkasse sprach Frank Weichel, der auch<br />

als Finanzfachmann im geschäftsführenden<br />

Vorstand der DOG mitarbeitet.<br />

Hartmann und Weyrich vergaben dann die<br />

Geldpreise an den Sportnachwuchs. Per<br />

PowerPoint-Präsentation gab DOG-Geschäftsführerin<br />

Christina Schuller den<br />

Anwesenden im Konferenzsaal des Geldinstitutes<br />

die Gelegenheit, die Erfolge des<br />

ausgezeichneten Sportnachwuchses nachzuvollziehen.<br />

Dass die Eltern ihren Teil zum<br />

Erfolg ihrer Kinder durch Fahrten zu Trainingsstätten<br />

und Wettkämpfen beitragen,<br />

wurde ebenfalls deutlich. Ein Trainingsauf-<br />

wand von bis zu 15 Stunden pro Woche ist<br />

keine Seltenheit.<br />

Das Stipendium der HSE-Stiftung ging an<br />

Jonas Rutsch (TV Dorf-Erbach), der im<br />

Mountainbike und auch im Straßenfahren<br />

beachtliche Erfolge verzeichnete, unter<br />

anderem einen <strong>Deutsche</strong>n Meistertitel und<br />

zwei zweite Plätze bei den <strong>Deutsche</strong>n<br />

Meisterschaften in verschiedenen Disziplinen.<br />

Die weiteren Namen des Sportnachwuchses:<br />

Jan Gronewold (Ju-Jutsu), Eugen Khitro (Ju-<br />

Jutsu), Georg Keßler (Ju-Jutsu),<br />

Jochen Keßler (Ju-Jutsu), Tanika<br />

Rundel (Ju-Jutsu), Sophia<br />

Schmelzer (Ju-Jutsu), Lisa<br />

Ludolph (Judo, alle JC Erbach),<br />

Daniel Seibold (Ringen, KSV<br />

Wersau), Dawid Wolny (Ringen),<br />

Adrian Wolny (Ringen, beide<br />

Michelstadt/TSV Gailbach), Finn-<br />

Laurenz Klinger (Mountainbike),<br />

Lucille Rutsch<br />

(Mountainbike/Straßenfahren,<br />

beide SV Rai-Breitenbach), Lutz<br />

Staake (Mountainbike/Wasser-<br />

ball, SV Rai-Breitenbach),<br />

Leonhard Blumhoff (Speedskating/Leichtathletik),<br />

Birk Blumhoff(Speedskating/Leichtathletik,<br />

beide RSG Michelstadt/ TSG<br />

Bad König), Victoria Sammet<br />

(Speedskating, RSG Michelstadt), Marlene<br />

Pfeifer (Rasenkraftsport, TV Fränkisch-<br />

Crumbach), Sergen Steinbauer (Karate,<br />

Hesseneck/Budokai Eberbach), Nawapon<br />

Huka (Karate),<br />

Marco Gröschl<br />

(Karate), Julian<br />

Thierolf (Karate, alle<br />

SV Umsu Karate<br />

Höchst), Jülide Sevic<br />

(Karate, Shotokan<br />

Karate Bad König),<br />

Tim Heymann<br />

(Karate, Samurai<br />

Odenwald), Lisa<br />

Schubart (Sommerbiathlon),<br />

Eileen<br />

Schönherr (Sommerbiathlon,<br />

beide<br />

SV Hüttenthal),<br />

Patrick Sattler<br />

(Motorrad-Trial), André Sattler (Motorrad-<br />

Trial, beide Reichelsheim/MSV Hammelbach,<br />

Nikolas Renner (Sportschießen), David<br />

Koenders (Sportschießen, beide SV Hüttenthal),<br />

Michael Fischer (Sportschießen, SV<br />

Rai-Breitenbach), Felix Hammann (Bogen-<br />

schießen), Ariane Struick (Bogenschießen),<br />

Lorena Müller (Bogenschießen, alle TV<br />

Michelstadt), Maximilan Schröder (Boxen,<br />

Kampfkunst Michelstadt), Kimberly Klingelhöfer<br />

(Boxen), Thomas Ens (Boxen, beide<br />

TSV-BV Erbach), Jonas Uster (Orientierungslauf,<br />

LGO/TSG Bad König), Kris Jost (Handball,<br />

Fränkisch-Crumbach/TV Groß-Wallstadt),<br />

Florian Bowitz (Stepptanz, Ballettschule<br />

Krings), René Leißler (Rasenkraftsport,<br />

TV Fränkisch-Crumbach).<br />

Gerd Waßner<br />

Odenwald-Tauber<br />

Ehrung der Zweigstelle<br />

Mit dem Ziel vorbildlich faires Verhalten<br />

anzuerkennen und beispielhaft darzustellen,<br />

verbunden mit dem Aufruf Fairness überall<br />

zu pflegen, hatte die DOG-Zweigstelle<br />

Odenwald-Tauber heuer bereits zum zwölften<br />

Mal unter dem Slogan „Fair geht vor!“<br />

einen Fairness-Preis ausgeschrieben. Sie will<br />

damit ein deutliches Zeichen setzen gegen<br />

Unfairness und Intoleranz. Weitere große<br />

Anliegen der DOG-Zweigstelle sind die<br />

Anerkennung herausragender sportlicher<br />

Leistungen sowie besonderen Engagements<br />

im Ehrenamt und verstärkte Einbindung des<br />

Sportes in den Schulbetrieb.<br />

Zur Übergabe der Auszeichnungen 2012<br />

hatte die Zweigstelle Odenwald-Tauber<br />

