bioaktuell 8/13 im Archiv - Bioaktuell.ch
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Die Kleeblattstiere<br />
vererben Gesundheit<br />
und Persistenz<br />
Das S<strong>im</strong>mentaler Fleckvieh ist eine ausgespro<strong>ch</strong>en leistungsfähige Zweinutzungsrasse. Die<br />
Tiere können si<strong>ch</strong> <strong>im</strong> Berggebiet und <strong>im</strong> Talgebiet gut an die Futtergrundlage anpassen.<br />
Die eher s<strong>ch</strong>weren Tiere eignen si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t so gut für ganz steile oder nasse Lagen.<br />
findet Elliker. Und neben den Zu<strong>ch</strong>tverbänden<br />
sollten si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die Genetikanbieter<br />
für eine bessere Tiergesundheit<br />
einsetzen. «Stiere mit negativen Zu<strong>ch</strong>twerten<br />
bezügli<strong>ch</strong> Zellzahlen sollten nur<br />
unter strengeren Auflagen oder zu einem<br />
höheren Preis eingesetzt werden dürfen»,<br />
fordert er. «Der hohe Antibiotikaeinsatz<br />
ist eine Zeitbombe. Es ist nur eine Frage<br />
der Zeit, bis von staatli<strong>ch</strong>er Seite Druck<br />
ausgeübt wird.»<br />
Hans Braun, Fleckviehzü<strong>ch</strong>ter aus<br />
Rothrist AG, ortet den Handlungsbedarf<br />
be<strong>im</strong> Fleckvieh weniger bei Zu<strong>ch</strong>tverbänden<br />
und Genetikanbietern. «Mit den<br />
SF ist eine Rasse verfügbar, die genau aus<br />
diesem Grund ges<strong>ch</strong>affen wurde: Man<br />
wollte den Gesundheitsproblemen und<br />
Futteransprü<strong>ch</strong>en der reinen Holsteintiere<br />
entgegenwirken.» Braun findet es<br />
zwar nötig, dass mehr Stiere von Biobetrieben<br />
abgesamt werden, wel<strong>ch</strong>e stark<br />
auf die Gesundheit und einen tiefen<br />
Kraftfutterverbrau<strong>ch</strong> a<strong>ch</strong>ten. Grundsätzli<strong>ch</strong><br />
seien bei den Genetikanbietern aber<br />
heute s<strong>ch</strong>on einige robuste Fleckviehstiere<br />
erhältli<strong>ch</strong>. «Das Problem liegt eher<br />
bei den Betriebsleitern», kritisiert Braun.<br />
«Viele haben no<strong>ch</strong> <strong>im</strong>mer keine Genetik,<br />
die der Futtergrundlage auf dem Betrieb<br />
entspri<strong>ch</strong>t.»<br />
Bezügli<strong>ch</strong> Raufutterverwertung und<br />
Fressverhalten haben viele aufmerksame<br />
Tierhalter ziemli<strong>ch</strong> genaue Kenntnis<br />
Merkblätter und Webseite<br />
Zum Thema Rindviehzu<strong>ch</strong>t verfügt das FiBL über<br />
ein umfassendes Informationsangebot. Das Merkblatt<br />
«Biomil<strong>ch</strong>viehzu<strong>ch</strong>t <strong>im</strong> Berggebiet» etwa gibt<br />
praktis<strong>ch</strong>e Tipps zur Zu<strong>ch</strong>t von betriebsangepassten<br />
Tieren. Weitere nützli<strong>ch</strong>e Infos liefert die Webseite<br />
biorindviehzu<strong>ch</strong>t.<strong>ch</strong>. Dort kann man au<strong>ch</strong> das elektronis<strong>ch</strong>e<br />
Hilfsmittel «Eins<strong>ch</strong>ätzungsbogen zur standortgere<strong>ch</strong>ten<br />
Mil<strong>ch</strong>viehzu<strong>ch</strong>t» herunterladen, mit<br />
