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merker-1988-Heft-1 - HTL Ottakring

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Der<br />

dies prägt nicht nur das Jahr<br />

Fehler<br />

1938,<br />

sondern unsere gesamte Entwicklung<br />

bis zum Jahr <strong>1988</strong>.<br />

Alternativen denken können. Das<br />

heißt, eine Kraft einzubringen, die die<br />

Fehler der Vergangenheit auch in der<br />

Gegenwart entdeckt, damit andere<br />

Entscheidungen möglich werden.<br />

Die Schule<br />

as Jahr<br />

ist eine<br />

<strong>1988</strong> ist kein glückliches<br />

Jahr, um sich<br />

Institution, die<br />

genau dieselben Schwächen<br />

an<br />

und<br />

1938 zu erinnern. Es wäre<br />

schön gewesen, in untadeligem,<br />

demokratischem<br />

Selbstbewußtsein zu,,gedenken",<br />

daß wir heute anders sind,<br />

anders leben, anders denken als die<br />

Generation der Opfer und Täter.<br />

Wer anfTingt sich zu erinnern, wird<br />

von der Erinnerung eingeholt. Was<br />

heißt das?<br />

Es gibt zwei Arten des Erinnerns.<br />

Die eine sagt: ,,Laßt's uns in Ruh. mit<br />

den alten G'schichten. Aus der Vergangenheit<br />

nehmen wir in die Zukunft<br />

mit, was wir brauchen.,, (Der<br />

fllast wird entsorgt). Unlängst<br />

$de eiri zielstrebigeiJingling na'ch<br />

dem ,,Club 2" wegen dieser Haltung<br />

sehr gefeiert, ausgerechnet im traditionsbewußten<br />

Großformat, der<br />

,,Presse", die sich auf ihre Geschichtspflege<br />

viel einbildet. Die andere<br />

Art des Erinnerns? Das ist die<br />

Erinnerung, die sich aufdrängt, willkommen<br />

oder unwillkommen, gefragt<br />

und ungefragt.<br />

Ich möchte es noch einmal ordinär<br />

ausdrücken. Das erste Erinnern sagt:<br />

,,Vergeßt das Unnötige, schwer Verständliche".<br />

Das zweite Erinnern hat Der Rollbolken der Geschichre f öllr<br />

mit entlegenen Geschichten zu tun.<br />

Vorzüge hat wie alle anderen Institutionen.<br />

Das heißt: In öden Schulfei-<br />

Da ist die Geschichte von jüdischen<br />

Geschäftspartnern, die nach dem<br />

ern ist immer das gefeiert worden,<br />

März 1938 zu meiner Familie auf Besuch<br />

kamen, nicht ungefährlich.<br />

haben. Die einzelnen, die an die<br />

was die jeweiligen Regime verlangt<br />

Warum erzählt mir meine Mutter<br />

Front mußten oder sich nach dem<br />

diese Episode ausgerechnet jetzt? Ich<br />

Krieg unter schwierigsten Bedingungen<br />

eine Existenz aufbauen mußten,<br />

Erinnern<br />

C:,:il,','# rHl t;ä3 hrr aus der<br />

Geschichte hervor, als vorher mög-<br />

- Ver- werden sich ihren Reim darauf ge-<br />

drängen<br />

lich war. Das Unangenehme meldet<br />

sich wieder. Komischerweise hat die<br />

zweite Art des Erinnerns mehr mit<br />

der Zukunft zu tun als die erste.<br />

Funktionstüchtig zt sein, das<br />

schaffen die meisten. Um welchen<br />

Preis? Weg mit der Vergangenheit?<br />

Keineswegs. Ich glaube, jeder tüchtige<br />

Techniker muß auch in Alternativen<br />

denken können. Also aus Fehlern<br />

lernen, wie sonst. Die Fehler der<br />

Vergangenheit deuten, auf eine Zukunft,<br />

die anders sein kann.<br />

Die beschämenden Fehler österreichs,<br />

das Lagerdenken, der primitive<br />

Antisemitismus, das naive Vertrauen<br />

der Kirche. es sich mit den<br />

jeweils Mächrigen arrangieren zu<br />

können, die Freude darüber, daß unbequeme<br />

Intelligenz endlich weg ist<br />

(vergast, verschollen, wo immer), all<br />

,<br />

I<br />

- Vergessen<br />

macht haben.<br />

Aber das Gegenteil findet auch statt:<br />

Viele Kolleginnen und Kollegen (und<br />

Schüler!) finden sich mit dieser Art<br />

von Vergangenheitsbewältigung<br />

nicht ab. Die schlichte Frage ,,Wie<br />

war es wirklich?" führt doch zu alternativem<br />

Denken.<br />

Ich unterrichte Religion. Religion<br />

hat mit der ,,Vergegenwärtigung des<br />

Heils" zu tun. Die Ahnung davon,<br />

daß wir miteinander eine sinnvolle<br />

Existenz aufbauen können, muß<br />

konkret werden. Dazu gehört das<br />

produktive Erinnern. Nicht die persönliche<br />

Schuld unserer Vorgänger<br />

übernehmen, aber sehr wohl die Last<br />

der Geschichte, die uns prägt. Ohne<br />

diese Ubernahme wäre unsere Ausrichtung<br />

auf die Zukunft ein reines<br />

Gefasel-<br />

I<br />

Dr. Werner Reiss<br />

Einfach<br />

nJm<br />

Nachdenken...<br />

DLebens?<br />

er Mensch<br />

- Selbstmörder<br />

oder Spieler?<br />

Das Leben Spiel mir<br />

tödlichem<br />

-<br />

Ausgang.<br />

Der Tod Ende des<br />

Spielens oder<br />

-<br />

Anfang des<br />

Das russische Roulett ist schon lang<br />

aus der Mode gekommen. Ein<br />

Mensch als Einsatz ist viel zu wenig,<br />

heute spielt man um Millionen.<br />

Auch ist es langweilig, im voraus zu<br />

wissen, wen es treffen kann. Der Reiz<br />

des Spielens ist das Ungewisse. Niemand<br />

weiß, wer wann auf der Strecke<br />

bleibt. Gewiß ist nur, daß es sehr viele<br />

sein werden.<br />

Der größte Teil des vorhandenen<br />

Geldes wird in dieses Spiel investiert.<br />

Die Spiele der Großen sind die Rüstungs-<br />

und chemische Industrie, die<br />

Atomkraft. . .<br />

Die Spiele der Kleinen sind die harten<br />

Drogen, der Alkohol, der tägliche<br />

Glimmstengel, der Betrieb des eigenen<br />

Kraftfahrzeuges. . .<br />

*r

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