nach Tauberbischofsheim ins Turmzimmer<br />

der Volksbank Main-Tauber eingeladen.<br />

Dazu hieß die Vorsitzende Elisabeth Krug die<br />

zu Ehrenden sowie DOG-Mitglieder und<br />

Gäste herzlich willkommen. Grüße entbot<br />

sie insbesondere dem Hausherrn und<br />

Gastgeber, den Bürgermeistern und last but<br />

not least dem Gründungs- und Ehrenvorsit-<br />

61


zenden Rudi Arnold. Kurz schilderte sie Ziele<br />

und Visionen der DOG, verwies auf die völlig<br />

ehrenamtlich organisierte Zweigstelle und<br />

deren Arbeit im Neckar-Odenwald-Kreis und<br />

im Main-Tauber-Kreis bzw. den drei Sportkreisen<br />

dieser Region: Buchen, Mosbach<br />

und Tauberbischofsheim. Sie verband damit<br />

die Erwartung, dass die Auszuzeichnenden<br />

als Vorbilder gesehen werden und in der<br />

Region viele Nachahmer finden. Zu einem<br />

so besonderen Abend entbot auch Volksbank-Vorstand<br />

Robert Haas herzliche Grüße<br />

und stellte fest, dass bei den Volksbanken<br />

das DOG-Leitmotiv „Leistung macht Spaß!“<br />

auch sehr gut zum System passe. Ein<br />

Willkommen in Tauberbischofsheim entbot<br />

auch Bürgermeister-Stellvertreter Baumann,<br />

der dem Engagement der DOG Lob und<br />

Anerkennung zollte. Er schloss seine Ausführungen<br />

mit Glückwünschen an alle<br />

Auszuzeichnenden.<br />

Elisabeth Krug gab einen kurzen Rückblick<br />

auf das Jahr 2012 für die DOG im Allgemeinen<br />

mit Höhepunkten wie Fußball-EM und<br />

<strong>Olympische</strong>n Spielen und speziell für die<br />

Zweigstelle auf den 2. Integrativen Sporttag<br />

in Lauda, der mit über 800 teilnehmenden<br />

Schülern, knapp 200 Volunteers und zahlreichen<br />

Ehrengästen durchaus einen Hauch<br />

von olympischem Geist und Flair verspüren<br />

ließ und ganz im Sinne der Initiatoren das<br />

Miteinander von Jugendlichen mit und<br />

ohne Behinderung förderte – es ging nicht<br />

um das ICH sondern das WIR, nicht um den<br />

Sieg sondern die Gemeinsamkeit. Sie verwies<br />

auf das rege Sportgeschehen in der<br />

Region und zollte Dank den ungezählten<br />

Ehrenamtlichen, den unverzichtbaren stillen<br />

Helfern. Dann nahte der mit Spannung<br />

erwartete Moment, die Vergabe der Auszeichnungen.<br />

Die DOG-Plakette für besondere Leistungen<br />

im Sinne der olympischen Idee wurde dem<br />

TSV Marbach zuerkannt, dessen für eine<br />

300-Seelen-Gemeinde außergewöhnlichen<br />

Verdienste im Bereich Schießsport Laudator<br />

M. Geidl darlegte. Der DOG-Schulpreis<br />

wurde zweimal vergeben. Einmal an die<br />

Kaufmännische Berufsschule Bad Mergentheim,<br />

deren sportlicher Schwimm-Erlebnistag<br />

gemeinsam mit Behinderten zu einem<br />

außerordentlichen Ereignis wurde, wie<br />

Laudator H. Hummel darzustellen wusste.<br />

Die zweite Schul-Plakette erhielt das Burghardt-Gymnasium<br />

in Buchen. Laudatorin<br />

Weniger stellte das überdurchschnittliche<br />

Sportangebot des BGB vor, einer Schule mit<br />

Sport-Profil. Sie verwies auf den Stellenwert<br />

der Sportförderung am BGB aus der Er-<br />

62<br />

kenntnis, welch großen Einfluss Sport auf<br />

die Entwicklung gerade bei Jugendlichen<br />

habe.<br />

Auch die Fair Play-Plakette konnte zweimal<br />

vergeben werden. Eine gab es für Heinke<br />

Breunig aus Sulzbach. K. Schüler dokumentierte<br />

das vorbildliche und faire Verhalten<br />

der Schülerin. Bei den badischen Jugendmeisterschaften<br />

war sie im Kugelstoßen auf<br />

einen Medaillenplatz gesetzt worden, klärte<br />

jedoch auf Befragen ehrlich und fair den<br />

Irrtum auf – zu ihrem eigenen Nachteil. Die<br />

Fairness-Plakette ist ganz sicher ein sehr<br />

guter Ausgleich zu dem „Verlust“. Die zweite<br />

Fairness-Plakette ging an das Ehepaar<br />

Berberich aus Uiffingen. Sie haben über<br />

einen Zeitraum von 27 Jahren Ute Hörner<br />

aus Weikersheim, Teilnehmerin an den<br />

Paralympics 1992 in Barcelona, Familienanschluss<br />

geboten und ihr dadurch die regelmäßige<br />

Teilnahme an Sportunterricht und<br />

