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Revue 2013 mit Rechenschaftsablage 2012 (PDF, 1.85 MB ) - Sanu

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Die Zukunft ist auch nicht<br />

mehr, was sie einmal war<br />

Die Geschicke unserer Gemeinden und Unternehmen werden von den heute 40- bis<br />

60-Jährigen geleitet. Von Menschen, die in der Nachkriegszeit gross geworden sind –<br />

einer Zeit, als die Zukunft noch berechenbar war. Während 60 Jahren war «Zukunft»<br />

in der Schweiz gleichbedeutend <strong>mit</strong> Stabilität, Wachstum und Prosperität. Dieser Zukunftsbegriff<br />

ist tief im Denken und Handeln der heutigen Führungsgeneration verankert.<br />

In stabilen Zeiten muss man Strategien kaum ändern, weil sich auch Rahmenbedingungen<br />

und Annahmen nur wenig ändern. Entsprechend erschöpft sich die Strategie<br />

vieler Gemeinwesen und Unternehmen in der «Fortsetzung des Bisherigen», verbunden<br />

<strong>mit</strong> etwas Effizienzsteigerung und Kostensenkung.<br />

Lebendige Systeme entwickeln sich aber nie einfach stetig und gleichmässig, sondern von Zeit zu<br />

Zeit sprunghaft, unvorhersehbar, unberechenbar. Das gilt für die Evolution natürlicher Systeme<br />

ebenso wie für Kulturen, Gesellschaften und Individuen. Und es gibt Anzeichen, dass unsere Gesellschaften<br />

vor sprunghaften Veränderungen stehen. Steigender Druck auf Ökosysteme und Ressourcen<br />

paart sich <strong>mit</strong> wachsenden sozioökonomischen Problemen. Über 70 % der weltweiten Fischbestände,<br />

Grundlage der Ernährung eines Grossteils der Welt, sind voll genutzt oder übernutzt, und 8 % sind<br />

dezimiert. Ähnliches gilt für Wasser, Boden, Wälder. Amerika, einst eines der reicheren Länder der<br />

Welt, verteilt heute Lebens<strong>mit</strong>telgutscheine an jeden fünften Bürger. 50 % der Weltbevölkerung<br />

teilen sich 1 % der globalen Gewinne. Wirtschaftswachstum und Beschäftigung beginnen sich zu<br />

entkoppeln. Angesichts solcher und weiterer Entwicklungen ist eine «Fortsetzung des Bisherigen»<br />

keine plausible Annahme und als Strategie gefährlich.<br />

Die Frage des Wachstums<br />

Trotzdem berücksichtigen die wenigsten Unternehmen und Gemeinwesen in ihren Strategien reale<br />

Szenarien – sei es der zunehmend militante Ausdruck sozialer Spannungen in unseren Städten, die<br />

Verknappung der fossilen Brennstoffe oder das Sinken der Aktienwerte und Immobilienpreise. Dabei<br />

zeichnet sich bereits ab, dass Energiepreise massiv steigen werden, dass das Wirtschaftswachstum<br />

unter 2 % bleiben wird, dass dadurch die Finanzierung der 2. Säule nicht gewährleistet ist, dass <strong>mit</strong><br />

grossen Frustrationen der staatstragenden Mittelschicht zu rechnen ist, dass weitere Sachgüterpreise<br />

sinken, dass der Schweizer Bürger <strong>mit</strong> durchschnittlich 70’000 CHF Hypothekarschulden zu<br />

hoch verschuldet ist, dass die Klimaziele nicht eingehalten werden können etc.<br />

Zentral herausgefordert sind Ökonomen, Politiker, Unternehmer und Städtebauer. Die ökonomische<br />

Nachhaltigkeitsforschung umfasst zwei Lager, die in unterschiedlicher Beziehung zum Wachstumsimperativ<br />

stehen. 1 «Die bislang dominante Strömung orientiert sich an der These, dass weitere<br />

wirtschaftliche Expansion nicht nur der Wohlstandsmehrung wegen erforderlich, sondern dank<br />

dem technischen Fortschritt auch ökonomisch möglich sei. Zielkonflikte zwischen Umweltbelangen<br />

und dem heutigen Wirtschaftssystem seien nicht nur lösbar, sondern ins Gegenteil umkehrbar: So<br />

versprächen die Anstrengungen zur Verhinderung des Klimawandels blühende Zukunftsmärkte für<br />

regenerative Energien, energieeffiziente Produkte oder Dienstleistungen. Die Form etablierter Industrien<br />

und Konsummuster bliebe demnach erhalten – wenngleich <strong>mit</strong> ökologische(re)m Inhalt.<br />

(…) Konträr dazu basiert das Konzept der Postwachstumsökonomie auf folgenden Prämissen: Eine<br />

ökologische Entkopplung des wirtschaftlichen Wachstums ist nicht in Sicht. In einer expandierenden<br />

Ökonomie bewirken ‹Bumerangeffekte›, dass Fortschritte an Dematerialisierung oder Ökologisierung<br />

durch Zuwächse der Nachfrage kompensiert werden. (…) Eine ökologisch und sozial zukunftsfähige<br />

Ökonomie bedürfe der Beseitigung von Wachstumsabhängigkeiten und -zwängen. Dazu<br />

zählen (…) das gegenwärtige Geld- und Zinssystem, zu hohe Gewinnerwartungen, das auf globaler<br />

Arbeitsteilung beruhende Modell der Fremdversorgung, eine Kultur der bedingungslosen Steigerung<br />

materieller Selbstverwirklichungsansprüche.»<br />

1) Paech, Niko: «Eine Ökonomie<br />

jenseits des Wachstums»<br />

(im Original: «The economy in the<br />

aftermath of growth»), in:<br />

Einblicke Nr. 49, 2009, Carl von<br />

Ossietzky Universität Oldenburg.<br />

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