dem man die Standortgere<strong>ch</strong>theit der Zu<strong>ch</strong>t auf dem<br />
eigenen Betrieb beurteilen kann.<br />
Na<strong>ch</strong> wie vor erhältli<strong>ch</strong> ist das Merkblatt zur «Stierhaltung<br />
für die Zu<strong>ch</strong>t <strong>im</strong> Biobetrieb».<br />
Alle Merkblätter können unter shop.fibl.org als PDF-<br />
File gratis heruntergeladen werden.<br />
der Eigens<strong>ch</strong>aften ihrer Tiere. Diese Beoba<strong>ch</strong>tungen<br />
in der Zü<strong>ch</strong>tung zu verwenden,<br />
ist aber s<strong>ch</strong>wierig, da sie ni<strong>ch</strong>t<br />
unabhängig und zwis<strong>ch</strong>en den vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Betrieben s<strong>ch</strong>wer zu verglei<strong>ch</strong>en<br />
sind. «Eine Mögli<strong>ch</strong>keit wäre, den Kraftfuttereinsatz<br />
auf den Prüfbetrieben systematis<strong>ch</strong><br />
zu erheben», s<strong>ch</strong>lägt Elliker<br />
vor. «Mit Aufzei<strong>ch</strong>nungen von Kraftfutterstationen<br />
kann man bere<strong>ch</strong>nen, wie<br />
viel Mil<strong>ch</strong> der Kuh aus dem Kraftfutter<br />
stammt und wie das Verhältnis von<br />
Kraftfuttermil<strong>ch</strong> zu Grundfuttermil<strong>ch</strong><br />
aussieht.»<br />
Die Erfassung der Futterverwertung<br />
sei eine grosse Herausforderung, entgegnet<br />
Casanova. «Zwar sind erste Erkenntnisse<br />
aus Arbeiten diesbezügli<strong>ch</strong> von der<br />
Fa<strong>ch</strong>ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule Zollikofen HAFL vorhanden,<br />
gute praktis<strong>ch</strong>e Umsetzungslösungen<br />
sind jedo<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> keine in Si<strong>ch</strong>t.»<br />
Das Fress- und Wiederkäuverhalten<br />
besser berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />
Am FiBL hat man dieses Jahr mit einem<br />
neuen Fors<strong>ch</strong>ungsprojekt zum Thema<br />
Futterverwertung begonnen. Mittels<br />
Sensoren am Halfter der Kühe will man<br />
mehr über das Fress- und Wiederkäuverhalten<br />
herausfinden. «Man weiss,<br />
dass si<strong>ch</strong> die Kühe diesbezügli<strong>ch</strong> stark<br />
unters<strong>ch</strong>eiden», sagt Spengler Neff. «Im<br />
Rumiwat<strong>ch</strong>-Projekt mö<strong>ch</strong>ten wir diese<br />
Unters<strong>ch</strong>iede in Bezug zu anderen Eigens<strong>ch</strong>aften,<br />
wie etwa der Tiergesundheit,<br />
der Futterverwertung und der Leistung,<br />
setzen. Gewisse Tiere sind nämli<strong>ch</strong> viel<br />
besser in der Lage, auf S<strong>ch</strong>wankungen<br />
in der Futterqualität zu reagieren.» Es<br />
geht also au<strong>ch</strong> darum, das Merkmal<br />
Persistenz besser zu verstehen. Ein Kriterium,<br />
das auf Biobetrieben grosse Bedeutung<br />
hat. «Wir su<strong>ch</strong>en Kühe, die ihr<br />
Leistungsopt<strong>im</strong>um ni<strong>ch</strong>t kurz na<strong>ch</strong> dem<br />
Abkalben haben, sondern ein bis zwei<br />
Monate später», sagt etwa Elliker. «Dies<br />
erlaubt der Kuh, ihren Stoffwe<strong>ch</strong>sel<br />
langsam umzustellen, und vermeidet<br />
so Gesundheitsprobleme.» Hohe Persistenz<br />
