bioaktuell 8/13 im Archiv - Bioaktuell.ch
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■ TIERHALTUNG<br />
Den Ebern den Weg ebnen<br />
Das FiBL fors<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> Alternativen zur Ferkelkastration. Ebermast s<strong>ch</strong>eint mögli<strong>ch</strong>, stellt aber na<strong>ch</strong> wie<br />
vor eine Herausforderung für die Bran<strong>ch</strong>e dar. Mirjam Holinger hat untersu<strong>ch</strong>t, ob Eber mit Weib<strong>ch</strong>en<br />
zusammen gehalten werden sollen oder besser von ihnen getrennt.<br />
<strong>bioaktuell</strong>: Frau Holinger, Sie sind Agrarwissens<strong>ch</strong>afterin<br />
und arbeiten be<strong>im</strong><br />
FiBL als Fors<strong>ch</strong>erin für die Ebermast.<br />
Was ma<strong>ch</strong>t die Ebermast so besonders?<br />
Mirjam Holinger: Ebermast ist die tierfreundli<strong>ch</strong>ste<br />
Alternative zur Kastration<br />
und daher prädestiniert für den Biolandbau.<br />
Au<strong>ch</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> kann die<br />
Ebermast interessant sein: Denn die Kastrationsarbeit<br />
entfällt und die Eber weisen<br />
eine bessere Futterverwertung auf.<br />
Voraussetzung jedo<strong>ch</strong> ist, dass Verarbeitungsbetriebe<br />
und der Markt mitma<strong>ch</strong>en<br />
und dass das Fleis<strong>ch</strong> von allen Ebern zu<br />
guten Produkten verarbeitet werden<br />
kann. Die Vermarktung von Eberprodukten<br />
über die Grossverteiler ist derzeit<br />
kaum mögli<strong>ch</strong>. In der Direktvermarktung<br />
hingegen können Produzenten die<br />
Konsumenten persönli<strong>ch</strong> über die Besonderheiten<br />
der Ebermast informieren.<br />
Einige kleine Produzenten haben bereits<br />
vor einigen Jahren mit der Kastration<br />
aufgehört, momentan ist die Ebermast in<br />
der S<strong>ch</strong>weiz aber no<strong>ch</strong> eine Nis<strong>ch</strong>e.<br />
Was genau ist denn die Knacknuss?<br />
Sobald männli<strong>ch</strong>e unkastrierte S<strong>ch</strong>weine<br />
in die Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsreife kommen, können<br />
sie erhöhte Werte an Androstenon und<br />
Skatol aufweisen. Diese zwei Komponenten<br />
sind hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> verantwortli<strong>ch</strong><br />
für die Entstehung des typis<strong>ch</strong>en Ebergeru<strong>ch</strong>s.<br />
Dieser tritt aber nur bei einem Teil<br />
FiBL-Fors<strong>ch</strong>erin Mirjam Holinger.<br />
der männli<strong>ch</strong>en Tiere auf, man s<strong>ch</strong>ätzt<br />
etwa bei fünf bis zehn Prozent. Erstaunli<strong>ch</strong>erweise<br />
befand si<strong>ch</strong> unter den 187<br />
während unserer Fors<strong>ch</strong>ung ges<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>teten<br />
Ebern nur einer, der wegen lei<strong>ch</strong>ter<br />
Geru<strong>ch</strong>sbelastung aussortiert werden<br />
musste. Die Ursa<strong>ch</strong>e für den sehr geringen<br />
Anteil geru<strong>ch</strong>sbelasteter Tiere ist<br />
ni<strong>ch</strong>t klar; es könnte mit Haltung, Zu<strong>ch</strong>t,<br />
Fütterung oder au<strong>ch</strong> der Jahreszeit zu tun<br />
haben.<br />
Dann liegt die grosse Herausforderung<br />
bei den Metzgern?<br />
Der Fleis<strong>ch</strong>verarbeitung kommt eine<br />
S<strong>ch</strong>lüsselrolle zu. Sie muss die geru<strong>ch</strong>sauffälligen<br />
S<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>tkörper si<strong>ch</strong>er erkennen<br />
und diese ohne Wertverlust verarbeiten.<br />
Der Ebergeru<strong>ch</strong> <strong>im</strong> Fleis<strong>ch</strong> ist vor<br />
allem bei Erhitzung des Fleis<strong>ch</strong>s beziehungsweise<br />
des Fettes wahrnehmbar. Ist<br />
ein S<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>tkörper geru<strong>ch</strong>sauffällig, werden<br />
deshalb daraus vor allem Rohfleis<strong>ch</strong>produkte<br />
hergestellt.<br />
Gibt es nebst der Verarbeitung und Vermarktung<br />
andere wi<strong>ch</strong>tige Punkte, die<br />
an der Eberhaltung interessierte Bioproduzenten<br />
bea<strong>ch</strong>ten müssen?<br />
Weil Eber aktiver und untereinander aggressiver<br />
sind als Kastraten, gibt es ein<br />
höheres Verletzungsrisiko. Das FiBL hat<br />
si<strong>ch</strong>, in einem von «Vier Pfoten» finanzierten<br />
Versu<strong>ch</strong>, mit der Frage befasst, ob<br />
man Eber genauso wie Kastraten zusammen<br />
mit Weib<strong>ch</strong>en halten kann oder ob<br />
man sie besser separat mästet.<br />
Wie sind Sie bei der Beantwortung dieser<br />
Frage vorgegangen?<br />
Zur Fors<strong>ch</strong>ung wurden vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Gruppen eingestallt: 20 Eber, 10 Eber mit<br />
10 weibli<strong>ch</strong>en Tieren sowie 10 Kastraten<br />
mit 10 weibli<strong>ch</strong>en Tieren. Alle Tiere<br />
wurden fünfmal während der Mast auf<br />
Verletzungen untersu<strong>ch</strong>t. Das Verhalten<br />
Eber kämpfen mehr als kastrierte Tiere: Das ist eine der Erkenntnisse, die Mirjam Holinger dank Videoaufzei<strong>ch</strong>nung gewonnen hat.<br />
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