Förderdiagnose bei Problemen mit Textrechnungen
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<strong>Förderdiagnose</strong><br />
<strong>bei</strong> <strong>Problemen</strong> <strong>mit</strong><br />
<strong>Textrechnungen</strong><br />
Mathematik und Sprache:<br />
Ein womöglich zu wenig<br />
beachteter Zusammenhang?<br />
Univ. Doz. Dr. Herbert Schwetz<br />
Abteilung für Erziehungswissenschaft der<br />
Universität Salzburg und PH des Bundes am<br />
Hasnerplatz.<br />
Nr. 1<br />
Ldr_nr1 auf<br />
lap.aherbert.powerpoints.<br />
lesen_denken_rechnen
Überblick<br />
◦ Welcher MU?<br />
◦ Nachhaltigkeit<br />
◦ TIMSS 2007<br />
◦ „Förder“-Diagnose für wen?<br />
◦ Was ist Textrechenkompetenz?<br />
◦ Lesen-Denken-Rechnen (LDR)<br />
◦ Das Wesen der mathematischen Sprache<br />
◦ „Vokabel“ im Mathematikunterricht<br />
◦ Untersuchungsergebnisse
elcher MU?<br />
Eher stark<br />
rechfertigkeitsorientiert?<br />
Welche<br />
Mischung?<br />
Eher stärker<br />
rechfähigkeitsorientiert?<br />
Bildungsstandards?
Lesen – Denken – (nicht) Rechnen
Was ist die Norm???<br />
Konstrukt<br />
Operationalisierung<br />
Messbar und/oder beobachtbar machen
Kurzer Blick zur TIMSS 2007<br />
◦ MATHEMATIK: Österreichs Volksschüler/innen<br />
<strong>mit</strong>telmäßig<br />
◦ Die internationale Länderreihung <strong>bei</strong> TIMSS 2007 führen<br />
vier ostasiatische Staaten an: Hongkong, Singapur,<br />
Taiwan und Japan.<br />
◦ Vom Besten, Hongkong (607), trennen unsere<br />
Schüler/innen mehr als 100 Punkte, was etwa 1 ½<br />
Lernjahren entspricht:<br />
◦ Österreich liegt <strong>mit</strong> einem Mittelwert von 505 Punkten<br />
nur an der 17. Stelle aller 36 Teilnehmerländer – unter<br />
den 16 OECD-Staaten bedeutet dies den 10. Platz.<br />
◦ Zum Vergleich: Der Mittelwert der 14 EU-Staaten <strong>bei</strong><br />
TIMSS beträgt 514 Punkte – Österreich (505) liegt auf<br />
EU-Rang 9. Deutschland rangiert <strong>mit</strong> 525 Punkten<br />
signifikant vor Österreich.
Österreich liegt im Mittelfeld
Österreich investiert viel in die Bildung
Schülerleistungen nach vergleichbaren Kompetenzstufen<br />
Quelle:<br />
http://www.bifie.<br />
at/timss-2007-0<br />
abgefragt am 24.<br />
Jän. 2008
Entsprechen<br />
diese<br />
Aufgaben<br />
der Lern- und<br />
Aufgabenkultur<br />
in unseren<br />
Volksschulen?
„Förder“-Diagnose …<br />
◦ … von Lehr- und<br />
Lernprozessen?<br />
◦ … von mathematischnaturwissenschaftlichem<br />
Unterricht?<br />
◦ … oder von Schülerinnen<br />
und Schülern?
Nur 3 %<br />
Leistungsstarke!<br />
Beinahe nur<br />
jeder 3. österr.<br />
Schüler kann<br />
höchstens<br />
Aufgaben der<br />
Kompetenzstufe<br />
1 lösen und<br />
gehört da<strong>mit</strong><br />
zur Gruppe<br />
der Leistungsschwachen.
SÖS und Leistung in Ö<br />
high quality<br />
Low equity<br />
High quality<br />
high equity<br />
Low quality<br />
Low equity<br />
High quality<br />
low equity
Lesen, Mathematik und<br />
Naturwissenschaft …<br />
◦ … gehören zu den Sorgenkindern<br />
unserer Wissens- und<br />
Bildungsgesellschaft.<br />
◦ Warum?<br />
◦ Unsere Ar<strong>bei</strong>t ist teuer, teurer als<br />
anderswo!<br />
◦ Wir müssen besser werden! Wir<br />
müssen innovativer werden!<br />
◦ So, der finnische Bildungsminister und<br />
ehemalige Vorsitzende des EU-Rates!
