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Aktuell<br />
www.linux-magazin.de 10 Jahre FSFE 05/2011<br />
22<br />
Die Free Software Foundation Europe feiert ihr 10-jähriges Bestehen<br />
Hort der Freiheit<br />
Seit genau zehn Jahren kämpft der europäische Ableger der wichtigsten <strong>In</strong>stitution für freie Software gegen<br />
Patente, Monopole und den Lobbyismus der Hersteller proprietärer Software wie Microsoft, aber auch gegen<br />
uneinsichtige Behörden, beispielsweise die EU-Kommission. Ein Lagebericht. Markus Feilner<br />
Abbildung 1: Zum Document Freedom Day 2010 gab es weltweit Torten, links die Wiener Variante. Unter ihrer Fahne vereint die Free Software Foundation Anhänger<br />
freier Software weltweit. 2008 zeichnete die FSFE das Auswärtige Amt in Berlin für seinen vorbildlichen <strong>Linux</strong>-Kurs aus.<br />
Bereits 1985 gründete Richard<br />
Stallman die Free Software<br />
Foundation. Sein Ziel war es,<br />
Ressourcen zu bündeln und<br />
freie Software zu fördern.<br />
Flossen die gesammelten<br />
Spenden anfangs noch überwiegend<br />
an freie Entwickler,<br />
stehen heute die Lobbyarbeit<br />
und der Kampf mit <strong>In</strong>stitutionen<br />
und Konzernen im Vordergrund.<br />
Im März 2001 gründeten Aktivisten<br />
einen europäischen Ableger<br />
(Abbildungen 1 und 2,<br />
[1]). Angeführt von prominenten<br />
Open-Source-Evangelisten<br />
wie Georg Greve [2]<br />
sowie Karsten Gerloff und<br />
ausgezeichnet durch die<br />
Theodor-Heuss-Medaille [3]<br />
für vorbildliches demokratisches<br />
Verhalten, kann die europäische<br />
Dependance auf einige<br />
Erfolge zurückblicken.<br />
EU vs. Microsoft<br />
<strong>In</strong> dem Wettbewerbsverfahren<br />
der EU-Kommission gegen<br />
Microsoft zum Beispiel trat die<br />
FSFE für die <strong>In</strong>teressen freier<br />
Software ein und holte sich<br />
das Samba-Projekt als Sachverständigen<br />
hinzu. Microsoft<br />
verlor nach langen Prozessen<br />
2007 in allen <strong>In</strong>stanzen und<br />
musste schließlich eine nie<br />
dagewesene Rekordstrafe von<br />
knapp 900 Millionen Euro<br />
zahlen [4].<br />
Werbung für unfreie Software<br />
ist überall, auch auf vielen<br />
Webseiten des öffentlichen<br />
Sektors zu finden. Die fordert<br />
Nutzer meist auf, sich mit Adobes<br />
Reader ein proprietäres<br />
Programm herunterzuladen,<br />
um PDF-Dateien zu öffnen<br />
– dabei ist das Portable Document<br />
Format ein offener<br />
Standard [5] und die Dateien<br />
lassen sich auch mit vielen<br />
freien Programmen öffnen.<br />
Abbildung 2: Das Logo der Free Software<br />
Foundation Europe.<br />
Solche kostenlose Werbung,<br />
die in anderen Fällen inakzeptabel<br />
wäre, ist bei Software<br />
verbreitete Praxis.<br />
Freiwillige der FSFE bauten in<br />
der Folge die Seite Pdfreaders.<br />
org [6] auf und katalogisierten<br />
dort freie PDF-Programme.<br />
Während des 2. Halbjahrs<br />
2010 meldeten Anwender<br />
über 2000 Seiten weltweit,<br />
die ungewollt für proprietäre<br />
Software werben. Zusammen<br />
mit vielen Unterstützern<br />
schrieb die FSFE die entsprechenden<br />
Organisationen an<br />
und erreichte, dass Hunderte<br />
von ihnen die Werbung durch<br />
neutrale Verweise ersetzten.<br />
Offene Standards<br />
„Offene Standards sind eine<br />
wichtige Basis für freie Software.<br />
Sie erlauben es den<br />
Nutzern, sich jederzeit frei<br />
für die Software ihrer Wahl<br />
zu entscheiden. Sie durchbrechen<br />
das Vendor-Lock-in<br />
proprietärer Formate und ermöglichen<br />
erst einen wirklich<br />
freien Wettbewerb“, erklärt<br />
FSFE-Präsident Gerloff dem<br />
<strong>Linux</strong>-<strong>Magazin</strong>. „So profitieren<br />
mehr Nutzer von freier<br />
Software.“ Offene Stan dards<br />
sind eine Konstante in den<br />
Themen der politischen Arbeit<br />
der FSFE. Die Organisation<br />
setzt sich für ODF und<br />
gegen den Microsoft-Standard<br />
OOXML ein, der bis heute<br />
nicht umgesetzt ist [7].<br />
Kaufentscheidungen des öffentlichen<br />
Sektors spielen eine<br />
wichtige Rolle bei der Gestaltung<br />
des Softwaremarkts. Bei<br />
der Überarbeitung des European<br />
<strong>In</strong>teroperability Framework<br />
(2007-2010) waren offene<br />
Standards deshalb ein<br />
Schlüsselthema [8].<br />
<strong>In</strong> einer Lobbyschlacht „von<br />
epischem Ausmaß“ (Gerloff)<br />
konnte die FSFE verhindern,<br />
dass sich die proprietären<br />
<strong>In</strong>teressen durchsetzten. Das<br />
Ergebnis ist ein Kompromiss,<br />
der den europäischen Staaten<br />
alle Möglichkeiten offen lässt,<br />
sich auf nationaler Ebene für<br />
offene Standards und freie