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Junge Spätaussiedler/-innen im Spannungsfeld zwischen ... - IDA

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1. Spätaussiedler/<strong>innen</strong>: Historische, politische und soziale D<strong>im</strong>ensionen 24<br />

kämpfen haben wie andere Immigrant(inn)en. Von diesen unterscheiden sie sich jedoch<br />

zum einen in ihrem Selbstbild (sie sehen sich meist als Deutsche, die unter Deutschen<br />

leben möchten) und zum anderen durch ihren rechtlichen Status. Denn <strong>im</strong> Gegensatz<br />

zu anderen Migrant(inn)en, die zum Teil bereits seit Generationen in Deutschland<br />

leben, aber <strong>im</strong>mer noch einen Ausländerstatus haben, bekommen Spätaussiedler/<strong>innen</strong><br />

die deutsche Staatsbürgerschaft bereits am Tag ihrer Einreise. In den letzten<br />

Jahren werden Aussiedler/<strong>innen</strong> jedoch zunehmend als ‚Ausländer/<strong>innen</strong>’ und<br />

‚Russ(inn)en’ wahrgenommen, und ihr Sonderstatus gerät in die Kritik (vgl. 1.3.2 Kurze<br />

Darstellung der deutschen Aussiedlerpolitik). Besonders jugendliche Russlanddeutsche<br />

identifizieren sich <strong>im</strong>mer weniger ausschließlich über ihr Deutsch-Sein, sondern<br />

beziehen sich auf den ihren Status als Spätaussiedler/<strong>innen</strong> oder gar auf die Zuschreibung<br />

‚Russe/Russin’ als Identitätsanbieter (vgl. hierzu auch die Auswertung der Interviews<br />

in den Kapiteln 5 und 6).<br />

1.3.1 Überblick über aussiedlerrelevante Gesetzesgrundlagen<br />

Im deutschen Recht wird <strong>zwischen</strong> deutscher Staatsangehörigkeit und deutscher<br />

Volkszugehörigkeit unterschieden, eine <strong>im</strong> internationalen Recht einmalige Konstruktion<br />

(vgl. Baran 1997, 62). Als Volksdeutsche werden diejenigen Personen bezeichnet,<br />

die zwar nicht deutsche Staatsbürger sind, aber von Deutschen abstammen. Der Begriff<br />

der Volkszugehörigkeit wird damit in eine Tradition der Abstammungsgemeinschaft<br />

als Grundlage nationaler Identität gestellt, bei der dem „Ius Sanguinis“ 20 eine hohe<br />

Priorität eingeräumt wird. In der Bundesrepublik prägt dieses ethnisch begründete Verständnis<br />

von Nation und nationaler Zugehörigkeit „die jeweiligen Grenzziehungen <strong>zwischen</strong><br />

nationaler Mehrheit und fremdethnischen Minderheiten nachhaltig mit.“ (Römhild<br />

1998, 130). Sowohl die Staatsangehörigkeit als auch die Volkszugehörigkeit wird mit<br />

der biologischen Herkunft, also mit deutschen Vorfahren 21 , begründet. Demgemäß<br />

müssen Russlanddeutsche, um den Spätaussiedlerstatus zu erhalten, ihre deutsche<br />

Volkszugehörigkeit bzw. die deutsche Volkszugehörigkeit ihrer Vorfahren nachweisen. 22<br />

Rechtliche Grundlage für die Anerkennung von Russlanddeutschen als Spätaussiedler/<strong>innen</strong><br />

ist Art. 116 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) 23 . Hier ist festgelegt, dass<br />

20 Ius sanguinis oder Abstammungsprinzip: Die Staatsangehörigkeit einer Person ergibt sich aus der Staatsangehörigkeit<br />

der Eltern oder eines Elternteils; es werden Blutsbande geltend gemacht, um die Staatsangehörigkeit<br />

zu legit<strong>im</strong>ieren. Dies steht <strong>im</strong> Gegensatz zum ius solis (Territorialprinzip), wo die Staatsangehörigkeit<br />

einer Person durch deren ständigen Aufenthaltsort festgelegt wird, und durch Geburt auf Staatsgebiet<br />

die Einbürgerung erfolgt.<br />

21 So bekommt beispielsweise ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil<br />

deutsch ist. Mit dem Prinzip des reinen ius sanguinis in der BRD wurde erst mit der Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes<br />

(StAG) <strong>im</strong> Jahre 2000 gebrochen. Zum Staatsangehörigkeitsgesetz vgl. Bundesministerium<br />

der Justiz: Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG).<br />

22 Der damalige Fraktionsvorsitzende der CDU, Wolfgang Schäuble, beschreibt dies folgendermaßen: „Wir<br />

schöpfen unsere Identität nicht aus dem Bekenntnis zu einer Idee, sondern aus der Zugehörigkeit zu einem<br />

best<strong>im</strong>mten Volk“ (zit. n. Terkessidis 2004, 146).<br />

23 Zum Grundgesetz vgl. Bundesministerium der Justiz: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland<br />

(GG).

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