Ausgabe 2/2013 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Das aktuelle Sportfördersystem muss reformiert werden.<br />
Dies ist längst überfällig. Insgesamt ist ausreichend<br />
Geld in der Spitzensportförderung vorhanden, die<br />
Mittel müssen jedoch effizienter eingesetzt werden. Derzeit ist<br />
das System zu intransparent, ineffizient und unflexibel. Besonders<br />
ungünstig wirkt sich das aus meiner Sicht auf die eigentlichen<br />
Akteure des Spitzensports aus: Häufig sind Athletinnen<br />
und Athleten und und Trainerinnen und Trainer das schwächste<br />
Glied der Kette. Dies zeigen mir persönliche Gespräche mit<br />
Kaderathleten wie auch mit Trainern. Die Situation ist für sie<br />
unhaltbar: enormer Zeitaufwand, hoher Zeitdruck, schlechte<br />
Bezahlung und ein umfassendes Aufgabenspektrum. Trainer<br />
berichteten von Problemen bis hin zu Existenzängsten. Dass sie<br />
nicht an die Öffentlichkeit gehen, liegt auch an der aktuellen<br />
Vergabe von Sportfördermitteln. Sofern sie die Realitäten offen<br />
ansprechen, wird ihnen von Sportfunktionären suggeriert,<br />
liefen die entsprechenden Verbände Gefahr, bei der zukünftigen<br />
Mittelvergabe weniger berücksichtigt zu werden. Ich<br />
begrüße ausdrücklich die Entschlossenheit des Tischtennisverbands<br />
und der Leichtathleten. Sie sind mit ihren Problemen an<br />
die Öffentlichkeit gegangen und haben ein Signal gesendet,<br />
dass es so nicht weitergehen kann.<br />
Aus meiner Sicht muss ein Sportfördersystem effizient und<br />
transparent sein und den Menschen im Mittelpunkt seiner<br />
Handlungen haben. Medaillen dürfen nicht die einzige Währung<br />
eines Sportlers oder einer Sportlerin sein. Eine Perspektive<br />
für die Karriere nach der Karriere muss jede Sportlerin und<br />
jeder Sportler während seiner aktiven Zeit entwickeln. Das<br />
Sportfördersystem muss diesen Vorgang unterstützen und darf<br />
ihn nicht unterbinden. Bei einer so großen Zahl an Sportfachverbänden,<br />
darf die Mittelvergabe zudem nicht hinter verschlossenen<br />
Türen verhandelt werden. Es muss für jeden<br />
Verband nachvollziehbar sein, warum wem welche Summe<br />
gezahlt wird. Dies öffnet zudem die Diskussion über die Mittelvergabe.<br />
Außerdem muss ein Sportfördersystem flexibel auf<br />
aktuelle Bedarfssituationen im Sport und in den Verbänden<br />
eingehen können. Deshalb plädieren wir für eine transparente<br />
Überarbeitung der Förderrichtlinien. Dies sind für mich Punkte,<br />
die ein gutes Sportfördersystem ausmachen und damit effiziente<br />
und nachvollziehbare Rahmenbedingungen für Akteure<br />
des Spitzensports bieten.<br />
Doch wie kommen wir da hin? Ich halte es nicht für sinnvoll,<br />
unser Konzept abzuschaffen und vollständig durch ein komplett<br />
neues System zu ersetzen. Ergiebiger ist es meines Erachtens,<br />
Schritt-für-Schritt-Aspekte einer flexibleren Mittelvergabe<br />
unter Stärkung der Sportfachverbände einzuführen. Auch aus<br />
ökonomischer Sicht empfiehlt sich die schrittweise Lösung des<br />
Problems anstelle der „Big-Bang“-Erneuerung. Ansatzpunkte<br />
gibt es genug. In meinem Beitrag möchte ich auf drei Punkte<br />
eingehen, die mir besonders wichtig sind in der Diskussion um<br />
ein geeignetes Spitzensportförderungskonzept:<br />
• Transparenz bei der Vergabe und Verwendung der<br />
öffentlichen Fördermittel<br />
• Duale Ausbildung für alle Bildungsniveaus<br />
• Nachwuchsförderung.<br />
Die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln muss transparent<br />
gestaltet werden. Die Vergabe darf nicht auf einer Absprache<br />
zwischen Sportfunktionären beruhen. Es ist wichtig, dass der<br />
DOSB die einzelnen Zuteilungen sportfachlich begründet und<br />
allen anderen Verbänden sowie der Öffentlichkeit zugänglich<br />
macht. Ich begrüße den Vorgang, dass der DOSB im Juni <strong>2013</strong><br />
allen Mitgliedern offen darlegte, welcher Verband mit wie viel<br />
Steuergeld für die Zeit bis zu den <strong>Olympische</strong>n Sommerspielen<br />
2014 in Brasilien ausgestattet wird und diese Zuteilung auch<br />
begründet. Dieser<br />
Schritt erschien mir<br />
längst überfällig und<br />
ich habe immer die<br />
Frage gestellt, warum<br />
der Nachweis seitens<br />
des DOSB nicht schon<br />
bei der Mittelvergabe<br />
für die <strong>Olympische</strong>n<br />
Sommerspiele 2012 in<br />
London erbracht<br />
wurde.<br />
Das „Voucher“-System<br />
ist aus meiner Sicht<br />
ein geeignetes Instrument,<br />
um Transparenz<br />
in der Vergabe und<br />
Verwendung von<br />
Mitteln im Spitzensport<br />
herzustellen.<br />
Das Prinzip des Systems sähe folgendermaßen aus: Gelder<br />
werden von den Fachverbänden an den Geldgeber beantragt.<br />
Ein bestimmter Betrag X wird genehmigt und an den jeweiligen<br />
Verband für einen Zeitraum Y überwiesen. Dieser kann<br />
die Mittel beliebig einsetzen. Im Nachgang erfolgt eine<br />
umfassende Evaluierung, welche die Grundlage für die<br />
anschließende Förderperiode darstellen würde. Dies erlaubt<br />
die dringend notwendige, stärkere Individualisierung der<br />
Förderung für Verband und Athleten. So wären Athleten auch<br />
freier zum Beispiel in der Wahl ihrer Physiotherapeuten oder<br />
Ärzte. Ebenso käme dadurch den Verbänden eine größere<br />
Verantwortung für die durchgeführten Maßnahmen zu.<br />
Gleichzeitig nutzt man bei der Beantragung der Gelder auch<br />
die vorhandenen Kompetenzen in den jeweiligen Verbänden<br />
deutlich stärker und trägt damit zum Effizienzgewinn bei.<br />
Das Modell lehnt sich an das britische Vorbild (UK Sports) an,<br />
in dem Vereine/Verbände Finanzanträge direkt beim Bundesinnenministerium<br />
stellen. Aber auch die Möglichkeit von<br />
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