Was ist Textrechenkompetenz?<br />
◦ Ein Konstrukt …<br />
◦ … vergleichbar <strong>mit</strong> Fleiß<br />
◦ … vergleichbar <strong>mit</strong> Ausdauer<br />
◦ … vergleichbar <strong>mit</strong><br />
Rechenfähigkeit<br />
◦ … vergleichbar <strong>mit</strong><br />
Rechenfertigkeit
Konstrukt<br />
Operationalisierung<br />
Messbar und/oder beobachtbar machen
Rechenfähigkeit<br />
◦ Erlerntes auf Neues<br />
anwenden<br />
◦ Schlussfolgerungen ziehen<br />
◦ Eigene Rechenwege finden<br />
und ausprobieren<br />
◦ 7 HT 3 Z 1E = 703<br />
◦ Wie viel mal mehr ist 1 M<br />
verglichen zu 1 T?
Rechenfertigkeit<br />
◦ Beherrschung von +, -, ., :<br />
◦ Bruchrechnen<br />
◦ Aufteilen (100 € : 4 = ??)<br />
vs. Messen (100 € : 20€ =<br />
5x enthalten)<br />
◦ Umwandeln<br />
◦ Maßstab
Textrechnen ist in der Regel dreischrittig:<br />
Lesen – Denken - Rechnen<br />
1. Lesen<br />
2. Denken<br />
Situationsmodell entwerfen<br />
(z.B. Wie viel Meter Maschendraht benötigt man<br />
zum Einzäunen dieser rechteckigen ( l = 67 m, b =<br />
54 m) Wiese?<br />
3. Rechnen<br />
Mathematisieren:<br />
Überführen in ein<br />
mathematisches<br />
Modell
Welche Gattung ist Teilmenge von …?<br />
◦ Sachlesen<br />
◦ Literarisches lesen<br />
◦ Mathematischnaturwissenschaftliches<br />
Lesen<br />
◦ <strong>Textrechnungen</strong> lesen,<br />
verstehen und lösen<br />
◦ Generell Information lesen und<br />
verstehen
Generell<br />
Information<br />
lesen und<br />
verstehen<br />
Sachlesen<br />
Lit. Lesen<br />
Math.-naturw. Lesen<br />
Text. R.
Vergleich<br />
von<br />
Lesefähigkeit<br />
und Leseverständnis<br />
BRD<br />
lag im<br />
vorderen<br />
Mittelfeld
Ausgangspunkte; Haus der Sprache<br />
Verständlichkeit von Bescheiden<br />
a 2 + b 2 = c 2 ; CH 4<br />
,<br />
Mathematische Sprache<br />
Wissenschaftssprache<br />
Geschriebene Sprache<br />
Gehobene Alltagssprache: „Ich … „<br />
Alltags- oder SMS-Sprache: „Worstn?“
„Der/Dem/Den Obgenannten<br />
werden<br />
daher die im Zuge der<br />
Scheidung getroffenen<br />
diesbezüglichen<br />
Vereinbarungen der<br />
Eltern (Obsorgeregelung/überwiegender<br />
Aufenthalt <strong>bei</strong> weiterhin<br />
gemeinsamer Obsorge/Besuchsrecht)<br />
zur<br />
allfälligen Äußerung<br />
binnen drei Tagen zur<br />
Kenntnis gebracht.“
Konkurs des Autohändlers:<br />
Sie können ihr „Ratenauto“<br />
„aussondern“!<br />
Man hat ein wirtschaftliches Eigentum.<br />
Es gibt ein Analogiegebot und …<br />
… einen Unterschied zwischen Besitz<br />
und Eigentum.
Legistisches Lesen<br />
◦ Man braucht ein eigenes (zweites<br />
Begriffs-) Lexikon.<br />
◦ Man muss „lateinisch“ lesen können (d.h.<br />
Wo ist hier eigentlich der Hauptsatz?).<br />
◦ Man muss <strong>mit</strong> den vielen<br />
Substantivierungen umgehen können.<br />
◦ Man muss <strong>mit</strong> Negationen umgehen<br />
können.<br />
◦ Oder-Kombinationen<br />
◦ Querverweise
Negationen, Substantivierungen<br />
der-Verknüpfungen verknüpft <strong>mit</strong> einer und-Verknüpfung
weniger als<br />
Texte werden auch unverständlicher<br />
und anspruchsvoller durch<br />
>-,
Wie viel Sprache braucht …<br />
◦ … Mathematik?<br />
◦ Genügt die allgemeine<br />
Leskompetenz?<br />
◦ Bedarf es einer weiteren<br />
Lesekompetenz?<br />
◦ Wie löst man Textaufgaben<br />
erfolgreich?<br />
◦ Was ist relevant?