Training ermöglicht. Eine bemerkenswerte<br />

Hilfe, betonte M. Götzelmann. Den Geehrten<br />

galten Glückwünsche und neben der Plakette<br />

mit Urkunde und einem Geldpräsent der<br />

Volksbank honorierte reichlich Beifall Leistungen<br />

und faires sportliches Verhalten.<br />

In ihrem Schlusswort beglückwünschte<br />

Elisabeth Krug alle Geehrten zu ihrem<br />

beispielhaften Verhalten im Sinne der<br />

olympischen Ideale, dankte der Volksbank<br />

und allen Helfern und beschloss damit eine<br />

rundum gelungene Ehrungsveranstaltung.<br />

Anschließend war dann reichlich Raum für<br />

Diskussionen und Einzelgespräche bei einem<br />

kleinen Umtrunk mit Stärkung am Finger-<br />

Food-Buffet.<br />

Walter Jaufmann<br />

Pfalz<br />

100.Geburtstag von Georg<br />

von Opel<br />

Am 18. Mai 2012 wäre Georg von Opel 100<br />

Jahre alt geworden. Ein feierlicher Anlass<br />

für seinen engsten Familienkreis sich im<br />

Restaurant der Opel-Villen in Rüsselsheim<br />

zu treffen - dort wo einst sein ihm sehr<br />

verbundener Onkel Fritz wohnte. Im historischen<br />

Opel Omnibus ging die Fahrt zum<br />

<strong>Deutsche</strong>n Schützenbund nach Wiesbaden,<br />

dessen Präsident er war, zum Opel-Zoo<br />

nach Kronberg, den er schuf und zum<br />

Flörsheimer Ruderclub, deren Bootshaus er<br />

baute und wo die von ihm gegründete<br />

Renngemeinschaft die Boote liegen hatte.<br />

Je 4 Flörsheimer und 4 Rüsselsheimer saßen<br />

im Achter. Empfangen wurde die Familie<br />

vom Flörsheimer Adam Munk und vom<br />

Rüsselsheimer Wilfried Seipp. Mit ihnen<br />

gewann Georg an die 100 Rennen, 6 <strong>Deutsche</strong><br />

Meisterschaften, Regatten in Gent und<br />

Ostende, einen Dreiländerkampf in Wien<br />

und konnten hinter den Amerikanern in<br />

Henley 2. werden.<br />

Die Familie von Opel –<br />

noch immer sportlich und<br />

abenteuerlustig!<br />

Im Jubiläumsjahr 2012, der Firmengründer<br />

Adam Opel wäre am 9. Mai 175 Jahre alt<br />

geworden und die Firma Opel feiert ihr<br />

150jähriges Bestehen, erinnert ein direktes<br />

Familienmitglied an die Sportlichkeit seiner<br />

Vorfahren. Sonja von Opel, die 36jährige<br />

Tochter von Heinz von Opel († 2006) und<br />

damit Urur-Enkelin von Adam Opel, wird<br />

auf den Spuren ihres Urgroßonkels Fritz von<br />

Opel den Radrennklassiker Basel-Kleve<br />

aufleben lassen.<br />

Carlo von Opel überreicht seiner Nichte<br />

Sonja von Opel eine Ehrengabe zum<br />

Andenken an ihre 4-Tagesfahrt von Basel<br />

nach Kleve<br />

1894 gewann Fritz Opel das 630 km lange<br />

Rennen entlang des Rheins spektakulär in<br />

weniger als 28 Stunden. Die berühmte<br />

Langstreckenfahrt wurde zum letzten Mal<br />

im Jahr 1934 als Rennen ausgetragen und<br />

die Firma Opel rüstete damals mehrere<br />

Mannschaften mit den legendären ZR3-<br />

Rennrädern aus. Vom 18.bis 21. Mai 2012<br />

fuhr Sonja von Opel die Strecke in vier<br />

Etappen. Die erste Etappe führte sie von<br />

Basel nach Baden-Baden und am nächsten<br />

Tag ging es weiter nach Rüsselsheim, wo


anlässlich des Firmenjubiläums verschiedene<br />

Festivitäten stattfanden. Der Radfahrer-<br />

Verein 1888 Rüsselsheim e.V. begleitete die<br />

Ausdauersportlerin ab Bickenbach bis nach<br />

Rüsselsheim und ab der Mainbrücke fuhren<br />

sogar Hochräder und historische Opel-<br />

Rennräder das letzte Stück bis zum Flörsheimer<br />

Ruderverein mit.<br />

Am Etappenort Flörsheim waren weitere<br />

Familienmitglieder versammelt, um das<br />

Familien-Jubiläum zu feiern. Am 20. Mai<br />

führte die dritte und längste Etappe Sonja<br />

von Opel an ihrer Heimat vorbei dem Rhein<br />

immer folgend bis nach Köln und am<br />

Montagnachmittag erreichte sie das Ziel in<br />

Kleve. Die Tour wurde mit Fotos dokumentiert<br />

und GPS-Daten wurden für Interessierte<br />

aufgezeichnet und auf ihrer Homepage<br />

veröffentlicht (www.sonjavonopel.com).<br />

Aber in erster Linie wollte die Sportlerin, die<br />

