35. Sitzung - Bremische Bürgerschaft
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<strong>Bremische</strong> Bürgerschaft (Landtag) – 18. Wahlperiode – <strong>35.</strong> <strong>Sitzung</strong> am 20.02.13<br />
(A)<br />
(B)<br />
obwohl genau das nach den Vorstellungen des Gesetzes<br />
verboten sein müsste.<br />
Ich glaube, wenn man das alles zusammennimmt,<br />
dann kann man feststellen, dass es bei der Auseinandersetzung<br />
um die stillen Tage vor allem um eine<br />
symbolische Komponente geht. Meine Damen und<br />
Herren, mit der Änderung, die wir Koalitionsfraktionen<br />
vorschlagen, wird weder der allgemeine Sonntagsschutz<br />
aufgehoben, noch die Definition des<br />
Karfreitags als Feiertag angetastet. Geöffnet werden<br />
nur die Sonderregelungen in Bezug auf öffentliche<br />
Veranstaltungen, die über die normalen Feiertagsregelungen<br />
hinausgehen.<br />
Ich halte das für einen tragfähigen Kompromiss.<br />
Wenn man sich nämlich den Sinn der bisherigen<br />
stillen Regelungen anschaut, dann gibt es drei Destillate,<br />
die man herausziehen kann. Erstens, es ist<br />
in diesen Regelungen der unmittelbare Schutz der<br />
Gottesdienste vor Störungen enthalten. Der zweite<br />
Regelungsinhalt ist, dass der mittelbare Schutz der<br />
Gottesdienstbesucher vor Beeinträchtigung einer<br />
kontemplativen Stimmung vor und nach dem Gottesdienst<br />
geschützt werden soll, und drittens, Sinn<br />
war auch, die besondere religiöse Bedeutung dieser<br />
Feiertage zu unterstreichen. Mit der angestrebten<br />
Änderung des Feiertagsgesetzes bleiben übrigens<br />
alle drei Ziele erhalten.<br />
Nach Auskunft der beiden großen Kirchen gibt es<br />
in Bremen am Karfreitag keine liturgischen Veranstaltungen,<br />
die jenseits eines Zeitraums von 7.00 bis 20.00<br />
Uhr stattfinden. Das heißt, sowohl die Gottesdienste<br />
bleiben nach der neuen Regelung geschützt als auch<br />
der Weg zu den Gottesdiensten, und es bleibt die<br />
besondere religiöse Unterstreichung dieses Tages<br />
auch noch gewahrt, selbst dann, wenn man die<br />
einzelnen Verbote von Veranstaltungen für wenig<br />
nachvollziehbar in ihrer Begründung und Auswahl<br />
halten mag.<br />
Was ändert sich? Ändern wird sich, dass es in<br />
Zukunft möglich sein wird, bis zum Morgen des<br />
Karfreitags um 6.00 Uhr eine Diskothek zu besuchen<br />
und am Abend ab 21.00 Uhr. Dafür scheint es – ich<br />
gehöre nicht zur Zielgruppe – ein entsprechendes<br />
Bedürfnis bei Menschen zu geben. Ich glaube, dass<br />
man diesem Bedürfnis auch ganz unproblematisch<br />
nachkommen kann, wenn man die Zeiten auf den<br />
hier vorgegebenen Rahmen reduziert, ohne dass<br />
man damit irgendjemandem auf den Schlips tritt,<br />
denn die entsprechenden Sonderregelungen für die<br />
Kirche bleiben im Grundsatz erhalten.<br />
Meine Damen und Herren, überall in der Republik<br />
wird über das Tanzverbot diskutiert, zuletzt im November<br />
im Bayerischen Landtag. Dort hat jemand,<br />
dem ich politisch überhaupt nicht nahestehe, einen<br />
sehr wahren Satz gesagt. Innenminister Joachim<br />
Herrmann hat dort ausgeführt, dass die dort vorgeschlagene<br />
Änderung – sie geht allerdings zugegebenermaßen<br />
nicht so weit wie unsere – auch deshalb<br />
von der CSU auf den Weg gebracht worden ist, um<br />
dem Wandel in der Gesellschaft und den Lebenswirklichkeiten<br />
angemessen Rechnung zu tragen.<br />
Ich stelle fest, dass wir unseren Lebenswirklichkeiten<br />
in den beiden Städten mit dieser Regelung<br />
Rechnung tragen, dass wir sie anpassen, gleichzeitig<br />
vermeiden wir einen vermeidbaren Kulturkampf mit<br />
der Kirche. Ich bin mir sicher, in religionspolitischen<br />
Fragestellungen ist ein Pragmatismus immer besser<br />
als die Dogmatik. – Ich danke Ihnen!<br />
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/<br />
Die Grünen)<br />
Vizepräsidentin Schön: Als nächster Redner hat<br />
das Wort der Abgeordnete Erlanson.<br />
Abg. Erlanson (DIE LINKE)*): Sehr geehrte Frau<br />
Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wie<br />
meine Vorredner auch schon gesagt haben, gibt es<br />
sicherlich für dieses Tanzverbot die eine oder andere<br />
sinnige Begründung, aber es gibt natürlich auch,<br />
wie bereits Herr Tschöpe gerade ausgeführt hat,<br />
einige Verbote, bei denen man eher denkt, wie das<br />
eigentlich zusammengeht.<br />
Die LINKE hat sich in diese Auseinandersetzung<br />
auch deshalb eingeschaltet, weil es eine Petition<br />
gegeben hat, das wurde auch schon erwähnt. Ich<br />
finde, in dieser Petition steht eigentlich etwas sehr<br />
Richtiges, und deshalb möchte ich das hier noch<br />
einmal zitieren. Dort steht als Begründung:<br />
„Eine Abschaffung des Tanzverbots hat keine<br />
negativen Folgen. Wäre das Tanzen an allen Tagen<br />
erlaubt, so hätte dies keine Auswirkungen auf die<br />
Religionsausübung derjenigen, die aufgrund ihres<br />
Glaubens an den genannten Tagen nicht tanzen möchten.<br />
Die geforderte Gesetzesänderung verpflichtet<br />
niemanden, einer Tanzveranstaltung beizuwohnen,<br />
wohingegen die aktuelle Gesetzeslage konfessionsübergreifend<br />
allen das Tanzen untersagt.“ Ich finde,<br />
das ist eine sehr gute Begründung.<br />
Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich<br />
geändert, das wurde jetzt mehrmals gesagt, und<br />
wenn wir die momentane Form so belassen würden,<br />
dann muss man schon feststellen, dass durch eine<br />
Religionsgemeinschaft in der Tat allen das Tanzen<br />
untersagt wird. Das, finde ich, ist nicht mehr zeitgemäß.<br />
Das mag vor einigen Jahrzehnten noch zeitgemäß<br />
gewesen sein, aber das ist es heute in unserer<br />
doch sehr offenen Gesellschaft nicht mehr. Offene<br />
Gesellschaft bedeutet aber natürlich auch, dass es<br />
Toleranz geben muss gegenüber den Menschen,<br />
die ihre Religion ausüben wollen, und die sollen<br />
dabei auch nicht gestört werden. Auch das ist für<br />
uns LINKE sicherlich ein wichtiger Punkt.<br />
–––––––<br />
*) Vom Redner nicht überprüft.<br />
(C)<br />
(D)