in der Mil<strong>ch</strong>leistung hat jedo<strong>ch</strong><br />
Für sämtli<strong>ch</strong>e Mil<strong>ch</strong>rassen ausser Jersey,<br />
Montbéliarde, Grauvieh und Hinterwälder<br />
sind Kleeblattstiere erhältli<strong>ch</strong>.<br />
Die «Auswahlkriterien für Kleeblattstiere»<br />
wurden von Biozü<strong>ch</strong>tergruppen<br />
zusammen mit dem FiBL und<br />
mit den Zu<strong>ch</strong>torganisationen erarbeitet.<br />
Sie werden alle 3 bis 4 Jahre überprüft<br />
und – wenn nötig – angepasst.<br />
Sie sind Grundlage für die Auszei<strong>ch</strong>nung<br />
von KB-Stieren mit besonders<br />
guten Fitness- und Gesundheitseigens<strong>ch</strong>aften<br />
mit dem «Kleeblatt». Bei den<br />
Rassen Braunvieh und Holstein Friesian<br />
kommt in erster Linie der ökologis<strong>ch</strong>e<br />
Zu<strong>ch</strong>twert (ÖZW) zum Tragen.<br />
Bei allen Rassen ist die Zellzahl ein<br />
ents<strong>ch</strong>eidendes Kriterium. Be<strong>im</strong> Fleckvieh<br />
hat au<strong>ch</strong> der Fitnessindex (IFI) ein<br />
grosses Gewi<strong>ch</strong>t. Daneben sind weitere<br />
Merkmale wie die Lebensleistung<br />
der Mutter, die Anzahl Laktationen<br />
der weibli<strong>ch</strong>en Vorfahren, Persistenz,<br />
Beckenneigung, Sprunggelenkswinkelung,<br />
Klauenansatz, Euteraufhängung<br />
vorne, Eutertiefe und Zentralband von<br />
Bedeutung.<br />
spu<br />
Die genauen Kriterien für die einzelnen<br />
Rassen finden Sie unter<br />
www.bio-aktuell.<strong>ch</strong> → Tierhaltung →<br />
Zu<strong>ch</strong>t → Stiere KB → Auswahlkriterien.<br />
au<strong>ch</strong> ihre Kehrseite. Gerade bei Tieren<br />
mit hoher Mil<strong>ch</strong>leistung ers<strong>ch</strong>wert es das<br />
Trockenstellen. «Darauf kann man mit<br />
einem spärli<strong>ch</strong>eren Futterangebot reagieren,<br />
oder man kann sol<strong>ch</strong>e Kühe später<br />
besamen, damit man sie länger melken<br />
kann», meint Spengler Neff. «Mil<strong>ch</strong><br />
geben ist ja s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> das, was man<br />
von einer Kuh erwartet, und dann sollte<br />
man sie ni<strong>ch</strong>t zu früh bremsen müssen.»<br />
Leider seien lange Zwis<strong>ch</strong>enkalbezeiten<br />
heute no<strong>ch</strong> weitgehend verpönt, weil sie<br />
s<strong>ch</strong>nell als Fru<strong>ch</strong>tbarkeitsprobleme interpretiert<br />
werden.<br />
Viele Biobetriebe haben si<strong>ch</strong><br />
von der Zu<strong>ch</strong>t verabs<strong>ch</strong>iedet<br />
Der Bedarf na<strong>ch</strong> einer gezielten Biozu<strong>ch</strong>t<br />
ist ni<strong>ch</strong>t von der Hand zu weisen. Die<br />
Kriterien Kraftfutterbedarf und Antibiotikaeinsatz<br />
stehen in der konventionellen<br />
Zü<strong>ch</strong>tung zu wenig <strong>im</strong> Zentrum.<br />
«Umso bedauerli<strong>ch</strong>er ist es, dass si<strong>ch</strong><br />
viele Betriebe aus der Zu<strong>ch</strong>t verabs<strong>ch</strong>iedet<br />
haben», meint Sire Analyst von Steiger.<br />
«Wir wären daran interessiert, mehr<br />
Stiere von Biobetrieben zu kaufen.<br />
Markus Spuhler<br />
6 <strong>bioaktuell</strong> 8/<strong>13</strong>