unter anderem den Freiburg-Marathon in<br />

2.53.30 h gewonnen hat, ganz persönlich an<br />

die herausragende Leistung ihres Urgroßonkels<br />

erinnern. Nur mit einem Rucksack und<br />

Kartenmaterial ausgestattet, machte sich<br />

Sonja von Opel alleine auf den Weg und<br />

freute sich schon sehr auf anstrengende,<br />

emotionale und abenteuerliche Augenblicke.<br />

Eine echte Opel eben!<br />

Förderung im Feldhockey<br />

Bei der Jahreshaupttagung führte Heiner<br />

Dopp (Landestrainer Hockey Rheinland-<br />

Pfalz) aus, weshalb die Spielerinnen und<br />

Spieler im Feldhockey bei großen internationalen<br />

Wettbewerben erfolgreicher sind, als<br />

die übrigen Mannschaftsballsportarten. Das<br />

Ligasystem: In der Hockeybundesliga sind<br />

12 Mannschaften mit hoher Leistungsdichte.<br />

Im Vergleich zu anderen Ballsportarten<br />

gibt es im Hockey wenig ausländische<br />

Spieler weshalb die jungen Spieler keine<br />

Angst haben müssen, dass ihnen der Platz<br />

weggenommen wird.<br />

Sie spielen mit Begeisterung. Das Studium<br />

ist meist möglich neben dem Sport, da der<br />

Trainingsumfang in der Mannschaft bei<br />

guter Organisation dies zulässt. Es zeigt<br />

sich, dass eine Ausbildung neben dem Sport<br />

leistungs- und persönlichkeitsfördernd ist.<br />

Hinzu kommt eine gute Jugendarbeit aller<br />

Bundesligavereine sowie systematische<br />

Sichtungen ab U12, U14, U16. Vereinstrainer,<br />

Landestrainer und Bundestrainer<br />

arbeiten dabei Hand in Hand.<br />

Viele Monate vor den Spielen bzw. der WM<br />

trainieren die Spieler mit dem Kader in<br />

zentralen Maßnahmen zusammen. Sie<br />

müssen weniger als bei anderen Ballsportarten<br />

für Vereinsspiele freigestellt werden.<br />

Rems-Murr<br />

„Bewegungsförderung im<br />

Zeichen Olympias“<br />

Im kleinen Kreis wurde jetzt die Preisverleihung<br />

„Bewegungsförderung im Zeichen<br />

Olympias“ im Kindergarten-Wettbewerb im<br />

Rems-Murr-Kreis der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> vom Vorsitzenden der<br />

DOG Zweigstelle Rems-Murr Siegfried Riester<br />

durchgeführt. Der 2011 begonnene Wettbewerb<br />

wurde auch in diesem Jahr ausgeschrieben.<br />

Der eindeutig erste Platz ging an<br />

den Lehenbachkindergarten in Winterbach.<br />

In Anlehnung an das 2003 von der DOG<br />

initiierte Modellprojekt „Kinder bewegen“<br />

waren die Kindergärten im Rems-Murr-Kreis<br />

wieder aufgefordert, in wenigen Worten zu<br />

beschreiben, wie sie 2012 ihre Ideen im<br />

Kindergartenalltag umgesetzt haben, welche<br />

Veranstaltungen und Projekte durchgeführt<br />

wurden und was sich im Bewegungsangebot<br />

drinnen und draußen veränderte und ob<br />

sie mit Schule, Sportverein, Krankenkasse<br />

oder Eltern kooperierten.<br />

„Neben dem ersten Preis mit 500 Euro an<br />

den Lehenbachkindergarten in Winterbach<br />

gingen die weiteren vier Preise, jeweils<br />

mit 250 Euro dotiert, an das Kinderhaus<br />

Mozartweg Allmersbach im Tal, an den<br />

Kindergarten Hummelbühl in Sulzbach an<br />

der Murr, an das Kinderhaus Alte Schule<br />

in Kernen und an das Kinderhaus Am<br />

Sonnenhang in Weinstadt.<br />

Ehrung der Handball AG<br />

des Lessing-Gymnasiums<br />

Für den Erfolg im Wettbewerb „Jugend<br />

trainiert für Olympia“ hat Erich Hägele als<br />

Vizepräsident der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> gemeinsam mit Silke Olbrich<br />

(links) vom Sportkreis Rems-Murr die<br />

Handball AG des Lessing-Gymnasiums in<br />

Winnenden ausgezeichnet. Das Team von<br />

der DOG-Zweigstelle Rems-Murr hatte es<br />

bis zum Finale in Berlin geschafft. Lehrerin<br />

Marina Kleeh DOG, Senem Daricili, Mona Krauter, Jessica Weinmann (alle drei Winterbach),<br />

Siegfried Riester DOG, Ute Türk-Niederführ (Winterbach), Carmen Fuchs, Barbara Stocker<br />

(beide Sulzbach), Sabine Hübl (Weinstadt), Dagmar Sachs, Jennifer Hellmann (beide Allmersbach),<br />

Anja Steisslinger (Weinstadt), Eva-Irene Krämer (Kernen), Fritz Braun DOG und<br />

