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Risiken rechtzeitig absichern - und Handelskammer Nord Westfalen

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Titel Absicherung<br />

verhalten der Banken falle das gesamte<br />

Vermögen des Unternehmers, einschließlich<br />

seiner Alters- <strong>und</strong> Überbrückungsversorgung,<br />

mit in den Topf. Anders als in anderen<br />

Ländern, sagt Isken, gibt es in<br />

Deutschland keine verpflichtende soziale<br />

Absicherung für Unternehmer, keine im<br />

Fall des Scheiterns mündelsichere Altersversorgung,<br />

wie eine nicht pfändbare Lebensversicherung.<br />

„Hochintelligent, sehr fleißig <strong>und</strong> sehr leistungsbewusst“<br />

sei der überwiegende Teil<br />

der deutschen Unternehmer, betont Isken.<br />

„Wenn der Unternehmer mal scheitert, ist<br />

er hier oft gleich auch gesellschaftlich gebrandmarkt“,<br />

kritisiert er. In den USA, in<br />

Großbritannien oder Frankreich werde dagegen<br />

Scheitern als Möglichkeit gesehen,<br />

aus Fehlern zu lernen <strong>und</strong> aus dieser Erfahrung<br />

heraus neu zu starten. In den USA<br />

macht im Durchschnitt jeder Unternehmer<br />

2,3 Gründungen. „Da wird eine gescheiterte<br />

Gründung nicht als Charaktermangel gesehen,<br />

sondern als Versuch gewertet“, weiß<br />

Isken. „Der Gründer wird auch nicht in die<br />

pseudo-kriminelle Ecke gerückt.“<br />

Nothilfeplan<br />

„Wenn es dann doch zu einem Ende des<br />

Geschäfts kommt, stecken wir hier einen<br />

Handlungsrahmen ab“, sagt Arnold Isken<br />

<strong>und</strong> zeigt auf den Platz ihm gegenüber am<br />

Schreibtisch. Der IHK-Berater versucht<br />

dann die Gründe für die wirtschaftlichen<br />

Schwierigkeiten, die Insolvenz, nachzuvollziehen.<br />

Für Isken steht fest: „Die meisten<br />

Unternehmer, die zu mir kommen,<br />

brauchen nur ein wenig Anleitung. Ich sage<br />

ihnen, wie sie aus der Krise herauskommen<br />

könnten – damit sie selbst handeln können.“<br />

Das geschäftliche Scheitern kann auch<br />

krank machen. „Viele haben nicht nur ein<br />

materielles, sondern auch ein Statusproblem.<br />

Die gehen oft durch ein soziales<br />

Wechselbad.“ Gerade da wird die Absicherung<br />

gegen Krankheit wichtig. Zu Geldmangel<br />

<strong>und</strong> Statusverlust in der Öffentlichkeit<br />

kommen Beziehungsprobleme hinzu:<br />

„In über der Hälfte der Fälle scheitern auch<br />

die Partnerbeziehungen an der Situation.“<br />

Restschuldbefreiung <strong>und</strong> Neugründung<br />

sind Arnold Iskens oft angebotene Auswege.<br />

Das Unternehmertum ist vielfach<br />

Interview mit IHK-Geschäftsführer Wieland Pieper<br />

„Berufswunsch Unternehmer muss<br />

selbstverständlich werden“<br />

?<br />

Herr Pieper, etwa die Hälfte deutscher<br />

Gründungswilliger lässt sich durch<br />

die Angst vor den Folgen eines möglichen<br />

Scheiterns von der Gründung abhalten.<br />

Wie lässt sich diese Angst<br />

bekämpfen?<br />

!<br />

Nicht jeder ist zum Unternehmer<br />

geboren <strong>und</strong><br />

eine Unternehmensgründung<br />

ist ein mutiges Unterfangen.<br />

Wer sich nach eingehender<br />

Prüfung seines<br />

Geschäftsplanes gegen<br />

eine Gründung entscheidet,<br />

ist deshalb nicht unbedingt<br />

ein Angsthase. Wichtig<br />

ist eine eingehende Beschäftigung<br />

mit den Märkten<br />

<strong>und</strong> K<strong>und</strong>enwünschen,<br />

die man bedienen will, <strong>und</strong><br />

eine kritische Betrachtung<br />

