Junge Spätaussiedler/-innen im Spannungsfeld zwischen ... - IDA
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Einleitung 6<br />
rellen oder nationalen Merkmalen gehen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere<br />
auch die subjektiven Funktionalitäten eigener Rassismen von Bedeutung. Letztlich soll<br />
auch die Frage, ob sich Zusammenhänge oder Analogien <strong>zwischen</strong> Rassismuserfahrungen<br />
und eigenen Rassismen feststellen lassen, Gegenstand der vorliegenden Untersuchung<br />
sein.<br />
Diesen Themenbereichen und Fragestellungen soll sich zum einen auf theoretischer<br />
Ebene, vor allem jedoch empirisch in der Auswertung der Interviews genähert werden.<br />
Wichtig ist mir, subjektorientiert vorzugehen und die Befragten nicht lediglich als Stellvertreter/<strong>innen</strong><br />
der Gruppe ‚Spätaussiedler/<strong>innen</strong>’ wahrzunehmen. Bei der Interpretation<br />
ihrer Aussagen möchte ich auf defizitorientierte Fremdzuschreibungen verzichten<br />
und insbesondere subjektive Begründungen, unter Berücksichtigung des sozialen und<br />
gesellschaftlichen Kontextes, fokussieren. Zudem sollen auch aktuelle migrations- und<br />
rassismustheoretische Fachdiskurse sowie dekonstruktivistische Ansätze in die Untersuchung<br />
einbezogen werden.<br />
Es existiert bislang kaum wissenschaftliche Literatur, die sich auf die Referenzgruppe<br />
Spätaussiedler/<strong>innen</strong> mit der Frage nach Rassismuserfahrungen bezieht. 2 Auch eine<br />
Auseinandersetzung mit dem sensiblen Thema der eigenen Rassismen von ethnisch,<br />
kulturell oder national definierten Minderheiten hat bisher fast überhaupt nicht stattgefunden,<br />
und in Bezug auf Aussiedler/<strong>innen</strong> ist mir kaum Literatur zu diesem Thema<br />
bekannt. 3 Mit dem vorliegenden Forschungsvorhaben begebe ich mich nahezu auf Neuland<br />
und kann mich lediglich auf Ansätze aus dem Bereich der Rassismustheorie bzw.<br />
auf empirische Untersuchungen zu Rassismuserfahrungen anderer Minderheiten beziehen.<br />
Deshalb versteht sich diese Arbeit in der Verbindung der Fragestellung mit der<br />
Zielgruppe als explorative und hypothesengenerierende Studie.<br />
Bei einer Beschäftigung mit der Lebenssituation von Aussiedler(inne)n besteht die Gefahr,<br />
dass Vorurteile, Klischees und Mythen zur Erklärung herangezogen und reproduziert<br />
werden. Um eine solche stereotypisierende Herangehensweise zu vermeiden,<br />
möchte ich meine Arbeit <strong>im</strong> Sinne einer subjektorientierten Forschung weniger als ein<br />
‚Sprechen über’ als vielmehr ein ‚Sprechen mit’ der Referenzgruppe bzw. den Proband(inn)en<br />
verstehen (vgl. Mecheril & Teo 1994, 22). Dadurch soll es den Betroffenen<br />
ermöglicht werden, selbst zu Wort zu kommen. In gewisser Weise werde ich auch für<br />
die Betroffenen sprechen. Allerdings nicht <strong>im</strong> Sinne einer paternalistischen Haltung,<br />
aus der heraus ich mir anmaßen würde zu wissen, was für sie am besten ist, sondern<br />
vielmehr dadurch, dass durch die Beschäftigung mit der Lebenssituation von Aussiedler/<strong>innen</strong><br />
zu deren Verbesserung beigetragen werden soll. Dies kann geschehen, indem<br />
2<br />
3<br />
Als ein Beispiel der wenigen Literatur zu diesem Thema kann die empirische Studie von Strobl & Kühnel<br />
(2000) genannt werden, die auf qualitativ und quantitativ erhobenen Daten beruht. Sie befasst sich zumindest<br />
am Rande auch mit Diskr<strong>im</strong>inierungs- und Ausgrenzungserfahrungen junger Spätaussiedler/<strong>innen</strong>.<br />
Die einzige mir bekannte Untersuchung zu diesem Themenbereich ist die Studie von Babka von Gostomski<br />
(2005), der Vorurteile von jungen Aussiedler(inne)n und Autochthonen gegenüber Jugendlichen mit türkischem<br />
Hintergrund analysiert hat.