Gabi Sellner (Kernen)<br />

63


Stefanie Vater nahm die Urkunde und ein<br />

Geldgeschenk entgegen, lobte dabei das<br />

Engagement der Kollegen und der Schule<br />

sowie der Eltern. Silke Olbrich betonte bei<br />

der Übergabe in Winterbach, dass gerade<br />

die Werte des olympischen Gedanken in<br />

diesem Wettbewerb von ganz besonderer<br />

Bedeutung sind.<br />

Jürgen Klein<br />

Stuttgart<br />

Abendunterhaltung 2012<br />

im Zeichen der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele<br />

Hans Peter Haag, der erste Vorsitzende der<br />

Stuttgarter Stadtgruppe der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> strahlte: „Wir<br />

haben volles Haus“. Viele Freunde, Mitglieder<br />

v.l.n.r. Michael Uhden, Katharina Mähring<br />

und Holger Kühner<br />

und Gönner der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong> waren zur „Gemütlichen<br />

Abendunterhaltung“ in die Merz-Schule<br />

gekommen und genossen sichtlich den<br />

bunten Mix aus kulinarischen, kulturellen<br />

und sportlichen Zutaten.<br />

Nach der offiziellen Begrüßung und dem<br />

exzellenten Buffet moderierte Michael<br />

Uhden, Vorsitzender des <strong>Olympische</strong>n<br />

Fördervereins und langjähriger Hörfunk-<br />

Moderator beim SWR gekonnt und interessant<br />

einen Rückblick auf die <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele 2012 in London. Erfahrungen und<br />

persönliche Eindrücke konnten die Teilnehmerin<br />

am <strong>Olympische</strong>n Jugendlager, Katharina<br />

Mähring sowie Holger Kühner, der<br />

Olympiaexperte der ARD, beitragen. Gespickt<br />

mit viel Sachkunde und Emotion<br />

erlebten die Gäste einen Blick in die Welt<br />

von Olympia, aber auch viel Informatives<br />

64<br />

über die Sportpolitik des IOC und den<br />

Hauptverantwortlichen in der Welt des<br />

Sports. Ein neuer Programmpunkt, der sehr<br />

gut ankam und sicher auch in Zukunft die<br />

„Gemütliche Abendunterhaltung“ bereichern<br />

wird.<br />

Nach diesen olympischen Einblicken sorgte<br />

der Stuttgarter Christof Altmann mit<br />

seinem urschwäbischen Programm „ebbes<br />

v.l.n.r. Hans Peter Haag, Harald Denecken<br />

und Dr. Volker Merz<br />

guads ond gnuag“ für einen weiteren<br />

Volltreffer. Weit über 100 Gäste erlebten<br />

den Liedermacher, Schauspieler, Autor,<br />

Musiker und Kabarettist in bester Spiellaune.<br />

Die kurzweilige, lustige aber auch<br />

hintergründige Darbietung war ein weiterer<br />

Höhepunkt des Abends.<br />

In seinem kurzen Bericht über die Arbeit der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> Stadtgruppe<br />

Stuttgart wagte Hans Peter Haag<br />

auch einen Ausblick auf das Programm in<br />

<strong>2013</strong>: „Wir setzen die Gesprächsrunden an<br />

den Eliteschulen des Sports fort, ebenso die<br />

erfolgreiche Kooperation zum Stuttgarter<br />

DOG-Lauf, den wir gemeinsam mit dem<br />

Leichtathletik-Club<br />

Degerloch durchführen.<br />

Auch die<br />

olympischen Begegnungen<br />

in Kooperation<br />

mit dem Verein<br />

Begegnungen sind<br />

Bestandteil des<br />

DOG-Programms<br />

und natürlich<br />

wiederum die<br />

Gemütliche Abendunterhaltung<br />

im<br />

Herbst nächsten<br />

Jahres.“<br />

Der Präsident der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n<br />

<strong>Gesellschaft</strong><br />

Harald Denecken ließ es sich nicht nehmen,<br />

wieder mal nach Stuttgart zu kommen. In<br />

seinen Bericht schloss er auch drei Ehrungen<br />

für langjährige Mitgliedschaft ein.<br />

Neben der Sportvereinigung Böblingen und<br />

Olympiasieger Hans Lutz, dem heutigen<br />

Präsident des Württembergischen Radsportverbandes,<br />

die für 40 bzw. 30 Jahre Verbundenheit<br />

mit der Arbeit der <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> geehrt werden<br />

konnten, stand insbesondere die Würdigung<br />

von Dr. Volker Merz im Mittelpunkt. Am 22.<br />

September konnte Merz seinen 90. Geburtstag<br />

feiern, Grund genug ihn auch bei der<br />

Gemütlichen Abendunterhaltung nochmals<br />

besonders zu ehren. Denn gerade sein Name<br />

ist aufs Engste mit der Stadtgruppe Stuttgart<br />

verbunden. Für sein außerordentliches<br />

Engagement und seine jahrzehntelange<br />

Förderung der DOG erhielt Volker Merz mit<br />

der Ehrenplakette in Gold eine der höchsten<br />

Auszeichnungen, die die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> vergeben kann.<br />

