Das Mädchen mit dem Teufelsgesicht
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Anna wurde von einer weiteren Wehe erfasst. Sie tat wie ihr<br />
geheißen. Sie bekundete Respekt vor einer Hebamme, die eine so<br />
lange Ausbildung hinter sich hatte, welche Anna nie bekommen<br />
würde. Anna wollte einmal Krankenschwester werden, doch alles<br />
Klagen half nichts, Mutter und Vater meinten <strong>mit</strong> Nachdruck, sie<br />
solle sich diese Flausen aus <strong>dem</strong> Kopf schlagen, und die Familie<br />
hätte schon Opfer genug gebracht, als man sie auf die<br />
Sekundarschule gehen ließ. Als sie dann vor lauter Kinderkriegen<br />
kaum mehr aus <strong>dem</strong> Wochenbett kam, hielt man dies für eine<br />
Bestätigung des damaligen Handelns.<br />
Bei der nächsten Wehe fing Anna auf Geheiß an zu pressen,<br />
während die Arpagaus <strong>mit</strong> den Fingern die Fruchtblase zum Platzen<br />
brachte. Ein Schwall von Fruchtwasser ergoss sich ins Bett, aber<br />
das spielte auch keine Rolle mehr, nass war es ohnehin schon.<br />
Eine weitere Wehe war im Anmarsch, und Anna begann, erneut<br />
zu pressen.<br />
»Wir haben‘s gleich«, meinte die Arpagaus, es sei ja schließlich<br />
nicht wie beim Ersten.<br />
Anna blickte zurück, zu ihrer ersten Geburt, wo sie sechzehn<br />
Stunden in den Wehen gelegen hatte. Bitte, bitte lieber Gott, nicht<br />
noch einmal.<br />
Wieder tauchte das Bild des Fremden vor ihr auf, der für das alles<br />
hier verantwortlich zeichnete, doch Anna bereute keine Sekunde<br />
des innigen Beisammenseins. Wenigstens ist es diesmal ein Kind der<br />
Liebe, und nicht nur eines durch den vielen Alkohol verzögerten<br />
Ergusses ihres besoffenen Alberts. Ich hoffe es sieht mir ähnlich und<br />
Albert merkt nichts. Sie hoffte auch, dass es ein Junge wird, da<br />
Albert offensichtlich nur Buben zeugen konnte.<br />
Eine weitere Wehe begann.<br />
»Ja, Frau Meier. Fest pressen, der Kopf ist schon da.« Die<br />
Hebamme zog und nach dreißig Sekunden war alles vorbei.<br />
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