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Das Mädchen mit dem Teufelsgesicht

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Kapitel 1<br />

Ein verregneter, alles ertränkender Herbst neigte sich <strong>dem</strong> Ende<br />

zu, als Anna schweißüberströmt am 30. November 1979 in St.<br />

Martin, außerhalb der Gemeinde Obersaxen, in den Wehen lag.<br />

Ihren Ältesten, den zwölfjährigen Max hat sie ins Dorf geschickt, um<br />

die Hebamme herzuholen, doch bisher waren weder Max noch die<br />

Geburtshelferin aufgetaucht. Ein Telefon besaßen sie nicht.<br />

Anna lag allein in <strong>dem</strong> alten Holzbett. Die Matratze, die schon<br />

Generationen von Leibern zum Schlaf verholfen hatte, war<br />

durchgelegen und an den Seiten aufgerissen, sodass der Inhalt<br />

herausquoll und sich in kleinen Bröseln auf <strong>dem</strong> Boden verteilte. Im<br />

Bettgestell wohnte der Holzwurm, und niemand wusste, wie lange<br />

das marode Teil noch aushalten würde.<br />

Von der Decke hing eine einzelne, völlig verstaubte Birne herab,<br />

für einen Lampenschirm reichte schlicht das Geld nicht. Der Raum<br />

erschien düster und Bilder suchte man vergeblich, aber ein<br />

beißender Gestank schien die hinterste Ritze auszufüllen. Die<br />

angelaufenen und verdreckten Scheiben taten das ihre, um noch das<br />

letzte Licht draußen zu halten.<br />

Durch die schlecht schließenden Fenster des uralten,<br />

verlotterten und kaum bewohnbaren Bauernhauses, pfiff ein kalter<br />

Wind, der ihr zwar Abkühlung verschaffte, doch auch die Fliegen,<br />

vom unter <strong>dem</strong> Fenster liegenden Misthaufen, <strong>mit</strong> hineinsog.<br />

An der Wand hing eine alte Kuckucksuhr, deren hölzerner<br />

Bewohner sich schon lange nicht mehr ins Freie getraute, was die<br />

trübe Stimmung etwas aufgelockert hätte. Der Fußboden knarrte<br />

entsetzlich beim kleinsten Schritt und nur <strong>dem</strong> Umstand, dass<br />

dieser Teil des Hauses nicht unterkellert, war es zu verdanken, dass<br />

noch niemand zu Tode gestürzt ist. <strong>Das</strong> Anwesen lag zwei Kilometer<br />

von Obersaxen entfernt an einem Waldrand, wo sich Fuchs und Hase<br />

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