Sybille Hiller<br />

Wiesbaden<br />

Ehrungsfeier „Jugend<br />

trainiert für Olympia“<br />

Nachdem die Landeshauptstadt Wiesbaden<br />

den Festsaal des Wiesbadener Rathauses<br />

gebührenfrei zur Verfügung gestellt hatte,<br />

konnte die Stadtgruppe Wiesbaden der<br />

DOG mit der Ehrungsfeier der Wiesbadener<br />

Schulen für ihre Teilnahmen und Leistungen<br />

wieder an den traditionellen Ort und<br />

damit einem festlichen Rahmen zurückkehren.<br />

Schülerinnen und Schüler nach der Ehrungsfeier im Festsaal des<br />

Wiesbadener Rathauses


So waren für den 4. Februar <strong>2013</strong> zehn<br />

Schulen eingeladen, die sich bei den Stadt-,<br />

Regional-, Landes- und Bundesentscheiden<br />

im Schuljahr 2011/2012 besonders ausgezeichnet<br />

hatten. Für diese Schulen standen<br />

Pokale und Urkunden bereit. Den ersten<br />

Platz belegte erneut das sportbetonte<br />

Gymnasium, die Elly-Heuss-Schule, und<br />

erhielt dafür auch den großen<br />

DOG-Wanderpreis. Auf den<br />

Plätzen zwei und drei landeten<br />

das Gymnasium am Mosbacher<br />

Berg und die Gutenbergschule.<br />

Ebenfalls wurden die Schulmannschaften<br />

mit einem<br />

Geldpreis geehrt, die an den<br />

Bundesentscheiden teilgenommen<br />

und dort erfolgreich<br />

abgeschnitten haben. Es waren<br />

dies die Golfmannschaft WK III<br />

der Gutenbergschule mit einem<br />

2. Platz, die Volleyballmannschaft<br />

der Mädchen WK III der<br />

Elly-Heuss-Schule mit einem 6. Platz und<br />

die Fußballmannschaften WK IV der Elly-<br />

Heuss-Schule, wobei die Mädchen Platz 1<br />

und die Jungen Platz 8 erreicht haben.<br />

Mit der DOG-Leistungsplakette wurde<br />

Reinhard Rzytki ausgezeichnet, der als<br />

Schulleiter der Elly-Heuss-Schule in Pension<br />

gegangen ist und seit langen Jahren ein<br />

besonderer Förderer des Schulsports war. In<br />

einem kurzen Statement berichtete der<br />

Sportbeauftragte der Hochschule Rhein-<br />

Main, Partnerhochschule des Leistungssports,<br />

Klaus Lindemann über die sportlichen<br />

Möglichkeiten beim Hochschulstudium.<br />

Der Vorsitzende der Stadtgruppe<br />

Wiesbaden Hans-Jürgen Portmann betonte,<br />

dass diese Ehrungsfeier auch deswegen<br />

notwendig sei, damit dem Schulsport die<br />

notwendige Öffentlichkeit geboten wird, die<br />

in den Medien viel zu oft vermisst wird. Die<br />

musikalische Umrahmung gestaltete eine<br />

Trommlergruppe der Oranienschule.<br />

Mitmachveranstaltung des<br />

DOG-Bewegungskindergartens<br />

Von 2005 bis 2009 war die Geschwister-<br />

Stock-Kindertagesstätte die Wiesbadener<br />

Modelleinrichtung der Aktion „Kinder bewegen“<br />

der DOG. Seitdem wird jährlich unter<br />

Mitwirkung des Partnervereins, dem Wiesbadener<br />

Leichtathletikverein in den Sporthallen<br />

an der Wettiner Straße eine Mitmachveranstaltung<br />

für Kinder und Eltern durchgeführt,<br />

zu der noch drei weitere innerstädtische<br />

Kindertagesstätten eingeladen werden.<br />

In diesem Jahr fand die Veranstaltung am 2.<br />

Februar <strong>2013</strong> zum 8. Mal statt, und es<br />

fanden sich wieder rund 200 Kinder mit<br />

ihren Eltern ein, um die mit viel Liebe<br />

aufgebauten und unter Mithilfe der Schülerinnen<br />

und Schüler der Pädagogikklasse der<br />

Louise-Schröder-Schule betreuten Spielstationen<br />

zu nutzen. Nachdem der Sozialdezernent<br />

der Stadt Wiesbaden Axel Imhoff die<br />

Teilnehmer begrüßt hatte, herrschte wie<br />

üblich reges Leben in allen Sporthallenbereichen.<br />

Frau Lieselotte Schmitz-Meder, die Fachreferentin<br />

für Bewegungspädagogik des Amtes<br />

für Soziale Arbeit und Frau Monika Biberstein<br />

als Leiterin der Geschwister-Stock-<br />

Kindertagesstätte brachten zum Ausdruck,<br />

dass man zum 10-jährigen Bestehen dieser<br />

Mitmachveranstaltung über ein besonderes<br />

Programm nachdenke. Der Vorsitzende des<br />

DOG Stadtgruppe Wiesbaden bekräftigte,<br />

