Junge Spätaussiedler/-innen im Spannungsfeld zwischen ... - IDA
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2. Theoretische Grundlagen der Auseinandersetzung mit Rassismus 40<br />
des Ausgeliefertseins mit aggressiver Einflussnahme in eben diesen Bereichen. Politisch<br />
wird durch strukturelle Diskr<strong>im</strong>inierung und Abwertung von Migrant(inn)en auch ein<br />
potentieller Raum für diese individuelle Einflussnahme angeboten und diese darauf<br />
gelenkt (vgl. Osterkamp 1996, 98). 42<br />
Aus den vorangestellten Überlegungen wird deutlich, dass sich rassistische Sachverhalte<br />
durch die Begriffe ‚Ausländer’- und ‚Fremdenfeindlichkeit’ nicht adäquat abbilden<br />
lassen. Weder die historischen und gesellschaftlichen Bezüge werden verdeutlicht, noch<br />
können komplexe Konstruktions-, Zuschreibungs- und Bewertungsprozesse damit erfasst<br />
werden. Auch aus pragmatischen Gründen ist eine Verwendung dieser Begriffe<br />
wenig sinnvoll, da sie <strong>im</strong> internationalen Kontext keine Verständigung ermöglichen. 43<br />
Die Begriffe ‚Ausländerfeindlichkeit’, ‚Fremdenfeindlichkeit’ und ‚Rassismus’ haben gemein,<br />
dass sie ihr Objekt (also Ausländer/<strong>innen</strong>, Fremde und ‚Rasse’) konstruieren,<br />
ohne dass diese Konstruktion <strong>im</strong> Begriff selbst thematisiert oder problematisiert wird.<br />
Im Unterschied zu ‚Ausländerfeindlichkeit’ und ‚Fremdenfeindlichkeit’ gibt es jedoch zu<br />
‚Rassismus’ einen ausgewiesenen internationalen Fachdiskurs, der sich genau darauf<br />
bezieht, dass der Rassismusbegriff nicht auf eine als natürlich angesehene Kategorie<br />
‚Rasse’ zurückgreift, sondern dass damit die soziale Konstruktion von ‚Rassen’ diskutiert<br />
wird. Aus diesem Grund hebt sich der Begriff ‚Rassismus’ deutlich und grundlegend<br />
von den beiden anderen Begriffen ab.<br />
Deshalb sehe ich die in diesem Kapitel analysierten Begriffe ‚Ausländer-’ und ‚Fremdendfeindlichkeit’<br />
als ungeeignet an und verwende stattdessen den Begriff ‚Rassismus’,<br />
den ich <strong>im</strong> Folgenden analysieren und definieren werde. Denn anders als die oben diskutierten<br />
Begriffe n<strong>im</strong>mt Rassismus die historische und gesellschaftliche D<strong>im</strong>ension des<br />
Phänomens in den Blick und integriert nicht nur die individuellen, sondern auch die<br />
strukturellen Aspekte, denn er bezieht sich auf „die ‚Normalität’ eines aktuellen Ungleichheitsverhältnisses<br />
[…], das den Unterschied <strong>zwischen</strong> ‚Deutschen’ und ‚Ausländern’<br />
erst erzeugt“ (Terkessidis 2004, 210).<br />
42 „Aber selbst unmittelbar ‚ausländerfeindliche’ Akte gründen sich unserer Auffassung nach weniger in Aggressionen<br />
gegenüber Nichtdeutschen, als vielmehr in der Angst vor gesellschaftlichen Veränderungen,<br />
durch die man überrollt und ins Abseits gedrängt zu werden droht. Solche Gefühle allgemeiner Ausgeliefertheit<br />
und Ohnmacht werden durch die offizielle Politik systematisch in Bereiche gelenkt, in denen man<br />
gewisse Einflußmöglichkeiten zuzugestehen bereit ist“ (Osterkamp 1996, 98).<br />
43 Es ist beispielsweise zu beobachten, dass <strong>im</strong> internationalen Kontext mit der Ausschreibung von EU-<br />
Projektmitteln für Maßnahmen zur Rassismusbekämpfung auch <strong>im</strong> deutschen Kontext <strong>im</strong>mer häufiger von<br />
‚Rassismus’ die Rede ist.