der eigenen Grenzen - besonders in konjunkturell<br />

unsicheren Zeiten wie den jetzigen.<br />

Aber ungeachtet der aktuellen<br />

Durststrecke müssen wir uns alle weiterhin<br />

um den Unternehmernachwuchs<br />

kümmern, sonst droht uns langfristig eine<br />

Unternehmerlücke, die mindestens so gefährlich<br />

ist wie der Facharbeitermangel.<br />

Der Berufswunsch Unternehmer muss so<br />

selbstverständlich werden wie abhängige<br />

Beschäftigungsformen. Das ist in einer<br />

Arbeitnehmer-Gesellschaft wie der deutschen<br />

nicht einfach.<br />

IHK-Geschäftsführer<br />

Wieland Pieper Foto: IHK<br />

?<br />

Selbstständigen unterstellt der Gesetzgeber<br />

ein hohes Maß an Eigenverantwortung<br />

für ihre soziale Absicherung.<br />

Aber ist das nicht zu viel des Guten?<br />

die einzige Handlungsalternative, wenn<br />

eine Idee nicht getragen hat. Doch selbst<br />

die Neugründung in Deutschland wird<br />

noch immer von mittelalterlich wirkenden<br />

Schuldturm-Mechanismen behindert.<br />

Während nach drei Jahren der Hinweis<br />

auf die Insolvenz aus der Schufa-Datei<br />

gelöscht wird, steht dann bei vielen Unternehmern<br />

für immer im polizeilichen<br />

Führungszeugnis, dass sie nachweislich<br />

!<br />

Wer sich mit Erfolg unternehmerisch<br />

behaupten will, braucht neben einer<br />

guten Geschäftsidee <strong>und</strong> den notwendigen<br />

Werkzeugen zur Umsetzung vor<br />

allem auch ein beträchtliches Maß an<br />

Selbstständigkeit <strong>und</strong> Eigenverantwortung.<br />

Das schließt sein<br />

persönliches Umfeld ein. Natürlich<br />

muss ein tragfähiger Geschäftsplan<br />

am Anfang stehen.<br />

Aber dann muss sehr bald das<br />

Thema persönliche Absicherung<br />

in den Blick genommen werden.<br />

Nicht alle angehenden Selbstständigen<br />

tun das. Für uns ist es<br />

regelmäßig Bestandteil unserer<br />

Veröffentlichungen <strong>und</strong> der persönlichen<br />

Beratungsgespräche<br />

mit angehenden Unternehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Unternehmern.<br />

?<br />

Welche soziale Gr<strong>und</strong>absicherung<br />

sollte jeder Unternehmer unbedingt<br />

für sich <strong>und</strong> seine Familie organisieren?<br />

!<br />

Vorne an muss das Thema Ges<strong>und</strong>heit<br />

stehen, außerdem die Frage, was passiert,<br />

wenn die Gründerin oder der Gründer<br />

selbst – aus welchen Gründen auch<br />

immer – für längere Zeit ausfällt. Wenn<br />

die finanziellen Möglichkeiten es zulassen,<br />

sollte man auch schon früh mit der<br />

Vorsorge fürs Alter beginnen. Wer<br />

schnell, aber überlegt einsteigt, kann<br />

schon mit geringen Beiträgen viel erreichen.<br />

Mit der Entwicklung des Unternehmens<br />

<strong>und</strong> des persönlichen Lebensstandards<br />

muss auch der Sicherungsschirm<br />

ständig angepasst <strong>und</strong> optimiert<br />

werden.<br />

■<br />

säumige Zahler sind. Krankenkassen <strong>und</strong><br />

Stadtsteuerämter beantragen häufig die<br />

Gewerbeuntersagung, wenn Beiträge <strong>und</strong><br />

Steuern ausbleiben. „Das ist dann wie eine<br />

eingetragene Vorbestrafung.“ Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> wird verständlich, weshalb<br />

selbst Isken <strong>und</strong> Meese vorher schon mal<br />

empfehlen müssen: „Manchmal ist es besser,<br />

das Gewerbe <strong>rechtzeitig</strong> abzumelden.“<br />

Werner Hinse<br />

wirtschaftsspiegel 1 · 2009<br />

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