Dr. Helmuth Figdor - SFBB
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mich lieb hast, aber warum streitest Du immer alles ab. Hättest Du gesagt: ‚Entschuldigung,<br />
ich hab das gesagt, weil ich mich so geärgert hab, ich sage oft Dinge, ohne<br />
nachzudenken, aber das meine ich nicht so’, wäre es für mich in Ordnung gewesen,<br />
aber bitte sag nicht einfach ohne nachzudenken etwas Kränkendes und vor allem<br />
streite es nachher nicht ab. Dann ist mein Vertrauen verschwunden. Manchmal,<br />
wenn der Lukas und ich bei Dir waren, hatte ich sowieso schon das Gefühl, dass ich<br />
für Dich gar nicht so wichtig bin, sondern nur der Lukas. Ein dritter Grund ist, dass<br />
mir immer, wenn ich Dich Papa sehe, schlechte Erinnerungen hochkommen, dann<br />
das, was ich selbst in der Zeit miterlebt habe, als Ihr, die Mama und Du, Euch getrennt<br />
habt und auch, was mir die Mama sonst noch erzählt hat. Bevor Ihr Euch getrennt<br />
habt, habe ich ein gutes normales Verhältnis zu Dir gehabt. Die erste Trennung<br />
war für mich sehr schwer und als Ihr wieder zusammengekommen seid, war ich<br />
...“<br />
Der geht noch zwei Seiten weiter der Brief. Aber Sie sehen, wenn der Raum da ist,<br />
wie viel die Kinder aktivieren an Dingen, worum es ihnen immer geht und in den aller<br />
meisten Fällen wird die Umgangsverweigerung auch ausgesprochen transparent.<br />
Wissen Sie, was das Wesentliche ist? Ich glaube, das ist auch ein großer Fehler, in<br />
dem, was wir in der Praxis, auch in der Gerichtspraxis häufig tun, wenn es um den<br />
Kindeswillen geht – wir fragen das Kind, was es sich wünscht und was es sich vorstellt,<br />
was es gerne hätte, dann sagt das Kind etwas, dann sind wir, wie wir heute<br />
gehört haben, mit dieser schwierigen Situation - ist das jetzt authentisch, ist das ein<br />
Teil seiner Selbstbestimmung oder ist es eingesagt, ist es vorgesagt oder beeinflusst.<br />
Mit dieser Frage beschäftigen wir uns, aber es gibt eigentlich eine andere, viel wichtigere<br />
Frage: Wie ist es, wie es jetzt ist, gekommen? Was die Kinderbeistände ganz<br />
wesentlich versuchen, ist aus einem Ist-Zustand, der natürlich beeinflusst ist, das ist<br />
ganz, ganz klar, von allen möglichen Faktoren, das brauche ich Ihnen nicht aufzählen,<br />
aus diesem Ist-Zustand wieder eine Geschichte zu machen. Und in dieser Geschichte<br />
wird klar, wie es denn gekommen ist. Welches Leid, welche Erlebnisse, welche<br />
Dinge, die der Vater gemacht, die Mutter gemacht hat, was sich ergeben hat, wo<br />
Enttäuschung gewesen ist, wo Wut entstanden ist, wo Zorn ist und wo der Punkt war,<br />
wo Vertrauen vielleicht verloren gegangen ist, wo Angst entstanden ist und ähnliches<br />
mehr. Und das ist nicht nur für das Kind eine ganz bedeutsame Geschichte, wenn<br />
das Kind selber seine Geschichte dadurch sich auch wieder herholt. Erst daraus entstehen<br />
eigentlich Lösungsperspektiven für die Zukunft. Wenn ein Vater plötzlich damit<br />
konfrontiert ist, dass das Kind seinen Vater nicht mehr will, sondern den Vater so,<br />
wie es ihn jetzt erlebt, während es ja eigentlich den Vater, den es gehabt hat, sehr<br />
liebt und den im Grunde genommen wieder herwünscht. Was das Wesentliche ist,<br />
dass die Kinder den Eltern sagen können, das ist dann in diesem üblichen Fall: „Mut-