dass dabei auch die DOG unterstützend zur<br />

Verfügung steht.<br />

Zwickau<br />

Vorsitzwechsel in Zwickau<br />

und "<strong>Olympische</strong> Nachlese"<br />

Unter dem Motto "<strong>Olympische</strong> Nachlese"<br />

organisierte die Stadtgruppe Zwickau der<br />

DOG bereits traditionell nach <strong>Olympische</strong>n<br />

Spielen eine große Veranstaltung, für die die<br />

Sparkasse Zwickau ihren Veranstaltungssaal<br />

zur Verfügung stellte. Zu Beginn stand<br />

zunächst der langjährige Vorsitzende der<br />

Zwickauer Stadtgruppe Jürgen Croy im<br />

Mittelpunkt. Der bekannte frühere Auswahltorhüter<br />

der DDR und Olympiasieger im<br />

Fußball von 1976 stand der DOG-Stadtgruppe<br />

16 Jahre lang vor und hatte im Frühjahr,<br />

nach dem altersbedingten Ausscheiden aus<br />

dem Berufsleben, auch für dieses Ehrenamt<br />

nicht mehr kandidiert. Der neue Vorsitzende<br />

der Zwickauer Stadtgruppe, Werner Beuschel,<br />

würdigte die langjährige und engagierte<br />

ehrenamtliche Arbeit von Jürgen Croy<br />

und übergab als Dankeschön die kleine<br />

Skulptur "Der Optimist", auf deren Sockel ein<br />

Leitspruch von Jürgen Croy eingraviert<br />

wurde: "Auch der längste Marsch beginnt<br />

mit dem ersten Schritt (Laotse)".<br />

Croy bedankte sich seinerseits für die konstruktive<br />

Zusammenarbeit mit seinen Mitstreitern<br />

und versprach, weiterhin in der<br />

Stadtgruppe aktiv mitwirken zu wollen. Der<br />

neue Zwickauer DOG-Vorsitzende arbeitete<br />

früher in der Sportwissenschaft und ist<br />

inzwischen langjährig in der Behindertenarbeit<br />

tätig. Er begleitet im Sport mehrere<br />

ehrenamtliche Funktionen und ist nunmehr<br />

seit 25 Jahren Mitglied der DOG. Seit Grün-<br />

Bisheriger und neuer Vorsitzender der<br />

Zwickauer Stadtgruppe Jürgen Croy (links)<br />

und Dr. Werner Beuschel<br />

dung der Zwickauer Stadtgruppe 1991 war er<br />

gemeinsam mit Uwe Findeiß Stellvertretender<br />

Vorsitzender. Uwe Findeiß, der in Zwickau das<br />

Sport-, Sozial- und Schulverwaltungsamt<br />

leitet, ist nun alleiniger Stellvertreter.<br />

Im zweiten Teil der Veranstaltung standen<br />

Kinder und Erwachsene im Mittelpunkt, die<br />

sich im Vorfeld der Spiele von London an<br />

den Aktionen der Stadtgruppe beteiligt<br />

hatten. Aus den Händen der anwesenden<br />

Leistungssportler erhielten die Preisträger<br />

des Mal- und Zeichenwettbewerbes Urkunden<br />

und attraktive Preise. In drei Alterskategorien<br />

hatten sich 582 Schüler aus 15<br />

Schulen des Landkreises Zwickau beteiligt.<br />

An dem gemeinsam mit der Regionalzei-<br />

65


tung "Freie Presse" ausgeschriebenen<br />

"Olympia-Quiz" nahmen 220 Personen teil.<br />

Die 12 schwierigen Fragen beantworteten<br />

nur 42 Teilnehmer vollständig richtig. Die 10<br />

ausgelosten Preisträger erhielten einen<br />

Olympia-Bildband und unter den Anwesenden<br />

gab es nochmals einen glücklichen<br />

Gewinner eines Einkaufsgutscheines von<br />

150 Euro. Mit der dritten Aktion betrat die<br />

DOG Neuland. Gemeinsam mit der "Freien<br />

Presse" und dem Kreissportbund wurde eine<br />

"Olympia-Stafette" ausgerufen. Vereine und<br />

Abteilungen, die sonst nicht so häufig im<br />

Mittelpunkt des Interesses standen, sollten<br />

sich in einer Veranstaltung der Öffentlichkeit<br />

präsentieren. Insgesamt 25 Vereine<br />

hatten diese Gelegenheit genutzt und<br />

kamen somit zu einer ausführlichen Berichterstattung<br />

in der Tagespresse. Neben<br />

Teilnahmeurkunden gab es nach Losentscheid<br />

für drei Vereine Einkaufsgutscheine<br />

von 200 bis 400 Euro.<br />

Höhepunkt der Veranstaltung war eine<br />

Talkrunde mit Olympiateilnehmern, die vom<br />

Moderator Raik Bartnik von "Radio Zwickau"<br />

geleitet wurde. Als Auftakt liefen Amateur-<br />

Videoaufnahmen von London, wodurch ein<br />

Hauch der Atmosphäre der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele im Raum Einzug hielt. Mehrfach zu<br />