Sprache als Instrument oder der<br />
Sprachunterricht als „Zulieferer“<br />
Mathematik<br />
und der hohe<br />
Sprachanteil<br />
(Textaufgaben,<br />
Begriffe,<br />
„Sinnloses“<br />
erkennen und<br />
kritisch bewerten …)<br />
Sprachunterricht:<br />
Lesen,<br />
Verstehen,<br />
Schreiben,<br />
Bewerten<br />
etc.
Textaufgaben I<br />
Einfach?<br />
Klassisch: Ein Algorithmus ist<br />
eingekleidet! Kaskade an<br />
Rechnungen: Subtraktion,<br />
Division.
Textaufgaben III<br />
Schülerinnen und Schüler sehen<br />
zwei Zahlen und rechnen!
Erkennen und Wiedergeben<br />
von Informationen:<br />
Ines hat € 30 und Karin € 45. Wie viel haben <strong>bei</strong>de zusammen?<br />
Oder: Wer hat mehr Geld? Hat Karin doppelt so viel?<br />
Was steckt hinter<br />
Textaufgaben?<br />
Prüfen und Bewerten des Gelesenen:<br />
Hirtenaufgabe, unvollständige Aufgaben<br />
Mehrfachwahlaufgaben<br />
Komplexe Schlussfolgerungen ziehen und<br />
begründen; Interpretieren des Gelesenen:<br />
25 Kinder der 2a waren auf Wandertag und erstiegen den 1560 m hohen Waldkogel.<br />
Es wurden 800 Höhenmeter zurückgelegt. Für 100 Höhenmeter brauchen<br />
Kinder ¼ Stunde. Für den Bus bezahlten die Kinder € 375. Zeit für den Anstieg?<br />
Einfache Schlussfolgerungen ziehen:<br />
Wann hat man mehr Wasser im Glas?<br />
Ein Viertel oder ein Achtel?
Was wurde untersucht?<br />
◦ Welche Lesekompetenz brauchen<br />
Schülerinnen und Schüler, um<br />
<strong>Textrechnungen</strong> optimal lösen zu können?<br />
◦ Gibt es einen Zusammenhang zwischen<br />
„normaler“ Lesekompetenz und<br />
Textrechenkompetenz?<br />
◦ Wie hoch ist die Korrelation?<br />
◦ Genügt die „normale“ Lesekompetenz?<br />
◦ Gibt es möglicherweise eine eigene<br />
mathematikspezifische Lesekompetenz?<br />
◦ Gibt es atypisches Lösungsverhalten?<br />
Spitzenleser und sehr schlechte Textrechner?<br />
Sehr schlechte Leser und Spitzen-<br />
Textrechner?
Wo wurde untersucht?<br />
Welche Instrumente?<br />
◦ 51 Klassen der 4. bis 6. Schulstufe in VS<br />
HS (n = 1118)<br />
◦ Test zum Textrechnen auf Basis der<br />
Bildungsstandards (Problemlösen,<br />
Darstellen von Mathematik, Modellieren,<br />
Erkennen sinnloser Aufgaben etc.)<br />
◦ Lesetest<br />
◦ Messung der Informationsverar<strong>bei</strong>tung<br />
und der Auffassungsgeschwindigkeit<br />
◦ Fragebögen zur Lernkultur im<br />
Mathematikunterricht, Interesse an M. etc.<br />
◦ Hirtenaufgaben (Nonsensaufgaben)
alid<br />
Zusammenhang zwischen Lesen und Textrechnen<br />
(2005; n = 1118): atypisches Lösungsverhalten<br />
Feld 1:<br />
Geschlecht<br />
Frequency Percent<br />
weiblich 47 51.1<br />
männlich 45 48.9<br />
Total 92 100.0<br />
sehr gute Textrechner<br />
und sehr<br />
schlechte Leser<br />
Valid<br />
Missing<br />
Total<br />
weiblich<br />
männlich<br />
Total<br />
System<br />
Geschlecht<br />
Frequency<br />
38 52.8<br />
Feld<br />
Percent<br />
4:<br />
sehr schlechte<br />
Textrechner<br />
und sehr gute<br />
Leser<br />
31 43.1<br />
69 95.8<br />
3 4.2<br />
72 100.0
Zusammenhang - Korrelation<br />
◦ Die Korrelation zwischen dem LDR-<br />
Testwert und dem SLS-Wert beträgt 0,<br />
47. Das ist nicht allzu hoch!<br />
◦ Was bedeutet diese Zahl?<br />
◦ Die Korrelation kann zwischen 0 und 1<br />
oder 0 und -1 liegen.<br />
◦ Je niedriger, desto mehr Ausreißer.<br />
◦ Wenn die Zahl 1 ist, liegen alle Punkte<br />
auf einer Geraden.
