Ausgabe 03/13 - Wirtschaftsjournal
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Maschinen- und Anlagenbau Mitteldeutschland<br />
Fels in der Konjunkturbrandung<br />
Gastbeitrag von Dr. Helmut Becker, Leiter des Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation (IWK)<br />
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Auftragseingang Maschinenbau<br />
Infostand März 20<strong>13</strong>, Datenstand Januar 20<strong>13</strong><br />
(Volumen, 2000 = 100)<br />
50<br />
Jan'01 Jan'02 Jan'<strong>03</strong> Jan'04 Jan'05 Jan'06 Jan'07 Jan'08 Jan'09 Jan'10 Jan'11 Jan'12 Jan'<strong>13</strong><br />
Ausland Inland Gesamt<br />
Der Maschinen- und Anlagenbau gehört neben der<br />
Automobilindustrie zu den Wachstumsträgern der<br />
deutschen Wirtschaft.<br />
Der Maschinenbau schafft die Grundlage für die industrielle<br />
Produktion, liefert Vorleistungen für andere Investitionsgüterhersteller<br />
und Maschinen für das Baugewerbe und die<br />
Energieversorgung. Der Absatz erfolgt über den Groß- und<br />
Einzelhandel und im Direktvertrieb. Ohne fachlich hochqualifizierte<br />
und vor allem engagierte Mitarbeiter wäre das<br />
nicht möglich. Diese Anforderung war die einmalige Chance<br />
für den Aufstieg der ostdeutschen Maschinenbauer; sie<br />
haben sie voll genutzt!<br />
Bundesweit erzielte der Maschinenbau in 2012 einen<br />
Umsatz von 233 Milliarden Euro, beschäftigte knapp 1,1<br />
Millionen Mitarbeiter bei fast 100%-tiger Vollzeitquote.<br />
Und einer Insolvenzquote von nahe Null (0,9 v.H). Der<br />
Maschinenbau erwirtschaftet gut 12% des industriellen<br />
Gesamtumsatzes und ist damit eine der Stützen des Verarbeitenden<br />
Gewerbes.<br />
Größte Teilsparte ist die Herstellung von stationären<br />
Strömungsmaschinen, Maschinenelementen der Antriebstechnik<br />
(knapp 36% Umsatzanteil), gefolgt von den Maschinen<br />
der Fördertechnik, Klimatechnik sowie handgeführte<br />
Werkzeuge mit Motorantrieb u.a. (26.8%) und den Maschinen<br />
für sonstige bestimmte Wirtschaftszweige (26%). Der<br />
Werkzeugmaschinenbau steht für 7.5% des Umsatzes, der<br />
Landmaschinenbau bildet mit 3.8% das Schlusslicht.<br />
Im Maschinenbau dominiert der Mittelstand. Wenn im<br />
Ausland voller Bewunderung heute vom deutschen Mittelstand<br />
gesprochen wird, so nimmt der Maschinen- und Anlagenbau<br />
neben der Zulieferindustrie die führende Rolle ein.<br />
Mittelstand, das ist das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft,<br />
sind im Industriebereich über 1500 Weltmarktführer,<br />
davon die Mehrzahl wahre hidden champions, solche<br />
also, die fast unbekannt sind.<br />
Für die ostdeutsche Wirtschaft und den Wiederaufbau<br />
nach der Wende war der Maschinen- und Anlagenbau gerade<br />
wegen seiner mittelständischen Struktur die ideale Branche<br />
für wirtschaftliche Entfaltung und Gründergeist. Die<br />
wesentlichen Voraussetzungen für Erfolg waren da, so vor<br />
allem eine hohe Motivation, Flexibilität, Fleiß und vor allem<br />
der eiserne Wille, wieder an die Industriekultur der Vorfahren<br />
anzuknüpfen, die als Tüftler und Erfinder seit Beginn<br />
der Industrialisierung im 18.Jahrhundert ihre Wurzeln vor<br />
allem in Mittel- und Ostdeutschland hatten. Wenn wundert<br />
es, dass der Strom innovativer Ideen gerade aus ostdeutschen<br />
Tüftlerstuben, Forschungsinstituten und technischen<br />
Fakultäten von Jahr zu Jahr stärker anschwillt? Die „neuen"<br />
hidden champions sind schon unterwegs! Wenn Inspiration<br />
sich mit Transpiration paart, ist dass das Ergebnis.<br />
Ohne Frage nimmt der deutsche Maschinenbau mit<br />
einer Exportquote von fast 80 Prozent auf dem Weltmarkt<br />
eine führende Position ein. Problematisch ist allerdings die<br />
hohe Konjunkturabhängigkeit, die sich in erheblichen Wachstumsausschlägen<br />
niederschlägt. Aufgrund der langen Durchlaufzeiten<br />
in dieser Branche liegen zwischen Auftragseingang<br />
und Produktion häufig Monate. Dieses begründete<br />
2011 die hohe Wachstumsdynamik, obwohl die Neuaufträge<br />
infolge der wirtschaftlichen Schwäche vieler wichtiger<br />
Abnehmerländer bereits im Jahresverlauf deutlich nachgaben.<br />
Daraus ergab sich schon 2012 eine merkliche Wachstumsabkühlung,<br />
die vermutlich noch das ganze Jahr 20<strong>13</strong><br />
anhalten wird. Mit mangelnder Wettbewerbsfähigkeit der<br />
deutschen Maschinenbauer hat das aber nichts zu tun, sondern<br />
lediglich mit der Nachfrageschwäche in wichtigen<br />
Abnehmerländern.<br />
Wie sieht die Zukunft aus? Kurz gesagt: Kurz- und mittelfristig<br />
durchwachsen, langfristig aber positiv! Impulse kommen<br />
insbesondere aus dem Automobil- und dem Luftfahrzeugbau.<br />
Während bei letzterem die Kapazitäten weltweit<br />
erweitert werden müssen, sorgen in der Automobilindustrie<br />
wichtige technologische Änderungen im Zuge der Entwicklung<br />
neuer Fahrzeugkonzepte und verbrauchsärmerer<br />
Autos für neue Kaufimpulse. Auch hier ist die ostdeutsche<br />
Industrie mit Unternehmen wie BMW und Porsche und VW<br />
gut aufgestellt.<br />
Dr. Helmut Becker wirkte von<br />
1974 bis 1996 in der strategischen<br />
Konzernplanung der BMW<br />
AG mit. Zuletzt hatte er die<br />
Funktion des Chefvolkswirt<br />
inne.<br />
Ab 1998 baute er das Institut<br />
für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation<br />
(IWK) auf, welches<br />
er bis heute leitet. Er ist Autor<br />
mehrerer Sachbücher und ein<br />
gefragter Redner auf den verschiedensten<br />
Unternehmerveranstaltungen.<br />
Derzeit spricht er<br />
vor allem zu folgenden Themen:<br />
Wohin entwickelt sich China?<br />
Gefahr für die<br />
Weltwirtschaft?<br />
Automobilindustrie im<br />
Auslesewettbewerb – Wer<br />
wird überleben?<br />
Öffentlich Armut, privater<br />
Reichtum – Ist die Verschuldunsgkrise<br />
in den westlichen<br />
Demokratien noch<br />
lösbar?<br />
Die Euro-Krise – Chancen<br />
und Risiken für Europa und<br />
die Welt<br />
Wachstums-Krise und<br />
glo bale Ungleichheit der<br />
Einkommensverteilung als<br />
Bedrohung für die Weltwirtschaft<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.iwk-muenchen.de<br />
8 <strong>Wirtschaftsjournal</strong> | März 20<strong>13</strong>