sehen war dort der Speerwerfer Tino Häber<br />

vom LAZ Leipzig, der als Olympia-Achter<br />

eine gute Leistung erbrachte. Tino Häber, der<br />

im nahegelegenen Trünzig aufwuchs, war in<br />

London der einzige Olympiateilnehmer, der<br />

aus einem Verein der Region hervorging. In<br />

66<br />

der Talkrunde verriet er, dass er sich <strong>2013</strong><br />

unbedingt für die WM in Moskau qualifizieren<br />

möchte. Der Bundestrainer im Kugelstoßen<br />

Sven Lang gab interessante Informationen<br />

über seinen Schützling David Storl, den<br />

er auch als Heimtrainer beim LAC Erdgas<br />

Chemnitz betreut. Der olympische Silbermedaillengewinner<br />

war eigentlich ebenfalls für<br />

die Talkrunde angesagt. Er absolviert jedoch<br />

derzeit eine Ausbildung an der Bundespolizeischule<br />

in Kienbaum und musste wegen<br />

einer Prüfung kurzfristig absagen. Als<br />

Teilnehmer der Paralympischen Spiele nahm<br />

Rostislav Pohlmann an der Talkrunde teil.<br />

Pohlmann wurde für Tschechien Zweiter im<br />

Diskuswurf und hob die einmalige Atmosphäre<br />

im Londoner Stadion der 80000<br />

hervor: „Es war ein verrücktes, aber sehr<br />

fachkundiges Publikum. Es gab Beifall für<br />

Talkrunde "<strong>Olympische</strong> Nachlese" von links: Rostislav Pohlmann, Uwe Findeiß, Sven Lang, Tino<br />

Häber, Martina Martin, Raik Bartnik<br />

alle. Fantastisch!". Rostislav Pohlmann spielt<br />

derzeit beim sehr erfolgreichen RSC Rollis<br />

Zwickau Rollstuhlbasketball und kämpft dort<br />

um die <strong>Deutsche</strong> Meisterschaft. Die Ressortleiterin<br />

Sport bei der "Freien Presse" Martina<br />

Martin weilte über die gesamte Dauer der<br />

Spiele in London und gab interessante<br />

Einblicke in die Arbeit einer Sportjournalistin.<br />

Die Talkrunde komplettierte Uwe Findeiß,<br />

der seine Sicht als Olympiatourist<br />

darlegte. Mit den Karten für das Endspiel im<br />

Beach-Volleyball landete er einen Volltreffer,<br />

als er den Olympiasieg von Julius Brink und<br />

Jonas Reckermann miterleben durfte. Eine<br />

tolle Veranstaltung, die sicher nach den<br />

Spielen von Sotschi eine Neuauflage erleben<br />

wird.<br />

Impressum<br />

<strong>Olympische</strong>s Feuer<br />

Die Zeitschrift der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e. V.<br />

Herausgeberkollegium:<br />

Peter von Löbbecke (DOG)<br />

Prof. Dr. Helmut Digel<br />

Michael Gernandt<br />

Steffen Haffner<br />

Chefredakteur:<br />

Harald Pieper<br />

Redaktion:<br />

Jens Bünger-de Waal<br />

Redaktionsanschrift:<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> e. V.<br />

z. H. Jens Bünger-de Waal<br />

Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt<br />

Telefon: 0 69 / 6 95 01 60,<br />

Fax: 0 69 / 6 77 18 26<br />

E-Mail: OF@DOG-bewegt.de<br />

Internet: www.DOG-bewegt.de<br />

Harald Pieper<br />

Stieglitzstraße 2, 63263 Neu-Isenburg<br />

Telefon: 0 61 02 / 5 22 62<br />

E-Mail: Pieper@DOG-bewegt.de<br />

Herstellung, Vertrieb & Verlag:<br />

Peter Kühne Verlag<br />

Theodor-Heuss-Straße 11<br />

63303 Dreieich<br />

Telefon: 0 61 03 / 87 00 584<br />

E-Mail: freiwurf@aol.com<br />

Grafische Gestaltung: Werner Pettersch, Dreieich<br />

Schlussredaktion/Anzeigenleitung: Peter Kühne<br />

Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag<br />

der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Olympische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> e. V.<br />

abgegolten.<br />

Druck: C. Adelmann GmbH<br />

Eschersheimer Landstraße 28<br />

60322 Frankfurt am Main<br />

Telefon: 0 69 / 91 50 63 - 0<br />

Das <strong>Olympische</strong> Feuer ist ein Diskussionsforum.<br />

Mit Namen gezeichnete Artikel müssen nicht<br />

unbedingt der Meinung der Redaktion und der<br />

Herausgeber entsprechen.<br />

Titelgrafik: Eberhard Stroot<br />

Fotos, Illustrationen, Karikaturen:<br />

picture-alliance/dpa<br />

<strong>Deutsche</strong> Jugendkraft<br />

Freiburger Turnerschaft<br />

Jürgen Klein<br />

Eberhard Stroot<br />

Gerd Waßner


Offizielle Bank des<br />

Spitzenleistung verbindet.<br />

weltweit kostenfrei Geld abheben<br />

kostenfreie DKB-VISA-Card<br />

attraktive Guthaben- und Dispozinsen<br />

Jetzt eröffnen unter DKB.de/allstar<br />

Jetzt eröffnen und sich das<br />

exklusive All-Star-Trikot sichern!


Knackige<br />

Prämie<br />

Für Kunden und Neukunden <strong>2013</strong><br />

Jetzt KRANKENKASSE wechseln!<br />

Kostenloser 24 h-Direktservice: 0800.54565456<br />

Deutschlands 1. Direktkrankenkasse<br />

www.big-direkt.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!