Atypisches Löseverhalten
Aber sehr gute Leser sind auch sehr<br />
schlechte Textrechner?<br />
◦ Dies trifft für 24 Schülerinnen und Schüler<br />
(2,1 %) zu. Das ist ein Schulklasse!<br />
◦ Für 27 Schülerinnen und Schüler (2,4 %)<br />
gilt, dass sie sehr gute Textrechner aber<br />
sehr schlechte Leser sind!<br />
◦ Das ist nicht die ganze Wahrheit!<br />
◦ Es gibt noch weitere noch nicht analysierte<br />
Zellen in der Tabelle!<br />
◦ Wie kann man diese abweichenden<br />
Ergebnisse erklären?
LesenDenkenRechnen und MLT<br />
Studie für MNI - Herbst 2006<br />
Correlations<br />
LesenDenkenRechnen<br />
MLT_ges<br />
SLS<br />
Pearson Correlation<br />
N<br />
Pearson Correlation<br />
Sig. (2-tailed)<br />
N<br />
Pearson Correlation<br />
Sig. (2-tailed)<br />
N<br />
Lesen<br />
Denken<br />
Rechnen<br />
1<br />
498<br />
.448**<br />
.000<br />
498<br />
.294**<br />
.000<br />
498<br />
**. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed).
Klassenzugehörigkeit<br />
6421<br />
6301<br />
6226<br />
6216<br />
6213<br />
6123<br />
6122<br />
6121<br />
6113<br />
6112<br />
6111<br />
6022<br />
6021<br />
Lesetestwert: gesamt<br />
72,00<br />
70,00<br />
68,00<br />
66,00<br />
64,00<br />
62,00<br />
60,00<br />
58,00<br />
56,00<br />
54,00<br />
52,00<br />
50,00<br />
48,00<br />
46,00<br />
44,00<br />
42,00<br />
40,00<br />
38,00<br />
36,00<br />
34,00<br />
32,00<br />
30,00<br />
28,00<br />
26,00<br />
24,00<br />
22,00<br />
20,00<br />
18,00<br />
16,00<br />
210<br />
51<br />
225<br />
197<br />
154<br />
153<br />
126<br />
70<br />
27<br />
192<br />
138<br />
107<br />
Buben<br />
Mädchen<br />
Geschlecht
Zusammenfassung I<br />
◦ Die niedrige Korrelation zwingt zum<br />
Nachdenken.<br />
◦ Es muss also noch andere Faktoren geben,<br />
die zu einem hohen Sachrechentestwert<br />
<strong>bei</strong>tragen.<br />
◦ „Normale“ Lesekompetenz ist für das Lesen<br />
und Verstehen von <strong>Textrechnungen</strong><br />
notwendig - aber nicht ausreichend.<br />
◦ Wir gehen von einer eigenen<br />
mathematikspezifischen Lesekompetenz<br />
aus.
Zusammenfassung II<br />
lgemeine Lesekompetenz<br />
Mathematikspezifische<br />
Lesekompetenz<br />
Textrechenkompetenz:<br />
) Lösen von Textaufgaben<br />
) Erkennen unvollständiger<br />
nd Bear<strong>bei</strong>ten Aufgaben<br />
Erkennen sinnloser Aufgaben<br />
) Verfassen von Textaufgaben
Zusammenfassung III: E.F.E.U<br />
◦ E = evidenzbasiert<br />
◦ F = fachspezifisch und<br />
fachdidaktisch<br />
◦ E = Entwicklung und Erprobung<br />
von neuen Aufgaben<br />
und Lernumgebungen<br />
◦ U = Unterrichtsentwicklung